Bakkalaureatsarbeit. Magersucht eine psychosomatische Erkrankung

Bakkalaureatsarbeit zur Erlangung des Grades eines/r Bakkalaureaus/Bakkalaurea der Gesundheits- und Pflegewissenschaft über das Thema Magersucht – ei...
Author: Benedikt Reuter
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Bakkalaureatsarbeit zur Erlangung des Grades eines/r Bakkalaureaus/Bakkalaurea der Gesundheits- und Pflegewissenschaft über das Thema

Magersucht – eine psychosomatische Erkrankung im Rahmen der Lehrveranstaltung Präventive und rehabilitative Aspekte der Gesundheitsversorgung von Menschen im Kindes- und Jugendlichen- und mittleren Alters Vorlesung WS 2008/2009

Eingereicht bei: Ao.Univ.-Prof. Mag. Dr.phil. Andrea Paletta Institut für Sportwissenschaft Karl-Franzens-Universität Graz Eingereicht von: Kircher Linda Wasserfallweg 5 9520 Sattendorf 0533647 Graz, am 23.6.2010

Ehrenwörtliche Erklärung

Ich erkläre ehrenwörtlich, dass ich die vorliegende Bakkalaureatsarbeit selbständig und ohne fremde Hilfe verfasst habe, andere als die angegebenen Quellen nicht verwendet habe und die den benutzten Quellen wörtlich oder inhaltlich entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht habe. Weiters erkläre ich, dass ich diese Arbeit und gleicher oder ähnlicher Form noch keiner anderen Prüfungsbehörde vorgelegt habe.

Kircher Linda

Graz, am 10.10.2009

Inhaltsverzeichnis Abstract ................................................................................................................................................... 4 1.

Einleitung ......................................................................................................................................... 5

2.

Allgemeines ..................................................................................................................................... 6

3.

Historische Entwicklung .................................................................................................................. 7

4.

Magersucht ist eine Krankheit......................................................................................................... 8 4.1 Magersucht und Häufigkeit ........................................................................................................... 9 4.2 Magersucht als Essstörung .......................................................................................................... 10 4.3 Verhalten von anorektischen Patienten...................................................................................... 11 4.4 Leistungen und Regeln ................................................................................................................ 13 4.5 Heißhunger und Erbrechen ......................................................................................................... 13

5.

Gründe für Magersucht ................................................................................................................. 15

6.

Familie und Essstörungen.............................................................................................................. 19 6.1 Väter ............................................................................................................................................ 21 6.2 Mütter ......................................................................................................................................... 21 6.3 Magersüchtige Töchter ............................................................................................................... 22 6.5 Beziehungen innerhalb der Familie ............................................................................................ 23 6.6 Essstörungen und gesellschaftliche Begleiterscheinungen ......................................................... 25

7.

Auswirkungen auf den Organismus............................................................................................... 26

8.

Folgekosten ................................................................................................................................... 28

9.

Therapie von Essstörungen ........................................................................................................... 29 9.1 Sport und die Therapie von Essstörungen.................................................................................. 31

10.

Resümee .................................................................................................................................... 32

11.

Literaturverzeichnis ................................................................................................................... 33

Abstract Magersucht ist in den westlichen Ländern ein sehr weit verbreitetes Phänomen der heutigen Zeit. Nicht nur Frauen, sondern auch viele Männer erkranken an dieser psychosomatischen Krankheit und benötigen viel Zeit, Energie und Durchhaltevermögen, um sich in späterer Folge aus diesem Teufelskreis zu lösen. In der folgenden Arbeit möchte ich auf dieses relativ neue Krankheitsbild der Magersucht eingehen. Bei Magersüchtigen stehen vor allem ein gestörtes Essverhalten sowie ein verändertes Körperbild im Vordergrund. Magersüchtige können meist nicht zwischen Appetit und Sättigung unterscheiden und fühlen sich stets zu dick. Typische Anzeichen für Magersucht sind die Weigerung Essen zu sich zu nehmen, aus Angst vor einer Gewichtszunahme, Störungen in der Wahrnehmung des Körpers aber auch übermäßige sportliche Betätigung, um Gewicht zu verlieren. Die Krankheit Magersucht kann sowohl Männer als auch Frauen aller Schichten treffen, wobei die Zahl der erkrankten Frauen noch immer höher als die der Männer ist. Die Krankheit bricht häufig im Alter zwischen 18 und 25 Jahren aus und als Risikofaktoren werden mangelndes Selbstwertgefühl, Umbruchsituationen wie Trennungen oder die Pubertät, sowie krankhafte Schönheitsideale angeführt. Der Beginn einer Magersucht bis hin zur Manifestation ist oft sehr schwer zu erkennen. Am Anfang vollzieht es sich wie eine ganz normale Diät, nur mit dem Unterschied, dass Magersüchtige ihr Wunschgewicht immer weiter nach unten revidieren und eine gestörte Wahrnehmung hinsichtlich des eigenen Körpers entwickeln. Der Körper passt sich der verminderten Nahrungsaufnahme an und senkt Blutdruck, Herzfrequenz, Körpertemperatur und vieles mehr. Auf lange Zeit gesehen ist dies für den Körper krankhaft und kann Organe und Funktionen auf Dauer schädigen. Daher ist es bei der Therapie wichtig, die Sprache der Magersüchtigen zu verstehen, körperliche Funktionen wieder herzustellen und an der Psyche und der Selbstwahrnehmung des Betroffenen zu arbeiten.

1. Einleitung In den letzten Jahren bzw. Jahrzehnten hat sich in den westlichen Ländern ein neues Krankheitsbild entwickelt. Es handelt sich hierbei um die Krankheit Magersucht, eine psychosomatische Erkrankung, bei der Frauen oder Männer durch absichtliche Verweigerung der Nahrung stark abmagern und dies oft auch noch durch extreme körperliche Betätigung verstärken. Obwohl es Magersucht wahrscheinlich schon immer gegeben hat, ist vor allem in den letzten Jahren die Zahl der Erkrankten stark angestiegen. Sowohl gesellschaftliche, aber auch familiäre und individuellen Faktoren spielen beim Ausbruch dieser Krankheit eine große Rolle. Betroffene leiden sehr stark unter einem veränderten Selbstbild, sodass sie sich stets zu dick fühlen und immer weiter abnehmen. Dies führt dazu, dass der Körper einer Unterernährung ausgesetzt ist, was in späterer Folge zu organischen Problemen führen kann. Weiters ist auch die Psyche und die Wahrnehmung des eigenen Körpers gestört und stark betroffen. In der folgenden Arbeit wird die Krankheit Magersucht näher beleuchtet und auf Risiko- und Schutzfaktoren sowie wissenschaftliche Erkenntnisse eingegangen. Es wird keine scharfe Trennung zwischen Magersucht und Bulimie geben, da beide einen sehr ähnlichen Anfang haben und oft auch voneinander beeinflusst werden bzw. sich Magersucht zur Bulimie oder umgekehrt entwickeln. Zusätzlich dazu werden in der folgenden Arbeit auf die sozialen Komponenten die zur Entstehung der Magersucht beitragen, eingegangen. Die Familie und ihre Werte und Normen sind, neben anderen Einflussfaktoren, oft unberücksichtigt. Die Arbeit wird die Werte und Normen von Familien mit Magersüchtigen Patienten miteinbeziehen und sie in Zusammenhang zur Entstehung, Verlauf und Therapie dieser Krankheit bringen. Zu Beginn der Arbeit wird die Krankheit Magersucht definiert, auf die historische Entwicklung und auf die Risikogruppen dieser Erkrankung eingegangen. Danach werden die Gesellschaft und die Werte und Normen der Familien von Betroffenen näher beleuchtet, um herauszufinden, ob diese zur Entstehung dieser Krankheit beitragen. Da Magersüchtige eine eigene Sprache sprechen ist es wichtig diese verstehen zu lernen, typische Verhaltensmuster von Magersüchtigen zu erkennen und deren Regeln und Leistungen zu kennen. Erst dann kann mit adäquaten Therapien begonnen werden, die am Ende der Arbeit beschrieben werden soll.

2. Allgemeines Nahrung ist in allen Kulturen und für alle Lebewesen essentiell, da ein Mensch nie ohne Essen überleben könnte (vgl. Gülow 2005: 12). Der Mensch braucht Nahrung, um diese in Energie umzuwandeln und alle körperlichen Funktionen aufrecht zu erhalten. Es kann also kein Mensch ohne Essen überleben, doch die Art der Nahrungsaufnahme sowie die Wertigkeit von Nahrung unterscheiden sich in den diversen Kulturen und Ländern. Während sich früher die Menschen darüber Gedanken machen mussten ob sie genug zu essen für den Tag hatten, überwiegt heutzutage in den westlichen Ländern der Genuss an Essen. Einige Menschen haben jedoch Angst, zu viel zu essen und beginnen deshalb ihr Essverhalten zu beobachten, kontrollieren und zu zügeln, um an Gewicht zu verlieren oder wenigstens nicht zuzunehmen. Grund dafür ist nicht die Gesundheit sondern der gegenwärtige Schönheitswahn der westlichen Welt, der durch die Modewelt und die Medien propagiert wird. Während Gemälde aus dem 18. Jahrhundert das damalige Schlankheitsideal rund und füllig aussehen lassen, sieht man in den Zeitschriften der heutigen Zeit deutlich den Trend zu schlanken Menschen. Verstärkt wird dies dadurch, dass nur schlanke Menschen als erfolgreich und schön dargestellt werden. Als Resultat dessen, sind immer mehr Jugendliche und Erwachsenen beiden Geschlechtes unzufrieden mit sich und ihrem Körper. Es ist daher auch nicht verwunderlich, dass die Anzahl der Essgestörten, sowohl Magersucht als auch Bulimie, in den letzten Jahren erheblich zugenommen hat. Laut Univ. Prof. Dr. Martina de Zwaan von der Universität Erlangen ist bereits jedes dritte Mädchen zwischen 11 und 20 Jahren „auf Diät“. Viele dieser Mädchen halten Diät um ein paar Kilo abzunehmen und gehen dann wieder zum alten Essverhalten über. Ein geringer Teil ist damit jedoch noch nicht zufrieden und hungert weiter und weiter, was in weiterer Folge krankhaft wird und als Magersucht bezeichnet wird.

