FOKUS: GESUNDHEIT Analyse der ambulanten medizinischen Versorgung Kreisfreie Stadt Offenbach am Main
Analyse der ambulanten medizinischen Versorgung in der Stadt Offenbach
Inhalt Vorwort ...................................................................................................................... 4 0.
Im Fokus............................................................................................................. 5
1.
Regionale Entwicklung ..................................................................................... 6
1.1
Bevölkerungsentwicklung .......................................................................................... 6
1.2
Zukunftschancen der Region: der Prognos Zukunftsatlas .......................................... 8
2.
Medizinische Versorgung - Wo stehen wir heute? ....................................... 10
2.1
Planzahlen der Bedarfsplanung ............................................................................... 10
2.2
Stand der hausärztlichen Versorgung ...................................................................... 12
2.3
Stand der allgemeinen fachärztlichen Versorgung ................................................... 13
2.3.1
Augenärztliche Versorgung .................................................................................................. 14
2.3.2
Chirurgische Versorgung ..................................................................................................... 14
2.3.3
Frauenärztliche Versorgung ................................................................................................. 15
2.3.4
Hautärztliche Versorgung ..................................................................................................... 15
2.3.5
HNO-ärztliche Versorgung ................................................................................................... 16
2.3.6
Kinderärztliche Versorgung .................................................................................................. 16
2.3.7
Nervenärztliche Versorgung................................................................................................. 17
2.3.8
Orthopädische Versorgung .................................................................................................. 17
2.3.9
Psychotherapeutische Versorgung ...................................................................................... 18
2.3.10 Urologische Versorgung ...................................................................................................... 18
3.
Demographie der Ärzteschaft ........................................................................ 19
3.1
Altersstruktur der Ärzteschaft ................................................................................... 19
3.2
Nachfolgebedarf der Ärzteschaft .............................................................................. 22
4.
Aktivitäten für die zukünftige Sicherstellung der Versorgung .................... 24
4.1
Weiterbildung wird groß geschrieben ....................................................................... 24
4.2
Ansiedlungsförderung in der Stadt Offenbach .......................................................... 25
4.3
Förderung Famulatur / Praktisches Jahr .................................................................. 26
4.4
Gründer- und Abgeberforum .................................................................................... 26
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4
Vorwort Während die Medizinerdichte steigt – zuletzt waren es 4,1 praktizierende Ärzte pro 1.000 Einwohner – sucht eine steigende Zahl von Haus- und Fachärzten in der wohnortnahen Grundversorgung Nachfolger für ihre alteingesessenen Praxen auf dem Land. Immer öfter erhalten sie dabei auch politische Unterstützung aus der Region. Aber wo sind sie, die neuen Ärzte, die das Land braucht? Auffällig ist, dass sich immer mehr Hausund Fachärzte in den Großstädten tummeln. Beliebte Orte für eine Niederlassung sind pulsierende Städte wie Berlin, München, Hamburg oder auch Frankfurt. Kurzum: Die große Mehrheit der berufstätigen Ärzte lebt und praktiziert in den Ballungsgebieten. Auch den Medizinernachwuchs zieht es verstärkt in die Metropolen, also dorthin, wo auch außerhalb der Praxis etwas geboten wird. Nicht umsonst ist die sogenannte Work-Life-Balance in aller Munde – auch bei Ärzten. Das gilt insbesondere für den steigenden Anteil junger Ärztinnen, die neben ihrer ärztlichen Tätigkeit eine Familie gründen möchten. Schwierige Nachfolgersuche Und wie sieht es in den ländlichen Gebieten aus, wenn immer mehr Mediziner den Weg in die Stadt suchen? Die Situation ist zumindest nicht