DNotI. BGB 336, 497; AGBG 11 Nr. 5 u. Nr. 6 Aufzahlungsklausel bei Einheimischenmodell

DNotI Deutsches Notarinstitut Dokumentnummer: 11089 letzte Aktualisierung: 13. Janaur 2000 BGB §§ 336, 497; AGBG §§ 11 Nr. 5 u. Nr. 6 Aufzahlungskla...
Author: Kai Geier
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DNotI Deutsches Notarinstitut

Dokumentnummer: 11089 letzte Aktualisierung: 13. Janaur 2000

BGB §§ 336, 497; AGBG §§ 11 Nr. 5 u. Nr. 6 Aufzahlungsklausel bei Einheimischenmodell

Zur Zulässigkeit einer nachträglichen Kaufpreiserhöhung im Rahmen eines Einheimischenmodells, wenn der Erwerber das Grundstück vor Ablauf von 10 Jahren seit Vertragsschluß weiterveräußert. In dem von Ihnen geschilderten Sachverhalt lautet die von der Gemeinde verlangte Klausel wie folgt: „Grundstücksbindung Der Käufer erklärt, daß er das erworbene Grundstück mit einem Wohnhaus bebauen und zukünftig selbst bewohnen will. Er erkennt an, daß die Gemeinde ihm das Grundstück zu diesem Zweck und in Erfüllung ihrer sozialen Aufgabe mit einem unter dem Verkehrswert liegenden Kaufpreis veräußert. Dementsprechend vereinbaren die Vertragsbeteiligten, daß sich der hier vereinbarte Kaufpreis bei einer entgeltlichen Weiterveräußerung des Grundstücks vor Ablauf von 10 Jahren seit Vertragsschluß rückwirkend auf das vierfache des dann von der Gemeinde für den jeweiligen Ortsteil bei Baulandverkäufen geforderten Grundstückspreises erhöht. Der Mehrkaufpreis wird mit Abschluß des Vertrages sowie die Weiterveräußerung des Grundstückes fällig. Der Käufer ist verpflichtet, die Weiterveräußerung des Grundstücks der Gemeinde unverzüglich schriftlich anzuzeigen. Gleichzeitig tritt der Käufer zur Sicherung des Anspruches der Gemeinde seinen Kaufpreisanspruch gegen die zukünftigen Erwerber i. H. d. Mehrkaufpreises an die Gemeinde ab. Diese nimmt die Abtretung an.“

1.

Grundsätzliche Zulässigkeit von Einheimischenmodellen a)

Im Zusammenhang mit Grundstücksveräußerungen verfolgen die Gemeinden in vielen Fällen Absichten, die über bloße Erlöserzielung hinausgehen. So dient der Verkauf von Bauland meist der Umsetzung der kommunalen Wirtschafts-, Siedlungs- und Familienpolitik. In dem Kaufvertrag werden daher dem Erwerber häufig besondere Verpflichtungen, wie z. B. Baugebote, Veräußerungs- und Vermietungsverbote oder Nutzungsverbote durch Dritte auferlegt. Es gibt zwei grundlegende Arten solcher „Einheimischenmodelle“: Entweder die Gemeinde kauft die betroffenen Grundstücke im Wege eines Zwischenerwerbs zunächst an und veräußert sie zu

