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a, doch, sie seien schon mal auf einem Campingplatz zelten gewesen, erinnern sich Nicole (43) und Hervé (47) von Grünigen dunkel. So um 1988 rum muss das gewesen sein. Seither ist das Paar aus Kappelen BE auf der ganzen Welt herumgekommen. Sie stiegen in Vier- oder Fünfsternehotels ab und entdeckten nach der Geburt ihres Sohnes Ryan (4) den Segen von Hotels mit Kinderbetreuung. Die selbständige Personalvermittlerin und der Bundesangestellte sagen: «In den Ferien lassen wir es uns gerne gut gehen.» Sie mögen Wellness und auswärts essen. Ferien im Wohnmobil verlaufen etwas anders. Auswärts essen findet meist vor dem Camper statt, das Kinderprogramm lautet Spielplatz, und an Stelle von Wellness gibt es Fitness: Tischchen und Stühle herumtragen. In einem Aufruf suchte das Migros-Magazin am 16. Mai eine Familie wie die von Grünigens: an gediegene Ferien gewöhnt, aber einem Abenteuer nicht abgeneigt. Aus über 1000 Bewerbern wurde das Trio aus dem Berner Seeland auserkoren.
Nach vier Nächten auf engstem Raum, mit wenig Schlaf, viel Regen, 1000 Kilometern Fahrt und ein paar Campingbekanntschaften steht für die von Grünigens fest: Sie werden es wieder tun. «Wir planen eine Reise durch Kanada, im Wohnmobil», sagt Hervé von Grünigen. Doch die von Grünigens waren nicht von Anfang an die geborenen Camper, wie das Tagebuch der Familie beweist. Tagebuch Nicole von Grünigen, bearbeitet von Yvette Hettinger Bilder Jorma Müller, Nicole und Hervé von Grünigen
Montag, 16. Mai 2011
Ich sehe den Leseraufruf im Migros-Magazin. Am Abend zeig ich ihn Hervé. Seine Reaktion: «Ja, und …?» Dienstag, 17. Mai
Ich setze mich mit Ryan auf dem Schoss an den Computer und sende ein E-Mail ans Migros-Magazin: Ich bewerbe mich um die Kurzferien mit dem Camper. Donnerstag, 19. Mai
Telefon vom Migros-Maga-
Abenteuer Wohnmobil Normalerweise verbringt Familie von Grünigen ihre Ferien in guten Hotels. Kinderbetreuung inklusive. Für das MigrosMagazin wagten sie sich in einen Camper. Zum ersten Mal im Leben.
MENSCHEN CAMPER
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Grosses Bild: Auf dem Campingplatz des Legolands kommt bei Familie von Grünigen Ferienstimmung auf. Kleine Bilder von links: Ryan ist bereit für das grosse Abenteuer; Mutter Nicole und Sohn Ryan staunen: «Hier hat es sooo viel Stauraum.» Auf der Autobahn ist Hervé von Grünigen auf Augenhöhe mit den Lastwagen.
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zin. Die Jury hat entschieden: Wir haben den Wettbewerb gewonnen! Ich bin zuerst einmal sprachlos, und das braucht etwas. Dann erfahre ich, wie es weitergeht: Wir können das Wohnmobil (Womo) am Freitag vor Pfingsten in Baar ZG abholen und am Dienstag zurückgeben. Ich sage, dass ich das mit dem Camper grundsätzlich genial finde. Innerlich fängt es an zu kribbeln, und ich frage mich: «In was habe ich uns da reingeritten?» Hervé weiss ja noch von gar nichts. Wir werden am Montag definitiv zusagen. Oder absagen. Abends besprechen wir die Camperreise, und Ryan meint als Erstes, er wolle damit nach Paris. So weit können wir natürlich nicht fahren, aber es sollte doch etwas sein, das allen Spass macht. Bald ist klar: Wir werden dieses Abenteuer wagen! Freitag, 20. Mai
Zusage an das Migros-Magazin. Montag, 23. Mai
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Wohin soll denn die Reise gehen? Das Tessin oder Österreich sind mögliche Ziele. Hervé fragt sich, was wir für ein Fahrzeug bekommen. «Können wir damit über Pässe fahren?» Anruf bei
den Vermietern. Frau Burri meint: «Sie bekommen ein schönes Fahrzeug.» Mit Dieselmotor. Wir sollten eine Pfanne oder zwei mitnehmen, und Bettwäsche oder Schlafsäcke. Okay. Jetzt fang ich ernsthaft an, mir Gedanken zu machen, und frage mich immer noch: «Worauf hast du dich da eingelassen?» Ryan hat einen kleinen Schlafsack. Wir nicht. Unsere Duvets werden es wohl tun müssen. Wohin wir fahren werden, weiss ich immer noch nicht. Montag, 23. Mai
Tipps von einer Bekannten, die sich mit Womos auskennt: keine Koffer fürs Gepäck, sondern eher Wäscheeimer. Wir werden unsere Ikea-Taschen füllen. Und je nach Reiseziel: Campingplatz reservieren! Ich weiss immer noch nicht, wohin wir wollen. Wir versuchen zu planen. Was nehmen wir mit? Von den Wanderschuhen über die Badehose bis zum Fleece-Pulli muss wegen des unsicheren Wetters alles mit. Ich finde ein paar Campingplätze im Tessin mit schönen Spielplätzen. Aber die Wetterprognosen für die Südschweiz sind für das ganze Pfingstwochenende katastrophal. Südfrankreich hätte einigermas-
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Ups! Bei Kreuzlingen parkieren die von Grünigens auf Ryans Crocs. Ab nach Legoland. Auf der Fähre von Romanshorn nach Friedrichshafen.
