Bildung, Wissenschaft und Forschung. Turbulente Zeiten bei den Studentenwerken

report Bildung, Wissenschaft und Forschung Turbulente Zeiten bei den Studentenwerken 03/2006 Potenziale Inhalt Als Kinder haben wir, wenn gut m...
Author: Meta Beutel
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Bildung, Wissenschaft und Forschung

Turbulente Zeiten bei den Studentenwerken

03/2006

Potenziale

Inhalt

Als Kinder haben wir, wenn gut meinende Erwachsene uns Coca-Cola vorenthalten haben, den Reim gesungen: „Die Wissenschaft hat festgestellt, festgestellt, dass Coca-Cola Gift enthält.“ Nunmehr hat die Politik festgestellt, dass Potenziale, die in Hochschule und Forschung liegen, bei weitem nicht genutzt werden. In einer Mitteilung der EU-Kommission an Rat und Europäisches Parlament vom September heißt es: „Mit 4000 Hochschulen, über 17 Millionen Studierenden und ungefähr 1,5 Millionen MitarbeiterInnen – darunter 435.000 ForscherInnen – verfügen die europäischen Universitäten über ein enormes Potenzial, aber dieses Potenzial wird nicht voll genutzt und effizient eingesetzt, um Europas Bemühen um mehr Wachstum und Beschäftigung zu untermauern.“ Besonders bemängelt wird, dass Universitäten sich zu wenig öffnen für den Transfer in Wirtschaft und Gesellschaft und „die Industrie nicht die hinreichende Aufnahmefähigkeit entwickelt hat, um das Potenzial universitärer Forschung zu nutzen.“ Weiterhin konstatiert die Kommission ein enormes Finanzierungsdefizit, „von dem die Universitäten in der Bildung und der Forschung betroffen sind.“

Schwerpunkt: Studentenwerke im Umbruch

Dieser Befund würde nahe legen, dass Länder und Bund gemeinsam ein Programm auflegen, mit dem sie mittel- und langfristig Wissenstransfer in Wirtschaft und Gesellschaft verbessern, Qualität und Quantität von Forschung und Lehre fördern und frisches Kapital zur Verfügung stellen, um das Unternehmertum von WissenschaftlerInnen zu unterstützen. Weiterhin würde der Befund nahe legen, dass die Forschung an den Schnittstellen akademischer Disziplinen gestärkt wird, anstatt mehr und mehr nur bestimmte Segmente im naturwissenschaftlichen Bereich zu fördern. Dieser Befund würde auch nahe legen, dass mehrere Ministerien (Bildung und Forschung, Wirtschaft, Arbeit) ein solches Programm auf den Weg bringen. An diesen Kriterien gemessen kann der Hochschulpakt, der jetzt zwischen Bund 2 und Ländern geschlossen werden soll, nur ein Anfang sein. ●

Petra Gerstenkorn Mitglied des ver.di-

Von der Selbsthilfeeinrichtung zum Wirtschaftsbetrieb

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Glücksfall Uni-Kita

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Interview mit dem neuen DSW-Präsidenten

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Tarifvertrag in NRW

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Harte Zeiten in Dresden

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Die Sicht der Studierenden

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Die AG Studentenwerke bei ver.di

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Das Urheberrecht soll neu geregelt werden

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Nach dem Ende des HRG

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Wie sich die NRW-Regierung „Innovation“ vorstellt

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Das gute Beispiel: Die Tierärztliche Hochschule Hannover

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ver.di-Wahlen und Seminare

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Liquidation als Meilenstein

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Zu guter Letzt

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Bundesvorstandes und Leiterin des Fachbereichs Bildung, Wissenschaft und Forschung

Impressum Der ver.di Report biwifo Nr. 03/2006 · September 2006 Herausgeber: Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) Fachbereich Bildung, Wissenschaft und Forschung Paula-Thiede-Ufer 10 · 10179 Berlin V.i.S.d.P.: Petra Gerstenkorn Verantwortliche Redakteurin: Annette Jensen Internet: www.verdi.de Grafisches Konzept: Hansen Kommunikation GmbH Layout: einsatz, Wolfgang Wohlers Druck: apm AG Darmstadt, Kleyerstraße 3, 64295 Darmstadt Titelbild: Jürgen Seidel W-1728-25-0906 Die Artikel stellen die Meinungsvielfalt unseres Fachbereiches dar und spiegeln nicht in jedem Fall die Meinung des Bundesfachbereichsvorstandes wider.

Service Fachbereich Bildung, Wissenschaft und Forschung Internet: www.biwifo.verdi.de Ansprechpartner biwifo-Report: [email protected] Tel.: 030/69 56-14 10 · Fax: 030/69 56-32 11

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biwifo report 3/2006

Fotos v.o.n.u.: Frank Biermann, Jürgen Seidel (2), ver.di Archiv

Editorial

biwifo

Schwerpunkt: Studentenwerke im Umbruch I M

Der wechselvolle Weg der Studentenwerke Die Geschichte der Studentenwerke begann vor fast 90 Jahren. In der schwierigen Phase nach dem ersten Weltkrieg entstand in Dresden 1919 die „Studentenhilfe“, andere Hochschulorte folgten. Ziel war es, die soziale Unterstützung für die StudentInnen bei einem rechtlich selbstständigen Träger zu bündeln. Die Kontrolle lag bei den Studierenden selbst. Die Nationalsozialisten gliederten die bestehenden Einrichtungen dann in das zentralistische Reichsstudentenwerk ein. VON VOLKER SCHATTE ach dem zweiten Weltkrieg lebte der Selbsthilfegedanke wieder auf: Studentenwerke wurden als eingetragene Vereine mit Selbstverwaltungscharakter neu gegründet. Ältere KollegInnen, die dort gearbeitet haben, äußern sich zufrieden über diese Zeit. Nicht zufrieden war dagegen der VDS (Verband Deutscher Studentenschaften), der eine studentische Selbstverwaltung forderte.

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Doch der Staat hatte ganz andere Ambitionen: Schon bei der Vorbereitung des BAföGGetzes war klar, dass diese neue Aufgabe den Bundesländern zufallen würde. Auf der Suche nach einem geeigneten Träger stießen PolitikerInnen auf die Studentenwerke – nur hatten die den Nachteil, nicht unter staatlicher Kontrolle zu stehen. Flugs wurden Ende der 60er und Anfang der 70er Jahre Anstalten des öffentlichen Rechts gegründet, in denen der Staat das Sagen und die Hochschulen, Studierenden und teils auch die Beschäftigten lediglich Mitsprache hatten. Für die Beschäftigten ergaben sich daraus die Vorteile der relativ sicheren Arbeitsplätze mit Verträgen nach BAT, BMTG oder MTArb. Bedrohlich wurden die Zeiten für die Studentenwerke, als die öffentlichen Kassen immer leerer und die Zuschüsse entsprechend knapper wurden. Manche Leistungen für Studierende wurden gekürzt oder ganz gestrichen, vor allem aber gab es Rationalisierungen in den Betrieben. Immer weniger Beschäftigte mussten die Arbeit bewältigen. Geschäftsführungen und Politiker ersannen immer neue Ideen, wie dem Problem zu begegnen sei.

Zum einen gab es Fusionen: Essen – Duisburg, Erfurt – Ilmenau und Jena – Weimar wurden zusammengelegt. In Thüringen gibt es ab dem kommenden Jahr ein Landesstudentenwerk und in Sachsen existieren ähnliche Pläne. Zum anderen versuchten die Arbeitgeber, mit der ÖTV und später ver.di einen Studentenwerkstarifvertrag abzuschließen. Die 20-prozentige Lohnsenkung sollte durch Leistungszulagen versüßt werden. Manchen erschien sogar ein noch harscherer Angriff auf die Löhne als angemessen. So schreibt Rudolf Pörtner, Geschäftsführer des Studentenwerks Dresden: „Wir sind für einen modernen, leistungs- bzw. ergebnisbezogenen Tarif für unsere Mitarbeiter, der den außerhalb des öffentlichen Dienstes üblichen Rahmen nicht überschreitet und uns erlaubt, konkurrenzfähig zu sein.“ Im Klartext: über 30 % Absenkung. Schließlich gibt es vielerorts Ambitionen, die Reinigung der Wohnheime und Mensen sowie die Werkstätten und Fahrdienste outzusourcen. In drei Bundesländern (NRW, Hamburg, Berlin) soll nun auch das Kerngeschäft privatisiert werden können. In die entsprechenden Gesetze wurde hineingeschrieben, dass Studentenwerke sich an Unternehmen beteiligen oder selbst gründen können. Auch in dieser Bezeihung erwies sich der Geschäftsführer des Studentenwerks Dresden als besonders dreist: Ohne Gesetzesänderung, aber mit Zustimmung der Regierung gründete er eine GmbH. Sie übernimmt keine Dienstleistungen für das Studentenwerk, sondern stellt ihm das Personal zur Verfügung – ein Leiharbeitsverhältnis bei abgesenkter Vergütung, abgesenktem Weihnachtsgeld und weniger Urlaubsanspruch. (Siehe Seite 7) Dr. Pörtner vermeldet stolz, durch die Tätigkeit der GmbH seien 2005 rund 200.000 € eingespart worden. Und der Betriebsfrieden? Dr. Pörtner: „Sicherlich ist es auch auf die hohe Arbeitslosigkeit zurückzuführen, dass die GmbH sich zufriedenstellend etablieren konnte und keine nachhaltigen Probleme aus der unterschiedlichen Bezahlung der Mitarbeiter entstanden.“ Die MitarbeiterInnen sehen das anders und berichten: „Konflikte sind verboten.“

