Checkliste Chirurgie von Felix Largiadèr, Hans-Detlev Saeger, Otmar Trentz Neuausgabe

Thieme 2007 Verlag C.H. Beck im Internet: www.beck.de ISBN 978 3 13 522509 8

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Abdomen: Gallenblase und Gallenwege

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23.2 Cholelithiasis

23 Abdomen: Gallenblase und Gallenwege 23.1 Anatomie Gallenblase ......................................................................................... " "

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Lage: Die Gallenblase liegt an der Unterseite des rechten Leberlappens (Lobus quadratus). Blutversorgung: . Arteriell: Über die A. cystica aus der A. hepatica dextra (Cave: Häufig Verlaufsvarianten! Siehe Abb. 23.1). . Venös: In die V. portae. Die Venen des Gallenblasenbettes drainieren direkt in das Segment V der Leber (→ Metastasierung des Gallenblasenkarzinoms, S. 421!). Lymphabfluss: Zur Leberpforte.

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Abb. 23.1 . Abgangsvarianten der A. cystica: (a) Ursprung aus der A. hepatica propria; (b) „später“ Abgang der A. cystica aus dem R. dexter; (c) Ursprung aus der Gabel der A. heatica propria; 1 A. hepatica comm., 2 A. gastroduodenalis, 3 A. gastrica dextra, 4 A. hepatica propria, 5 R. dexter, 6 A. cystica, 7 R. sinister, 8 Ductus hepaticus comm., 9 Ductus choledochus

Gallenwege ......................................................................................... "

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Der D. cysticus vereinigt sich mit dem D. hepaticus communis zum D. choledochus. Dieser ist ca. 7 cm lang, 6 – 8 mm weit und verläuft im Lig. hepatoduodenale (S. 386) zum Duodenum. Hinweis: D. hepaticus communis, D. cysticus und die Leberunterfläche begrenzen das sog. Callot-Dreieck (= Trigonum cystohepaticum). Einmündung in das Duodenum: In den meisten Fällen (70%) mündet der D. choledochus nach Vereinigung mit dem D. pancreaticus (S. 426) mit diesem gemeinsam in der Papilla vateri duodeni („common channel“).

23.2 Cholelithiasis Grundlagen ......................................................................................... " "

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Definition: Konkremente in der Gallenblase (Cholezystolithiasis) und/oder im D. choledochus und D. hepaticus (Choledocholithiasis). Ätiologie: Störung des Lösungsgleichgewichtes der Lebergalle und Motilitätsstörungen der Gallenwege.

aus: Largiadèr u. a., Checkliste Chirurgie (ISBN 9783135225098), © 2008 Georg Thieme Verlag KG

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Prädisponierende Faktoren: . „6-F“: Forty, female (w : m = 3 : 1), fat, fertile, fair, family! . Weitere: Diabetes mellitus, Gallensäureverlustsyndrom (z. B. M. Crohn, Z.n. Ileumresektion), hämolytischer Ikterus, Stase und Entzündung in den Gallenwegen/Gallenblase. Hinweis: Konkremente in den ableitenden Gallenwegen stammen meistens aus der Gallenblase. Zu einer Neubildung in den Gallenwegen kommt es nur bei Stauung oder Fremdkörper (Fadenrest!). Selten kommen Choledochussteine als übersehene Gallensteine nach Cholezystektomie vor. Chemische Zusammensetzung der Gallensteine: 10% reine Cholesterinsteine, 10 % reine Pigmentsteine, 80 % gemischte Cholesterinsteine, z. T. auch mit Kalziumkarbonat. Epidemiologie: 32 % der Frauen und 16% der Männer ⬎ 40 Jahre sind Gallensteinträger. 70% der Patienten mit Steinen in der Gallenblase bleiben klinisch stumm, 30 % werden im Laufe ihres Lebens symptomatisch. Gallengangssteine verursachen bei 70% der Patienten Symptome.

