92 Tage Bolivien Wie alles begann

Rundbrief Böbel, Simone Bolivien, Reyes (Beni) Kirsten Steinhoff CEA “6 de Enero” Vertragszeitraum: 19.07.-25.09.2015 08.Aug.-08-Nov. 2015 92 Tage Bo...
Author: Liese Fiedler
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Rundbrief Böbel, Simone Bolivien, Reyes (Beni) Kirsten Steinhoff CEA “6 de Enero” Vertragszeitraum: 19.07.-25.09.2015 08.Aug.-08-Nov. 2015

92 Tage Bolivien – Wie alles begann 3 Monate voller Erfahrungen und Erlebnisse, von denen ich versuchen möchte euch so gut es geht zu berichten. Hier geht es um meine ersten subjektiven Eindrücke und Wahrnehmungen. Ich hoffe es gefällte euch und falls ihr Fragen und Anmerkungen habt, schreibt mir einfach, ich antworte euch gerne. Ansonsten wünsche ich viel Spaß beim Lesen!

Bolivien im Vergleich zu DE (Amts-)Sprachen: Spanisch und 36 weitere indigene Sprachen. Nachdem die indigene Bevölkerung lange Zeit verachtet und diskriminiert wurde, wird jetzt versucht diese wieder hervorzuholen. Deshalb muss jeder für die Regierung Arbeitende noch mind. 1 weitere indigene Sprache erlernen. Hauptstadt: Sucre, der Regierungssitz ist jedoch in La Paz Regierungsform: Präsidialsystem unter Evo Morales (seit 2006), unter dem sich schon viel verbessert hat, wie z. Bsp. Eine nahezu Alphabetisierung des Landes; gesetzliche Beendigung der Diskriminierung der indigenen Bevölkerung (die über die Hälfte der Population ausmachen) und das großflächige Ausbauen der Infrastruktur. Quelle(Stand Oktober 2015) http://www.laenderdaten.info/laendervergleich.php?country1=BOL&country2=DE U http://www.adveniat.de/lateinamerika/laenderinformation/suedamerika/bolivie n1/bolivien-zz.html(Stand 2007) https://de.wikipedia.org/wiki/Bolivien(Stand Okt.2015)

Währung: Bolivianos (7,5 BOL = 1 €) Fläche & Einwohnerzahl: Obwohl Bolivien ca. 3-mal größer ist als Deutschland (1.098.581 km² zu 357.022 km²), gibt es nur 10,5 Mio. Einwohner (Vgl. zu DE: 81 Mio.) Religion: Das von den 92,8% Christen 84% Prozent Katholiken sind, merkt man deutlich daran, dass die riesen Papst-Plakate in der ganzen Stadt auch nach seinem Besuch im August noch nicht abgehangen wurden. Mobilfunkgeräte & Co2-Ausstoß: … gehören vllt. nicht zu den wichtigsten Daten, sind aber sehr interessant im Vgl zu den deutschen Daten: Pro 1000 Einwohner haben 988 Bolivianer ein Telefon, in DE sind es 1.228. Auch wird immer über die Umweltverschmutzung der Entwicklungsländer gewettert, doch schaut man sich hier die Zahlen mal genauer an (ebenfalls pro 1000 Einwohner), muss man sich dann doch auch mal an die eigene Nase fassen: 1.625,36 t CO2-Ausstoß in Bolivien zu 9732,50 t in Deutschland. Natürlich gibt es hier trotzdem noch einiges was Verbesserungswürdig wäre, wie bspw. der Umgang mit dem Müll. Es gibt weder Mülltrennung noch ein Verständnis zu der Verschmutzung der Umwelt. Klima: Bolivien ist nicht nur ein Plurinationaler Staat, sondern auch in seiner Flora und Fauna sehr divers unterwegs: Hier findet man von 6.500m Höhe und Schnee bis hin zu tropenreichen 40 Grad auf 90 Meter über NN so ziemlich alles.

