Ich arbeite, also bin ich Von Ulrich Land 01.05.2018
Lebenszeichen
ICH ARBEITE, ALSO BIN ICH DIE HEILIGE KUH NAMENS ARBEIT
von Ulrich Land
SWR 2 Glauben, 1. Mai 2016 / WDR Lebenszeichen, 1. Mai 2018 Redaktion: Nela Fichtner, Tel: 0711 / 92 91 43 33 WDR-Lebenszeichen: Christina-Maria Purkert, 0222 / 220 32 88 Sekretariat: 0221 / 220 32 85 oder 87 Produktion im SWR-Studio Freiburg: 26. und 27. April 2016 (Nicole Jörg) WDR-Produktion im SWR-Studio Freiburg: 13. oder 14.11.2017 (Nicole Jörg) SWR-Länge: 24:24 WDR-Länge: 28:20
Regiehinwei Die Faul/Fleiß-Passagen liegen jeweils auf
© Westdeutscher Rundfunk Köln 2018 Dieses Manuskript einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des WDR unzulässig. Insbesondere darf das Manuskript weder vervielfältigt, verbreitet noch öffentlich wiedergegeben (z.B. gesendet oder öffentlich zugänglich gemacht) werden.
Ich arbeite, also bin ich Von Ulrich Land Lebenszeichen
01.05.2018
s:
einem Musikteppich:
NIN: Nine Inch Nails: "Ghosts I - IV" (von CD: "Ghosts I - IV", helo twentx six CD, © 2008 NIN, Pinnacle Records, Nr: 7/6692990862/8 Komposition
und
Realisierung:
Trent
Reznor, Atticus Ross) CD 1, Track 6 12 Einzeltakes mir einer Gesamtlänge von 4:51
Personnage : Faul
Gemütsmensch: Dorothea Gädeke
Fleiß
Hektikerin: Nelly Politt
Autor
Ulrich Land
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01.05.2018
"Hymne der demokratischen Weltjugend"
Musik 1:
Interpreten: Bolschewistische Kurkapelle (Devil-Dance-Records, LC 07483, Bestellnr.: 80025-2, Take 6) (SWR-Archiv
M0372240)
Länge: 0:12
folgend unterlegen
Auszeichnung von "Helden der Arbeit" durch
O-Ton 1.:
Wilh. Pieck, 1955 (Deutsches
Rundfunkarchiv
Babelsberg,
DC225756 DRadio Berlin) Anfang
der
Rede
Wilhelm
Piecks:
Liebe
Freunde und Genossen! Nunmehr nehme ich die Auszeichnung der Helden der Arbeit vor.
kurz
freistehn
lassen,
dann
folgend
unterlegen
Hymnen-Musik kurz hochziehn, dann: harter Schnitt!
Faul:
Und wer zeichnet die Helden der Faulheit aus?! Faulheit ist 'ne Kunst.
Fleiß:
Was soll daran Kunst sein?
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01.05.2018
Faul:
Die zugehörige Portion Gelassenheit. Hat nicht jeder.
Fleiß:
Jeder ist ein Künstler. Ein Hungerkünstler, wenn er die Hände nicht rührt.
Musik 2:
"Wer nur den lieben langen Tag ohne Plag, ohne Arbeit vertändelt, wer das mag, der gehört nicht zu uns." Text und Komposition: Jens Rohwer, 1946 Interpreten: Sindelfinger Kinderchor (SWR-Archiv
M0119937)
Länge: 0:10
O-Ton 2.:
Dirk Baecker (Soziologe Baecker.wav, 0:28) Arbeit ist
nach
wie
vor eine
Form
der
Auseinandersetzung mit Welt, des Erlebens eigener Kompetenzen, die ganz zentral ist für jeden Menschen, Männlein wie Weiblein, jung wie alt. Weil nur die Auseinandersetzung mit etwas Widerständigem, das Erreichen von etwas, was es vorher noch nicht gab, so etwas wie den Sinn des Lebens motivieren kann.
Autor:
Dirk Baecker, Soziologe an der Uni Witten/Herdecke.
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01.05.2018
Dirk Baecker
O-Ton 3. a:
(Soziologe Baecker.wav, 1:25) Arbeit
ist
das
Erleben
eines
Selbst
am
Widerstand.
Autor:
Ich arbeite, also bin ich.
Harmut Kreß
O-Ton 3 b:
(SozialtehikerKreß.wav, 0:27) Zumindest in unserer Kultur und unserer Tradition ist es ganz weitgehend so, dass die Arbeit
wesentlich
zur
Selbstdeutung
von
Menschen und auch zur Sinnerfüllung, zur Sinnbestätigung von Menschen hinzugehört, das war geistesgeschichtlich nicht immer so gewesen, aber doch seit der Reformation, und seit der Neuzeit ist Arbeit zu einem wesentlichen Bestimmungsmerkmal der persönlichen Existenz einzelner Menschen geworden.
Autor:
Hartmut
Kreß,
Sozialethiker
an
der
Evangelisch-
theologischen Fakultät der Uni Bonn.
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O-Ton 4.:
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Hartmut Kreß (SozialtehikerKreß.wav, 0:56) Ob sich das im Augenblick neu verschiebt, das ist eine Frage, es ist doch für viele ein Anliegen, dass die Arbeit nicht mehr so stark dominiert, und dass Arbeit und Familie besser in Einklang gebracht werden.
Musik 2 b:
"Wer nur den lieben langen Tag" Hier: Refrain: "… wir stehn des Morgens zeitig auf, hurtig mit der Sonne Lauf, sind wir, wenn der Abend naht …" Text und Komposition: Jens Rohwer, 1946 Interpreten: Sindelfinger Kinderchor (SWR-Archiv
M0119937)
Länge: 0:10
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Ich arbeite, also bin ich Von Ulrich Land Lebenszeichen
O-Ton 5. a:
01.05.2018
Hartmut Kreß (SozialtehikerKreß.wav, 2:29) Es gab immer wieder Impulse, die weltliche Arbeit aufzuwerten, vor allem ist es auch eine Abgrenzung gegenüber der griechisch-antiken Überlieferung: Da hatte eben Vorrang die Kontemplation
des
Philosophen
und
das
gemeinsame Nachdenken in der Polis, also sozusagen die politische Tätigkeit der freien Männer; die Arbeit war Angelegenheit der Unfreien, d.h. der Sklaven und der Sklavinnen, von daher eine Abwertung der produzierenden Arbeit. Das hat sich durch das Judentum und durch das Christentum verändert, teilweise hat man dann die Arbeit theologisch überhöht: Es ist Beteiligung am Schöpferwerk Gottes; auf der Gegenseite: Arbeit ist grade im Christentum, auch immer wieder als Mühe, ja sogar als Strafe interpretiert worden.