Klinik ......................................................................................... "

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23 Abdomen: Gallenblase und Gallenwege

23.2 Cholelithiasis

Unkomplizierte Cholezystolithiasis: Uncharakteristische Beschwerden: Epigastrisches Druckgefühl, Oberbauchschmerzen und Nausea v. a. nach fettreichem Essen. Gallenkolik: Hinweis auf eine Steinwanderung aus der Gallenblase in den D. cysticus oder D. choldedochus. Leitsymptome Gallenkolik: Pathognomonisch sind krampfartige Schmerzen im rechten Oberbauch mit Ausstrahlung in den Rücken und die rechte Schulter. Auslöser sind häufig fettreiche Mahlzeiten. Schmerzdauer ⬎ 15 min, meist nicht länger als 5 Std. Schmerzdauer ⬎ 24 Std. spricht für eine Cholezystitis. Allgemeine Begleitsymptome bei Kolik: Übelkeit, ggf. Erbrechen, Fieber (bis 38 ° C spricht für eine Cholezystitis, ⬎ 38 °C spricht für eine Cholangitis). Choledocholithiasis: . Gallenkolik (s. o.). . Intermittierender Stauungsikterus mit dunklem Urin und acholischem Stuhl, passagere Symptome einer akuten Pankreatitis (S. 428).

Komplikationen ......................................................................................... "

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Steinwanderung: . Zystikusverschluss → Gallenblasenhydrops → akute Cholezystitis und ihre Komplikationen: Siehe S. 416. " Merke: Die akute Cholezystitis ist die häufigste Komplikation der Cholezystolithiasis (S. 412)! . Choledocholithiasis → akute Cholangitis (S. 416), Leberabszess (S. 392), biliäre Pankreatitis, Verschlussikterus, sekundäre biliäre Zirrhose. " Merke: Ikterus und Pankreatitis sind die häufigsten Komplikationen der Choledocholithiasis! . Mirizzi-Syndrom: Kompression des Ductus hepaticus communis durch einen großen Infundibulumstein → Verschlussikterus. Chronische Cholezystitis: Siehe S. 416. Gallenblasenkarzinom (S. 420): Entartungsrisiko 1 – 3 %.

Diagnostik ......................................................................................... "

Anamnese: Familienanamnese, Schmerzen (Koliken, zeitlicher Zusammenhang mit Nahrungsaufnahme?), Unverträglichkeit bestimmter Speisen, Braunfärbung des Urins?

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aus: Largiadèr u. a., Checkliste Chirurgie (ISBN 9783135225098), © 2008 Georg Thieme Verlag KG

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23.2 Cholelithiasis

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Klinische Untersuchung (S. 312): . Evtl. Druckdolenz unter dem rechten Rippenbogen. . „Murphy-Zeichen“: Schmerzhafter Leberunterrand bei Palpation unter tiefer Inspiration spricht für Cholezystitis. . Evtl. Ikterus. . Courvoisier-Zeichen (S. 389) bei Zystikusverschluss mit Gallenblasenhydrops. Sonographie: Methode der Wahl zum Steinnachweis. . Cholezystolithiasis: Trefferquote 90 – 95 %. Befund (Konkremente mit einem Durchmesser von ⱖ 3 mm nachweisbar): Echoreicher, bogenförmiger Reflex im Gallenblasenlumen, dorsaler Schallschatten, Verschieblichkeit entsprechend der Schwerkraft. . Choledocholithiasis: Trefferquote 60 – 70%; D. choledochus erweitert (⬎ 7 mm bzw. 10 mm nach Cholezystektomie → indirekter Steinnachweis), Nachweis erweiterter intrahepatischer Gallenwege, Reflexion und dorsale Schattenbildung weniger stark ausgeprägt als beim Steinnachweis in der Gallenblase. . Zystikusverschluss: Gallenblasenhydrops (Gallenblase ⬎ 10 × 4 cm). . Cholezystitis: Befunde, siehe S. 418.

Gallenblase Leber Stein

Pfortaderast

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Abb. 23.2 . Sonogramm: Cholezystolithiasis, lateraler Längsschnitt rechts.

ERC (S. 321): Methode der Wahl bei V.a. Choledocholithiasis (evtl. gleichzeitig therapeutische Optionen, S. 321) und bei V.a. Gallensteine in den intrahepatischen Gallengängen. PTC (S. 319): Falls ERC technisch nicht möglich. Labor: . Laborparameter bei asymptomatischen Gallensteinträgern i. d. R normal. . Bei stenosierendem Choledochusstein Anstieg der Cholestaseparameter: Direktes Bilirubin, LAP (Leucin-Aminopeptidase), γ-GT, AP, ggf. auch GOT und GPT. . Bei Begleitpankreatitis: Lipase ↑, CRP ↑, Leukozytose. Ergänzende Untersuchungen: . CT: Empfindlichster Nachweis einer Verkalkung; ergänzende Untersuchung bei schwerer Cholezystitis (Abszess, Perforation, Tumor). . MRCP bei missgebildeten Gallenwegen.