einfach. Insbesondere im hausärztlichen Bereich, in dem rund ein Drittel der Ärzte mindestens 60 Jahre alt ist, gestaltet sich die Suche nach möglichen Praxisnachfolgern immer schwieriger. Denn zum einen hält die heranwachsende Medizinergeneration das Leben auf dem Land für wenig attraktiv und zum anderen können sich immer weniger Medizinstudierende und junge Ärzte überhaupt eine Tätigkeit als Allgemeinmediziner bzw. Hausarzt vorstellen. Dabei ist ärztlicher Nachwuchs in den kommenden Jahren vor allem abseits der großen Städte sowie im hausärztlichen Bereich und bei den grundversorgenden Facharztdisziplinen dringend notwendig. Vielleicht Liebe auf den zweiten Blick Die KV Hessen versucht verstärkt, Studierende an den Universitäten in Hessen und Nachwuchsärzte für die Allgemeinmedizin sowie den Raum außerhalb der großen, städtischen Zentren zu begeistern. Dazu haben wir bereits vor drei Jahren die Kampagne „Arzt in Hessen – Sei Arzt. In Praxis. Leb Hessen.“ ins Leben gerufen. Die neue Publikation „Fokus: Gesundheit“ analysiert nun gezielt die ambulante medizinische Versorgung in den 26 Landkreisen und kreisfreien Städten Hessens. Dabei richten wir den Blick nicht nur auf die aktuelle Lage, sondern ergänzen diesen mittels demografischer Daten und den Ergebnissen der Prognos-Zukunftsatlanten. Das Thema Stärkung der hausärztlichen und grundversorgenden fachärztlichen Versorgung außerhalb der Ballungsgebiete ist Gegenstand verschiedener Förderaktivitäten. Auch viele Gebietskörperschaften haben sich auf den Weg gemacht und Initiativen ins Leben gerufen, um kooperative Strukturen zu stärken und die Vorzüge einer Niederlassung in ihrer Region herauszustellen. Eine Übersicht der Maßnahmen findet sich in den letzten beiden Kapiteln. Wir wünschen Ihnen eine anregende Lektüre, Ihre KV Hessen Frankfurt, im September 2016
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5
0. Im Fokus Offenbach am Main ist mit insgesamt 123.734 Einwohnern (Stand 31.12.2015) die fünftgrößte Stadt Hessens und eines von zehn Oberzentren. Die kreisfreie Stadt liegt im Rhein-Main-Gebiet und grenzt nahtlos an Frankfurt am Main, mit der Offenbach über den Regionalverband FrankfurtRheinMain kooperativ verbunden ist. Offenbach befindet sich am südlichen sowie südöstlichen Ufer des Mains am Mainbogen, gegenüber den Frankfurter Stadtteilen Ostend und Fechenheim und östlich der Frankfurter Stadtteile Oberrad und Sachsenhausen. Offenbach grenzt im Westen und Norden an Frankfurt am Main, im Nordosten an die Stadt Maintal (Main-Kinzig-Kreis), im Osten an die Städte Mühlheim am Main und Obertshausen (beide Landkreis Offenbach), sowie im Süden an die Städte Heusenstamm und Neu-Isenburg (beide Landkreis Offenbach). Das Stadtgebiet von Offenbach am Main gliedert sich in neun Stadtteile: Bieber, Bürgel, Kaiserlei, Lauterborn, Mathildenviertel, Rosenhöhe, Rumpenheim, Tempelsee und Waldheim. Offenbach zog und zieht Einwanderer verschiedener Nationalitäten an. Im Dezember 2015 betrug der Anteil von Bürgern ohne deutsche Staatsangehörigkeit an der Gesamtbevölkerung 37%. Die Stadt hat damit prozentual den höchsten Ausländeranteil aller deutschen Städte. In der Bevölkerung sind 152 verschiedene Nationalitäten vertreten. Im Dezember 2015 betrug der Anteil der Bevölkerung mit Migrationshintergrund 59,5%. Laut Feststellung des Landesausschusses vom 28.04.2016 sind in der hausärztlichen Versorgung keine Neuniederlassungen möglich. Es besteht eine statistische Überversorgung. Ebenso stellt sich dies in der wohnortnahen fachärztlichen Versorgung dar. Hier gelten alle Fachgruppen statistisch als überversorgt. Der höchste Versorgungsgrad ist mit mehr als 283% für die Psychotherapie festzustellen. Der niedrigste Versorgungsgrad besteht bei den Kinderärzten mit 110%. Das Durchschnittsalter der Hausärzte liegt bei 55 Jahren und bei den Fachärzten bei 54 Jahren. Trotz des heute recht niedrigen Durchschnittsalters ist im Hinblick auf das Jahr 2030 mit einem erheblichen Nachbesetzungsdarf zu rechnen. Bei den grundversorgenden Fachärzten ist ein besonderes Augenmerk auf die Fachgruppe der Kinderärzte und der Nervenärzte/Neurologen zu richten. Erfahrungsgemäß lassen sich Arztsitze in Stadtgebieten und gerade in Oberzentren gut nachbesetzen, so dass sich hier in der Regel keine Nachfolgeproblematik einstellt. Die KV Hessen bietet in Kooperation mit einer Vielzahl von verschiedenen Gesundheitsakteuren, unter anderem im Rahmen des Hessischen Pakts, Maßnahmen zur Sicherstellung der ärztlichen Versorgung an. Hierbei zu nennen sind die Weiterbildungsverbünde, das Gründer- und Abgeberforum, sowie die Ansiedlungsförderung und die Famulaturförderung speziell für ländliche Regionen.
