Die vier Hoogsteder Kirchen

8 Die vier Hoogsteder Kirchen 8 Die Evangelisch-reformierte Kirchengemeinde Pastor Günther ter Stal Zeichnung der Ev.-reformierten Kirche Die Ent...
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8 Die vier Hoogsteder Kirchen

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Die Evangelisch-reformierte Kirchengemeinde Pastor Günther ter Stal

Zeichnung der Ev.-reformierten Kirche

Die Entstehung und Entwicklung des heutigen Dorfes Hoogstede sind eng mit der Gründung und dem Aufbau der evangelisch-reformierten Kirchengemeinde verbunden. Mit der Errichtung einer Kirche bekam vor fast 200 Jahren das damalige Gemeinwesen ein geistliches und räumliches Zentrum, um das herum es sich zum heutigen Ort entwickelte. Die Geschichte Am Rande der Gildschaft Scheerhorn stand im sogenannten Bereich „Arkel“ um 1800 eine kleine Kapelle. Vermutlich stammte sie aus dem 14./15. Jahrhundert und war von den Herren von Gramsbergen erbaut worden. Neben der kleinen Kapelle lag ein Friedhof, auf dem über Jahrhunderte Verstorbene aus der Gildschaft zu Grabe getragen wurden. Kirchlich gehörten die Einwohner der Gildschaft Scheerhorn zum Kirchspiel der evangelisch-reformierten Gemeinde Emlichheim.

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Nach alter Tradition hatten die Emlichheimer Prediger alle 14 Tage in der Kapelle einen Sonntagsgottesdienst zu leiten. Jedoch geriet diese Regelung Anfang des 18. Jahrhunderts in Vergessenheit. Lediglich an den monatlichen Bettagen und den sogenannten Freitagen vor Ostern fanden um 1818 noch Gottesdienste statt. Ferner musste der Konfirmandenunterricht in Emlichheim besucht werden. Diese Umstände und die große Entfernung nach Emlichheim – etwa zwei bis drei Stunden Fußmarsch - führten zu einer Verkümmerung des kirchlichen Lebens: Nur wenige Leute gingen regelmäßig zum Gemeindegottesdienst nach Emlichheim. Jugendliche besuchten den Konfirmandenunterricht nur schlecht und ältere Leute konnten an den Abendmahlsfeiern kaum teilnehmen. Kirchlich gesehen war die Gildschaft Scheerhorn von den Pastoren der reformierten Gemeinde Emlichheim vernachlässigt worden.

Kirche um 1900

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Kirche - Pfarrhaus von 1821 und 1929

Unter den Einwohnern der Gildschaft machte sich Unmut über diesen Zustand breit und es kam der Wunsch auf, einen eigenen Pastor an der Kapelle zu Arkel anzustellen. Im Jahr 1818 nahm dieses Ansinnen Gestalt an: Die Einwohner fanden sich zu einer Gemeindeversammlung zusammen, in der sie ihre Absichten schriftlich formulierten. Es kam zu einem Briefwechsel mit dem Kirchenrat der reformierten Gemeinde Emlichheim und schließlich zu einem positiven Bescheid der kirchlichen Leitungsbehörde der Grafschaft Bentheim. Am 5. Dezember 1819 wurde J.B.T. Nyhuis (aus Coevorden) in sein Amt als erster Prediger an der Kapelle zu Arkel eingeführt. Die nun entstandene Kirchengemeinde trug den Namen „Evangelisch-reformierte Gemeinde Arkel“. Der Prediger fand seine erste Unterkunft in einer kleinen Scheune neben der Kapelle. Um diesen betrüblichen Zustand so schnell wie möglich zu beenden und um die Kapelle auch bei schlechter Witterung erreichbar zu machen (die Vechte trat damals oft über die Ufer), bemühte sich die Gemeinde um einen Pfarrhausneubau und um eine Versetzung der Kapelle an einen zentralen und höher gelegenen Ort. Am 30. August 1820 wurden von der kirchlichen Leitungsbehörde die Genehmigungen erteilt, an

der „Hochstätte“ – mitten in der Gildschaft – beides zu errichten. Bei der Versetzung der Kapelle von Arkel nach Hoogstede kam es zu handfesten Auseinandersetzungen zwischen den Emlichheimer Gemeindegliedern und den Einwohnern der Kirchengemeinde Arkel, die die Formen eines „Bürgerkrieges“ annahmen. Schließlich konnte das Pfarrhaus und einige Monate später die Kirche (23. Dezember 1821) „auf Hoogstede“ in Gebrauch genommen werden. Über viele Jahrzehnte blieb die Kirchengemeinde Arkel in einer rechtlichen Abhängigkeit zur Nachbargemeinde Emlichheim. Sie erlangte schließlich am 8. März 1870 ihre volle Souveränität. Das kirchliche Leben entwickelte sich nach jenen ereignisreichen Anfängen in den folgenden Jahrzehnten in erfreulicher Weise. Die Menschen der ehemaligen Gildschaft hatten auf Hoogstede in der evangelisch-reformierten Kirche ihr gemeindliches und geistliches Zentrum gefunden. Gehörten zur Kirchengemeinde am Anfang 887 Mitglieder, so hat sich diese Zahl mit dem Wachsen der Dorfes heute auf 1800 Gemeindemitglieder erhöht. In den Jahren von 1819 bis 2008 haben elf Pastoren ihren Dienst in der Kirchengemeinde ausgeübt und das kirchliche Leben zusammen mit dem Kirchenrat gefördert und betreut.

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Das älteste Kirchengebäude ist in Hoogstede die „evangelisch-reformierte Kirche“. Mitten im Ort, auf der damaligen „höchsten Stätte“ = Hoogstede errichtet, hat sie eine bewegende Baugeschichte hinter sich, auf die es sich lohnt, einen kurzen Blick zu werfen. Der Grundstein für die Kirche wurde am 9. August 1821 auf Hoogstede gelegt. Sie wurde als eine Saalkirche errichtet und hatte bis 1951 die Maße von 18,3 m Länge und 9,5 m Breite. Aus den vorhandenen Sandsteinblöcken der Kapelle zu Arkel wurde die Kirche errichtet. Sie hatte neben einem Haupteingang an der Südseite einen weiteren Zugang auf der Westseite (Richtung Straße), der im Jahre 1951 bei der Kirchenerweiterung zugemauert wurde. In der Kirche fanden zunächst 264 Personen einen Sitzplatz. Ein kleiner Dachreiter zierte in den ersten Jahren das Gebäude, bis er im Jahre 1899 durch einen größeren Dachreiter erneuert wurde. Schließlich wurde auch dieser durch einen Turm im Jahre 1986 ersetzt. Im Jahre 1857 erhielt die Kirche eine erste Orgel, die den bis dahin üblichen „Vorsänger“ ablöste. Im Jahre 1951 wurde die alte Saalkirche baulich grundlegend verändert. Sie wurde um zwei Seitenschiffe erweitert und bekam die Form einer Kreuzkirche. Hierdurch vergrößerte sich das Platzangebot in der Kirche auf 400 Sitzplätze. Bis in die Gegenwart unterliegt das Kircheninnere einer stetigen Anpassung an die Erfordernisse der Gemeinde. Neben modernster Technik hat sich auch die farbliche Gestaltung über die Jahrzehnte verändert. Historische Gegenstände Die evangelisch-reformierte Gemeinde kann bald auf eine 200-jährige Geschichte zurücksehen. Im Chor anderer Gemeinden ist das eine kurze Zeitspanne. Und so befinden sich nur wenige historische Dinge im Besitz der Gemeinde. Zumeist sind es Gaben und Spenden von Gemeindegliedern an ihre Kirche; denn im Rückblick war die Hoogsteder Gemeinde eine finanziell arme Gemeinde, die stets auf die tatkräftige Unterstützung ihrer Gemeindeglieder angewiesen war. Einer der

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ältesten Gegenstände ist der Abendmahlsbecher, ein Geschenk des ersten Predigers J.B.T. Nyhuis.

Abendmahlsbecher aus dem 17. Jahrhundert

Die Gebäude Die bauliche Gestalt der Kirche geht in ihrer heutigen Form auf eine äußere Umgestaltung im Jahre 1986 (Turmbau) und zwei Innenrenovierungen in den folgenden zehn Jahren zurück. Sie bietet heute 360 Personen einen Sitzplatz. Der Blick des Betrachters fällt beim Betreten der Kirche zunächst auf die Kanzel. Vermutlich stammt sie aus dem Jahre 1644 und stand schon in der alten Kapelle zu Arkel. In der äußeren Gestaltung gleicht sie einem geöffneten Kelch. Sie symbolisiert den geöffneten Kelch des Wortes. Vor der Kanzel steht der Abendmahlstisch. Auf ihm stehen die Abendmahlsgeräte und liegt die aufgeschlagene Bibel. Davor steht das Taufbecken, in dem die Taufschale und die Taufkanne sich befinden. Taufe und Abendmahl sind die beiden Sakramente, die wir in der Nachfolge Jesu feiern. Der Gesang der Gemeinde wird begleitet von unserer Orgel, die sich auf der Empore an der Südseite der Kirche befindet. Sie ist die alte Orgel aus der Nachbargemeinde Lage und wurde in ihrem Kernbestand im Jahre 1692 erbaut. 1857 kam sie als Geschenk in unsere Kirche. In ihrer jetzigen Gestalt und ihrem Klangvolumen geht sie auf den großen Umbau im Jahre 1883 zurück.

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Ebenfalls ein Geschenk an die Kirchengemeinde war die Turmuhr aus dem Jahre 1905, die heute den Eingangsbereich ziert. Versammelt sich die Gemeinde zum Gottesdienst in der Kirche, so hat sie unter der Woche ein Gemeindehaus, das für vielfältige Zwecke genutzt wird. Das Gemeindehaus wurde in drei großen Bauabschnitten immer wieder den Bedürfnissen der Gemeinde angepasst. Im Jahre 1968 wurde der große Saal des heutigen Gemeindehauses erstellt. Seine Besonderheit bestand in einer Bühne, die auch der Spielschar Hoogstede bis heute die Möglichkeit zu Aufführungen bietet. Im Jahre 1980 wurde das Gemeindehaus um einen Anbau für die Kinderarbeit und um ein Büro mit Gemeindearchiv erweitert. HierDie Evangelischreformierte Kirche Hoogstede

Innenansicht der Kirche 2008

Gemeindehaus 2008

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Leichenhalle 2008

durch konnten die Gemeindegruppen, die sich im Laufe der Jahre gebildet hatten, ausreichenden Platz für ihre Aktivitäten finden. Schließlich wurde im Jahre 1991 das Gemeindehaus um einen Jugendbereich erweitert und mit einer großen, zeitgemäßen Küche ausgestattet. Vor vier Jahren sind Maßnahmen zur Energieeinsparung durchgeführt worden: Das Gemeindehaus wurde neu eingedeckt und mit einer modernen Heizungsanlage versehen. Das heutige Gemeindehaus ist nicht das erste Gebäude, das neben der Kirche als Versammlungsort gebraucht wurde. Im Jahre 1929 ist ein Lehrsaal errichtet worden, der über 40 Jahre Konfirmanden als Unterrichtsraum diente und daneben für Bibelstunden, dem Kindergottesdienst, dem Posaunenchor und dem Frauenkreis in ihren Anfangsjahren als Ort der Begegnung diente. Der Friedhof der evangelisch-reformierten Gemeinde liegt in der Mitte des Dorfes in der Nähe der Kirche. Er hat eine Größe von ca. einem Hektar. Bis zum Jahre 1822 wurden die Verstorbenen des Kirchspiels Hoogstede auf dem Friedhof in Emlichheim beigesetzt. Daneben gab es einen kleinen Friedhof in Arkel, der nur für wenige Beerdigungen genutzt wurde.