3. Historische Entwicklung Essen und vor allem das gemeinschaftliche Essen hat schon immer einen hohen Stellenwert in der Gesellschaft gehabt und wird schon immer als wichtiger Teil zwischenmenschlicher Beziehungen gesehen. Darum vermuten man, dass Magersucht eine Krankheit ist, die es wahrscheinlich schon immer gegeben hat und die es ohne Gesellschaft nicht geben würde. Erstaunlich ist jedoch, dass Magersüchtige in Ländern der Armut nicht bekannt sind. In der westlichen Gesellschaft ist aber speziell seit den 50er und 60er Jahren ein deutlicher Anstieg dieser Krankheit zu erkennen. (vgl. Gerlinghoff 1999: 20f) Bekannt ist, dass die Nahrungsaufnahme stets mit zwischenmenschlichen und emotionalen Beziehungen verbunden war und neben rationalen und physiologischen auch psychologische Aspekte von Bedeutung waren bzw. sind (vgl. Bruch 2004:18). Der Mensch braucht Nahrung um zu überleben, so wie jedes Tier auf dieser Welt. Nur dem Menschen ist es jedoch vorbehalten, bewusst auf Nahrung für eine bestimmte Zeit zu verzichten. Zwar scheint der absichtliche Nahrungsverzicht für den Menschen absurd, doch kann man dieses Phänomen in allen Religionen dieser Welt wiederfinden. Dabei geht es den Menschen meist nicht um Gesundheit oder Schlankheit, sondern das Herausheben der Verkörperung, die Vertreibung von Geistern oder die Reinigung oder Buße steht im Vordergrund. Die Leute glauben in dieser Zeit auf geistige Nahrung zurückgreifen zu können. Hier kann man natürlich nicht von Magersucht sprechen, jedoch wird deutlich, dass auch dieses Hungern absichtlich herbeigeführt wurde bzw. wird. Es wird jedoch als asketisches Fasten bezeichnet und unterscheidet sich unter anderem dadurch, dass bei der Anorexie das Bild und der Glaube an Gott in keinerlei Hinsicht eine Rolle spielt. Außerdem wurde asketisches Fasten zur Erhaltung der Gesundheit vollzogen, was bei der Magersucht genau gegenteilig ist. Aufzeichnungen

aus

der

Vergangenheit

lassen

erkennen,

dass

absichtliche

Nahrungsverweigerung zur Erreichung politischer oder anderer Interessen herangezogen wurde. Auch heute noch treten Menschen in den Hungerstreik, um zum Beispiel eine Freilassung zu erreichen. Aus dem 14. Jahrhundert gibt es erste Aufzeichnungen eines Mädchens, das alle typischen Merkmale einer aus heutiger Sicht magersüchtigen Person aufweist. Bereits mit sieben Jahren begann Katherina von Sienna (1347-1380) zuerst auf Fleisch zu verzichten, in späterer Folge ernährte sie sich überhaupt nur noch von Brot, Kräutern und Wasser. Zusätzlich dazu weigerte sie sich schlafen zu gehen und quälte sich selbst mit einer Eisenkette. Wie auch Magersüchtige in der heutigen Zeit, versuchte Katherina

Aufmerksamkeit durch ihren Verzicht auf Nahrung zu erlangen, was sie jedoch mit 33 Jahren in Grab brachte. (vgl. Bourcillier 1992:6f) Erste medizinische Aufzeichnungen der Krankheit Magersucht, wie wir sie heute kennen, stammen aus dem Jahre 1961, als erstmals die Krankengeschichte eines Mädchens dokumentiert wurde, welche typische Merkmale dieser Krankheit aufwies. Sie betätigte sich trotz starker Abmagerung, weiterhin übermäßig körperlich. Der Begriff „Anorexia nervosa“ (= Magersucht) stammt jedoch erst aus dem 19. Jahrhundert von Sir William Gull, der sich dieser Krankheit verschrieb und bereits klinische Dokumentationen und Symptome aufschrieb. Weiters ergaben Untersuchungen, dass die meisten von anorexia nervosa erkrankten Mädchen und Frauen im Alter zwischen 15 und 23 Jahren waren. Zusätzlich dazu war er sich bereits sicher, dass diese Krankheit durch psychische Dispositionen hervorgerufen wurde. Sir William Gull und der zur gleichen Zeit forschende französische Neurologe Lasègue, beschrieben diese Krankheit bereits so genau, dass ihre Informationen und Erkenntnisse bis heute Gültigkeit behalten haben. (vgl. Gerlinghoff 1999: 171f) Lediglich die Bezeichnung „Anorexia nervosa“ wurde und wird auch heute noch kritisiert, da es sich bei dieser Krankheit nicht wie direkt übersetzt um „Appetitverlust“ handelt, sondern um die Unterdrückung des Hunger und eine persönliche Weigerung der Essensaufnahme, bei der der/die eigentliche Hunger leiden (vgl. Bourcillier 2005: 3).

4. Magersucht ist eine Krankheit Magersucht ist nach heutigen Erkenntnissen eine psychosomatische Erkrankung, die sowohl den Körper, als auch die Seele des Patienten betrifft. Es ist eine sehr komplexe Erkrankung, bei der eine Vielzahl an Faktoren zu berücksichtigen ist. (vgl. Gerlinghoff 1999:15) Doch was bedeutet krank zu sein, an einer Krankheit zu erkranken? Es gibt viele unterschiedliche Definitionen von Krankheit und jeder empfindet krank zu sein anders. Verallgemeinernd kann man jedoch sagen, dass eine Krankheit nicht so sehr als Problem aufgefasst wird, wenn sie schnell erkannt und auch geheilt werden kann, ohne Spuren im Leben des Menschen zu hinterlassen. Ernst wird es erst dann, wenn eine Erkrankung das Leben des Menschen nachhaltig verändert. Sowohl für den Erkrankten, als auch für Angehörige kann sie starke Veränderungen mit sich bringen und nicht selten kommt es im familiären Umfeld zu gravierenden Veränderungen und Lebensumstellungen. (vgl. Gerlinghoff 1999:11f)

Generell fallen vielen Menschen der Umgang und die Auseinandersetzung mit einer Krankheit sehr schwer. Speziell bei der Krankheit Magersucht ist es schwierig, sie als Krankheit zu erkennen bzw. für den/die Erkrankte(n) Magersucht als Krankheit zu akzeptieren, da sich die Patienten lange nicht krank fühlen. Auch Experten geling es meist nicht alle Symptome richtig zu erkennen und die Krankheit Anorexie als solche zu diagnostizieren. (vgl. Gerlinghoff 1999:77f)

4.1 Magersucht und Häufigkeit Die Krankheit Magersucht ist eine Essstörung, bei der, wie der Name schon sagt, ein gestörtes Verhalten hinsichtlich Essen und Nahrung gegeben ist. Sie zählt zu den am häufigsten vorkommenden Essstörungen weltweit und tritt vor allem bei Jugendlichen im Alter zwischen 14 und 18 Jahren und jungen Erwachsenen auf, wobei Frauen öfters daran erkranken als Männer (vgl. Gülow 2005:12). Laut Fichter gab es speziell in den letzten zwei Dekaden einen großen Anstieg an anorektischen Patienten. Prozentuell geht man davon aus, dass ca. 80-90% der Erkrankten Frauen sind, wobei auch immer mehr Männer an Anorexie erkranken und ihre Dunkelziffer nicht bekannt ist. „ Insgesamt geht man von über 200.000 Österreicherinnen aus, die zumindest einmal in ihrem Leben an einer Essstörung erkranken. Bezogen auf die österreichische Gesamtbevölkerung leiden an einem beliebigen Stichtag von allen 1520jährigen Mädchen mindestens 2.500 Mädchen an einer Magersucht und über 5.000 an einer subklinischen Essstörung, d.h. einer leichten Verlaufsform. Unter 20-30jährigen findet man 6.500 Frauen mit Bulimie“ (Rathner 1999) Bereits Gull war davon überzeugt, dass die Krankheit Magersucht auch Männer treffen kann, wenn auch viel seltener. Dabei unterscheiden sich die Ursachen und Hintergründe von denen der Frauen oft deutlich. Während Mädchen die wachsenden weiblichen Körperformen als Gewichts- und Körperzunahme empfinden und mit Hungern versuchen, diese loszuwerden, ist es bei den Männern oft das Gefühl zu zart und zu schwächlich zu sein. (vgl. http://www.magersucht.de/krankheit/maenner.php) Zwar gibt es auch bei Männern erblich bedingte Vorbelastungen, doch kommt meist ein Problem in der Ablösung und der fehlenden oder gestörten Individualität hinzu. Sie meiden oft Beziehungen zu Gleichaltrigen und kämpfen mit Abhängigkeitskonflikten. Aber auch Faktoren die das Selbstwertgefühl belasten wie verminderte Körpergröße, junges Aussehen oder verminderte Intelligenz sind für Männer Risikofaktoren im Bezug auf Magersucht. (vgl. Feiereis 1998: 51f) Die Antwort darauf ist manchmal der sogenannte Adonis-Komplex. Hierbei handelt es sich um ... „ein ständiges

zwanghaftes

Streben

nach

dem

Idealkörper“

(vgl.

http://www.magersucht.de/krankheit/maenner.php). Männer versuchen ihrem gebrechlichen und zarten Aussehen mit einem übermäßigen Sportprogramm und der Einnahme von Abführungsmitteln und Steroide entgegenzuwirken. Zusätzlich zu den bereits erwähnten Risikofaktoren, ist auch die Homosexualität ein weiterer Faktor bei der Entstehung von Magersucht. Bei 53% der erkrankten Männer handelt es sich um Homosexuelle und man geht davon aus, dass diese Gruppe sehr große Probleme mit dem eigenen

Körper

und

der

eigenen

Person

hat.