Differenzialdiagnosen ......................................................................................... "

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DD der Gallenkolik: Alle DD des akuten Abdomens, v. a. Ulcus duodeni und ventriculi (S. 326), akute Appendizitis (S. 365), akute Pankreatitis (S. 427), Nierenkolik (S. 501), Lungenembolie, Herzinfarkt.

aus: Largiadèr u. a., Checkliste Chirurgie (ISBN 9783135225098), © 2008 Georg Thieme Verlag KG

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DD des Ikterus: Siehe Verschlussikterus (S. 388). Missbildungen der Gallenwege: Prädisponieren zu Steinbildung, Verschlussikterus, Cholangitis. Erhöhtes Entartungsrisiko. . Caroli-Syndrom (sehr selten): Zystische Erweiterungen und multiple Stenosen der intrahepatischen Gallengänge. . Choledochuszysten (sehr selten): Verschiedene Formen, z. T. Choledochozelen, auch D. hepaticus kann betroffen sein.

! Sofortmaßnahmen bei Gallenkolik " "

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Allgemein: Nahrungskarenz für mind. 24 h, venöser Zugang. Leichte Kolik: . Butylscopolamin (z. B. Buscopan) 20 mg (= 1 Amp.) langsam als Bolus i. v.; danach ggf. 60 mg/500 ml Infusionslösung. " Kontraindikationen: Engwinkelglaukom, Blasenentleerungsstörungen! . Alternativ: Nitroglycerin (z. B. Nitrolingual) 0,8 – 1,6 g s.l. Schwere Kolik: . Starkes Analgetikum: z. B. 50 mg Pethidin (Dolantin) + 20 mg Butylscopolamin (z. B. Buscopan) i. v., ggf. Wiederholung nach 10 – 15 min. " Hinweis: Kein Morphin wegen Sphinkterspasmus! . Evtl. zusätzlich Metamizol (z. B. Novalgin) 5 ml langsam i. v. (cave: RR-Abfall!), dann 5 ml/500 ml Infusionslösung.

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23.2 Cholelithiasis

Weitere Therapie in Abhängigkeit vom Befund: . Akute Cholezystitis, Cholangitis: Siehe S. 416. . Biliäre Pankreatitis: Siehe S. 427.

Konservative und interventionelle Therapie ......................................................................................... "

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Choledocholithiasis: . Methode der Wahl: ERC (S. 321) mit Papillotomie und retrograder endoskopischer Steinextraktion; bei gleichzeitiger Cholezystolithiasis im beschwerdefreien Intervall Cholezystektomie (s. u.). . Bei erschwertem endoskopischem Verfahren (Stenosen der ableitenden Gallenwege, Z.n. Magen-OP): Perkutane transhepatische Steinextraktion (PTC, S. 319) und/ oder Steinzertrümmerung mit Laserlithotrypsie oder Stoßwellen. . Große, nicht extrahierbare Steine: Bei liegender, endoskopisch eingelegter Sonde (zur Röntgen-Darstellung) extrakorporale Stoßwellenzertrümmerung der Steine. Anschließend endoskopische Extraktion oder Spontanabgang. Alternative: Laserlithotrypsie oder Gallengangsrevision. Rezidivprophylaxe: Cholesterinarme Diät, Gewichtsabnahme.

Operative Therapie ......................................................................................... "

Indikationen: . Elektiv: – Symptomatische Cholezystolithiasis (Ausnahme: Unkompliziertes Steinleiden von alten Patienten mit kardiopulmonalen Risikofaktoren [NYHA IV]). – Symptomatische Choledocholithiasis bei erfolgloser interventioneller Therapie (s. o.). – Intervall-Cholezystektomie nach Papillotomie bei Choledocholithiasis und gleichzeitiger Cholezystolithiasis. . Absolut: Auftreten von Komplikationen (z. B. Cholezystitis [S. 416], Gallenblasenempyem, Perforation, maligne Entartung, Gallensteinileus).