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Im Jahre 1822 kaufte die Kirchengemeinde eine kleine Fläche an der Hauptstraße in Hoogstede in der Nähe der neu errichteten Kirche. Am 1. November 1822 fand die erste Beerdigung auf dem Friedhof statt. Seit jener Zeit ist der Friedhof um immer neue Flächen erweitert worden. Schließlich wurde mit Unterstützung der politischen Gemeinde Hoogstede eine Leichenhalle errichtet und laufend modernisiert. In den letzten Jahren wurde eine Neugestaltung der Friedhofsanlagen vorgenommen. Neben einer Neubepflanzung des Friedhofs sind auch viele Wege ausgepflastert worden. Der Friedhof ist dadurch immer mehr zu einem Ort der Besinnung und der Stille geworden. Das kirchliche Leben Auch unter der Woche herrscht bei uns in der Kirchengemeinde ein reges Leben: Posaunenchor, Singkreis und Gitarrenkreis üben für ihre Einsätze in den Gottesdiensten. In verschiedenen Kreisen treffen sich die Frauen, um im Frauenkreis Themen zu besprechen oder durch Aktionen wohltätige Einrichtungen zu unterstützen. Beim monatlichen „Seniorennachmittag“ kommen sehr viele Gemeindeglieder zusammen. Der Tonbandkreis organisiert die

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Fünfzig Jahre Posaunenchor Hoogstede. Die Mitglieder im Jubiläumsjahr 2008

Kassettenaufnahme der Gottesdienste. Auf Gemeindeausflügen in die nähere Umgebung und bei Gemeindefesten lernen wir einander näher kennen und wachsen so miteinander zu einer „Gemeinde-Familie“ zusammen. Für die kleinen Kinder wird jede Woche ein Kindergottesdienst im Gemeindehaus abgehalten. Dieser wird regelmäßig von einem Kindergottesdienst-Helferkreis vorbereitet. Einmal im Jahr wird eine Fahrt für die Kleinen in der Ge-

meinde organisiert oder auf dem Gemeindefest ein Kindernachmittag veranstaltet. In den Taufgottesdiensten wirkt der Kindergottesdienst ebenso mit wie in dem feierlichen Gottesdienst am Heiligen Abend. Daneben wird für die Kinder eine Kleinkindergruppe „Schlümpfegruppe“ angeboten, die an zwei Vormittagen der Woche im Gemeindehaus stattfindet. Ferner treffen sich junge Frauen mit ihren Kindern in zwei Krabbelgruppen und in einer

Kindergottesdienst (bei Niers in Neuringe)

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Kinderbibelgruppe wird Kindern die frohe Botschaft von Jesus Christus nahegebracht. Der Konfirmandenunterricht dauert vier Jahre: Im Winterhalbjahr besuchen die Jugendlichen wöchentlich eine Unterrichtsstunde und im Sommerhalbjahr treffen sie sich nach dem wöchentlichen Sonntagsgottesdienst zu einer kurzen Unterweisung im Gemeindehaus. Der Konfirmandenunterricht soll dazu dienen, dass die Jugendlichen mit der frohen Botschaft von Jesus Christus vertraut werden und in unsere Kirchengemeinde hineinwachsen. Dazu werden die Grundlagen des christlichen Glaubens verständlich und gegenwartsnah vermittelt. In ihrem 17. Lebensjahr legen die Jugendlichen vor der Gemeinde das Glaubensbekenntnis ab. In den Übungsstunden der Chöre kommen wöchentlich viele erwachsene Gemeindeglieder zusammen. Neben den Auftritten in den Gottesdiensten werden Konzerte vorbereitet und Lieder für die feierliche Umrahmung bei Eheju-

biläen und Geburtstagen von Gemeindegliedern eingeübt. Von Zeit zu Zeit werden auch Gesprächskreise angeboten, in denen aktuelle Fragen und biblische Themen behandelt werden. Ein weiteres Aufgabenfeld in unserer Kirche ist die Unterstützung wohltätiger Projekte. Dieser Aufgabe hat sich über 20 Jahre (1985-2006) durch jährliche Aktionen in besonderer Weise der Frauen-Handarbeitskreis angenommen. Daneben beteiligen wir uns in regelmäßigen Abständen auch an Kleider-Sammelaktionen für Gemeinden in Rumänien. Heute versammeln sich die Frauen in einem gemeinsamen Frauenkreis, der über 40 Jahre in Hoogstede eine segensreiche Gemeinschaft stiftet. Die Vielfalt des Gemeindelebens ist nur dadurch möglich, dass sich viele Gemeindeglieder aktiv beteiligen und sich mit ihren Gaben einbringen. Gerade auch die Mitarbeit in den Gremien des Kirchenrates, der Gemeindevertretung, des Diakonenrates und anderer Ausschüsse sei hier ausdrücklich erwähnt.

Reformierte Gemeindeglieder um 1930 am Hermannsdenkmal. U.l. Geertien Vette, Sina Hatger, Frau Buitkamp, Zwenne Sloot, VN Ensink, Berta und Jan Koops, Hindrik Jan Scholten; 2.R.v.l. Jan Vette, Hindrik Hatger, Pastor Buitkamp, Hermann Sloot, Geert Ensink, Unbekannt, Unbekannt, Sina Scholten; 3 R.v.l. Gastwirt Jan-Harm Harms-Ensink und Frau Zwenne, Unbekannt, Unbekannt, Pastor Voget und Frau; 4. R. v.l. Fenna und Harm Kolthoff, unbekanntes Ehepaar, Unbekannter, unbekanntes Ehepaar (Mini Büdden)

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Pastoren der Gemeinde Johannes Bernhardus Theodorus Nyhuis (1783–1858), 1819-1858 in Hoogstede, verheiratet mit Gesina Albers aus Bathorn. Er stiftet 1837 den Abendmahlsbecher aus dem 17. Jahrhundert Leonhard Eberhard Lucassen (1832–1916), 1859–1866 in Hoogstede Johannes Hendrikus Nyhuis (1849–1917) 1866–1917 in Hoogstede, Sohn von JBT Nyhuis; Kreisschulinspektor, Herausgeber der größtenteils verschollenen „Reformierte Monatsschrift“ etwa 1881 bis 1905 Otto Reinhold Voget (1892–1976) 1919-1925 in Hoogstede Johannes Penning Sanders (1892–1928) 1926-1928 in Hoogstede Wilhelm Ferdinand Buitkamp (1900–1967) 1928-1936 in Hoogstede, 1953-1965 Kirchenpräsident Werner Mennen (1907–1944) 1936-1944 in Hoogstede, als Soldat in Russland gefallen Hermann Wever (1914–2000) 1947-1950 in Hoogstede, danach in Uelsen Harm Wolts (1912–2001) 1950-1955 in Hoogstede, danach in Vohwinkel (Wuppertal)

Pastor Günther ter Stal in 2008

Kontakt Evangelisch–reformierte Kirchengemeinde Hoogstede Hauptstraße 49, 49846 Hoogstede Ansprechpartner: Pastor Günther ter Stal, Telefon (0 59 44) 14 04 Weitere Informationen Weitere Informationen über die Kirchengemeinde können eingeholt werden: 1) über den monatlichen Gemeindebrief 2) im Internet unter der Adresse: www.reformiertekirchehoogstede.de 3) im Buch von Günther ter Stal, 175 Jahre Evangelisch-reformierte Kirche Hoogstede 1821 – 1996, Beiträge zu ihrer Geschichte und Gegenwart, Bad Bentheim 1996.

Pastor Jan Ringena war von 1955 bis 1985 in Hoogstede (Ringena)

Jan Ringena (* 27.04.1920) 1955–1985 in Hoogstede, lebt im Ruhestand in Neuenhaus Günther ter Stal (* 13.07.1957) seit 1985 in Hoogstede.

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Die Römisch-katholische St. Bonifatius Kirchengemeinde Vom Arbeitskreis der Kirchengemeinde, Anno 2008

Vorgeschichte Der im Jahre 1648 zu Osnabrück und Münster geschlossene Friedensvertrag setzte nicht nur einen Schlussstrich unter einen sinnlosen Krieg, der unsere Gebiete im Verlauf von dreißig Jahren an den Rand des Abgrundes brachte. Für unsere Nachbarn im Westen ging damit ein achtzig Jahre währendes Ringen um ihre Befreiung von der spanischen Vorherrschaft zu Ende. Die neuen Herren in den Niederlanden setzten nun alles daran, den Gottesdienst nunmehr in allen Provinzen nach der Lehre der Reformierten durchzusetzen. Der Osten ihres Landes war jedoch durchweg von den Spaniern besetzt gewesen. Hier war die Bevölkerung katholisch geblieben.

Postkarte mit der Römisch-katholischen Kirche in 1920 (K. D. Haubrich)

Die St. Bonifatiuskirche im Jahr 2009 (Stefan Westhuis)

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In den uns benachbarten Kirchspielen von Oldenzaal und Oortmarsum kam es zu unaufhörlichen Spannungen zwischen der katholischen Bevölkerung und den Vertretern der Obrigkeit. Ihre Kirchen wurden den Reformierten zugesprochen. Die noch vorhandenen katholischen Geistlichen waren schweren Verfolgungen ausgesetzt. Diesseits der Grenze lagen die Verhältnisse anders. Die zur Twenter Hauptkirche Oldenzaal gehörenden Kirchspiele aus der Grafschaft Bentheim waren bereits im Jahre 1544 unter Graf Arnold I. zur neuen Lehre übergetreten … Nicht zuletzt durch eigene Lektüre der Schriften Luthers ließ sich der Graf 1544 dazu bewegen, alle Geistlichen zusammenzurufen und ihnen aufzutragen, künftig nach dem Augsburgischen Glaubensbekenntnis zu predigen. (Aus: Heinrich Frese, Der Landkreis Grafschaft Bentheim) St. Antonius Kapelle zu Arkel (Aus der Chronik von H. Koch, 1891–93 Lehrer in Hoogstede) Hoogstede und seine Umgebung scheint zu Anfang des Mittelalters gar nicht oder nur sehr spärlich bewohnt gewesen zu sein … Die ersten dieser Ansiedlungen mögen etwa im 12. oder 13. Jahrhundert erfolgt sein. Unter diesen oder vielleicht auch die ersten waren der Sage zufolge zwei adelige Damen, Schwestern namens Arkel. Da dieser Name noch jetzt in Westfalen vorkommt, scheinen sie dorther gekommen zu sein, um hier eine Art Einsiedlerleben zu führen. Sie bauten am Einfluss der Bathorner Lehe eine Kapelle aus guten Bruchsteinen – die wohl per Schiff von Gildehaus kamen – mit Gewölbe, Turm und dicken Mauern. Wahrscheinlich haben sie neben dieser Kapelle (aus dem 14./15. Jahrhundert) auch eine Burg gebaut; denn der Volksmund spricht noch von einer Arkelburg. Wenn dem so ist, dann ist diese aber nicht aus Bruchsteinen ausgeführt gewesen; denn sonst würde man noch wohl einige Ruinen finden, und das ist nicht der Fall. Die Ortschaft Arkel hat zwei Bauernhöfe, Schulte und Völker. Schulte hatte in der Kapelle einzig und