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festgelegten Bedingungen an Interessenten aus dem Kreis der berechtigten Erwerber weiter (Zwischenerwerbsmodell). Oder die Gemeinde läßt sich von den Grundstückseigentümern lediglich ein Recht zum Erwerb der betroffenen Grundstücke einräumen und verpflichtet sich zugleich, dieses Recht nicht auszuüben, sofern die Grundstückseigentümer ihr Grundstück zu bestimmten Bedingungen an einen festgelegten Erwerberkreis veräußern. Das Recht zum Erwerb des Grundstücks kann dabei entweder als Angebot ausgestaltet werden („Weilheimer Modell“) oder als dingliches An- oder Vorkaufsrecht („Traunsteiner Modell“). Die dingliche Absicherung erfolgt in beiden Fällen durch eine Vormerkung. Einführende Darstellungen in derartige Einheimischenmodelle finden sich insbesondere bei Grziwotz (Baulanderschließung, 1993, S. 198 ff.; ders. Zur Zulässigkeit und Absicherung vertraglicher Baugebote und Veräußerungsverbote, DVBl. 1991, S. 1348 ff.) sowie Jachmann (Rechtliche Qualifikation und Zulässigkeit von Einheimischenmodellen, Beispiel für Verwaltungshandeln durch Vertrag, MittBayNot 1994, 93). Ein Vertragsmuster nach dem Weilheimer Modell findet sich ebenfalls bei Grziwotz (a.a.O., S. 203 f.). Weiteres Merkmal derartiger Einheimischenmodelle ist es, daß die Gemeinden auch die künftige Nutzung des Grundstückes für eine Zeitraum von bis zu 20 Jahren absichern. Die Absicherung kann durch eine bedingte Rückübertragungsverpflichtung (Wiederkaufsrecht) bzw. Veräußerungsverpflichtung an die Gemeinde erfolgen, diese abgesichert durch eine Auflassungsvormerkung. Dem Erwerber kann aber auch eine bestimmte Zahlungsverpflichtung auferlegt werden, sofern er das Grundstück an einen nicht seinerseits Berechtigten weiterveräußert entweder in Form einer Vertragsstrafe (vgl. OLG München, Urt. v. 27.6.1994, MittBayNot 1994, 464 mit Anm. Grziwotz) oder - wie hier - in Form einer Mehrerlösklausel oder ähnlicher Auf-/Nachzahlungsverpflichtung (vgl. Musterentwürfe bei Grziwotz, Baulanderschließung, a.a.O., S. 211 f.; ders., Sicherungsprobleme für Investoren bei städtebaulichen Verträgen, VIZ 197 ff. mit Gestaltungsmuster S. 211 f.; ders., Gestaltungsprobleme bei Bauplatzverkäufen durch Gemeinden, ZNotP 1998, 100, 235 ff. - mit Muster, S. 105 f.) - jeweils sicherbar durch eine Sicherungshypothek. b) Die Zulässigkeit derartiger Einheimischenmodelle war bereits vor dem Inkrafttreten des Investitionserleichterungs- und Wohnbaulandgesetzes anerkannt (vgl. Grziwotz, a.a.O.; Busse, Das Investitionserleichterungs- und Wohnbaulandgesetz, BayVBl. 1993, S. 231 ff.). Das Weilheimer Modell war Gegenstand einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes und wurde von diesem für zulässig erachtet (BVerwG, Urt. v. 11.2.1993, NJW 1993, 2695 = DVBl. 1993, 654, mit Anmerkung Grziwotz, NJW 1993, 2665). § 6 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 BauGB-Maßnahmengesetz ging erstmals ausdrücklich von der Zulässigkeit derartiger Vereinbarungen aus (Löhr, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 5. Aufl. 1996, § 124 Rn. 23; Cholewa, in: Cholewa/Dyong/von der Haide Sailer, BauGB, 3. Aufl. 1994, § 1 Städtebauliche Verträge, Anmerkung 8). Jetzt findet sich die entsprechende Regelung in § 11 Abs. 1 Nr. 2 BauGB 1998 (vgl. Löhr, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 6. Aufl. 1998, § 11 BauGB, Rn. 14). Auch aus Art. 28 Abs. 2 S. 1 Grundgesetz ergibt sich die Berechtigung der Gemeinden, über den Grundstücksverkehr auf die örtliche Struktur und Bautätigkeit einzuwirken (BVerwG NJW 1993, 2695, 2697). Die Mobilisierung von Bauland muß zu vertretbaren Preisen erfolgen. Hierzu ist es Gemeinden auch haushaltsrechtlich gestattet, ihre Grundstücke unter dem vollen Wert zu veräußern (vgl. für Bayern Art. 75 Abs. 1 und 3 BayGO). Die Gemeinden sind in diesem Zusammenhang jedoch

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verpflichtet, die entsprechende Zweckverwendung sicherzustellen (vgl. für Bayern, Masson/Samper, Kommunalgesetze - Kommentar, Art. 75 BayGO Rn. 2).