(vgl.

http://www.magersucht.de/krankheit/maenner.php)

4.2 Magersucht als Essstörung Die Krankheit Magersucht ist eine Essstörung, bei der, wie der Name schon sagt, ein gestörtes Verhalten hinsichtlich Nahrung gegeben ist. Aufgrund oft unterschiedlicher Verhaltensmuster und Entstehungen ist die Definition von Magersucht oft auch sehr schwierig und sehr unterschiedlich (vgl. Gerlinghoff 1999: 146). Deshalb wurde auf Grundlage und Symptomen ein Klassifikationssystem entwickelt, das Magersucht gemäß dem DSM-IV 1996 folgendermaßen definiert: a. „Weigerung, das Minimum des für Alter und Körpergröße normalen Körpergewichts zu halten ( z.B. der Gewichtsverlust führt dauerhaft zu einem Körpergewicht von weniger als 85% des zu erwartenden Gewichts; oder das Ausbleiben einer während der

Wachstumsperiode

zu

erwartenden

Gewichtszunahme

führt

zu

einem

Körpergewicht von weniger als 85% des zu erwartenden Gewichts). b. Ausgeprägte Ängste vor einer Gewichtszunahme oder davor, dick zu werden, trotz bestehenden Untergewichts c. Störungen in der Wahrnehmung der eigenen Figur und des Körpergewichts, übertriebener Einfluss des Körpergewichtes oder der Figur auf die Selbstbewertung, oder Leugnen des Schweregrades des gegenwärtigen geringen Körpergewichts. d. Bei postmenarchalen Frauen das Vorliegen einer Amenorrhöe, d.h. das Ausbleiben von mindestens drei aufeinanderfolgenden Menstruationszyklen (Amenorrhöe wird auch dann angenommen, wenn bei einer Frau die Periode nur nach Verabreichung von Hormonen, z.B. Östrogen, eintritt).“ ( Gerlinghoff 1999: 152f)

Gülow unterscheidet drei Formen von Magersucht: „Typ 1: Restriktive Anorexie: Gewichtsverlust durch Fasten, Diäten und Zwangsbewegungen. Während der Krankheit liegen bei den Betroffenen keine regelmäßigen Essanfälle mit nachfolgendem selbst herbeigeführtem Erbrechen vor. Typ 2: Binge-Eating/ Purging: Während der Anorexie kommt es regelmäßig zu Fressdurchbrüchen mit gierigem schnellen und heimlichen Herunterschlingen größerer Nahrungsmengen, was selbst für gesunde Esser zu viel wäre. Das führt zu einem unangenehmen Völlegefühl oder schlechten Gewissen. Darauf folgt zwanghaftes Erbrechen der Nahrung (Purging Verhalten); daneben können die Mädchen durch den Missbrauch von Abführmitteln u.a. einer Gewichtszunahme entgegenwirken. Wegen diesem Verhalten schämen sich viele. Typ 3: Purging Verhalten: Nach geringer Nahrungsaufnahme oder Fressanfällen wird mit Purging-Verhalten gegengesteuert. Dieses Verhalten zeigt sich mindestens ein bis zwei Mal wöchentlich.“ ( Gülow 2005: 19f) Magersucht ist also eine psychosomatische Krankheit, die charakteristisch durch das extreme Abnehmen unter 15‘% des Normalgewichtes ist, wobei dieses durch die Berechnung des Body Mass Index errechnet wird. Werte unter 17,5 werden als krankhaft angesehen. Bei Kindern und Jugendlichen wird jedoch nicht der BMI als Berechnung herangezogen, da sie sich noch im Wachstum befinden. Anstelle des BMI werden Wachstums- und Gewichtskurven erstellt, die Aufschluss über das Gewicht und die Körpergröße zu einem bestimmten Alter geben. ( vgl. http://www.magersucht.de/krankheit/diagnose.php)

4.3 Verhalten von anorektischen Patienten Typisch für alle Essgestörten sind ein gestörtes Verhalten hinsichtlich Appetit und Sättigung sowie suchtähnliche Verhaltensweisen. Die Betroffenen beschäftigen sich ununterbrochen mit dem Essen, haben eine gestörte Wahrnehmung des Körpers und ihrer Gefühle und isolieren sich meist im Laufe ihrer Krankheit von den Mitmenschen. ( vgl. www.ess-stoerungen.at) In der Zeit, in der Mädchen und Frauen erkranken, ist es ihnen nicht möglich, ihre Gefühle richtig und bewusst einzuschätzen. ‚Teilweise werden Gefühle einfach untergraben oder falsch interpretiert, um die Qualen des Nichtessens zu etwas Positivem umzuwandeln und ihnen selbst das Gefühl von Macht und Stärke zu geben, Zusätzlich dazu werden körperliche Erschöpfungszustände und Signale des Körper zum Zweck des Dünnseins nicht ernst genommen bzw. einfach übergangen. (vgl. Fabach 2000)

Magersüchtige beschreiben jeden abgenommen Kilogramm als Steigerung des Wohlbefindens und bestaunen ihren immer dünner werdenden Körper vermehrt im Spiegel. Bei kleinsten Abweichungen der gewünschten Figur wird ihre Stimmung depressiv und stärker wird der Wunsch noch dünner zu sein. (vgl. Feiereis 1998:34) Oft werden junge Mädchen und Frauen anfangs noch vom Umfeld und der Familie bewundert, bis jedoch das Untergewicht nicht mehr zu leugnen ist und die Bewunderung in Sorge umschlägt. (vgl. Gerlinghoff 1999:15) Die Waage wird zur wichtigsten Kontrollinstanz für die Stimmung und den Tagesablauf. Im Gegensatz zu gesunden Menschen, die sich hier und da einmal wiegen, wird es für Magersüchtige ein Muss, sich mehr als einmal pro Tag zu wiegen und sich damit selbst zu kontrollieren. (vgl. Gerlinghoff 1999:83f) „Ich nahm von Tag zu Tag mehr ab, da ich jede Essensaufnahme verweigerte. Ich war stolz auf mich und fühlte mich stark, wenn die Gewichtsanzeige der Waage jedes Mal weniger anzeigte. Ich wog mich mit und ohne Kleidung, nützte jede Chance mich? Wurde meine Hose weiter?“ Aber nicht nur die Waage hilft vielen Essgestörten, Kontrolle über sich und das Essverhalten zu behalten. Auch Kalorientabellen, Taschenrechner, Zentimetermaß sowie Küchenwaagen dienen den Betroffenen als Kontrollinstanz. Die Nahrungsmittel werden in Erlaubte und Unerlaubte eingeteilt und es wird präzise darauf geachtet, dass nur noch Gesundes und Kalorienarmes gegessen wird. Dadurch wird die Ernährung zwar meist sehr einseitig, was die Betroffenen jedoch nicht stört. Anorektische Patienten leiden zwar stets hunger, leugnen dies jedoch vor sich und ihrer Umwelt. Oft wird dieses Hungergefühl durch übermäßiges Kaugummikauen oder durch übermäßiges Trinken von kalorienfreuen Getränken vertrieben. Typisch für Magersüchtige ist außerdem, dass sie zwar nichts essen, sich aber den ganzen Tag mit Rezepten oder der Zubereitung von Speisen beschäftigen. Sie kaufen zum Schein Essen ein, horten es oder bekochen ihre Mitmenschen. Viele beginnen Kochbücher zu lesen und sich intensiv mit Ernährung zu beschäftigen, obwohl sie selber keine oder nur wenig Nahrung zu sich nehmen. Das Essen mit der Familie wird, wenn geht, vermieden und wenn es doch dazu kommen sollte, werden Täuschungsmanöver unternommen. (vgl. Gerlinghoff 1999: 86f) „ Beim Essen habe ich Tricks angewandt, auf die kein normaler Mensch kommt: Entweder ich schnäuzte mich pausenlos und spuckte dabei die zerkauten Bissen ins Taschentuch, oder ich aß mit den Händen vor dem Mund und beförderte die abgebissenen Brocken aus dem Mund und ließ sie dann in den Halsausschnitt meines Pullis gleiten.“ (Gerlinghoff 199:90)

Zusätzlich zum Hungern praktizieren viel Magersüchtige auch noch stundenlang Sport, um zusätzlich Kalorien zu verbrauchen. Dinge des alltäglichen Lebens werden nur mehr im Stehen oder Gehen ausgeführt und die Anzahl der Trainingsstunden pro Woche werden kontinuierlich erhöht, um noch mehr Gewicht zu verlieren. Ein weiteres typisches Merkmal von anorektischen Patienten ist, ihre Tage zu verplanen, um das innere Leeregefühl zu überspiele und ja nicht in die Versuchung von Essen zu kommen. ( vgl. Gerlinghoff 1999: 91f)

4.4 Leistungen und Regeln Magersüchtige verlangen von sich selbst Höchstleistungen sowohl im Sport, als auch in der Schule. Sie setzen sich selbst sehr unter Druck, erlegen sich selbst strenge Regeln auf, damit sie sich und ihren Körper kontrollieren können. Die Regeln geben ihnen Halt und Sicherheit und werden zu ihrem Lebensinhalt. Strenge Regeln bestehen zum Beispiel darin, nur 300 Kalorien am Tag zu essen. Werden diese Regeln gebrochen, legen sich anorektische Patienten selbst Bestrafungen auf, indem sie länger als geplant laufen gehen oder zusätzliche Sporteinheiten einführen. Anfangs gelingt ihnen das gut, doch mit zunehmendem Krankheitsverlauf werden sie immer schwächer, da der Körper auf Sparflamme schaltet. Hinzu kommt ein Gefühl der immer stärkeren Leere und Einsamkeit. Sie werden den ganzen Tag von sich selbst gehetzt, um das innere Leeregefühl mit etwas von außen zu befriedigen, was sie jedoch nicht genießen können. ( vgl. Gerlinghoff 1999: 91f) „Ich fühlte mich ständig gehetzt. Bei keiner Tätigkeit konnte ich länger bleiben. War ich mit einer Sache beschäftigt, dachte ich schon an das nächste. Das Ganze fühlte sich an wie eine unheimliche Gier nach etwas. Ich glaube, ich versuchte das Leeregefühl, das ich in mir hatte, durch etwas von außen Kommendes zu füllen, wobei ich nie das gefunden habe, was mich befriedigt hat. Ich war ewig unzufrieden und hörte nicht auf, wie eine Wilde umher zurasen und nach etwas Neuem zu suchen, immer mit der Sehnsucht, dass es mir vielleicht doch noch Befriedigung verschaffen könnte. Ich konnte nichts genießen. Ich hatte ewig das Gefühl, weiter zu müssen, um schließlich den Ort zu finden, an dem ich mich wohlfühlen könnte. Aber nichts reichte, um meinen Hunger zu stillen.“ ( Gerlinghoff 1999: 97)