schon souverän.» sen trockenes Wetter. Aber so weit können wir nicht fahren. Ins Elsass? Hervé findet es nicht realistisch, mit dem Womo und Ryan Städte anzuschauen. Mittwoch, 8. Juni
Noch zwei Tage bis zur Abreise. Wir verwerfen das Tessin definitiv. Gemäss Wetterprognose soll es am Bodensee gut bis sehr gut werden. Hervé bittet mich, im Internet eine mögliche Route und Campingplätze zu recherchieren. Donnerstag, 9. Juni
Nun haben wir alles so weit wie möglich gepackt und dabei bedacht: Wir gehen nicht wie sonst in ein Hotelzimmer, wo alles schon da ist, sondern eher in etwas wie eine leere Wohnung. Was brauchen wir zum Kochen? Gewürze, Salatsauce, Abwaschmittel, Geschirrtücher. Dann WC-Papier und ein Sicherheitsgitter für Ryans Bett. Fehlt immer noch die Feinplanung der Route. Wie wärs mit Legoland? Die haben auch ein Campingareal. Ich rufe dort an, und für Pfingsten ist noch was frei. Da ich keine Ahnung habe, wie weit wir am ersten Tag kommen werden, suche ich für die erste Übernachtung Plätze am Bodensee,
sowohl auf Schweizer wie auch auf deutscher Seite. Hervé ist begeistert. Freitag, 10. Juni, 10 Uhr
Wir sind endlich in Kappelen gestartet. Tagwache war zwar schon um 6.40 Uhr, aber wir brauchten viel Zeit zum Duschen und Frühstücken und um alles Wichtige ins Auto zu verfrachten: Bettwäsche, Lebensmittel in der Kühltasche, Ikeataschen. Ich gehe erneut in Gedanken alles durch. Hervé meint: «Keine Panik! Wir bleiben in Europa. Wenn was fehlt, kann man alles kaufen.» Der Gedanke «Auf was haben wir uns da eingelassen?» verflüchtigt sich langsam. Ryan wird ungeduldig, steht immer mehr im Weg, will Aufmerksamkeit. Bei wunderbarem Wetter und bereits 18 Grad nähern wir uns Baar ZG, wo das Womo auf uns wartet. Und dann sehen wir zum ersten Mal den Camper von innen. Genaue Instruktion, was wo ist, wie man das Abwasser ausleert, wie die Toilette funktioniert und so weiter. Man darf keine Milch in den Abguss des Waschbeckens giessen. Darauf meint Ryan leise zu mir: «Mami, dann können wir ja den Schoppen gar nicht waschen, was machen wir denn?»
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Der Camper war für vier Tage das Reich der Familie von Grünigen.
Ob mit Mama bei den Fischen, alleine auf dem Wasser oder mit Papa bei den Piraten: Ryan gefiel es im Legoland.
