KPJ Praktikum in Kanada: Allgemeinchirurgie St. Anthony Neufundland Charles S. Curtis Memorial Hospital

das Krankenhaus 09.05. – 03.07.2016 Ich entschied mich, einen Teil meines KPJs im Ausland zu verbringen, um einen Einblick in ein anderes Gesundheitssystem zu bekommen und um meine Englischkenntnisse zu verbessern. Meine Wahl fiel auf Kanada und speziell das Krankenhaus in St. Anthony, da ich von verschiedenen Seiten gehört hatte, dass die Ausbildung der jungen Studenten und Assistenten dort sehr gut sein soll. Darüber hinaus ist Kanada ein Land, das mit seiner Natur und seinen spannenden Metropolen eine reizvolle Mischung bietet.

Organisation: Die Organisation einer Famulatur oder eines Praktikums im 6. Studienjahr in Kanada ist relativ aufwendig, lohnt sich jedoch allemal. Für St. Anthony in Neufundland musste ich folgende Unterlagen Zusammenstellen: •

Initiale Bewerbung über die Sekretärin des Departments für Pathologie im Charles S. Curtis Memorial Hospital NL (organisiert Studentenpraktika)



Gesundheitsuntersuchung bei einem von der kanadischen Botschaft lizensiertem Arzt + TBC Test (Mendel-Mantoux)



Visum



2 x „Letter of Goodstanding“ ( 1x für das Krankenhaus vor Ort 1x für die Universität in Neufundland)



Polizeiliches Führungszeugnis



125 kanadische Dollar Bewerbungsgebühr für die Universität in Neufundland



100 kanadische Dollar als Pfand für die Bewerbung am Krankenhaus (bekommt man zurück bei Antreten des Praktikums)

Das gesamte Bewerbungspaket und alle zu bearbeitenden Unterlagen werden von der zuständigen Sekretärin per Email zur Verfügung gestellt. Der einfachste Weg nach St. Anthony verläuft über die Hauptstadt von Neufundland, St. Johns. Von dort kann man nach St. Anthony fliegen. Die Flüge sind allerdings sehr teuer, Provincial Airlines bietet jedoch Studentenrabatte an (dafür muss man die Airline direkt anrufen!). Wir sind über Toronto nach Deer Lake geflogen, was deutlich günstiger war. Deer Lake jedoch liegt rund 400 km südlich von St. Anthony und es gibt nur 2 x die Woche einen privaten Van (ca. 35 Euro) der zweimal pro Woche die Strecke Corner Brook – Deer Lake – St. Anthony (Airport) fährt.

Das Praktikum: Das Praktikum ist sehr zu empfehlen, besonders für all diejenigen, die gerne an ihren Aufgaben wachsen. Das Krankenhaus versorgt die Great Nothern Peninsula Neufundlands und die Südküste Labradors. Angestellt sind 2 Allgemeinchirurgen, 2 Gynäkologinnen, 1 Orthopäde/Unfallchirurg, 1 Kinderärztin, 4 Anästhesisten und 5 Allgemeinmediziner. Es gibt 50 Betten, 2 große, 2 kleine OP Säle und 1 Endoskopieraum. Die Notaufnahme wird von den Allgemeinmedizinern geführt, sie betreuen auch die abgelegenen Communities in Südlabrador. Die meisten Communities in Labrador/Neufundland haben kleine Health-Clinics die von Community Nurses geführt werden. Die Community Nurses stehen in engem Kontakt (telefonisch, Videokonferenz) mit den Ärzten in St. Anthony. Die Patienten müssen entweder per Ambulanzauto und Fähre, Flugzeug oder Helikopter nach St. Anthony gebracht werden. Eine wichtige Person in der Entwicklung des Gesundheits- und Sozialwessystems vor Ort spielte Sir Wilfred Thomason Grenfell. Die

Allgemeinchirurgie

in

St.

Anthony

hat

momentan

zwei

festangestellte

Allgemeinchirurgen. Das Krankenhaus hat 50 Betten, wir hatten durchschnittlich 2-6 allgemeinchirurgische Patienten. Meistens sind noch Vertretungsärzte für einige Wochen bis wenige Monate angestellt, die dann zusätzlich operieren. Während meines Aufenthaltes

war ein plastischer Chirurg in St. Anthony, der hauptsächlich Hautläsionen kleine und mittelgroße Hautläsionen versorgt hat. In der Regel gibt es drei Tage an denen die Allgemeinchirurgen operieren. An den zwei weiteren Tagen finden hauptsächlich Endoskopien und die chirurgische Ambulanz statt. Als Student ist man (zusätzlich zu den regulären 8 stunden pro Tag) alle 4 Tage von 4 pm bis 8 am „on call“, am Wochenende auch über 24 Stunden. Hierfür bekommt man einen Pager und wird angerufen, wenn ein Notfall operiert wird oder interessante Fälle in der Notaufnahme sind. Das Ausbildungssystem der Studenten und Assistenten in Kanada und somit auch in St. Anthony ist anders als in Österreich und Deutschland. In der Regel visitiert man als Student die Patienten früh morgens alleine, bevor die Fachärzte ins Haus kommen. Als Grundlage für die täglichen Visiten gilt das „SOAP Schema“ (subjective, objective, assesment and plan). In den täglichen „progress notes“ wird somit der Verlauf des Aufenthalts dokumentiert. Als Student soll man die Patienten auch klinisch einschätzen und einen Tagesplan vorschlagen. Anschließend wird das weitere Procedere mit einem Facharzt besprochen. In der Regel bleibt immer genügend Zeit, alle Krankheitsbilder in Ruhe zu besprechen. Es wird von Seiten der Ärzte auch großen Wert auf die Weiterbildung der Studenten gelegt, so finden fast jeden Tag „teaching sessions“ in den dort vertretenen Fachrichtungen statt (Innere Medizin,

