Landratsamt Karlsruhe Dezernat III Jugendamt

Landratsamt Karlsruhe Dezernat III – Jugendamt August 2011 Inhaltsverzeichnis Vorwort …………………………………………………………………………………………………………………………. Einführung ...
Author: Martin Schulze
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Landratsamt Karlsruhe Dezernat III – Jugendamt August 2011

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

………………………………………………………………………………………………………………………….

Einführung I.

II.

……………………………………………………………………………………………………………………

Anwendungsbereich und Leitlinien

Seite 3 Seite 4

…………………………………………………………

Seite 5

1. Anwendungsbereich ………………………………………………………………………………………… 2. Leitlinien der Hilfeplanung ……………………………….……………………………………………….

Seite 5 Seite 5

Prozess der Hilfeplanung und der Hilfegewährung ………………………… 1. Problemsichtung, Beratung und Vorbereitung der Hilfeentscheidung …

Seite 5 Seite 5

1.1 1.2

Prüfung der Zuständigkeit …………………………………………………………………………… Leistungen und Auftrag der Jugendhilfe ………………………………………………………

Seite 5 Seite 6

1.2.1 Voraussetzungen der Hilfegewährung …………………………………………… 1.2.2 Beteiligung der Leistungsberechtigten …………………………………………… 1.2.3 Zusammenarbeit mit Fachdiensten …………………………………………………

Seite 7 Seite 7 Seite 9

Anamnese und Psychosoziale Diagnostik …………………………………………………… Interner Entscheidungsprozess …………………………………………………………………… Zusammenarbeit Sozialer Dienst und Wirtschaftliche Jugendhilfe (WJH) – Antragstellung ……………………………………

Seite 10 Seite 11

Zusammenarbeit mit dem Leistungserbringer ……………………………………………

Seite 14

1.3 1.4 1.5 1.6

Seite 12

1.6.1 Auswahlkriterien ………………………………………………………………………………… Seite 14 1.6.2 Kontaktaufnahme / Informationen für den Leistungserbringer …….. Seite 15 1.6.3 Das erste Hilfeplangespräch im Rahmen der Vorstellung/ Aufnahme beim Leistungserbringer …………………………………………………………………… Seite 15 1.6.3.1 1.6.3.2

Rahmenbedingungen …………………………….…………………………… Seite 15 Inhalt und Ablauf ……………………………………………………………… Seite 16

III. Leistungsfeststellung und Hilfeplan

................................................................................

IV. Elternarbeit bei (voll) stationären Hilfen V.

Fortschreibung des Hilfeplans

Seite 18

..................................................................

Seite 19

……………………………………………………………………

Seite 22

1.

Voraussetzungen für die Hilfeplangespräche ………………………………………………… Seite 22

2.

Rahmenbedingungen für die Hilfeplangespräche ………………………………………….

VI. Beendigung der Hilfe Anlagen (Übersicht)

Seite 23

………………………………………………………………………………………

Seite 24

.....................................................................................................................................

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2

Vorwort Im Jahre 2010/2011 wurde die „Dienstanweisung zur Hilfeplanung nach § 36 SGB VIII“ durch die Arbeitsgruppe Hilfeplanung erneut überarbeitet. Themen wie Beteiligung und Mitwirkung der jungen Menschen im Rahmen der Hilfegewährung, zielführende Elternarbeit, Zielformulierung, Rückführung in die Ursprungsfamilie und Hilfen für junge Volljährige wurden mehr in den Mittelpunkt gerückt. Die Auswertung aller Hilfen anhand eines strukturierten Fragebogens, der den Eltern und jungen Menschen, denen wir erzieherische Hilfen gewähren, am Ende der Hilfe ausgehändigt wird, soll zur Verbesserung der Qualität und Steigerung der Wirksamkeit erzieherischer Hilfen beitragen. Die Gewährung passgenauer Hilfen, die Rückbindung der Hilfen an den Sozialraum sowie die intensive Beteiligung und Mitwirkung der jungen Menschen und ihrer Eltern sind wichtige Garanten für eine erfolgreiche und zielführende Hilfegewährung. Die verstärkte Einbindung bürgerschaftlichen Engagements auch in bestehende Hilfegewährungen wird in den nächsten Jahren eine wichtige Aufgabe der Jugendhilfe sein. Hierfür bedarf es guter Kontakte und einer engen Vernetzung im Sozialraum. Der pädagogische Auftrag der Jugendhilfe muss dabei stets mit den Kosten in Einklang gebracht werden. Dies bedeutet auch Hilfen dort zu beenden, wo keine Entwicklungen (mehr) möglich sind, Hilfen nicht zielführend angenommen werden, sofern dadurch keine Kindeswohlgefährdung entsteht. Jugendhilfe muss sich stets an den Möglichkeiten und Grenzen der betroffenen Familien orientieren und darf nicht zum Selbstzweck werden. Dabei ist weniger manchmal mehr und zu viel Hilfe kann Familien auch überfordern. Die vorliegende Dienstanweisung zur Hilfeplanung spiegelt unsere Haltung zu unserer Arbeit und unserem fachlichen Selbstverständnis wieder und bildet damit eine gute Grundlage für fachlich effizientes und effektives Arbeiten. Die vorliegende Dienstanweisung zur Hilfeplanung tritt zum 01.09.2011 in Kraft. Alle Leistungserbringer von ambulanten, teilstationären und stationären Hilfen zur Erziehung in Stadt und Landkreis Karlsruhe sowie weitere Träger in der unmittelbaren Region erhalten unsere Dienstanweisung zur Hilfeplanung. Danach wird sie auch auf der Internetseite des Jugendamtes veröffentlicht. Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des ASD ist für Ende 2011/Anfang 2012 eine hausinterne Fortbildung zu dem Thema „Zielformulierung“ vorgesehen. Mit freundlichen Grüßen

Richard Kalteisen Amtsleiter Jugendamt

3

Einführung Jeder junge Mensch hat das Recht „auf Förderung seiner Entwicklung und auf Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit“ (§ 1 Absatz 1 SGB VIII). Mit diesem Grundsatz und dem Paradigmenwechsel von der Fürsorge zur sozialpädagogischen Dienstleistung überzeugt das Achte Sozialgesetzbuch (SGB VIII) – Kinder- und Jugendhilfe – auch 20 Jahre nach seinem Inkrafttreten durch Aktualität und Zukunftsfähigkeit. Das gilt insbesondere für die individuellen Hilfen einschließlich der Erzieherischen Hilfen: „Können Alltagsprobleme und Konflikte in den zentralen Lebensbereichen wie Familie, Schule und Freizeit nicht mehr mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen bewältigt werden, benötigen Eltern, Kinder und Jugendliche Unterstützung. Einrichtungen der Erzieherischen Hilfen1 leisten Anschubhilfen zur Lösung von Konflikten und stärken die Bewältigungskompetenzen von Eltern, Kindern und Jugendlichen.“2 Handlungsweisend für den Entscheidungsprozess und die Gestaltung einer Hilfe sind die Qualitätsprinzipien Aushandlung, Beteiligung, Mitwirkung sowie Ziel-, Prozess- und Wirkungsorientierung. Diese Prinzipien beziehen sich auf alle an der Hilfe Beteiligten – die jungen Menschen, die Eltern (Sorgeberechtigten) und die Fachkräfte der Kinder- und Jugendhilfe – und werden vom öffentlichen Jugendhilfeträger gewährleistet. Beteiligungschancen im Pädagogischen Alltag haben nicht nur eine persönlichkeitsbildende Funktion, sondern sind zugleich „ein entscheidender Faktor für die Wirksamkeit der Hilfe“.3 Die Fachkräfte der Kinder- und Jugendhilfe müssen allerdings angeben, woran sie die Wirksamkeit der Hilfen beurteilen („messen“) wollen (Ziele, Kriterien, Maßstäbe, Indikatoren). 4 Dabei werden die Ressourcen der jungen Menschen und ihrer Familien einbezogen und gestärkt, sozialraumorientierte Konzepte einschließlich des Bürgerschaftlichen Engagements genutzt und auf die Verhältnismäßigkeit der Kosten geachtet; eine angemessene Dauer (Befristung und Beendigung) wird zu Beginn und während des Hilfeprozesses mit den Beteiligten thematisiert und vereinbart. Das zentrale Instrument für diese Planung und Steuerung der Hilfen durch das Jugendamt ist der Hilfeplan nach § 36 SGB VIII. Die vorliegende Dienstanweisung zur Hilfeplanung nach § 36 SGB VIII gibt den fallzuständigen Fachkräften und den Leitungsverantwortlichen des Jugendamtes – des Allgemeinen Sozialen Dienstes, der Pflegekinderhilfe, der ambulanten Eingliederungshilfen sowie der Wirtschaftlichen Jugendhilfe und des Sachgebiets Beistandschaften/Vormundschaften/Unterhalt – einen verbindlichen Handlungsrahmen vor. Auch für die Zusammenarbeit mit den Leistungserbringern der Hilfen soll unsere Dienstanweisung eine hilfreiche Arbeitsgrundlage sein. Denn die beschriebenen Qualitätsprinzipien der Hilfeplanverfahren werden regelmäßig im Arbeitskreis nach §§ 78 a – g SGB VIII und in gemeinsamen Fachtagungen in der Region Karlsruhe diskutiert und weiterentwickelt.

Monika Schneider Abteilungsleiterin Soziale Dienste



1

Trifft für alle individuellen Hilfen und für alle Leistungserbringer zu. BMFSFJ (Hg.): Qualitätsstandards für Beteiligung von Kindern und Jugendlichen. Berlin 2010 3 ISA Planung und Entwicklung GMBH (Hg.): Praxishilfe zur Entwicklungsorientierten Qualifizierung der Hilfen zur Erziehung. Münster 2010 4 Siehe Prof. Dr. Christian Schrapper: Wirkungsorientierte Steuerung – ein Mythos? in: Verein für Kommunalwissenschaften e.V.(Hg.):Mythos wirkungsorientierte Steuerung. Berlin 2008 2

4

I.

Anwendungsbereich und Leitlinien

1.