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1. Regionale Entwicklung 1.1
Bevölkerungsentwicklung
Quelle:
Datenmaterial: Hessisches Statistisches Landesamt, Wiesbaden, 2016 - Bevölkerung 2014 und 2030 in den kreisfreien Städten und Landkreisen nach Altersgruppen sowie Durchschnittsalter der Bevölkerung; Diagramm: Eigendarstellung Kassenärztliche Vereinigung Hessen
Aufgrund einer Prognose des Statistischen Landesamtes in Hessen wird sich die Bevölkerung in der Stadt Offenbach wie folgt entwickeln: Die Alterszusammensetzung wird relativ konstant bleiben, es sind keine großen Verschiebungen zu erkennen. Positiv ist, dass der Anteil der Bevölkerung unter 20 Jahren, entgegen der allgemeinen Erwartungen des demografischen Wandels, in Offenbach voraussichtlich leicht zunehmen wird.
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Quelle:
Datenmaterial: Hessisches Statistisches Landesamt, Wiesbaden, 2016 - Regionale Bevölkerungsvorausberechnung 2014 – 2030, Bevölkerungsentwicklung in den kreisfreien Städten und ; Landkreisen; Diagramm: Eigendarstellung Kassenärztliche Vereinigung Hessen
Ausgehend vom Bevölkerungsstand im Jahr 2014 wird nach Angaben des Statistischen Landesamtes in Hessen die Bevölkerungszahl in der kreisfreien Stadt Offenbach im Jahr 2030 um 9,3% steigen (Hessen + 4,4%; Zunahme von 6.093.888 Einwohner auf 6.363.757 Einwohner). In Bezug auf die Raumordnungsregion Rhein-Main wird damit in Offenbach nach Frankfurt der zweitstärkste Bevölkerungsanstieg erwartet.
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1.2
Zukunftschancen der Region: der Prognos Zukunftsatlas
Erläuterung und Zusammensetzung Der Prognos Zukunftsatlas ermittelt die Zukunftschancen und –risiken aller 402 Kreise und kreisfreien Städte Deutschlands. Die Zukunftsatlanten aus den Jahren 2004, 2007, 2010, 2013 und 2016 stellen das einzige deutschlandweite Ranking dar, das regionale Entwicklungen über mehr als 10 Jahre konsistent sichtbar macht. Die Zukunftsperspektiven der Regionen werden in Anlehnung an zahlreiche Erkenntnisse aus Wissenschaft und Forschung anhand eines Zukunftsindex bestimmt. Der Index beruht auf insgesamt 29 makro- und sozioökonomischen Indikatoren aus den vier Bereichen Demografie, Wohlstand und Soziale Lage, Arbeitsmarkt, Wettbewerb und Innovation. Stärke im Status-quo
Dynamik
Demografie
Fertilitätsrate Anteil Junge Erwachsene
Bevölkerungsentwicklung Wanderungssaldo Junge Erwachsene
Arbeitsmarkt
Arbeitsplatzdichte Arbeitslosenquote Anteil Tertiärbeschäftigung Anteil Hochqualifizierte Schulabbrecherquote Unbesetzte Ausbildungsstellen BIP je Beschäftigten Gründungsintensität FuE-Personal in der Wirtschaft Investitionsquote der Industrie Patentintensität Beschäftigte in den dt. Zukunftsfeldern Anzahl der Top 500 Unternehmen Kaufkraft Kriminalitätsrate Kommunale Schuldenlast Anteil der in Bedarfsgemeinschaften lebenden Personen
Veränderung Arbeitslosenquote Veränderung Anteil Hochqualifizierter
Veränderung BIP Veränderung Gründungsintensität Veränderung FuE-Personal Veränderung Gesamtbeschäftigung
Veränderung des Anteils der in Bedarfsgemeinschaften lebenden Personen
Wettbewerb & Innovation
Wohlstand & soziale Lage
Quelle:
Prognos Zukunftsatlas 2016, www.prognos.com/zukunftsatlas