4.5 Heißhunger und Erbrechen Bei vielen Magersüchtigen kommt es irgendwann zum Kontrollverlust und sie beginnen „unerlaubte Dinge“ meist im Übermaß zu essen, da sie dem Hungergefühl nicht mehr

standhalten können. Danach fühlen sie sich sehr schlecht und greifen zu Gegenmaßnahmen wie Erbrechen oder Abführmittel, um die zugeführten Kalorien so schnell wie möglich aus dem Körper zu entfernen und möglichen Fettanlagerungen entgegenzuwirken. Hierbei handelt es sich bereits um Bulimia nervosa oder besser bekannt als Ess-Brechsucht. Im Gegensatz zu Anorexie ist bei der Diagnosestellung das aktuelle Gewicht nicht bedeutend: Bulimikerinnen können sowohl unter- oder normalgewichtig, aber auch übergewichtig sein. Im Laufe der Erkrankung kann es zum Teil zu großen Gewichtsschwankungen kommen. Die Fressattacken werden im Krankheitsverlauf immer ärger, indem immer größere Nahrungsmengen in sich hineingestopft werden, oft im Zusammenhang mit dem Glücksgefühl, wieder alles Essen zu können, was man sich bis dahin verboten hatte. Die Fressattacken sowie die Gegenmaßnahmen werden fast immer heimlich durchgeführt, wenn niemand zu Hause ist oder nachts, wenn alle schlafen.

Oft werden Nahrungsmittel

kunterbunt in den Mund hineingestopft und es dauert Stunden, bis diese Attacken enden. Danach haben die meisten Betroffenen Schuld- und Schamgefühle, sowie Ekel und Frustration oder depressive Verstimmungen. Genau diese Scham führt zum Verheimlichen dieses abartigen Verhaltens und welches in den meisten Fällen unentdeckt von der Umgebung bleibt.

Aufgrund dieser Tatsache ist auch die Dunkelziffer der Betroffenen sehr hoch.

Der übermäßige Nahrungsmittelverzehr wird so groß, dass es notwendig ist, immer größere Einkäufe zu tätigen. Doch dafür wird bald das Geld knapp und es ist nicht verwunderlich, dass die Essgestörten oft den Diebstahl als einzigen Ausweg sehen, um ihrem Bedarf an Nahrungsmitteln gerecht zu werden. Aber nicht nur die Notwendigkeit führt zu dieser kriminellen Handlung, auch ein Gefühl des Triumphes überkommt die Bulimiekranken. Manchmal werden Diebestouren auch als Ersatz für Fressattacken durchgeführt. (vgl. Gerlinghoff 1999: 101f) „Stehlen, Bescheißen und Betrügen waren für mich ein Gefühl von Überlegenheit. Der andere merkt noch nicht mal, daß er betrogen wird, steht also schön blöd da und ist in meinen Augen damit gedemütigt. Ich bin als Kind so oft gedemütigt worden- das mußte ich nun heimzahlen. Klauen machte mir immer ein Gefühl der Überlegenheit, des Befriedigtseins, des Sich-ins-Fäustchen-Lachens, die volle Bestätigung...Ich hatte es mir bewiesen; ich freute mich über meine Dreistigkeit und Frechheit; je dreister und frecher ich gewesen war, desto besser fühlte ich mich, zumal ich mir selbst soviel Frechheit und Coolheit nie zugetraut hätte.“ (Gerlinghoff 1999: 101f )

5. Gründe für Magersucht Oft sind es Ereignisse, Schicksalsschläge, sexuelle Übergriffe oder Umbruchsituationen im Leben wie Trennung oder Pubertät, die als Auslöser für die Krankheit in Frage kommen, jedoch nicht als alleinige Ursache zu sehen sind. Die Gründe liegen viel tiefer und sind viel zu komplex, um sie am ersten Blick zu erkennen. Es ist eine Mischung aus soziokulturellen, biologischen, familiären und individuellen Faktoren,

die

schlussendlich

zum

Ausbruch

dieser

Krankheit

führten.

(vgl. http://www.essstoerungshotline.at/allgemeines/ursachen/) Abbildung 1: Grundlagen und Ursachen für Magersucht

Quelle: http://www.magersucht-online.de/ursachen.htm

Sowohl biologische, als auch gesellschaftliche und individuelle Aspekte können für die Entstehung von Magersucht von Bedeutung sein. Wirken sie alle zusammen, kommt es zuerst zu einer gestörten Wahrnehmung des eigenen Körpers. Dadurch fühlen sich spätere Magersüchtige meist zu dick, verändern deshalb ihr Essverhalten und ein Gewichtsverlust ist die Folge. Folglich der körperlichen Veränderungen kommt es auch zu psychischen Wandlungen und der Kreislauf wie in Abbildung 1 ersichtlich, beginnt von neuem.

Biologische Einflüsse Man geht davon aus, dass bei Magersüchtigen eine Störung der Hirnregionen existiert, die das Essverhalten, sie Sexualität und die Regelblutung steuern. Weiters kann es auch sein, dass diese Störungen der Hirnregionen nicht von Geburt an beeinträchtigt sind, sondern erst im Laufe der Erkrankung entstehen. Durch zahlreiche Untersuchungen an Zwillingen geht hervor, dass ein eineiiger Zwilling einer Magersüchtigen mit der Wahrscheinlichkeit von 50% ebenfalls an dieser Krankheit erkrankt. Dies spricht für eine biologische Disposition.

Psychologische Einflüsse Da Mädchen meist in der Pubertät an Magersucht erkranken und diese als Phase der bedeutendsten Entwicklung eines Mädchens angesehen wird, geht man davon aus, dass psychologische Einflüsse bei der Entstehung eine entscheidende Rolle spielen. Mädchen dieses Alters fühlen sich sehr oft überfordert, haben Probleme mit der eigenen Identität und fühlen sich sehr unsicher. Durch die Kontrolle über das Körpergewicht haben viele das Gefühl,

die

nötige

Sicherheit

und

Selbstwertgefühl

wieder

zu

erlangen.

Gesellschaftliche Einflüsse Trotz des Lebensmittelüberschusses in der westlichen Gesellschaft und dem heutigen Wohlstand, ist der von den Medien und der Modewelt propagierte Idealkörper schlank und rank. Speziell Mädchen in der Pubertät, die noch keine gefestigte Identität haben, verfallen diesem Schönheitsideal oft. (http://www.magersucht-online.de/info.htm)

In der folgenden Abbildung werden sowohl die Risikofaktoren als auch Schutzfaktoren zur Entstehung oder zur Abwehr dieser Krankheit aufgelistet. Abbildung 2: Risikofaktoren und Schutzfaktoren Risikofaktoren

Schutzfaktoren



Mangelndes Selbstwertgefühl



Umbruchsituationen

(z.B.

Pubertät,

Trennungen) 

Ständige Unterdrückung aggressiver Impulse



Definition

der

Persönlichkeit

ausschließlich über das Aussehen 

Chronisches

Ausweichen

vor

Konflikten



Selbstvertrauen



Realistische Einschätzung



Positives

Körperbild,

Körperwahrnehmung, Grenzen setzen 

Gefühle zulassen und ernst nehmen



Konfliktfähigkeit



Problemlösungsstrategien erweitern



Eigeninitiative

Quelle: http://www.essstoerungshotline.at/allgemeines/Zahlenx_Datenx_Fakten/risikofaktoren.html

Wie in Abbildung 2 beschrieben, ist besonders ein fehlendes Selbstwertgefühl einer der Hauptrisikofaktoren für die Entstehung von Magersucht. Dieses Selbstwertgefühl ist meist in der Pubertät bei dem Großteil der Mädchen und Burschen sehr gering. Aber auch fehlende Möglichkeiten Frust und Aggressionen abzubauen, kann sich auf den eigenen Körper auswirken und zur Magersucht ausarten, da Konflikten ausgewichen wird und der eigene Körper zur Austragung dieser herhalten muss. Daher sind als Schutzfaktoren in Abbildung 2 gute Problemlösungsstrategien angeführt. Auch ein positives Selbstwertgefühl und die positive Wahrnehmung des eigenen Körpers sowie die eigenen Gefühle wahrnehmen zu können werden als Schutz zur Entstehung von Magersucht angenommen.

Abbildung 3: Risiko und Schutzfaktoren auf der Ebene des sozialen Nahraums Risikofaktoren       

Wenig Anerkennung und Aufmerksamkeit Starre und überkommene Geschlechterrollen Wechselnde Bündnisse innerhalb der Familie Negieren von negativen Gefühlen Abwertung des weiblichen Verhaltens Ungleiche Verteilung des Lebensraums Grenzüberschreitungen

Schutzfaktoren       

Unterstützende Beziehungen und Vorbilder Grenzen respektieren Erweiterung der Erlebniswelten Streitkultur Differenzierte männliche und weibliche Geschlechtsrollen Förderliche Kommunikationsstile und Wertschätzung in der Familie Positive weibliche und männliche Vorbilder

Quelle: http://www.essstoerungshotline.at/allgemeines/Zahlenx_Datenx_Fakten/risikofaktoren.html

Abbildung 3 veranschaulicht die Risiko- und Schutzfaktoren im sozialen Umfeld von Menschen.

Zu wenig Anerkennung, alte und starre Geschlechterrollen sowie negative

Gefühle unterdrücken zählen ebenso wie geringe Schätzung des weiblichen Geschlechtes und Grenzüberschreitungen der eigenen Person zu Risikofaktoren zur Entstehung von Anorexie. Schutz vor der Entstehung von Magersucht bieten harmonische und gleichberechtigte Familienstrukturen, wo Männer und Frauen gleichgestellt sind, Wertschätzungen innerhalb der Familie und eine gute Kommunikation.

