Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin

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Entwicklung von Gesundheitskompetenz bei Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Pflege

30. November 2009, Univ.-Prof. Dr. med. Dipl.-Ing. Stephan Letzel

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Kompetenz: Begrifflichkeiten Sozialkompetenz

Fachkompetenz

Methodenkompetenz

Handlungskompetenz

Anpassungskompetenz

Gesundheitskompetenz p

Inkompetenzkompensationskompetenz

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Kompetenz: Begrifflichkeiten Kompetenz: Kompetenzen sind in Entwicklungsprozessen entstandene entstandene, generalisierbare Selbstorganisationsdispositionen komplexer adaptiver Systeme – insbesondere Menschlicher Individuen – zu reflexivem, reflexivem kreativem Problemlösungshandeln im Hinblick auf allgemeine Klassen von komplexen, selektiv bedeutsamen Situationen.



Zentraler Aspekt der Kompetenz:

Selbstorganisation



Demnach sollte nur dann von Kompetenz gesprochen werden werden, wenn eine Situation oder Anforderung eine eigenständige – also selbstorganisierte – Lösung erfordert

Gesundheitskompetenz

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Unter Gesundheitskompetenz versteht man die Fähigkeiten und Fertigkeiten einer Person (Selbstorganisation), die eigene Gesundheit fördern, erhalten und wiederherstellen zu können. Dabei beinhaltet Gesundheitskompetenz im Sinne der betrieblichen Gesundheitsförderung die Fähigkeit, Belastungen und Beanspruchungen • zu erkennen • zu bewerten • gesundheitsförderliche Strategien zu entwickeln • Umsetzten der Strategien in den „Alltag“ • die di Wi Wirksamkeit k k i d der G Gesundheitsroutine dh i i zu reflektieren fl k i und d • ggf. zu modifizieren Der Gesundheitskompetenz liegt ein ganzheitlicher Ansatz zugrunde, daher kann nicht zwischen beruflichem und außerberuflichem Umfeld unterschieden werden.

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i di id ll Mö individuelle Möglichkeiten li hk it aktuelle Ressourcen Bewältigungsstrategien soziale Unterstützung

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Salutogenese - Gesundheitsförderung

„Philosophie“ von Antonovsky y „… Wie wird man man, wo immer man sich in dem Fluss befindet, dessen Natur von historischen, soziokulturellen und physikalischen Umweltbedingungen bestimmt wird, ein guter Schwimmer. …“

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Gesundheitskompetenz in der Pflege abhängig vom Pflegebereiche g ƒ ƒ

Stationäre Pflege Ambulante Pflege

ƒ ƒ ƒ

Pflege akut Erkrankter (z.B. nach Operation) Pflege chronisch Kranker Pflege von Behinderter

ƒ ƒ ƒ

körperlich Behinderter geistig Behinderter körperlich und geistig Behinderter

ƒ ƒ ƒ

Pflege von Kindern oder Jugendlichen Altenpflege Pfl Pflege im i H Hospiz i

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Belastungen im Pflegeberuf • Physikalische Belastungen • Biologische Belastungen • Psychomentale und soziale Belastungen • Chemische Belastungen (z.B. Patienten unter Chemotherapie)

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Physikalische Belastungen in der Pflege U.a.: ƒ Rücken-, Knie- oder Schulterbelastungen durch das Lagern, Betten oder Unterstützen des Pflegebedürftigen beim Aufstehen, Hinsetzen oder Hinlegen. ƒ Ambulante Pflege: ƒ Häufig fehlende technische Hilfsmittel, z. B. Lifter, Pflegebetten ƒ z.T. beengte Wohnungen, Räume und Bäder

ƒ H Hautschädigungen t hädi durch d h di die ständige tä di A Arbeit b it iim ffeuchten ht Milieu, z.B. beim Waschen des Pflegebedürftigen oder bei Reinigungsarbeiten. g g

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Biologische Belastungen in der Pflege U.a.: ƒ Infektionsgefahr durch ansteckende Erkrankungen, an der ein Pflegebedürftiger leidet. ƒ Ambulante Pflege: ƒ verschmutze, verschmutze unsaubere Wohnungen (allgemeine Hygiene)

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Psychomentale und soziale Belastungen in der Pflege (allgemeines) U.a.: ƒ Kostendruck ƒ permanenter Zeitdruck, Arbeitsverdichtung ƒ Personalengpässe: Fehlzeiten, Fluktuation, Ausstiege aus dem Beruf ƒ Personalabbau ƒ steigender Pflegebedarf (Demographie der Bevölkerung) ƒ älter werdende Beschäftigte (Demographie in den Pflegeberufen) ƒ Negativimage der Pflegeberufe ƒ geringe oder fehlende gesellschaftliche Anerkennung des Berufsstandes ƒ geringe i B Bezahlung hl ƒ kaum Aufstiegschancen ƒ Beschäftigte vorwiegend weiblich, damit Doppelbelastung ƒ Schwere Sch ere Vereinbarkeit von on Familie und nd Ber Beruf, f Familienplan Familienplanung ng sch schwierig ierig ƒ ungünstige Arbeitszeiten: Schichtarbeit, Arbeit am Wochenende und an Feiertagen ƒ hohe Anzahl von Überstunden