Im Prognos Zukunftsatlas 2016 wurde der Digitalisierungskompass neu eingeführt. Er misst den Stand der Digitalisierung von Wirtschaft und Arbeitsmarkt anhand der folgenden drei Indikatoren: Anteil digitaler Impulsgeber an der Gesamtbeschäftigung, Anzahl der IT-Gründungen je 10.000 Erwerbstätige (2011-2014) und dem Anzeigenindex der digitalisierungsbezogenen Stellenausschreibungen. Im Folgenden werden die Daten des Prognos Zukunftsatlas aus den Jahren 2004, 2007, 2010, 2013 und 2016 für die kreisfreie Stadt Offenbach sowie für die Rhein-Main Region dargestellt.
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Stadt Offenbach Prognos Zukunftsatlas: Entwicklung über die Zeit Offenbach 2004
2007
2010
2013
2016
Dynamik
11
374
122
147
64
Stärke
60
83
103
235
287
Demografie
10
22
12
4
6
Arbeitsmarkt
43
288
69
169
155
Wettbewerb & Innovation
18
54
51
131
154
Wohlstand & soz. Lage
395
417
377
395
398
Digitalisierung
****
Gesamt
28
172
97
211
238
Zukunftschancen
3
5
4
5
5
Rhein-Main Prognos Zukunftsatlas 2016: Ergebnisübersicht Gesamtranking (jeweiliger Rang von insgesamt 402 kreisfreien Städten und Kreisen)
Wetteraukreis
RheingauTaunusKreis
Offenbach
181
216
219
64
61
110
142
155
287
31
154
180
218
254
6
3
41
54
161
113
119
155
23
41
47
65
90
210
216
154
368
41
10
304
159
193
152
121
398
Digitalisierung
*****
*****
*****
****
****
***
***
***
****
Gesamt
10
13
15
48
57
118
151
165
238
2
2
3
3
4
5
5
5
Frankfurt
MainHochTaunus- taunusKreis kreis
Wiesbaden
MainLK OfKinzigfen-bach Kreis
Dynamik
6
34
35
168
47
Stärke
15
10
11
31
Demografie
16
189
263
Arbeitsmarkt Wettbewerb & Innovation Wohlstand & soz. Lage
6
12
10
Zukunftschancen 1
Regionen und ihre Zukunftschancen 1: beste Chancen 2: sehr hohe Chancen 3: hohe Chancen 4: leichte Chancen
5: ausgeglichene Chancen/Risiken 6: leichte Risiken 7: hohe Risiken 8: sehr hohe Risiken
Digitalisierung als Chance für die Regionen *****+: hervorragend ***: gut *****: ausgezeichnet **: weniger gut ****: sehr gut *: schlecht Grüne Zahl: Höchstwert in Kategorie Rote Zahl: Tiefstwert in Kategorie
Im Vergleich mit der Raumordnungsregion Rhein-Main erreicht die Stadt Offenbach in der Gesamtkategorie die schlechteste Platzierung (im Gesamtranking den Rang 238 von 402). In 2004 hat die Stadt Offenbach im Prognos Zukunftsatlas noch sehr gute Ränge erreicht und wurde als Stadt mit hohen Chancen bewertet. In den folgenden Prognos Zukunftsatlanten verschlechterten sich die Platzierungen vor allem in den Bereichen Stärke, Wettbewerb und Innovation zunehmend. Analyse der ambulanten medizinischen Versorgung in der Stadt Offenbach
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2. Medizinische Versorgung - Wo stehen wir heute? 2.1
Planzahlen der Bedarfsplanung
Die Versorgungsdichte wird anhand vorgegebener Verhältniszahlen (Arzt-Einwohner-Relation) je Arztgruppe gemessen. Die Hausärzte werden im Rahmen der Bedarfsplanung auf Mittelbereichsebene beplant. Eine Überversorgung ist in einem Planungsbereich ab einem Versorgungsgrad von 110% 1 gegeben . Die Grundlage bildet hierfür die Bedarfsplanung. Diese basiert auf der BedarfsplanungsRichtlinie, von deren Regelungen nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden darf. Zuletzt wurde am 28.04.2016 auf Grundlage des Arztbestandes vom 01.03.2016 durch den Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen in Hessen (LA) ein Beschluss zur Feststellung von Über- und Unterversorgung in Hessen gefasst.