Abbildung 4: Risiko und Schutzfaktoren auf gesellschaftlicher Ebene

Risikofaktoren   

Krankhafte Schönheitsideale Gesellschaftliche Ungleichstellung von Frauen und Männern Widersprüchliche/überhöhte Anforderungen an junge Frauen, Leistungs- und Anpassungsdruck

Schutzfaktoren     

Rollenvielfalt Anerkennung verschiedener Lebensformen Differenzierter Sprachgebrauch Hinterfragen der Schönheitsideale Kritische Auseinandersetzung mit der Wirksamkeit der Medien

Quelle: http://www.essstoerungshotline.at/allgemeines/Zahlenx_Datenx_Fakten/risikofaktoren.html

Auf gesellschaftlicher Ebenen zählen krankhafte Schönheitsideale sowie außerordentliche Leistungsanforderungen zu den größten Risikofaktoren, während kritisches Hinterfragen und die Auseinandersetzung mit Schönheitsidealen sowie tolerantes Verhalten unterschiedlicher Lebensformen positiv auf den Ausbruch von Anorexie wirken.

6. Familie und Essstörungen Die Familie und Erziehung prägt den Menschen und übt einen großen Einfluss auf seine Mitglieder aus. Natürlich leben wir nicht nur in der Familie, sondern auch in anderen Bereichen der Gesellschaft, doch ist die Familie der Ort, an dem sich ein Kind seit der Geburt befindet. Die Familie ist ein Ort voller zwischenmenschlicher Beziehungen, an dem die Mitmenschen die Gefühle und Sorgen des anderen spüren und mitbekommen. Die Familie ist normalerweise ebenfalls der Ort, wo man seine Intimität ausleben kann und meist gibt es auch keinen anderen Lebensbereich, in dem sich die Menschen so nahe kommen. (vgl. Wardetzki 2002: 87f). Laut Gerlinghoff sind die Familien von Magersüchtigen meist ganz normal, nicht außergewöhnlich und wie eine Familie. Charakteristisch sind es Mittelstandsfamilien, die sehr auf gesellschaftliche Normen und Konventionen achten. Das Hauptaugenmerk in diesen Familien liegt auf Normen wie Leistung, Bildung, Pflichterfüllung und Harmonie. Grundsätzlich sind all dies Werte, die man in den meisten Familien antreffen kann. In Familien von anorektischen PatientInnen werden diese Werte anstelle eines Lobes, bei Nichtvorhandensein bestraft, was schlussendlich pathologisch wirkt. Ein weiteres typisches Merkmal in diesen Familien ist die traditionelle Rollenverteilung. Der Vater ist meist

berufstätig und der Ernährer der Familie, während die Mutter den Haushalt und die Kindererziehung über hat. Für den Vater ist es wichtig, dass die Familie funktioniert und wenn er abends nach Hause kommt, eine harmonische Familie antrifft. Harmonie ist ein wichtiger Teil des familiären Lebens. Das Problem dabei ist, dass Harmonie nur sehr wenig Platz für negative Gefühle wie Wut, Ärger oder Aggression lässt. Bei den Familienmitgliedern werden diese Gefühle ständig „geschluckt“ und unterdrückt. Man kann sich das wie einen Luftballon vorstellen, in den man ständig Luft hineinbläst, bis er schlussendlich platzt. Genau so verhält es sich bei den Mädchen dieser harmoniebedachten Familien. Das Platzen des Luftballons äußert sich oft durch selbstzerstörerisches Verhalten, welches die Magersucht eigentlich ist. ( vgl. Gerlinghoff 1999:34f)

„Ich habe Gefühle wie Wut, Ärger, Hass jahrelang unterdrückt. Ich habe niemals gelernt, damit umzugehen. Aggressionen wurden in meiner Familie immer als negativ abgewertet. Man hatte nicht aggressiv zu sein, und wenn man sich noch so ärgerte. Man sollte sich vielmehr zusammenreißen und sich nicht gehen lassen. Ich durfte mich nicht einmal mit meiner Schwester zanken, geschweige denn gegen meine Eltern aggressiv sein. Ich durfte nicht einmal eine andere Meinung haben als sie.“ ( Gerlinghoff 1999: 67f )

Neben dem Harmoniebedürfnis ist den Eltern meist Karriere, Erziehung, Ausbildung und Fitness ein großes Anliegen. » Nach außen sind wir eine intakte, glückliche Familie. Mein Vater ist der Ernährer und die absolut dominierende Person unserer Familie. Es wird so gut wie alles auf ihn ausgerichtet. Weil er öfter auf Geschäftsreisen ist, genießt er, wenn er zu Hause ist, alle Vorrechte eines Familienoberhauptes. Er ist ausgesprochen autoritär. Seine Meinung wird respektiert und ohne Widerspruch hingenommen. Er übernimmt alle anspruchsvollen Arbeiten und läßt sich dabei nicht helfen. Meine Mutter ist eine sehr fürsorgliche Frau. Sie kümmert sich um den Haushalt und die Familie. Sie ist grundsätzlich nur für andere da und gibt alles her, was sie hat. Sie stellt sich auf meinen Vater ein, äußert keine Kritik oder eigene Meinung. Alles, was mein Vater tut und sagt, ist richtig und gilt auch für sie. Meine Schwester und ich sind, solange wir denken können, Rivalinnen gewesen. Wir haben uns immer

Konkurrenzkämpfe geliefert, sei es in bezug auf Schule, Sport, Freunde, Aussehen oder andere wichtige Dinge. « ( Gerlinghoff 1999: 35) Wichtig zu erwähnen ist, dass die an Magersucht erkrankte Person nicht alleine krank ist, sondern ihre Krankheit lediglich ein Resultat des ganzen Systems ist. Durch die Erkrankung einer Person kommen meist Probleme ganzer Generationen hervor, unter denen meist alle Beteiligten leiden, am meisten jedoch die Erkrankte Person. (Wardetzki 2002: 87f)

6.1 Väter Charakteristisch für Väter von Magersüchtigen ist, dass sie extrem leistungsorientiert sind, sowie auf die Karrieren ihrer Kinder ausgerichtet. Diese Väter haben meist ihren beruflichen Aufstieg selbst hart erarbeiten müssen, brachten es meist weiter als ihre eigenen Väter und verlangen dieses Karrierebewusstsein auch von ihren Kindern. Sie haben meistens bereits viel erreicht und sind auch finanziell nicht schlecht gestellt, dennoch sind sie weder glücklich noch zufrieden. Der Wunsch nach einer noch besseren Karriere oder mehr Gehalt ist stets vorhanden. Sie gehen davon aus, dass die Familienmitglieder funktionieren und die Frauen dafür sorgen, dass die Kinder keine Probleme machen. Die Väter von Magersüchtigen halten streng an Normen und Konventionen fest, da sie Angst vor Erneuerungen in der Familienstruktur haben, da dies mit großer Unsicherheit verbunden ist. Zusätzlich dazu haben diese Väter meist nur ein geringes Selbstwertgefühl, überspielen dies jedoch gekonnt, indem sie vor der Gesellschaft durch Stärke, Erfolg und sportliche Leistungen brillieren. Die Erziehung überlässt der karrierebewusste Mann der Frau. Obwohl viele spätere Magersüchtige eine starke Bindung zu der Mutter haben, sehnen sie sich aber auch nach einer emotionalen Beziehung zum Vater. (vgl. Gerlinghoff 1999: 38f)

6.2 Mütter „Meine Mutter war für mich ein Vorbild an Ordnung, Sauberkeit, Pflichterfüllung und Korrektheit. Ihre größte Angst und Sorge war, nicht so perfekt und makellos dazustehen, wie sie meinte, daß andere es von ihr erwarteten. Nur ja keine Schwächen, Probleme und Ängste zeigen, das war und ist ihre Devise. Nach außen wurde immer eitel Freude gespielt, auch wenn es nach innen gar nicht stimmte.“ (Gerlinghoff 1999: 42)

Die Mütter Magersüchtiger sind eine Verkörperung der Frau aus der Vergangenheit. Sie halten an der alten Frauenrolle fest, sowie an alten Traditionen und Werten. Kennzeichnend für sie ist, dass sie ursprünglich einen Beruf erlernt haben, ihn aber zum Wohle der Kinder aufgegeben haben und sich voll und ganz der Kindererziehung und dem Haushalt widmen. In diesem Bereich entwickeln sie einen Perfektionismus, der oft ausarten kann und die Kinder zu Marionetten der Mutter machen. Durch das starke Klammern an ihre Kinder werden die Töchter zum Besitz der Mutter, was in späteren Abnabelungsprozessen zu großen Schwierigkeiten führen kann. Die Töchter verlernen das eigenständige Denken und das individuelle Durchsetzungsvermögen bleib auf der Strecke. Folglich entsteht eine pathogene Mutter-Kind-Beziehung, die sich negativ auf die Entwicklung und die Identität auswirkt. Ein weiteres Merkmal der Mütter Magersüchtiger ist ein geringes Selbstwertgefühl, das auch sie durch Sport, tadellose Erziehung und Sauberkeit im Haushalt zu überspielen versuchen. (Gerlinghoff 1999: 42f) Sie selbst sind sehr gewichtsbewusst und ordnen sich den Männern meist unter, akzeptieren diese jedoch nicht (vgl. Fabach 2000: 18f) »Meine Mutter ist die Managerin der Familie. Sie regelt alles, was man sich denken kann. Sie kümmert sich um den Haushalt, den Garten, das Geschäft, die Erziehung der Kinder, meinen Vater - einfach alles. Sie ist so eine Art Schleuse oder Filter; sie prüft, ob und in welcher Dosierung etwas an meinen Vater herangetragen werden soll. « (Gerlinghoff 1999: 44)