2.

Prüfung am Maßstab des AGBG a)

Nach der zivilgerichtlichen Rechtsprechung ist der Vertrag am Maßstab des AGBG zu messen. Denn die Gemeinde will das vorliegende Vertragsmuster in diversen Grundstückskaufverträgen verwenden, so daß das AGBG bereits nach § 1 Abs. 1 AGBG Anwendung findet. Die veröffentlichte obergerichtliche Rechtsprechung hat sich - soweit uns ersichtlich - in folgenden Entscheidungen mit der Zulässigkeit von im Rahmen kommunaler Grundstücksveräußerungen den Käufern auferlegten Bau- und Nutzungsverpflichtungen und deren Absicherung durch Wiederkaufsrechte und Nachzahlungsverpflichtungen befaßt: - OLG Karlsruhe (Urt. v. 14.3.1991, NJW-RR 1992, 18), - OLG München (Urteil vom 27.06.1994, MittBayNot 1994, 464 f.), - OLG Hamm (Urteil vom 11.01.1996, MittBayNot 1996, 199 = NJW 1996, 2104 = DNotI-Report 5/1996, S. 41), - OLG Koblenz (Urt. v. 5.11.1997, DNotI-Report 3/1998, 25) und - OLG Oldenburg (Urt. v. 21.2.1997, Az: 6 U 298/96 - unveröffentlicht), ferner aus der untergerichtlichen Rechtsprechung etwa - LG Ravensburg (Beschl. v. 25.10.1996, DNotI-Report 8/1997, 92)., - LG Karlsruhe, Urt. v. 13.2.1997, NotBZ 1997, 174 (Darstellung von Grziwotz) Ferner liegt uns ein Urteil des OLG Düsseldorf vom 27.11.1996 (OLG-Report 1997, 73) vor. Dieses Urteil befaßt sich mit der Zulässigkeit von Vertragsstrafeversprechen in Grundstückskaufverträgen gem. § 9 Abs. 1 AGBG bei Veräußerungen durch die Treuhandanstalt, in denen den Käufern Investitionsverpflichtungen auferlegt wurden, die den von den Kommunen verlangten Bau- und Nutzungsverpflichtungen vergleichbar sind. Mit der noch zu besprechenden Ausnahme des OLG München wenden alle genannten Entscheidungen das AGBG an, nachdem jeweils ein Formularvertrag vorlag.

b) In der öffentlich-rechtlichen Literatur wird z. T. heftige Kritik an dieser Rechtsprechung geübt. Nach deren Ansicht berücksichtigt die Rechtsprechung nicht hinreichend die besonderen öffentlich-rechtlichen Bindungen, denen die Gemeinden auch bei der Entscheidung über Vergabe und Rückforderung der Grundstücke unterliegen - jedenfalls im Sinne der Zwei-Stufen-Theorie auf der ersten, öffentlich-rechtlichen Stufe der Entscheidung über das Ob der Vergabe oder Rückforderung. So ist etwa Grziwotz (NJW 1997, 237) der Auffassung, daß § 11 BauGB (früher § 6 BauGBMaßnG) als Spezialvorschrift die Anwendung des AGBG bei Verträgen im Städtebaurecht ausschließe (ähnlich Wagner, BayVBl. 1997, 539; Deutrich, MittBayNot 1996, 201, 202). Einigkeit mit der Rechtsprechung besteht allerdings, daß Baulandveräußerungen durch die Gemeinde mit Wiederkaufs-, Mehrerlös- oder Vertragsstrafenklauseln zivil- und nicht öffentlichrechtliche Vertragsklauseln sind (Jachmann, Rechtliche Qualifikation und Zulässigkeit von Einheimischenmodellen als Beispiel für Verwaltungshandeln durch Vertrag, MittBayNot 1994, S. 93/107 f.).