Hausärzte Hausärztliche Versorgungsebene Mittelbereich Offenbach Quelle:
Versorgungsgrad in %
111,68
Eigene Darstellung anhand der Ergebnisse des Beschlusses des Landesausschusses vom 28.04.2016; Arztbestand 01.03.2016
In der hausärztlichen Versorgung bildet nicht allein die Stadt Offenbach einen Planungsbereich. Neben Mühlheim wird auch Maintal gemeinsam mit Offenbach beplant. Diese Zusammensetzung folgt den Zuschnitten aus der Raumordnungsplanung des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR), die für die ärztliche Planung herangezogen wurde. Bei einer Betrachtung des Planungsbereichs Offenbach ist nach aktuellem Stand mit einem Versorgungsgrad von knapp über 110% eine rechnerische Überversorgung festzustellen. Etwas anders stellt es sich dar, wenn man fiktiv die Versorgungslage in den einzelnen Stadtteilen berechnet. Ausgehend von der allgemeinen Verhältniszahl von 1.671 Einwohnern je Arzt, die im Rahmen der regulären Bedarfsplanung zu Grunde gelegt wird, ist erkennbar, dass in einigen Stadtteilen der Stadt Offenbach eine Eigenversorgung nicht stattfinden kann. So kommen in Rumpenheim im Schnitt 2.645 Menschen auf einen Hausarzt. Es ist also davon auszugehen, dass die angrenzenden Stadtteile eine Mitversorgung übernehmen.
1
Als Anhaltspunkt für Unterversorgung gilt laut Bedarfsplanungs-Richtlinie bei Hausärzten ein Versorgungsgrad von unter 75 % und bei Fachärzten ein Versorgungsgrad von unter 50 %. Jedoch bedarf es einer gesonderten Feststellung der Unterversorgung durch den Landesausschuss.
Analyse der ambulanten medizinischen Versorgung in der Stadt Offenbach
11
Stadtteil
Fiktiver Einwohner Angepasste Verhältnis 2 1 Anzahl VA 3 Versorgungsgrad Arzt/Einwohner Verhältniszahl je Stadtteil in %
Stadt Offenbach Bieber
15.647
13,00
1.204
1.739
144,48
Bürgel
10.033
5,00
2.007
1.739
86,66
Rumpenheim
5.289
2,00
2.645
1.739
65,76
Tempelsee
4.820
2,00
2.410
1.739
72,16
97.283
59,75
1.628
1.739
106,81
Übriges Stadtgebiet 4
Hinweis: Die Angaben in dieser Tabelle werden gemäß Bedarfsplanungs-Richtlinie, jedoch ohne Übernahmepraxen (=Praxen, die nicht besetzt sind und sich aktuell in einem Ausschreibungsverfahren befinden) dargestellt. Die Zuordnung der Praxisstandorte erfolgt über die Auswertung der Ortskennzahlen. Dabei können im Randbereich in Einzelfällen Zuordnungsprobleme auftreten, da Abweichungen zwischen den Grenzen der Stadtbezirke und den Grenzen der Stadtteile nicht auszuschließen sind. 1 Quelle: offenbach.de; Stand 30.09.2016; Zählung nach statistischen Bezirken und nicht nach Stadtteilen 2 VA = Versorgungsaufträge, Stand: 01.03.2016 3 = Ausgehend von der im Rahmen der Bedarfsplanung anzunehmenden allgemeinen Verhältniszahl von 1.671 Einwohnern je Versorgungsauftrag ergibt sich bei Multiplikation mit dem Demographiefaktor auf Ebene der Stadt Offenbach die dargestellte angepasste Verhältniszahl 4 Übriges Stadtgebiet besteht aus den Stadtbezirken Bachschule, Bieberer Berg, Friedrichsweiher, Hochschule für Gestaltung, Kaiserlei, Klinikum OF, Lauterborn, Ledermuseum, Lichtenplatte, Mathildenschule, Messehalle, Mühlheimer Str., Rosenhöhe, Waldheim und Wilhelmschule