Um 13.30 Uhr starten wir mit unserem Camper Richtung Zürich. Wow, da sitzt man fast so hoch wie in einem Lastwagen! Jetzt noch das GPS auf Kreuzlingen einstellen und die erste Fahrt geniessen. Hervé lenkt das Gefährt souverän. Kurz vor 17 Uhr: Ankunft auf dem Campingplatz Fischerhaus in Kreuzlingen. Ohne Reservierung finden wir noch Platz. Ich würde den Camper kaum in die zugeteilte Lücke reinbringen, aber Hervé macht das wie ein Profi. Nachdem alles installiert ist – Sonnenstore ausgefahren und ihre Beine fixiert, Stühle und Campingtisch aufgestellt –, merke ich drinnen, dass wir eindeutig schräg stehen. Denn die WC-Türe klappt immer auf. Also draussen alles wieder abräumen, Sonnenstore einfahren, Motor an und manövrieren. Nun sieht es gut aus. Oder? Nein, wir stehen
immer noch schräg. Und da sehen wir: Das eine Rad ist direkt auf Ryans Croc-Schuhen parkiert. Also nochmals manövrieren, Crocs weg, auf die Klötze rauf, und dann stehen wir endlich gerade. Freitag, 10. Juni, 18 Uhr
Wir sind installiert und kundschaften den Campingplatz aus. Ryan mit seinem Trottinett ist auf der wunderschönen Uferpromenade neben dem Campingplatz fast nicht zu bremsen. Das Fleisch fürs Abendessen grillen wir auf dem öffentlichen Grill zwischen Rezeption und Spielplatz und geniessen es bei schönem Wetter vor dem Wohnmobil. Abwasch im Gemeinschaftsraum. Danach wollen wir den Compi rauffahren, suchen aber vergeblich einen Adapter für den Stromanschluss. Nach einem Gutenachtkuss geht Ryan rauf in seinen Schlafplatz, kommt dann
«Beim Campen geht man nicht sehr zeitig ins Bett und schläft auch nicht aus.» wieder runter, will sehen, was wir machen, später will er in unserem Bett nächtigen. Aber das Einschlafen will einfach nicht klappen. Die Campinggeräusche sind zu laut. Erst nach 22.30 Uhr wird es ruhiger, und Ryan kann endlich einschlafen. Als es nach 23 Uhr an-
fängt zu regnen, ist das so laut, dass ich befürchte, er wache wieder auf. Aber nein, Glück gehabt. Auch die Wasserpumpe, die wir beim Zähneputzen aktivieren, ist ziemlich laut, aber Ryan schläft. Jedenfalls bis 3.30 Uhr. Da muss er auf die Toilette und will, dass ich
MENSCHEN CAMPER
bei ihm oben schlafe. Also zügle ich zu ihm. Um 6 Uhr setzt der Regen wieder ein. Das war etwas wenig Schlaf.
Bilder Jorma Müller
Samstag, 11. Juni
Nach dem ersten Kaffee holt Hervé die vorbestellten Gipfeli im Campingladen. Es regnet immer noch, aber unser erstes Frühstück im Camper ist gemütlich. Wir besprechen die weitere Reise und reservieren im Legoland im deutschen Günzburg einen Platz. Wir kaufen einen Adapter, ein paar Kleinigkeiten zum Essen und eine Blume für den Tisch im Camper. Dann gehts Richtung Romanshorn. Warten auf die Fähre. Kaffee trinken und Schlendern durch den dortigen Flohmarkt. Auf der anderen Seeseite angekommen, kann Hervé endlich testen, was in dieser Kiste drinsteckt, und tatsächlich: Sie hat Power. Wir
entdecken weitere Vorteile eines Wohnmobils: Auf jedem beliebigen Parkplatz kann man auf die Toilette oder Durst und Hunger stillen. Alles griffbereit dabei. Danach schön wieder die Türen richtig verriegeln und alles verstauen. Sonst fliegen einem die Sachen um die Ohren. Oder es scheppert. Nach 17 Uhr Ankunft auf dem Campingplatz Legoland. Während Hervé mich instruiert, wo die Klötze zu platzieren sind, möchte Ryan gleich auf Entdeckungstour. Nach dem Parkieren gehts deshalb gleich ins Feriendorf: viele Spielplätze, eine Holzspielburg, ein Holzspielschiff, eine Piraten-Minigolfanlage und, und, und. Sonntag, 12. Juni
In der zweiten Nacht haben alle schon viel besser geschlafen. Nach einem ersten Kaffee holt Hervé Brötchen, und wir essen gemüt-
lich Zmorge bei wunderschönem Wetter vor unserem Womo. Dann gehts in den Park, wo wir tolle Stunden verbringen, alle haben Spass. Um 19 Uhr sind wir zurück im Feriendorf und verlängern die Miete unseres Platzes um eine Nacht. Beim Campen geht man nicht sehr zeitig ins Bett, und man schläft morgens auch nicht aus … Montag, 13. Juni
Tagwache schon kurz vor acht. Es regnet. Es ist schon fast ein Ritual, dass Hervé nach dem ersten Kaffee Brötchen holt. Bei diesem Wetter muss man im Park nicht lange anstehen. Zwischendurch kommt die Sonne hervor. Trotzdem: Gemütlich vor dem Wohnwagen zusammensitzen geht nicht. Im Wohnmobil kann man aufrecht gehen und stehen, man ist im Trockenen, hat eine Küche und für alle Fälle sogar eine Hei-
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zung. Alles grosse Vorteile gegenüber einem Zelt! Allerdings bleiben bei schlechtem Wetter auch die Kochgerüche drinnen. Dienstag, 14. Juni, 8 Uhr
Unsere letzte Nacht im Wohnmobil war sehr angenehm. Nach dem Frühstück müssen wir packen, denn heute gehts wieder nach Hause. In Baar ZG angekommen, laden wir unser Zeug aus, putzen das Womo und tanken. Als wir in unseren PW steigen und uns auf den Weg ins Bernbiet machen, dunkelt es schon. Es war eine schöne Erfahrung. Obwohl es ziemlich eng war und wir kein Wetterglück hatten, werden wir es wieder machen – mit einem neuen Reiseziel. Das Wohnmobil wurde kostenlos zur Verfügung gestellt von Burri Motorcaravan in Baar ZG. www.motorcaravan.ch