INFORMATION zur Pressekonferenz mit

Landeshauptmann-Stellvertreter Reinhold Entholzer am Dienstag, 19. Mai 2015

zum Thema

Arbeitsplätze und regionale Wertschöpfung Land Oberösterreich erhebt erstmals die Bedeutung des öffentlichen Verkehrs aus volkswirtschaftlicher Perspektive

Weitere Gesprächsteilnehmer: Univ.-Prof. Mag. Dr. Michael Getzner, Technische Universität Wien, Department für Raumplanung, Fachbereich Finanzwissenschaft und Infrastrukturpolitik Dipl.-Ing. Gerald Grüblinger, Technische Universität Wien, Department für Raumplanung, Fachbereich Finanzwissenschaft und Infrastrukturpolitik

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Die volkswirtschaftliche Bedeutung des öffentlichen Verkehrs in Oberösterreich "Der öffentliche Verkehr ist mehr als ein Garant für leistbare Mobilität in Oberösterreich. Das öffentliche

Verkehrsangebot

unseres

Bundeslandes

generiert

eine

jährliche

Inlandswertschöpfung in Höhe von rund 650 Millionen Euro und sichert mehr als 10.000 Arbeitsplätze. Besonders im Hinblick auf das Konjunkturpaket für Oberösterreich stellt die vorliegende

Forschungsarbeit

der

Technischen

Universität

Wien

eine

wertvolle

Arbeitsgrundlage dar. Die Ergebnisse zeigen eindeutig, dass der Wertschöpfungseffekt im öffentlichen Verkehr sehr hoch ist, was heißt, dass jeder investierte Euro von Seiten der öffentlichen

Hand

gut

angelegtes

Geld

ist.

Gleichzeitig

sind

öffentliche

Verkehrsdienstleistungen besonders personalintensiv und können langfristige Arbeitsplätze schaffen, die über die eigentliche Investitionsperiode hinaus erhalten bleiben. Ein weiterer Pluspunkt von ÖV-Investitionen ist deren Klimafreundlichkeit und Nachhaltigkeit. In Summe erfüllen ÖV-Investitionen alle drei Kernanforderungen einer durchdachten öffentlichen Investition: Sie haben einen hohen Wertschöpfungseffekt, sind enorm arbeitsplatzwirksam und tragen zu einem nachhaltigen Wachstum unserer Wirtschaft bei", so LandeshauptmannStv. Reinhold Entholzer einleitend.

Hauptergebnisse der Studie auf einen Blick o

In Summe werden in Oberösterreich pro Jahr rund 570 Millionen Euro für den öffentlichen Verkehr (Verkehrsdienstleistungen und Infrastruktur) aufgewendet. Neben den Hauptfinanziers Bund und Land leisten die Fahrgäste mit rund 100 Millionen Euro einen wesentlichen Anteil an der ÖV-Finanzierung.

o

Die zur Verfügung stehenden Mittel werden zu 55 % (310 Mio. Euro) für die Bestellung und Förderung von Verkehrsdienstleistungen verwendet, was vor allem die politische Entscheidung zum Ausdruck bringt, ein flächendeckendes ÖV-Angebot auch in ländlichen Regionen anzubieten, obwohl dies aus rein betriebswirtschaftlicher Sicht unrentabel ist. Rund 250 Millionen Euro (44 %) werden für den Erhalt, die Modernisierung und den Ausbau der ÖV-Infrastruktur aufgewendet. Etwas weniger als 1 % der jährlichen Ausgaben fließt in die Verwaltung, die trotz wachsender

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planerischer und organisatorischer Aufgaben schlank und effizient abgewickelt werden kann.

o

Die ÖV-Ausgaben in Höhe von 570 Millionen Euro bewirken eine hohe Wertschöpfung von rund 775 Millionen Euro (Multiplikatoreffekt: 1,36). Davon verbleiben 650 Millionen Euro im Inland, die restliche Wertschöpfung wird im (überwiegend europäischen) Ausland generiert. Die Wertschöpfung im öffentlichen Verkehr ist damit – auch aufgrund der höheren Personalintensität – größer als bei einer

Vielzahl

alternativer

Verwendungsmethoden

wie

beispielsweise

dem

Straßenbau.

o

Der öffentliche Verkehr in Oberösterreich sichert in Summe rund 9.500 VollzeitÄquivalente und damit mehr als 10.000 Arbeitsplätze. Aufgrund der hohen Wertschöpfung und der Beschäftigungsintensität des öffentlichen Verkehrs fließen rund 220 Millionen Euro an Abgaben an Bund, Land und Gemeinden zurück.

