Die Ergebnisse der Baukostensenkungskommission des Bundes

Die Ergebnisse der Baukostensenkungskommission des Bundes Was macht das Bauen teurer? Dipl.-Ökonom Michael Neitzel Geschäftsführer InWIS Forschung & ...
Author: Angela Fromm
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Die Ergebnisse der Baukostensenkungskommission des Bundes Was macht das Bauen teurer?

Dipl.-Ökonom Michael Neitzel Geschäftsführer InWIS Forschung & Beratung GmbH, Bochum Barrierefrei – Kostengünstig – Energieeffizient – Neue Anforderungen an kommunales Bauen Hamm, den 22. April 2016

Agenda • Ursachen für den Anstieg von Baupreisen und insbesondere Baukosten • Wesentliche Anknüpfungspunkte zur Reduktion von Baukosten • Follow-Up-Prozess der Baukostensenkungskommission und Perspektiven

Ergebnisse der Baukostensenkungskommission | 22.04.2016

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Moderate Preisentwicklung für Bauleistungen bei Erhöhung des Technisierungsgrades • Die Preisentwicklung für einzelne Bauleistungen liegt im Bereich des Verbraucherpreisindexes.

Ergebnisse der Baukostensenkungskommission | 22.04.2016

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Preise für technische Anlagen und Nebenkosten steigen stärker als Preise für Leistungen anderer Kostengruppen •Steigerungsraten (Jahre 2000-2014) der Planungs- und Beratungskosten, je nach Einbeziehung von bestimmten Leistungen, von 57 % (InWIS) und 47 % (ARGE Kiel/ Halstenberg), liegen deutlich über der allgemeinen Teuerungsrate (VPI: 26,2 %).

Arbeitskreis "Wohnen in Münster" | 19.04.2016

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Deutliche Verschiebung der Kostenanteile von Rohbau zu Ausbaugewerken Erhöhung der Materialkosten im Zeitraum von 2000-2013 um über 30 %. • Starker Anstieg der Weltmarktpreise für Metalle (plus 50%) • Preissteigerungen für Ausbaugewerke, wie z. B. Abwasser-, Wasser- und Gasanlagen (KG 410): 54,6 % Verhältnis Rohbaukosten zu Kosten für technischen Ausbau heute bei 46 zu 54 % (2000: Rohbau 54 % - Ausbau 46 %) • höhere technische Ausstattung infolge des EEWärmeG/EnEV • bessere Ausstattungen (kabelgeb.Dienste, hochwertigere Beläge etc.) • stärkerer Anstieg der Produktpreise für die technische Gebäudeausrüstung (z. B. Brennwertkessel von 2000 bis 2013: 49 %). Empfehlung: -> Industriedialog zu robusterer, preisgünstigerer Produktion und Entwicklung (z.B. modulare Technik) -> Baupolitische Prüfung von Abschreibungsmöglichkeiten für TGA Ergebnisse der Baukostensenkungskommission | 22.04.2016

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Entwicklung der Baukosten Zentrale Erkenntnisse – BKI-Kostenkennwerte im Trend deutlich stärker gestiegen als DESTATISBaupreisindex

– Baukostensteigerung über Baupreissteigerung nicht vollständig erklärbar – BKI-Trends bestätigen die Beobachtungen der Wohnungsbauakteure

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Einschätzung wesentlicher Ursachen für die Entwicklung der Baukosten Nur moderate Preissteigerungen der Rohbaugewerke zeigen, dass die Kostensteigerungen nicht durch das Bauhandwerk ausgelöst werden. Baukostensteigerungen hängen im Wesentlichen ab von: • gestiegenen Anforderungen der Nachfrage, • generellen Ausstattungs- und Qualitätsveränderungen, (einschl. gestiegener Wohnflächen), • einer zunehmenden Bedeutung technischer Gebäudeausrüstung, • Veränderungen von Regelungen wie Gesetze, Verordnungen, technischen Baubestimmungen und Normen • ein höherer Bedarf an Fachplanungen, der durch Änderungen des Regelrahmens ausgelöst wird. Für Veränderungen des Regelrahmens sind Bund, Länder und Kommunen sowie andere Regelgeber in unterschiedlichem Ausmaß verantwortlich. Ergebnisse der Baukostensenkungskommission | 22.04.2016

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Vielfältige Ansatzpunkte zur Reduzierung von Baukosten Beispiele für Ansatzpunkte • Gestaltung des Baukörpers/Grundrisse • Konstruktion im Hinblick auf Industrialisierung

• Prozessqualität im Hinblick auf integrierte Planungsprozesse und Optimierung in der Bauphase • Umfang der Regelwerke und des Normungswesens

