GBO 29 Abs. 1; BGB 164, 1896 Abs. 2 Nachweis des Bedingungseintritts bei aufschiebend bedingter Vorsorgevollmacht

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Fax - Abfrage

Deutsches Notarinstitut

Gutachten des Deutschen Notarinstituts Dokumentnummer: 11508# letzte Aktualisierung: 10. April 2008

GBO § 29 Abs. 1; BGB §§ 164, 1896 Abs. 2 Nachweis des Bedingungseintritts bei aufschiebend bedingter Vorsorgevollmacht

I. Sachverhalt Eine (unterschriftsbelaubigte) Vorsorgevollmacht wurde unter der aufschiebenden Bedingung erteilt, dass der Vollmachtgeber „aus gesundheitlichen oder aus anderen Gründen nicht mehr in der Lage (ist), die entsprechenden Erklärungen abzugeben und dies entweder durch eine ärztliche Bescheinigung oder eine eigenhändige Bestätigung“ des Vollmachtgebers bescheinigt ist. Nunmehr soll ein Grundstück in Ausübung der Vollmacht veräußert werden. Dem beurkundenden Notar wurde ein privatschriftliches ärztliches Attest eines Allgemeinarztes vorgelegt, wonach der Vollmachtgeber „aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage ist, eine Anwaltskanzlei oder ein Notariat aufzusuchen und auch nicht mehr in der Lage ist, Unterschriften zu leisten.“ II. Fragen Wie kann bei einer durch die Handlungsunfähigkeit des Vollmachtgebers aufschiebend bedingten Vorsorgevollmacht der Bedingungseintritt gegenüber dem Grundbuchamt durch öffentliche oder öffentlich-beglaubigte Urkunde nachgewiesen werden? Genügt insbes. eine unterschriftsbeglaubigte Bescheinigung des Arztes als Nachweis des Bedingungseintritts gegenüber dem Grundbuchamt?

III. Zur Rechtslage 1.

Rechtsprechung und Literatur

a) Grundsatz: Nachweis des Bedingungseintritts nur durch öffentliche Urkunde möglich (§ 29 Abs. 1 GBO) Nach § 29 Abs. 1 GBO soll eine Eintragung nur vorgenommen werden, wenn die Eintragungsbewilligung oder die sonstigen zu der Eintragung erforderlichen Erklärungen durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen werden (S. 1). Deutsches Notarinstitut • Gerberstraße 19 • 97070 Würzburg • Telefon (0931) 35576-0 • Fax (0931) 35576-225 email: [email protected] • internet: www.dnoti.de user/mr/pool/gutachten/11508.doc