Der 1. Eindruck Als ich nach 22 Stunden Reise aus Deutschland endlich in Bolivien am Flughafen in klirrender Kälte mit gefühlten 90 Kilo Gepäck stand und auf einen Mann wartete, den ich nur von einem Foto kannte, war mir noch nicht bewusst, dass in einem Monat 22 Stunden bald eine ganz normale Reisedistanz für mich werden sollte. Als unsere Gepäckstücke dann abenteuerlich auf das Dach eines kleinen weißen Minivans geschnallt waren, sah ich das 1. Mal Bolivien. „Eine „Cholita“ an einem deutschen Projekt zur Wasserversorgung auf dem Land“

Bolivien erschien mir, wie eine Kulisse aus einem alten

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Westernfilm. Viele unfertige Backsteinhäuser, dazwischen staubige braune Straßen. Wenige Pflanzen. Aber trotzdem auf seine Weise unglaublich faszinierend. Überall gab es was zu entdecken. Der Markt. Die indigene Frau, die ihr Baby in einem bunten Tuch auf ihren Rücken bindet. Die unglaubliche Fülle an Minibussen auf der Straße. Und letztendlich die klirrende Kälte in Kombination mit dem strahlenden Sonnenschein, die mich an einen Weihnachtstag in Deutschland erinnerte.

Das Leben in El Alto

„CEJA“ – Der Verkehrsknotenpunkt El Altos

Die ersten 5 Wochen in Bolivien waren für den Spanisch-Sprachkurs in der Stadt des Regierungssitzes, in La Paz, reserviert. Wie ich schnell feststellte, hatte ich den auch bitter nötig.

Um von El Alto (meiner Wohnung) nach La Paz zu kommen, nimmt man einfach einen Minibus. Dafür stellt man sich an eine Straße und wartet, bis ein Toyota oder Nissan Kleinfahrzeug (12 Personen) an einem vorbeifährt, dass in der Windschutzscheibe ein Schild mit der Aufschrift „CEJA“ hat. Dann streckt man einfach die Hand aus und steigt ein. Will man dann aussteigen, sagt man einfach dem Fahrer „esquina, por favor“ und dieser hält an der nächsten Ecke an. Eine 60-minütige Fahrt nach La Paz kostet dann 3,50 Bolivianos – das sind umgerechnet ca. 50 Cent. Sobald man sich morgens dann durch die riesen Menschenflut einen Platz in einem Minibus erkämpft hat, ist die Fahrt recht entspannt. Straßenverkehrsregeln gibt es nicht oder sind längst vergessen. Rote Ampeln bedeuten: Einmal kurz schauen und weiterfahren. Ansonsten gewinnt der größte Drängler. Trotz dem starken Gebrauch der Hupe, scheinen die Fahrer (anders als man das vielleicht aus dem Urlaub in Italien kennt) seelenruhig und fahren ohne erkennbare Emotionen weiter. Gemeinsam mit Mischl, Hagon und Titrapp, meinen drei MitFreiwilligen aus Deutschland, wohnte ich 5 Wochen in einer Wohnung in El Alto - in der Millionenstadt auf über 4.000 Metern 3