Anwendungsbereich Die vorliegende Dienstanweisung zur Hilfeplanung nach § 36 SGB VIII bezieht sich auf alle Hilfen zur Erziehung nach den §§ 27 - 35 SGB VIII, die Eingliederungshilfen nach § 35 a SGB VIII, die Hilfe für junge Volljährige nach § 41 SGB VIII, die gemeinsamen Wohnformen für Väter/Mütter und Kinder nach § 19 SGB VIII, die Hilfen nach § 13 SGB VIII (Jugendsozialarbeit) in ambulanter (ausschließlich bei ganztägigen Hilfen, z. B. Parzivalschule Karlsruhe), teil- und vollstationärer Form und Hilfen gem. § 16 SGB VIII in Form von Familienbegleitung. Die Umsetzung ist erforderlich, wenn die Hilfe über einen längeren Zeitraum (mehr als 6 Monate) zu gewähren ist. Es werden folgende Grundbegriffe verwendet, die fallspezifisch auszulegen sind: • • • •

Leistungsberechtigte Leistungsadressaten Leistungserbringer Leistungsträger

= = = =

sorgeberechtigte Eltern, junger Mensch, Vormund/Pfleger Kinder und Jugendliche, Eltern, Familie Vertreterin/Vertreter der Einrichtung, Pflegeeltern, usw. Fachkraft des Jugendamtes



2.

Leitlinien der Hilfeplanung • Frühzeitiges Erkennen von Problemlagen, um weniger einschneidende ambulante Hilfen zu realisieren. • Hilfe zur Selbsthilfe • Motivierung, Befähigung und Aktivierung der Leistungsberechtigten und -adressaten, ein zeitlich befristetes Angebot zielorientiert zu nutzen. Ist dies nicht erreichbar, sind andere, dauerhafte Perspektiven bis zur Verselbstständigung des jungen Menschen zu erarbeiten. • Alle Hilfearten sind gleichrangig. Vermittlung der geeigneten Hilfen.

Es

erfolgt

eine

kompetente

Auswahl

und

• Sozialräumliche Lösungen haben Vorrang (zur Definition Sozialraum: siehe auch Arbeitspapier der Arbeitsgruppe Sozialraumorientierung vom 8.12.2004). • Hilfeplanung, als dynamischer Prozess, erfolgt in Kooperation mit den Beteiligten auf der Basis gemeinsamer Ziele. • Die Hilfeplanung und der daraus resultierende Hilfeplan liegen in der Verantwortung des Jugendamtes und dienen der fachlichen Steuerung und Gestaltung, der Einhaltung der gesetzlich geforderten Verfahrensvorschriften und der Effizienz der geleisteten Hilfe und eingesetzten Mittel.

II. Prozess der Hilfeplanung und der Hilfegewährung 1.

Problemsichtung, Beratung und Vorbereitung der Hilfeentscheidung

1.1

Prüfung der Zuständigkeit Die Prüfung der Zuständigkeit steht gleich zu Beginn des möglichen Hilfeprozesses. Ihre genaue Abklärung verbessert die Rechtssicherheit von Leistungsberechtigten und hilft allen Beteiligten, unnötigen Aufwand zu vermeiden. Unzuständiges Handeln kann einen Schadensfall nach sich ziehen. Strittige und/oder unklare Fallkonstellationen sind frühzeitig mit der Sachgebietsleitung zu besprechen. Im Einzelfall ist zwischen örtlicher und sachlicher Zuständigkeit zu unterscheiden. Die örtliche Zuständigkeit im Rahmen des SGB VIII ist durch die Bestimmung des § 86 ff. SGB VIII definiert (Anlage 1 - Entscheidungsraster örtliche/ tatsächliche/kostenrechtliche Zuständigkeit bei Hilfebeginn). 5

Hinsichtlich der sachlichen Zuständigkeit ist gemäß § 10 SGB VIII zu prüfen, ob der dargestellte Sachverhalt durch das Leistungsspektrum der Jugendhilfe überhaupt abgedeckt werden kann und/oder nicht andere oder vorrangige Hilfen zu berücksichtigen sind (z. B. Leistungen nach dem SGB II, Opferentschädigungsgesetz usw.). Auf die entsprechenden gesetzlichen Bestimmungen und Ausführungsrichtlinien wird verwiesen. Im Falle einer Unzuständigkeit des Jugendamtes sind die Leistungsberechtigten über die zuständige Stelle zu informieren und ggf. Hilfeanträge weiterzuleiten. Eine (vorübergehende) Zuständigkeit in der Hilfegewährung kann sich sowohl aus der Zuständigkeit als örtlicher Träger (§ 86 d SGB VIII) als auch aus dem Sachverhalt des erstangegangenen Leistungsträgers (§ 43 SGB I) ergeben, sofern der eigentlich zuständige Träger zur Hilfegewährung nicht bereit ist. 1.2

Leistungen und Auftrag der Jugendhilfe Jugendhilfe unterstützt die vorrangige Erziehungsverantwortung und -pflicht der Eltern. Sie hat keinen eigenständigen Erziehungsauftrag (§ 1 Abs. 3 SGB VIII), sofern die Voraussetzungen des § 8a Abs. 3 SGB VIII nicht erfüllt sind. (siehe auch die verbindlichen Handlungsleitsätze zur Erfüllung der Garantenpflicht des Kreisjugendamtes: „ Schutzauftrag des Jugendamtes bei Kindeswohlgefährdung“ ). Diese Familienbezogenheit kommt auch in der im SGB VIII zu findenden Zielhierarchie zum Ausdruck: • An erster Stelle steht die Förderung oder Wiederherstellung der Erziehungsfähigkeit der Herkunftsfamilie. • Nur wenn eine nachhaltige Verbesserung der dortigen Erziehungsbedingungen in einem vertretbaren Zeitraum nicht erreichbar ist, soll eine andere dem Wohl des Kindes oder Jugendlichen förderliche und auf Dauer angelegte Lebensperspektive geschaffen werden. • Als dritte Möglichkeit kommt die Verselbstständigung des jungen Menschen im Rahmen einer familienähnlichen Lebensform in einer Einrichtung über Tag und Nacht oder in einer sonstigen betreuten Wohnform in Betracht. Die Leistungen der Jugendhilfe stellen ein breitgefächertes und differenziertes Leistungsspektrum dar, das einzelfallbezogen, passgenau und planvoll die richtige Hilfe gewährleisten soll und auch weiterführende konzeptionelle Entwicklungen zulässt. Im kreativen Prozess soll eine sozialraumorientierte Ausgestaltung der Hilfe zur Erziehung entwickelt werden. Die Mitarbeit von Freiwilligen und das Bürgerschaftliche Engagement sind einzubinden. Im Vordergrund stehen die individuelle Situation der Hilfesuchenden und die Förderung ihrer Entwicklungsmöglichkeiten im sozialen Kontext. Dabei sind ihre vorhandenen Ressourcen und Kompetenzen sowie die ihres sozialen Umfeldes wie z. B. • Selbsthilfepotentiale • Verwandten- und Nachbarschaftshilfe, bürgerschaftlich engagierte Personen oder Initiativen • Nutzung von infrastrukturellen Angeboten wie Hort, Jugendhaus, usw. zu nutzen. Dies setzt voraus, dass folgende 3 Arbeitskomponenten miteinander verzahnt werden: • Fallbezogene Arbeit • Fallbezogene Ressourcenmobilisierung • Fallübergreifende Arbeit

6

Fungiert der Soziale Dienst zu Beginn des Hilfeprozesses als Vermittler, der die Menschen über mögliche Angebote und Hilfen im Leistungskatalog der Jugendhilfe und über Zugangswege und -voraussetzungen aufklärt und berät, so wechselt er seine Rolle im Hilfeplanverfahren zum „Case-Manager“, der Regie führt im gesamten Hilfeverlauf. Dies setzt Infrastrukturwissen, sozialräumliches Arbeiten, systemisches Denken, den Verzicht auf ein exklusives fachliches Selbstverständnis, Planungskompetenz und Kooperationsfähigkeit voraus. Ablaufschema des Hilfeprozesses siehe Anlage 2. 1.2.1 Voraussetzungen der Hilfegewährung Vor und während einer langfristig zu leistenden Hilfe außerhalb der eigenen Familie ist zu prüfen, ob die Annahme als Kind in Betracht kommt. Allgemeine Bestimmungen: Der Geltungsbereich für die Inanspruchnahme von Leistungen ergibt sich aus § 6 SGB VIII. Bei Vorliegen der gesetzlichen Ausgangsvoraussetzungen besteht ein einklagbarer Rechtsanspruch auf die geeignete und notwendige, nicht unbedingt die gewünschte Hilfe. Besondere Bestimmungen: ( Abschnitt IV SGB VIII )

§ 27 Abs. 1 SGB VIII: - anspruchsberechtigt sind die Personensorgeberechtigten - eine dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen entsprechende Erziehung ist nicht mehr gewährleistet ( leistungserheblicher Sachverhalt ) - die Hilfe ist für seine Erziehung geeignet und notwendig ( Feststellung des erzieherischen Bedarfs ) § 35 a Abs. 1 SGB VIII: - anspruchsberechtigt ist der junge Mensch selbst - seine seelische Gesundheit weicht mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für sein Lebensalter typischen Zustand ab - seine Teilhabe am Leben in der Gesellschaft ist daher beeinträchtigt oder eine solche Beeinträchtigung ist mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten. § 41 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII: - anspruchsberechtigt ist der junge Volljährige - aufgrund dessen individueller Situation ist die Hilfe für seine Persönlichkeitsentwicklung und zu einer eigenverantwortlichen Lebensführung erforderlich - der junge Mensch hat das 21. Lebensjahr bei Antragstellung noch nicht vollendet (s. auch „Rechtliche und fachliche Grundlagen der Gewährung von Hilfen nach § 41 SGB VIII - Anlage 14) Bei Hilfen nach § 35 a SGB VIII sind die Bestimmungen des SGB IX zu beachten.