6.3 Magersüchtige Töchter Magersüchtige sind typischerweise sehr ehrgeizig, leistungsorientiert und setzen sich selbst sehr hohe Ziele sowohl in der Schule als auch im Sport. Sie sind meist Leistungsträgerinnen im Sport und Musterschülerinnen in der Schule. Leider haben sie jedoch bei all ihren Tätigkeiten immer Angst, zu versagen und die Umwelt zu enttäuschen. Durch das selbständige Regulieren des eigenen Gewichtes, sind sie der Meinung, nicht versagen zu können und sie sehen ihren Gewichtsverlust als Leistung an. (vgl. Gerlinghoff 1999: 50f) „Ich wuchs, zusammen mit meinem Zwillingsbruder, wohlbehütet und umsorgt auf. Ich war ein richtiges Vorzeigekind, erzählten meine Eltern oft. Angefangen hat dies schon bei der Geburt: Vierzehn Minuten nach einer schweren Geburt meines Bruders, entdeckte ich schnell

und schmerzlos das Licht der Welt. Meine Mutter schwärmte mir oft von der Leichtigkeit vor, die sie bei meiner Geburt verspürte. Auch als Neugeborenes schlief ich fast jede Nacht durch, machte keine Probleme beim Stillen und war sehr umgänglich. Schon bald lernte ich zu laufen, während mein Bruder noch lange keinen Gedanken daran verschwendete. Auch das Sprechen begann ich früher und dies setzte sich auch im Erlernen von Schwimmen, Schi fahren und Rad fahren fort. Auch im Kindergarten und in der Volksschule war ich der Liebling aller, obwohl ich mich lieber den Burschen meiner Altersgruppe anschloss und mit ihnen Dinge machte, die als „typische Bubenspiele“ galten. In der ersten Klasse Gymnasium versetzte mich mein Klassenvorstand, mit dem Argument, dass ich sonst nicht mehr den Anschluss an die Mädchengruppe finden würde. Meine ganze Schullaufbahn war von sehr guter schulischer Leistung geprägt, ich war zielstrebig und fleißig. Mein Bruder versuchte mir immer nachzueifern, schaffte es jedoch nicht ganz. Auch meine Mitschüler mochten mich und ich wurde jedes Jahr erneut zur Klassensprecherin gewählt, was mich damals sehr ehrte. Auch im Sport war ich sehr erfolgreich und spielte nebenbei auch noch Flöte und Klavier. All dies unterstützten meine Eltern, wo sie nur konnten und gaben mir den finanziellen Rückhalt. Meine Familie sorgte sich sehr um mich und ich hatte natürlich auch ein gutes Verhältnis zu ihnen und meinem Zwillingsbruder.“

6.4 Beziehungen innerhalb der Familie Die Beziehungen innerhalb der Familie sind oft nicht so gut, wie sie nach außen hin scheinen. Typisches Beziehungsmuster in Familien mit einer magersüchtigen Tochter ist eine Zweckgemeinschaft der Ehepartner. Sehr häufig verstehen sich die Eltern nicht mehr gut und bleiben aber nur der Kinder wegen zusammen. Obwohl das Thema Scheidung oft zur Debatte steht, kommt es nie zu diesem endgültigen Schritt, sondern die Ehepartner raufen sich zusammen und leben weiterhin in dem gewohnten Familienverband zusammen. Normalerweise herrscht zwischen den Ehepartnern ein enger Bund, in den äußere und vor allem Kinder nur schwer eindringen können. Ist die Beziehung aber schon brüchig, wird dieser Bund lose und es besteht für Kinder die Möglichkeit, darin einzudringen. Es bildet sich stärkere Bindung zwischen Kind und der Mutter oder dem Vater und das gesunde Gleichgewicht zwischen Nähe und Distanz zum Elternteil ist nicht mehr gegeben. Oft ist es auch so, dass sich das Kind mit einem Elternteil verschwört und es hier zu Intrigen innerhalb der Familie kommt. In den Beziehungen von Familien mit Magersüchtigen ist weiter zu

erkennen, dass Grenzen und Intimsphären nur sehr spärlich oder gar nicht

akzeptiert werden. Individualität ist fast ein Fremdwort, so nach dem Spruch: „ Was dein ist,

ist auch mein.“ Zusätzlich dazu herrscht in diesen Familien ein ausgeprägter Sinn für Gerechtigkeit und die Wahrnehmung und das Tolerieren von Unterschieden fällt schwer. ( vgl. Gerlinghoff 1999: 54f) „Als ich auf die Welt kam, waren meine Eltern noch glücklich verheiratet. Wie so oft, war dieses Glück nicht von Dauer und die Ehe wurde brüchig. Obwohl sich meine Eltern teilweise nicht mehr in die Augen schauen konnten und oft über eine Scheidung sprachen, veränderte sich nach außen gesehen nicht viel in meiner Familie. Sie wohnten weiterhin im selben Haus, damit die Außenwelt von diesen Problemen nichts mitbekam. Meine Mutter und mein Vater schliefen zwar ab diesem Zeitpunkt in getrennten Schlafzimmern, Frust, Aggression, Ärger und Enttäuschung blieben aber Bestandteil des täglichen Lebens. Mein Vater lernte irgendwann eine neue Frau kennen, was ich damals nicht akzeptieren konnte, weil ich dachte, dass dies unsere Familie zerstört hatte. Ich verstand den Ärger meiner Mutter, nahm sie oft in den Arm und tröstete sie. Ich verbündete mich mit meiner Mutter gegen meinen Vater, was meinen Vater emotional natürlich auch traf. Mein Bruder schien sich nie dafür zu interessieren und hielt sich aus allem heraus. Ich bewunderte ihn, konnte es aber selbst nicht, da ich meinen Vater als Schuldigen sah. Mit 15 Jahren, zur Überraschung aller, war ich doch sonst immer so ein Elternkind, wollte ich plötzlich frei sein und ging für sechs Monate für ein Auslandssemester nach Amerika. Es war wie eine Art Flucht vor den Problemen zu Hause.“ Das Familienklima ist geprägt von einem großen materiellen Wohlstand, der meist selbst von den Eltern erarbeitet wurde. Das Geld wird für Dinge angelegt, die Sicherheiten bieten wie Versicherungen oder Bausparverträge. Vielfach ist die Mutter die Verwalterin des Geldes und geht mit dem Ersparten sehr sorgsam um. Im Bereich des Haushaltes wie Heizung, Wasser und Strom wird gespart, während für Bildung, Aus- und Fortbildung sowie Sport, Geldmittel immer fließen. Wie man sieht, wird finanziell darauf geachtet, dass es in die Zukunft investiert wird, wo es hoffentlich zu Erfolgen kommt. Vernunft wird im Familienverband groß geschrieben und lässt freien Emotionen keinen Platz. Durch die Vernunft werden Gefühle unterdrückt, die eigentlich hinaus wollen. Wie bereits erwähnt, ist dies jedoch nicht möglich, da dadurch die Harmonie der Familie gestört würde. „Gefühle zu zeigen war in unserer Familie nicht erlaubt, auf gar keinen Fall aber negative wie Wut oder Enttäuschung; höchstens Freude durfte man dosiert zeigen, aber niemals zu stark. Es mußte alles ein ausgewogenes Mittelmaß sein. Wut einmal richtig zu zeigen war geradezu ein Verbrechen, und so gab es bei uns nie einen Streit. Da niemand seine negativen Gefühle loswerden konnte, entstand aber eine ekelhafte

Grundstimmung. Wenn wir abends alle zusammen vor dem Fernseher saßen, hätte man gelegentlich die Luft knistern hören können. Es war eine unheimliche Spannung da, die sich keiner von uns so richtig erklären konnte, weil sie sich nicht auf ein bestimmtes Ereignis bezog, sondern unterschwellig durch ständiges Hinunterschlucken von Wut und Ärger irgendwann entstanden war.“ ( Gerlinghoff 1999: 67)

6.6 Essstörungen und gesellschaftliche Begleiterscheinungen Untersuchungen haben gezeigt, dass in Ländern mit großer Armut das Phänomen der Magersucht nicht existiert, sondern nur in Industrieländern, in denen die Menschen einen Überfluss an Nahrungsmitteln besitzen. Es ist erkennbar, dass Magersucht also kulturabhängig ist. Während jedoch die Nahrungsmittel im Überschuss vorhanden sind, achten die Menschen in dieser Gesellschaft vermehrt auf die Figur und das Körpergewicht. Unzulässig wäre es jedoch, der Gesellschaft die alleinige Schuld für die Entstehung dieser Krankheit zu geben. Hierfür spielt eine Vielzahl soziokultureller und gesellschaftlicher Einflussfaktoren eine Rolle. Eine wesentliche Rolle in der Entstehung von Magersucht spielt der gesellschaftliche Wandel der letzten Jahre. Jugendliche müssen nicht mehr auf eine Ausbildung verzichten, um das Überleben der Familie zu sichern. Die Ausbildung wie Schule und Studium ist in den Vordergrund gerückt. Außerdem hat sich die Jugendphase stark nach vorne verschoben. Erst mit 18-25 sind die meisten Ausbildungen erst abgeschlossen und der Eintritt in den Berufsalltag kann erfolgen. Vor 1950 war dies anders. Damals mussten die Kinder zu Hause mit anpacken, mussten bereits früh einen Beruf ergreifen, um Geld für die Familie zu verdienen. Die heutige Jugendlichen haben eine eigene Phase der Jugend bekommen und finden es oft schwierig in dieser Zeit mit sich und seinem Körper zurecht zu kommen. Auch die Rolle der Frau hat sich seit den 50ern stetig verändert. Während früher die Frauen meist nur für die Kindererziehung und den Haushalt zuständig waren, sind seit den 50ern immer mehr Frauen auch berufstätig und versuchen Haushalt, Kind und Karriere zu vereinbaren. Weiters besitzen Frauen heutzutage mehr Rechte und bekommen auch in der Gesellschaft mehr Anerkennung. (vgl. Gerlinghoff 1999: 20f) Einhergehend mit dem Wandel der Frauenrolle sind auch Veränderungen in der Männerrolle zu erkennen. Durch die Emanzipation der Frau ist die wichtige und mächtige Rolle des Mannes in der Gesellschaft gesunken. Als Folge dessen sind viele junge Männer verunsichert und haben ein geringes Selbstwertgefühl, das sie durch Körperbewusstsein und durch die