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Psychomentale und soziale Belastungen in der Pflege (ambulante Pflege) U.a.: ƒ Einzelarbeitsplatz p ƒ Arbeiten in der Privatsphäre der Pflegebedürftigen ƒ Einbeziehung in familiäre Probleme Probleme, evtl. evtl Streitigkeiten ƒ Probleme im Straßenverkehr, z. B. Staus, Straßenarbeiten, Unfälle Parkplatzsuche besonders in Städten Parkplatzsuche, ƒ Verleumdungen durch Pflegebedürftige oder Angehörige, z. B. Diebstahl

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Belastungen aus dem privaten Umfeld U.a.:

ƒ

Bewegungsmangel g g g oder Übermaß an Sport p ((z.B. Marathon))

ƒ

Genussmittelkonsum:

ƒ

ƒ

ƒ

Rauchen

ƒ

Alkohol

ƒ

Medikamente

ƒ

Drogen)

eigene Krankheiten ƒ

akut

ƒ

chronisch



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Beanspruchungen in der Pflege U.a.:

ƒ Muskel-Skelett-Erkrankungen Muskel Skelett Erkrankungen ƒ Hauterkrankungen ƒ Infektionskrankheiten ƒ Zunahme psychischer Erkrankungen (Falldauer bei psychischen Erkrankungen sehr hoch) ƒ Unfälle (ambulante Pflege: Wegeunfälle)

Entwicklung der Gesundheitskompetenz - Handlungsebenen -

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ƒ

Handlungsebene 1: „Informationsvermittlung“ (Aus-, Fort- und Weiterbildung) ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ

Belastungen Beanspruchungen Gesundheit und Krankheit Arbeitsgestaltung und Arbeitsorganisation Verhaltensprävention Verhältnisprävention

ƒ Handlungsebene 2: „Schulung“ (Aus-, Fort- und Weiterbildung) ƒ ƒ ƒ

ƒ

Erlernen der Identifikation von Belastungen und Beanspruchungen Erlernen von Lösungsansätzen Erlernung der Umsetzung des Wissens in Handlungsstrategien: ƒ z.B. richtig heben und tragen ƒ richtiger Umgang mit Feuchtarbeit ƒ Zeitmanagement und Arbeitsorganisation ƒ Entspannungstechniken … Wirksamkeitsprüfung der Maßnahmen

ƒ Handlungsebene 3: „Betrieb“ ƒ

Schaffung von Rahmenbedingungen für die Umsetzung (Arbeitgeber und Arbeitnehmer)

ƒ Handlungsebene 4: „Rahmenbedingungen in der Gesellschaft“ ƒ ƒ

Politik: rechtliche Rahmenbedingungen, unterstützende Maßnahmen Gesellschaft: Image, Attraktivität des Berufes, Verständnis für bestehende Probleme

ƒ Handlungsebene H dl b 5 5: „Wissenschaft“ Wi h ft“ ƒ ƒ ƒ

Generierung des erforderlichen Wissens (z.B. MSE: Stellenwert von physikalischen und psychischen Einflüssen) Lern- und Lehrkonzepte Evaluationwerkzeuge (Kennzahlen, Erhebungsinstrumentarien, …)

Entwicklung der Gesundheitskompetenz - Beteiligte -

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ƒ ƒ ƒ ƒ

Jeder einzelne, der in der Pflege beschäftigt ist („Selbstorganisation“) Arbeitgeber und Vorgesetze („Rahmenbedingungen im Betrieb“) Länderbehörden (Beratung (Beratung, Unterstützung Unterstützung, Kontrolle Kontrolle, …)) Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV, Unfallkassen, BGW): ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ

ƒ ƒ

Krankenkassen („ganzheitlicher Ansatz“) Spezialisten: ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ

ƒ ƒ ƒ

Informationsplattform (allgemein und speziell) Schulungsangebot Unterstützung bei der Umsetzung „Kontrolle“ Gesundheitsbericht „Beschäftigte in der Pflege“

Qualifizierte Pflegekräfte F hk f für Fachkraft fü Arbeitssicherheit Ab i i h h i Arbeitsmediziner/Arbeitsmedizinerin Arbeitspsychologen Pädagogen Gesundheitspädagogen Pädagogen, Arbeitswissenschaftler …

Politik ((Rahmenbedingungen, g g z.B. GDA, …)) Gesellschaft („Rahmenbedingungen“) Wissenschaft („Grundlagen“)

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Zusammenfassung - Ausblick ƒ

Hohe physische, psychische und soziale Belastungen in der Pflege

ƒ

Anforderungen an die Pflege werden steigen (Demographie)

ƒ

Gute Pflege braucht gesunde Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen

ƒ

Um gesund zu bleiben ist Gesundheitskompetenz erforderlich

ƒ

Gr ndlage der Gesundheitskompetenz Grundlage Ges ndheitskompeten ist die Eigen Eigenverantwortung erant ort ng

ƒ

Gesundheitskompetenz benötigt Wissen, Schulung, Umsetzung und Erfolgskontrolle

ƒ

Die Entwicklung von Gesundheitskompetenz muss geplant sein und systematisch erfolgen

ƒ

Di E Die Entwicklung t i kl d der G Gesundheitskompetenz dh it k t iistt ein i kkontinuierlicher ti i li h P Prozess

ƒ

Gesundheitskompetenz kann sich nur im Zusammenspiel aller Beteiligter (Arbeitnehmer, Arbeitgeber, Unfallkasse, Krankenkassen, Spezialisten, Gesellschaft und Politik, Wissenschaft) erfolgreich entwickeln