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Demgegenüber hält aber der überwiegende Teil der Literatur zum AGBG das AGBG auch auf Verträge der öffentlichen Hand, sei es privatrechtlicher, sei es öffentlich-rechtlicher Natur, für anwendbar; die öffentliche Hand nehme hinsichtlich der Inhaltskontrolle vorformulierter Vertragsbedingungen keine Sonderstellung ein (Ulmer/Brandner/Hensen, AGBG, 8. Aufl. 1997, § 9 Rn. 18; Wolf/Horn/Lindacher, AGBG, 3. Aufl. 1994, Einl. Rn. 20). Für die Praxis wird man u. E. daher von einer gerichtlichen Inhaltskontrolle nach dem AGBG ausgehen müssen.

3.

Zulässigkeit einer Aufzahlungsvereinbarung (Mehrerlösklausel) a)

Eine ähnliche vertragliche Vereinbarung qualifizierte das OLG München in einem Urteil v. 27.6.1994 (MittBayNot 1994, S. 464) als Vertragsstrafenregelung i. S. d. §§ 339 ff. BGB. Das Gericht diskutierte auch die Möglichkeit, daß es sich um die Rückforderung einer Subvention handeln könnte. Doch ging es davon aus, daß nur dann die Rückforderung einer Subvention vorläge, wenn die Parteien im Vertrag den allgemein üblichen Preis für das Vertragsgrundstück zum Vertragszeitpunkt festgelegt und vereinbart hätten, um wieviel dieser Preis ermäßigt werde, weil der Käufer Bürger der Stadt sei. Sei hingegen, wie im Fall das OLG München, und auch in der von Ihnen vorgesehenen Klausel eine Differenzzahlung fällig zwischen Vertragspreis und Grundstückspreis zum Zeitpunkt der Zuwiderhandlung, so sei die Aufzahlung als Sanktion anzusehen (OLG München, MittBayNot 1994, 464, 465). Diese Entscheidung stieß in der Literatur auf Kritik (vgl. die Anmerkung von Grziwotz, MittBayNot 1994, S. 465). Nach Grziwotz handle es sich bei der Vergabe gemeindeeigener Baugrundstücke zum Zweck der öffentlichen Aufgabenerfüllung im Bereich des Wohnungsbaues und der Entwicklung der örtlichen Gemeinschaft um einen subventionsähnlichen Tatbestand, bei dem die Gemeinde an den Gleichheitssatz gebunden ist. An einer typischen Subvention fehlt es jedoch, da keine Geldleistung von einem Verwaltungsträger in Verfolgung eines bestimmten Zwecks an eine Privatperson vergeben wird. Eine ausdrückliche Festlegung der Höhe der Ermäßigung, wie sie das OLG München als Mindestvoraussetzung für eine Qualifizierung als Rückforderung einer Subvention fordert, enthalten daher die Vertragsmuster von Grziwotz nicht; jedoch läßt sich die Ermäßigung indirekt daraus errechnen (vgl. Grziwotz, Baulanderschließung, a.a.O., S. 211 f.; ders., VIZ 197 ff. mit Gestaltungsmuster S. 211 f.; ders., ZNotP 1998, 100, 235 ff. - mit Muster, S. 105 f.) Wurde erkennbar unter Wert verkauft, so bedeutet nach Auffassung von Rieple eine Klausel nachträgliche Preiserhöhung regelmäßig keine Vertragsstrafe, sondern stellt sich als Rückforderung des Preisnachlasses als Folge der Zweckverfehlung dar - was er am Beispiel der Kaufpreisnachforderungen der Treuhandanstalt bespricht (Staudinger/Rieple, BGB, 13. Aufl. 1995, Vorb. zu §§ 339 ff. BGB Rn. 117). Dazu müsse im Vertrag weder ein „An-sich-Preis“ genannt, noch ein Preisabschlag bezeichnet sein (a.A.. Lehmann, DStR 1993, 805). Denn der Subventionscharakter der Preisgestaltung durch die Treuhandanstalt liege in den meisten Fällen klar zutage. Dementsprechend müsse sich der Erwerber diese Subvention erst verdienen, indem er seine Zusagen einhalte.