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Andere Voraussetzungen der Eintragung bedürfen bei fehlender Offenkundigkeit des Nachweises durch öffentliche Urkunden; eine öffentlich beglaubigte Urkunde genügt insoweit nicht (S. 2). Die Vollmachtserteilung gehört zu den für den Eintragung erforderlichen Erklärungen und fällt mithin unter § 29 Abs. 1 S. 1 GBO. Der Nachweis der Vollmachtserteilung kann daher nur durch öffentliche oder öffentlich-beglaubigte Urkunden geführt werden (Demharter, GBO, 25. Aufl. 2005, § 29 GBO Rn. 10; Meikel/Brambring, Grundbuchrecht, 9. Aufl. 2004, § 29 GBO Rn. 44 ff; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 12. Aufl. 2004, Rn. 154). Ist die Vollmacht im Außenverhältnis aufschiebend bedingt erteilt – wie vorliegend – so muss dem Grundbuchamt nach § 29 Abs. 1 S. 2 GBO auch der Eintritt der aufschiebenden Bedingung durch öffentliche Urkunden nachgewiesen werden (KG OLGE 10, 84; OLG Frankfurt, DNotI-Report 1995, 212 = OLG-Report 1995, 255 = MittRhNotK 1996, 53 = NJW-RR 1996, 529 = Rpfleger 1996, 151; Demharter, § 29 GBO Rn. 15; KEHE/Herrmann, Grundbuchrecht, 6. Aufl. 2006, § 29 GBO Rn. 30; Knothe, in: Bauer/v. Oefele, GBO, 2. Aufl. 2006, § 29 GBO Rn. 50; Meikel/Brambring, § 29 GBO Rn. 95; Schöner/Stöber, Rn. 156). b) OLG Köln: Bedingung der Geschäftsunfähigkeit kann nicht durch öffentliche Urkunde nachgewiesen werden Ist der Eintritt der Geschäftsunfähigkeit Bedingung, so kann dies nicht durch öffentliche Urkunden nachgewiesen werden. Dies entschied das OLG Köln in jüngster Zeit am Sachverhalt einer Vorsorgevollmacht, die erteilt worden war „für den Fall, dass ich infolge einer körperlichen und/oder geistigen Erkrankung in meiner Entscheidungsfähigkeit zeitweise oder dauernd eingeschränkt bin, so dass ich meine Angelegenheit nicht mehr selbst regeln kann oder will“. Dies legte das OLG Köln als aufschiebende Bedingung aus. Der Bedingungseintritt wäre dem Grundbuchamt in der Form des § 29 Abs. 1 GBO nachzuweisen gewesen. Die von den Beteiligten dem Grundbuchamt vorgelegte Bescheinigung eines Arztes für Allgemeinmedizin genügte diesen Anforderungen nicht: „Vielmehr bedarf der Eintritt der Bedingung, unter der die in Rede stehende Vollmacht erteilt ist, nämlich der Verlust oder die erhebliche Einschränkung der Entscheidungsfähigkeit der Vollmachtgeberin, als eine „andere Voraussetzung der Eintragung“ i. S. v. § 29 Abs. 1 Satz 2 GBO des Nachweises durch eine öffentliche Urkunde, und kann deshalb durch eine Erklärung eines Arztes nicht geführt werden.“ (Unterstreichung durch das DNotI) (OLG Köln, Beschl. v. 10.4.2007 – 2 Wx 20/07, DNotI-Report 2007, 197 = FGPrax 2007, 102 = NotBZ 2007, 333 = OLGR 2007, 612 = RNotZ 2007, 483 = ZEV 2007, 492 m. Anm. Müller) Ähnlich hatte das OLG Frankfurt entschieden, dass der Bedingungseintritt nicht durch eine Notarbestätigung in der Form des § 29 GBO nachgewiesen werden kann, wenn die Löschung einer zugunsten eines Bauträgers eingetragenen Höchstbetragssicherungshypothek unter der Bedingung bewilligt worden war, dass es zu einer „Verzögerung oder Stille-

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gung der Arbeiten an der Baustelle ab dem ... um mehr als drei Wochen gemäß dem verbindlichen Zeitplan und den darin genannten Zeitvorgaben“ kommt (OLG Frankfurt, Beschl. v. 29.8.1995 - 20 W 351/95; DNotI-Report 1995, 212 = MittRhNotK 1996, 53 = NJW-RR 1996, 529 = OLG-Report 1995, 255 = Rpfleger 1996, 151). Denn auch wenn die Erklärung des Arztes (bzw. im Fall des OLG Frankfurt die Bestätigung des Notars) in Form einer öffentlichen Urkunde abgegeben wurde, begründet dies lediglich Beweis, dass die Erklärung von dem Arzt (oder Notar) abgegeben wurde. Die formelle Beweiskraft des § 415 ZPO erstreckt sich aber nicht darauf, dass die Erklärung auch inhaltlich richtig ist; dies unterliegt vielmehr der freien Beweiswürdigung nach § 286 ZPO (BGH, Beschl. v. 14.8.1986 - 4 StR 400/86, BB 1986, 2017 = DNotZ 1987, 441 = JZ 1987, 522 = NStZ 1986, 550; OLG Hamburg, Urt. v. 5.6.1998 - 1 U 104/97, MDR 1999, 375 = OLG-Report 1998, 439; ebenso zur Beweiskraft privatschriftlicher Urkunden: BGH, Urt. v. 24.6.1993 - IX ZR 96/92, BB 1993, 1911 = MDR 1993, 1119 = NJW-RR 1993, 1379 = WM 1993, 1801 = ZIP 1993, 1170; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 66. Aufl. 2008, § 415 ZPO Rn. 8; MünchKomm-ZPO/Schreiber, 3. Aufl. 2008. § 415 ZPO Rn. 27; Musielak/Huber, ZPO, 5. Aufl. 2007, § 415 ZPO Rn. 10; Reichhold, in: Thomas/Putzo, ZPO, 26. Aufl. 2007, § 415 ZPO Rn. 5; Zöller/Geimer, 26. Aufl. 2007, § 415 ZPO Rn. 5; Staudinger/Hertel, BGB, 2004, Vor §§ 127a/128 BGB Rn. 702). Eine lediglich aus freier Beweiswürdigung gewonnene Überzeugung, die sich nicht aus dem Nachweis durch die öffentliche Urkunde selbst ergibt, genügt für § 29 Abs. 1 S. 2 GBO nicht. Unter zustimmender Kommentierung der Entscheidung des OLG Köln stellt daher Renner fest, dass mit einer aufschiebenden Bedingung der Geschäftsunfähigkeit oder Betreuungsbedürftigkeit, versehene Vorsorgevollmachten mit erheblichen praktischen Problemen verbunden sind und daher weitgehend „von der notariellen Bildfläche“ verschwunden sind (Renner, in: Müller/Renner, Betreuungsrecht und Vorsorgeverfügung in der Praxis, 2. Aufl. 2008, Rn. 252). c) Ärztliches Attest als Bedingung Davon zu unterscheiden ist, wenn die Vollmacht nicht durch den tatsächlichen Eintritt der Geschäfts- oder Handlungsunfähigkeit bedingt ist, sondern nur vom Vorliegen einer entsprechenden ärztlichen Bescheinigung. Diese Bedingung wird teilweise von der Literatur empfohlen (Bauer/Klie, Patientenverfügungen/Vorsorgevollmachten – richtig beraten?, 2. Aufl. 2005, S. 57 f, 35; Klie/Bauer FBR 2004, 671, 673; Winkler, Vorsorgeverfügungen, 2. Aufl. 2005, S. 49). Deutlich skeptischer schreibt Renner: „In der Fachliteratur wird gelegentlich empfohlen, die Wirksamkeit der Vollmacht von der gleichzeitigen Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung über die fehlende Geschäfts- und/oder Handlungsfähigkeit abhängig zu machen. Eine „….gerechte“ Empfehlung und praxistaugliche Lösung ist auch das nicht. Allerdings stellen sich die Probleme etwas anders, wenn nicht an den Geschäftsunfähigen selbst, sondern an eine diesbezügliche Bescheinigung angeknüpft wird.“ (Renner, in: Müller/Renner, Rn. 254).