Einleitung und Methodik Im Auftrag des Verkehrs-Ressorts der Oberösterreichischen Landesregierung wurde die Technische Universität Wien unter der Leitung von Univ.-Prof. Michael Getzner, Ass. Prof. Dipl. Ing. Dr. Johann Bröthaler und Dipl. Ing. Gerald Grüblinger mit einer umfassenden Untersuchung zur volkswirtschaftlichen Bedeutung des öffentlichen Personenverkehrs in Oberösterreich betraut. Dabei wurden sowohl der Bau und der Betrieb der ÖV-Infrastruktur (ohne Straßenbau) als auch die konkreten Verkehrsdienstleistungen (gesamter öffentlicher Landverkehr ausgenommen Taxis) hinsichtlich Ausgaben, Kosten, Finanzierung, sowie Wertschöpfungs-, Beschäftigungs-, und Steuereffekte untersucht.

In einem ersten Schritt wurde der gesamte Aufwand für den öffentlichen Verkehr in Oberösterreich erhoben. Der Gesamtaufwand wurde sowohl aus Sicht der Mittelherkunft (d.h. Ausgaben der Gebietskörperschaften und der Fahrgäste) als auch aus Sicht der Mittelverwendung (Aufwendungen der Verkehrs- und Infrastrukturunternehmen) untersucht. Diese Untersuchungsmethodik diente auch der Ergebniskontrolle, da beide Sichtweisen ein ähnliches Ergebnis liefern müssen, was bei der vorliegenden Untersuchung der Fall war. Die Berechnung der Wertschöpfungs- und Beschäftigungseffekte wurde anhand eines erprobten Input-Output-Multiplikatormodells der TU Wien vorgenommen. Ebenso aus dem Hause der

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TU Wien stammt das dazugehörige Rechenmodell zur fiskalischen Wirkungsanalyse des öffentlichen Verkehrs in Oberösterreich.

Fragestellung 1: Wer finanziert den öffentlichen Verkehr in Oberösterreich und wofür werden die Gelder verwendet?

Wichtigster Finanzier des öffentlichen Personenverkehrs in Oberösterreich ist die öffentliche Hand, also Bund, Land und Gemeinden. Der öffentliche Personenverkehr kann zu einem großen Teil nicht kostendeckend, d.h. ausschließlich durch die Einnahmen aus Entgelten der Fahrgäste, angeboten werden. Der Grund dafür liegt vor allem in den vielfältigen organisatorischen Herausforderungen, die sich aus zeitlichen Nachfrageschwankungen (Morgen-

und

Abendspitze),

der

unterschiedlichen

Bevölkerungsdichten

und

der

Siedlungsstrukturen in Oberösterreich resultieren. Insbesondere der Anspruch, auch Regionen außerhalb des Zentralraums mit öffentlichen Verkehrsdienstleistungen zu versorgen und damit einen positiven Beitrag zur Regionalentwicklung zu leisten, bringt es mit sich, dass von der öffentlichen Hand auch solche Linien bestellt werden, die aus rein betriebswirtschaftlicher Sicht nicht rentabel sind.

Abbildung 1: Akteure der ÖPV-Finanzierung, Quelle: IFIP TU-Wien (2015)

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Mittelherkunft im Detail Insgesamt werden in Summe rund 470 Millionen Euro pro Jahr von Bund, Land und Gemeinden für die Finanzierung des öffentlichen Personenverkehrs in Oberösterreich bereitgestellt. Den größten Anteil zur ÖV-Finanzierung in Oberösterreich leistet der Bund, wobei das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie und das Bundesministerium für Familie und Jugend gemeinsam den Löwenanteil beisteuern. Die Mittel des Bundes fließen zu einem überwiegenden Teil in den Bau und den Betrieb der Eisenbahninfrastruktur und die Bereitstellung gemeinwirtschaftlicher Leistungen des Eisenbahnpersonenverkehrs.