Ü B E R L I C K

Es gibt in Deutschland 61 Studentenwerke in 180 Hochschulstädten. Sie bieten Service für rund zwei Millionen Studierende an über 300 Hochschulen – denn zum erfolgreichen Studium bedarf es auch einer sozialen und wirtschaftlichen Infrastruktur. In 707 Mensen und Cafeterien erhalten Studierende in der Nähe von Vorlesungsräumen und Bibliotheken schmackhaftes und gesundes Essen. Nicht selten sind Teile der verwendeten Zutaten sogar „fair“ gehandelt. Außerdem organisieren die Studentenwerke rund 180.000 kostengünstige Wohnplätze und betreiben Kitas für 5.100 Studierende mit Kind. Im Auftrag von Bund und Ländern erfüllen die Studentenwerke die BAföG-Auszahlungen. Weil Studentenwerke hochschulübergreifend zuständig sind, erzielen sie Effizienzgewinne. Sie sind Einrichtungen der öffentlichen Daseinsvorsorge und haben per Gesetz einen besonderen Stellenwert, weil ihr Leistungsangebot ein wichtiger Eckpfeiler für mehr Chancengleichheit im Bildungssystem ist. So stellen sie auch an vielen betriebswirtschaftlich ungünstigen Standorten eine Versorgung sicher. Durch die Studienstrukturund Föderalismusreform kommen neue Aufgaben auf die Studentenwerke zu: Die sozialen Dienstleistungen der Studentenwerke werden institutionenübergreifender arbeiten müssen, um den neuen Anforderungen zu genügen. Die bestehen in hochschuleigenen Auswahlverfahren, der Internationalisierung des Studiums, Hochschulgebühren und neuen Studienfinanzierungsangeboten.

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18.10.2006

12:34 Uhr

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Schwerpunkt: Studentenwerke im Umbruch

Glücksfall Uni-Kita

Foto: Frank Biermann

gemeinen und deren Kitas im Besonderen müssen sparen. „In 2004 und 2005 haben wir schon die Kürzungen von mehr als 2000 Euro bei den Sachkosten pro Gruppe hinnehmen müssen. Wir leben von der Substanz, bei Neuanschaffungen wird es schon eng“, berichtet Eichinger. Da die Studentenwerke als so genannter finanzschwacher Träger anerkannt sind, werden 91 Prozent der Kosten von Stadt und Land getragen. Der Rest kommt aus den Sozialbeiträgen aller Studierender.

Kostengünstige Betreuung

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Bezahlbare Kitaplätze sind ein rares Gut. Hille Leffringhausen (31) konnte zwei der 46 Plätze in der Kita des Studentenwerkes der Universität Münster für ihre beiden Kinder ergattern. „Das war wirklich ein Glücksfall für uns, dass wir uns hier beworben haben. Ohne die kostengünstige Betreuung von 8 bis 16 Uhr hätten mein Mann und ich unser Studium so wohl nicht zu Ende bringen können“, erzählt die angehende Zahnärztin. Lediglich 37 Euro Essenszuschuss pro Monat mussten sie zahlen – deutlich weniger als in anderen Einrichtungen. Dafür erhalten die Kinder von 4 bis 36 Monaten in der Kinderkrippe&Krabbelstube eine liebevolle Betreuung nach Maß – Köchin inklusive. Essen auf Rädern gibt es hier nicht.

zwischen 8 und 16 Uhr

VON FRANK BIERMANN as gute pädagogische Konzept hat sich herumgesprochen. Dementsprechend begehrt sind die Plätze in der Kita Die kleinen Frösche, die seit über 30 Jahren existiert und ganz in der Nähe des Uni-Klinikums und der medizinischen und naturwissenschaftlichen Studiengänge liegt.

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„Die Nachfrage ist enorm, viermal höher als unser Angebot“, berichtet Diana Eichinger, stellvertretende Leiterin der Einrichtung. Sie und ihre Kollegin haben die undankbare Aufgabe, die BewerberInnen nach sozialen Kriterien auszuwählen. Alleinerziehende kommen zuerst, dann Kinder, deren Eltern beide studieren. Hille Leffringhausen hat trotz zweier Kinder während des Studiums kein einziges Semester verloren; Ende des Jahres macht die gelernte Zahnarzthelferin Examen. Ihr Mann praktiziert bereits als Arzt in Norddeutschland. „Ohne die Kita wäre das alles nicht zu realisieren gewesen – und schon gar nicht ohne Schulden.“ Leffringhausens Resümee: „Für mich war es gut, für die Kinder war es gut. Die haben sich hier immer sehr wohl gefühlt und dazu früh soziales Verhalten gelernt“. Ob und wie lange die Studentenwerke den Studierenden die günstige Kinderbetreuung weiter bieten können, steht derzeit allerdings in den Sternen. Die Studentenwerke in NRW im All-

Dieses bewährte Finanzierungsmodell für die insgesamt 17 hochschuleigenen Kitas in NRW wackelt jetzt. „Wir sind in großer Sorge, was die weiteren Pläne der Landesregierung angeht,“ sagt Detlef Rujanski vom landesweiten Arbeitskreis Tageseinrichtungen der Studentenwerke in NRW, der in Siegen angesiedelt ist. Denn trotz wortreicher Beschreibungen von PolitikerInnen, wie wichtig diese Tageseinrichtungen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sind, verschlechtern sich nach und nach deren Rahmenbedingungen. Einschränkungen beim Personal und eine stärkere Belastung der Familien könnten eine Folge dieser Entwicklung sein, so die Befürchtung. „Das Land zieht sich zu Lasten der Studierenden aus der Finanzierung der Tageseinrichtungen zurück“, beklagt Rujanski. „Entgegen der Ankündigungen der schwarz-gelben Landesregierung werden wir in 2006 und 2007 keine Sachkostenzuschüsse in alter Höhe bekommen.“ Zusammen mit der 20-prozentigen Kürzung der Mittel für die Studentenwerke reiße dies tiefe Löcher. Zudem hat der zuständige Familienminister Armin Laschet eine Neukonstruktion der Kita-Finanzierung angekündigt. Die geplante Kopfpauschale berge so viele finanzielle Risiken, dass die Studentenwerke als Träger zunächst auf die Einrichtung weiterer Kitaplätze verzichten müssten, erklärt Rujanski. Für Hille Leffringhausen sind die Pläne der Landespolitiker ein eindeutig falsches Signal: „Es war doch immer die Rede von einer familienfreundlicheren Politik mit mehr Ganztagsplätzen für Kinder unter drei Jahren. Und jetzt passiert das alles nicht – vielleicht sogar das genaue Gegenteil?“

Seit Juni ist Professor Dr. Rolf Dobischat neuer Präsident des Deutschen Studentenwerks (DSW). Der 55-jährige Bildungsund Berufsforscher von der Universität Duisburg-Essen wurde zunächst für zwei Jahre gewählt.

Foto: Studentenwerk Pressestelle

Schwerpunkt: Studentenwerke im Umbruch

bauten Stipendiensysteme. Bei der Einführung von Studiengebühren nach dem Bundesverfassungsgerichtsurteil haben Politik und Wirtschaft großmundig versprochen: Wenn Studiengebühren kommen, richten wir großzügig Stipendiensysteme ein. Passiert ist überhaupt nichts. Nur zwei Prozent der zwei Millionen Studierenden in Deutschland beziehen ein Stipendium. Was können die Studentenwerke tun?

biwifo: Was haben Sie sich vorgenommen für Ihre Amtszeit? Professor Dr. Rolf Dobischat: Angesichts der laufenden Hochschulreformen steht auch bei den Studentenwerken eine Vielzahl von Veränderungen an. Ein Schwerpunkt der Arbeit wird sein, wie sich die Studentenwerke neu aufstellen im Bereich Beratung. Das betrifft insbesondere die Frage der Studienfinanzierung. Sie wird immer schwieriger und komplexer. Bei den Studiengebühren ist ja nun der Tabubruch erfolgt und damit einher gehen enorme Belastungen der Studierenden. Hinzu kommen die Verteuerung durch die Mehrwertsteuererhöhung, die Absenkung des Kindergeldes und veränderte Freibeträge bei den Minijobs. Da ist individuelle Beratung der Studierenden nötig, damit sie nicht durch falsche Entscheidungen riesige Schuldenberge auftürmen. Welche Folgen erwarten Sie nach die Einführung von Studiengebühren? Ich halte Studiengebühren für den falschen Weg. Sie werden nicht dazu beitragen, dass wir unsere Quote von Studierenden erhöhen – obwohl das im Bologna-Prozess ja vorgesehen ist und wir im europäischen Durchschnitt eh schon sehr niedrig liegen. Schon heute kostet ein Studium durchschnittlich mehr als 40.000 Euro. Studiengebühren verteuern ein Studium zusätzlich; sie belasten die Studierenden und ihre unterhaltsverpflichteten Eltern. Oder die Studierenden müssen noch mehr jobben ... Tatsächlich jobben heute 70 Prozent nebenbei. Aber die Strukturen von Bachelor und Master werden das künftig kaum noch zulassen, weil die Studierenden gar keine Zeit mehr zum Jobben haben werden. Durch die Studiengebühren werden die Kosten für ein Studium immer höher und zugleich wird der Ertrag von Bildungsinvestitionen immer unsicherer, weil sich der Bedarf der Wirtschaft immer schneller ändert. Viele Absolventen finden keine ihrer Ausbildung angemessene Position. Deshalb werden sich immer mehr Abiturienten überlegen, lieber ins duale Ausbildungssystem zu gehen. Das löst dann dort Verdrängungsprozesse aus. Wird das nicht ein politisches Umdenken erzwingen? Ich fürchte, dass die Studiengebühren sogar im Gegenteil steigen werden – und zwar relativ schnell. Allein durch die Exzellenzinitiative gibt es einen Ausdifferenzierungsprozess bei den Hochschulen. Je weiter oben im Ranking eine Hochschule landet, desto stärker werden die Studiengebühren steigen. Hessen ist ja schon deutlich von den 500 Euro abgewichen; da sollen für Masterstudiengänge 1500 Euro verlangt werden. Und anders als in angloamerikanischen Ländern gibt es bei uns keine ausge-