1.2.2 Beteiligung der Leistungsberechtigten Die Beteiligung der Eltern und die alters- und entwicklungsgemäße Beteiligung von Kindern und Jugendlichen ist ein fachlich und gesetzlich begründeter Grundsatz der Hilfeplanung. Hier müssen Fachkräfte zuhören, informieren, beraten und vermitteln. In etlichen Fällen ist eine besondere Verantwortung für die Interessen der jungen Menschen, besonders der Kinder, wahrzunehmen. 7

Beteiligung und Mitwirkung meint dabei mehr als „Zustimmung“: § 36 Abs. 1, S. 1 SGB VIII: Entscheidung der Personensorgeberechtigten über die Inanspruchnahme einer Hilfe § 36 Abs. 1, S. 3 SGB VIII: Bei Hilfe außerhalb der Familie Beteilung der Betroffenen bei der Auswahl der Einrichtung/Pflegestelle § 36 Abs.2, S. 1 SGB VIII: Entscheidung über die im Einzelfall angezeigte Hilfe im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte § 36 Abs. 2, S.2 SGB VIII: Hilfeplanaufstellung im Zusammenwirken der Personensorgeberechtigten, der Kinder/ Jugendlichen u. der beteiligten Fachkraft Die nötige Akzeptanz bei der Gewährung und die Realisierung der erarbeiteten Ziele wird durch eine reflektierende und kooperative Grundhaltung gefördert. Das Elternrecht auf Beteiligung korrespondiert mit der Elternpflicht zur Mitarbeit. Diese Pflicht besteht in erster Linie dem Kind/Jugendlichen gegenüber: Elternrechte begründen sich wesentlich in Pflichten gegenüber dem Kind. Elternarbeit hat somit zwei Seiten: - professionelle Angebote der Unterstützung an die Eltern, - Pflicht der Eltern, diese Angebote zu nutzen, um an sich und an der Beziehung zum Kind zu arbeiten. Gerade bei Hilfen außerhalb der eigenen Familie ist eine nachhaltige Verbesserung der Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie anzustreben, um die Rückkehr des Kindes zu ermöglichen. Bei der außerhäuslichen Unterbringung eines Kindes in einer Pflegefamilie muss vor Beginn zwischen den Beteiligten Transparenz darüber bestehen, dass im Verlauf des Pflegeverhältnisses zwischen dem Pflegekind und den Pflegeeltern sowie Pflegegeschwistern Bindungen entstehen. Bei der Planung und Ausgestaltung einer möglichen Rückführung, müssen neben der Verbesserung der Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie in besonderem Maße die entstandenen Bindungen zwischen Pflegekind und Pflegeeltern sowie die Bedürfnisse des Pflegekindes berücksichtigt werden. In allen Fällen, in denen anstelle der Eltern ein Vormund oder Pfleger zur Wahrnehmung der Interessen des Kindes oder des Jugendlichen eingesetzt ist, nimmt dieser die Position der sorgeberechtigten Eltern ein und ist bei der Hilfeplanung zu beteiligen. Wenn es die Fallkonstellation zulässt, sind auch Eltern, denen das Sorgerecht entzogen ist, in die Hilfeplanung einzubeziehen. Dieses Ziel ist nicht nur wegen der oft nach wie vor bestehenden Bindungen und Beziehungen zwischen Herkunftsfamilie und Kind, sondern auch wegen möglicher Rückkehroptionen des Kindes und Rückübertragung des Sorgerechts auf die Eltern geboten. Je nach den Umständen des Einzelfalles ist in der Regel in mehreren Gesprächen einschließlich eines Hausbesuches der vorgebrachte Sachverhalt zu klären und sind die eigenen Ressourcen der Beteiligten und ihres sozialen Umfeldes genau zu erarbeiten (Ressourcenanalyse). Mit Kindern und Jugendlichen sind möglichst Einzelgespräche zu führen. Bei Kindern kann ein Gespräch im häuslichen Umfeld, bei Jugendlichen im Amt stattfinden.

8

Im Vorfeld einer Hilfegewährung sind im Rahmen des § 36 SGB VIII Beratungsverpflichtungen des Jugendamtes gegenüber den Sorgeberechtigten und dem jungen Mensch wahrzunehmen. Hier ist insbesondere einzugehen auf: • die Leistungspalette der Jugendhilfe • die Verfahrensabläufe, einschl. des vorgesehenen Zeitrahmens • die datenschutzrechtlichen Bestimmungen (§§ 61 - 68 SGB VIII) • die Möglichkeit und Grenzen der Ausübung der Personensorge durch Pflegepersonen bzw. verantwortliche Fachkräfte (§ 1688 BGB) • die Regelungen über die Heranziehung zu den Kosten (§ 91 ff. SGB VIII) • die Mitwirkungsrechte/-pflichten (z. B. Verpflichtung zur Offenbarung der erforderlichen Daten, §§ 60 - 67 SGB I) • das Wunsch- und Wahlrecht (§ 5, § 36.1 SGB VIII) • die Beteiligungsrechte von Kindern und Jugendlichen (8 SGB VIII) • die Grundrichtung der Erziehung und die Gleichberechtigung von Mädchen und Jungen (§ 9 SGB VIII) • die Beteiligungsrechte bei der Erstellung und Fortschreibung des Hilfeplans • die möglichen Folgen auf das familiäre Gefüge und die Entwicklungsperspektiven von Kindern und Jugendlichen bei einer Jugendhilfeintervention Neben den genannten Beratungspflichten des Jugendamtes müssen vor einer Hilfegewährung, in Bezug auf die bisherige Zusammenarbeit zwischen Jugendamt und Sorgeberechtigten und jungem Mensch, folgende Fragen positiv beantwortet werden können: •

• • •

Konnte ein angemessener Klärungs-, Beratungs- und Entscheidungsprozess durchgeführt werden, an dessen Ende Konsens in Bezug auf die Problemlage, den Hilfebedarf, die geeignete Hilfeart, die Auswahl der Einrichtung sowie über die entsprechende Ausgestaltung der Hilfe besteht? Ist eindeutig geklärt, was sich bei Beendigung der Hilfe geändert haben soll (Fernziele)? Sind die Anforderungen an die Sorgeberechtigten und jungen Menschen eindeutig, verständlich und klar genug benannt worden? Besteht bei ihnen ausreichend Eigenmotivation bzgl. der Erreichung der mit der Hilfe verbundenen Ziele?

Wesentliche Ergebnisse dieser Beratung sind zu dokumentieren. Für alle Beteiligten soll dieses Verfahren transparent, nachvollziehbar, verständlich und überprüfbar sein. 1.2.3 Zusammenarbeit mit Fachdiensten Das Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte bei der Entscheidung über die richtige Hilfe ist bereits bei der Problemsichtung und Beratung ein Qualitätsmerkmal des gesamten Hilfeprozesses und Vorschrift des Gesetzes. Verantwortlich für die Umsetzung ist die fallverantwortliche Fachkraft im Jugendamt. Je nach den Umständen des Einzelfalles wirken die im Jugendamt tätigen Fachkräfte insbesondere des ASD und der Pflegekinderhilfe - kooperativ zusammen. Die fallverantwortliche Fachkraft stellt sicher, dass alle Beteiligten die erforderlichen Informationen rechtzeitig erhalten.

9

Vor der Gewährung einer vollstationären Hilfe sind die Psychologischen Beratungsstellen vermehrt zur Diagnostik und/oder Fachberatung einzubeziehen. Bei geeigneten Fällen ist vor einer Hilfeentscheidung Ambulantes Clearing (entsprechend unserer Konzeption vom August 2011) einzusetzen. Die Möglichkeit einer Hilfegewährung gem. §§ 27/28 SGB VIII durch die Psychologische Beratungsstelle als Leistungserbringer im Vorfeld einer stationären Hilfe ist zu prüfen. Einzelfallabhängig sind auch Fachkräfte aus anderen Bereichen (Kindergarten, Schule, Gesundheitswesen, Berufsausbildung, andere soziale Institutionen des Sozialraums usw.) einzubeziehen. Die Präsenz des Sozialen Dienstes im Sozialraum erleichtert die Kooperation mit den örtlichen Institutionen. Formen der Zusammenarbeit können die gemeinsame Fallbesprechung oder die gemeinsame Hilfekonferenz aller in den Einzelfall einbezogenen Fachkräfte sein. Diese Form wird insbesondere in schwierigen oder sehr strittigen Fallkonstellationen angewendet. Unter Berücksichtigung des Erforderlichkeitsgrundsatzes bei der Datenerhebung sind von den beteiligten Fachkräften und Diensten Berichte oder Gutachten einzuholen. Dafür ist die Einwilligung der Betroffenen erforderlich. Das Formular J des KVJS Baden-Württemberg kann hier zur Anwendung kommen (Anschreiben u. Formblätter siehe Anlage 3). Die fallverantwortliche Fachkraft im Jugendamt behält die Fäden in der Hand. Sie hat die letztendliche Entscheidungsverantwortung und muss unter Berücksichtigung aller Gesichtspunkte fachgerecht und angemessen entscheiden. Die beteiligten Stellen im Hilfeprozess werden unter Berücksichtigung des Datenschutzes über die Hilfeentscheidung informiert. 1.3

Anamnese und psychosoziale Diagnostik Eine fundierte Anamnese und psychosoziale Diagnostik ist zur Feststellung des Bedarfs und für die Hilfeplanung unabdingbar. Relevant ist der junge Mensch selbst, (Auffälligkeiten, Defizite, Interessen und Stärken), die Familie (Beziehungsgeflecht, Dynamik, Eigenkräfte/Ressourcen, Defizite) und das soziale Umfeld (Kindergarten, Schule, Ausbildungsplatz, Verein, Freunde). Wichtig sind Transparenz, Nachvollziehbarkeit und Überprüfbarkeit der Angaben und Befunde. Der Vordruck „Anamnese und psychosoziale Diagnostik“ (Anlage 4) ist verbindlich für alle unter I.1 dieser Dienstanweisung genannten Hilfen anzuwenden. Diese Erhebung soll die umfassend vorliegenden Informationen aus eigenen Gesprächen und sonstigen Quellen komprimiert (stichwortartig) wiedergeben. Sie bildet eine interne Arbeitsgrundlage, dient als Grundlage zur Anfrage bei Leistungserbringern, für Vorstellungs- und Aufnahmegespräche (siehe auch 1.6.2) und kann zusammen mit der Leistungsfeststellung und dem Hilfeplan den Sorgeberechtigten ausgehändigt werden. Für die psychosoziale Diagnose können die entsprechenden Zusatzbögen als Orientierung dienen oder als Anhang verwendet werden. Die Ressourcendateien sind zu nutzen. Wichtig ist, den Blick für die Ressourcen des jungen Menschen, der Familie und des sozialen Umfeldes zu schärfen. Die Informationsquellen sind bei den einzelnen Unterpunkten dieses Bogens (unabhängig von Punkt 5 = Berichtsquellen) dort speziell zu benennen, wo unterschiedliche Auffassungen und Aussagen zwischen den beteiligten Personen und Institutionen dokumentiert werden sollen.