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Nach Auffassung des OLG München wäre damit die vorliegende Klausel als Vertragsstrafe nach §§ 339 ff. BGB zu charakterisieren, da sie nicht ausdrücklich die Höhe der Preisermäßigung festlegt. Nach Auffassung von Grziwotz und Rieple läge hingegen keine Vertragsstrafe vor. Auch bei einer Charakterisierung als Vertragsstrafe wäre Prüfungsmaßstab jedoch nicht § 11 Nr. 6 AGBG, sondern § 9 AGBG, da die Klausel nicht an eine Nichtabnahme oder verspätete Abnahme durch den Erwerber anknüpft, sondern an einen Verstoß gegen dessen vertraglich vereinbarte Pflicht zur Eigennutzung. Dabei ist anerkannt, daß Vertragsstrafen grundsätzlich als Sicherungsmittel für die Erfüllung städtebaulicher Verträge in Betracht kommen (Bunzel/Coulmas/Metscher/Schmidt-Eichstaedt, Städtebauliche Verträge, Rechtliche Grundlagen, Hinweise zur Vertragsgestaltung, Regelungsbeispiele und Vertragsmuster, 1995, S. 150; Freuen, Grundstückskauf von Kommunen, MittRhNotK 1996, 301, 308). b) Hinsichtlich der Bindungsdauer für die Eigennutzung kann man auf die Rechtsprechung zum Wiederkaufsrecht der Gemeinde im Rahmen des Einheimischenmodelles verweisen. Bei Wiederkaufsrechten ist nach der Rechtsprechung des BVerwG (Urt. v. 11.12.1993, MittBayNot 1993, 164, 167) eine Bindungsfrist von 10 Jahren nicht unverhältnismäßig und damit zulässig. Eine Bindungsdauer von 20 Jahren hatte das OLG Hamm (Urt. v. 11.01.1996, MittBayNot 1996, 199, 200) hingegen als ein Argument für die Unangemessenheit der (noch andere angegriffene Regelungen enthaltenden) Klausel i. S. d. § 9 Abs. 2 AGBG gewertet. Auch wenn man auf die Rechtsprechung des BGH zu den Bierlieferungsverträgen abstellt, ist bei der einseitigen Bindung eines Vertragspartners über einen längeren Zeitraum als 20 Jahre regelmäßig eine unzulässige Knebelung der wirtschaftlichen Freiheit gegeben (so etwa BGH, Urt. v. 21.03.1990, NJW-RR 1990, 816). Auch in der Literatur wird für Einheimischenmodelle eine Bindungsdauer von 10 - 15 Jahren als angemessen erachtet, während 20 Jahre als äußerste Grenze für eine Nutzungsbindung gelten (Jachmann, MittBayNot 1994, 93, 108; Grziwotz, in: Köble, Rechts-Handbuch Immobilien, Stand: Juli 1997, Teil 15 Rn. 133; ders. Baulanderschließung, 1993, S. 203; ders. VIZ 1997, 197, 200). Insoweit dürfen wir auch auf unser in Kopie beiliegendes Gutachten gr-ho M/VII/1a Einheimischenmodell -5442 v. 23.12.1997 verweisen. Vorliegend ist eine Bindungsfrist von zehn Jahren vorgesehen, gegen die nach der Rechtsprechung auch nach dem AGBG keine Bedenken bestehen. c)