Fleiß:
Heh, halt dich ran! Bist schließlich nicht zum Vergnügen hier.
Faul:
Ich denk, Arbeit soll Spaß machen.
Fleiß:
Ist aber trotzdem Arbeit.
Faul:
Und die muss auf die Knochen gehen oder wie?
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Fleiß:
01.05.2018
Lust und Last.
Gregorianischer Gesang: "Alleluja [Confitemini]
Musik 3:
Sabbato Sancto" (von CD: "Gregoriaanse Gzangen Vol. 1", © 1973 CBS Grammofoonplaten B.V., Austria., LC 0149, Best.-Nr.: 17-448600-10 Interpreten: Schola Cantorum. of Amsterdam Students) Take
1,
von
Anfang
Länge: 0:52
folgend unterlegen
Harmut Kreß
O-Ton 5 b:
(SozialtehikerKreß.wav, 4:12) Aber seit der Reformation und vor allem seit der Aufklärung und der Industrialisierung hat Arbeit einen ganz anderen Stellenwert bekommen.
Autor:
"Ora
et
labora"
Benediktinermönche.
predigten Und
diese
im
Spätmittelalter
ursprünglich
also
katholische Formel gilt noch heute als Synonym für das Selbstverständnis
des
so
fleißigen
wie
frommen
Protestanten.
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O-Ton 5 c:
01.05.2018
Harmut Kreß (SozialtehikerKreß.wav, 4:40) Die Arbeit dient dem Lebensunterhalt, sie hat natürlich auch einen gemeinwohlbezogenen Sinn, indem Güter geschaffen werden, zunächst mal landwirtschaftlich und später dann auch industriell, und wenn man das andere Wort, 'ora', also 'beten' nimmt, dann bezieht sich das auf die geistige Seite des Menschseins. Der Mensch geht nicht in der Arbeit auf! Also der Mensch
ist
mehr
als
nur
die
Arbeit,
seltsamerweise haben sich neuere katholische lehramtliche Äußerungen genau dieses zueigen gemacht. Dass der Mensch geradezu durch die Arbeit Mensch ist!
Gregorianische Gesänge hochziehn, kurz freistenn lassen und folgend weiterhin unterlegen
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Ich arbeite, also bin ich Von Ulrich Land Lebenszeichen
Autor:
01.05.2018
"Nach Gottes Bild und Gleichnis inmitten des sichtbaren Universums geschaffen und dorthingestellt, damit er die Erde sich untertan mache, ist der Mensch daher seit dem Anfang zur Arbeit berufen. Die Arbeit ist eines der Kennzeichen, die den Menschen von den anderen Geschöpfen unterscheiden, nur der Mensch ist zur Arbeit befähigt. Nur er verrichtet sie. Wobei er gleichzeitig seine irdische Existenz mit ihr ausfüllt. Die Arbeit trägt somit ein besonderes Merkmal der Person. Dieses Merkmal bestimmt ihre innere Qualität und macht in gewisser Hinsicht ihr Wesen aus."
- Aus der Enzyklika Papst Johannes Pauls des II. "Laborem Excercens" aus dem Jahr 1981.
O-Ton 6.:
Hartmut Kreß (SozialtehikerKreß.wav, 5:50) Arbeit wird hier zur Arbeitsreligion.
Musik ausblenden
Autor:
Womit sich die katholische Lehrmeinung in bemerkenswerter Klarheit dem 500 Jahre alten Ansatz der Reformation nähert. – Interessanterweise jedoch stand im mittelalterlichen Gebot das "Ora" an der ersten, "Labora" an der zweiten Stelle.
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O-Ton 7.:
01.05.2018
Hartmut Kreß (SozialtehikerKreß.wav, 6:58) Genau
damit
hat
dann
die
Reformation
gebrochen, also eine radikale Aufwertung der weltlichen Arbeit, d.h. der Mönch, der Priester hat keinen normativen, hierarchischen Vorrang vor einem Menschen wie Sie oder ich, also man sah eben, dass die alltägliche Existenz wichtig ist, um das Zusammenleben der Menschen zu sichern, nun hat auch die Reformation die Arbeit sehr stark religiös gedeutet, einen moralisch-religiösen Akzent gesetzt: Die Arbeit geschieht um des Nächsten willen! Das war eben ein langer, Jahrhunderte langer Prozess, bis die weltliche Arbeit einen eigenen Rang erhielt.
Autor:
Eine damals geradezu revolutionär neue Work-Life-Balance.
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O-Ton 8. a:
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Hartmut Kreß (SozialtehikerKreß.wav, 11:05) Andererseits war Luther ganz außerordentlich konservativ. Er dachte in der Logik einer ständischen Ordnung: Obrigkeit, Kirche, und dann die Oeconomia, das war die Familie, und in der Familie wurde eben gearbeitet, Kinder und Gesinde gehörten zur Familie, alle waren im bäuerlichen Betrieb eben Mitarbeiter, und der Gedanke bei Luther: "Ein jeder bleibe in dem Stand, in den Gott ihn hineingestellt hat."
Autor:
Womöglich gewinnt Arbeit in dem Maße an Bedeutung, wie Gott als Instanz im Alltag an Bedeutung verliert. Es reicht nicht mehr, einfach nur gut zu sein, keine Sünden zu begehen, Barmherzigkeit walten zu lassen, Frömmigkeit an den Tag zu legen, man muss etwas leisten. Muss in seinem Leben etwas hervorgebracht haben. – Luthers kategorischer Imperativ. – Man muss sich seine Stellung innerhalb seines Standes erarbeiten. Es reicht nicht, nicht mal mehr für die da ganz oben, die betenden Hände in den Schoß zu legen.