allein einen Erbsitz. Völker hatte dem Geistlichen eine Wohnung zu reservieren. Die Glocke im Turm war von einem Völker geschenkt; denn sie enthält die Aufschrift: „St. Antonius Volkerus, ora pro nobis!“ Die folgende Jahreszahl ist leider unsichtbar, weil die Glocke an der Stelle ein Loch hat. Antonius war der Patron der Kapelle, weshalb wohl der Schluss auf eine ganz oder fast ganz unbevölkerte Gegend zur Zeit der Erbauung derselben gestattet ist. Der Name Schulte scheint wohl anzudeuten, dass in dessen Familie das Vorstehersamt der Kapellengemeinde vererbt wurde, wofür der Platz in der Kapelle als Vergütung mag gegeben worden sein. Aus vergilbten Urkunden geht hervor, dass die nahegelegenen Bauernhöfe Leistungen für die Kapelle und für den dort wirkenden Seelsorger erbracht haben. – Der Hof Völkers würde dann das frühere Gut sein; wenigstens scheinen die Verpflichtungen gegen die Kapelle auf denselben übertragen worden sein. Es wäre jedoch auch nicht unmöglich, dass das Gut bis zum 30-jährigen Kriege wirklich fortbestanden hätte. Wie es scheint, ist in der Kapelle bis in diesen Krieg hinein katholischer Gottesdienst gehalten. Dann wäre leicht denkbar, dass holländische Soldaten das Gut zerstört und in zwei Bauernhöfe verwandelt hätten … In dieser Kapelle wurde von Emlichheim aus, wohin die Katholiken von Hoogstede und Umgebung eingepfarrt waren, das heilige Messopfer gefeiert. Nach Einführung der neuen Lehre wurde der Gottesdienst von den reformierten Predigern aus Emlichheim in der alten, ehemals katholischen Kapelle zu Arkel an der Vechte abgehalten … Der Kaufmann Johann van Laar, Gründung der Gemeinde Die Katholiken des Kirchspiels gehörten pfarramtlich und kirchenrechtlich noch immer nach Emlichheim. Zunächst mögen es nur wenige Familien gewesen sein. Um das Jahr 1800 wuchs die Zahl der Katholiken im Kirchspiel Arkel-Hoogstede immer mehr. Aus dem benachbarten Holland und Emsland siedelten sich hier zugezogene Katholiken an. Die

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seelsorgliche Betreuung war bei der weiten Entfernung von der Pfarrkirche in Emlichheim (8 bis 12 km) sehr mangelhaft. Die Kinder besuchten die reformierten Schulen in Hoogstede, Scheerhorn und Kalle. Die älteren Jahrgänge erhielten in Emlichheim nur an den Sonntagen nach dem Gottesdienst Religionsunterricht. Nun lebte um 1850 in Bathorn bei Hoogstede ein katholischer Kaufmann Johann van Laar, den das immer tiefer herabsinkende religiöse Leben bei seiner aufrichtigen Frömmigkeit nachdenklich stimmte. Sein Verlangen nach Abhilfe wurde noch verstärkt durch einige plötzliche Todesfälle unter lauen Katholiken. Eine katholische Kirche und eine katholische Schule in Hoogstede zu erhalten, das war sein Ziel. Um es zu erreichen, ging er mit ganzer Kraft und mit vorbildlichem Eifer ans Werk. Bei den anderen Katholiken in Hoogstede fand er leider nur wenig Verständnis für seine Ideen. Die kleine, arme Gemeinde war nämlich nicht in der Lage, die materielle Grundlage für Bau und Unterhalt von Kirche und Schule für Geistlichen und Lehrer auch nur zum geringsten Teil zu schaffen. Aber kein Hindernis und keine Unannehmlichkeit konnte den energischen van Laar entmutigen. Seine Reisen, seine Bitten und Vorstellungen sowohl bei der geistlichen als auch bei der weltlichen Behörde führten zu dem Entschluss, im Jahre 1857 eine Katholische Schule in Hoogstede zu eröffnen. Und wirklich, der 2. Januar 1857 sah einen katholischen Lehrer beim Unterrichten von 26 katholischen Kindern. Lehrer Ludwig Brill, der spätere Rektor der höheren Bürgerschule zu Quakenbrück, dessen Name weiteren Kreisen durch seine epischen Gedichte („Singschwan“, „Waldenhorst“) bekannt geworden ist, eröffnete die Schule. Sein Nachfolger wurde Hümmel, der hier nur gut ein Jahr wirkte. Derselbe verließ den Schuldienst, um sich nach Rom zu wenden und in die päpstliche Truppe einzutreten. Als erstes Schullokal diente eine Stube des Schmiedemeisters Gerhart Wösten in Hoogstede, der sich zugleich mit dem alten Peters

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(Großvater des Landwirts Hermann Peters in Berge) für die ganze Angelegenheit interessierte. Dieser Erfolg verdoppelte noch den Eifer van Laars, der alle seine Reisen nach Neuenhaus, Bentheim, ja selbst nach Osnabrück zu Fuß machen musste. Durch seine unermüdliche Arbeit gelang es van Laar, bedeutende Geldmittel für den Bau einer Kapelle und einer Wohnung des Geistlichen hauptsächlich vom Bischof von Osnabrück, Paulus Melchers, und vom Bonifatiusverein flüssig zu machen, so dass unverzüglich mit dem Bau begonnen werden konnte, der Ende 1859 fast ohne Schulden fertiggestellt wurde. Am 23. November 1859 weihte der damalige Bischof von Osnabrück, Dr. Paulus Melchers, die Kirche in Hoogstede zu Ehren des heiligen Bonifatius ein. Der Altar in der Kapelle stammte aus Tilligte bei Ootmarsum (Holland). Kommunionbank, Kanzel und Bänke wurden von der Firma Mecklenburg in Neuenhaus geliefert. Zur Kapellengemeinde gehörten die Katholiken der Gemeinden Hoogstede, Bathorn, Scheerhorn, Berge, Tinholt und Kalle. Kapelle, Schule und Wohnung des Geistlichen waren unter einem Dach untergebracht. Neben dem Raum für den Gottesdienst war ein Lokal für die Schule (Teil der jetzigen Kirche, über dem sich die Orgelbühne befindet) sowie eine Wohnung für den Vikar. Der anzustellende Vikar sollte zugleich den Unterricht in der Schule erteilen. Der erste Schulvikar in Hoogstede hieß Bröcker. Er war ungefähr zehn Jahre hier, von 1860 bis 1869. Zu seiner Zeit wurde ein eigenes Schulhaus gebaut – im Jahre 1866 – und die Räumlichkeit für den Gottesdienst um das bisherige Lokal vergrößert … (Ende Auszug aus der Chronik, angefertigt Hoogstede, im März 1892, Lehrer H. Koch) Vom Primissariat zum selbstständigen Seelsorgebezirk Bis 1869 war in der Kapelle an den Sonn- und Feiertagen nachmittags eine Andacht oder Vesper und vormittags nur eine heilige Messe, die Frühmesse (lat. Prima missa), weshalb der Geistliche offiziell Primissar, der Seelsorgebezirk Primissariat genannt wurde. Die Katholi-

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ken des Primissariates Hoogstede mussten also zehn Jahre lang an den Sonn- und Feiertagen das Hochamt in ihrer Mutterkirche, in der Pfarrkirche zu Emlichheim, besuchen, obwohl sie in Hoogstede eine eigene Kapelle und einen eigenen Geistlichen hatten. Vom Jahre 1884 an durften die Katholiken des Primissariates Hoogstede auch einen eigenen Friedhof haben und dort ihre Toten begraben. In demselben Jahre wurde die Erlaubnis erteilt, die Kinder in der Kapelle zu taufen, während bislang die Taufen und Beerdigungen in Emlichheim stattfinden mussten. Erst im Jahre1944 erhielt der Geistliche in Hoogstede die allgemeine Trauungsbefugnis. Bis dahin war für die Trauungen allein der Pfarrer von Emlichheim zuständig. Durch eine Verordnung des Bischofs von Osnabrück, Dr. Wilhelm Berning, wurde 1944 das Primissariat Hoogstede zu einem selbstständigen Seelsorgebezirk erhoben, dessen Vier Geistliche bei der 100-Jahr-Feier 1959. An der Spitze des Dekanates Bentheim nahm der 93-jährige Dechant Msgr. Rosemann, Wietmarschen, an der 100-Jahr-Feier der Kirche in Hoogstede teil. Links im Bild der Ortsgeistliche, Hochwürden Pastor Andrèe

Grenzen sich mit denen des ehemaligen Primissariates deckten. Eine neue, schöne Wohnung für den Geistlichen, das jetzige Pfarrhaus, wurde im Jahre 1934 auf einem neuerworbenen Grundstück erbaut. Damals erhielt auch das Innere der Kirche seine jetzige Gestalt. Die Kirche wurde um den Teil vergrößert, der 75 Jahre lang als Wohnung für den Geistlichen gedient hatte. Die von Walter Nellmann, Osnabrück, angefertigte Madonna traf im September 1935 ein und wurde am 6. Oktober 1935 geweiht. Der Pfarrer Josef Rakel (später Pfarrer von Haselünne), war damals vom Bischof mit der Leitung des Umbaues betraut worden. Die im Jahre 1934 umgebaute Kirche wurde zunächst durch den bischöflichen Generalvikar Dr. Seling benediziert, und am 16. Mai 1938 wurden der neue Altar und die neue Kirche vom Bischof von Osnabrück, Dr. Wilhelm Berning, feierlich konsekriert. Jubiläumsfeier St. Bonifatius 1959 Aus dem Nachrichtenblatt für die Diözese Osnabrück: Aus Anlass des 100-jährigen Bestehens der Kath. Kirche fand am 23. November 1959 in dem schön geschmückten Gotteshaus in Hoogstede ein feierliches Levitenamt statt. An drei aufeinanderfolgenden Abenden hatten die Pfarrer Jaeger, Nordhorn, Koops, Neuenhaus und Von Ohr, Laar, Vorbereitungspredigten gehalten. Das Levitenamt zelebrierte Pastor Andrée unter Assistenz von Pfarrer Purk, Lohne, als Diakon und Pater Töller O. Carm. (Neuenhaus), Sohn der Gemeinde Hoogstede, als Subdiakon. Fast alle Geistlichen des Dekanates Bentheim, unter ihnen auch der 93jährige Dechant Rosemann, Wietmarschen, nahmen an der Feier teil. Die zahlreich erschienenen Gläubigen gingen fast ausnahmslos zum Tisch des Herrn. Die Festpredigt hielt Pfarrer Jaeger, Nordhorn, St. Augustinus, der auch ein Glückwunschschreiben des hochwürdigsten Herrn Bischofs verlas. Schulkinder sangen unter der Leitung von Lehrer Hoffman die Choralmesse „Missa de anglis“.