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Gestaltung von Baukörpern und Grundrissen

• Hohe Flächeneffizienz reduziert Baukosten Flächeneffizienz kann durch entsprechende Planungsund Baukonzepte optimiert werden • Kompakter Baukörper • Minimierung von Verkehrsflächen • Abstellräume im Erdgeschoss bei Verzicht auf Keller

 Geringere benötigte Gesamtfläche, Senkung der Gesamtbaukosten

• Nutzungsneutrale Grundrisslösungen gewährleisten nachhaltige Vermietung • Mikrowohnungen als Alternative zu einem einfachen Standard in Ballungsräumen (Referenz zum Förderprogramm Vario-Wohnungen des BMUB) Ergebnisse der Baukostensenkungskommission | 22.04.2016

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Kostengünstiger Wohnungsbau muss sich an ehrgeizigen Planungsparametern messen lassen • Hoher Kosteneinfluss durch architektonische Planungen. Verhältnis von Erschließungsfläche zur Wohnfläche schwankt von 1:7 bis 1:25. • Planungsparameter DEGEWO Berlin: • Fläche: Nutzfläche zu Bruttogeschossfläche (Zielbereich von 66 bis 76 %), • Volumen: Kompaktheit des Gebäudes (BRI/NF; Zielbereich: 4,2 bis 5,2 m), • Fassade: Fassadenfläche/NF (Zielbereich 55 – 75 %), Anteil der verglasten Fläche (Zielbereich 12 – 15 %). -> Baukosten unter 1.200 € je m² Wohnfläche und Miete von max. 6,50 € je m² bei entsprechend moderner Architektur Empfehlung: -> Vorgabe klarer Planungsparameter für den kostengünstigen Wohnungsbau -> stärkere Debatte zwischen Wohnungswirtschaft, Architekten und Ingenieuren -> Integration von Kenntnissen über kostengünstige Bauweisen in die Ausbildung von Architekten und Fachplanern Ergebnisse der Baukostensenkungskommission | 22.04.2016

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Konstruktion, Industrialisierung und serielles Bauen • Modularisierung, Standardisierung und industrielle, serielle Vorfertigung bergen Kosteneinsparpotenziale insbesondere mit Blick auf die Optimierung von Bauprozessen.

• Modularisierten und standardisierten Bauweisen kommen bislang noch zu wenig Bedeutung zu, weil häufig die Grundvoraussetzungen nicht erfüllt sind. • Urheberrechtliche Fragestellungen müssen eindeutig geklärt werden. • Die Vorteile modularisierter Bauweisen werden zu wenig kommuniziert und in Studium bzw. Ausbildung von Architekten und Ingenieuren verankert. • Industrielles Bauen erfordert die Zusammenarbeit von Planern und Ausführenden von Anfang an, um Ausführungskompetenzen, Kreativität und Innovationen einbringen zu können. • Bei Modularisierung und industrieller, serieller Vorfertigung von Gebäude bzw. Bauteil muss die Problematik von Akzeptanzhemmnissen berücksichtigt werden. Es gibt insbesondere Grenzen, wo die Architekturqualität eingeschränkt wird.

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Voraussetzungen für serielles Bauen schaffen •

Entwicklung systematischer Abläufe (Verkürzung Bauzeit), Standardisierung von Arbeitsfolgen



„Teamkonzept“ mit Auftraggeber und Planern, Anreize zur Kosteneinsparung setzen



Stärkung der Industrialisierung des Bauens und serieller Bauweisen (Suche nach Optimierungsansätzen)



Spezifizierung von Qualifikationen für innovative (rationelle) Verfahren und Bauweisen



Schaffung wirtschaftlicher Rahmenbedingungen für serielles und modulares Bauen (u.a. ausreichend großer Absatz)



Vorurteilsfreie Übernahme von Konstruktionslösungen aus dem Gewerbebau



Robuste, kompakte und kostengünstige (Komplett-)Systeme der TGA schaffen (keine Hochtechnisierung ohne realen Nutzen), Bereitstellung von Lebenszyklus-relevanten Informationen



Einführung digitaler Methoden (mittelfristig) und Erprobung in Modellvorhaben

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Verbesserung von Planung und Prozessqualität • Durch integrale Planung können sich Einsparpotenziale ergeben. • Es bestehen unterschiedliche Auffassungen zu den Potenzialen der integralen Planung und ob diese durch vergaberechtliche Vorgaben begrenzt werden. • Die projektinterne Kommunikation und Bauprozessteuerung birgt Optimierungspotenziale. • Integrierte Ansätze lassen sich durch computergestützte Planungsmethoden unterstützen. • Kostenoptimales Bauen sollte als Gegenstand der Ausbildung und in der Praxis gestärkt werden. Ergebnisse der Baukostensenkungskommission | 22.04.2016