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In der Rechsprechung ist zu einem derartigen Sachverhalt lediglich eine Entscheidung des OLG Koblenz ersichtlich, in der ein Beteiligter einen anderen dazu bevollmächtigt hatte, ihn in Vermögensangelegenheiten zu vertreten, sofern ein ärztliches Attest mit bestimmten Inhalt vorgelegt wird. Das OLG Koblenz hatte sich aber mit der Frage nicht zu befassen, wie der Bedingungseintritt jedenfalls im Grundbuchverfahren nachzuweisen wäre, da es nicht um eine Grundbucheintragung ging und da unstreitig ein derartiges Attest auch gar nicht vorgelegt worden war (OLG Koblenz, Urt. v. 8.3.2007 – 5 U 1153/06, FamRZ 2007, 1190 = OLGR 2007, 404 = RNotZ 2007, 270 = WM 2007, 1785 = ZEV 2007, 595 m. Anm. Müller). In ihrer Entscheidungsanmerkung weist Müller insbes. auf das Problem hin, ob der Bevollmächtigte später tatsächlich eine solche ärztliche Bescheinigung erlangen kann (Müller, ZEV 2007, 596). Ist Bedingung nur das Vorliegen einer ärztlichen Bescheinigung mit einem entsprechenden Inhalt, so könnte dies gegenüber dem Grundbuchamt in der Form des § 29 Abs. 1 GBO durch eine Unterschriftsbeglaubigung unter der Erklärung des Arztes oder die Aufnahme der Erklärung zu notarieller Niederschrift nachgewiesen werden. Damit wäre allerdings noch nicht die Eigenschaft des Erklärenden als Arzt nachgewiesen. Dieser Nachweis könnte wohl allenfalls durch eine gesiegelte Erklärung der Landesärztekammer erbracht werden, dass der Betreffende als Arzt approbiert ist. Insbesondere in kleineren Gemeinden könnte man auch erwägen, ob die Stellung als Arzt dem Grundbuchamt offenkundig ist. Der Nachweis der Eigenschaft als Arzt ist auch entbehrlich, wenn die Vorsorgevollmacht an die Erklärung bestimmter, namentlich bezeichneter Personen anknüpft (z.B. von Ärzten); dann ist die Vollmacht allerdings unbrauchbar, wenn die Bezeichneten entweder nicht mehr in der Lage oder nicht willens sind, die entsprechende Erklärung (in unterschriftsbeglaubigter Form) abzugeben.