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Kranzniederlegung 1959 für Johannes Veltmann und Johann van Laar; Messdiener Horst Drees, Pater Marcellus Töller, Messdiener Karl Westhuis, Pastor Johannes Andrèe, Pastor Bernhard Purk aus Neuenhaus; Bannerträgerinnen: Franziska Fark, Gesine Sommer, Elisabeth Sommer, Fr. Gödicker, Franziska Heidotting, Maria Schlie

Nach dem Levitenamt gedachte Pastor Andrée auf dem Friedhof neben der Kirche in ehrenden Worten des einzigen hier beerdigten Seelsorgers Johannes Veltmann und des Kaufmanns Johann van Laar, der vor 100 Jahren sich mit vorbildlichem Eifer und ganzer Kraft für die Errichtung einer kath. Kirche und einer kath. Schule in Hoogstede eingesetzt hat. An den Gräbern der beiden Männer legte er Kränze nieder. Renovierungen der letzten 50 Jahre Die kirchlichen Gebäude wurden fortlaufend renoviert. So wurde 1955 das Pfarrhaus innen und außen neu gestrichen und die Kirche ausgemalt. Unter der Regie von Pastor Haskamp (seit 1960 in Hoogstede) wurde im Jahre 1962 die Kirche renoviert. Im gleichen Jahre wurde die Sakristei erweitert und im Jahre 1964 der Bau des Pfarrheims durchgeführt. Im Jahre 1967 wurde die 1934 aufgestellte gebrauchte Orgel durch Anschaffung einer neuen Orgel ersetzt. Auf der Gemeindeversammlung wurde am 16. Dezember 1966 die

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Anschaffung einer neuen, zweimanualigen Schleifladenorgel mit acht klingenden Registern gutgeheißen. Diese sollte das vorhandene Instrument ersetzen, das aus der Spätzeit des 19. Jahrhunderts stammte, technisch verbraucht und vom Holzwurm befallen war. Von Fachleuten der Osnabrücker Orgelbauanstalt M. Kreienbrink wurde die neue Orgel mit mechanischer Traktur und 567 Pfeifen und drei Normalkoppeln im Frühjahr einKatholischer Kirchenvorstand 1964. Heinrich Weusten, Hermann Kotten, Bernhard Sommer, Hermann Töller, Fritz Müller, Franz Kennepohl, Pastor August Haskamp

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Im Jahre 2003 konnten größere Reparaturarbeiten am Pfarrhaus (neue Fenster, Malerarbeiten sowie Balkonerneuerung) und an der Pfarrkirche (Malerarbeiten und Fugarbeiten) durchgeführt werden. Unter anderem durch den Erlös der Pfarrkirmes und Eigenleistungen der Gemeinde konnte bereits im Jahre 2006 dann das Dach des Pfarrheims neu eingedeckt sowie das Pfarrhaus durch weitere Malerarbeiten (Decke, Wände, Türen und Treppe) wohnfreundlich hergerichtet werden.

Die Orgel von 1967

gebaut und intoniert sowie im Beisein von Domkapitular Msgr. Dr. Heinrich Rahe, Osnabrück, Diözesan-Musikdirektor Eberhard Bonitz, Lingen und mehreren Geistlichen aus Nordhorn und Neuenhaus (unter ihnen auch Dechant Jaeger) am 5. März 1967, um 15.00 Uhr geweiht und ihrer Bestimmung übergeben. In beispielhafter Weise trug die gesamte Gemeinde dazu bei, das neue Orgelwerk zu finanzieren. Unter der Leitung von Pastor N. Vedder wurden im Jahre 1999 umfangreiche Renovierungs- und Anbauarbeiten am Pfarrheim vorgenommen. Hier entstanden zusätzlich zwei Abstellräume, außerdem konnte ein Carport neu errichtet werden. Durch die finanzielle Unterstützung vom Bischöflichen Generalvikariat konnte außerdem in eine neue Heizungsanlage sowie auch in einen neuen Fußboden, Türen und Fenster investiert werden. Im Winter 2002/03 lieferte die Sitzmöbelfabrik Göhnermeier, Vlotho, die bestellten 70 Stapelstühle und 16 Tische inkl. Zwischenplatten für das renovierte Pfarrheim. Es erfolgte eine Zuschussbewilligung seitens des Bonifatiuswerkes Osnabrück.

Gemeindeverbund 2006 Im Jahre 2006 schloss sich unsere Gemeinde mit Neuenhaus (Veldhausen, Uelsen), Emlichheim und Laar zum Gemeindeverbund Niedergrafschaft zusammen. Emlichheim, Hoogstede und Laar arbeiteten bedingt durch die Besetzung mit nur einem Pfarrer, nämlich Pater N. Vedder, schon länger eng zusammen. Durch den Weggang von Pfarrer Lier in Neuenhaus wurde der Gemeindeverbund vom Bistum in Osnabrück anerkannt. Für diesen riesigen Bezirk wurde dann Pater N. Vedder als erster Pfarrer benannt. Ihm zur Seite und als Unterstützung kam Pastor Anh Vu Ta dazu. Nach etwa einem Jahr hat dann aber unerwartet Pastor Anh Vu Ta den Gemeindeverbund verlassen. Pater N. Vedder hat in dieser neuen Situation lange überlegt und dann doch aus gesundheitlichen Gründen das Amt des Pfarrers zur Verfügung gestellt. Damit das Amt des ltd. Pfarrers in diesem Gemeindeverbund nicht zu lange vakant bleibt, hat Osnabrück schnell gehandelt und uns im Oktober 2007 mit Pastor H. Bischof einen neuen Pfarrer geschickt. Pater N. Vedder bleibt weiterhin im Gemeindeverbund als Pastor tätig. Zu unserer Kirchengemeinde gehören zur Zeit 526 Personen. Neben den oben genannten Ortsteilen von Hoogstede stellen auch die Gemeinden Neugnadenfeld und Großringe aktive Mitchristen unserer selbstständigen Pfarrgemeinde und Kirchgänger, die aber auch aus den umliegenden Ortschaften stets herzlich willkommen sind.

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Zur Zeit sind in unserer Gemeinde 59 Personen Mitglieder in der kfd und 49 Personen in der KAB. Ehrenamtlich tätig sind ca. 30 Mitglieder in verschiedenen Gremien, die da wären: Kirchenvorstand, Pfarrgemeinderat, Liturgiekreis, Lektoren, Kommunionhelfer und Messdiener. Außerdem arbeiten für die Kirchengemeinde noch zwei Küster, zwei Organisten, ein Rendant und ein Mitarbeiter im Pfarrbüro. Zu erwähnen sind außerdem Tanzund Skatgruppe. Nicht nur die Jugend wird von unserem Diakon H. Heitz von Emlichheim betreut, sondern geschätzt wird auch die christliche Arbeit anlässlich der vielen Wortgottesdienste und anderer Aktivitäten in und um St. Bonifatius. Nach dem Weggang unseres Diakons im März 2009 wurde durch das Bischöfliche Generalvikariat Herr Heino Böning ab 1. August 2009 zum Gemeindeassistenten in der Pfarreiengemeinschaft – Neuenhaus, Emlichheim, Hoogstede, Laar – berufen. Die Firmung im November 2007 wurde in diesem Jahr zum ersten Mal zentral in Emlichheim gefeiert. Aus unserer Gemeinde waren 13 Firmlinge dabei. Die nächste Firmung (wahrscheinlich im Jahre 2010) wird wieder in unserer Gemeinde sein, wo dann auch Bischof Bode bei uns zu Gast sein wird. Sternsinger 2008 Warum gibt es in Hoogstede keine Sternsinger? Diese Frage kam nicht nur von den katholischen, sondern auch von den evangelischen Christen. So sind dann im Jahre 2008, Dank Sternsinger 2008 im Pfarrheim

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eines finanziellen und arbeitsintensiven Engagements, zum ersten Mal Sternsinger von St. Bonifatius unterwegs gewesen. Eine fleißige Näherin aus unserer Gemeinde hat hierfür schöne Gewänder genäht. Einige Erwachsene haben die Kinder begleitet, die dann bei dieser Aktion über 550 € in Hoogstede und Umgebung gesammelt haben. Der Stern von Bethlehem leuchtet weiter voran in das vor uns liegende Jahr, und eine leuchtende Erinnerung bleibt sicher die ganze Wegstrecke der 50. Aktion Dreikönigssingen, für alle, die – wo auch immer – dabei waren. Ökumene Am 28. Februar 2008 feierten alle vier Gemeinden den Ökumenische Passionsgottesdienst mit Pastor Dr. Beuker (ev.-altreformiert). Unsere Kirche war gut besucht, und anlässlich der Kollekte konnte der Hospizhilfe in Nordhorn ein Betrag von 127,09 € überwiesen werden. Die alljährliche Ökumenische Bibelwoche findet abwechselnd in den Hoogsteder Kirchen statt. Im Februar 2009 wurde die Veranstaltung in unserer Kirche durchgeführt. 50 Jahre kfd (Katholische Frauen Deutschlands) 2008 Generell seit dem 1. April 2008 findet nun wieder auch bei den Katholiken regelmäßig jede Woche eine Vorabendmesse zum Sonntag in unserer St. Bonifatius Gemeinde statt. Am 6. April 2008 feierte unsere kfd (Katholische Frauen Deutschlands) ihr 50-jähriges Jubiläum. Mit einem Festgottesdienst am Vormittag mit Präses Pater N. Vedder und der Festpredigt von Diözesan-Frauenseelsorger U. Beckwermert begann der Jubeltag. Abordnungen der kfd aus den umliegenden Gemeinden waren mit ihren Bannern anwesend. Ebenso waren Ehrengäs-te aus der Gemeinde Hoogstede dabei. Anschließend war Empfang in unserem Pfarrheim, wo noch ein Zelt angebaut wurde, um allen Gästen Platz bieten zu können. Grußworte sprachen unter anderen Pater Norbert Vedder und Bürgermeister Jan Ensink sowie für die Regionalleitung Grafschaft Bentheim Teamsprecherin Anne Minnich.

D I E R Ö M I S C H - K AT H O L I S C H E S T. B O N I FAT I U S K I R C H E N G E M E I N D E

Jubilarinnen 50 Jahre Katholische Frauen Deutschland (kfd) in 2008; 10 Frauen wurden für ihre fünfzigjährige Mitgliedschaft geehrt. Auf dem Foto oben sind die Jubilare mit der kfd-Teamsprecherin Agnes Lübberink zu sehen, vorne; v.l. Anna Kottkamp, Maria Schlie und Antonia Wohlfahrt; hinten, v.l. Johanna Eichhorst, Teamsprecherin Agnes Lübberink, Maria Massling, Anna Köcklar, Christine Lübberink (es fehlen Maria Schnöink, Elisabeth Sommer und Franziska Fark)

Anhang In 2009 feiert die St. Bonifatiuskirche in Hoogstede ihr 150-jähriges Jubiläum. Als Termin ist der 3./4. Oktober 2009 festgesetzt, mit weiteren Vorbereitungen wurde schon begonnen. Es ist geplant, zu diesem Anlass eine eigene Chronik zu erstellen. Bischof Franz-Josef Bode aus Osnabrück hat schon eine Einladung erhalten und wird dann unsere Gemeinde besuchen. Ansprechpartner Pfarrbüro: Jürgen Kirstein Martin Westhuis, Jürgen Kirstein Küster: Friedhof: Heinrich Westhuis Pfarrheim: Rita Goedereis kfd: Agnes Lübberink, Doris Kotten KAB: Willi Fark, Rudi Töller, Karl Westhuis Organisten: Anke Westhuis, Frank Töller Rendant: Karl-Heinz Sommer Pfarrgemeinderat: Ute Büdden, Günter Dyhuis, Gunnar Kirstein, Nicole Lübbers, Ulla Schnöink, Agnes Westhuis Kirchenvorstand: Pfarrer H. Bischof, Rita Goedereis, Heinrich Massling, Hermann Sentker, Helmut Töller, Heinrich Westhuis, Hermann Westhuis Ab Mitte 2009 wird die katholische Kirchengemeinde Hoogstede im Internet präsent sein. Diese gemeindeübergreifende Internetpräsenz ist in Zusammenarbeit mit allen katholischen Kirchengemeinden der Pfarreiengemeinschaft entstanden. Gemeinsam haben wir das Layout entwickelt, für den Inhalt sind die Gemeinden selbst verantwortlich. Es ist vorgesehen, hier auch den wöchentlichen Pfarrbrief zu veröffentlichen.