Faul:
Jeder würd' für sein Leben gern den lieben langen Tag im warmen Sand liegen und warten, dass die Kokosnüsse vom Himmel fallen, direkt neben sein Haupt, dass die Erdbeeren ins Maul wachsen.
Fleiß:
Aber ohne Arbeit kommt man nicht in den Himmel.
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01.05.2018
Faul:
Zu den Kokosnüssen.
Fleiß:
Also mach, halt dich ran!
Hartmut Kreß
O-Ton 8 b:
(SozialtehikerKreß.wav, 12:07) Seit dem 18./19. Jahrhundert die großen, gewaltigen
Einbrüche
Industrialisierung,
und
durch
heute
die
erleben
wir
Ähnliches, das genauso aufregend ist: die Globalisierung
der
Arbeitswelt,
die
Digitalisierung der Arbeitswelt, eine der ganz großen
Herausforderungen
unserer
Gesellschaft.
Autor:
Sigmund Freud ließ schon vor hundert Jahren verlauten, Arbeit sei eines der entscheidenden Anzeichen einer gesunden
Psyche.
Heute
trägt
ein
Großteil
unserer
Zeitgenossen die Maxime vor sich her: Arbeit ist das eine, Freizeit das andere. In eben dieser Freizeit versucht man scheint's vor allem das wieder reinzuholen, was einem durch die Entfremdung der Arbeit verloren gegangen ist.
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O-Ton 8 c:
01.05.2018
Dirk Baecker (Soziologe Baecker.wav, 12:21) Es ist eine grundsätzliche Beobachtung, dass in dem
Moment,
in
dem
Arbeitsabläufe
industrialisiert und mechanisiert werden, auch Arbeitsteilung qua Effizienzsteigerung wichtig wird, und Arbeitsteilung heißt dummerweise, dass man den Arbeitsprozess in einzelne Arbeitsschritte aufteilt und dass der einzelne Arbeiter von daher nur einen kleinen Schritt des gesamten Prozesses überblickt.
Autor:
In früheren Zeiten folgte die Befriedigung durch Arbeit einer Produktorientierung: Der Handwerker konnte sich an dem Schrank erfreuen, den er gebaut hatte. Heute, wo die Produktionsabläufe großenteils arbeitsteilig organisiert sind, muss die Erfolgsbefriedigung einen ungleich komplizierteren Weg zurücklegen, ist erheblich abstrakter geworden. Folgt einer Prozessorientierung.
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01.05.2018
Dirk Baecker
O-Ton 9.:
(Soziologe Baecker.wav, 12:43) Der
einzelne
Arbeiter
bekommt
das
Gesamprodukt nicht mehr zu sehn, er ist das Zahnrädchen im Betrieb, also er weiß, dass letztlich ein Auto die Fabriktore verlässt oder dass ein Schüler das Abitur macht, aber er selbst erlebt nur die Lateinvokabeln, die er einpauken muss, oder die Schraube, die er eindrehen
muss;
und
wenn
diese
Fragmentierung, wenn diese Verarmung des Blickes auf das Gesamtprodukt der Fall ist, dann spricht man eben seit Karl Marx von einer entfremdeten Arbeit.
Autor:
Wenn
jedoch
diese
entfremdete
Arbeit
fürs
Selbstbewusstsein, für die persönliche Selbst-Wertschätzung herhalten soll, dann muss man mit einigem Aufwand nachhelfen.
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01.05.2018
Auszeichnung von "Helden der Arbeit" durch
O-Ton 10.:
Wilh. Pieck, 1955 (Deutsches
Rundfunkarchiv
Babelsberg,
DC225756 DRadio Berlin) DIGAS, Take 2, "Piek, Wilhelm", Länge: 1:00 Rede
Wilhelm
Piecks:
Liebe
Genossen!
Nunmehr nehme ich die Auszeichnung der Helden der Arbeit 1955 vor. Aufruf
einzelner
Ausgezeichneter:
Der
Mähdrescher … Applaus
kurz
freistehn
lassen,
dann
folgend
unterlegen
Autor:
Fünfzig Werktätigen der DDR wird der Orden als "Held der Arbeit" überreicht. Ein Prozedere, das sich jedes Jahr abspielte. So lange die DDR währte.
historischen O-Ton hochziehn, kurz freistehn lassen, folgend weiterhin unterlegen
Autor:
Vorreiter dieser Heldenehrung: Adolf Hennecke, 1948. 25 Kubikmeter Kohle in einer Schicht. Alles war minutiös vorbereitet.
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01.05.2018
Peter Itzen
O-Ton 11.:
(HeldArbeitHistorItzen.wav, 1:50) Eine "Normübererfüllung" von 387%.
Autor:
Belohnt mit anderthalb Kilo Fettzulage, drei Schachteln Zigaretten, einer Flasche Branntwein, 50 Mark sowie einem Blumenstrauß des Kollektivs. Später Orden, Geldprämien, ein Auto, eine gutausgestattete Wohnung.
- Peter Itzen, Historiker: ...
Peter Itzen
O-Ton 12.:
(HeldArbeitHistorItzen.wav, 3:00) Also es gab nicht nur sozusagen den Titel, an dem man sich dann aufrichten konnte, sondern gleichzeitig gab es tatsächlich einen echten Anreiz.
Autor:
Im Grunde aber galt: Ein Held statt Geld: Da in der DDR systembedingt
die
im
Kapitalismus
gängigen
Wettbewerbselemente – Karrieresprünge und mehr Geld – fehlten, da man seinen Arbeitsplatz felsenfest sicher hatte, egal wie gut oder schlecht man arbeitete, musste ein anderer Motor
angeworfen
werden,
um
die
Arbeitsleistung
anzukurbeln: das Auszeichnungswesen.
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O-Ton 13.:
01.05.2018
Auszeichnung von "Helden der Arbeit" durch Wilh. Pieck, 1955 (Deutsches
Rundfunkarchiv
Babelsberg,
DC225756 DRadio Berlin) [s.o.] DIGAS, Take 2, "Piek, Wilhelm" Rede Wilhelm Piecks: (0:28) Die Helden der Arbeit beweisen es durch ihre Initiative, ihr Streben nach neuen Kenntnissen und nach voller
Entfaltung
ihrer
Arbeitsfähigkeiten.