Analyse der ambulanten medizinischen Versorgung in der Stadt Offenbach
12
2.2
Stand der hausärztlichen Versorgung Sowohl in der nebenstehenden als auch in den folgenden Grafiken werden anhand von Fähnchen die Praxisstandorte der Niedergelassenen in den Städten des Mittelbereiches 2 Offenbach gekennzeichnet . Eine Konzentration von Hausärzten ist in der Stadt Offenbach, z.B. im Stadtbezirk Hochschule für Gestaltung sowie 3 Mathildenschule , deutlich zu erkennen. Auffällig ist, dass im Süden von Offenbach keine Hausärzte angesiedelt sind. Eine Zuordnung der hausärztlichen Praxisstandorte zu einem Stadtbezirk erfolgte annäherungsweise.
Aus der nebenstehenden Grafik geht der Anteil der Hausärzte über 55 Jahre bezogen auf die einzelnen Städte im Mittelbereich Offenbach hervor. Es zeigt sich, dass der Anteil der Hausärzte über 55 Jahre in den Städten Maintal und Mühlheim unter 50% liegt, während in der Stadt Offenbach der Anteil der über 55jährigen Hausärzte über 50% liegt.
2
Es ist zu beachten, dass sich hinter einem Fähnchen mehrere Ärztinnen und Ärzte befinden können, die beispielsweise am gleichen Standort vertragsärztlich tätig sind. 3 Die Stadtbezirke Bachschule, Bieberer Berg, Friedrichsweiher, Hochschule für Gestaltung, Kaiserlei, Klinikum OF, Lauterborn, Ledermuseum, Lichtenplatte, Mathildenschule, Messehalle, Mühlheimer Str., Rosenhöhe, Waldheim und Wilhelmschule werden in diesem Fall als übriges Stadtgebiet zusammengefasst.
Analyse der ambulanten medizinischen Versorgung in der Stadt Offenbach
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2.3
Stand der allgemeinen fachärztlichen Versorgung
Allgemeine fachärztliche Versorgungsebene Versorgungsgrad Fachgruppen in % Augenärzte 121,28 Chirurgen 175,87 Frauenärzte 124,64 Hautärzte 128,68 HNO-Ärzte 118,15 Kinderärzte 110,34 Nervenärzte 131,21 Orthopäden 131,90 Urologen 153,27 Psychotherapeuten 283,33 Quelle:
Die mit Beschluss des Landesausschusses vom 28.04.2016 festgestellten Versorgungsgrade weisen für alle Fachgruppen Werte von über 110% auf. Es ist jedoch davon auszugehen, dass sich das Zukunftsbild aufgrund des recht hohen Durchschnittsalters der Ärzte und der Nachwuchsproblematik langfristig ändern wird.
Eigene Darstellung anhand der Ergebnisse des Beschlusses des Landesausschusses vom 28.04.2016; Arztbestand 01.03.2016
Eine Betrachtung der Altersverteilung der Ärzte in der allgemeinen fachärztlichen Versorgung (alle Fachgruppen) zeigt, dass in Offenbach der Anteil der über 55-jährigen Fachärzte unter 50% liegt.
Im Folgenden wird die jeweilige Sitzverteilung für die einzelnen Facharztgruppen in der Stadt Offenbach dargestellt.