Während des 150-jährigen Bestehens der katholischen Kirche in Hoogstede sind 19 Seelsorger hier tätig gewesen. Die Namen der Geistlichen sind 11. Wilhelm Bröker, 1859–1869 (gest. als Pfarrer in Westrhauderfehn), 12. Bernhard Schröder, 1869-1888 (gest. als Pfarrer in Emsbüren), 13. Johannes Veltmann, 1888-1889 (gest. als Schulvikar in Hoogstede), 14. Hermann zum Hebel, 1890-1898 (gestorben in Neuß), 15. Johann Lagemann, 1899-1902 (gest. als Pfarrer in Neurhede), 16. Franz Weßler, 1903-1909 (gest. als Pfarrer von Vrees), 17. Johannes Staelberg, 1909-1920 (gest. als Pfarrer von Brandlecht), 18. Klemens Becker, 1920-1933 (gest. als Pfarrer von Schledehausen), 19. Josef Rakel, 1933-1935 (danach Pfarrer in Haselünne), 10. Bernhard Purk, 1935-1944 (danach Pfarrer in Lohne), 11. Hermann Thoben, 1944-1947 (danach Pfarrer in Leer), 12. Johannes Andrée, 1947-1960 (danach Pfarrer in Börgermoor) 13. August Haskamp 1960-1968 (danach Pfarrer in Twist) 14. Gerhard Lampe, 1968-1971 (danach Pfarrer in Lehe) 15. P. Antonius Lugtenberg O.Carm. 1971-1976 (danach Pfarrer in Hebelermeer) 16. Hubert Lorbach, 1976-1980 (danach in Ruhestand) 17. P. Bruno Güthoff CSSp, 1981-1988 (danach Kloster Speyer) 18. P. Norbert Vedder OFM, seit 1989 (Pfarrer in Emlichheim seit 1979 19. Hubert Bischof, seit 2007 (Pfarrer im Gemeindeverbund Neuenhaus).

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Die Evangelisch-altreformierte Kirchengemeinde Pastor Dr. Gerrit Jan Beuker und Kirchenrat

Die Wiege der Niedergrafschafter Altreformierten liegt in Tinholt. Dieser relativ abgeschiedene, durch die Vechte von Hoogstede getrennte Ortsteil liegt mittig zwischen Emlichheim, Hoogstede, Wilsum, Uelsen und Veldhausen. In diesen fünf Kirchspielen entstanden zwischen 1838 und 1849 eigene altreformierte Gemeinden. Ihre Mitglieder feierten schon vor der Gemeindegründung, etwa ab 1835 regelmäßig eigene Gottesdienste auf dem Hof Luttermann (zuvor Zomer, davor Steffen) in Tinholt. Sie wurden von Laienpredigern aus den eigenen Reihen oder aus den Niederlanden und äußerst selten auch einmal von einem altreformierten Pastor aus den Niederlanden geleitet. Niederländische Prediger wurden bis 1848 in der Grafschaft mit Gefängnisstrafen bedroht. In den Niederlanden gab es keine polizeiliche Verfolgung. 1834 war in Ulrum bei Groningen die erste altreformierte Gemeinde überhaupt gegründet worden. Altreformierte Gottesdienste mit mehr als zwanzig Personen waren in der Grafschaft nicht erlaubt. Wer daran teilnahm, musste mit empfindlichen Geldstrafen rechnen. Unter diesen Umständen wählten die beiden Gemeinden Emlichheim und Hoogstede im Frühjahr 1845 jede ihren ersten Kirchenrat, der jeweils aus zwei Ältesten und zwei Diakonen bestand. Diese gingen mit ihren beiden Gemeinden am 25. Mai 1845 nach Coevorden, wo sie von einem niederländischen Pastor, vermutlich Albertus van Raalte, in ihr Amt eingeführt worden sind. Van Raalte wäre dafür in Deutschland ins Gefängnis gekommen. Damit gab es neben der 1838 gegründeten Gemeinde Uelsen und der 1840 entstandenen

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Gemeinde Bentheim zwei weitere altreformierte Gemeinden in der Grafschaft. 1848 kam Wilsum hinzu und 1849 Veldhausen. Unter dem Druck der politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse wanderte fast die gesamte altreformierte Gemeinde Hoogstede im Frühjahr 1847 in die USA aus. Die genannten Kirchenräte der Gemeinden Emlichheim und Hoogstede zogen mit ihren Familien und vielen Gemeindegliedern auf den Spuren von Albertus van Raalte nach Holland, Michigan, USA. Südlich dieser Stadt gründeten sie den Ort „Graafschap“. Einige wenige daheim gebliebene altreformierte Hoogsteder schlossen sich 1851 der weiter bestehenden Gemeinde Emlichheim an. Die Hoogsteder Gemeinde war damit aufgehoben. Die verbleibenden Altreformierten im Kirchspiel Hoogstede mussten wohl noch bis um 1870 oder 1880 die normalen Kirchenlasten der reformierten Gemeinde vor Ort und die der reformierten Gemeinde Emlichheim mittragen. Sie zahlten dreimal: für die reformierte Gemeinde in Emlichheim, für die in Hoogstede 1821 gegründete reformierte Gemeinde und für die eigene altreformierte Gemeinde. Neugründung 1. Mai 1953 Über hundert Jahre nach Auflösung der ersten altreformierten Gemeinde Hoogstede wurde am 1. Mai 1953 wieder eine neue Gemeinde gegründet. Pastor Albertus van der Zanden, der von 1951 bis 1977 in Emlichheim tätig war, führte an diesem Tag drei Älteste und zwei Diakone in ihr Amt ein. Es waren dies Jan Harm Beuker, Albert Köster und Hindrik-Jan Neerken sowie Albert Jan Luttermann und Gerrit Jan Büter.

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Gottesdienst 2003 in der Ev.-altreformierten Kirche, von der Empore aus (Jürgen Nyboer)

Kirchengebäude und Pastorat waren in den beiden vorhergehenden Jahren seit Anfang 1951 errichtet worden. Einen Teil der benötigten Steine kaufte man von der ev.-reformierten Kirchengemeinde. Diese hatte für die Erweiterung ihrer Kirche bereits Steine angeschafft und vor Ort transportiert. Sie durfte 1951 für die beiden neuen Querschiffe der Kirche aber nur Bentheimer Sandstein und keine roten Ziegelsteine verwenden. Ein Teil der schon vorhandenen roten Steine wurde für ein Wohnhaus im Dorf genutzt, der andere Teil für die altreformierte Kirche. Schaut man sich die Kirche genau an, kann man sehen, dass sich etwa ab Dachhöhe im Giebel andere Steine finden. Ein einzelner Raum zwischen Kirche und Pastorat, der sogenannte Lehrsaal, reichte in den 1950er Jahren aus für alle Aktivitäten während der Woche. Hier tagte der Jünglingsund Jungfrauenverein oder der Männerverein. Hier wurde kirchlicher (Konfirmanden-)Unterricht erteilt, hier übte der Singkreis. Mehr Gruppen und Angebote gab es kaum. Altreformierte Pastoren Erster Pastor der Gemeinde war von 1955 bis 1959 der aus Hoogstede gebürtige Steven

Neerken (1895–1962). Hoogstede war seine fünfte und letzte Gemeinde. Seine Frau Heintien Ekenhorst (1900–1960) stammte aus Laar. Der ebenfalls aus Hoogstede gebürtige Pastor Jan Köster nahm von 1953 bis 1955 von Laar aus die Vakanzvertretung wahr. Auf Pastor Neerken folgte 1960 bis 1968 Joachim Guhrt, gebürtig aus der Nähe von Berlin, der zuvor seit 1955 Pastor in Emden gewesen war. Er ging 1968 in den Schuldienst und ist danach lange Zeit Generalsekretär des Reformierten Bundes gewesen. Joachim Guhrt (Jg. 1925) lebt heute in Bad Bentheim. Die Vakanzzeit überbrückten Guhrts Schwiegervater, Pastor Bernd-Hindrik Lankamp aus Uelsen, der 1968 pensioniert wurde, und Pastor Albert Brink aus Veldhausen. 1971 kamen Pastor Roel Visser und seine Frau Erika in ihre erste Gemeinde in das neu erbaute Pastorat, Bathorner Diek 3. Visser stammt aus Deventer in den Niederlanden. Er ist heute in der Zerstreutenseelsorge in Süddeutschland tätig. Nach Pastor Visser folgte 1977 bis 1983 der aus Ostfriesland kommende Pastor Heinrich Lüchtenborg. Es war auch für ihn seine erste Gemeinde. Seine aus Emlichheim stammende Frau, Anna Klinge, unterrichtete zeitweise an der Grundschule in Emlichheim. Pastor Lüch-

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tenborg wechselte von Hoogstede zur Gemeinde Wuppertal, wo er bis heute tätig ist. Auf Pastor Lüchtenborg folgte eine längere Vakanz, die von Pastoren aus den umliegenden Gemeinden aufgefangen wurde. Als man endlich meinte, wieder einen Seelsorger und Prediger gefunden zu haben, war die Freude nur von kurzer Dauer: Am 9. November 1986 wurde Pastor Pierre van Rooyen eingeführt, am 26. Juli 1987 verließ er die Gemeinde „aus gesundheitlichen Gründen“. Er zog mit seiner Frau und den drei kleinen Kindern zurück nach Südafrika. Wenige Jahre später kam er nach Leer in Ostfriesland, wo er bis heute lebt. Er hat dort eine kleine eigene Gemeinde(gruppe) aufgebaut und ist nach wie vor in der Afrikamission „Kreuz des Südens“, mit Sitz in Leer, tätig. Fast zwanzig Jahre blieb danach Pastor Dr. Gerrit Jan Beuker in Hoogstede. Er stammt aus Vorwald (heute Laar) und kam mit seiner aus Emden gebürtigen Frau Gese Sweers und den drei Kindern im Dezember 1988 aus Uelsen in die Gemeinde. Er blieb bis zum März 2008 und ist jetzt Pastor der ev.-altreformierten und der ev.-reformierten Kirchengemeinden in Laar.

EBEN-E

ZER A ltrefor mierte in Hoo gstede und ih re Vorg eschich te

Titel „Eben-Ezer Altreformierte in Hoogstede“

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EBEN-

Die sechs Pastoren der Gemeinde von 1955 bis 2008

In Beukers Zeit fiel 2003 das fünfzigjährige Jubiläum der Gemeinde. Aus diesem Anlass schrieb er das Buch „Eben-Ezer. Altreformierte in Hoogstede und ihre Vorgeschichte. Kirche und Gemeinde 1953–2003“. Es ist nach wie vor in der Gemeinde und im Buchhandel erhältlich. Es beschreibt ausführlich Geschichte und Gegenwart der Gemeinde.

EZER

Altrefo rmiert e Hoogs tede u in nd ihre Vorges chichte

Kirche un Gemein d de 1953 2003

Kirche und Gemeindehaus Seit den Anfängen der ev.-altreformierten Kirchengemeinde Hoogstede hat sich einiges verändert. 1961 erhielt die Gemeinde eine Orgel und eine Heizung. Im Laufe der Zeit reichte der eine Gemeinderaum (alter Lehrsaal) für die Bedürfnisse der Gruppen und Kreise nicht mehr aus. So wurde in Pastor Lüchtenborgs Zeit das Gemeindehaus mit insgesamt fünf Räumen und einem großen Obergeschoss gebaut. Dieser „Dachboden“ wird als Jugendraum genutzt. Heute

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1998 wurde die Orgel um ein zweites Manual und ein Rückpositiv erweitert. 2002 bis 2004 bekam die Kirche ein neues Dach und neue Fenster und Türen.