10

1.4

Interner Entscheidungsprozess Vor

einer

Entscheidung

über

eine

zu

gewährende

Hilfe

sind

einzubeziehen

- das Team (die Teamberatung) Die Feststellung des Bedarfs und der geeigneten Hilfe ist grundsätzlich das Ergebnis eines kollegialen Abwägungsprozesses (Teamberatung), die den Fachkräften der Jugendhilfe obliegt (§ 36 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII). Die regelmäßige und bei Bedarf auch außerplanmäßige (situationsbedingte) Teamberatung ist ein wichtiges Qualitätsmerkmal der Hilfeplanung. Vor der Gewährung einer Hilfe, die im Anwendungsbereich dieser Dienstanweisung liegt (siehe Kapitel I 1. Anwendungsbereich), muss in jedem Fall eine Teamberatung erfolgen. Dabei sind alle Fälle, in denen sich ein Hilfebedarf abzeichnet, rechtzeitig, d.h. entscheidungsoffen ins Team einzubringen. Die Teamberatung dient u. a. der Erweiterung der Entscheidungsgrundlagen und dem einheitlichen Hilfevollzug. Außerdem bietet die Teamberatung die Möglichkeit, die Erfahrungen und das Fachwissen der einzelnen Kolleginnen und Kollegen bzgl. geeigneter Einrichtungen/Leistungserbringern abzurufen. Die Fälle sind schriftlich vorbereitet (z. B. anhand Flipchart, Tischvorlage, Bedarfsfeststellungsbogen, Genogramm) dem Team zur Verfügung zu stellen. Die Falldarstellung beinhaltet: • • • •

Vorgeschichte des jungen Menschen/der Familie Problemsituation Darstellung der Ressourcen/Stärken/Kompetenzen des jungen Menschen/der Familie sowie des Lebensumfeldes Lösungsvorschläge Fragestellungen (z. B. Gewährung individueller Zusatzleistungen, siehe IV. 1)

Die Fallverantwortung bleibt bei der fallzuständigen Fachkraft. Sie gibt den entsprechenden Protokollauszug der Teamberatung zur Akte. - interne und externe Fachdienste und örtliche Institutionen des Sozialraums (ggf. im Rahmen einer Hilfekonferenz); siehe hierzu Punkt 1.2.3 - Sachgebietsleitung Alle Fälle der Jugendsozialarbeit gem. § 13 SGB VIII, der Familienbegleitung gem. § 16 SGB VIII, der Hilfe zur Erziehung (§ 27 ff SGB VIII), Hilfe nach § 35 a SGB VIII, Hilfen für junge Volljährige (§ 41 SGB VIII) und Fälle nach § 19 SGB VIII sind, sobald sich ein konkreter Hilfebedarf abzeichnet, mit der Sachgebietsleitung zu besprechen. - die Amtsleitung In folgenden Fallkonstellationen Amtsleitung:

besteht

ein

Genehmigungsvorbehalt

der

- Intensivpädagogische Hilfen (z. B. geschlossene Unterbringung) und Hilfen im Ausland (§ 27.2 / 78b SGB VIII) (Hinweise siehe Anlage 5) - Weitergewährung einer Hilfe nach dem 2. Ausbildungsabbruch eines jungen Menschen - Überschreitung des täglichen Pflegesatzes/Entgeltes der zu belegenden Einrichtung nach Maßgabe der aktuellen Dienstanweisung (nur in Neufällen bzw. bei Heimwechsel) In diesen Fällen sind vor Hilfebeginn die Aktenunterlagen einschließlich aktueller Bedarfsfeststellungen und/oder Hilfeplanentwürfe der Amtsleitung über die Abteilungsleitung des ASD vorzulegen.

11

Darüber hinaus sind die Vorgaben des aktuellen Maßnahmenkataloges zu beachten und in allen geeigneten Fällen anzuwenden. Abweichungen sind in den Bedarfsfeststellungen bzw. Hilfeplänen zu begründen. Die amtsinternen Konzeptionen zu bestimmten Hilfen, deren Ausführungsbestimmungen sind zu beachten und anzuwenden. 1.5

Zusammenarbeit - Antragstellung

Sozialer

Dienst

und

Wirtschaftliche

Vorgaben

Jugendhilfe

und

(WJH)

Die Gewährung einer Hilfe (siehe Anwendungsbereich unter I.1) hat erhebliche Auswirkungen auf die finanziellen Ausgaben unseres Amtes und belastet Eltern, sofern sie zu den Kosten herangezogen werden müssen. Bereits im Stadium der Beratung über eine mögliche Inanspruchnahme von Hilfen informiert der Allgemeine Soziale Dienst (ASD) die Eltern über mögliche entstehende Aufwendungen, deren Höhe und über die in den entsprechenden Leistungen bestehende Kostenheranziehung. Die WJH wird einbezogen, sofern ein weitergehender Beratungsbedarf besteht und beispielsweise überschlägige Kostenberechnungen gewünscht werden. In Fällen, bei denen Leistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) in Frage kommen, sind die entsprechenden Vorgaben der Amtsleitung zu beachten. Wenn zwischen ASD und den Leistungsberechtigten die Perspektive einer in Kapitel I.1 genannten Hilfe erarbeitet worden ist, müssen die Leistungsberechtigten einen „Antrag auf Gewährung von Hilfe nach dem Kinder- und Jugendhilfegesetz (SGB VIII)“ stellen (Anlage 6). Die Antragstellung erfolgt frühzeitig. Ein Zeitpunkt vor dem Vorstellungs- oder Aufnahmegespräch mit dem Leistungserbringer kann ein zeitlicher Orientierungsrahmen sein. Eine frühzeitige Antragstellung wird die Verbindlichkeit des Hilfeprozesses unterstreichen und soll gewährleisten, dass die erforderlichen Daten für die Hilfegewährung auch rechtzeitig vor dem tatsächlichen Leistungsbeginn vorliegen. Beantragt ein Volljähriger die Fortführung der Jugendhilfe über das 18. Lebensjahr hinaus, ist der vereinfachte Antrag (s. Anlage 6b) ausreichend. Das Antragsformular ist grundsätzlich vom ASD an die Antragsberechtigten zu geben. Die WJH erhält eine Kopie des Antrags. Der ASD verweist bei allen kostenbeitragspflichtigen Hilfen die Antragstellenden an die WJH zur Prüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse. Die ordnungsgemäße Antragstellung ist zunächst eine Aufgabe der Antragsberechtigten. Um eine verlässliche Erhebung bzw. Information zu gewährleisten, unterstützt der ASD die Betroffenen. Die WJH händigt die „Erklärung zur Prüfung der Kostenbeitragspflicht“ (Anlage 6a, Vordruck III. 13.201) aus oder schickt diese mit einem Formanschreiben unter Bezugnahme auf die Antragstellung mit dem Angebot der Beratung und Unterstützung zu. In Neufällen einer beantragten stationären Hilfe nach § 41 SGB VIII sind sowohl wegen der Hilfebedarfsklärung (Rückkehr/Verbleib des jungen Menschen in der Herkunftsfamilie) als auch wegen der künftig fälligen Kostenbeitragspflicht und der Folgen auf die Unterhaltspflicht Gespräche mit den Eltern notwendig. Es wird davon ausgegangen, dass in den Fällen fortgesetzter Kinder- und Jugendhilfe die Fragen in Bezug auf Kostenbeitragspflicht im Verlauf des Hilfeprozesses bereits geklärt wurden. Je eine Ausfertigung des Hilfeantrags befindet sich in den Aktenunterlagen des ASD und der WJH. Nach Eingang des Antrages müssen sich ASD und WJH darüber verständigen, ob die Daten vollständig erhoben worden sind. Ggf. müssen bei unvollständigen und fehlerhaften Angaben erneute Absprachen mit den Antragstellenden erfolgen. Unter Berücksichtigung des jeweils eigenen Verantwortungsbereiches unterstützen sich ASD und WJH im Verlauf des Beratungs- und Hilfeprozesses gegenseitig. Rechtzeitig vor Hilfebeginn muss die WJH möglichst genaue Angaben zur Höhe der Kostenheranziehung erarbeiten und die Betroffenen unterrichten. 12

Die gesetzlichen Bestimmungen des § 92 Abs. 5 SGB VIII sehen einen ganzen oder teilweisen Verzicht auf eine Kostenheranziehung nur dann vor, wenn ein besonderer Härtefall vorliegt und die Durchführung einer notwendigen Leistung gefährdet wäre. Entsprechende formlose Anträge sind durch die Betroffenen selbst schriftlich oder durch persönliche Vorsprache zu stellen. Die fallverantwortliche ASD-Fachkraft bewertet unter Einbeziehung der Sachgebietsleitung(en) den vorgebrachten Sachverhalt und sucht die einvernehmliche Verständigung mit der WJH. Sofern eine einvernehmliche Entscheidung nicht gefunden werden kann, sind die zuständigen Abteilungsleitungen des Jugendamtes einzuschalten. Unter Einbeziehung der verantwortlichen Sachgebietsleitungen des ASD und der WJH ist weiterführend vom ASD im Rahmen pflichtgemäßen Ermessens zu entscheiden, ob auch bei fehlenden und/oder fehlerhaften Angaben im Hilfeantrag die Voraussetzungen für eine Hilfegewährung vorliegen. Bei allen Hilfen müssen bei gemeinsamem Sorgerecht der Eltern beide sorgeberechtigten Elternteile die Hilfe beantragen (siehe auch Rechtsgutachten DIJuF vom 2.04.2007 – J 8.110 Kü.). Die Antragsvoraussetzungen können in besonderen Ausnahmefällen auch dann erfüllt sein, wenn nur von einem Elternteil die Unterschrift vorliegt, vom anderen Elternteil aber eine positive Willenserklärung abgegeben wurde, die in den Akten dokumentiert ist. Maßgeblich für die Entscheidung sind die pädagogischen Erfordernisse zur Sicherung des Kindeswohls im Einzelfall. Der vorliegende Hilfeantrag kommt auch Pflegschaft zur Anwendung.

bei

bestehender Vormundschaft bzw.

Eine Hilfegewährung von Amts wegen ist dagegen nicht rechtmäßig. Wirken die Personenberechtigten nicht mit oder lehnen eine notwendige Hilfestellung ab, ist bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 8a SGB VIII vom ASD das Familiengericht anzurufen und ggf. umgehend eine Maßnahme nach § 42 SGB VIII einzuleiten. Die Entscheidung über die Gewährung einer Hilfe erfolgt letztlich durch den ASD. Sie wird im Formular „Leistungsfeststellung und Hilfeplan“ (Anlage 9) dokumentiert (siehe III der Arbeitshilfe). Eine Durchschrift erhält die WJH, die auf dieser Grundlage die Mitteilung über die Kostenbeitragspflicht und den Bewilligungsbescheid an die Antragsberechtigten erlässt. Das bearbeitete Formular „Leistungsfeststellung und Hilfeplan“ soll vor dem tatsächlichen Leistungsbeginn bei der WJH vorliegen. Im Sinne einer guten Kooperation mit den Leistungserbringern sowie der Realisierung von Kostenbeiträgen unseres Amtes, ist eine rechtzeitige Leistungsfeststellung unerlässlich. Wenn sie in einem Ausnahmefall nicht rechtzeitig vorliegen sollte, muss der ASD die WJH über die Hilfe für den jungen Menschen, den tatsächlichen Leistungsbeginn, die Namen und Adressen der Kostenbeitragspflichtigen und über den Leistungserbringer formlos, aber schriftlich, vor Leistungsbeginn informieren. Weitergehende Informationen und Absprachen sind nach dem Bedarf des Einzelfalles zu treffen.