Applaus
kurz
freistehn
lassen,
dann
folgend
unterlegen
O-Ton 14.:
Peter Itzen (HeldArbeitHistorItzen.wav, 13:20) Dass dann sozusagen im ganzen Land überall Henneckes entstehen.
Musik 4:
DDR-Hymne: "Auferstanden aus Ruinen" Großer Chor des Berliner Rundfunks (DDR) Text: Johannes R. Becher Musik: Hanns Eisler (SWR-Archiv,
Nr:
M0030556
(AMS)
Länge: 0:48
folgend unterlegen
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18
Ich arbeite, also bin ich Von Ulrich Land Lebenszeichen
Autor:
01.05.2018
Hervorragender Wissenschaftler des Volkes Verdienter Metallurge der DDR Meister des Sports Verdienter Werktätiger des Bereichs der haus- und kommunalwirtschaftlichen Dienstleistungen der DDR.
Hymne ausblenden
Autor:
Nicht zu vergessen: Die größten "Helden der Arbeit": Erich Mielke als Staatssicherheitsminister und Mitbegründer der Stasi; Margot Honnecker; aber auch die weltberühmte Erzählerin Anna Seghers.
O-Ton 15.:
Peter Itzen (HeldArbeitHistorItzen.wav, 18:08) Einer der Helden der Arbeit in der Sowjetunion war Josef Stalin! Also's ist platte Propaganda also.
Musik 5:
"Fifth Avenue" (WestOneMusic, WOM 034, LC 12846) (SWR-Archiv
M0386447)
Länge 1:03
folgend unterlegen
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19
Ich arbeite, also bin ich Von Ulrich Land Lebenszeichen
Autor:
01.05.2018
Auszeichnung statt höherer Löhne – eine Idee, die die Wende locker überdauerte. Baumärkte etwa heben "den freundlichsten Mitarbeiter des Monats" aufs Treppchen. Dabei indes geht es nicht um Normübererfüllung, sondern schlicht um Kundenfreundlichkeit, die im Spätkapitalismus, wie's aussieht, irgendwo auf der Strecke geblieben sein muss.
O-Ton 16.:
Felix Stark (MitarbeiterDesMonatsBauhausStark1.wav, 0:16) "Der freundlichste Mitarbeiter" wird monatlich von den Kunden gewählt …
Autor:
Felix Stark von der Geschäftsleitung einer Freiburger Baumarktfiliale.
O-Ton 17.:
Felix Stark (MitarbeiterDesMonatsBauhausStark2.wav, 0:08) Und die ersten zwei Mitarbeiter, die dürfen mit einem Partner für bis zu 50 € dann essen gehen.
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20
Ich arbeite, also bin ich Von Ulrich Land Lebenszeichen
Autor:
01.05.2018
Auch Supermarktfilialen küren den emsigsten Mitarbeiter, belohnen ihn zumindest mit einem Aushang am schwarzen Brett im Pausenraum. Eine ausgesprochen kostengünstige Möglichkeit zur Leistungssteigerung. Vom Sozialismus lernen heißt sparen lernen.
Felix Stark
O-Ton 18.:
(MitarbeiterDesMonatsBauhausStark2.wav, 2:00) Und der Mitarbeiter, welcher pro Quartal die meisten und positivsten Stimmen hat, der gewinnt dann eine einmalige Sonderprämie vom Unternehmen. 300 €. Es lohnt sich.
Musik: harter Schnitt
Autor:
Für wen? Die Geschichte des wackeren DDR-Bürgers Hennecke etwa hat auch eine Kehrseite: Neid und Missgunst der Kollegen. Für viele war er ein Verräter, der das Arbeitspensum nach oben schraubte. Man warf ihm die Fensterscheiben ein, zerstach die Reifen seines neuen Autos.
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21
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O-Ton 19.:
01.05.2018
Festakt aus der Sporthalle in der Stalinalle in Berlin zur Verleihung des Titels "Held der Arbeit" (Radiodokument
[Deutsches
Rundfunkarchiv
Babelsberg] DZ077415 DRadio DILA Berlin) DIGAS, Take 5 "Tag der Aktivisten", Länge: 0:14 Rede von Johannes Dieckmann, Präsident der Volkskammer: Ehrenbürger
(48:17) unseres
Es
jungen
leben
die
Staates!
Die
Helden der Arbeit! Applaus
O-Ton 20.:
Dirk Baecker (Soziologe Baecker.wav, 24:14) Der soziale Frieden im Betrieb ist durch solche Maßnahmen
bedroht
und
gewährleistet
zugleich. Entscheidend ist, dass jede Art von Aufmerksamkeit,
eben
auch
so
'ne
Auszeichnung "Mitarbeiter des Monats" eben beides bewirkt: Sowohl eine gewisse Form des Lobes, wie auch eine gewisse Form der Drohung: "Hier haben wir einen Mitarbeiter des Monats, und du bist es nicht! Ja? Bemüh dich mal, denn wir haben dich natürlich genauso im Blick wie den Ausgezeichneten."
Musik 2:
"Wer nur den lieben langen Tag ohne Plag, ohne Arbeit vertändelt, wer das mag, der gehört nicht zu uns."
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Ich arbeite, also bin ich Von Ulrich Land Lebenszeichen
01.05.2018
[s.o.] (SWR-Archiv
M0119937)
Länge: 0:17
Fleiß:
Dies ganze Geschwätz um die Arbeit, hin und her, vorwärts, rückwärts – alles bloß Flucht.
Faul:
Vor was?
Fleiß:
Wer kein' Bock auf Arbeit hat, der redet drüber.
Faul:
Wer keine Arbeit hat, der macht sich welche.