Unsere Stärke liegt in der unabhängigen, fundierten Beratung der Studierenden – gerade angesichts der Unübersichtlichkeit der unterschiedlichen Länder-Studiengebührenmodelle. Viele Studierende haben aber nicht nur finanzielle Probleme. Denken Sie an den spezifischen Beratungsbedarf etwa von alleinerziehenden Studierenden oder von Studierenden mit Behinderung. Auch hier haben die Studentenwerke ihren gesetzlichen Auftrag, für die wirtschaftliche und soziale Situation dieser Studierenden zu sorgen, noch stärker wahrzunehmen. Es gibt den Trend, Teile der Studentenwerke outzusourcen. Wie schätzen Sie das ein? Die Möglichkeiten des Outsourcing sind bei den Studentenwerken eng begrenzt. Das liegt am besonderen Charakter der Studentenwerke. Einerseits sind sie wirtschaftlich geführte Dienstleistungsunternehmen, andererseits haben sie einen klaren gesetzlichen Sozial-Auftrag zum Wohle der zwei Millionen Studierenden zu erfüllen. Es ist richtig: In einigen Bundesländern wurden die gesetzlichen Grundlagen reformiert, sodass die Studentenwerke Unternehmen gründen oder sich an Unternehmen beteiligen können. Wenn sie das aber tun, dann deshalb, um ihre Serviceund Beratungsleistungen für die Studierenden zu optimieren – und nicht zum Zwecke der Gewinnmaximierung. Bildungsministerin Schavan hat vor den Wahlen gesagt, dass sie das BAföG zur Disposition stellen will. Rechnen Sie damit, dass sie das demnächst umsetzen wird? Für diese Legislaturperiode ist das BAföG im Koalitionsvertrag abgesichert. Längerfristig steht zu befürchten, dass ans BAföG rangegangen wird. Das passt in die allgemeine Strategie, die Kosten für Bildung zu individualisieren. Das zeigt sich auch am Umgang mit den Vorschlägen der Finanzierungskommission für die Weiterbildung. Das Einzige, was die Bundesregierung sich da rausgepickt hat, ist die steuerliche Begünstigung von Bildungssparen. Das ist problematisch. Gerade Leuten mit niedrigem Einkommen und Arbeitslosen nützt das gar nichts. Die Kommission hatte damals gesagt, dass die Vorschläge nur als Paket Sinn machen. Aber alle anderen Punkte sind einfach unter den Tisch gefallen. Haben Sie Lust auf ihre neue Position? Ja, ich sehe den politischen und sozialen Druck, der auf die Studentenwerke zukommt. Und ich freue mich auf die Aufgabe, in der Position des Präsidenten dagegenzuhalten und gestaltend mitzuwirken. ● Interview: Annette Jensen

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Schwerpunkt: Studentenwerke im Umbruch

Erfolg in NRW VON UWE MEYERINGH er Tarifvertrag orientiert sich in den wesentlichen Punkten am Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) in der Fassung, wie er für die Kommunen gilt. An einigen Stellen wurden jedoch auch speziell auf die Studentenwerke zugeschnittene Regelungen getroffen.

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Die Einkommens- und Arbeitsbedingungen für Angestellte und ArbeiterInnen sind nun gleich. Auch die schlechtere Bezahlung und längere Wochenarbeitszeit von Beschäftigten, die im Jahr 2004 oder später eingestellt wurden, gehören der Vergangenheit an. Künftig gilt wieder: Gleiche Arbeitsbedingungen für alle! Die Anbindung an das Tarifrecht der Kommunen bedeutet, dass die Tabelleneinkommen sich auf ein Arbeitszeitvolumen von wöchentlich 38,5 Stunden beziehen. Die längere Arbeitszeit bei den Beschäftigten der Länder wird wohl keine Auswirkungen auf die Studentenwerke haben. Die Gestaltung der spezifischen Arbeitsbeziehungen ist nun möglich. So können Beschäftigte an Kiosken und anderen Verkaufsstellen zum Beispiel zusätzliche Erfolgsprämien bekommen, wenn der Personalrat zustimmt. Außerdem soll es für KollegInnen, die nach dem 1. September 2006 eingestellt wurden, ergänzend zu den kommunalen Eingruppierungsmerkmalen noch spezielle Regelungen in den Bereichen Verpflegung, BAföG und Wohnen geben.

■ Image-Kampagne 2006 „Beschäftigte der Studentenwerke und ver.di gehören zusammen“, so lautet der Arbeitstitel einer Image-Kampagne, die im Herbst startet.

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Keiner verdient weniger als vorher Alle Beschäftigten der Studentenwerke werden mit ihrem heutigen Einkommen in die neue Entgelttabelle übergeleitet. So ist garantiert, dass niemand weniger verdient als vor Inkrafttreten des neuen Tarifvertrages. Neue Eingruppierungen Genau wie bei den Kommunen werden die Tätigkeiten neu bewertet – und entsprechend ändert sich die jeweilige Eingruppierung. Im Moment verhandelt ver.di noch, wie das in den Bereichen der Studentenwerke konkret aussehen soll. Diese Sonderregelungen werden allerdings nur für Menschen gelten, die nach dem 1. September 2006 eine Stelle im Bereich Verpflegung, BAföG oder Wohnen anfangen.

Foto: Jürgen Seidel

Seit dem 1. September ist er in Kraft: Der neue Tarifvertrag für die zwölf Studentenwerke in Nordrhein-Westfalen. Darauf haben sich die Tarifgemeinschaft der Studentenwerke und ver.di geeinigt. Die Verhandlungen liefen parallel zum Großkonflikt im Länderbereich. Mehrfach demonstrierten die Studentenwerksbeschäftigten durch Warnund Solidaritätsstreiks ihre Unterstützung für die KollegInnen bei den Ländern und machten damit auch ihre eigene Handlungsbereitschaft deutlich. Das hat sicher zum Erfolg beigetragen.

Die neu geschaffene Entgeltgruppe 1 soll für einfachste Tätigkeiten eingeführt werden wie z.B. Essens- und Getränkeausgabe. Der Grundlohn beträgt 1.286 € für eine Vollzeitstelle. Einige ver.di-Mitglieder vertreten die Position, dass Studentenwerke als Dienstleister nur kompetenten „Allroundern“ Arbeitsverhältnisse anbieten sollten. „Einfachste Tätigkeiten“ seien gar nicht erst vorzusehen, zumal sie den notwendigen Lebensunterhalt nicht sichern könnten. Kinderbezogene Zuschläge bleiben erhalten Für bis zum 31. August 2006 geborene Kinder von NRW-Studentenwerksbeschäftigten gibt es auch künftig die bisher geltenden Zulagen. Bei Tariferhöhungen werden sie um den entsprechenden Prozentsatz erhöht. Verbesserung der Altersversorgung Mit dem neuen Tarifvertrag haben die Beschäftigten nunmehr auch die Möglichkeit, einen Teil ihres Lohns in die Verbesserung der eigenen Altersversorgung umzuwandeln. Einmalzahlungen in 2006 und 2007 Im Oktober 2006 kann sich jeder Vollzeitbeschäftigte über 300 € zusätzlich in der Haushaltskasse freuen; Teilzeitkräfte bekommen einen entsprechenden Anteil. Im April und Juli 2007 gibt es dann noch einmal einen warmen finanziellen Regen in Höhe von 150 €. Urlaubs- und Weihnachtsgeld zusammengefasst Alle Beschäftigten erhalten im November 2006 eine Jahressonderzahlung in Höhe von 82,14 % ihres Monatslohns. Wurde im Juli noch kein Urlaubsgeld gezahlt, erhöht sich der Betrag um 332,34 € (Entgeltgruppen 1– 8) bzw. 255,65 € (Entgeltgruppen 9 –15). Ab 2007 wird dann aus Urlaubs- und Weihnachtsgeld eine jährliche Sonderzahlung gebildet. Das Geld gibt es jeweils im November. Maßgeblich für die Höhe (zwischen 60 und 90 %

Schwerpunkt: Studentenwerke im Umbruch

Vollzeitbeschäftigtem und einem entsprechenden Betrag für jeden Teilzeitbeschäftigten. Wie das Geld anschließend verteilt wird, muss noch geklärt werden. Die Tarifvertragsparteien wollen zu diesem Thema eine gemeinsame Kommission bilden.

Vielerorts gibt es Pläne, beim Lohn der Mensa-Beschäftigten zu sparen

eines Monatseinkommens) ist die jeweilige Entgeltgruppe. Zusätzliches Geld für Leistung Ab 2007 gibt es die Möglichkeit von Leistungsprämien und -zulagen. Dafür wird ein Sondertopf eingerichtet. Zum einen zahlen die Arbeitgeber dort hinein einen Betrag, der 1 % aller Monatslöhne entspricht. Zum zweiten füllen sie ihn im nächsten Jahr auch noch mit 300 € pro

Lohnfortzahlung im Krankheitsfall vereinheitlicht Wer mehr als ein Jahr beim Studentenwerk arbeitet und krank wird, bekommt bis zum Ende der 13. Woche einen Krankengeldzuschuss. Beschäftigte, die schon mehr als drei Jahre dabei sind, erhalten den Zuschuss bis zum Ende der 39. Woche gezahlt. Damit wird das Krankgeld auf die Höhe des Nettogehalts aufgestockt – allerdings ohne Ausgleich für die auf dem Krankengeld lastenden Sozialabgaben. Glück haben in diesem Fall diejenigen Angestellten, die nach dem bisherigen BAT Ansprüche auf eine Entgeltfortzahlung von 26 Wochen hatten: Sie bekommen auch künftig die Sozialversicherungsbeiträge ausgeglichen.