Höhe. Dort schlossen wir schnell eine Freundschaft, die bald einem Familienleben gleichkam. Gemeinsam wurde auf dem Markt oder einen der „Tiendas“ (quasi Wohnzimmerfenster aus denen dann kiosk-ähnliche Artikel verkauft werden) eingekauft, gekocht und die kalte Handwäsche im Innenhof gesäubert. (Sowie gefühlte 9 Staffeln der Serie „Game of Thrones“ geschaut, denen ich mich nach dem grausamen Ableben meines Lieblingscharakters dann aber leider entziehen musste). Wie sich bald herausstellte, war das erkunden zweier Städte ohne Spanischkenntnisse leichter als gedacht. Mit der liebevollen Hilfe meiner Mitfreiwilligen und der Macht der Zeichensprache, lies sich das Leben problemlos meistern. Allerdings war ich als „Löhndorfer Mädsche“ (einem 1.300 Seelort in der Eifel) die schiere Menschenmasse nicht gewöhnt. Es erschien mir als verfolge mich die gesamte Stadtbevölkerung. Alleine sein, gab es hier nicht. (Wie sich später herausstellte, war ich mit 70 andern deutschen Freiwilligen in La Paz auch keineswegs die einzige Weiße). Neben der Sprachschule, fingen Mischl und ich an, in einer Bäckerei mit Menschen mit Behinderung zu arbeiten. Sie waren zwischen 18 und 28 Jahren alt. Ich hatte schon mal gehört, dass man von Menschen mit geistiger Behinderung viel lernen kann. Jetzt verstehe ich auch warum: Jeden Mittag, als wir in der Bäckerei ankamen wurden wir mit freudestrahlenden Gesichtern begrüßt. Einige kamen sogar direkt auf uns zu gerannt, um uns zu begrüßen. Je nach Möglichkeit der Bäcker wurden wir entweder ohne „Die fröhlichen Bäcker bei der Arbeit.“ Punkt und Komma unterhalten oder aber mit viel Geduld der Zeichensprache gelehrt. Auch wenn die Gespräche nicht unbedingt hochkompliziert waren, so zeigten die Bäcker doch unendlich viel Neugier und traten uns offen und mit großer Gastfreundschaft gegenüber. Die menschliche Wärme, die von diesen Menschen ausging, war auf eine schöne Art irgendwie ganz anders, als ich das gewohnt war. Stolz wurden uns dann Bilder von Familienmitgliedern präsentiert oder wir wurden eingeladen mit auf den nächsten Platz Fußballspielen zu gehen. Auch die kleine rundliche Bäckermeistern, die die leckersten Donuts der Welt macht, setzte uns zur Begrüßung erstmal an den Tisch und servierte uns zwei ordentliche Tellerportionen Nudeln mit Salat. 4

„Auf diesem Bild für euch zusammengefasst: Das Weltkulturerbe der Prä-Inka.“

Die Reisen

Nach dem ersten Einleben und dem schließen neuer Bekanntschaften mit weiteren „Voluntarios“ (Freiwilligen), galt es dann auch mal Boliviens Sehenswürdigkeit zu erkunden. Nach „Ein Vögelein am Titicacasee!“ einer etwas sehr kulturellen Reise zu einer Prä-Inkastätte „Tiahuanaco“ ging es dann für 1 Wochenende als Abschiedsfahrt für mich nach Copacabana an den atemberaubenden Titicacasee. Danach musste ich mich dann von einer wunderbaren Zeit mit den mir sehr ans Herz gewachsenen Mitfreiwilligen Mischl, Hagon und Trappi verabschieden und in dem sicherlichst kleinsten Flugzeug der Welt auf den Weg in meine eigentliche Einsatzstelle ins warme Tieflands Bolivien begeben.

Reyes Unterschiedlicher können El Alto und Reyes nicht sein. Vom Kalten ins Warme. Vom Grau-Braunen ins satte Grün. Von Anonymität in die größte Kleinstadtattraktion. „Wenn 18 Passagiere dem Piloten quasi auf dem Schoß sitzen, fängt man schon an zu hoffen, dass man auch ohne Sicherheitsvorkehrungen wie Sauerstoffmasken gut ankommt.“

Reyes liegt etwa 22 Stunden Busfahrt von La Paz, meinem alten Wohnort. Es ist ein kleines Städtchen mit ca. 7.000 Einwohnern und meine Einsatzstelle für das kommende Jahr. Jedoch erinnert es mehr an ein Dorf. Denn hier kennt jeder jeden. Dieser Fakt (und der Fakt, dass ich eine „Gringa“ – eine Weiße) bin führt dazu, dass ich überall auf der Straße begrüßt werde und zu einem neugierigen Pläuschen über meine Herkunft und meinen Beziehungsstatus ausgefragt werde. Nicht selten fällt auch die Frage, ob ich Kinder habe. Was bei uns sofort ein RTLNachmittagsdrama wäre, nennt sich hier einfach ganz normal „junge Mutter“, auch wenn diese erst 15 ist. Ansonsten ist spätestens mit Anfang 20 die Zeit fürs Familiengründen gekommen.