415 aus: Largiadèr u. a., Checkliste Chirurgie (ISBN 9783135225098), © 2008 Georg Thieme Verlag KG

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23.3 Cholezystitis und eitrige Cholangitis

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Operationsprinzipien: . Cholezystolithiasis: – Laparoskopische Cholezystektomie (S. 836): Standardverfahren bei Cholezystolithiasis im beschwerdefreien Intervall (Kontraindikationen, S. 837). – Konventionelle Cholezystektomie (S. 839): Bei Komplikationen (S. 413), Kontraindikationen gegen laparoskopische CHE. " Hinweis: Beide Verfahren werden bei einem Steinnachweis im intraoperativen Cholangiogramm bzw. in der intraoperativen Sonographie mit einer Gallengangsrevision (S. 841) kombiniert. . Choledocholithiasis: – Laparoskopische Intervall-Cholezystektomie nach präoperativer endoskopischer Steinentfernung (s. o.). – Laparoskopische Cholezystektomie (S. 836) in Kombination mit intraoperativer laparoskopischer Gallengangsrevision bei erfolgloser interventioneller Steinentfernung (s. o.). – Alternativ: Konventionelle Cholezystektomie mit offener Gallengangsrevision (S. 841). . Zustand nach Cholezystektomie: Primär interventionelle Therapiemöglichkeiten (Papillotomie, PTC [S. 319]). Sonst chirurgisch mit offener Gallenwegsrevision (S. 841). Nachbehandlung: Sofortige Nahrungsaufnahme möglich. „Postcholezystektomiesyndrom“ (sehr selten): . Klinik: Persistieren oder Wiederauftreten der ursprünglichen Beschwerden trotz Cholezystektomie. . Ursachen: Falsche Operationsindikation (die nachgewiesenen Gallensteine waren nicht Ursache der ursprünglichen Beschwerden), übersehene Steine und/ oder Papillenstenose, Gallengangsstriktur. . Diagnose: Sonographie, ERCP, ggf. Gastroskopie (Ausschluss Ulkusleiden).

Prognose ......................................................................................... " "

Heilung durch lege artis durchgeführte Operation; ggf. Fettintoleranz. Letalität ist bei elektiver CHE ⬍ 0,1%, bei offener Gallengangsrevision 0,9 – 1,7 %.

23.3 Cholezystitis und eitrige Cholangitis Grundlagen ......................................................................................... " "

Definition: Akute bzw. chronische Entzündung der Gallenblase (Cholezystitis) oder der Gallenwege (Cholangitis). Ätiologie der Cholezystitis: . Cholezystolithiasis: ⬎ 90 % der Fälle, meistens durch einen Zystikusverschlussstein. Primär abakterielle Entzündung durch chronisch mechanische Irritation der Gallenblasenschleimhaut. Drucknekrosen und Ischämie schädigen die Mukosa. Sekundär kommt es zur Keimbesiedlung der Gallenblasenwand (Keimaszension aus dem Duodenum bzw. hämatogener und/oder lymphogener Ausbreitung; Erreger: v. a. E. coli, Enterokokken, Proteus, Klebsiellen, Clostridium perfringens). . Cholezystitis ohne Steine: Selten. Durch Stase in den Gallenwegen. Auftreten fast ausschließlich als sekundäre Komplikation: Postoperativ, bei Schwerverletzten, nach Verbrennung, nach Massentransfusion, bei Sepsis, bei Schwerkranken. Rasche Progredienz! " Sonderform: Cholezystitis als Folge einer Infektion mit Salmonella typhi bei Dauerausscheidern.

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Hinweis: Die chronische Cholezystitis ist der Folgezustand rezidivierender Cholezystitiden. Sie geht mit einem Funktionsverlust des Organs einher.

Ätiologie der Cholangitis: . Gallenwegsobstruktion durch Choledocholithiasis (häufigste Ursache, siehe S. 412), benigne Gallengangsstrikturen (am häufigsten iatrogen, z. B. nach ERC oder biliodigestiver Anastomose), Gallengangskarzinom (S. 423) und Aszension von Bakterien (häufigste Erreger: siehe akute Cholezystitis). . Papillenstenose (maligne, entzündlich, posttraumatisch, hypertroph).