Mit dem Vertragsabschluss ist es ver.di gelungen, Einkommen und Arbeitszeit der rund 3.300 Beschäftigten bei den NRW-Studentenwerken positiv zu gestalten. Das hat sich bereits herumgesprochen: Aus der ganzen Republik gibt es Anfragen von anderen Studentenwerken. Die Vorreiter hoffen nun, dass ihr Beispiel Schule machen wird. Die Arbeitgeberseite hat dem Abschluss zugestimmt, weil auch sie davon ausgeht, dass die neue Regelung den veränderten Bedingungen in den Studentenwerken besser gerecht wird.

Sparen auf Kosten der Beschäftigten Das Dresdner Studentenwerk hat seit einigen Jahren eine private GmbH mit knapp 80 Beschäftigten. Sie verdienen etwa 30 % weniger als zuvor im Studentenwerk. Mit den abgesenkten Löhnen könnten die befristet Beschäftigten während der Mensa-Sanierung im Studentenwerk gehalten werden und die Semesterbeiträge zugleich stabil bleiben, hatte der Geschäftsführer bei der Gründung gesagt. VON JENS FESTERSEN Das ist lange her. Aus der Übergangslösung ist längst eine Dauereinrichtung geworden. Heute werden nicht nur neue Mensa-Beschäftigte, sondern auch alle anderen in der GmbH eingestellt. Egal ob HausmeisterInnen, Kita-ErzieherInnen oder BAföG-BearbeiterInnen gesucht werden – sie alle bekommen nun Arbeitsverträge von der GmbH. Während bei den anderen sächsischen Studentenwerken keine Ausgründungen stattgefunden haben, spart man in Dresden auf Kosten der Beschäftigten. Dabei ist die GmbH-Lösung vor allem deshalb so billig, weil der Betrieb weder seine Geschäftsführung noch die Buchhaltung selbst finanzieren muss. Diese Arbeiten werden –

fast kostenlos für die GmbH – von Beschäftigten des Studentenwerks miterledigt. Der Personalrat kritisiert, dass die GmbH Arbeitsplätze im Studentenwerk gefährdet. Außerdem führt die Konstruktion zu Unfrieden: Wer einen neuen Arbeitsvertrag hat, verrichtet die gleiche Tätigkeit wie die KollegInnen, die schon länger dabei sind – verdient aber ein Drittel weniger. Im Frühjahr widersprach der Personalrat deshalb erstmals dem Einsatz der GmbHBeschäftigten im Studentenwerk. Erreicht wurde so eine Dienst-Vereinbarung: Künftig sollen alle neuen KollegInnen für zwei Jahre von der GmbH angestellt werden und danach einen festen Vertrag vom Studentenwerk bekommen. Ob das funktioniert, wird sich demnächst zeigen. Der Verwaltungsrat des Studentenwerkes ist durch die Auseinandersetzungen aufgeschreckt und will inzwischen grundsätzlich über die Zukunft der GmbH beraten. ver.di fordert seit eh und je die Schließung der GmbH und verlangt, dass endlich ordentlich und nachvollziehbar gerechnet wird. Auch der Geschäftsführer ist mittlerweile nachdenklich geworden: Die unterschiedliche Behandlung der Beschäftigten könne keine Dauerlösung sein. Vielleicht bietet der neue Tarifvertrag für die Länder eine Perspektive, hieß es auf der letzten Personalversammlung. ●

F A C H T A G U N G Fachtagung für Mitglieder in Betriebs- und Personalräten sowie für Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte in Studentenwerken Die Fachtagung wird sich mit Sozialstandards in den Studentenwerken und den möglichen Wegen ihrer Durchsetzbarkeit in den Betrieben befassen. ■ 24. November 2006 ■ Berlin ■ Beginn: 10.00 Uhr ■ Ende: 16.00 Uhr Informationen über [email protected]

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Schwerpunkt: Studentenwerke im Umbruch

Studierende bestimmen mit

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In all den Jahren haben sich Studentenwerke als moderne Art der Fürsorge durch die öffentliche Hand auf der einen und als sozialer Dienstleister für Studierende auf der anderen Seite erwiesen. Dies liegt nicht zuletzt daran, dass Studierende in den entscheidenden Gremien über strategische Ausrichtung, Leistungsspektrum und Preisbildung der Studentenwerke mitbestimmen. In manchen Kollegialorganen sitzt auf jedem zweiten Stuhl ein Studierender. Im Dachverband der Studentenwerke bilden jeweils drei GeschäftsführerInnen, drei ProfessorInnen und drei StudentInnen den Vorstand.

VON RENÉ VOSS* ie Internationalisierung der Studienabschlüsse und die Einführung von Studiengebühren stellen große Herausforderungen für die Betroffenen dar. Auch wenn man Studiengebühren ablehnt, so bleibt doch nichts übrig, als nach deren Einführung damit umzugehen.

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Aufgabe der Studentenwerke muss es deshalb sein, die Studierenden umfassend zu beraten, wie sie ein Studium trotz der derzeitigen monatlichen Mehrbelastung von mindestens 83 € finanzieren können. Hierbei können die KfWStudienkredite ein Baustein sein. Essenziell ist aber der Erhalt und der Ausbau des BAföGs, wie es das deutsche Studentenwerk unisono mit dem BAföG-Bericht der Bundesregierung jedes Jahr fordert. Der Bologna-Prozess als Synonym für den Umbruch im Hochschulwesen führt ebenfalls zu ganz konkreten Anforderungen an die Studentenwerke. Durch die erhöhte Arbeitsbelastung wird es für Studierende immer wichtiger, dass Mensen und Cafeterien ihre Öffnungszeiten in die Abendstunden verlängern. Die Verschulung des Studiums mit enger gepackten Zeitplänen fordert von den Studentenwerken eine hohe Flexibilität, um ihre Angebote zu den Zeiten bereitzuhalten, in denen Sie von den Studierenden nachgefragt werden. Auch die Anforderungen an die Studentenwerke als Betreiber von Wohnheimen sind gewachsen. Zwar lebten schon immer Angehörige vieler Nationen in den preiswerten Heimen. Doch die weltpolitischen Veränderungen und die Werbung um internationale Studierende

* Student und Vizepräsident des Deutschen Studentenwerks

Foto: Jürgen Seidel

Bedürftigen Studierenden zu helfen und sie mit warmen Mahlzeiten zu versorgen, war von Anfang an die Grundidee der Studentenwerke. Die Suppenküchen der 20er Jahre haben sich allerdings inzwischen in hochmoderne gastronomische Einrichtungen verwandelt. Außerdem betreiben Studentenwerke Wohnanlagen und Kindertagesstätten, bieten ein Kulturangebot, beraten in fast allen Fragen rund ums Studium und verwalten das BAföG.

Die Studiengebühren erhöhen den Beratungsbedarf vieler Studierender

hat den Anteil ausländischer Studierender kontinuierlich erhöht. Um sie erfolgreich in die Wohnheime zu integrieren, sind spezielle Angebote vonnöten. Viele Studentenwerke bieten bereits Tutorien an und wandeln sich vom Vermieter zum Relocater, der Hilfestellung in allen Lebenslagen leistet und Tipps gibt, damit sich unsere ausländischen Gäste nicht im deutschen Behördendschungel verlieren. ●

MITGLIEDER DER BUNDESARBEITS Baden-Württemberg

Gisela Schubert, Mannheim

Bayern

Thomas Syring, München

Berlin-Brandenburg

Volker Schatte, Berlin

Hamburg

Ulrike Spreen, Hamburg

Hessen

Marlies Diehl, Frankfurt

Nieders.-Bremen

Magdalena Vasel, Braunschweig

Nordrhein-Westfalen

Manfred Engelhardt, Aachen

Rheinland-Pfalz

Ingolf Frizsche, Trier

Saarland

Heinz Hamann, Saarbrücken

Sachsen

Hans.J. Schulz, Leipzig

Schleswig-Holstein

Andree Benthien, Kiel

Thüringen

Elke Wilke, Jena/Weimar

Stellv. Sprecherin

Sonja Buchterkirchen, Leipzig

Schwerpunkt: Studentenwerke im Umbruch

VON VOLKER SCHATTE ordrhein-Westfalen machte den Anfang. Schon vor 26 Jahren haben sich die Personalräte der Studentenwerke zu einer AG zusammengeschlossen. Immer wieder versuchten die KollegInnen, auch eine bundesweite Vernetzung hinzukriegen. Schließlich trafen sich ja auch die GeschäftsführerInnen des Deutschen Studentenwerkes (DSW) regelmäßig bei Tagungen, und es war zu vermuten, dass sie dabei Strategien zum Umgang mit den Beschäftigten entwickelten.

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Es waren denn auch die GeschäftsführerInnen, die diese Vernetzung der Personalräte zu verhindern wussten. Durch ein Gerichtsurteil ließen sie sich bestätigen, dass die Personalräte unterschiedlicher Bundesländer nichts miteinander zu tun hätten, weil sie auf Grundlage unterschiedlicher Landespersonalvertretungsgesetze agierten. Doch die GeschäftsführerInnen waren es auch, die die bundesweite Vernetzung schließlich provozierten und nicht mehr verhindern konnten. Ihr 1999 gestarteter Versuch, einen eigenen Tarifvertrag für alle Studentenwerke zu entwickeln und mit der ÖTV zu verhandeln, brachte in Bayern, Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und dem Saarland die KollegInnen der Personalräte dazu, sich in ihrem Bundesland zu vernetzen und dann mit den erfahrenen KollegInnen aus NRW zusammenzusetzen.