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Man fühlt sich, als wäre man in eine andere Zeit versetzt worden: Die Rollenverteilung von Mann und Frau ist noch ganz klar strukturiert und auch den Machismo ist ganz deutlich in der Gesellschaft verankert. Dies führt dazu, dass die Frau für das Wohl der Familie verantwortlich ist und der Mann sowohl das Geld ranschafft als auch die Familie repräsentiert. Gerade dieser stark vertretene Machismo hat mich so manches Zähne zusammenbeißen gekostet, da die wirklich hartarbeitende Frau, meiner Meinung nach nicht noch als persönliche Dienstmagd des Mannes missbraucht werden sollte. Ansonsten gibt es hier viele Singlemütter, die von ihren Männern mit 5 Kinder verlassen wurden. Singleväter gibt es nicht. Außerdem existieren einige Geschichten, dass junge Mädchen, die kaum die Pubertät erreicht haben, von alten Männern für Sex bezahlt werden.

„Eines der vielen „selbstgebastelten“ Häuser.“

Kaum ein Wunder, denn das Geld hier ist ungleich verteilt. Die Schere zwischen Reich und Arm klafft weit auseinander: Die einen bestellen sich einmal die Woche Haushaltshilfen und die anderen wissen nicht, wie sie am nächsten Tag ihrer Familie essen kaufen können. Diese Unterschiede merkt man auch am Hausbau. Wenn ich einige Häuser sehe, hoffe ich, dass diese unbeschadet die Regenzeit überstehen werden. Fortbewegen tut man sich hier nicht mit einem Minibus wie in El Alto, sondern mit Motorrädern. Jeder düst mit seinem kleinen Gefährt zur Arbeit, auf den Markt oder die Familie besuchen und gabelt zwischendurch noch Bekannte Menschen auf um auch diese schnell und bequem zu ihrem Ziel zu bringen. Ansonsten kann man hier auch eins der zahlreichen Motorradtaxis nehmen oder beauftragen die Einkäufe nach Hause zu bringen. Klimamäßig wäre es für einige meiner deutschen Familienmitglieder ein absoluter Traum für andere die pure Hölle: Es ist jeden Tag sehr warm und kann auch locker mal Ende 30 bis Anfang 40 Grad Celsius an einem Tag messen. Das führt dann auch zu dieser Fülle an frischen und exotischen 6

Früchten, die man entweder im Garten pflücken kann oder aber auf dem täglichen Gang zum Markt erwerben kann. Nicht selten kommt es vor, dass Familien auch ihre Früchte verschenken.

Die Arbeit Nach einigen Erfahrungen in La Paz mit der Arbeit mit Schuhputzern, Obdachlosen und einer Behinderten-Bäckerei, arbeite ich nun in Reyes in einem außerschulischen Bildungsangebot für Erwachsene (15-50 Jahre). Bis ich zum neuen Schuljahr im Februar Englisch und Alphabetisationskurse anbieten werde, „Diese Jungs bewirtschaften und verkaufen ihr helfe ich in verschiedenen Klassen aus eigenes Gemüse. Ihre Einschränkung durch ihre wie der Computer- oder der Friseurklasse. Behinderung machen sie dabei mit viel Herz wett.“ Der Respekt, aber auch gerade das Vertrauen gegenüber den Lehrern ist deutlich zu spüren. Profe Dino, der Lehrer der Computerklasse, sagte mir einmal: „Wenn ich merke, dass ein Kind Sorgen hat, dann kümmere ich mich sofort. Denn manchmal sehen die Kinder mich öfter als ihren eigenen Vater.“. Gerade am Anfang der Stunde tummeln sich die jungen Erwachsenen um das Pult um ihm ihre Erlebnisse mitzuteilen.