Klinik ......................................................................................... "

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Akute Cholezystitis: . Dumpfe Schmerzen im rechten Oberbauch, Peritonitis im rechten Oberbauch. . Übelkeit, Erbrechen. . Fieber bis 38 C. ( " Hinweis: Fieber ⬎ 38 °C spricht für eine Cholangitis, s. u.). Chronische Cholezystitis: I.d.R. asymptomatisch. Ansonsten uncharakteristische dyspeptische Beschwerden, Fettunverträglichkeit, Koliken in der Anamnese. Cholangitis: Rechtsseitiger Oberbauchschmerz, Fieber (⬎ 38 °C) mit Schüttelfrost und intermittierendem Ikterus (= „Charcot-Trias“).

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23.3 Cholezystitis und eitrige Cholangitis

Komplikationen ......................................................................................... "

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Akute Cholezystitis: . Gallenblasenempyem: Folge eines Zystikusverschlusses mit Gallenblasenhydrops. Klinik: Oberbauchperitonitis mit Abwehrspannung, palpable Resistenz, hohes Fieber mit Schüttelfrost, Gefahr des septischen Schocks (S.144). . Phlegmonöse oder gangränöse Cholezystitis mit Übergreifen der Entzündung auf die Nachbarschaft (Pericholezystitis). . Gallensteinperforation: Gedeckt (→ intraabdominelle Abszessbildung, S. 350), in die Bauchhöhle (→ gallige Peritonitis, S. 346), in den Darm (→ bei Einklemmung: Gallensteinileus, S. 354). Chronische Cholezystitis: Mögliche Spätkomplikation ist das Gallenblasenkarzinom (v. a. bei Porzellangallenblase). Cholangitis: . Cholangiosepsis. . Leberabszess (S. 392). . Sekundäre biliäre Zirrhose (bei chronischem Verlauf).

Diagnostik ......................................................................................... "

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Klinische Untersuchung (S. 312): . Cholezystitis: Druckdolenz im rechten Oberbauch, palpable Resistenz, lokale Abwehrspannung, Murphy-Zeichen (S. 414); evtl. Fieber, leichter Ikterus. . Cholangitis: Druckdolenz im rechten Oberbauch, Ikterus, Fieber = Charcot-Trias), Schüttelfrost. Labor: . Cholezystitis: – Akute Cholezystitis: Leukozytose mit Linksverschiebung (bei Empyem ⬎ 20 000/µl), CRP ↑, BSG ↑. Die Leberenzyme und Bilirubin sind i. d. R nicht oder nur leicht erhöht. – Chronische Cholezystitis: Entzündungsparameter kaum erhöht.

417 aus: Largiadèr u. a., Checkliste Chirurgie (ISBN 9783135225098), © 2008 Georg Thieme Verlag KG

23 Abdomen: Gallenblase und Gallenwege

23.3 Cholezystitis und eitrige Cholangitis

. Cholangitis: – Obstruktive Cholangitis: Cholestaseparameter (direktes Bilirubin, γ-GT, AP, LAP) ↑. – Aszendierende Cholangitis: GOT (↑), GPT (↑). . Biliäre Pankreatitis: Amylase (Serum und Urin) ↑. " Beachte: Blutkulturen abnehmen! "

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Sonographie: . Akute Cholezystitis: Verdickte (⬎ 4 mm) mehrschichtige und echoreiche Gallenblasenwand mit verwaschener Kontur, echoarmer Randsaum. Ggf. Steinnachweis (siehe Abb. 23.3). . Gallenblasenhydrops: Befunde, siehe S. 414. . Gallenblasenempyem: Vergrößerte Gallenblase, angefüllt mit grobkörnigem, echoreichem Material (Eiter). Dadurch verschwindet die typische Transparenz. . Chronische Cholezystitis: Schrumpfgallenblase (= kleine Gallenblase ohne Lumen, evtl. echodicht mit Schallschatten), Porzellangallenblase (großer bogiger ventral gelegener Reflex mit breitem homogenem dorsalem Schatten → Kalkeinlagerung). . Cholangitis: Nachweis der Choledocholithiasis (S. 414), intrahepatische Stauung, echoreiches Material im erweiterten Gallengang (Eiter). ERC (S. 321): Bei V.a. akute Cholangitis zum Nachweis cholangitischer Veränderungen und zur Feststellung und Therapie eines Abflusshindernisses (Choledocholithiasis). PTC (S. 319): Falls ERC technisch nicht möglich. Ergänzende Untersuchungen: . Abdomenübersichtsaufnahme: Gas in der Gallenblase (→ gasbildende Erreger), subphrenische Luft (→ Perforation), Spiegelbildung (→ Ileus), Aerobilie (→ Gallensteinileus, Z.n. Papillotomie)? . CT: In unklaren Fällen (sensitiver Nachweis einer Cholezystitis); Abszess, Perforation, Tumor.