GRUPPE STUDENTENWERKE [email protected] [email protected] [email protected] [email protected] [email protected] [email protected] [email protected] [email protected] [email protected] [email protected] [email protected] [email protected] [email protected]

Mit einem ÖTV-Seminar für Personalräte der Studentenwerke in Saalfeld kam der Zug 2001 auf ein gewerkschaftliches Gleis. Beschlossen wurde die Gründung der Bundesarbeitsgemeinschaft der Studentenwerke. Die Mitglieder wurden gleich auf dem Seminar aus dem Teilnehmerkreis heraus bestimmt. Noch im selben Jahr fand die erste Sitzung statt. Diese der ÖTV abgerungene Arbeitsgemeinschaft wurde in ver.di als AG des Bundesfachbereichs Bildung, Wissenschaft und Forschung bestätigt. Wir treffen uns zweimal im Jahr, berichten uns gegenseitig über neue Entwicklungen in den Bundesländern, entwickeln gemeinsam Strategien, reagieren auf neue Angriffe und suchen nach Partnern. So haben wir in einer Sitzung Bernhard Liebscher, den BAföG-Referenten des Deutschen Studentenwerkes, zu Gast gehabt. Mit ihm diskutierten wir über die Zukunft des BAföG, die drohenden Studiengebühren und den Umgang mit den Studienkrediten. Wir überlegten, wie wir gemeinsam vorgehen könnten. Erfreulich ist, dass mittlerweile ratsuchende Anfragen bei unserer AG eingehen, die an uns weitergeleitet wurden. Meistens können wir sie auch zufriedenstellend beantworten. Im November 2005 haben wir einen Schwerpunkt unserer Arbeit für dieses und wohl auch für das kommende Jahr beschlossen: Soziales Benchmarking. Benchmarking? Ein betriebswirtschaftliches Konzept aus der Managementperspektive: Ich vergleiche mich mit dem besten oder zweitbesten meiner Branche und versuche, meine Prozesse so umzustellen, dass ich seinen wirtschaftlichen Erfolg erreiche. Innerhalb des DSW geben die Studentenwerke im Zahlenspiegel ihre Grunddaten an: Zahl der Studierenden, Umsatzerlöse, Personalaufwand, Anzahl der Mitarbeiter, der Mensen, der Wohnheime etc. Die ostdeutschen Studentenwerke weisen zudem für die Speisebetriebe und Wohnheime aus, mit wie viel Personal sie wie viele Mensaessen zu welchem Preis produzieren – und nennen das dann Benchmarking.

Foto: Privat

AG Studentenwerke Bundesweit vernetzt Volker Schatte ist Sprecher der AG Studentenwerke

Konkret heißt „Soziales Benchmarking“: Wir nehmen uns die Zahlen, mit denen operiert wird und betrachten sie aus der Beschäftigtenperspektive. Nadja Förtsch, Beraterin und Trainerin, die schon viele Seminare für Personalräte von Studentenwerken durchgeführt hat, beschreibt das so: „Sozialbenchmarking ist ein beteiligungsorientierter Beurteilungs- und Bewertungsprozess zur Situation der Beschäftigten in Studentenwerken mittels Kennzahlen . . .“. Um das gründlicher zu beleuchten, lädt ver.di im Rahmen der Kampagne „Campus der Zukunft“ zu einem Studentenwerksworkshop am 24. 11. 2006 nach Berlin ein.

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Neues Gesetz in Arbeit DARUM

GEHT

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Das geplante Gesetz zum Urheberrecht erfüllt – wenn auch befristet – eine wichtige Forderung der großen Wissenschaftsinstitutionen: Die Erlaubnis netzbasierter Wissensvermittlung und Forschungskommunikation soll bis Ende 2008 verlängert werden (§ 52a). Außerdem will die Gesetzesnovelle nicht kommerziellen Bibliotheken, Museen und Archiven grundsätzlich erlauben, veröffentlichte Werke in ihren Räumen an elektronischen Leseplätzen zur Forschung und für private Studien zugänglich zu machen (§ 52b). Auch der Kopienversand auf Bestellung soll abgesichert werden (§ 53a). Allerdings beschränkt er sich auf die Übermittlung einzelner Zeitungs- oder Zeitschriftenbeiträge sowie kleiner Teile erschienener Werke in Form grafischer Dateien. In beiden Fällen sollen aber Angebote der Verlage Vorrang haben. Eine Erlaubnis, interne elektronische Archive in öffentlich geförderten wissenschaftlichen Einrichtungen aufzubauen, fehlt im Entwurf. Ebenso wenig soll gestattet werden, dass technische Maßnahmen (§ 95b UrhG), umgangen werden – selbst wenn die Nutzung an sich zulässig ist. Das bewährte System, mit dem Urheber durch Verwertungsgesellschaften vergütet werden, soll zwar bestehen bleiben. Doch durch sachfremde Regelungen zur Vergütungshöhe wird es entwertet oder sogar ganz in Frage gestellt. ● ws

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Urheberrecht contra Bildung und Wissenschaft? Vor etlichen Jahren brachte die „Süddeutsche Zeitung“ die Karikatur eines Schülers, der seinem Lehrer erklärt: „Ich konnte meine Hausaufgaben nicht machen – wegen dem Urheberrecht.“ Der Witz scheint Politik geworden zu sein. Vielfach wird die Forderung erhoben, das Urheberrecht müsse „bildungs- und wissenschaftsfreundlicher“ werden. Manche zweifeln sogar, ob es überhaupt zur „Informationsgesellschaft“ passe. VON WOLFGANG SCHIMMEL egenwärtig wird der Entwurf zum „Zweiten Gesetz zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft“ diskutiert (siehe nebenstehende Spalte). Niemand ist richtig zufrieden damit. Zum einen hagelt es Proteste von Verlagen, Urheberorganisationen wie den ver.di-Kunst- und Medienfachgruppen und von VerbraucherschützerInnen. Zugleich kommt auch Kritik von Seiten der Bildung, Wissenschaft und Forschung sowie aus Bibliotheken.

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Dabei behindert das Urheberrecht im Kern weder die Informationsfreiheit noch die Forschung und Lehre: Wir alle haben Lesen und Schreiben aus urheberrechtlich geschützten Büchern gelernt; kein Urheberrecht unterbindet so etwas. Auch in Wissenschaft und Forschung ist es nicht nur erlaubt, sondern wird erwartet, Werke anderer AutorInnen auszuwerten und daraus neue Erkenntnisse zu entwickeln. Nur abkupfern ist ebenso verboten wie verpönt. Wo also liegt das Problem? Dem Urheber allein steht das Recht zu, sein Werk zu vervielfältigen – also auch zu kopieren oder ins Internet bzw. ein Intranet zu stellen. Dieses Recht des Urhebers gilt allerdings nicht schrankenlos: Für eigene wissenschaftliche Zwecke, Unterricht und Bildung dürfen geschützte Werke unter bestimmten Voraussetzungen ohne Zustimmung des Urhebers kopiert werden. Dafür wird eine Vergütung fällig. Die müssen die NutzerInnen allerdings nicht direkt zahlen, sondern sie wird durch Verwertungsgesellschaften gedeckt. Die kassieren zum Beispiel beim Verkauf eines Kopierers mit oder erhalten auf Grund von Verträgen einen Obolus von der Kultusverwaltung.

Das Urheberrecht, auf das auch AutorInnen wissenschaftlicher Werke nicht verzichten wollen, könnte also mit den Bedürfnissen von Bildung und Wissenschaft bestens harmonieren – gäbe es da nicht ein technisches Problem: Die Schranken des Urheberrechts stammen aus dem vergangenen Jahrtausend, sind also auf die analoge (Papier-)Kopie abgestimmt. Die aber ist in Wissenschaft und Forschung bereits weitgehend durch digitale Medien abgelöst. Auch in Schulen setzt sich der Computer zunehmend durch. Die Konsequenz: Was bisher an Forschergruppen, SeminarteilnehmerInnen oder Schulklassen auf Papier verteilt wurde, steht künftig im Intranet zur Verfügung. Dafür enthält schon das bisherige Urheberrechtsgesetz eine bis 2008 befristete Erlaubnis. Die aber geht manchen nicht weit genug. Ein neuer § 52 b soll nun die Wiedergabe von Werken an elektronischen Leseplätzen erlauben, soweit sie sich in nichtkommerziellen Bibliotheken, Museen und Archiven befinden. Streitig ist, wie viele dieser Plätze gleichzeitig mit einem Werk bedient werden dürfen. Die Verlage und der Bundesrat verlangen, dass die Anzahl nicht höher sein darf als die der Papierexemplare im Bestand der Einrichtung. Sie befürchten, dass Bibliotheken sonst künftig auch von viel genutzten Standardwerken nur noch ein einziges Exemplar bestellen. Die digitale Kopie hat nämlich Vorteile, die für alle, die vom Verkauf der Originale leben, tückisch sind: Sie ist im Prinzip beliebig oft abrufbar und ohne Qualitätsverlust kopierbar. Sie verschleißt nicht und bietet oft bessere Suchund Auswertungsmöglichkeiten als Bücher oder Zeitschriften. Genau an solchen Stellen liegen die Konfliktpunkte. Der Interessenausgleich wird sicher nicht einfach. Die Sorgen der Verlage und der nach verkauften Exemplaren honorierten Autoren sind nachvollziehbar – der Anspruch der NutzerInnen, auf Informationen effizient zugreifen zu können, ist aber ebenfalls verständlich. ●