2.

Vorliegender Sachverhalt

a) Handlungsunfähigkeit oder nur ärztliche Bescheinigung als Bedingung? Im vorliegenden Sachverhalt ist die Bedingung jedenfalls auch von einer entsprechenden ärztlichen Bescheinigung abhängig gemacht. Allerdings nach dem Wortlaut nicht ganz eindeutig, ob die Vorsorgevollmacht unter der doppelten aufschiebenden Bedingung steht, dass einerseits der Vollmachtgeber tatsächlich handlungsunfähig ist und andererseits unter der formellen Bedingung, dass dies durch eine ärztliche Bescheinigung oder eine handschriftliche Bestätigung des Beteiligten belegt ist – oder ob insgesamt eine solche formelle Bestätigung ausreicht und mit dem ersten Satzteil lediglich der Inhalt der Bestätigung vorgegeben wird. Dies ist eine Frage der Auslegung. Hält man danach eine formelle Bestätigung für ausreichend – wofür das Interesse des Vollmachtgebers an einer auch praktisch verwendbaren Vollmacht spricht, so wäre der Bedingungseintritt durch eine ärztliche Bescheinigung nachweisbar, sofern auch die Eigenschaft als Arzt durch öffentliche Urkunden nachgewiesen oder dem Grundbuchamt offenkundig ist.

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Was den Vollzug der Urkunde betrifft, könnte der Urkundsnotar ggf. versuchen, vor der Beurkundung mit dem Grundbuchamt abzuklären, ob der zuständige Rechtspfleger diese Auslegungsfrage ebenso bewertet und ob er daher das vorliegende Attest, sofern es unterschriftsbeglaubigt wird, als ausreichenden Nachweis des Bedingungseintritts ansieht. Damit lässt sich aber allenfalls die Vollziehbarkeit der Urkunde vorab abklären, nicht aber deren tatsächliche Wirksamkeit, falls ein mit der Sache befasstes Gericht später auch die tatsächliche Handlungsunfähigkeit erfordern würde und feststellen würde, dass diese bei Vollmachtsgebrauch nicht vorlag. Wenn hingegen – entsprechend der ersten Auslegungsmöglichkeit - auch die materielle Handlungsunfähigkeit nachzuweisen ist, so ist ein Nachweis durch öffentliche Urkunde nicht möglich. Man kann dann auch nicht den zweiten Teil der Bedingung als rechtsgeschäftliche Bestimmung des Beweisverfahrens bewerten. Denn § 29 GBO enthält eine für das Grundbuchverfahren zwingende Beweismittelbeschränkung (Demharter, § 29 GBO Rn. 1 ff.; Schöner/Stöber, Rn. 152 f.). Eine rechtsgeschäftliche Bestimmung, wie der Bedingungseintritt nachzuweisen sei, hat damit für das Grundbuchverfahren keine Wirkung. b) Auslegung der ärztlichen Bescheinigung Die zweite durch den Sachvrehalt aufgeworfene Auslegungsfrage ist, ob der Inhalt der ärztlichen Bescheinigung ausreicht. Bedingung der Vorsorgevollmacht ist, dass der Vollmachtgeber „entweder aus gesundheitlichen oder aus anderen Gründen nicht in der Lage sind, die entsprechenden Erklärungen abzugeben“. Die ärztliche Bescheinigung bescheinigt demgegenüber, dass der Patient „aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage ist, ein Notariat oder eine Anwaltskanzlei aufzusuchen und auch nicht mehr in der Lage ist, Unterschriften zu leisten.“ Dies ist zwar spezieller als die in der Vorsorgevollmacht genannte Bedingung, genügt aber u. E. deren Anforderungen. Man könnte allerdings dies allerdings auch anders auslegen, wenn man die ärztliche Bescheinigung als – entsprechend ihres Wortlauts - nur auf die Unmöglichkeit der Fortbewegung und der Unterschriftsleistung bezogen ansieht. Denn dann wäre eine Beurkundung bzw. Unterschriftsbeglaubigung möglich, wenn der Notar zu einem Auswärtstermin zu dem Beteiligten kommt und für diesen ein Schreibzeuge unterschreibt (§ 25 BeurkG).

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