Armut definieren – Armut wahrnehmen Armut verstehen

Armut.findet.Stadt. – 1. Wiener Armutskonferenz 13./14. Juni 2013, Wien

Alban Knecht, Johannes Kepler Universität, Linz

Drei Zugänge zum Thema Armut

1. Armut als Abwesenheit materieller Mittel 2. Armut als Mangel an Verwirklichungsmöglichkeiten, als Unmöglichkeiten sein eigenes Leben so zu gestalten, wie man es für sinnvoll hält (Capability-Ansatz von Amartya Sen) 3. Armut als Mangel an Ressourcen wie z. B. materiellen, sozialen, psychischen, gesundheitlichen Ressourcen (multidimensionale Armut)

1.) Materielle Armut

Beispiele für materielle Armutsindikatoren (Daten für 2011)

1.) Armutsgefährdung nach EU-Definition (Ö: 1.051.000 Personen = 12,6%) 2.) Erhebliche materielle Deprivation nach EUDefinition (Ö: 325.000 Personen = 3,9%) 3.) Erhalt von bedarfsorientierter Mindestsicherung (Ö: 193.276 Personen = 2.3%)

2.) Mangel an Verwirklichungsmöglichkeiten (nach Amartya Sen)

Ausgangssituation: Gleiche Chancen?

Menge der Verwirklichungschancen (capabilities)

Ergebnis: Welche individuellen Ziele und Lebensqualität wird erreicht?

2.) Mangel an Verwirklichungsmöglichkeiten (nach Amartya Sen)

Gesellschaftliche, politische Rahmenbedingungen als Umwandlungsfaktoren der Ermöglichung

Ausgangssituation: Gleiche Chancen?

Menge der Verwirklichungschancen (capabilities)

Ergebnis: Welche individuellen Ziele und Lebensqualität wird erreicht?

Individuelle Fähigkeiten / Potentiale / Kompetenzen als individuelle Umwandlungsfaktoren

2.) Mangel an Verwirklichungsmöglichkeiten (nach Amartya Sen)

Gesellschaftliche, politische Rahmenbedingungen, z. B. in Form von Bildungspolitik

Ausgangssituation: Gleiche Chancen?

Menge der Verwirklichungschancen (capabilities)

Ergebnis: Welche individuellen Ziele und Lebensqualität wird erreicht?

Individuelle Fähigkeiten / Potentiale / Kompetenzen als individuelle Umwandlungsfaktoren

3.) Armut als Mangel an Ressourcen

Einkommen (ökonomisches Kapital)

Psychische Ressourcen

Zeit

Gesundheit

Bildung (kulturelles Kapital)

Soziales Kapital

Einkommen und Gesundheit: Der sozialepidemiologische Zusammenhang

Einkommen (ökonomisches Kapital)

Psychische Ressourcen

Shift

Zeit Drift Bildung

Gesundheit

(kulturelles Kapital)

Soziales Kapital

Einkommen und Bildung: Ungleicher Zugang zur Bildung und ungleiche Bildungsrenditen

Einkommen (ökonomisches Kapital)

Psychische Ressourcen

Ungleicher Zugang zur Bildung Zeit Ungleiche Bildungsrenditen Bildung

Gesundheit

(kulturelles Kapital)

Soziales Kapital

Einkommen und soziales Kapital: Nutzung des Sozialen Kapitals

Einkommen (ökonomisches Kapital)

Psychische Ressourcen

Zeit

Gesundheit

Bildung (kulturelles Kapital)

Soziales Kapital

Transformation von psychischen in körperliche Probleme

Einkommen (ökonomisches Kapital)

Psychische Ressourcen

Psychosomatik

Zeit

(Psychoimmunologie) Gesundheit

Traumaforschung

Bildung (kulturelles Kapital)

Soziales Kapital

Soziales Kapital und Gesundheit: Das Coping

Einkommen (ökonomisches Kapital)

Psychische Ressourcen

Zeit

Gesundheit

Bildung Coping

Soziales Kapital

(kulturelles Kapital)

Die Ressourcentransformationen im Einzelnen

Einkommen (ökonomisches Kapital)

Psychische Ressourcen

Zeit

Gesundheit

Bildung (kulturelles Kapital)

Soziales Kapital

Soziale Arbeit als komplexe Arbeit an den verschiedenen Ressourcen

Unterstützung bei psychischen Prozessen, psych. Empowerment …

Einkommen (ökonomisches Kapital)

Unterstützung bei der Organisation von (Transfer-)Einkommen, Schuldnerberatung

Psychische Ressourcen

Zeit

Gesundheit

Bildung

Klinische Sozialarbeit, Gesundheitsförderung und -prävention, Gesundheitsbezogene Soziale Arbeit

(kulturelles Kapital)

Soziales Kapital Netzwerk-Arbeit / Paarberatung etc.

Bildungsarbeit, häufig eher die informelle Bildung betreffend

Sozialarbeiterische und sozialpädagogische Methoden, die sich auf den Ressourcenbegriff beziehen

 Ressourcenorientierung (anstelle von Defizitorientierung)  Ressourcenorientierte Soziale Diagnose (z. B. Gahleitner; Geiser)

 Ressourcenberatung (Nestmann)  Ressourcenaktivierung (Flückinger / Wüsten, Schmid)  Ressourcenorientiertes Empowerment (Herriger, Lenz)

Ein breites Armutsverständnis – auch nützlich für die Soziale Arbeit

 Wird Armut betrachtet als „fehlende Mittel“, dann kommt auch nur eine beschränkte Anzahl an Interventionen in den Blick.  Armut ist auch darauf zurückzuführen, dass der Staat Verwirklichungschancen ungleich verteilt, häufig gemäß dem MatthäusPrinzip „Wer hat, dem wird gegeben“. Bestehende Strukturen werden zementiert, statt Armut beseitigt.  Die Berücksichtigung vieler Ressourcen weist auf die vielschichtigen Probleme hin, die mit Armut im Alltag einhergehen.  … zeigt, wie die Verfestigung von Armut und wie Armutsspiralen funktionieren (entsprechend den bio-psycho-sozialen Zusammenhängen) …  … und welche Bedeutung Soziale Arbeit für Armutsprävention und -bekämpfung hat.

Armut definieren – Armut wahrnehmen Armut verstehen

Armut.findet.Stadt. – 1. Wiener Armutskonferenz 13./14. Juni 2013, Wien

Alban Knecht, Johannes Kepler Universität, Linz

2. Teil:

Wofür Ressourcentheorie? Mikroebene Ebene der politischen Entscheidungen zur Verteilung / Zuteilung von Ressourcen (polity)

M a k r o

MehrebenenModell der Ressourcenzuteilung und -transformation

Lebensbedingungen Institutionen des Bildungs- und Gesundheitswesens, Soziale Dienste

Unternehmen Märkte: Lohnpolitik, Arbeitsschutz

Beziehungen als Ressourcenspender: Familie / Freunde / Netzwerke

M e s o

Arbeitsbedingungen, Wohnbedingungen, Umweltqualität

Einkommen

Zeit

Gesundheit

Psych. Ress.

Bildung

Soz. Kapital

M i k r o

Ohne Darstellung der Rückwirkungen

Knecht / Schubert (2012): Ressourcen im Sozialstaat und in der Sozialen Arbeit. Aktivierung – Förderung – Zuteilung. Kohlhammer

www.albanknecht.de

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