Das altreformierte Pastorat von 1971 in 2007

dient er sonntags den Kindern vom Kindergottesdienst und in der Woche der Jungschar, den KOMA-Leuten (Konfer mal anders), dem Jugendkreis und den Jungerwachsenen. Der Raum wird nach wie vor von Jugendlichen gestaltet und verwaltet. Das Gemeindehaus wird am Sonntagvormittag parallel zum Gottesdienst von den Kindern genutzt. Es gibt einen Kinderhort und drei Kindergottesdienst-Gruppen. Weiter dient das Gemeindehaus in der Woche dem Chor, den Kreisen und Gruppen, für Schulungen und Konferenzen. Es wäre heute völlig undenkbar, wenn die Gemeinde mit nur einem Raum neben der Kirche auskommen müsste. Küsterwohnung, Kirche, Gemeindehaus in 2006

Küsterdienste Von 1953 bis Anfang 2007, weit über fünfzig Jahre, war Hindrikkin Snippe die gute Seele der Gemeinde. Sie war mit allem und jedem vertraut, kannte als gebürtige Bathornerin fast jeden in Hoogstede. Jahrelanges Zeitungsaustragen förderte das noch. Hindrikkin Snippe lebt seit 2007 in Georgsdorf. Nach ihrer Eheschließung 1960 erfuhr sie tatkräftige Unterstützung durch ihren Mann, Johannes Snippe, der im Jahre 2001 verstarb. Mit dem Neubau des Pastorats Bathorner Diek 3 zog sie 1971 mit ihrer Familie in das alte Pastorat Bathorner Diek 1. Seit etwa 1992 erhielt das Ehepaar Snippe Unterstützung in ihrer Arbeit. Zuständig sind heute: Brigitte Voogd für das Gemeindehaus, Annegret Helweg für das Kirchengebäude, Gerrit-Jan Bloemendal für die Außenanlagen und Johann Köster für Schlüsseldienst, Heizung und Glocken. Viele Hände machen leichte Arbeit und fördern die Gemeinschaft.

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Ehepaar Johannes Snippe und Hindrikkin geb. Bloemendal in 1985

Die Evangelisch altreformierte Kirche in Niedersachsen Es gibt in Niedersachsen etwa 7.000 Altreformierte in 14 Gemeinden, davon acht in der Grafschaft Bentheim und fünf in Ostfriesland. 1983 hat sich die Niederländisch-reformierte Gemeinde Wuppertal (Pastor Lüchtenborg war vorher bis 1983 in Hoogstede tätig) der Evangelisch-altreformierten Kirche in Niedersachsen angeschlossen. In der Zeit von 1923 bis 2004 gehörten die altreformierten Gemeinden den „Gereformeerde Kerken in Nederland“ an. Reformierte, Altreformierte und Lutheraner bilden seit 2004 in den Niederlanden die Protestantische Kirche, mit der die altreformierten Gemeinden in lockerer Gemeinschaft assoziiert sind. 2006 schlossen die Ev.-reformierte Kirche (mit Sitz in Leer) und die Evangelisch-altreformierte Kirche einen Kooperationsvertrag. Charakteristisch für die altreformierten Gemeinden ist ihre Eigenständigkeit und ihre presbyterial-synodale Struktur. Die Gemeindeleitung liegt in den Händen des Kirchenrates. Ihm gehören Männer und Frauen im Pastoren-, Ältesten- und Diakonenamt an. Bis auf den Pastor werden sie alle für vier Jahre von der Gemeinde gewählt. Eine direkte Wiederwahl ist nicht möglich. In den Synoden behandeln die Vertreter der Kirchenräte alle übergemeindlichen Fragen.

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Altreformierte Gemeinden finanzieren sich selbst durch freiwillige Beiträge und verwalten die Gelder selbstständig. Ab 300 Gemeindeglieder muss eine altreformierte Gemeinde alle Kosten für Gehälter und Gebäude selber aufbringen. Etwa zehn Kollekten im Jahr sind synodal vorgeschrieben. Die Höhe der Gehälter unterliegt ebenfalls synodalen Regeln. Rechnungsführer der Gemeinde Hoogstede waren Hindrik Köster (1953–1965), Ludwig Büter (1966–69), Heinrich Köster (1970–73), Hermann Breukelman (1974–93) und seitdem Wilhelm Lammering. Der Rechnungsführer ist im Auftrag des Kirchenrates für die Einnahmen und Ausgaben der Gemeinde verantwortlich. Er erstellt Jahresrechnungen und Haushaltspläne, über die der Kirchenrat entscheidet. In vielen Gemeinden steht ein kleiner

Rechnungsführer seit 1953. Ludwig Büter, Heinrich Köster, Hermann Breukelman und jetzt, 2003, Wilhelm Lammering (Jürgen Nyboer)

Finanzausschuss dem Rechnungsführer und dem Kirchenrat zur Seite. Er ist ein wenig vergleichbar mit der reformierten Gemeindevertretung, arbeitet allerdings wesentlich eigenständiger und unabhängiger. Älteste, Diakone und Pastoren, alle, die mit der Seelsorge oder dem diakonischen Dienst betraut sind, haben in der Regel keinen Einblick in die finanziellen, freiwilligen Beiträge der Gemeindeglieder. Wer was bezahlt, weiß nur der Rechnungsführer und ein oder zwei weitere Verantwortliche (aus dem Finanzausschuss). Sie sind zur Verschwiegenheit verpflichtet.

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Freikirchen gehen davon aus, dass alle Gemeindeglieder sich mit ihren Gaben und Fähigkeiten einbringen und mitwirken. Jeder Einsatz ist ein Segen für alle. So ist jede Gemeinde z. B. selbst für ihren Kindergottesdienst verantwortlich. Die MitarbeiterInnen organisieren sich selbst, sorgen für die eigene (übergemeindliche) Fortbildung und überlegen und entscheiden in ihren Gemeinden, wie sie den Kindergottesdienst gestalten und welche Materialien sie verwenden. Freikirchliche Frauenkreise, Jugendvereine oder andere Kreise wählen ihre eigenen Vorstände, die die Arbeit leiten. Die verschiedenen Arbeitsbereiche haben sich aus sich selbst heraus auch übergemeindlich organisiert. Auf dieser Ebene treffen sie sich regelmäßig zum Austausch und zur Fortbildung. Hauskreise Pastor Visser richtete in der Gemeinde Hoogstede in 1971 für jeden Kontinent der Erde einen Hauskreis ein. Sie sollten die Gemeinschaft in der Gemeinde stärken und „ihren“ Kontinent der Gemeinde näherbringen. Bis heute ist die Gemeinde mit einer großen Zahl von Hauskreisen gesegnet. Von Anfang an besteht bis heute der Afrikakreis. Jahrzehntelang hat er u. a. mit Altkleiderspenden den Kontakt zu Mitarbeitern der Hermannsburger Mission in Tansania gehalten. Heute pflegt der Kreis engere Beziehungen nach Gambia. Der Bangladeschkreis beschäftigt sich mit Berichten aus der Mission in Bangladesch und Indonesien und fördert entsprechende Begegnungen. Weitere Kreise sind Katechismuskreis, Gebetskreis, Kreis Vierzig Plus, Hausbibelkreis, Handarbeits- und Bastelkreis, OFT (Offener Frauentreff), Young Generation und Ungarnkreis. Der letzte hält seit 1992 den Kontakt zur reformierten Partnergemeinde in Budapest aufrecht. Die Gemeinden besuchen sich abwechselnd einmal in zwei Jahren in Hoogstede und in Budapest. Ein Gastgeschenk der Ungarn, eine Platte aus Olivenholz mit einem herausgeschnittenen Kreuz hängt hinten in der Kirche. Die „Hoogsteder Gruppe“ bietet seit 1973 jede Woche den Inhaftierten in der Justizvollzugsanstalt jeweils in vier verschiedenen Häu-

sern der Einrichtung in Groß-Hesepe Gesprächsabende an. In der „Hoogsteder Gruppe“ wirken mittlerweile auch viele Mitglieder aus anderen Kirchen und Gemeinden mit.

Kreuz im Olivenholz hinten in der Kirche; aus Ungarn

Gottesdienst und Gemeindeleben Die altreformierte Gemeinde Hoogstede feiert jeden Sonntag zwei Gottesdienste. Einmal vormittags um 10.00 Uhr einen Wortgottesdienst, in dem die Bibel ausgelegt wird, und am Nachmittag um 14.00 Uhr einen Lehrgottesdienst, wo häufig aus dem Heidelberger Katechismus gepredigt wird. Dieses Bekenntnis (der Heidelberger Katechismus von 1561) stellt sicher, dass alle Themen des christlichen Glaubens auch auf die Kanzel kommen. Manchmal finden Gottesdienste besonderer Form statt. Singgottesdienste, Jugendgottesdienste oder ein „offener“ Gottesdienst. Die „offenen Gottesdienste“ wurden von Pastor Beuker initiiert. Die Gemeinde durfte im Gottesdienst die Lieder und Psalmen nennen, die man singen wollte. Es gab immer etwas zu sehen (Folien, Graphiken, Bilder) und ein unvorbereitetes Gespräch zwischen Prediger und Gemeinde zu den unterschiedlichsten Themen. Z.B. Segen, Kinder, Hände, Abraham, Gebet ... und anderes. Jede Gruppe und jeder Kreis ist herzlich eingeladen, Gottesdienste mitzugestalten.

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Kanzel, Lesepult, Taufbecken und Abendmahlstisch in 2003

Ökumene Alle vier Hoogsteder Kirchengemeinden bieten (seit Anfang der neunziger Jahre auch reihum in allen vier Kirchen) jedes Jahr eine Bibelwoche an. Sie feiern seit mehreren Jahren einen gemeinsamen Passionsgottesdienst, der vom Ökumenischen Arbeitskreis, den es seit etwa 1995 gibt, vorbereitet und durchgeführt wird. Der Ökumenische Arbeitskreis hat die frühere Pastorenkonferenz abgelöst. Im Arbeitskreis treffen sich je drei Vertreter aus jeder Gemeinde einmal im halben Jahr. Der Kreis beschäftigt sich mit allem, was alle Gemeinden angeht. Schulgottesdienste und Reden zum Volkstrauertag werden reihum von den einzelnen Gemeinden vorbereitet. In gemeinsamer Regie hat es 2003 eine Kinderbibelwoche gegeben und alle zwei Jahre findet nun ein Kinderbibeltag statt. Neben den gemeinsamen Angeboten aller vier Kirchengemeinden vor Ort pflegen die Altreformierten besondere Beziehungen zur reformierten Gemeinde. Mit ihr gab es etwa seit 1998 einen jährlichen Kanzeltausch. Er wurde von einem gemeinsamen Sonntagsgottesdienst abgelöst, den beide Gemeinden seit vier Jahren meistens im Oktober feiern. 2008 haben beide zum ersten Mal zusammen einen

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Flyer Christliche Kirchen in Hoogstede

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Himmelfahrtsgottesdienst gefeiert. Gute Tradition hat auch die einmal im Jahr stattfindende gemeinsame Kirchenratssitzung. Mit der lutherischen Gemeinde feiern die Altreformierten ebenfalls einmal im Jahr einen gemeinsamen Gottesdienst, und zwar immer dann, wenn der Chor aus Drehbach bei der lutherischen Gemeinde zu Gast ist. Gerne denken wir an die Aktion „Nachbarn laden Nachbarn ein“ zurück. Zu einem gemütlichen Beisammensein trafen sich die Nachbarn aus den Neubaugebieten rund um die beiden Kirchen. Schon 1964 gründeten Frauen aus allen drei evangelischen Gemeinden vor Ort einen Gemeinsamen Frauenkreis, der bis heute besteht. Die Initiatorinnen waren Frau Ringena (ref.) , Frau Franke (luth.) und Frau Klinge (altref.). Es werden Referenten zu den unterschiedlichsten Themen eingeladen oder gemeinsame Ausflüge unternommen. An jedem ersten Freitag im März treffen sich Frauen aller vier Kirchengemeinden zum Weltgebetstag der Frauen. Im Wechsel übernimmt jeweils eine Frauengruppe (einer Kirchengemeinde) die Ausgestaltung der Weltgebetstagsordnung, tatkräftig unterstützt durch die Frauen der anderen Kirchengemeinden. In einem gemeinsamen Flyer stellt sich jede der vier Kirchengemeinden seit einigen Jahren allen Neubürgern und Interessierten vor. Alle Kirchen am Ort sind Kirche Jesu Christi. Ihn predigen sie, ihn beten sie an, ihn erwarten sie. Die Unterschiede zwischen den Kirchen heben diese große Gemeinsamkeit nicht auf: Ein Herr, eine Taufe, ein Geist – zum Nutzen aller. Kirchengemeinden können Hilfe und Halt bieten, Gemeinschaft und Begegnung. Sie bewirken durch ihr Handeln und ihre Verkündigung Herzenskraft und Erbauung im besten Sinn des Wortes, damit die Welt erkennt, dass Jesus der Christus ist, der Sohn Gottes, unser Retter und Erlöser, unser Herr und Heiland.