Befristete Arbeitsverträge im W issenschaftsbereich T A

Das HRG geht – ein neues Gesetz kommt Schnell und geräuschlos legte das Bundesministerium für Bildung und Forschung (bmbf) Ende Juli einen Referentenentwurf vor. Der Titel: „Gesetz zur Änderung arbeitsrechtlicher Vorschriften in der Wissenschaft (AVWÄndG).“ Dahinter verbirgt sich eine Nachfolgeregelung zum Hochschulrahmengesetz (HRG). Konkret geht es um die Befristung der Arbeitsverträge von wissenschaftlichen und künstlerischen MitarbeiterInnen an Hochschulen und Forschungseinrichtungen. Eine erste Verbändeanhörung hat bereits stattgefunden. Das neue Gesetz soll Anfang März 2007 in Kraft treten. VON KARL-HEINRICH STEINHEIMER UND HANNELORE REINER eit mehr als 20 Jahren regelt der Bundesgesetzgeber befristete Arbeitsverträge in der Wissenschaft per Gesetz. Das ist stets nur unzureichend gelungen. Auch die HRG-Änderungen vom Februar 2002 haben nur einige Probleme gelöst, zugleich aber neue verursacht. ver.di hat deshalb immer wieder einen Tarifvertrag über die Befristung von Arbeitsverhältnissen für das wissenschaftliche Personal gefordert. Ein neues Gesetz wäre dann überflüssig.

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Grund für das neue Gesetz ist zum einen der Versuch, in der Praxis auftauchende Probleme zu lösen. Zum zweiten geht es darum, rechtzeitig Ersatz zu schaffen für das HRG, das in Folge der Föderalismusreform absehbar wegfallen wird. Tatsächlich gibt es im Gesetzentwurf viele gleichlautende Formulierungen wie im HRG. Die Befristungen ohne Sachgrund von höchstens sechs Jahren ohne und weiteren sechs Jahren mit Promotion bleiben erhalten. Doch auch einige gravierende Änderungen sind vorgesehen. So sollen Arbeitsverträge künftig auch dann befristet werden können, wenn „die Beschäftigung überwiegend aus Mitteln Dritter finanziert wird, die Finanzierung für eine bestimmte Aufgabe und Zeitdauer bewilligt ist und der Mitarbeiter ... überwiegend der Zweckbestimmung dieser Mittel entsprechend beschäftigt wird“. Eine Höchstdauer für die Summe der befristeten Verträge soll es in diesem Fall nicht geben. Das Wörtchen

„überwiegend“ ist entscheidend: Wer zu 49,9 % aus Haushalts- und zu 50,1% aus Drittmitteln finanziert wird, kann also ohne Ende befristet beschäftigt werden. Eine wesentliche Erweiterung der Befristungsmöglichkeiten betrifft das technische, Verwaltungs- und Bibliothekspersonal. Auch diese Beschäftigten sollen im Rahmen einer Finanzierung über Drittmittel befristete Verträge bekommen können. ver.di lehnt dies strikt ab: Es gibt keine Notwendigkeit, in wissenschaftlichen Einrichtungen anders zu verfahren als sonst wo im öffentlichen Dienst. Tarifliche Regelungen und das Teilzeit- und Befristungsgesetz eröffnen ausreichende Möglichkeiten für sachlich begründete Befristungen wie auch für Befristungen ohne Sachgrund. Mit seiner Gesetzesnovelle schießt das bmbf weit hinaus über das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das eine Sonderregelung für WissenschaftlerInnen erlaubt hat. Immerhin enthält der Gesetzentwurf auch einige positive Ansätze. So soll die zulässige Zeit, die wissenschaftliche MitarbeiterInnen insgesamt befristet beschäftigt sein dürfen, bei Eltern um zwei oder drei Jahre pro Kind verlängert werden. Auch die geschilderte Befristungsregelung im Rahmen von Drittmitteln wird von vielen Organisationen, in denen sich betroffene WissenschaftlerInnen zusammengeschlossen haben, begrüßt. Dazu gehören maintainbrain, THESIS, die Bundesvertretung des Akademischen Mittelbaus (BAM) und die Bundeskonferenz der Frauenund Gleichstellungsbeauftragten an Hochschulen (BuKoF). Die konkrete Praxis in den Hochschulen hat nämlich gezeigt, dass bisher vielen WissenschaftlerInnen eine (Weiter-)Beschäftigung verwehrt wurde, obwohl diese befristet oder unbefristet möglich gewesen wäre. Deshalb hat ver.di in einer Stellungnahme zum Entwurf des geplanten Gesetzes solcherlei Befristungsmöglichkeit für Hochschulen akzeptiert. Auf Forschungseinrichtungen ist die Regelung jedoch so nicht übertragbar. Die Grundsatzkritik aber bleibt: Der Gesetzentwurf liegt im Trend, das unternehmerische Risiko – auch in Einrichtungen der öffentlichen Hand – auf die Beschäftigten abzuwälzen. ●

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■ Jugend- und AusbildungsvertreterInnen – auf nach Berlin! Am 21. und 22. November findet in Berlin eine Tagung statt, bei der es um die Situation der Azubis an Hochschulen, in Bibliotheken und Forschungseinrichtungen gehen soll. Immerhin 15.000 junge Menschen machen in diesen Bereichen derzeit eine Ausbildung. Die Veranstaltung richtet sich an die gewählten VertreterInnen. Thematisiert werden sollen Tarifverträge, persönliche Ausbildungspläne und die Übernahmeproblematik. Vieles wird in kleinen Arbeitsgruppen besprochen. Anmeldeschluss ist der 20. Oktober 2006. Infos bei Silvia Wieduwilt, Tel. 030-263 99 89-18 oder per E-Mail an [email protected] ■ Wie weiter mit der Weiterbildung? Die Perspektiven beruflicher Weiterbildung als Instrument aktiver Arbeitsmarktpolitik sollen am 9. November 2006 bei einer Tagung in Berlin beleuchtet werden. Die Veranstaltung dauert von 9.00 bis 15.30 und findet in der ver.di-Bundesverwaltung statt. Weitere Infos sind zu erfragen unter [email protected] ■ Das Studium im Wandel Wie verändert sich Studieren angesichts von Studiengebühren und Kreditangeboten? Welche Möglichkeiten, Einfluss zu nehmen gibt es? Vom 10. bis 12. November sollen diese Fragen auf einem Perspektivenworkshop der AG Studierende des ver.diFachbereichs Bildung, Wissenschaft und Forschung erörtert werden. Veranstaltungsort ist die Jugendherberge in Rotenburg an der Fulda. Weitere Infos sind zu erfragen unter [email protected]

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Forschung in NRW M E L D U N G E N ■ Deutschland hat den größte Rechnerverbund in Europa Der Höchstleistungsrechner, der im Neubau des im Juli eröffneten Leibniz-Rechenzentrums (LRZ) in Garching steht, gehört zu den weltbesten Computern. Er hat heute schon eine Spitzenleistung von 26 Billionen Rechenoperationen pro Sekunde (26 Teraflops). Im Endausbau soll er 2007 bis zu 69 Teraflops leisten, und damit in die Top Ten der Welt vorstoßen. Die Gesamtkosten für den Neubau und die Installation belaufen sich auf 80 Millionen Euro und werden gemeinsam von Bund und Bayern finanziert. Der neue Computer bildet gemeinsam mit den Höchstleistungsrechenzentren in Jülich und Stuttgart einen Verbund – der größte in Europa. Die Hochgeschwindigkeitsvernetzung und die wissenschaftliche Zusammenarbeit der drei gleichberechtigten Standorte werden vom Bundesforschungsministerium von 2007 bis 2009 mit 30 Millionen Euro gefördert.

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■ Kulturkonferenz in Slowenien Beschäftigte des öffentlichen Dienstes im Bereich Kultur haben spezifische Interessen und Anliegen, wenn es um Osteuropa geht. Deshalb hat die IÖD gemeinsam mit den Gewerkschaften im Kulturbereich der Slowakei und der Tschechischen Republik eine internationale Konferenz für diese ArbeitnehmerInnen in Osteuropa organisiert. Weitere TeilnehmerInnen werden aus der Ukraine, Ungarn, Aserbaidschan und aus ausgewählten Balkanländern erwartet. Im Zentrum des Programms werden Finanzierungsmodelle und – quellen für das Kulturwesen und die Arbeitsbedingungen in dem Bereich stehen. Auch die Bedeutung von Kultur für die europäische Integration soll thematisiert werden.

Dilettantismus mit System Überraschend kam der Angriff nicht. Schon in der Opposition hatte die CDULandtagsfraktion Nordrhein-Westfalens einen Entschließungsantrag gestellt. „Das Land finanziert zahlreiche selbstständige wissenschaftliche Einrichtungen und Bildungseinrichtungen, deren Aufgaben . . . zukünftig von den Hochschulen des Landes wahrgenommen werden.“ Eine ähnliche Formulierung findet sich im Koalitionsvertrag wieder, nachdem CDU und FDP die NRW-Wahlen im Mai 2005 gewonnen hatten. Jetzt erfolgt die Umsetzung. VON WALTER WEIß s ist zu vermuten, dass hinter Schlagworten wie Verschlankung, Entbürokratisierung und Kostenreduktion vor allem inhaltliche Gründe stehen. Die hängen mit einem Verständnis von Innovation zusammen, das der Minister für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie Andreas Pinkwart (FDP) immer wieder hervorhebt. Demnach liegen die innovativen Stärken des Landes auf den Feldern Life Science, Zukunftsenergien, Nano- und Mikrotechnologie sowie Materialien und Werkstoffe. Sozialwissenschaftliche Themen sind für Pinkwart & Co dagegen minderwertig; Forschungen zu Arbeitsorganisation und -zeit, Arbeitsmarkt, Gesundheitspolitik, Mitbestimmung, Gleichberechtigung und Erziehung gelten als uninteressant. Diese Perspektive tut so, als ob Technik ohne Menschen und abgeschnitten von konkreter Anwendung einen Sinn machen würde. Ökologische und gesellschaftliche Hintergründe werden zu Marginalien erklärt und als ‚arbeitnehmerorientierte’ Forschung abgetan – die es somit zu zerschlagen gilt.