13

Es gilt zu beachten: Ändert sich die Hilfe (z.B. von § 34 auf § 32 SGB VIII oder von § 29 auf § 30 SGB VIII) oder kommt eine weitere Hilfe hinzu, ist Folgendes zu berücksichtigen:

1.6



Es muss ein neuer Antrag der Sorgeberechtigten eingeholt sowie die Leistungsfeststellung und Hilfeplan neu erstellt werden. Ein Kurzantrag ist in diesen Fällen ausreichend (siehe Anlagen 6c und 6d). Ein neuer Vordruck Anamnese und psychosoziale Diagnostik ist nicht auszufüllen; der Bedarf für die neue oder zusätzliche Hilfe wird in der Leistungsfeststellung begründet und formuliert. Bei einer zusätzlichen Hilfe ist i.d.R. eine eigene Akte anzulegen und es sind separate Hilfeplanfortschreibungen zu erstellen. Beispiele: Eine Hilfe nach § 33 SGB VIII und zusätzlich eine heilpädagogische Hilfe nach § 27 Abs. 2 oder 3 SGB VIII; oder eine Hilfe nach § 31 SGB VIII und zusätzlich § 29 SGB VIII in der gleichen Familie.



Dies gilt nicht für Hilfen gemäß §§ 32 oder 34 SGB VIII, bei denen zusätzliche Hilfen durch den Leistungserbringer im Rahmen individueller Zusatzleistungen (IZL) gemäß dem Rahmenvertrag Baden-Württemberg gewährt werden sollen (IZL-Antrag siehe Anlage 12). Die notwendige IZL ist in der Hilfeplanfortschreibung zu begründen. Falls die notwendige IZL außerhalb der planmäßigen Hilfeplanfortschreibung gewährt wird, erfolgt die schriftliche Begründung in einer formlosen Hilfeplanfortschreibung. Diese nimmt Bezug auf die letzte planmäßige Hilfeplanfortschreibung und wird allen Beteiligten in Kopie zugeschickt.

Zusammenarbeit mit dem Leistungserbringer

1.6.1 Auswahlkriterien Die Auswahl des Leistungserbringers orientiert sich an folgenden Kriterien: • Bedarf des jungen Menschen (heilpädagogische Hilfen, Sonderbeschulung, Ausbildung, Elternarbeit...) • Wunsch- und Wahlrecht der Leistungsberechtigten (§5 SGB VIII) • Verhältnismäßigkeit der Kosten ( siehe auch Punkt 1.4, S. 8, Genehmigungsvorbehalt der Amtsleitung ) • Vorrang von Hilfen im Sozialraum/Wohnortnähe der Betroffenen, um Ressourcen der Familie und des Umfeldes besser zu nutzen und die Rückführung in die Familie zu erleichtern (gilt nicht für Übernahmefälle von anderen Ämtern) • Angebot und Qualität des Leistungserbringers (besondere Berücksichtigung von Einrichtungen mit sozialraum- und ressourcenorientierten Konzepten und Praxis) • Vorhandene Leistungs-, Entgelt- und Qualitätsentwicklungsvereinbarungen der ausgewählten Einrichtung sowie die entsprechende Betriebserlaubnis müssen vorliegen. Abweichungen von diesen Kriterien sind in der ASD-Akte zu begründen. Zur Auswahl der geeigneten Einrichtung sollte die Teamberatung genutzt werden. (siehe 1.4, S. 8) Ist eine vollstationäre Hilfe auf Dauer angelegt, kann auf überregionale Angebote zurückgegriffen werden. Kostengünstigen Angeboten ist Vorrang einzuräumen, sofern das Angebot der konkreten Bedarfslage des jungen Menschen gerecht wird.

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Grundsätzlich müssen bei der Wahl des Leistungserbringers für voll- und teilstationäre Hilfen folgende Fragestellungen ausreichend bedacht und beantwortet sein: • • •

• •

Erkennbares Rückführungskonzept vorhanden? Gewährleistung von qualitativer, bedarfsbezogener Elternarbeit? Wie arbeitet die Einrichtung mit der Familie zusammen in Bezug auf: o Ressourcenorientierung o Erhalt und (Wieder-) Eingliederung in das bisherige soziale Umfeld (Sozialraumorientierung) o Einbindung von wichtigen Bezugspersonen in den Hilfeprozess o Aspekt „Fördern und Fordern“, Klarheit bezüglich Rückführungsbedingungen o Unterstützungsmöglichkeiten nach Beendigung der Hilfe o Hospitationen/Erprobungsphasen Möglichkeit von Anschlusshilfen durch die Einrichtung aus „einer Hand“? Abgestufte Anschlusshilfen vorhanden (vollstationär  teilstationär  ambulant  Hilfestellungen außerhalb von HzE)?

1.6.2 Kontaktaufnahme/Informationen für den Leistungserbringer Die Kontaktaufnahme mit einem möglichen Leistungserbringer Berücksichtigung datenschutzrechtlicher Vorgaben durch:

erfolgt

unter

• telefonische Voranfrage • Zusendung schriftlicher Unterlagen (Gutachten, Berichte usw.) • Zusendung des Bogens „Anamnese und Psychosoziale Diagnostik“ Weitere Einzelheiten siehe Anlage 7 „Checkliste für Vorstellungs- und Aufnahmegespräche mit Leistungserbringern“. Wird eine Hilfe in Erwägung gezogen, die durch die Pflegekinderhilfe des Jugendamtes geleistet oder vermittelt wird, muss ebenfalls eine schriftliche Anfrage erfolgen. Dem Grunde nach orientiert sie sich am o. g. Standard. Die Rückantwort des Fachdienstes erfolgt ebenfalls in schriftlicher Form.

1.6.3 Das erste Hilfeplangespräch im Rahmen der Vorstellung/Aufnahme beim Leistungserbringer 1.6.3.1 Rahmenbedingungen In diesem Gespräch geht es darum, die bisherige Hilfeplanung weiter zu konkretisieren und zu verbindlichen Absprachen zur Hilfegewährung und Hilfeausgestaltung zu kommen. An diesem Gespräch nehmen die am Hilfeprozess unmittelbar Beteiligten teil. Dies sind: •

sorgeberechtigte Eltern, ggf. Vormund/Pfleger , junger Volljähriger

• Kinder, Jugendliche • Vertreterinnen/Vertreter der Einrichtung, Pflegeeltern • verantwortliche Fachkraft des Jugendamtes

15

Weitere Fachkräfte, aber auch wichtige Vertrauenspersonen der Eltern bzw. der/des junge(n) Volljährige(n) oder der Kinder/Jugendlichen können je nach den Umständen des Einzelfalles hinzugezogen werden. Die Überschaubarkeit der Gesprächsrunde ist zu gewährleisten. Insbesondere sollten sich die Betroffenen nicht durch zu viele Fachkräfte eingeschüchtert fühlen. Kinder und Jugendliche sind entwicklungsund altersentsprechend in das Gespräch einzubeziehen. So ist es z. B. möglich, das Hilfeplangespräch zunächst mit den Eltern und Fachkräften zu führen und anschließend die Kinder oder Jugendlichen mit einzubeziehen. Für den Gesprächsort sind folgende Regelungen sinnvoll: • Bei Hilfen in Heimen und teilstationären Hilfen findet das Gespräch in der Regel in der Einrichtung (also beim Leistungserbringer) statt. Die Betroffenen können sich somit Eindrücke über den möglichen zukünftigen Aufenthaltsort verschaffen. • Bei Vollzeitpflege bietet sich das Jugendamt zunächst als geeigneter Gesprächsort an. In geeigneten, weniger spannungsgeladenen Fällen kann das Gespräch auch bei den Pflegeeltern stattfinden, sofern sie damit einverstanden sind. • Bei ambulanten Hilfen erfolgt das Gespräch in der Familie, wenn dort die Hilfe erbracht wird, in den sonstigen Fällen beim Leistungserbringer. • Bei der Wahl des Gesprächsortes ist auf eine gute Atmosphäre zu achten. Störungen von außen sind nach Möglichkeit zu vermeiden. Die Leitung / Moderation des Gespräches liegt grundsätzlich bei der verantwortlichen Fachkraft des Jugendamts, kann aber auch in Absprache auf Fachkräfte des Leistungserbringers delegiert werden. Die Gesprächsleitung / Moderation muss für alle Beteiligten transparent sein. Der/die Gesprächsverantwortliche achtet darauf, dass • der vorgegebene Zeitrahmen eingehalten wird, • alle Beteiligten eingebunden werden, zu Wort kommen und verstanden werden, • das Besprochene auch von allen Beteiligten verstanden wird, • die Sitzordnung den Gesprächsumständen angepasst ist, • Zielvereinbarungen erarbeitet, abgesprochen und festgehalten werden, die dann in den schriftlichen Hilfeplan einfließen. 1.6.3.2 Inhalt und Ablauf Der Leistungserbringer ist vom Jugendamt über Ressourcen und Schwierigkeiten der Alltagsbewältigung der Eltern und des jungen Menschen schriftlich informiert, der Hilfebedarf ist konkretisiert. Die psychosoziale Diagnose und eine erste prognostische Einschätzung über den Umfang und die zeitliche Perspektive zu Art, Form und Umfang der zu gewährenden Leistungen sind mit den Beteiligten erarbeitet. Absprachen zur Elternarbeit sind getroffen. Der Leistungserbringer stellt sich vor und benennt sein Selbstverständnis, seine Leitvorstellungen, die Leistungen und Inhalte seines Angebots. Er beschreibt Regeln und Grenzen, erläutert die organisatorischen Rahmenbedingungen. Er informiert über schulische Angebote, berufliche Ausbildungsmöglichkeiten und den Bereich der Freizeitgestaltung. Er beschreibt die internen Dienste und deren Funktion und stellt die mittelbar und unmittelbar Verantwortlichen für den jungen Menschen und dessen Familie vor.