Musik 6:
NIN: Nine Inch Nails: "Ghosts I - IV" (von CD: "Ghosts I - IV", helo twentx six CD, © 2008
NIN,
Pinnacle
Records,
Nr:
7/6692990862/8 Komposition und Realisierung: Trent Reznor, Atticus Ross) CD
1,
Track
3,
von
Anfang
Länge: 1:50
folgend unterlegen
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Ich arbeite, also bin ich Von Ulrich Land Lebenszeichen
Autor:
01.05.2018
Die digitalisierte Automatisierung treibt die Entfremdung der Arbeit weiter voran, löst den Rest an
menschlicher
Produktionsarbeit immer mehr vom Endprodukt. Gleichzeitig taucht das Klassenbewusstsein des Arbeiters immer mehr ab. Daran konnte auch die Einführung der Teamarbeit – etwa in der Automibilindustrie – nichts ändern. Statt ehedem Gespräch, Austausch, Protestieren im Arbeiterverein – jetzt: Brainstormingmeetings,
Feedbackschleifen,
Effektivitätskontrolle im Betrieb.
O-Ton 21.:
Dirk Baecker (Soziologe Baecker.wav, 17:00) Die Digitalisierung ist ja wieder so eine von den großen Kränkungen, weil Roboter programmiert werden können, Dinge zu tun, von denen bisher nur Handwerker glaubten, dass sie sie tun können. In bestimmten Winkeln bestimmte Schrauben ansetzen, bestimmte Materialien schleifen, bestimmte Texturen von Lacken prüfen, Schüler ausbilden, man wagt gar nicht drüber nachzudenken, was Maschinen alles tun können.
Autor:
"Industrie 4.0": Reale und virtuelle Welten verschmelzen – Maschinen entscheiden autonom, Geräte kommunizieren untereinander und an den menschlichen Entscheidern vorbei. Anlagen und Werkzeuge können sich an wechselnde Produkt- oder Produktionswünsche anpassen.
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24
Ich arbeite, also bin ich Von Ulrich Land Lebenszeichen
01.05.2018
Musik hochziehn, kurz freistehn lassen und folgend weiterhin unterlegen
Autor:
"Neue, smarte Fertigungsverfahren, so genannte 'Cyber physical
Systems'
mit
durchgängigem
Zugriff
auf
Informationen werden nicht nur das Feld der Produktion, sondern auch das der Mobilität und der medizinischen Versorgung revolutionieren."
-
Prognostiziert
die
Innovationsabteilung
des
Siemenskonzerns.
vgl: www.siemens.com/innovation/de/home/pictures-ofthe-future/industrie-und-automatisierung/digitalefabrik-industrie-4-0.html
Musik ausblenden
Autor:
Auch wenn man sich nicht aufs dünne Eis gespenstischer Sciencefiction-Séancen
begibt
und
nicht
gleich
von
Selbstentmächtigung und Selbstunterwerfung des Menschen unter seine Arbeitsmaschinen sprechen will, so zeigt sich doch, dass Arbeit längst nicht mehr die entscheidende Möglichkeit darstellt, sich in der digitalisierten Gesellschaft zu profilieren. Der Beruf als soziale Berufung – eine Maxime gerät ins Wanken, die über Jahrhunderte unumstürzlich galt.
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Ich arbeite, also bin ich Von Ulrich Land Lebenszeichen
Fleiß:
01.05.2018
Meine Güte, jetzt starrst du schon seit anderthalb Stunden in den Himmel und hängst irgendwelche halbgaren Gedanken zum Trocknen in die vorüberziehenden Wolken.
Faul:
Nur wer nicht arbeitet und trotzdem wer ist, der ruht in sich.
Fleiß:
Auf dem Liegestuhl. Unterm Kirschbaum. Im Kohlenkeller. Wo der Berg Kaminholz aufs Aufstapeln wartet.
Faul:
Wir haben 'ne Heizung, Süße. Musst bloß den Knauf aufdrehn.
Autor:
Wenn ich unterm Vorzeichen der Digitalisierung meinem Nachbarn nicht mehr vermitteln kann, worin meine Arbeit eigentlich besteht, "was sie bringt" – anders als der Tischler – , dann wird's schwierig. Wenn ich das Ergebnis meiner Hände Arbeit nicht mehr vorzeigen kann, dann muss die soziale Wertschätzung der Arbeit über das erfolgen, was sie dem Einzelnen ermöglicht: über Konsum.
Atmo 1:
Kirchenglocken (KirchenglockenStaufenSt.Martin.wav, ab 0:16)
mehr
und
mehr
mit
folgender
Atmo
überlagern
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Ich arbeite, also bin ich Von Ulrich Land Lebenszeichen
Atmo:
01.05.2018
dichter Besucherstrom in einer KleinstadtFußgängerzone (Archiv)
folgend unterlegen
Autor:
Tumult am Sonntag. In Staufen, dem altehrwürdigen Städtchen am Fuße des Südschwarzwalds schieben sich die Massen durch die Gassen.
O-Ton 22.:
Dieter Geier (BuchhändlerGeier.wav, 0:30) Ja, das ist dieser verkaufsoffene Sonntag ...
Autor:
O-Ton 23.:
Dieter Geier, der Buchhändler am Ort.
Dieter Geier (BuchhändlerGeier.wav, 1:27) … also wenn Sie mich als Mensch fragen: völlig überflüssig, mein Sonntag gehört eigentlich mir, und ich wäre froh, wir könnten das Ganze sein lassen.
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Ich arbeite, also bin ich Von Ulrich Land Lebenszeichen
Autor:
01.05.2018
Hier unten im Süden opfert man den Sonntag eher widerwillig dem Gott Mammon. Und eher selten. Dreimal im Jahr. Brav den
Bestimmungen
des
Landes
Baden-Württemberg
entsprechend, den bundesweit restriktivsten. In Berlin, im Ruhrgebiet,
in
Norddeutschland
sind
verkaufsoffene
Sonntage kein Grund zur Irritation. In Südbaden indes steht die Kirche noch im Dorf.
Kreuzblende aus Atmo Besucherstrom in:
Atmo 2:
Messe, St. Martin, Staufen (Messe1StaufenSt.Martin.wav, 4:30 oder 4:38)
Pfarrer/Gemeinde
Wechselgesang:
Herr
erbarme dich unser!
folgend unterlegen
O-Ton 24.:
Pfarrer Frische (PfarrerDiakonStaufen.wav, 3:23) Die meiste Zeit unseres Lebens dient dem Lebensunterhalt.
Autor:
Johannes Frische, katholischer Pfarrer in Staufen.