Bedenken haben Sie, daß kein Verschuldenserfordernis als Voraussetzung für die Nachzahlungspflicht gefordert wird, daß diese bei einer Weiterveräußerung des Grundstückes vielmehr unabhängig vom Grund der Weiterveräußerung fällig wird - ohne zu berücksichtigen, daß die Veräußerung möglicherweise durch eine Versetzung, Scheidung o.ä. veranlaßt sei. Charakterisiert man die Klausel als Vertragsstrafe, so kann das Verschuldenserfordernis der §§ 339 S. 1, 275 BGB formularmäßig nur abbedungen werden, wenn bei dem betreffenden Vertragstyp gewichtige Gründe für eine schuldunabhängige Haftung sprechen (BGHZ 72, 174, 178 = NJW 1979, 105; BGH NJW 1985, 57; BGH NJW-RR 1991, 1013, 1015; BGH NJW 1997, 135; Palandt/Heinrichs, 57. Aufl. 1998, § 11 AGBG, Rn. 33; Wolf, in: Wolf/Horn/Lindacher, § 11 Nr. 6 AGBG, Rn. 26; Hensen, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGBG, 8. Aufl. 1997, § 11 Nr. 6 AGBG, Rn. 14). Unwirksam sei daher grundsätzlich auch eine verschuldensunabhängige Ver-

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tragsregelung wegen Nichteinhaltung von Arbeitsplatzzusagen in Verträgen mit der Treuhandanstalt (Wolf, a.a.O., § 11 Nr. 6 AGBG, Rn. 26; M. Zeuner, ZIP 1993, 1365, 1370). Für eine Nachzahlungsklausel wie die vorliegende kritisierte das OLG München, daß der dort zugrundeliegende Vertrag über ein Einheimischenmodell keine ausdrückliche Regelung darüber enthielt, ob der Beklagte die Vertragsstrafe verwirkt haben sollte, eine aufgrund eigenen zu vertretenden Entschlusses das Wohnen auf dem Vertragsgrundstück während der Bindungszeit aufgebe oder auch als Soldat aufgrund einer Versetzungsverfügung des Vorgesetzten, der er Folge zu leisten habe. Das vereinbarte Vertragsstrafenversprechen sei viel zu pauschal gehalten und differenziert weder nach Grund noch nach Dauer des Wohnens nach dem erworbenen Grundstück noch nehme es in voraussehbarer Weise auf die finanziellen Verhältnisse des Bauerwerbers Rücksicht. Allerdings behandelte das OLG München nicht einen möglichen Verstoß gegen das AGBG, sondern verwehrte der Gemeinde lediglich die Berufung auf die Vertragsstrafe im Einzelfall aus Treu und Glauben (§ 242 BGB). Unter Abwägung der beiderseitigen Interessen hielt es der Senat für richtig, im konkreten Einzelfall den Vertrag so zu handhaben, als ob sich die Bindungsfrist um den Zeitraum der Unterbrechung des Wohnens verlängert hätte und der Beklagte die vereinbarte Vertragsstrafe nicht verwirkt habe (OLG München, MittBayNot 1994, 464, 465). Da es nicht auf § 9 AGBG abstellt, scheint das OLG München bei einer Nachzahlungsklausel im Einheimischenmodell einen gewichtigen Grund für eine verschuldensunabhängige Klausel anzuerkennen. Ähnlich hatte das OLG Hamm in seinem zitierten Urt. v. 11.01.1996 hinsichtlich der Voraussetzungen für die Ausübung eines Wiederkaufsrechtes im Rahmen der Abwägung nach § 9 AGBG beanstandet, daß jeglicher Verkauf des Grundstücks das Wiederkaufsrecht auslöste. Damit wäre nicht berücksichtigt, daß es für den Erwerber aber aus dringendem Interesse geboten sein könnte, das Grundstück schon vor Ablauf der Wiederkaufsfrist zu veräußern, wenn etwa ihre Ehe geschieden werde oder einer der Ehepartner einen Arbeitsplatz an einem weiter entfernten Ort antreten müsse oder einer der erwerbenden Ehegatten versterbe (OLG Hamm NJW 1996, 2104, 2105). - Gerade diese Ausführungen wurden in der Literatur heftig kritisiert. Grziwotz weist etwa darauf hin, daß diese Erwägungen von der Gemeinde aufgrund der öffentlichrechtlichen Bindungen im Rahmen der gemeindlichen Ermessensausübung über die Ausübung des Wiederkaufsrechtes bereits zu berücksichtigen wären (NJW 1997, 237, 238). d) Außerdem haben Sie Bedenken gegen die Höhe der Nachzahlung - sei es unter dem Gesichtspunkt einer Schadenspauschalierung des § 11 Nr. 5 AGBG oder einer Vertragsstrafe nach §§ 339 ff. BGB. Sie legen die Klausel aus, daß nach dem Wortlaut das Vierfache des aktuellen Verkehrswertes zu zahlen sei. Die Klausel stellt jedoch „auf das Vierfache des dann von der Gemeinde für den jeweiligen Ortsteil bei Baulandverkäufen geforderten Grundstückspreises“ ab. Gemeint ist also wohl der von der Gemeinde dann für neue Einheimischenmodelle geforderte Preis. Nun könnte man aufgrund der Unklarheitenregeln des § 5 AGBG die von Ihnen angedachte, für die Gemeinde als Klauselverwender ungünstigere Auslegung erwägen. Näherliegend erscheint uns jedoch, auf den aktuell für Einheimischenmodelle geforderten Kaufpreis abzustellen. Wenn man unterstellt, daß die Gemeinde bei Einheimischenmodellen lediglich ¼ des Verkehrswertes verlangt, so würde durch die Klausel lediglich eine Nachzahlung auf den Verkehrswert gefordert werden. Diese wäre dann inflationsgesichert, da auf den aktuellen Verkehrswert abgestellt würde. Verlangt die Gemeinde im Einheimischenmodell jedoch mehr als ¼ des tatsächlichen Ver-