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In NRW sind eine ganze Reihe von Einrichtungen betroffen: Die Sozialforschungsstelle in Dortmund (sfs), das Forschungsinstitut Arbeit, Bildung, Partizipation (FIAB), das Kulturwissenschaftliche Institut in Essen (KWI), das WuppertalInstitut für Klima Umwelt und Energie (WI), das Institut Arbeit und Technik in Gelsenkirchen (IAT). Das Beispiel IAT macht die sowohl systematische als auch dilettantische Umsetzung der politi-

schen Vorgaben deutlich1. Im Dezember 2005 eröffnete der Minister der Institutsleitung, man habe das Ziel, die außeruniversitäre Forschung des Landes nicht mehr zu fördern. Nun bitte man um Vorschläge, wie es mit dem IAT weitergehen könne. IAT-Leitung und Ministerialbürokratie diskutierten daraufhin Stiftungslösungen, Privatisierungsmodelle usw. Nach langen Verhandlungen wurde entschieden: Das IAT wird zerlegt. Ein Teil geht an die Fachhochschule Gelsenkirchen, ein anderer an die Uni Duisburg-Essen. Das kommt einer Zerschlagung gleich. Die anstehenden Probleme sind vielfältig. Etwa die Hälfte der Beschäftigten wird aus Projektmitteln finanziert. Dieser Personenkreis wurde bisher auf Grundlage des Teilzeitbefristungsgesetzes beschäftigt, hatte aber durch die gute Projektauftragslage langfristige Perspektiven. Mit dem Wechsel an eine Hochschule wird diese Aussicht abgeschnitten, weil nach dem Hochschulrahmengesetz spätestens nach zwölf Jahren Schluss ist mit befristeten Verträgen. Wesentliche Teile der IAT-Projektbearbeitung werden somit unmöglich – und schlimmer noch: Viele langjährige Landesbeschäftigte werden arbeitslos. Ein Vertreter des Ministeriums meinte hierzu sinngemäß: Wo ist das Problem? Die Verträge sind doch befristet und enden zum vereinbarten Termin. Das Beispiel IAT zeigt: Das Ministerium spart kein Geld und vernichtet zugleich Arbeitsplätze in einer Stadt, die bereits die zweithöchste Arbeitslosenquote in Westdeutschland hat. Es verhindert die Durchführung weiterer Projektaufträge und stiehlt sich aus seiner Verantwortung als Arbeitgeber. Bisherige Auftraggeber werden sich an andere wenden. Und wetten: Die CDU/FDPLandesregierung wird das als Erfolg verkaufen unter dem Motto: Verschlankung und Förderung von Konkurrenzstrukturen. ●

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Zum IAT: Es wurde Ende der 80er Jahre vor dem Hintergrund neuer Produktionskonzepte (Gruppenarbeit usw.) und zur Begleitung des Strukturwandels als Einrichtung des Landes NRW gegründet. Das IAT hat ca. 90 Beschäftigte, davon ca. 40 aus dem Landeshaushalt finanzierte unbefristete Stammbeschäftigte und ca. 40 aus Projektmitteln finanzierte befristete Beschäftigte sowie ca. 10 studentische Hilfskräfte.

Das gute Beispiel V I E L F Ä LT I G E S L E R N E N

Foto: Oliver Stünkel

Alle Reinigungskräfte bleiben an Bord

Aufgeräumt und gut aufgelegt

Wer an der Tierärztlichen Hochschule Hannover (TiHo) putzt, ist dort auch angestellt. Durch eine intelligent gestaltete Dienstvereinbarung ist es gelungen, die 86 internen Reinigungskräfte in der Hochschule zu halten. Der Schlüssel zum Erfolg liegt in ausgeklügelten Arbeitszeitkonten. VON MARION PUFAL Im Jahr 2003 hatte die niedersächsische Landesregierung ein so genanntes „Hochschuloptimierungskonzept“ (HOK) verordnet: Einsparungen allerorten. Auch die Mittel der TiHo sollten 2004/2005 um 2,25 Millionen Euro schrumpfen. Vergeblich protestierten Gewerkschaften und Personalräte, denen klar war, dass das den Abbau von Stellen bedeuten würde. Die Zeit für eine möglichst sozialverträgliche Lösung drängte – schließlich sollte es schon im Folgejahr weniger Geld geben. Während andere Hochschulen die Schließung von Studiengängen erwägen, war das für die TiHo von Anfang an ausgeschlossen: Schließlich werden hier nur die beiden Fächer Biologie und Tiermedizin unterrichtet, und die vorhandenen Fachdisziplinen müssen aufgrund der Tierärztlichen Approbationsordnung vorgehalten werden. Wie üblich stand die Idee, „nicht-identitätsstiftende“ Bereiche wie die Reinigung outzusourcen, schnell auf der Tagesordnung. Doch bald wurde allen Beteiligten klar: Wir können auch anders. Der Vertrag mit einer externen Putzfirma, die für Fußböden zuständig war, hatte eine Kündigungsfrist bis Ende 2003 – konnte also auch vorher aufgelöst werden. Wie aber sollten die internen Reinigungskräfte die zusätzliche Arbeit schaffen? Selbstverständlich durften keine Neueinstellun-

gen in nennenswertem Umfang erfolgen, weil der „Spareffekt“ sonst ja hinfällig gewesen wäre. Und natürlich sollte die Qualität der Reinigung erhalten bleiben und am besten sogar noch verbessert werden. Schließlich müssen in den Klinikund Laborbereichen hohe Hygiene-Standards herrschen, woran es bei den Externen gelegentlich gemangelt habe, wie Professoren kritisierten. Erstaunlich ist das nicht: Interne Reinigungskräfte kennen die Problembereiche besser, sind gründlicher und können selbst entscheiden, was Vorrang hat! Nach Diskussionen mit den Beschäftigten, der Reinigungsleitung sowie Präsidium, Personalrat und Gewerkschaft wurde eine Dienstvereinbarung über ein Jahresarbeitszeitkonto abgeschlossen. Seither variiert die Häufigkeit der Reinigung zwischen Semesterbetrieb und Semesterferien. Schließlich werden die Unterrichtsräume in der vorlesungsfreien Zeit kaum schmutzig. Jede Reinigungskraft kann nun achtmal so viele Plusstunden auf ihrem Arbeitszeitkonto ansammeln wie ihre vereinbarte Monatsarbeitszeit. In den Semesterferien darf sie dann „Schulden machen“ und viermal so viele Minusstunden aufbauen wie ihrer individuellen Arbeitszeit pro Monat entspricht. Einmal im Jahr muss das Arbeitszeitkonto ausgeglichen sein; dafür können auch mehrere freie Tage genommen werden. Zugleich wurde die Häufigkeit der Reinigung an der TiHo neu festgelegt und den Leitungen der Hochschuleinrichtungen mitgeteilt. Das war wichtig, weil einige Professoren immer noch meinen, „ihre Putzleute“ könnten Extraarbeiten für sie verrichten. Doch auf einer Personalversammlung stellten die Betroffenen klar, dass ihre wissenschaftlichen KollegInnen sich fortan auf die neuen Regeln einstellen müssen: Zuerst wird der Plan abgearbeitet. Falls irgendwo eine Kollegin wegen Urlaub oder Krankheit fehlt, steht das als nächstes auf der Liste. Nur wenn dann noch Zeit bleibt, kann auch mal eine Sonderaufgabe erledigt werden. Dieser Lernprozess der ProfessorInnen ist allerdings noch nicht abgeschlossen. ●

■ Angebote der europäischen Online-Akademie Am 15. Oktober 2006 beginnt das neue akademische Jahr der Europäischen OnlineAkademie (EOA). Dahinter stehen mehrere wissenschaftliche Institutionen, zu denen u.a. das Centre International de Formation Europeénne gehört. Es hat seine Sitze in Nizza und Berlin. Auch der Jean-MonnetLehrstuhl für Politikwissenschaft der Uni Köln sowie einige weitere Partner sind beteiligt. Gelernt wird sowohl am heimischen Computer wie auch in Vor-Ort-Seminaren, die u.a. in Berlin stattfinden. Das Programm richtet sich an AkademikerInnen, Postgraduierte und Angestellte, die in öffentlichen Verwaltungen, Ministerien oder anderen öffentlichen und privaten Institutionen arbeiten und fundiertes Wissen zur europäischen Integration benötigen. www.eu-onlineacademy.org

Wo gibt es sie – die guten Beispiele? Der biwifo-Report will ab sofort in jeder Ausgabe ein mutmachendes Beispiel veröffentlichen: Wo hat ein Personaloder Betriebsrat etwas Gutes erreicht? Wo hat sich das Kämpfen gelohnt? Wo werden ungewöhnliche Wege ausprobiert, von denen auch andere etwas lernen können? Es muss ja nicht immer gleich um riesige Veränderungen gehen. Auch kleine, aber feine Erfolge zählen. Worum es uns bei alledem geht, sind Berichte über möglichst konkrete Erfahrungen. Wer einen Vorschlag hat, meldet sich bitte bei Holger Menze in der ver.diBundesverwaltung: [email protected]

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Service

Wahl-Marathon bei ver.di biwifo-Landesbezirksfachbereichskonferenzen Sa. Sa. Sa. Sa. Mi. Mi. Fr. Sa. Do. Fr. Sa.