Analyse der ambulanten medizinischen Versorgung in der Stadt Offenbach
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2.3.1 Augenärztliche Versorgung Die Praxisstandorte der elf Augenärzte konzentrieren sich auf die Innenstadt von Offenbach.
2.3.2 Chirurgische Versorgung Die Standorte der neun Chirurgen in Offenbach konzentrieren sich ebenso auf das Stadtzentrum im Südosten.
Analyse der ambulanten medizinischen Versorgung in der Stadt Offenbach
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2.3.3 Frauenärztliche Versorgung Die Praxisstandorte der 23 Frauenärzte in Offenbach verteilen sich auf die Stadtteile Bieber, Bürgel und Rumpenheim. Eine Konzentration der Frauenärzte lässt sich erwartungsgemäß besonders in der Innenstadt feststellen.
2.3.4 Hautärztliche Versorgung Die sieben Hautärzte in Offenbach konzentrieren sich ausschließlich auf die Innenstadt.
Analyse der ambulanten medizinischen Versorgung in der Stadt Offenbach
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2.3.5 HNO-ärztliche Versorgung Derzeit gibt es in der Stadt Offenbach acht HNO-Ärzte, die sich im Stadtzentrum befinden.
2.3.6 Kinderärztliche Versorgung Die Praxisstandorte der zwölf Kinderärzte befinden sich in den Stadtteilen Bieber, Rumpenheim und in der Innenstadt.
Analyse der ambulanten medizinischen Versorgung in der Stadt Offenbach
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2.3.7 Nervenärztliche Versorgung In Offenbach sind zwölf Nervenärzte ansässig, die überwiegend in der Innenstadt tätig sind. Eine Praxis befindet sich im Stadtteil Bieber.
2.3.8 Orthopädische Versorgung Die Praxisstandorte der 13 Orthopäden in Offenbach befinden sich in der Innenstadt.
Analyse der ambulanten medizinischen Versorgung in der Stadt Offenbach
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2.3.9 Psychotherapeutische Versorgung Die Praxisstandorte der 144 Psychotherapeuten in der Stadt Offenbach konzentrieren sich vor allem auf die Innenstadt.
2.3.10 Urologische Versorgung Die sechs Urologen in Offenbach befinden sich ausschließlich in der Innenstadt.
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3. Demographie der Ärzteschaft 3.1
Altersstruktur der Ärzteschaft Das Durchschnittsalter der Hausärzte in Offenbach liegt bei ca. 55 Jahren.
Das Durchschnittsalter der allgemeinen Fachärzte (alle Fachgruppen) in der Stadt Offenbach liegt bei ca. 54 Jahren.
Analyse der ambulanten medizinischen Versorgung in der Stadt Offenbach
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Die Altersverteilung innerhalb der einzelnen Arztgruppen lässt sich den Grafiken auf den folgenden Seiten entnehmen. Erfreulich ist die Zahl der Ärzte unter 40 Jahren in den Fachgruppen der Hausärzte, Augenärzte und Psychotherapeuten. Gerade in der frauenärztlichen Versorgung ist auffällig, dass Ärzte ihre Tätigkeit über das 70. Lebensjahr hinaus ausüben.
Analyse der ambulanten medizinischen Versorgung in der Stadt Offenbach
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Analyse der ambulanten medizinischen Versorgung in der Stadt Offenbach
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3.2
Nachfolgebedarf der Ärzteschaft
Die folgenden Grafiken beschäftigen sich mit dem Nachfolgebedarf je Fachgruppe in der Stadt Offenbach in den dargestellten Jahresabschnitten. Ausgehend von einer Praxisabgabe im Alter von 65 Jahren werden bis zum Jahr 2030 voraussichtlich 57 Hausärzte mit 56,5 Versorgungsaufträgen ausscheiden. Bei den Fachärzten können bis zum Jahr 2025 mindestens die Hälfte der derzeit tätigen Frauen-, HNO-, Kinder- und Nervenärzte sowie Urologen ausscheiden, deren Stellen wiederbesetzt werden müssen.