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Regelungssatzungen im Bauwesen überschaubar machen • Anwendung und Auslegung bauordnungsrechtlicher Vorgaben, Regelungen und des Baunebenrechts sowie technischer Bestimmungen können im Einzelfall zu einem vergleichsweise hohen Kostenanstieg beitragen. • Einzelne Situationen werden dabei oft durch Belange auf kommunaler Ebene weiter verschärft: • zweiter baulicher Rettungsweg zur Erfüllung der Brandschutzanforderung erforderlich, weil Feuerwehr andere Techniken nicht bereithält • Umsetzung kommunaler Stellplatzsatzungen kostet den Bauherrn nach zwischen 200 und 400 Euro je m2 Wohnfläche. Flexibilisierung der Stellplatzsatzungen unter Berücksichtigung neuer Mobilitätserfordernisse. Empfehlung -> Transparenzinitiative des Bundes und der Länder zur Darstellung kostenverursachender Anforderungen und Prüfung neuer Anforderungen unter Kosten-Nutzen-Überlegungen. -> Für das Bauordnungsrecht möglichst bundeseinheitliches Regelungswerk (einheitliche Bauordnung). Ergebnisse der Baukostensenkungskommission | 22.04.2016

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Das Volumen und die Taktzeit der Erneuerung von Normen müssen eingeschränkt werden • Schätzungsweise über 3.000 für den Bau relevante Normen aufgrund des Anstiegs des Technisierungsgrads und einer hohen Übernahme internationaler und europäischer Normen: • Anwender (insbesondere Planer oder Bauherren) oft nicht mehr am Normungsprozess beteiligt • Europäische Bemessungsnormen führen zu erhöhtem Planungsaufwand, nicht aber zu schlankeren Konstruktionen bei mehr Sicherheit • Konkurrierende Normungsaktivitäten führen, z.B. im Bereich des Schallschutzes, zu Rechtsunsicherheiten. Empfehlung: -> Stärkere Berücksichtigung der Interessen der Normenanwender -> Abschätzung der Auswirkungen von Normverschärfungen auf die Höhe der Bau- und Wohnungskosten Ergebnisse der Baukostensenkungskommission | 22.04.2016

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(Weitere) Hervorgehobene Empfehlungen der Baukostensenkungskommission •

Verpflichtende Folgenabschätzung für die Kosten des Wohnens für alle Entwürfe von Gesetzen, Verordnung und Normen; Entwicklung einer geeigneten Methodik anhand von Mustergebäuden.



Keine zusätzlichen Anforderungen der Länder gegenüber dem Bundesrecht.



Nachverdichtung anstreben, Aufgreifen in Förderprogrammen (einschl. Anbau, Aufstockung), höhere Baudichte bei Ausweisung Flächen für Neubau



Kritische Prüfung der Mindestanforderungen an den Schallschutz (KostenNutzen-Betrachtung, Vereinheitlichung und rechtliche Absicherung)



Brandschutzanforderungen der örtlichen Feuerwehren sollten öffentlichrechtliche Regelungen nicht verschärfen.

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Ausblick – Follow-Up-Prozess der Baukostensenkungskommission • Wohnungsbauoffensive: Maßnahmenpaket aus Baulandbereitstellung, steuerlichen Anreizen, Überprüfung von Bauvorschriften auf Vereinfachungspotential und steigenden Mitteln für sozialen Wohnungsbau und Wohngeld. • Unterstützung der Länder und Kommunen durch den Bund, um bei den aus der Kompetenzordnung rührenden Aufgaben für Anreize und Erleichterungen für die Wohnungs- und Bauwirtschaft zu schaffen. • Normungswesen: Sonder-Präsidialausschuss beim Deutschen Institut für Normung e.V. (DIN), Einsetzung einer Arbeitsgruppe Standards im Bauwesen durch das BMUB. Ausrichtung der Normung an Kosten- und Praxisaspekten. • Unterstützung des seriellen Bauens seit Januar 2016 im Rahmen einer Arbeitsgruppe der Bündnispartner. Start eines Architekturwettbewerbs im zweiten Halbjahr 2016 durch das BMUB. Diskussion der Losgrößenproblematik mit der Bau- und Wohnungswirtschaft. • Bessere Abstimmung von EnEV und EEWärmeG aufeinander und strukturelle Neukonzeption. Eine hohe Klimaschutzwirkung soll mit niedrigen Bau- und Bewirtschaftungskosten vereinbar sein. Weitere Abstimmung im Rahmen von Bauministerkonferenzen. Ergebnisse der Baukostensenkungskommission | 22.04.2016

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