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28
Ich arbeite, also bin ich Von Ulrich Land Lebenszeichen
01.05.2018
Pfarrer Frische
O-Ton 25.:
(PfarrerDiakonStaufen.wav, 3:37) Es gibt aber einen Tag, den Sonntag, der diesem Zweck eben nicht dient. Und da sind wir, theologisch gesprochen, in Bezug gesetzt zu Gott selbst, der uns diesen Tag der Ruhe gönnt.
Autor:
"Und also vollendete Gott seine Werke und ruhte am siebenten Tage. Und Gott segnete den siebenten Tag und heiligte ihn."
- 1. Buch Mose, Kapitel 2, Vers 2 und 3.
Pfarrer Frische
O-Ton 26.:
(PfarrerDiakonStaufen.wav, 12:09) In der Musik sagen wir: die Pausen gehören mit zur Komposition. Das menschliche Leben taktet sich ebenso. In schnelleren, in lauteren, aber auch in ganz stillen Phasen. Kontemplation, Innehalten. Dafür steht der Sonntag, auf jeden Fall.
Autor:
Bundesweit
aber
müssen
mehr
als
ein
Viertel
der
Erwerbstätigen sonntags arbeiten.
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Ich arbeite, also bin ich Von Ulrich Land Lebenszeichen
01.05.2018
Pfarrer Frische
O-Ton 27.:
(PfarrerDiakonStaufen.wav, 2:23) Ja, da müssen wir uns ein bisschen an die eigene Nase fassen lassen, wenn's um die Sonntagsheiligung oder um das Sonntagsgebot geht, natürlich gibt es auch Bereiche, wo sonntags gearbeitet werden muss. Ist völlig klar. Im kirchlichen Bereich. Die Messner, die Organisten und alle, die liturgisch irgendwie im Einsatz sind.
Atmo Gottesdienst: harter Schnitt!
Faul:
Heh, Trulla, bist du wahnsinnig?! Reißt nach getaner Tat den Stapel Kaminholz just mit dem Hintern wieder um.
Fleiß:
Pardon, Himmel noch mal.
Faul:
Ich glaub, heh, du brauchst das. Du und die Menschheit. Braucht diese Holzhaufen, um was zum Aufstapeln zu haben.
Autor:
Die Kirchen haben Mühe, der Dominanz der Arbeit spirituelle Lebensaspekte entgegenzusetzen. Und gleichzeitig sind sie nach dem öffentlichen Dienst der zweitgrößte Arbeitgeber in Deutschland.
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30
Ich arbeite, also bin ich Von Ulrich Land Lebenszeichen
01.05.2018
Susanne Teichmanis
O-Ton 28.:
(KirchenjuristinTeichmanis.wav, 4:28) Kirche ist Kirche in der Welt.
Autor:
Susanne
Teichmanis
[gespr.
Teichmannis],
evangelische
Kirchenjuristin.
Susanne Teichmanis
O-Ton 29.:
(KirchenjuristinTeichmanis.wav, 4:32) Wenn wir Schwachen helfen, auch wenn wir das sozusagen gottesdienstliche Kerngeschäft betreiben, brauchen wir Leute, die die Kirche putzen, brauchen wir Pfarrerinnen und Pfarrer, die auch in einem Dienstverhältnis stehen zu ihrer Kirche, und dann ist Kirche eben auch Arbeitgeber.
Autor:
Zusammen mit ihren Wohlfahrtsverbänden Caritas und Diakonie beschäftigen die christlichen Kirchen rund 1,3 Millionen Menschen. In mehr als 100 verschiedenen Berufen. Etwa
die
Hälfte
der
Beschäftigten
entfallen
auf
die
evangelische, die andere auf die katholische Kirche.
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31
Ich arbeite, also bin ich Von Ulrich Land Lebenszeichen
O-Ton 30.:
01.05.2018
Susanne Teichmanis (KirchenjuristinTeichmanis.wav, 5:48) Wir
sind
Dienstgemeinschaft,
wir
haben
eigentlich als Arbeitgeber und Arbeitnehmer gar keine
Interessengegensätze,
die
wir
aber
natürlich faktisch im täglichen Leben eben doch haben.
Autor:
Arbeit in kirchlichen Zusammenhängen ist auch Arbeit. Ganz normale Arbeit. Jedoch unterm Dach eines besonderen Arbeitsrechts.
O-Ton 31.:
Susanne Teichmanis (KirchenjuristinTeichmanis.wav, 0:40) Das ist in letzter Zeit in die Kritik geraten, und die Kritik hängt sich auf an dem Phänomen des Streikrechts, das wir im kirchlichen Arbeitsrecht nicht kennen. Weil wir verbunden sind im gemeinsamen Ziel, das Evangelium Christi in Wort und Tat zu verkündigen, und deswegen soll es – das ist die Vorstellung – keine Kampfmaßnahmen geben. Also Streik auf der einen Seite, Aussperrung auf der anderen Seite.
Faul:
Raus zum 1. Mai! Nicht arbeiten, und die Fäuste hoch!
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32
Ich arbeite, also bin ich Von Ulrich Land Lebenszeichen
Fleiß:
01.05.2018
Reg dich ab, du musst eh nicht arbeiten, der 1. Mai ist 'n Feiertag.
Faul:
Irrtum: der 1. Mai ist der Tag der Arbeit.
Fleiß:
Spannend wird's doch erst, wenn du an andern Tagen nicht arbeitest!
Atmo:
Demonstration protestierender ErzieherInnen, Frühjahr 2015 (Archiv)
folgend unterlegen
O-Ton 32.:
Susanne Teichmanis (KirchenjuristinTeichmanis.wav, 10:37) Bei den Erzieherinnen in den KiTas haben wir es vor kurzem ja gesehen, also die haben die Verbesserungen im Sozial- und Erziehungstarif erstritten, und unsere Erzieherinnen profitieren davon. Das muss man ehrlicherweise sagen, an der Stelle gibt es eine Sollbruchstelle.
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33
Ich arbeite, also bin ich Von Ulrich Land Lebenszeichen
O-Ton 33.:
01.05.2018
Hartmut Kreß (SozialtehikerKreß.wav, 17:55) Kann man auch beobachten, dass kirchliche Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer das geradezu als peinlich empfinden. Dass gleichsam andere für sie streiken, denn sie selber dürfen es ja nicht.