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Die Vertreter der internen Dienste erläutern ihre Aufgaben und Funktionen (z. B. Erzieherteam, heilpädagogisch-psychologischer Dienst, Verantwortliche für die Elternarbeit). Im Falle einer teil- oder vollstationären Hilfe bzw. bei ambulanten Hilfen, die außerhalb der Familie erbracht werden, erhält der junge Mensch Gelegenheit, das Haus bzw. die Räumlichkeiten zu besichtigen und Einblick in die vorgesehene Gruppe zu bekommen. Vorteilhaft ist, wenn ein junger Mensch der Einrichtung die Führung übernimmt. Mit den Beteiligten werden die Ziele der Hilfe besprochen und die Sichtweisen der Leistungsberechtigten, des jungen Menschen und der beteiligten Fachkräfte angemessen berücksichtigt und dokumentiert. Die Ressourcen und Kompetenzen der Eltern und des jungen Menschen sind einbezogen. Je klarer und einvernehmlicher der Verständigungsprozess verläuft, desto eher können die Zielsetzungen auf ihre Erreichbarkeit hin überprüft und fortgeschrieben werden. Zielsetzungen werden im Bereich • der Persönlichkeitsentwicklung des jungen Menschen • seiner Beziehung zur Herkunftsfamilie und zum Lebensumfeld • der Situation der Herkunftsfamilie/ Personensorgeberechtigten, der Förderung ihrer Erziehungsfähigkeit • der Situation wichtiger Bezugspersonen gemeinsam erarbeitet und formuliert (siehe Kap. III). Es ist zu kennzeichnen, was innerhalb der nächsten 6 Monate zur Präzisierung des Hilfeplans anzustreben und was noch an Klärung erforderlich ist. Die Gestaltung der Zusammenarbeit mit den Eltern und deren konsequente Beteiligung stellen einen besonderen Schwerpunkt der Hilfe dar. Es werden Erwartungen hinsichtlich ihrer Mitwirkung und Beteiligung konkret angesprochen und Vereinbarungen zur Elternarbeit getroffen. Wenn Einvernehmen hergestellt ist - ggf. ist für die Eltern, den jungen Menschen, den Leistungserbringer eine Bedenkzeit einzuräumen - wird der Tag des Hilfebeginns festgelegt. Bei Hilfen außerhalb der Familie ist geklärt, was alles mitzubringen ist bzw. was nicht mitgebracht werden darf. Es ist festgelegt, dass innerhalb von 6 Monaten die Konkretisierung der Hilfegestaltung erfolgt (Ort und Teilnehmer/innen sind benannt). Mit dem Leistungserbringer wird eine grundsätzliche Zusammenarbeit5 getroffen, insbesondere in Bezug auf

Vereinbarung

zur

• gegenseitige Information von Einrichtung und Jugendamt bzw. Information der Eltern bei wichtigen Ereignissen • Häufigkeit und Ort der Hilfeplanfortschreibungen (in der Regel alle 6 Monate, mindestens einmal jährlich) • Berichterstattung des Leistungserbringers (Stellungnahme zwei Wochen, spätestens eine Woche vor dem Hilfeplangespräch) • notwendige individuelle Zusatzleistungen etc. • Informationen über familiäre Veränderungen (z. B. in Bezug auf Sorgerecht oder Wohnsitz) • 5

Ausführliche Hinweise zur Qualität der Zusammenarbeit, auch zum Umgang mit Konflikten zwischen Jugendamt und Einrichtung und bei Beschwerden von Beteiligten, siehe „Orientierungshilfe für die Träger der öffentlichen Jugendhilfe in Baden zur Qualitätsentwicklungsvereinbarung“ vom Juli 2004.

17

• Beschwerden der Eltern oder des jungen Menschen • Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung • Personalwechsel (der fallverantwortlichen Fachkraft im Jugendamt bzw. der/des Bezugsbetreuerin/Bezugsbetreuers) Darüber hinaus informiert die Einrichtung das Jugendamt, insbesondere über • einen Krankenhausaufenthalt des betreuten jungen Menschen • sich abzeichnende Krisen (z. B. Straftaten, Drogengebrauch) • eine bevorstehende Verlegung des jungen Menschen in eine andere Wohngruppe • einen anstehenden Schul- oder Ausbildungswechsel des jungen Menschen • das Entweichen des jungen Menschen • gravierende Vorkommnisse in Einrichtung oder Gruppe Weitergehende Aspekte in Anlage 8 „Checkliste zu Inhalt und Ablauf des Vorstellungsgespräches“.

III. Leistungsfeststellung und Hilfeplan Zu Beginn einer Hilfegewährung ist das Formular Nr. III.21.413 „Leistungsfeststellung und Hilfeplan“ (Anlage 9) zu verwenden und von der fallverantwortlichen Fachkraft rechtzeitig vor Hilfebeginn zu erarbeiten (siehe auch II.1.5 dieser Arbeitshilfe). Dieses Formular beinhaltet auch die Einschätzung zum Hilfebedarf (Feststellung des erzieherischen Bedarfs), die Darlegung der (zu erwartenden) Teilhabebeeinträchtigung bei Eingliederungshilfen und den Hilfevorschlag, deren Grundlage der junge Mensch selbst, die Familie als auch sein/ihr soziales Umfeld bildet. Die Beteiligungs- und Mitwirkungsrechte der Personensorgeberechtigten und des jungen Menschen an diesem Prozess sind in § 36 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII geregelt. Ändert sich die Hilfe oder soll eine zusätzliche Hilfe installiert werden, muss dafür der Vordruck Leistungsfeststellung und Hilfeplan neu erstellt werden. Dies gilt nicht für die Gewährung von individuellen Zusatzleistungen bei Hilfen gemäß § 32 SGB VIII und § 34 SGB VIII (siehe auch Kap. I. Nr. 1.5.1 und Kap. V. Nr. 1 sowie Anlage 12). Bei Übernahme von Fällen anderer Träger wird unter Punkt 6 des Vordrucks auf die Hilfeplanung des abgebenden Trägers verwiesen. Die im Vordruck III.21.408 (Wechsel der Zuständigkeit Anlage 13) aufgeführten Unterlagen müssen vorliegen. Eine Durchschrift des Vordrucks „Leistungsfeststellung und Hilfeplan“ erhalten alle an der Hilfeplanung Beteiligten einschließlich amtsinterner Dienste und Abteilungen, auch die WJH. Der Bewilligungsbescheid der WJH bezieht sich auf das voraussichtliche Ende der Hilfe (siehe 8 c des Formulars „Leistungsfeststellung u. Hilfeplan“). Amtsintern bereits festgelegte Obergrenzen für die Dauer der Hilfegewährung sind zu beachten. Im Rahmen der „Fortschreibung des Hilfeplans“ (siehe IV. der Dienstanweisung) kann das Hilfeende (und damit auch der Bewilligungsbescheid) begründet verändert werden. In der Hilfeplanung müssen vor allem die fallbezogenen Ziele in den Vordergrund rücken. Ziele sind angestrebte Zustände in der Zukunft. Ziele sind konkret und erreichbar, messbar und terminiert (bis wann soll das Ziel erreicht sein) zu formulieren. Ziele machen den Hilfeverlauf nachvollziehbar, steuerbar und transparent.

18

Sie erlauben, die bereits erreichten Fortschritte bzw. bestehende Mängel, d. h. die Wirksamkeit der erzieherischen Hilfen zu bilanzieren. Die Leistungsadressaten sind darin zu unterstützen, ihre Ziele genau anzusprechen. Es ist ein Konsens zwischen Leistungsadressaten und Fachkräften anzustreben. Die so vereinbarten Ziele sind „in der Sprache“ der Leistungsadressaten zu formulieren. Zielformulierungen sind in der Regel eine anspruchsvolle Aufgabe. Die leitende Fragestellung ist: „ Woran mache ich fest, dass das Ziel erreicht ist?“ Für qualitative Zielformulierungen sind Indikatoren für die Zielerreichung zu benennen (beispielsweise das Ziel „Erreichung des Hauptschulabschlusses mit der Durchschnittsnote 3,0 zum Ende des laufenden Schuljahres“). Die Zielüberprüfung im Rahmen der Hilfeplanung ist bei diesem Beispiel anhand des Abschlusszeugnisses recht eindeutig. Schwieriger ist es, die Ziele auf der Ebene der Persönlichkeitsentwicklung junger Menschen zu formulieren, die sich messbaren, quantitativen Festlegungen meist entziehen. So sind für das Ziel „angemessene Fähigkeit zur Konfliktlösung“ konkrete Kriterien und Teilziele zu bestimmen, die Aufschluss darüber geben, was „Angemessenheit“ im konkreten Fall bedeutet und wie es um die Zielerreichung bestellt ist. Eine Auswertung des Hilfeverlaufes muss dann auch qualitative Beobachtungen der Fachkräfte, eigene Wahrnehmungen der Betroffenen, Tests usw. beinhalten. Quantitativ messbare Merkmale („das Kind XY hat in diesem Monat kein anderes Kind geschlagen“) können dann in die Zielformulierung eingebunden werden. Die Ziele sollen wenige, überschaubare und erreichbare Schwerpunkte (Meilensteine) enthalten. Soll zu viel erreicht werden, kann dies zu einer Überforderung führen und der junge Mensch erleidet „Schiffbruch“. Die „Hinweise zur Bearbeitung“ (Anlage 9a) sind zu beachten.

IV. Elternarbeit bei (voll) stationären Hilfen Die nachfolgenden Ausführungen beziehen sich in erster Linie auf die vollstationäre Kinder- und Jugendhilfe gem. §§ 27/34/35 SGB VIII und § 35a SGB VIII. Sie gelten vom Grundsatz her aber auch für die Hilfen gem. §§ 27/33 SGB VIII, für die teilstationären Hilfen und Hilfen gem. §§ 27/29 SGB VIII. Bei den Hilfen gem. §§ 27/33 SGB VIII bedarf es darüber hinaus spezieller Konzepte zur Elternarbeit. Aufgabe der Leistungserbringer6: Gemäß § 37 SGB VIII ist die Elternarbeit vorrangige Aufgabe der Leistungserbringer. Die Pflegeperson oder die in der Einrichtung für die Erziehung verantwortlichen Personen und die Eltern haben zum Wohl des Kindes oder des/der Jugendlichen zusammen zu arbeiten. Durch Beratung und Unterstützung sollen die Entwicklungsbedingungen in der Herkunftsfamilie innerhalb eines im Hinblick auf die Entwicklung des Kindes oder des/der Jugendlichen vertretbaren Zeitraums so weit verbessert werden, dass sie das Kind oder die/den Jugendliche(n) wieder selbst erziehen kann. Während dieser Zeit soll durch begleitende Beratung und Unterstützung der Familie darauf hin gewirkt werden, dass die Beziehung des Kindes oder Jugendlichen zur Herkunftsfamilie gefördert wird. Ist dies nicht möglich, ist eine dem Wohl des Kindes oder des/der Jugendlichen förderliche und auf Dauer angelegte Lebensperspektive zu erarbeiten.