„Die Informatikklasse am „Tag des Schülers“

Wenn man die Schüler mit ihren Hollister-T-Shirts und Nike-Schuhe so sieht, kann man gar nicht glauben, dass manche ihre monatliche Schulgebühren von 10 Bolivianos (das sind nur knapp 1,50€) nicht rechtzeitig bezahlen können, weil das Geld knapp ist. Aber wenn man dann realisiert, dass diese Marken-T-Shirts Secondhand-Klamotten für 7 Bolivianos aus den USA sind und 7

„Jeder der schonmal mit mir Essen war, weiß um meine Abneigung von Zwiebeln. Vor einigen Wochen wurde ich von einer Familie eingeladen mit ihnen zu Mittag zu essen. Einer Familie, die zwischen Ställen in notdürftigen Miniaturräumen ohne Fenster und Moskitoschutz schläft und zum Essen einen vom Metzger verschenkten Kalbfötus (Sullos) zubereitet hat. Hier, am Tisch mit ca. 15 Leuten von denen ein Mann nur noch ein Bein hatte, wurde mir endgültig bewusst, dass mein persönliches Problem mit dem Essen von Zwiebeln ein absolut nachrangiges ist. Mein Verständnis für die Dankbarkeit Essen zu haben hat sich mit der Gastfreundlichkeit dieser Familie geändert und endlich ist auch mein Kopf gewillt Zwiebeln als Nahrungsmittel

„Kleine Aufmerksamkeiten der Schüler, die mir als „Lehrer“ des Öfteren gemacht wurden.“

diese getragen werden, da die Schul-T-Shirts (die vor der Amtszeit Evo Morales obligatorisch waren) zu teuer sind, plus dazu jeden Tag die gleichen Schuhe tragen, bekommt dieser Anblick eines T-Shirts einen ganz anderen Beigeschmack. Ab nächster Woche werde ich auch administrative Aufgaben im Sekretariat übernehmen, da hier ebenfalls ein akuter Personalmangel herrscht.

Ein typischer Tag Jaja, in Lateinamerika arbeitet man ja nicht viel. Siesta, Fiesta. Erzähl mir jetzt nochmal einer, dass die Bolivianer faul sind! Wer hier nach Sonnenaufgang (pünktlich um 6) noch nicht aufgestanden ist gilt als absoluter Faulpelz. Danach wird sofort gekocht für das 1. Mal Mittag essen, pünktlich um 12, wenn der Mann nach Hause kommt. Nebenbei wird dann noch das gesamte Haus geputzt, auf den Markt gegangen, der Mann mit Frühstück versorgt, die Enkel (von denen es einige gibt) behütet und natürlich noch der Garten umgegraben und wenn dann noch Zeit bleibt die Nägel lackiert. Hier in Bolivien hat die Stunde eindeutig mehr als 60 Minuten. Der Mann steht zwar mit leckerem Frühstück auf, hilft aber genauso, vor Arbeitsbeginn um 8, im Garten. Wenn er nach Hause kommt ist das leckere Essen (und ja, an dieser Stelle kann man nochmal einfügen, dass es wieder Fleisch gibt) schon fertig auf dem Tisch und der frischgepresste Orangensaft von dem Orangenbaum hinterm Haus eingeschenkt. Es wird immer gemeinsam gegessen. Und generell wird auch einfach mal zu viel gekocht, falls der Singlesohn oder die Enkel spontan noch zum Essen hereinschneien. Nach dem Essen gibt es tatsächlich noch eine kleine Siesta, nach dem gut gezuckerten „Cafésito“ (=kleiner Kaffee), um Energie für die nächsten 3 Stunden Arbeit zu tanken.