Bauchdecke

Leber

Bauchdecke

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verkalkte Gallenblase

perizystitische Flüssigkeit

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Abb. 23.3 . (a) Akute Cholezystitis mit Hydrops, lateraler Längsschnitt rechts ; (b) Chronische Cholezystitis mit Porzellangallenblase, Subkostalschnitt rechts

Differenzialdiagnosen ......................................................................................... " " "

Akute Cholezystitis: Siehe Differenzialdiagnose des akuten Abdomens (S.137), v. a. Ulkus, Pankreatitis, Cholangitis. Chronische Cholezystitis: Gallenblasenkarzinom (S. 420), Ulkuskrankheit (S. 326). Cholangitis: Cholezystitis, Pankreatitis, akute Hepatitis u. a.

418 aus: Largiadèr u. a., Checkliste Chirurgie (ISBN 9783135225098), © 2008 Georg Thieme Verlag KG

Konservative Therapie ......................................................................................... "

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Indikation: Überbrückend bis zur Operation ( " Cave: Unter alleiniger konservativer Therapie hohe Rezidivrate und erhöhtes Risiko für das Auftreten von Komplikationen wie z. B. Perforation, Cholangiosepsis). Durchführung: . Nahrungskarenz, parenterale Ernährung (S. 77); evtl. Magensonde bei Erbrechen. . Analgetika und Spasmolytika (siehe Gallenkolik S. 415). . Kalkulierte Antibiotikagabe (nach Abnahme von Blutkulturen): z. B. Ceftriaxon (z. B. Rocephin) 1 × 2 g i. v. oder Amoxicillin (z. B. Augmentan, Augmentin) 4 × 1( – 2) g i. v. + Metronidazol (Clont, Flagyl) 3 × 500 mg i. v. oder Piperacillin (z. B. Pipril) 3 – 4 × 2( – 4) g i. v. . Thromboembolieprophylaxe (S.103). " Hinweis: Keine absolute Bettruhe, sondern Mobilisation, Atemgymnastik.

Interventionelle Therapie ......................................................................................... "

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Cholezystitis: . Indikationen: Patienten mit hohem Operationsrisiko und akalkulöser Cholezystitis bei operierten oder schwerverletzten Intensivpflegepatienten. . Cholezystostomie: Perkutane Drainage der Gallenblase mit einem Pigtail-Katheter unter sonographischer Kontrolle. Vor Katheterentfernung röntgenologische Überprüfung der Wiederdurchgängigkeit des Ductus cysticus. Bei Steinfreiheit ist keine Cholezystektomie notwendig! Cholangitis: Interventionelle Therapie Methode der Wahl! Ziel ist die Wiederherstellung des Galleabflusses. . Bei Choldedocholithiasis: – ERC (S. 321) und Papillotomie mit Steinextraktion (alternativ: perkutane transhepatische Steinextraktion). Bei gleichzeitiger Cholezystolithiasis im beschwerdefreien Intervall Cholezystektomie (s. u.). – Gelingt die Steinentfernung nicht, Anlage einer nasobiliären Sonde oder eines Plastik-Stents. . Bei Gallengangsstenose (maligne/benigne): – ERC (S. 321) und Schienung des D. choledochus durch Stenteinlage. – Einlage einer nasobiliären Sonde → Ableitung des Gallesekrets und Möglichkeit der Spülung. – PTC mit perkutaner Drainage zur Ableitung des Gallesekrets (PTCD, S. 319).