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kehrswertes, so würde es aufgrund dieser Klausel zu einer Nachzahlung über den Verkehrswert hinaus kommen. Bei Vertragsstrafen ist anerkannt, daß eine unangemessen hohe Vertragsstrafe nach § 9 AGBG unwirksam ist - und zwar trotz der in § 343 BGB vorgesehenen Herabsetzungsmöglichkeit, da die Herabsetzungsmöglichkeit eine wirksam vereinbarte und verwirkte Vertragsstrafe voraussetzt (vgl. BGHZ 85, 35 = NJW 1983, 385, 387; BGH NJW 1988, 1373, 1374; Wolf, in: Wolf/Horn/Lindacher, AGBG, 3. Aufl. 1994, § 11 Nr. 6 AGBG Rn. 27). Im Rahmen einer Schadensersatzpauschalierung durch AGB ist eine Pauschalabrede nach § 11 Nr. 5 lit. a AGBG unwirksam, wenn die Pauschale den in den geregelten Fällen nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Schaden oder die gewöhnlich eintretende Wertminderung übersteigt (vgl. Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 11 AGBG, Rn. 22 ff.; Wolf, a.a.O., § 11 Nr. 5 AGBG, Rn. 15 ff.; Hensen, a.a.O., § 11 Nr. 5 AGBG, Rn. 13 ff.). „Schaden“ der Gemeinde kann aber allenfalls die Zweckverfehlung der Verbilligung im Rahmen des Einheimischenmodells sein. Insofern kann der Schaden allenfalls bis zur Höhe dieser Verbilligung reichen - wohl jedenfalls einschließlich der mittlerweile eingetretenen Inflation, möglicherweise auch einschließlich von Zinsverlusten. Auch wenn man in Anlehnung an die Argumentation von Grziwotz und Rieple die Rücknahme einer Subvention bzw. eines Preisnachlasses annimmt, käme man über § 9 AGBG wohl dazu, dies der Höhe nach auf die ursprünglich erhaltene, durch die nachträgliche Nutzungsänderung ab diesem Zeitpunkt ohne Rechtsgrund behaltene Subvention zu beschränken. Die Höhe der Nachzahlung wäre dann auf den (inflationsbereinigten) aktuellen Verkehrswert begrenzt. Bei allen Auslegungsvarianten dürfte die Höhe der Nachzahlung dann nicht zu beanstanden sein, wenn lediglich eine Nachzahlung in Höhe der seinerzeitigen Verbilligung aufgrund des Einheimischenmodelles erfolgt - und zwar inflationsbereinigt, d. h. zuzüglich eines Aufschlages für die zwischenzeitliche Inflation.