Formung des eigenen Körpers zu vertuschen bzw. wett zu machen versuchen. (http://www.magersucht.de) Ein weiterer Wandel vollzog sich in der Gesellschaft von der Industrie- und Arbeitsgesellschaft, hin zu einer Freizeitgesellschaft. Diese Veränderung führte dazu, dass die Menschen heutzutage immer mehr Freizeit besitzen, zu viel Zeit haben und oft nicht wissen, wie sie diese sinnvoll nützen sollen. Mit diesen Veränderungen einhergehend ist auch der Wandel der Sexualität. Der Umgang mit und die Erfahrung mit sexuellen Handlungen wird viel früher, es wird offener diskutiert und nicht mehr so stark tabuisiert. Zusätzlich dazu, entwickelte sich in den letzten Jahren ein starkes Gesundheitsbewusstsein in der Gesellschaft, was auch zu dem heutzutage vorherrschenden Schlankheitsideal führte. Deutlich erkennbar ist, dass durch all diese gesellschaftlichen Veränderungen auch die Krankheit Magersucht zugenommen hat. Die Zahl der Anorexiekranken ist seit den 50er Jahren nämlich beträchtlich gestiegen. (vgl. Gerlinghoff 1999: 20f)

7. Auswirkungen auf den Organismus Nicht verwunderlich ist, dass viele anorektische Patienten an den Folgeerscheinungen ihrer Krankheit leiden, da diese Krankheit nicht nur psychische Auswirkungen, sondern auch gravierend auf den Organismus wirken. Die meisten körperlichen Beschwerden sind die Folge einer chronischen Mangel-und

Unterernährung. Obwohl der Körper lange einer

Mangelernährung ausgesetzt sein kann und sich auf den Zustand der Unterernährung anpasst, indem er auf Sparmodus schaltet, ist dies jedoch nicht ewig möglich. Der Körper passt sich an die verminderte Nahrungsaufnahme an, indem er den Blutdruck erniedrigt, die Herzfrequenz sowie den Blutzuckerspiegel und die Körpertemperatur vermindert. Durch eine Senkung der Körpertemperatur versucht der Körper weniger Energie zu verbrauchen bzw. Energie für Notsituationen zu sparen. (vgl. Gerlinghoff 1999:160f) Durch Fasten bzw. übermäßigen Gebrauch an Abführmittel kann es zu Kalium- und Magnesiummangel kommen, der zur einer Veränderung des Säurehaushaltes im Blut führt und lebensnotwendige Organe wie z.B. die Niere schädigt. Die Folge sind Niereninsuffizienz, Durchblutungsstörungen

und

Herzrhythmusstörungen.

Weiteres typisches Merkmal der Magersucht ist das Ausbleiben der Monatsblutung. Bereits die Abnahme von wenigen Kilos kann zu Unregelmäßigkeiten im weiblichen Zyklus führen

und sogar eine Unfruchtbarkeit als Folge haben. Bei Jugendlichen, die noch vor der ersten Regelblutung stehen, kann es dazu kommen, dass die Regelblutung erst gar nicht einsetzt. Durch den Vitamin- B-Mangel und Veränderungen der Nierentätigkeit, kann der Knochenstoffwechsel in Mitleidenschaft gezogen werden, d.h., dass zu wenig Knochengrundsubstanz gebildet werden kann und die Knochen somit brüchig werden können. Dieser Knochensubstanzverlust kann in späterer Folge zu Osteoporose und Frakturen führen. (vgl. http://www.magersucht.de/krankheit/folgen.php) Auch eine Abnahme der Körpermuskulatur ist ein typisches Merkmal von Mangelernährung. Im Verlauf der Krankheit verändern sich auch Haar, Haut und Fingernägel. Die Haut wird trocken und schuppig, nimmt eine fahle Farbe an und kann sich bei kalten Temperaturen in Farbe und Marmorierung stark verändern. Auch die Kopfhaare werden brüchig und glanzlos, können bei extremen Bedingungen sogar ganz ausfallen, während es am restlichen Körper zur sogenannten Lanugobehaarung kommt. Darunter versteht man eine sehr feine, flaumartige Behaarung wie sie oft Säuglinge bis zur Geburt haben und die als Schutz vor Kälte dienen soll. ( vgl. Gerlinghoff 1999: 160f) All diese pathogenen Organ- und Laborbefunde führen oft dazu, dass nur die somatischen Beschwerden behandelt werden und auf die psychische Komponente vergessen wird. „Einer der Gründe für die unzulängliche Behandlung psychosomatischer Erkrankungen ist das immer noch in der medizinischen Versorgung vorherrschende dualistische Denken. Die Trennung von «Körper» und «Seele» steht einer angemessenen Patientenversorgung im Wege. Psychische Befunde werden von vielen Ärzten somatisiert, und Patienten übernehmen diese Sichtweise allzu leicht. Psychische Störungen gelten Ärzten und Patienten immer noch als etwas Minderwertiges.“ (Gerlinghoff 1999: 15)

Aber auch seelische Krankheiten sind typisch für Magersüchtige. Sie leiden oft unter depressiven Verstimmungen, sind oft traurig, pessimistisch und antriebslos. Im schlimmsten Fall kann dies sogar zu Suizidgedanken oder zum tatsächlichen Selbstmord führen. Laut einer triebtheoretischen Erklärung tritt die Magersucht in der Pubertät auf, um sexuellen Reizen auszuweichen. Durch die starke Gewichtsabnahme kommt es zu einem Verlust der sekundären Geschlechtsmerkmale und damit zu einer gestörten und angstbesetzten Wahrnehmung von sexuellen Handlungen. Zusätzlich dazu sind Magersüchtige Zwangsstörungen während des gesamten

Krankheitsverlaufs ausgesetzt. Ihr Alltag wird durch das zwanghafte Beschäftigen mit Ernährung und Gewicht geprägt. Leider zählen auch Persönlichkeitsstörungen zu den oft diagnostizierten Erkrankungen von Essgestörten, wobei das Verhalten und die Sprache oft nicht an die Norm angepasst sind. Aufgrund der Komplexität dieser Erkrankung ist es nicht einfach, sie in einem frühen Krankheitsstadium zu erkennen und eine adäquate Therapie zu finden. Auch die Zuteilung in eine wissenschaftliche Disziplin und die Erforschung der Essstörungen gestaltet sich äußerst schwierig. (http://arbeitsblaetter.stangl-taller.at/SUCHT/Anorexie.shtml)

8. Folgekosten

Die aus der Essstörung resultierenden Erkrankungen

verursachen auch für das

Gesundheitswesen und die Wirtschaft erhebliche Kosten. Die Kosten im Gesundheitswesen beziehen sich dabei auf die Behandlung von essgestörten Patienten während vor allem Krankenstände und Arbeitsunfähigkeit infolge dieser Krankheit für die Wirtschaft relevant sind. So entstanden im Jahr 2000 für die stationäre Behandlung von 1.471 essgestörten PatientenInnen Kosten im Wert von 17,7 Mio. Euro. Hierzu kommen zusätzlich noch weitere 1,7 Mio. Euro für psychotherapeutische Behandlungen, die für die Behandlung von Essstörungen notwendig waren. Keine Rücksicht in diesen Berechnungen wurde hinsichtlich der indirekten Kosten wie Produktivitätsverlust durch Arbeitsunfähigkeit, Ausfälle in der Schule und Klassenwiederholung sowie Kosten der Sozialversicherungsträger vor der Diagnosestellung "Essstörung" genommen. ( http://www.essstoerungshotline.at)

9. Therapie von Essstörungen Oft wollen Magersüchtige lange nicht wahr haben, dass sie unter einer Krankheit leiden und schon gar nicht, dass diese einer Behandlung bedarf. Magersüchtige empfinden ihre Krankheit als was positives, es ist ihr Lebensinhalt und ihr Lebensmotto. Durch den Verzicht auf Nahrung beweisen sie sich und der Umwelt ihre Stärke, Konsequenz und Macht. Sie wollen dies nicht einfach aufgeben und es dauert daher oft sehr lange, Magersüchtige ihrer Krankheit bewusst zu machen und sich helfen zu lassen. ( vgl. IMPRESSUM, So What ) Da es bei Essstörungen nicht nur zu körperliche, sondern vor allem auch zu seelische Symptomen kommt, ist es wichtig, in der Behandlung auf beide Bereiche zu achten und Rücksicht zu nehmen. Neben Ärzten und Ernährungsexperten sind auch Psychologen von großer Bedeutung, um den Ursachen dieser Krankheit auf die Spuren zu kommen. Grundsätzlich gibt es zahlreiche Erklärungsmodelle zur Ursache von Magersucht. Ich möchte jedoch nur auf folgende eingehen: 1. Familiendynamisches Erklärungsmodell: Hier wird die Familie als System gesehen, in dem es zu Interaktionen der Familienmitglieder kommt. Die Erkrankten werden nicht als isolierte Personen betrachtet, sondern der Familienkontext wird miteinbezogen. Wie sind die Beziehungen der unterschiedlichen Familienmitglieder zueinander? Wie schaut das Verhältnis zu Mutter, Vater, Geschwistern usw.? 2. Intrapsychische

und

intrapersonelle

Selbstbehauptung:

Durch

den

Perfektionismus in der Kindheit entsteht ein Ohnmachtgefühl hinsichtlich des eigenen Körper. Eine Ausgleichshandlung ist in späteren Jahren die enorme Auseinandersetzung mit dem eigenen Körper 3. Psychoanalytische - Triebtheoretische Erklärung: Dieses Modell beschäftigt sich mit dem Wunsch einer Magersüchtigen wieder in die Kinderwelt zu fliehen, um den sexuellen Entwicklungen entgegenzuwirken (Reduktion der sekundären

Geschlechtsmerkmale,

Verlust

der

Regelblutung...)

(http://www.magersucht.de/krankheit/ursachen.php) Grundsätzlich ist zu erwähnen, dass Essstörungen sehr komplex sind und daher nicht wie Kopfschmerzen oder eine Erkältung schnell zu behandeln sind. Es dauert mehrere Wochen,

Monate oder sogar Jahre, bis eine Besserung oder Heilung eintritt. Wichtig dabei ist auch, dass die Familie und das Umfeld der Magersüchtigen mitarbeiten. Es gibt unzählige Ansätze, Magersucht zu therapieren. Experten haben noch keinen einheitlichen Weg gefunden, diese Krankheit zu heilen.