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Die Evangelisch-lutherische Kirchengemeinde Recherche: Ute Suhr, Reinhard Golde Zusammenstellung und Text: Reinhard Golde

Als jüngste und kleinste der vier Kirchen in Hoogstede steht die ev.-lutherische Thomaskirche am Ortsausgang Richtung Ringe. Sie „duckt“ sich scheinbar an einen kleinen Erdhügel, so als würde sie sich ein wenig genieren. Für den flüchtig vorbeieilenden Autofahrer präsentiert sie sich wohl kaum als ein, wie anderorts übliches Kirchengebäude. Keine große Kirchturmuhr, kein Kreuz auf dem Dach, kein imposanter Glockenturm oder wenigstens ein Dachreiter, in dem Glocken hätten hängen können, weisen darauf hin, dass man es mit einer Kirche zu tun hat. Erst beim näheren Hinschauen auf das, die linke Giebelseite des Gebäudes einnehmende, von unten nach oben durchgehende farbige Glasfenster (auf welches wir an späterer Stelle ausführlich eingehen werden) erkennt man, dass es sich um einen Sakralbau handelt. Die Anfänge Das „Häuflein“ Lutheraner, welches vor 1945 in der Niedergrafschaft lebte, wurde bis zum Ersten Weltkrieg von Lingen aus betreut. Nach Errichtung des ev.-lutherischen Pfarramtes Grafschaft Bentheim mit Sitz in Bad Bentheim (später in Nordhorn) gehörten die Gemeindeglieder zu diesem Amtsbezirk. Hierbei handelte es sich um einige wenige, aus familiären Gründen zugezogene Angehörige lutherischen Bekenntnisses. Des Weiteren Textilarbeiter aus Oberschlesien, die in der aufstrebenden Textilindustrie in Nordhorn in den 1920er Jahren und später die „Wintershaller“, die mit Beginn der Erdölförderung in der Niedergrafschaft Lohn und Brot fanden. Preußische Zollbeamte (obwohl mehrheitlich Lutheraner), die an der deutsch-niederlän-

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dischen Grenze ihren Dienst taten, können eigentlich nicht mit dazugerechnet werden, da sie in der Regel nur immer einige wenige Jahre in der Grafschaft blieben, bis sie schließlich wieder versetzt wurden, damit sie nicht mit der „schmuggelnden“ einheimischen Bevölkerung allzu vertraut werden konnten. Mit dem Ende des Zweiten Weltkrieges stieg die Zahl der Menschen lutherischen Bekenntnisses durch Zuzug bzw. Zuweisung von Flüchtlingen und Heimatvertriebenen aus den deutschen Ostgebieten (Schlesien, Sudetenland, Ostpreußen, Pommern, u.a.) stark an. Im Mai 1946 entstand innerhalb des Pfarramtes Grafschaft Bentheim der Seelsorgebezirk Niedergrafschaft-Nord. Mit seiner Betreuung wurde der aus Neustadt in Oberschlesien stammende Pastor Günther Nitsche beauftragt. Die Gemeindeglieder lebten weit verstreut in und um Emlichheim, Ringe, Hoogstede, Laar, Wilsum und den heute dazugehörenden Ortsteilen, die bis zur Gebietsreform Mitte der 1970er Jahre eigenständige politische Gemeinden waren. Als Fortbewegungsmittel diente Pastor Nitsche (soweit sich keine Mitfahrgelegenheit auf einem Fuhrwerk oder Lieferwagen ergab) ein Fahrrad, dass er vom Uhrmachermeister Wächter, Kirchenvorsteher in Nordhorn, geschenkt bekommen hatte. Aus den Erinnerungen von Pastor Nitsche an die Nachkriegsjahre Die Sammlung der ev.-lutherischen Gemeinde in der nördlichen Niedergrafschaft vollzog sich ohne jegliche Schwierigkeiten. Man brauchte nur zu sammeln. Und Sammeln ist einfacher als Zusammenhalten. Aber für beides gibt es das gleiche Mittel: Unterwegssein.

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Wenn man sich als Hirtenhund verstand, war die Aufgabenstellung und Dienstanweisung klar und eindeutig: Suchen – aufsuchen – besuchen. Einladen – begleiten. So geziemt es einem Hirtenhund. Unsere Heimat lag im Osten. Hier waren wir Fremdlinge. Nichts Gewohntes, nichts Vertrautes war vorhanden. Wir waren in Deutschland und konnten doch die Einheimischen nicht verstehen, wenn sie miteinander sprachen. Wir waren unter Evangelischen. Und doch waren wir in ihren Gottesdiensten nicht zu Hause. Kein Altar, kein Kruzifix, kein Bild fiel ins Auge. Das Gesangbuch aus dem Flüchtlingsgepäck war unbrauchbar, es wurde ja kein Choral gesungen. Die Texte und Melodien der Reimpsalmen kannte man nicht. Am Grabe sagte der Pastor kein Wort. Im Hause reichte er den Kranken und Sterbenden nicht das Abendmahl. Die Kinder lernten und zählten die Zehn Gebote anders – eben nach dem Heidelberger Katechismus. Die Evangelischen aus der Altpreußischen Union entdeckten, dass evangelisch nicht gleich evangelisch war. Sie wurden sich ihres lutherischen Bekenntnisses bewusst. Für die Einheimischen war man der „Flüchtlingspastor“, den man respektierte und akzeptierte. Ihn machte man darauf aufmerksam, wenn „die Flüchtlinge“ nicht am Sonntag zur Kirche gingen. Wenn man Besuche machte, kam man nur über die Alteingesessenen zu seinen Gemeindegliedern, solange sie auf den Höfen saßen und keine eigene Wohnung hatten. Man saß auch nachher mit ihnen (den Einheimischen) in der großen Küche zusammen, weil die „Upkammern“ keinen Platz für einen Besucher boten. Dabei lernte man sie kennen und hatte über ihr Denken und Fühlen nachzudenken. Man begriff nach und nach die Gemeindetheologie. Sie war geprägt von der Lehre der „Gnadenwahl vor dem Fall“. Was für einen, der theologisch gebildet war, in die Dogmengeschichte hineingehörte, war hier Gegenwart und wirkte. Man hatte viel zu lernen und neu zu begreifen, damit die eigenen Gemeindeglieder

vor Missdeutungen und Fehlurteilen bewahrt werden konnten. Man hatte Lutheraner für die anderen, nicht gegen andere zu sein. Sonst versagte man. Konfessionelle Spannungen gab es nicht. Man beherbergte den „Fremdling“, aber man missionierte ihn nicht. Der Grund dafür war, dass bei allen Konfessionen in der Niedergrafschaft eine gute, feste kirchliche Sitte herrschte. Man war gewohnt, dass nicht jeder in die gleiche Kirche ging. Aber, dass jeder in „seine“ Kirche ging, war selbstverständlich. Wir hatten darauf zu achten, dass „Lutherisch sein“ nicht als die bequemste und billigste Art des Christseins verstanden werden konnte. Die Kirchenzucht der Reformierten und vor allem der Altreformierten war streng. Wer sich darum drücken wollte, versuchte zu uns auszuweichen. In solchen Fällen war ein klares Nein notwendig. Zucht, wenn sie nicht unbarmherzig ist, darf man nicht auflösen. Spannungen gab es zwischen den Einheimischen und dem „Fremden Volk“ (Dieser Ausdruck war aber nicht böse oder diffamierend gemeint. Das hatte man aber erst einmal zu begreifen.) Es stießen aufeinander: Einheimische und Fremde, Agrar- und Industriewirtschaft, Reformierte, Altreformierte und Lutheraner. Auf unserer Seite geschah das Gleiche: „Die“ Bauern, „Die“ Einheimischen, usw. Aber das ist festzuhalten: Der Flüchtling oder Vertriebene war voll in die Nachbarschaft, die auf dem Hof galt, eingeschlossen. Der Flüchtling hatte die gleiche Beerdigung wie der Hofbesitzer, dem Vertriebenenmädchen wurde die gleiche Hochzeit ausgerichtet wie der Bauerntochter. Man beherbergte uns im Hause und mit unseren Gottesdiensten in ihren Kirchen. Unsere Gottesdienste – gänzlich ungewohnt nach dem Mittagessen und Kaffeetrinken – erwiesen sich als gut und heilsam. Für die Menschen aus dem Osten, die es hierher verschlagen hatte, war der Sonntag ein gefährlicher Tag. Er war wie eine moorige Stelle auf Feldwegen, wo man einsackt. Er konnte zum „Moorloch“ werden, das einen verschlingt. Wochentags konnte man sich regen und bewegen. Man hatte seine Arbeit. Das half, die

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erdrückende Last zu vergessen, die man mit dem Verlust der Heimat zu tragen hatte. Aber am Sonntag war sie nicht zu verdrängen. Beschäftigungslos überfiel einem das erfahrene Leid. Man war schutzlos den Erinnerungen ausgeliefert … „Ich hatte im Heimkehrerheim (Bleibe für entlassene Kriegsgefangene, die ohne Heimat waren) in Bentheim zu tun. In der Nacht von Sonnabend zu Sonntag hatte ich vor Frenswegen Reifenpanne. In der Klosterschänke brannte noch Licht. Ich wurde aufgenommen und durfte in der Gaststube schlafen. Am Sonntagmorgen erhielt ich unbestelltes Frühstück. Geld wurde nicht angenommen. Man wies mir den Weg zu Fahrradhändler Kamps. In der kleinen Werkstatt wurde mein Schlauch geflickt. Bezahlung wurde auch hier abgelehnt. Aber Flickzeug und eine Tube Gummilösung wurden mir geschenkt. Das war damals eine Kostbarkeit. In Wilsum suchte ich die Gastwirtschaft auf, weil mein Gottesdienst erst um 13.00 Uhr begann. Ich bestellte mir Tee, erhielt ihn, … und dazu Schinkenbrote. Ich machte darauf aufmerksam, dass ich keine Fleischmarken bei mir hätte. Man winkte ab. Herr Ridder sagte mir: ,Herr Pastor, wenn Sie nicht zum Gottesdienst unterwegs wären, bekämen Sie überhaupt nichts. Ihnen müssen wir helfen. Sie können doch nicht mit leerem Magen auf der Kanzel stehen. Sie sind kein Gast in der Gastwirtschaft, Sie sind Gast bei uns.‘ Diese Beispiele mögen verdeutlichen, was damals unter Hilfe, Unterstützung und Nächstenliebe in der Grafschaft verstanden wurde. Beim Nachlesen und Zurückblenden stellte man mit Erstaunen und Verwunderung fest, dass einem viel Zeit zur Verfügung gestanden haben muss. Das lag wohl daran, dass ,Stress‘ noch nicht entdeckt war und so dieses Wort einen nicht kränken konnte. Das Abwehrmittel: ,unzumutbar‘ befand sich noch nicht im Verkehr. Beim Unterwegssein zum Sammeln und Besuchen durfte man nicht vergessen, dass man auffind- und ansprechbar zu sein hatte. Das ging einem endgültig zumindest in jenem Augenblick auf, als man seine damals 14-jäh-