• 6

Bei Hilfen gem. §§ 27/33 SGB VIII ist die Pflegekinderhilfe in der Regel Leistungsträger und Leistungserbringer 19

Gemäß dem seit 01.01.2007 geltenden neuen Rahmenvertrag für Jugendhilfeeinrichtungen nach § 78 f SGB VIII7 ist in den Regelleistungen der Leistungserbringer die allgemeine Zusammenarbeit mit den Eltern in Form von Elterngesprächen und Kontaktpflege geregelt. Weitergehende Leistungen zur Verbesserung der Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie, die über die regelmäßige Kontaktpflege hinausgehen, sind zielgerichtet und auf den spezifischen Erziehungs- und Hilfebedarf der Familie des jungen Menschen oder seines sozialen Umfeldes abgestimmt. Die Rückbindung der päd. Prozesse an die Personensorgeberechtigten, die Bearbeitung der Erziehungsprobleme in der Familie und die Unterstützung und Verbesserung der Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie sind wesentliche Inhalte der Elternarbeit. Leistungen der Familientherapie fallen unter individuelle Zusatzleistungen, die bei Bedarf im Rahmen der Hilfeplanung als Zusatzmodule „eingekauft“ werden müssen. Dazu gehören insbesondere anlassbezogene und begleitende Eltern- und Familiengespräche, Angebote der Eltern- und Familienberatung, -bildung und unterstützung, Gruppenarbeit mit Herkunftsfamilien, Elterntraining, Krisenintervention in der Herkunftsfamilie, päd. begleitetes Mitwohnen der Familie in der Einrichtung. Entsprechende Festlegungen sind in den Leistungs- und Entgeltvereinbarungen mit den Einrichtungen durch die Amtsleitung des Jugendamtes zu treffen. Werden Zusatzmodule für die Elternarbeit eingekauft, ist der Hilfefortschritt regelmäßig nach 6 Monaten zu überprüfen. Spätestens nach 2 Jahren sind in der Regel diese zusätzlichen Leistungen zu beenden. Entweder sind dann die häuslichen Voraussetzungen für eine Rückführung des jungen Menschen erreicht oder die Zielperspektive ist insgesamt zu hinterfragen. Bei mangelnden Erfolgsaussichten gelten in der Elternarbeit die Grundstandards der Regelleistung. Dies schließt erneute zusätzliche Hilfen zu einem späteren Zeitpunkt bei günstigeren Voraussetzungen nicht aus. Bei der Auswahl des Leistungserbringers ist darauf zu achten, welche Rahmenbedingungen und Qualitätsstandards die Einrichtung im Bereich der Elternarbeit vorhält. Neben der Fachkompetenz (z. B. Fachdienst für Elternarbeit), den personellen Ressourcen und der räumlichen Nähe zur Familie (bei hohem Bedarf an Elternarbeit) sind weitere wichtige Kriterien die Personalkonstanz und die schriftliche Dokumentation der geleisteten Elternarbeit.



7

Rahmenvertrag nach § 78f SGB VIII – Stand: 08.12.2006 20

Folgende Angebote können Orientierungswerte für Regelleistungen im Rahmen der Elternarbeit sein8:

Angebot Eingangsdiagnostik unter Einbindung der Eltern Telefonischer Kontakt mit Eltern Aufgabenerledigung und Außenkontakte Mitarbeit im Gruppenalltag Feste im Jahresverlauf Freizeitangebote Wochenendheimfahrten Intensive Elterngespräche

Rückführungsphase

Standard maximal 4-5 Stunden pro Fall 1x wöchentliches nicht anlassbezogenes Telefongespräch Beteiligung der Eltern bei Kleiderkauf, Arztbesuchen, Schulangelegenheiten punktuelle Einbindung von Eltern in Alltagssituationen in der Gruppe Einladung der Eltern zu Sommer-, Weihnachts- oder Schuljahresabschlussfesten 2 Elterntage pro Jahr (Ausflüge, Wandern usw.) Eine Heimfahrt pro Monat einschließlich Vor- und Nachbereitung und Kontaktpflege zu den Eltern Durchführung intensiver Elterngespräche in ca. 6-wöchigen Abständen (auch im Rahmen von Hausbesuchen) mit ca. 3-4 Stunden Aufwand Rückführungsplanung mit den Eltern in der Einrichtung; häufigere Beurlaubungen einschließlich Vor- und Nachbereitung

Zusatzmodule sind: -

Intensive Elterngespräche, die über einen 6-wöchigen Abstand hinausgehen Video-Home-Training Elterngruppenarbeit mit mehreren Treffen pro Jahr Elterntrainingskurse mit mehreren Kurseinheiten Nachbetreuungsleistungen aus dem Kontext der stationären Gruppe, in der der junge Mensch bisher untergebracht war - Weitere Zusatzmodule sind im Rahmen einer individuellen Hilfeausgestaltung denkbar. Aufgabe des Leistungsträgers : Der Allgemeine Soziale Dienst hat die Aufgabe der Fallsteuerung und Hilfeplanung in besonderem Maße auch in der Elternarbeit. Eine gelungene Elternarbeit ist oft vorrangige Voraussetzung für eine erfolgreiche Integration des jungen Menschen in die Herkunftsfamilie. Zunächst steht für den Sozialen Dienst im Vordergrund, mit den Eltern, dem jungen Menschen sowie dem Leistungserbringer Ziele in der Elternarbeit festzulegen und die Zielerreichung regelmäßig zu überprüfen. Der Soziale Dienst hat zu entscheiden, ob die Regelleistungen der Einrichtung ausreichen oder ob zusätzliche Hilfen in der Elternarbeit für den weiteren Hilfeverlauf und eine rasche Zielerreichung hilfreich sind und wer diese Leistungen, wann und in welchem Umfang durchführt. Auch in Fällen vorausgegangener Misshandlung oder Kindeswohlgefährdung können diese Hilfen in Betracht kommen, sofern sie geeignet sind und die Mitwirkungsbereitschaft der Beteiligten gegeben ist. Die Wahrnehmung dieser Aufgabe setzt beim Sozialen Dienst neben der fachlichen Kompetenz zeitliche Ressourcen voraus.

• 8

vgl. Familienaktivierende Heimerziehung, Bericht des Instituts für sozialpädagogische Forschung, Mainz 2006

21

Während der Gewährung einer Erziehungshilfe hat der Soziale Dienst neben dem Leistungserbringer weiterhin eine Beratungsleistung gegenüber den Sorgeberechtigten/Eltern im Rahmen des Hilfeprozesses zu erbringen. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Hilfe auf eine Rückführung des jungen Menschen und die Wiederherstellung der Erziehungskompetenzen der Eltern ausgelegt ist. Im Rahmen der Hilfeplanung ist mit allen Beteiligten eine entsprechende Aufgabenabgrenzung vorzunehmen.

V.

Fortschreibung des Hilfeplans

1.

Voraussetzungen für die Hilfeplangespräche Die fallverantwortliche Fachkraft im Sozialen Dienst braucht umfassende Kenntnisse über den bisherigen Hilfeverlauf. Die schriftliche Stellungnahme des Leistungserbringers, die zwei Wochen, spätestens eine Woche vor dem Hilfeplangespräch vorliegen muss, ist ein wichtiges Qualitätsmerkmal in der Hilfeplanung (siehe Musterbrief zur Anforderung einer differenzierten Stellungnahme zum Hilfeverlauf Anlage 11, Vordruck III. 21.417). Dies schließt auch Anträge der Leistungserbringer auf individuelle Zusatzleistungen ein (siehe Anlage 12, Vordruck III.21-418). Diese sind unter Angabe der Art der Hilfe, Dauer, Häufigkeit und den Kosten schriftlich zu begründen, sodass die fallverantwortliche Fachkraft des Sozialen Dienstes nach vorheriger amtsinterner Abklärung die nötigen Vereinbarungen im Hilfeplangespräch treffen kann. In der Regel kann ein Hilfeplangespräch erst nach Eingang und Auswertung der Stellungnahme und ggf. des Antrags auf individuelle Zusatzleistungen erfolgen. Eine vorherige schriftliche Stellungnahme und falls notwendig ein Antrag auf individuelle Zusatzleistungen ist von allen Leistungserbringern erforderlich. Die Notwendigkeit eines Hilfeplangespräches ergibt sich aus der bereits vereinbarten Frist für ein neues Gespräch. Aufgrund außergewöhnlicher Ereignisse kann eine zeitlich vorgezogene Überprüfung der bisherigen Hilfeplanung erforderlich werden. Verantwortlich für die Abstimmung und für die frühzeitige Einladung (Festlegung der Beteiligten, Ort und Gesprächszeit) ist das Jugendamt. Bei Übernahmefällen ist spätestens 4 - 6 Wochen nach der Übernahme ein Hilfeplangespräch anzuberaumen und eine eigene Hilfeplanung vorzunehmen, sofern nicht ein Übernahmegespräch stattgefunden hat, aus dem ein aktueller Hilfeplan unter Beteiligung unseres Amtes resultiert. Ausnahmen von dieser Regelung sind zu begründen und in den Akten zu dokumentieren. In der Hilfeplanung ist darauf zu achten, dass von Beginn an das Ziel und das Ende der Hilfe in den Blick genommen und mit allen Verfahrensbeteiligten thematisiert wird. Änderungen der Fernziele sind im Hilfeplan zu begründen. Spätestens nach einem Jahr sind Perspektiven des Hilfeendes, insbesondere die anzustrebende Rückkehr in die Familie, bei voll- und teilstationären Hilfen, deutlich zu machen. Ist bei einem Vollzeitpflegeverhältnis die Lebensperspektive auf Dauer angelegt, so ist dies im Hilfeplan konkret zu benennen und zu erläutern. Bevor diese Entscheidung getroffen wird, ist eine Rücksprache mit der Sachgebietsleitung und eine Teamberatung erforderlich. Die Sorgeberechtigten sind entsprechend der gesetzlichen Bestimmungen einzubeziehen.

22

Während einer langfristig zu leistenden Hilfe sind die Möglichkeiten der Adoption zu prüfen. In Betracht kommen jene Fälle, bei denen die Hilfeperspektive in einem dauerhaften Verbleib in einer Pflegestelle bzw. einer Einrichtung liegt, oder die ursprünglich vorgesehene Rückkehroption des Kindes in den elterlichen Haushalt sich als nicht durchführbar herausstellt. In den entsprechenden Fällen ist die Adoptionsfachkraft in die Hilfeplanung einzubeziehen. Das Hilfeplangespräch stellt hohe Anforderungen an die Kompetenz der fallverantwortlichen Fachkräfte im Jugendamt. Gefordert sind insbesondere Fallverstehen, ziel- und ergebnisorientiertes Arbeiten, Auseinandersetzung mit problematischen Entwicklungen, Konfliktbereitschaft und Durchsetzungsfähigkeit bei der Beschränkung der Hilfen auf das wirklich Erforderliche.

2.