Das Land Oberösterreich, konkret das Verkehrs-Ressort von Landeshauptmann-Stv. Reinhold Entholzer, verwendet den Großteil des verkehrsbezogenen Budgets für die Bestellung von öffentlichen Verkehrsdiensten auf Straße und Schiene, sowie in vergleichsweise geringerem Umfang für Infrastrukturinvestitionen. Auf Seiten der Gemeinden werden die Mittel ebenfalls für die (Ko-)Bestellung von Verkehren und im Falle mehrere Städte für die Abgangsdeckung kommunaler oder ausgelagerter Verkehrsbetriebe aufgewendet.

Einen bedeutenden Anteil der ÖV-Finanzierung leisten die Fahrgäste selbst. In Summe tragen die Fahrgäste pro Jahr rund 100 Millionen Euro (Tickets und Selbstbehalte, z.B. bei der Schüler/innen- und Lehrlingsfreifahrt oder beim Jugendticket) bei. Dabei ist zu betonen, dass der Anteil der Fahrgelderlöse an den Einnahmen der Verkehrsbetriebe je nach Linie sehr unterschiedlich sein kann. Die Bandbreite, d.h. der Grad der Kostendeckung reicht vom einstelligen Prozentbereich bis zur vollständigen Kostendeckung. Die Summe der Ausgaben der öffentlichen Hand und der Fahrgäste führt zu Gesamtausgaben in Höhe von 570 Millionen Euro pro Jahr, die zur Finanzierung des öffentlichen Verkehrsangebotes in Oberösterreich verwendet werden.

Mittelverwendung im Detail Die konkreten Leistungen des öffentlichen Personenverkehrs auf Schiene und Straße werden

von

einer

großen

Anzahl

an

Verkehrsunternehmen

(Eisenbahnverkehrsunternehmen,

Busunternehmen,

Unternehmen

Nahverkehrs

Anbieter)

einer

und

Mikro-ÖV

Infrastrukturunternehmen

erbracht.

Die

und zentrale

kleineren

Drehscheibe

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des

städtischen Anzahl

zwischen

an den

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Gebietskörperschaften als Bestellern und den Unternehmen als Leistungserbringern ist die Oberösterreichische Verkehrsverbund-Organisationsgesellschaft (OÖVG).

Etwa 55 % der finanziellen Mittel der Gebietskörperschaften und der Fahrgäste werden für die Erbringung der konkreten Verkehrsdienstleistungen verwendet. 44 % fließen in den Erhalt

bzw.

den

Ausbau

der

notwendigen

Infrastruktur.

Trotz

der

komplexen

organisatorischen Aufgaben, die sich hinter der täglichen pünktlichen An- und Abfahrt tausender Busse und Züge verbergen, können die Dienstleistungen sehr effizient und damit aus Sicht der Verwaltung sparsam erbracht werden. Weniger als 1 % der verfügbaren Mittel werden für klassische Verwaltungsaufgaben verwendet. Verwaltung 1%

100% 90% 80%

Fahrgäste 18%

Gemeinden 10%

Infrastruktur 44%

70% Land 16% 60% 50% 40% 30%

Bund 57%

Verkehrsdienstleistungen 55%

Mittelherkunft

Mittelverwendung

20% 10% 0%

Abbildung 2: Gesamtschau der Mittelverwendung und der Mittelherkunft im ÖPV in Oberösterreich, Quelle: IFIP TU-Wien (2015)

Fragestellung 2: Wie groß ist der Wertschöpfungseffekt des öffentlichen Verkehrs in Oberösterreich? Jeder Euro, der für den öffentlichen Verkehr in Oberösterreich ausgegeben wird, bewirkt eine Wertschöpfung von 1,36 Euro. Davon sind 1,14 Euro inländische Wertschöpfung (direkte und indirekte Wertschöpfungseffekte). Die verbleibenden 0,22 Euro werden im Ausland generiert, der ganz überwiegende Teil davon innerhalb der Europäischen Union. Die in Oberösterreich eingesetzten 570 Millionen Euro an ÖV-Ausgaben bewirken somit eine Wertschöpfung in Höhe von rund 775 Millionen Euro, davon rund 650 Millionen Euro im

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Inland. Der Wertschöpfungseffekt des öffentlichen Verkehrs ist damit höher als jener im Straßenbau und übertrifft jenen Wertschöpfungseffekt, der beispielsweise durch eine Steigerung des privaten Konsums ausgelöst, wird deutlich.