Grundsätzlich steht zwar das

Untergewicht im Vordergrund, dem auch versucht werden sollte, entgegenzuwirken. Dabei darf jedoch nicht auf die psychischen Probleme vergessen werden, die meist Grundlage dieser Krankheit sind. Die Therapie kann entweder alleine oder in der Gruppe erfolgen. Je nach Krankheitsstadium werden unter anderen folgende Behandlungsformen unterschieden: 1. Psychotherapie: Sie wird von ausgebildeten Ärzten und Psychologen durchgeführt, wobei versucht wird, dem gestörten Verhalten und Denken auf den Grund zu gehen und Wege zur Lösungen der Probleme zu finden und einzuschlagen. Hierbei gibt es eine Vielzahl an unterschiedlichen Therapiekonzepten, die je nach Krankenhaus und Krankheit unterschiedlich angewandt werden. 2. Psychoanalyse: In diesem Ansatz geht es darum, nach Siegmund Freud die Vergangenheit aufzuarbeiten und in der Gegenwart besser zu erleben bzw. mit Hilfe des Therapeuten Wege zu finden, um mit den Gedanken und Gefühlen umgehen zu können. 3. Medikamentöse Therapie: Diese Therapie dient nur als Unterstützung zu anderen Behandlungen und wird nur in Kombination mit Gesprächs-, Psycho- oder Bewegungstherapien angewandt. Medikamente zur Verbesserung der Stimmung sowie Antidepressiva werden hier den Betroffenen verabreicht. 4. Künstliche Ernährung: Bei Therapieverweigerungen von Patienten, die sich bereits in lebensbedrohlichem Zustand befinden, ist diese Art der Behandlung unumgänglich. Mittels einer Magensonde oder mit Hilfe von Infusionen wird der Unterernährung versucht, entgegenzuwirken und den Körper mit wichtigen Stoffen zu versorgen. Zusätzlich zu den bereits erwähnten Verfahren gibt es zahlreiche andere Wege, um die Krankheit

Magersucht

zu

therapieren,

z.B.

Musiktherapie,

Gesprächstherapie. (http://www.bleibfit.at/magersucht.phtml)

Maltherapie,

9.1 Sport und die Therapie von Essstörungen Bei Essstörung und dessen Therapie kann auch Sport sehr hilfreich sein, um den Körper wieder zu spüren und wahrzunehmen. Meist legen Essgestörte zwar großen Wert auf ihren Körper, jedoch ist die Sichtweise durch die Krankheit meist verändert bzw. gestört. Daher ist es bei dieser Erkrankung von Vorteil, mit Sport eine richtige und wahre Sicht des Körpers wiederherzustellen, indem leistungsbetonte und selbstschädigende Verhaltensweisen abgebaut werden und Freude an der Bewegung geschult wird. Dabei ist es wichtig darauf zu achten, dass die Essgestörten einen rücksichtsvollen Umgang mit dem Körper tätigen und Körperimpulse positiv bewerten und wahrnehmen.

Die gestörte Körperkontrolle von

Magersüchtigen soll mit Hilfe von Sport reduziert werden, das Wahrnehmen von Körperimpulsen im Gegensatz dazu zugelassen wird. Die Bewegung soll helfen, dem Körper und den Gefühlen Ausdruck zu verleihen und wieder das Gefühl für Körper und Weiblichkeit zu erfahren, das durch die Krankheit verloren ging. Hierfür eignen sich asiatische Entspannungsverfahren wie Yoga, Thai Chi oder Qi Gong. Außerdem helfen progressive Muskelrelaxation, Autogenes Training sowie meditatives Laufen und meditative Wassergymnastik. Zur Entwicklung bzw. Schulung von Körperimpulsen von Essgestörten empfehlen sich die Feldenkraismethode sowie Sensory Awareness. (vlg. RIEDER 1996) Eine

weitere

Möglichkeit

für

Magersüchtige

bietet

die

Heileurythmie,

eine

Bewegungstherapie speziell für psychosomatische Krankheiten. Hier werden Bewegungen zwar den Patienten vorgegeben, die Motivation muss jedoch von der Person selbst kommen. Diese Art der Therapie geschieht nicht passiv, sondern eigenes Engagement und Aktivität helfen der Person aktiv bei der Krankheitsbewältigung. Ziel dieser Therapie ist es, Starrheit und Unkoordiniertheit durch fließende, kraftvolle und koordinierte Bewegungen zu ersetzten. Auch auf Ruhephasen wird besonderen Wert gelegt, da viele Magersüchtige verlernt haben, auch einmal zu rasten und in Ruhe auf den Körper zu hören, da für sie während der Krankheit intensive körperliche Belastung vorrangig war. Bei der Heileurythmie ist es wichtig Krankheitstyp und Krankheitsstadium zu berücksichtigen. Hierbei wird vor allem bei Typ 1 und den Typen 2,3 stark unterschieden. Patienten, die von Anorexia Typ 1 betroffen sind, sind meist sehr dünn bis dürr und bewegen sich oft wie Marionetten, abgehackt und unrund. Ihnen fehlen jegliche Impulse und eine geschmeidige, runde Bewegung fällt ihnen sehr schwer.

Diejenigen, die unter Typ 2 oder 3 leiden, können zwar die runden Bewegungen durchführen, doch sind alle Bewegungen von Stimmung und Gemütszustand abhängig und die Begeisterung an der Bewegung kann schnell zu Ende sein. Sie zeichnen sich meist durch Schwäche und Kraftlosigkeit aus. (vgl. Gülow 2005, 85f)

10. Resümee

Magersucht ist eine psychosomatische Krankheit, die vor allem junge Mädchen und Frauen betrifft. Aber auch Männer sind vor dieser Krankheit nicht gefeit, die durch biologische, persönliche und soziokulturelle Einflüsse begünstigt bzw. entstehen kann. Das schwierige ist, die Magersucht als eine Krankheit zu erkennen, da sie sich oft sehr schleichend und ohne genau definierbare Symptome entwickelt. Auch von den Betroffenen selbst gibt es meist keine oder erst eine sehr späte Einsicht dieser Krankheit. Meist beginnen die Betroffenen zuerst eine Diät, verfolgen jedoch bald andere Ziele, als nur ein paar Kilos abzunehmen. Der Körper, immer weniger Kilos auf der Waage und ein gestörtes Selbstbild werden bald fester Bestandteil des täglichen Lebens. Um die Nahrungsverweigerung vor der Umwelt geheim zu halten, wenden Magersüchtige oft raffinierte Täuschungen an. Neben oft schmerzlichen Erfahrungen für die Umwelt, ist das Hauptproblem der Magersucht der körperliche Verfall. Durch das Hungern kommt es zu körperlichen Folgeschäden, die nur sehr schwer und langfristig behandelt werden können. Aufgrund der Komplexität dieser Krankheit ist es sehr schwer, Magersüchtige zu therapieren. In der Therapie ist es vorrangig, den körperlichen Mangelzustand, der zu organischen Komplikationen führen kann, entgegenzuwirken und anschließend durch Psychotherapie und andere Therapieformen den psychischen Problemen und Hintergründen auf den Grund zu gehen und diese zu therapieren. In dieser Zeit ist es wichtig die Sprache der Magersüchtigen zu verstehen und ihnen ein positives Selbstbild und eine

positive

Selbstwahrnehmung

zurückzugeben.

Dieser Weg ist zwar steinig und lang, aber wichtig, um nicht an den Folgen dieser Krankheit jahrelang zu leider oder im schlimmsten Fall, zu sterben.

11. Literaturverzeichnis Bourcillier, Patricia, 1992: Magersucht und Androgynie- Der Wunsch die Geschlechter zu vereinen: Steinhäuser Verlag Bräuner-Gülow, Gisela und Helge Gülow, 2005: Magersucht und Bewegungstherapie. Borchen: Verlag Ch. Möllmann Bruch, Hilde, 2004: Essstörungen-Zur Psychologie und Therapie von Übergewicht und Magersucht. Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch Verlag Fabach, Sabine, 2000: Essstörungen- Magersucht/Bulimie/Fressucht. In: Frauensache(n) im Netz Feiereis, Hubert, 1998: Magersucht und Freßsucht (Anorexie und Bulimie). München: Hans Marseille Verlag GmbH Gerlinghoff, Backmund und Mai, 1999: Magersucht und Bulimie-Verstehen und Bewältigen. Weinheim und Basel: Beltz Verlag Muck, Evelyn, 2005: Wenn Töchter nichts mehr essen - Magersucht bei jungen Mädchen. In: Das Familienhandbuch des Staatsinstituts für Frühpädagogik Rathner, Günther, 1999: Was Sie über Essstörungen wissen sollten. In: Netzwerk Essstörungen Rieder, Huber und Werle, 1996 (Hrsg.): Sport mit Sondergruppen.Schorndorf: Verlag Hofmann Wardetzki, Bärbel, 2002: Iß doch endlich mal normal! München: Kösel & Co IMPRESSUM, So What, Beratungsstelle für Essstörungen

Internet: (http://www.bleibfit.at/magersucht.phtml,

Stand: 1.12.2008)

(http://www.essstoerungshotline.at,

Stand: 27.11.2008)

(http://www.ess-stoerungen.at,

Stand: 21.11.2008)

(http://www.magersucht.de,

Stand: 17.10.2008)

(http://arbeitsblaetter.stangl-taller.at,

Stand: 10.09.2009)

Abbildungsverzeichnis: Abbildung 1: Grundlagen und Ursachen für Magersucht ..................................................................... 15 Abbildung 2: Risikofaktoren und Schutzfaktoren ................................................................................. 17 Abbildung 3: Risiko und Schutzfaktoren auf der Ebene des sozialen Nahraums ................................. 18 Abbildung 4: Risiko und Schutzfaktoren auf gesellschaftlicher Ebene ................................................ 19