Atmo Erzieherinnen-Demo: ausblenden
Musik 7:
NIN: Nine Inch Nails: "Ghosts I - IV" (von CD: "Ghosts I [IV", s.o.]) CD
1,
Track
9,
ab
0:14
Länge: 0:43
folgend unterlegen
Autor:
Der Erste Weg wäre der, wo der Arbeitgeber im Alleingang sämtliche Konditionen festlegt. Was das Arbeitsrecht hierzulande nicht zulässt. Der Zweite Weg ist der übliche. Bei dem also Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften die Tarifverträge aushandeln. Als Dritter Weg wird das kirchliche Sonderarbeitsrecht bezeichnet, das auf dem grundgesetzlich garantierten Selbstbestimmungsrecht der Kirchen beruht und beispielsweise das Ausschließen des Streikrechts ermöglicht.
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34
Ich arbeite, also bin ich Von Ulrich Land Lebenszeichen
01.05.2018
Musik kurz hochziehn, dann ausblenden
Autor:
2013 hat die EKD, die Evangelische Kirche in Deutschland, beschlossen, dass neben diesem Dritten Weg auch der so genannte werden
"kirchengemäße kann. Wovon
Niedersachsen evangelischen
Zweite
Weg"
beispielsweise
Gebrauch
macht.
Landeskirchen
–
eingeschlagen
die
Und
Diakonie in in
mehreren
beispielsweise
in
der
badischen – sind entsprechende Debatten entbrannt.
Susanne Teichmanis
O-Ton 34.:
(KirchenjuristinTeichmanis.wav, 12:57) Das bedeutet, dass Tarifverträge geschlossen werden also sozusagen ganz normal, wie draußen
in
der Welt,
Besonderheit,
allerdings
dass
mit
der
Kampfmaßnahmen
ausgeschlossen sind. So ist das Gesetz – in der Umsetzung ist es sehr schwierig, weil die Gewerkschaft
nicht
auf
ihr
Streikrecht
verzichten will.
Autor:
Wer arbeitet, darf auch nicht arbeiten. Darf durchs NichtArbeiten Druck ausüben, um bessere Arbeitsbedingungen zu erstreiten.
Ein
Recht,
das
die
Arbeiter
und
ihre
Gewerkschaften seit Mitte des 19. Jahrhunderts in zähen, oft blutigen Auseinandersetzungen erkämpften. Und Jahr für Jahr am 1. Mai feiern.
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35
Ich arbeite, also bin ich Von Ulrich Land Lebenszeichen
01.05.2018
Hartmut Kreß
O-Ton 35.:
(SozialtehikerKreß.wav, 32:55) Natürlich, also das Nichtvorhandensein von Streikrecht ist de facto ein Wettbewerbsvorteil.
Faul:
Streiken klingt auch schon wieder nach Arbeit.
Fleiß:
Klar, ist auch nicht ohne. Vor allem wegen der Begleitmusik: Demos, Streikketten, Verhandlungen, Nachverhandlungen.
Faul:
Bloß, um deine Arbeitswut vor der Arbeitslosigkeit zu bewahren.
Fleiß:
Würd' dich trotz der dicken Haut unter deinem Faulpelz auch ins Bodenlose stürzen. Nicht, wenn du nicht mehr arbeiten müsstest, sondern wenn du nicht mehr arbeiten dürftest.
O-Ton 36.:
Hartmut Kreß (SozialtehikerKreß.wav, 22:49) Die
Kirchen
unterlaufen
Arbeitnehmergrundrechte auch hinsichtlich der Religionsfreiheit.
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36
Ich arbeite, also bin ich Von Ulrich Land Lebenszeichen
O-Ton 37.:
01.05.2018
Susanne Teichmanis (KirchenjuristinTeichmanis.wav, 19:20) Der
Grundsatz
ist
der,
dass
kirchliche
Mitarbeiter tatsächlich evangelisch sein sollen, Mitarbeit in der Kirche ist Ausdruck des Priestertums aller Gläubigen. Dass man dann einer anderen christlichen Kirche angehören kann, ist eigentlich schon die Ausnahme, in der Praxis ist das keine Ausnahme; und bei nicht konfessionell Gebundenen oder Mitgliedern anderer Religionen, da gibt es dann noch mal eine gestufte Ausnahmeregelung.
O-Ton 38.:
Hartmut Kreß (SozialtehikerKreß.wav, 23:03) Im
Grunde
werden
also
nichtchristliche
Bewerberinnen oder Bewerber diskriminiert.
O-Ton 39.:
Susanne Teichmanis (KirchenjuristinTeichmanis.wav, 17:07) Da ist was in Bewegung. Insbesondere deshalb, weil die freien diakonischen Träger unter Druck sind, unter großem wirtschaftlichen Druck, dadurch sind die Arbeitsbedingungen oftmals schwierig.
Und
Unzufriedenheit,
dadurch die
sich
entsteht so
an
eine diesem
Schlagwort 'Dritter Weg' oftmals festmacht.
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37
Ich arbeite, also bin ich Von Ulrich Land Lebenszeichen
Autor:
01.05.2018
… und in Niedersachsen etwa zum schrittweisen Übergang vom Dritten zum Zweiten Weg geführt hat.
O-Ton 40.:
Susanne Teichmanis (KirchenjuristinTeichmanis.wav, 26:22) Das hängt einerseits damit zusammen, dass in Niedersachsen die Finanzierung noch deutlich schlechter ist als jetzt zum Beispiel in BadenWürttemberg,
und
Dienstnehmervertreter
dann
hat
es
dort
gegeben
in
den
arbeitsrechtlichen Kommissionen, die die Arbeit dort boykottiert haben, und dadurch ist ein großer Druck aufgebaut worden.
Autor:
Ein Kampf mit – für kirchliche Verhältnisse – vergleichsweise harten Bandagen.