anzuerkennen. (6.Okt. ´15)“

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Wenn man dann zum Abendessen nach Hause kommt, ist die Frau des Hauses normalerweise immer noch voll eingespannt in einer ihrer spontanen Ideen, wie bspw. das Bauen eines Vogelhauses. Dann gilt es spontanen Enthusiasmus zu zeigen und einfach miteinzusteigen in die abwechslungsreiche Aktivität. Erstaunlicherweise gibt es dann trotzdem immer pünktlichst um 6 Uhr Abendessen. (wenn man einer der vier unterschiedlich funktionierenden Uhren im Wohnzimmer Glauben schenkt) Um 7 geht es dann wieder auf die Arbeit bis ca. 10-11 Uhr abends. Was dann danach im Haus passiert, außer noch „Ein Hahnenkampf: Viel Blut, viele Männer und viel Bier.“ einem kleinen „Cafésito“, kann ich leider nicht berichten. Um diese Zeit hüte ich schon mein Zimmer, um auch am nächsten Tag zu dem Zwitschern der zahlreichen Vögel und dem strahlenden Sonnenschein aufzuwachen.

Das Essen Für Fleischliebhaber ist das Essen hier ein absoluter Traum: 1 Kilo Fleisch pro Person pro Tag. Mit Reis. Und das jeden Tag. Aber unglaublich lecker. Dazu gibt es ein „Refrescito“, ein Erfrischungsgetränk. Selbstverständlich frisch aus dem Garten. Hierbei kennt die Fantasie keine Grenzen: Kokosnuss, Ananas, Pomelo, Orangen, Bananen und Dinge von denen man in Deutschland noch nie gehört hat, werden einem hier frisch und kühl zum Essen serviert.

Die Menschen

„Eine bolivianische Hochzeit in der Hauptstadt Sucre“

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Die Menschen hier im Tiefland Boliviens zeichnen sich meiner Meinung nach insbesondere durch 3 Dinge aus: 1. Gastfreundschaft: Anstatt, dass bei Touristen die Preise erhöht werden, wird man billiger an Orte gefahren. Generell hat man auf eine naive Art und Weise unglaublich viel Freude an neuen Menschen und lädt diese auf dem Markt auch mal zum Essen ein. Auch verschenken einige Häuser ihre Früchte aus dem Garten. So wurde mir sogar ein Stuhl gebracht, die Familie hat sich versammelt um mit mir zu Plaudern und der älteste Sohn hat mir die frischen Mangos vom Baum geholt.

„Einer der Geburtstage zu denen ich ohne großes Fragen eingeladen wurde.“

2. Toleranz und Respekt: Hiermit meine ich nicht nur die Toleranz, was die Musiklautstärke der Bar nebenan um 2 Uhr nachts angeht, sondern auch insbesondere die Toleranz der Mitmenschen. Der Respekt gilt vor allem Familienoberhäuptern – sei dies nun Mutter oder Vater - und höheren Berufsgruppen wie Lehrer oder Arzt. Hier wird jeder auf der Straße freundlich begrüßt und auch außerhalb des Berufs mit „Maestro“ oder „Profe“(=Lehrer) begrüßt. 3. Zusammenhalt: Bei einem Todesfall, versammelt sich die ganze Straße um für 9 Tage gemeinsam zu trauern und Kerzen anzuzünden. Wenn es brennt, dann gibt es nicht etwa wie bei uns eine FFW. Hier werden nämlich die Kirchenglocken geläutet und alle Menschen eilen zu der Brandstelle um gemeinsam zu versuchen das Haus zu retten.

Ansonsten bleibt jetzt nur noch zu sagen, dass ich mich auf die nächsten 3 Monate in Bolivien freue. Dann wird mein nächster Rundbrief folgen. Liebe Grüße aus dem Warmen nach Deutschland an euch: Meine Familie, Freunde, Unterstützer und Leser,

eure Simone aus Bolivien

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