Alle vier Jahre geht es ans Eingemachte. ver.di macht nicht Politik für die Mitglieder, sondern die Mitglieder bestimmen, wie und wer die Politik in ver.di macht. Das ist innergewerkschaftliche Demokratie.

11. 11. 2006 18. 11. 2006 25. 11. 2006 02. 12. 2006 06. 12. 2006 06. 12. 2006 08. 12. 2006 09. 12. 2006 18. 01. 2007 19. 01. 2007 27. 01. 2007

Niedersachsen-Bremen Hamburg Nord Nordrhein-Westfalen Rheinland/Pfalz Saar Berlin/Brandenburg MDR Baden-Württemberg Bayern Hessen

Springe, Bildungs-und Tagungszentrum Hamburg, Veranstaltungszentrum Hochbahn AG (Halle 13) Lübeck, Maritim-Hotel Düsseldorf Kirkel Kirkel Berlin Leipzig Stuttgart München Frankfurt

m Frühjahr begann der Wahlmarathon: Die gewerkschaftlichen Mandatsträger an der Basis wurden bestimmt. Betriebliche und örtliche Mitgliederversammlungen fanden statt, wo Betriebsgruppen- und Fachbereichsvorstände oder auch Vertrauensleute gewählt wurden.

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Nun geht es weiter über die Bezirke (86) und Landesbezirke (11), bis dann am 30. September bis 6. Oktober 2007 der zweite ver.di Bundeskongress in Leipzig tagt. Der Weg der demokratischen Selbstbestimmung ist somit nicht nur weit, sondern soll auch dafür sorgen, dass die Anliegen der Basis auf Bundesebene ankommen. Allerdings haben die aktiven Mitglieder längst bemerkt, dass die klassischen Gewerkschaftskonferenzen nicht unbedingt immer anziehend sind. Organisationswahlen und Antragsverfahren

sind mit viel Bürokratie verbunden. Dennoch müssen sie organisiert werden, wenn am Ende konkrete Ergebnisse stehen sollen. Es bleibt aber zu überlegen, wie demokratische Prozesse in unserer Organisation attraktiver gestaltet werden können, damit die Mitglieder mehr Einfluss auf konkrete Gewerkschaftspolitik nehmen können. Neue Beteiligungsverfahren müssen ausprobiert werden, die eine höhere Transparenz und Offenheit am gewerkschaftlichen Meinungsbildungsprozess ermöglichen. Wir brauchen demokratische Spielregeln, durch die das notwendige Mitmachen unserer Mitglieder nicht gelähmt, sondern ihr Interesse geweckt und ihre Aktivitäten gefördert werden. Holger Menze

SEMINARE

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Prekäre Beschäftigungsverhältnisse im Weiterbildungsbereich Handlungsmöglichkeiten für Betriebsräte

Zeit: Veranstalter: Ort: Zielgruppe:

06.11.– 08.11.2006 ver.di b+b Bitte über den Fachbereich erfragen Betriebsräte in Einrichtungen der Aus-, Fort- und Weiterbildung

Studienstrukturreform an deutschen Hochschulen Stand der Einführung gestufter Studiengänge und Eingruppierung von BA/MA-Abschlüssen

Zeit: Veranstalter: Ort: Zielgruppe:

27.11.-29.11.2006 ver.di/HBS Saalfeld KollegInnen, die an der Studienreform interessiert sind sowie PR und BR in Verwaltungen, in öffentl. und priv. Unternehmen und Einrichtungen

„Wie viel Markt verträgt die Ausund Weiterbildung?“ Neue Anforderungen an die Beschäftigten und ihre Interessenvertretungen

Zeit: Veranstalter: Ort: Zielgruppe:

22.01.-24.01.2007 ver.di b+b Berlin Betriebsräte in Einrichtungen der Aus-, Fort- und Weiterbildung

Zielvereinbarungen und Hochschulverträge Neue Steuerungsinstrumente im Hochschulwesen

Zeit: Veranstalter: Ort: Zielgruppe:

21.02.-23.02.2007 ver.di Saalfeld Personalratsmitglieder

Aktiv in Betrieb und Gesellschaft Wie kann ich mich mit meinen Ideen und Vorstellungen zur Arbeitswelt in meinem Betrieb und in der Gesellschaft einbringen?

Zeit: Veranstalter: Ort: Zielgruppe:

05.03.–09.03.2007 Bundesfachbereich Berlin Interessierte Mitglieder

Blick nach innen und von außen

Liquidation als Meilenstein

VON KARL-HEINRICH STEINHEIMER ch wurde für den Bezirk Magdeburg in den ÖTV-DDR-Gesamtvorstand gewählt. Wir im Osten starteten mit Vorstellungen über eine neue Gewerkschaft. Ihre Politik sollte eine konsequete Interessenvertretung der abhängig Beschäftigten sein. Doch schnell wurde uns von „erfahrenen Hasen“ klargemacht, wie der Hase läuft. Da wurde beispielsweise der ÖTV-DDR-Gesamtvorstand bei einer Klausursitzung – die übrigens genau am Wochenende des Fußball-WMEndspiels von 1990 Deutschland vs. Argentinien (1:0) stattfand – mit Rechtsschutzverordnung und einer Finanzverfassung überhäuft. Im Umbruch äußerst wichtige Dinge, zumal wir nicht einmal „eigene“ Kohle hatten. Dann kamen die deutsche Einheit, der Vereinigungsgewerkschaftstag der ÖTV 1991 und schließlich 1993 die Liquidation der ÖTV-DDR. In der Rückschau frage ich mich, ob damit die „Aufbruchstimmung“ der Wendezeit zu Grabe getragen wurde. Insofern könnte die Liquidation auch ein Symbol sein für den Entwicklungsprozess „Angleichung Ost an West“.

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An der TU Magdeburg hatten wir zum Beispiel mit einem Organisationsgrad von 70 % begonnen. Alle Beschäftigtengruppen waren in der ÖTV, übrigens auch die Profs. Sämtliche Mitglieder des ersten – in Personenwahl gewählten – Personalrats gehörten zur ÖTV. Solche traumhaften Berdingungen sind inzwischen vorbei: Auch in dieser Beziehung hat der Osten inzwischen das Westniveau erreicht. Ansonsten hatten wir anfangs wohl noch einiges zu lernen: Wir nahmen nämlich den Auftrag des Personalvertretungsgesetzes ernst, das eine „vertrauensvolle Zusammenarbeit von Personalrat und Dienststellenleitung“ vorsieht. Gemeinsam versuchten wir solche Dinge wie Einführung des

Oktober 1991

Fotos: ver.di Archiv

Der „Westen“ konnte sich nicht entschließen, gleich mit der „richtigen“ Gewerkschaft im Osten zu starten. Vielleicht war das gleich zu Beginn ein Symbol dafür, dass die Angleichung Ost an West nur in Trippelschritten vonstatten geht. So gründeten wir im Frühsommer 1990 relativ spontan und mit großem Enthusiasmus zunächst die ÖTV-DDR. Dahinter stand selbstverständlich die „richtige“ ÖTV – mit Know-how, Personal und Finanzen.

BAT-O bzw. MTArb-O mit Arbeitsplatzbeschreibungen und auch die Besetzung April 1993 von Führungspositionen konstruktiv zu lösen. Die Umstrukturierung der Hochschule, den verantwortungsvollen Umgang mit dem Personal bei „Vorgaben von außen“ (mir fällt da die Ausgliederung der Gehaltsabrechnung ein) oder den Aufbau des Studentenwerks gingen wir ebenfalls gemeinsam an. Wir wollten im Interesse der betroffenen Menschen und der Hochschule alles möglichst gut und korrekt machen. Ein paar Jahre später standen dann auch im Osten viel wichtigere inhaltliche Probleme auf der Agenda wie zum Beispiel: Wo kommt der Fahrradständer hin? Hatten wir in der Anfangszeit noch Rosinen im Kopf? Der erste ÖTV-Landesbezirksvorstand nahm doch tatsächlich für sich in Anspruch, in der Gesamtorganisation mitmischen zu wollen – und das, obwohl keines seiner Mitglieder die übliche gewerkschaftliche Tippel-Tappel-Tour hinter sich hatte. Der gesunde Menschenverstand sollte ausreichen? Deutlich zu sehen: Damit die Ossis auf das „hohe“ Westniveau gehievt werden können, bedarf es vor allem der Änderung ihrer „Denke“ und Verhaltensweisen. Vorher wird nichts. Dieses Niveau haben sie offenbar bis heute nicht erreicht. Zwar beherrschen sie inzwischen Gewerkschaftsdeutsch und rituelle Handlungen. Doch bei den Personen selbst besteht offenbar weiter Nachholentwicklungsbedarf. Vielleicht schafft es ja doch noch mal eine in den Bundesvorstand. Also: Es gibt noch viel zu tun – fangt schon mal an. ●

Bilder aus alten Zeiten

1991 Gewerkschaft ÖTV Bezirksvorstand Sachsen-Anhalt Konstituierende Sitzung am 22. Oktober 1991 1993 Liquidation ÖTV-DDRGesamtvorstand im April 1993 (mit der stellv. ÖTVVorsitzenden Jutta Schmidt)

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BEITRITTSERKLÄRUNG

Coupon bitte abtrennen und im Briefumschlag schicken an: Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft . Fachbereich 5 . Bildung, Wissenschaft und Forschung . Paula-Thiede-Ufer 10 . 10179 Berlin