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Ich arbeite, also bin ich Von Ulrich Land Lebenszeichen
O-Ton 41.:
01.05.2018
Susanne Teichmanis (KirchenjuristinTeichmanis.wav, 26:55) Das halte ich im Moment in den Kirchen in Baden-Württemberg nicht für denkbar. Ich persönlich
glaube
kirchengemäßen
nur,
dass
Zweiten
wir
diesen
Weg,
also
Tarifverträge ohne Arbeitskampf, das wird nicht möglich sein, eben weil die Gewerkschaften da guten Gewissens nicht mitmachen können. Das heißt man muss den größeren Schritt gehen zu ganz normalen Tarifverträgen. Mit Streikrecht, Aussperrung usw.,
im Moment ist es eher
ruhig, aber es ist schon so ein Grundgefühl, ja, da muss nicht so viel passieren, bis es wieder aufflammt.
Faul:
Arbeit ist einfach 'ne zwiespältige Angelegenheit.
Fleiß:
Machste's dir mal wieder schön einfach.
Faul:
Auch das Hin- und Herdenken, wie man das Phänomen Arbeit aus dem Kopf kriegt, kostet Hirnschmalz. Führt zu Schweißflecken auf der Stirn.
Fleiß:
Mann, bevor du dir das zurecht gedacht hast, hättste schon dreimal den Holzstapel im Keller aufbauen können.
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39
Ich arbeite, also bin ich Von Ulrich Land Lebenszeichen
Faul:
01.05.2018
Mein Vorschlag zur Güte: Ich denke noch ein Weilchen über die Arbeit an sich und als solche nach, und du setzt dich in eine von diesen schlauen Tarif-Debattierclubs und versuchst die Chose bisschen aufzuhübschen.
O-Ton 42.:
Susanne Teichmanis (KirchenjuristinTeichmanis.wav, 35:44) Kirchenrechtlich dürfen wir das nur dann tun, wenn wir tatsächlich die Gewerkschaft dazu bringen zu unterschreiben: Wir werden nicht streiken.
Und
dazu
werden
wir
die
Gewerkschaft aber nicht bringen. Aufgrund ihres Selbstverständnisses.
Autor:
Zumal jetzt, wo etwa die immer schwächer werdende Beteiligung bei den 1.-Mai-Demonstrationen zeigt, dass Gewerkschaften ihre Existenzberechtigung offensiv unter Beweis stellen müssen.
O-Ton 43.:
Susanne Teichmanis (KirchenjuristinTeichmanis.wav, 37:35) Nun kann man natürlich sagen, gut, Streik, was ist daran so schlimm? Ja? Überall auf der Welt wird gestreikt, aber unter der Geltung des jetzigen Kirchenrechtes ist das eigentlich nicht vertretbar.
© Westdeutscher Rundfunk Köln 2017 Dieses Manuskript einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des WDR unzulässig. Insbesondere darf das Manuskript weder vervielfältigt, verbreitet noch öffentlich wiedergegeben (z.B. gesendet oder öffentlich zugänglich gemacht) werden.
40
Ich arbeite, also bin ich Von Ulrich Land Lebenszeichen
Autor:
01.05.2018
Vermutlich jedoch wird der Konkurrenzkampf etwa der Diakonie mit anderen Sozialträgern beim Anheuern der rar gewordenden Fachkräfte die Kirchen zwingen, die Kröte zu schlucken und den Zweiten Weg zu beschreiten. Also das Streikrecht
zuzulassen.
Und
vielleicht
sogar
die
konfessionelle Bindung der Mitarbeiter weiter zu lockern.
O-Ton 44.:
Susanne Teichmanis (KirchenjuristinTeichmanis.wav, 6:54) Das dauert oftmals lang, bis man zu Lösungen kommt, das ist aber, ehrlich gesagt, bei Kirchens auch nichts Besonderes, wir leben ja in der Perspektive der Ewigkeit; also der Dritte Weg ist nicht heilsnotwendig.
O-Ton 45.:
Hartmut Kreß (SozialtehikerKreß.wav, 35:14) Mag sein, dass auf Dauer auf staatlicher Seite die Sonderstellung des kirchlichen Arbeitsrechts nicht
mehr
möglicherweise
länger wird
ein
akzeptiert
wird,
Durchbruch
über
europäische Gerichte zustandekommen, aber auch das wird lange dauern.
Faul:
Sag ich doch: Die Menschheit braucht diese Holzhaufen, um was aufstapeln zu müssen.
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Ich arbeite, also bin ich Von Ulrich Land Lebenszeichen
Fleiß:
01.05.2018
Braucht die Heuhaufen, um nach der Nadel suchen zu können.
Faul:
Und doch sehnen sich alle nach Nichtstun. Muse, Muße, Müßiggang.
Fleiß:
Wofür man allerdings Geld, Urlaubsgeld verdienen muss. Arbeiten muss, um nicht arbeiten zu können.
Musik 2:
"Wer nur den lieben langen Tag ohne Plag, ohne Arbeit vertändelt, wer das mag, der gehört nicht zu uns." [s.o.] (SWR-Archiv
M0119937)
Länge: 0:11
Musik 6:
NIN: Nine Inch Nails: "Ghosts I - IV" (von CD: "Ghosts I - IV", [s.o.]) CD
1,
Track
3,
von
Anfang
Länge: 1:50
folgend unterlegen
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42
Ich arbeite, also bin ich Von Ulrich Land Lebenszeichen
Autor:
01.05.2018
In der EDV-gestützten Dienstleistungsgesellschaft sind Arbeit und Freizeit schon zeitlich mindestens gleichwertig. Die Arbeit nimmt nur noch ein Drittel des Tags in Beschlag. Ein beachtliches Maß an Engagement und Geld wird in Freizeitaktivitäten investiert, Arbeit eher als Last empfunden. Man
arbeitet
stets
mit
stierem
Blick
aufs
nächste
Wochenende, auf den Urlaub, auf die arbeitsfreie Zeit.
O-Ton 46.:
Dirk Baecker (Soziologe Baecker.wav, 28:53) Begleitet von der Einsicht, dass wir tatsächlich eine Arbeitsgesellschaft sind, nur dann, wenn wir uns eine Gesellschaft vorstellen könnten, in der nicht gearbeitet wird, könnten wir Arbeit relativieren.
Fleiß:
Ins Paradies, wo man nicht arbeiten muss, kommt niemand rein, ohne zu arbeiten.
Faul:
Schade eigentlich. Sehr schade.
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