23 Abdomen: Gallenblase und Gallenwege

23.3 Cholezystitis und eitrige Cholangitis

Operative Therapie ......................................................................................... "

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Indikationen: . Jede akute Cholezystitis und deren Komplikationen. . Chronische Cholezystitis einschließlich Typhus-Cholezystitis (Dauerausscheider). . Cholangitis: Nach Versagen der interventionellen Therapie; im Intervall nach Papillotomie bei Choledocholithiasis und gleichzeitiger Cholezystolithiasis. Operationszeitpunkt bei akuter Cholezystitis: . Notfalloperation: Bei Gallenblasenempyem, Perforation, Sepsis, Gallensteinileus (nur Ileus beheben!). . Frühoperation: Jede unkomplizierte Cholezystitis innerhalb von 72 h nach stationärer Aufnahme, sobald Diagnose gesichert und sofern keine schwerwiegenden Kontraindikationen vorliegen.

419 aus: Largiadèr u. a., Checkliste Chirurgie (ISBN 9783135225098), © 2008 Georg Thieme Verlag KG

Abdomen: Gallenblase und Gallenwege

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23.4 Gallenblasenkarzinom

. Intervall-Operation: Cholezystektomie im entzündungsfreien Intervall nach Durchführung der konservativen Therapie (i. d. R nach ca. 6 Wochen Latenz). Indiziert bei hohem Operationsrisiko oder zu später Diagnosestellung (⬎ 72 h). " Hinweis: Die Frühoperation hat keine Nachteile. Die Komplikationsrate ist geringer und entspricht derjenigen der Intervall-Cholezystektomie. Die Umsteigerate von einer laparoskopischen zur offenen Cholezystektomie ist bei einer Frühoperation etwas höher, dafür ist sie rationeller, erspart dem Patienten eine zweite Hospitalisation und ist daher auch bedeutend kostengünstiger. "

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Operationsprinzipien: . Akute und chronische Cholezystitis: – Laparoskopische Cholezystektomie (S. 836). – Alternative: Konventionelle Cholezystektomie (S. 839). " Hinweis: Beide Verfahren werden bei einem Steinnachweis im intraoperativen Cholangiogramm bzw. in der intraoperativen Sonographie mit einer Gallengangsrevision (S. 841) kombiniert. " Cave: Bei der Operation der chronischen Cholezystitis besteht die Gefahr, den D. hepaticus und die A. hepatica wegen Vernarbung und Verziehung zu verletzen (besonders bei atypischem Verlauf)! Bei unübersichtlichen Verhältnissen laparoskopische Weiterführung nicht erzwingen, sondern Umsteigen auf offene Operation. . Cholangitis: – Bei Choledocholithiasis: Laparoskopische Cholezystektomie (S. 836) in Kombination mit intraoperativer laparoskopischer Gallengangsrevision bzw. laparoskopische Intervall-Cholezystektomie nach präoperativer endoskopischer Steinentfernung (s. o.). – Bei stenosierender Choledochusstenose (maligne/benigne): Biliodigestive Anastomose (S. 843). Nachbehandlung: . Kostaufbau bei guter Darmfunktion (Darmgeräusche). . Fortführen der Antibiotikatherapie je nach Befund für 2 – 3 Tage.

Prognose ......................................................................................... " "

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Ein cholezystischer Schub klingt unter konservativer Therapie häufig innerhalb von 6 – 8 Tagen ab. Nach durchgemachter Cholezystitis besteht immer die Gefahr eines Rezidivs mit evtl. Komplikationen. Deshalb bei Verzicht auf eine Frühoperation immer die elektive Cholezystektomie im entzündungsfreien Intervall anstreben, sofern die Kontraindikationen nicht persistieren und überwiegen. Nach Cholezystektomie sind die Patienten geheilt, da das krankheitsverursachende Organ entfernt worden ist. Letalität: . Akute Cholezystitis: Bei ⬎ 70-jährigen Patienten ohne operative Sanierung 10 %. . Cholangitis: Bei adäquater Therapie 3 – 11%, abhängig von den Begleiterkrankungen.

23.4 Gallenblasenkarzinom Grundlagen ......................................................................................... " "

Ätiologie: Langjährige Cholezystolithiasis (Gallensteine in 90 % nachweisbar); besonders hohes Risiko bei „Porzellangallenblase“ (S. 417); Gallenblasenadenome. Histopathologie: Meist Adenokarzinome (90 %), seltener Plattenepithelkarzinome.

420 aus: Largiadèr u. a., Checkliste Chirurgie (ISBN 9783135225098), © 2008 Georg Thieme Verlag KG