Pädiatrie,

Allgemeinchirurgie,

Orthopädie,

Pathologie,

Anästhesie,

Allgemeinmedizin). Die Aufgaben der Studenten im OP bestanden unter anderem darin, bei laparoskopischen OPs die

Kamera

zu

führen,

unter

Aufsicht

Metallentfernungen

durchzuführen,

Wundverschluss, Haken halten und helfen beim (Um-) Lagern der Patienten. Kleinere Eingriffe, wie Entfernung von Hautläsionen oder Biopsien durften wir unter Aufsicht ebenfalls eigenständig durchführen. Meistens (je nach Operateur) war es auch Aufgabe des Studenten die postoperativen Anordnungen zu schreiben. Einmal in der Woche findet eine chirurgische Ambulanz/Sprechstunde statt. Als Student führt man hier die Anamnese und körperliche Untersuchung durch, schlägt einen Therapieplan vor und diktiert den Ambulanzbericht. Selbstverständlich wird alles von einem Facharzt kontrolliert und gemeinsam mit dem Patienten besprochen. Gastroskopien und Koloskopien fallen in St. Anthony unter den Aufgabenbereich der Allgemeinchirurgen, so dass man ebenfalls einen Einblick in die Endoskopie bekommt und je nach untersuchendem Arzt dies auch mal selbst versuchen kann.

Das Krankenhaus in St. Anthony versorgt die Great Nothern Peninsula von Neufundland und die Südküste von Labrador. Ich hatte die Möglichkeit mit den Allgemeinmedizinern nach Labrador zu fliegen und konnte so die medizinische Versorgung der abgelegenen Regionen kennenlernen.

Community Klinik in Port Hope Simpson (Labrador)

Wohnen und Leben vor Ort: St. Anthony ist eine kleine Stadt mit 2351 Einwohnern direkt am offenen Atlantik an der nördlichsten Spitze von Neufundland. Auch im Sommer wird es selten über 20 °C, Juni und Julie sind geprägt von Nebel. Ab Mitte Juni ziehen Eisberge an der Küste vorbei, die aus Grönland kommen. Einige Wochen später hat man auch gute Chancen Wale zu beobachten. Die Landschaft ist außergewöhnlich, sowohl bizarr als auch schön und hat ihren ganz eigenen Reiz. An den Wochenenden wurde uns häufig ein Auto vom Krankenhaus zur Verfügung gestellt, mit dem wir den Norden der Peninsula (Umkreis von 50 km) entdecken konnten.

Empfehlenswert ist es auch einen mehrtägigen Ausflug in den Gros Morne Nationalpark, hier kann man Wanderungen verschiedener Schwierigkeitsgrade machen. Ich habe mit anderen Studenten zusammen eine zweitägige Tour gemacht, bei der wir durch ein Sumpfgebiet mussten, geschlafen haben wir in einem Zelt auf einem wunderschön gelegenem Zeltplatz am Fuße des Western Brook Ponds (ein Fjord ohne Zugang zum Meer).

Das Krankenhaus stellt Studenten kostenlos ein Haus zur Verfügung, in dem bis zu 6 Personen schlafen können. Hier hat man zwei Badezimmer, eine vollausgestatteten Küche und ein geräumiges Wohnzimmer. Die Freizeitmöglichkeiten in der Stadt St. Anthony

sind recht eingeschränkt. In den

Wintermonaten kann man Ski fahren und mit einem Schneemobil die Gegend erkunden, da alles vereist und verschneit ist. In den Sommermonaten hat man die Möglichkeit in der Umgebung kleinere Wanderungen zu machen, Wildcampen ist in Kanada generell unproblematisch.

Es gibt 2 Supermärkte, 2 Drogeriemärkte, und einige Restaurants, wobei die meisten hauptsächlich Fast-Food servieren. Das Ligthkeepers Restaurant direkt am Meer ist nur in den Sommermonaten geöffnet, hat aber sehr gute Fischgerichte. Obwohl es keine Bars oder Ausgehmöglichkeiten gibt, haben wir einige sehr schöne Abende mit den Leuten vor Ort verbracht. Da die Stadt sehr klein ist, knüpft man schnell Kontakte und wird unter anderem auf Partys eingeladen, bei denen Lagerfeuer im Garten und grillen auf dem Programm steht.

Kosten: Neufundland ist eine Insel auf der kaum Grünzeug wächst, dementsprechend teuer sind Obst und Gemüse (1 Paprika ca. 5$). Da wir jedoch in unserem Studentenhaus meist gemeinsam gekocht haben, konnten wir uns die Essenskosten relativ gut aufteilen. •

Flug Österreich – Kanada zwischen 800-1200 Euro



250 $ für die Bewerbung



1000 Euro für Essen, Leben und Freizeit vor Ort (inklusive 3 Tagestrip nach Gros Morne)

Ich habe im Anschluss an mein KPJ Praktikums noch eine Woche Urlaub, in der ich mir Montreal angeschaut habe. Die bilinguale Metropole hat gatsronomisch, kulturell und freizeitmäßig so ziehmlich alles zu bieten (im Julie ein internationales Jazz Festival, Cirque de Soleil, außerordentlich gute Restaurants, viele Sportangebote...).