Einzelne Teilprozesse des öffentlichen Verkehrs bewirken eine unterschiedlich hohe Wertschöpfung.

Personalintensive

Tätigkeiten

wie

etwa

Dienstleistungen

des

Regionalbusverkehrs oder der Betrieb von Eisen- und Straßenbahnen generieren eine höhere inländische Wertschöpfung als kapitalintensive Tätigkeiten wie beispielsweise der Bahnwegebau. Gleichzeitig ist bei Tätigkeiten mit hochspezialisierten Zulieferketten die ausländische Wertschöpfung höher als bei vergleichsweise weniger spezialisierten Prozessen wie im Regionalbusverkehr.

Wertschöpfungseffekte durch Ausgaben für den Öffentlichen Verkehr in Oberösterreich, normiert auf Ausgaben von 1 €

Wertschöpfung in €

1,40

0,05

1,20

0,17

1,00

0,28 andere Imp.

0,80

EU-Importe sekundär (Inland)

0,60

primär (Inland)

0,86

0,40 0,20 0,00

Abbildung 3: Wertschöpfungseffekte des öffentlichen Verkehrs je 1 Euro Ausgaben, Quelle: IFIP TU-Wien (2015)

Wertschöpfungseffekte alternativer Ausgabenoptionen normiert auf Ausgaben von 1 € 1,40

Wertschöpfung in €

1,20 1,00

0,05 0,17 0,25

0,04 0,12 0,32

0,03 0,09

0,03 0,17

0,36 0,29

0,04 0,21

0,06 0,10

0,07

0,32

0,15

0,25

0,30

0,80

andere Imp.

0,60 0,40

0,87

0,90

0,93

0,83

0,79

0,86

0,20

EU-Importe 0,68

sekundär (Inland) primär (Inland)

0,00

Abbildung 4: Alternative Ausgabeoptionen je 1 Euro Ausgaben, Quelle: IFIP TU-Wien (2015)

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Fragestellung 3: Wie hoch ist der Beschäftigungseffekt des öffentlichen Verkehrs in Oberösterreich?

Die Ausgaben für den öffentlichen Personenverkehr auf Straße und Schiene in Oberösterreich (ohne Taxis und ohne Gelegenheitsverkehre, jedoch inklusive der Bereitstellung von Infrastruktur) sichern etwa 2.800 direkte Beschäftigungsverhältnisse (rund 2.500 Vollzeit-Äquivalente) bei den Infrastruktur- und Verkehrsunternehmen. Weitere 7.000 Vollzeit-Äquivalente finden sich entlang der inländischen Zulieferkette zu den Verkehrs- und Infrastrukturunternehmen

oder

werden

durch

inländische

Konsumausgaben

der

Beschäftigten ausgelöst (sog. sekundärer Beschäftigungseffekt). In Summe schafft der öffentliche Verkehr in Oberösterreich damit rund 9.500 vollzeitäquivalente Arbeitsplätze in Österreich.

Fragestellung 4: Welche fiskalischen Effekte werden durch den öffentlichen Personenverkehr in Oberösterreich ausgelöst? Zusätzlich zu den oben geschilderten Wirtschaftsimpulsen die durch den öffentlichen Verkehr in Oberösterreich erzeugt werden, fließt ein Teil der Wertschöpfung in Form von Abgabeneinnahmen an die Gebietskörperschaften zurück. Die gesamte inländische Wertschöpfung bewirkt Steuerreinnahmen von etwa 140 Millionen Euro und Sozialbeiträge von etwa 80 Millionen Euro. Entsprechend der Aufteilung des Finanzausgleichs fließen diese Steuereinnahmen zu etwa 2/3 an den Bund, der Rest kommt in etwa gleichem Umfang den Ländern und den Gemeinden zu Gute.

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