Analyse der ambulanten medizinischen Versorgung in der Stadt Offenbach
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Analyse der ambulanten medizinischen Versorgung in der Stadt Offenbach
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4. Aktivitäten für die zukünftige Sicherstellung der Versorgung 4.1
Weiterbildung wird groß geschrieben Die Stadt Offenbach ist in der Weiterbildung aktiv. So werden zum Stand Juni 2016 insgesamt neun Weiterbildungskandidaten für das Fachgebiet der Allgemeinmedizin ausgebildet und gefördert. Ein Weiterbildungsverbund kümmert sich in Offenbach um die Verknüpfung zwischen der ambulanten und stationären Ausbildung. Weitere aktuelle Informationen finden Sie auf: www.allgemeinmedizin hessen.de
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4.2
Ansiedlungsförderung in der Stadt Offenbach
Zur Sicherung einer wohnortnahen, flächendeckenden medizinischen Versorgung in Hessen stellen die Kassenärztliche Vereinigung Hessen, die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen in Hessen für die Jahre 2015 bis längstens 2018 jährlich Haushaltsmittel zur Förderung der Ansiedlung von Ärztinnen und Ärzten in Gebieten mit einem besonders definierten lokalen oder regionalen Versorgungsbedarf in Hessen zur Verfügung. Zweimal jährlich, im Nachgang zu den Beschlüssen des Landesausschusses Ärzte und Krankenkassen, erfolgt eine Prüfung und Vereinbarung der Fördergebiete. In der Raumordnungsregion Rhein-Main werden zum Stand 28.04.2016 7,50 Kinder- und Jugendpsychiater gefördert. Der jeweils aktuelle Stand der Fördermöglichkeiten ist einsehbar unter: www.kvhessen.de/ ansiedlungsfoerderung
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4.3
Förderung Famulatur / Praktisches Jahr
Studien zeigen, dass entscheidende Weichenstellungen für den späteren beruflichen Werdegang von Medizin-Studierenden sehr früh im Studium erfolgen. In unserer Nachwuchskampagne wollen wir mit verschiedenen Veranstaltungen, Aktionen und Informationsmaterialien die jungen Mediziner über die Situation in der Allgemeinmedizin aufklären und für eine spätere vertragsärztliche Niederlassung gewinnen. Schon während des Studiums bieten wir Anreize, sich mit einer ärztlichen Tätigkeit in der wohnortnahen haus- und fachärztlichen Versorgung auseinander zu setzen. Angebote wie die Förderung von Famulaturen in Hausarztpraxen, die Förderung des Wahlfaches Allgemeinmedizin im Praktischen Jahr oder das Doc’s Camp sollen ebenfalls dabei unterstützen, dass insbesondere die allgemeinmedizinische Versorgung weiterhin überall gesichert ist. Weitere Informationen, die Vereinbarungen und Antragsformulare finden Sie unter: www.arzt-in-hessen.de und www.kvhessen.de/nachwuchs
4.4
Gründer- und Abgeberforum
Mit dem zweimal jährlich stattfindenden Gründer- und Abgeberforum hat die KV Hessen eine erfolgreiche Plattform zum direkten und ungezwungenen Austausch zwischen Praxisabgebern und Niederlassungsinteressierten geschaffen. In der Praxisbörse können auch Städte und Landkreise Gesuche, Praxen, Kooperationen, Anstellungen oder Weiterbildungsassistenten inserieren. Im vergangenen Jahr gab es erstmalig beim Gründer- und Abgeberforum einen Überhang an Niederlassungsinteressierten im Verhältnis zu den Praxisabgebern. Ein erfreulicher, positiver Trend. Den nächsten Termin erfahren Sie bei unseren Mitarbeitern in den Beratungscentern: www.kvhessen.de/beratung
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Herausgeber Kassenärztliche Vereinigung Hessen Europa-Allee 90 60486 Frankfurt Redaktion Sandra Braunholz, Anita Pfeiffer, Philipp Regier, Sonja Schiller, Maja Zink (Team Bedarfsprüfung) Philipp Czapski, Jutta Linnenbürger, Nicole Spur (Vorstandsreferat) Analyse und Kartografie Kassenärztliche Vereinigung Hessen Datenbasis Berechnung der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen, soweit nicht anders angegeben Kartengrundlage © 2015, Lutum + Tappert
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