Rahmenbedingungen für die Hilfeplangespräche Wesentliche Gesichtspunkte sind bereits unter 1.6.3 dieser Arbeitshilfe ausgeführt. Hilfeplangespräche im Rahmen der Fortschreibung des Hilfeplans werden spätestens nach Ablauf von 6 Monaten nach Hilfebeginn, in der Folge alle 6 Monate, mindestens 1-mal jährlich durchgeführt. Bei ambulanten Eingliederungshilfen gem. § 35a SGB VIII sind Abweichungen hiervon nach Genehmigung der Sachgebietsleitung möglich. Der bisherige Hilfeverlauf wird mit den Personensorgeberechtigten, dem jungen Menschen, dem Leistungserbringer und dem Leistungsträger ausgewertet und zukünftige Ziele und Aufgaben werden gemeinsam festgelegt. Anzustreben ist, dass die Hilfeplangespräche bei Erziehungshilfen im Lebensumfeld der Eltern und jungen Menschen stattfinden. Die Umstände des Einzelfalles sind zu berücksichtigen. Die Regie/Moderation liegt beim Jugendamt, sofern sie nicht delegiert wird. Die Teilnehmerzahl sollte sieben Personen insgesamt nicht überschreiten. Sollte die Mitwirkung von Vertrauenspersonen der Eltern und jungen Menschen oder weiteren Fachkräften für das Hilfeplangespräch sinnvoll sein, können diese einbezogen werden. Es sollte für alle deutlich werden, dass diese jedoch Beratungs-, keine Mitentscheidungsfunktion haben. Kinder und Jugendliche sind je nach Alter und Entwicklungsstand am Hilfeplangespräch zu beteiligen (u. U. zeitweise). Bei allen individuellen Hilfen im Sinne dieser Dienstanweisung führt der Leistungserbringer eine Befragung des betreuten jungen Menschen (sofern altersbedingt möglich) zum Hilfeprozess durch. Die in einem Bewertungsbogen dokumentierten Ergebnisse liegen der Stellungnahme zum Hilfeplan bei. Sofern der Leistungserbringer keinen eigenen Bewertungsbogen entwickelt hat, kann auf das Muster in Anlage 15 zurückgegriffen werden. Bei vollstationären Hilfen bietet es sich an, vor dem Hilfeplangespräch ein „Vier-Augen-Gespräch“ mit dem jungen Menschen zu führen. Dies kann im Einzelfall auch telefonisch erfolgen. Der Zeitrahmen für das Hilfeplangespräch sollte zwei Stunden nicht überschreiten. Die Ergebnisse des Hilfeplangespräches werden von der fallverantwortlichen Fachkraft des Jugendamts im Hilfeplan festgehalten. Eine Durchschrift des Hilfeplans geht innerhalb von vier Wochen nach dem Hilfeplangespräch an alle Beteiligten, dies sind in der Regel die personensorgeberechtigten Eltern, der junge Mensch, der Leistungserbringer bzw. weitere Fachkräfte und die amtsintern beteiligten Stellen (z. B. BVU, WJH usw.).

23

Für die Fortschreibung ist das Formular III. 21.414a „Fortschreibung des Hilfeplans gemäß § 36 SGB VIII“ (Anlage 10) zu verwenden. Die entsprechenden „Hinweise zur Bearbeitung“ (Anlage 10a) sind zu beachten.

Einleitung der Abschlussphase Die anstehende Beendigung der Hilfe ist frühzeitig im Rahmen eines Hilfeplangespräches zu thematisieren und zu planen, damit sich alle Beteiligten darauf einstellen können, und gezielt darauf hingearbeitet werden kann. Die Familien werden angehalten, die Verantwortung zunehmend wieder alleine zu übernehmen. Vor dem Abschlussgespräch ist von den Trägern eine Einschätzung einzuholen über die bereits erreichten Ziele und noch zu bearbeitenden Defizite (= schriftliche Stellungnahme). Bei der Hilfeplanung sind die Ziele und die Absprachen auf die Beendigung auszurichten. Anforderungen an die Familien werden deutlich kommuniziert. Mit der Familie wird erarbeitet, welche Angebote und Hilfen im Sozialraum vorhanden sind. Die Möglichkeit Hilfen abzustufen (z. B. vollstationär zu teilstationär oder teilstationär zu ambulant) sollte genutzt werden. In einem noch geschützten Rahmen steigen dadurch die Anforderungen an die Familien. Die Heranführung an die Beendigung der Jugendhilfe kann vorbereitet werden. Insgesamt ist darauf zu achten, dass der erreichte Hilfefortschritt im Lebensalltag der Eltern und jungen Menschen Bestand hat. Die durch die Hilfegewährung erzielten Wirkungen sollten sich ausreichend verfestigen können.

VI. Beendigung der Hilfe Die Beendigung der Hilfe ist Teil und (vorläufiger) Endpunkt der Hilfeplanung. Drei Fallvarianten sind möglich:9 • Die Ziele der Hilfe sind erreicht. Die Leistungsberechtigten brechen die Hilfe ab. 10 • Das Jugendamt stellt die Hilfe wegen mangelnder Mitwirkungs- und Veränderungsbereitschaft der Betroffenen ein. Hilfen sind einzustellen, wenn die Leistungsberechtigten nicht mehr im Sinne der gesetzten Ziele mitwirken und hinlänglich gezeigt haben, dass sie an der Zielerreichung nicht interessiert sind. Auch bei dieser Fallkonstellation wird behutsam abgewogen werden müssen. Eine Hilfe kann nicht eingestellt werden, wenn z. B. eine vorzeitige Rückgliederung eines Kindes in den elterlichen Haushalt eine Kindeswohlgefährdung beinhalten würde. Die bereits in der Abschlussphase geplanten Maßnahmen und Hilfestellungen zur (Re-)Integration des jungen Menschen/der Familie werden in Anspruch genommen. Hierdurch werden die durch die Hilfegewährung erzielten Wirkungen stabilisiert. • 9

10

Ein Wechsel der Hilfeart bzw. ein Wechsel des Kostenträgers wird in diesem Zusammenhang nicht als Ende der Hilfe gesehen. Der Abbruch einer Hilfe ist definiert als ein einseitiger Schritt durch den Leistungsberechtigten oder Leistungsträger entgegen den vereinbarten Zielen zur Hilfeplanung.

24

In allen drei Beendigungsvarianten sind ein Abschlussbericht des Leistungserbringers und ein gemeinsames Abschlussgespräch aller Beteiligten erforderlich. Themen des Abschlussgespräches sind die notwendige Gesamtbilanzierung der geleisteten Hilfe und Absprachen für weitere Perspektiven nach Beendigung der Hilfe. Auch bei einer ungeplanten Beendigung sollen gegenseitige Rückmeldungen aller Beteiligten erfolgen. Mindestens soll eine gemeinsame Auswertung zwischen Jugendamt und Einrichtung erfolgen. Für die Beendigung einer Hilfe ist das Formular „Beendigung einer Hilfe nach § 36 SGB VIII“ zu verwenden (Anlage 16). Den Leistungsadressaten (Eltern, junger Mensch) wird im Rahmen eines Abschlussgespräches der Bogen „Beurteilung der Erziehungshilfe“ zur Rückmeldung an die Jugendhilfeplanung ausgehändigt (Anlage 16 b; Bearbeitungshinweise in Anlage 16c).

25

Anlagen

Anlage 1:

 Entscheidungsraster örtliche / tatsächliche / kostenrechtliche Zuständigkeit bei Hilfebeginn

Anlage 2:

 Ablaufschema des Hilfeprozesses

Anlage 3:

 Anschreiben zu Formblatt J (inkl. Vordrucke Blätter 3a – 3d)

Anlage 4:

 Vordruck III.21-412 – Anamnese und Psychosoziale Diagnostik

Anlage 5:

 Erbringung von Hilfe zur Erziehung im Ausland (§§ 27 Abs. 2 und 78b SGB VIII)

Anlage 6:

 Vordruck III.21-411 - Antrag auf Gewährung von Hilfe nach dem Kinder- und Jugendhilfegesetz (SGB VIII)

Anlage 6a:

 Vordruck III.21-411a - Erklärung zur Prüfung der Kostenbeitragspflicht

Anlage 6b:

 Vordruck III.21-415 - Antrag auf Hilfe gemäß § 41 SGB VIII

Anlage 6c:

 Vordruck III.21-405 – Kurzantrag auf stationäre Leistungen der Jugendhilfe nach dem SGB VIII

Anlage 6d:

 Vordruck III.21-406 – Kurzantrag auf ambulante Leistungen der Jugendhilfe nach dem SGB VIII

Anlage 7:

 Checkliste für Vorstellungs- und Aufnahmegespräche mit Leistungserbringern

Anlage 8:

 Checkliste zu Inhalt und Ablauf des Vorstellungsgespräches

Anlage 9:

 Vordruck III.21-413 - Leistungsfeststellung und Hilfeplan gem. § 36 SGB VIII

Anlage 9a:

 Hinweise zur Bearbeitung des Vordrucks „Leistungsfeststellung und Hilfeplan gem. § 36 SGB VIII“

Anlage 10:

 Vordruck III.21-414a - Fortschreibung des Hilfeplans gem. § 36 SGB VIII

Anlage 10a:  Hinweise zur Bearbeitung des Vordrucks „Fortschreibung des Hilfeplans gemäß § 36 SGB VIII“ Anlage 11:

 Vordruck III.21-417 - Anforderung einer Stellungnahme zum Hilfeverlauf (Musterbrief als Empfehlung)

Anlage 12:

 Vordruck III.21-418 - Antrag auf individuelle Zusatzleistungen (IZL) oder Sonderleistungen (SL)

Anlage 13:

 Vordruck III. 21-408 – Wechsel der Zuständigkeit

Anlage 14:

 Rechtliche und fachliche Grundlagen für die Gewährung von Hilfen nach § 41 SGB VIII

Anlage 15:

 Bewertungsbogen des jungen Menschen zum Hilfeverlauf

Anlage 16:

 Vordruck III. 21-414b – Beendigung der Hilfe gem. § 36 SGB VIII

Anlage 16a:  Hinweise zur Bearbeitung des Vordrucks „Beendigung der Hilfe gem. § 36 SGB VIII) Anlage 16b:  Vordruck III. 21-419 Beurteilung der Erziehungshilfe Anlage 16c:  Hinweise zur Bearbeitung des Vordrucks „Beurteilung der Erziehungshilfe“

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Impressum: Diese Dienstanweisung wurde von einer internen Arbeitsgruppe unter Leitung von Monika Schneider, Abteilungsleiterin Soziale Dienste, erarbeitet.

Herausgeber: Landratsamt Karlsruhe – Jugendamt Beiertheimer Allee 2, 76137 Karlsruhe Tel. 0721 – 936 – 7787 Fax 0721 – 936 – 5132 E-Mail: [email protected]

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