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rige Tochter, die man wegen Arbeit abwimmeln wollte, sagen hörte: ,Vati, ich gehöre auch zu deiner Gemeinde.‘ Man kann nun dankbar für das voll-gefüllte Hirtenhundeleben sein. Es war kein ,Hundeleben‘. Und es waren alles andere als ,Hundejahre‘.“ Lutherische Gottesdienste in den anderen Kirchen Am 22. Mai 1946 wird in Wilsum, Emlichheim und Hoogstede der Konfirmandenunterricht aufgenommen. Die Zeiten richten sich nach den Fahrzeiten des „Quarkauto´s“, das die Molkereien in der Niedergrafschaft abfuhr und den Pastor in diese Orte mitnahm. Mit unseren Gottesdiensten nach lutherischer Ordnung wurden wir brüderlich von den ev.-reformierten Gemeindekirchenräten aufgenommen. Es wurde auch erlaubt, dass wir auf den Abendmahlstisch Kruzifix und Leuchter stellten. In der Christvesper am Heiligen Abend brannten am Weihnachtsbaum Lichter. Dass dies geschehen konnte, haben manche Kenner Grafschafter Art nicht für möglich gehalten. Aber man ging eben mit den aus ihren Heimatkirchen Vertriebenen barmherzig um. So fand am Pfingstsonntag, den 9. Mai 1946 in der reformierten Kirche zu Hoogstede der erste Gottesdienst für die lutherische Gemeinde statt. Von nun an gab es im 14-tägigen Rhythmus lutherische Gottesdienste in Hoogstede. Am 24. April 1947 bekommt der „Vertriebenen- bzw. Flüchtlingspastor“ wie Nitsche von den Einheimischen bald genannt wird, von der britischen Militärregierung für 46,– Reichsmark ein Motorrad Zündapp 200 (Baujahr 1928) zugeteilt. Nun geht es mit dem Abhalten von Gottesdiensten und den Besuchen wesentlich schneller als mit der „Fietse“. Allerdings ist es auch vorgekommen, dass sich der Pastor am heißen Auspuff den Talar versengt hatte, als zwischen den Gottesdiensten in den verschiedenen Orten keine Zeit zum Umziehen war. Nach einer Lungenentzündung Ende Dezember 1950 bekommt Pastor Nitsche vom Arzt Motorradfahrverbot verordnet, sodass im Februar 1951 ein generalüberholter VW-Standard aus englischen Beständen angeschafft wurde.

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Grundsteinlegung für die Thomaskirche im Mai 1960. Pastor Nitsche (mit Barrett)

Beginnende Bautätigkeit In den ersten Jahren nach Kriegsende kam kein Lutheraner in der Niedergrafschaft auf die Idee, eine eigene Kirche oder gar ein Gemeindezentrum zu bauen. Zum einen wäre jede avisierte Baumaßnahme zu jener Zeit zweifelsohne an der mangelnden finanziellen Grundlage gescheitert. Doch wozu auch bauen? Schließlich wollte man ja in die angestammte Heimat in Deutschlands Osten zurück, aus der man einst vertrieben wurde oder Hals über Kopf flüchten musste und wo man oftmals Häuser, Bauernhöfe, das ganze Hab und Gut und eben auch die Kirchen, aber nicht den Glauben zurückgelassen hatte. Erst mit der Zeit setzte sich (besonders bei den nachfolgenden jüngeren Gemeindegliedern) die Erkenntnis durch, dass die politischen Verhältnisse eine Rückkehr in die Heimat unmöglich machten und man sich dieser unabwendbaren Realität zu stellen hatte. Nachdem die lutherische Gemeinde in Emlichheim, mit der Hoogstede wie anfangs beschrieben im Seelsorgebezirk NiedergrafschaftNord vereint war, am 7. November 1954 an der Mühlenstraße ihre neu erbaute Friedenskirche weihen und beziehen konnte, mussten die Hoogsteder Lutheraner noch einige Jahre ihre Gottesdienste in den anderen Kirchen (vornehmlich der reformierten) abhalten oder allsonntäglich nach Emlichheim fahren.

Kirchenbaustelle Spätsommer 1960 (vgl. zwei Bilder weiter)

Die „eigene“ Kirche entsteht So reifte mit den Jahren auch in Hoogstede der Wunsch nach einem eigenen Kirchengebäude. Hier musste man jedoch mit den geringen finanziellen Mitteln das größtmögliche herausholen. An ein separates Gemeindezentrum neben einer Kirche war aus den erwähnten Kostengründen nicht zu denken. Nachdem man von den Hoogsteder Eheleuten Albert Jan und Hindrikin Keute ein geeignetes Grundstück am Dorfrand an der Hauptstraße in Richtung Ringe kaufen konnte, musste ein geeigneter Architekt gefunden werden, der aus den vorhandenen (oder besser: kaum vorhandenen) Mitteln das Beste herausholen konnte. Dies erwies sich schwerer als gedacht. So gab der Architekt Zobel seinen Auftrag zurück, da die relativ kleine Kirchengemeinde seine Pläne nicht bezahlen konnte. In dem Architekten Eugen Stamm aus Georgsmarienhütte fand man dann jemanden, dessen wohldurchdachter Entwurf für einen Kirchenbau vorbehaltlos angenommen werden konnte. Stamm löste das Problem, mit geringstem Bauvolumen den erforderlichen Raumbedarf (Kirche im Obergeschoss und Gemeinderaum mit Küche, Toilette und Büro im Erdgeschoss) zu decken. So entstand das unter Ausnutzung des Daches zweigeschossige Gebäude, das dreiseitig in den Eschboden hineingestellt wurde, was bei den Fundamenten erhebliche Mehrkosten verursachte.

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Blick in den Gemeinderaum im Erdgeschoss

Der ursprüngliche Plan eines Gemeindezentrums mit Kirche und Gemeindehaus in einer Ebene scheiterte – wie erwähnt – am Geld. Es gäbe aber auch nicht die, trotz der geringen Maße des Gesamtgebäudes, großzügig zugeschnittenen Räume. Eugen Stamm arbeitete mit zwei Trapezen im Grundriss. Weiten und Sammeln sind zugleich da. Was sich in der Wandführung abspielt, wiederholt sich in der Höhe. Die Decke steigt und fällt: Hut – Schutz – Schirm: behütet – beschützt – beschirmt. So ist die Kirche in ihrem Stil an die damals hier üblichen „Heuerhäuser“, mit Wohntrakt und angrenzender Diele, angelehnt. Am 25. März 1960 wurden die Maurerarbeiten an das Bauunternehmen Kwade aus Ringe vergeben, die Zimmererarbeiten führte die Firma Dietrich Stegink, Emlichheim, aus. Im Mai des gleichen Jahres erfolgte die Grundsteinlegung. Die künstlerische Ausgestaltung der Kirche erfolgte nach den Entwürfen des Nordhorner Künstlers Hans Ohlms. Endlich Einzug 1961 Ab Ende 1960 führte die lutherische Gemeinde Hoogstede einen eigenen Haushalt. Am 15. Januar 1961 erfolgte in einem Fest-

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gottesdienst die Einweihung der Thomaskirche Hoogstede durch Landessuperintendent Degener. Dazu läuteten die Glocken der reformierten Kirche Hoogstede, in der man über 15 Jahre mit eigenen lutherischen Gottesdiensten zu Gast sein durfte. Aus Kostengründen wurde beim Neubau der Thomaskirche auf einen Glockenturm verzichtet. So rufen bis in die heutige Zeit sonntags die Glocken der benachbarten altreformierten Kirche kurz vor 9.00 Uhr die Hoogsteder Lutheraner zum Gottesdienst. Am darauffolgenden Sonntag, dem 22. Januar 1961, begann der Gottesdienst in der neuen Kirche um 9.00 Uhr und in der Frie-

Die fertiggestellte Kirche Anfang der 1960er Jahre vom Grundstück Keute aus gesehen

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denskirche Emlichheim um 10.30 Uhr. An diesen Anfangszeiten hat sich in all den vergangenen Jahren nichts verändert. Mit der Gründungsurkunde der pfarramtlich verbundenen Muttergemeinden Hoogstede und Emlichheim vom 24. Oktober 1961 erhielt die Hoogsteder Thomaskirchengemeinde ihre formelle Selbstständigkeit. Längst hatte Pastor Nitsche aufgrund seiner regen Bautätigkeit in Emlichheim (Pfarrhaus, Grenzlandheim, Küsterhaus, Kirche) und danach die neue Kirche in Hoogstede neben dem bereits erwähnten Spitznamen „Flüchtlingspastor“, einen weiteren Namen von der einheimischen Bevölkerung bekommen: „Baupastor“. War die erste Titulierung keineswegs respektlos oder abfällig gemeint, so zeugte die letztere Bezeichnung von hoher Wertschätzung. Später wurde er auch noch „Reisepastor“ genannt. Nach der privaten Anschaffung eines Wohnwagens (Wer hatte so etwas zur damaligen Zeit in der Niedergrafschaft schon!), unternahm Pastor Nitzsche ausgedehnte Urlaubsreisen, die ihn weit über Deutschlands Grenzen ins Ausland führten. Das „Innenleben“ der Thomaskirche Wie an vorhergehender Stelle bereits genannt, wurde die künstlerische Ausgestaltung der Kirche dem Nordhorner Künstler Hans Ohlms übertragen, der sich bereits mit seinen Arbeiten an anderen Sakralbauten in Niedersachsen einen hervorragenden Ruf erworben hatte. Man kann in der Nachbetrachtung nur feststellen: Hans Ohlms war ein absoluter Könner seines Fachs und ein wahrer Glücksgriff für die Hoogsteder Lutheraner. Nach dem Verständnis lutherischen Bekenntnisses gehört neben dem „Hören“, Predigt, Gesang und Lesung, gleichwertig auch das „Sehen“, also die entsprechende Ausgestaltung einer Kirche. Dazu gehört für Lutheraner wenigstens ein Blatt aus der Bilderbibel. Das wurde in den reformierten Kirchenräumen, die von streng calvinistischer Prägung ist, doch sehr vermisst. Die bildende Kunst hilft, sich des Gehörten zu erinnern, regt zum Nachsinnen an und führt zum Sprechen mit Gott.

Das Glasfenster im Kirchenraum mit Taufbecken

Könnte man bei der Gestaltung und Einrichtung von Gemeindehäusern noch dem eigenen Geschmack, den eigenen Vorlieben vertrauen und nach eigenem Gutdünken die Einrichtung und Ausstattung vornehmen, so sollte man zumindest in einer Kirche bei der Ausgestaltung einen Künstler zu Rate ziehen. Allerdings kann man in das künstlerische Werk eigene Vorstellungen der Gemeinde (jedoch immer in enger Absprache mit dem beauftragten Kunstexperten) einfließen lassen. Die Glasmalerei des Ostfensters, im Erdgeschoss 2,4 m x 2,4 m und weiter nach oben in den Kirchenraum übergehend 2,4 m x 5,96 m, somit insgesamt knapp 8,4 m x 2,4 m groß, wurde nach den Entwürfen Hans Ohlms´ von den Vereinigten Werkstätten August Wagner in Berlin/Neukölln ausgeführt. Ebenso das Christus-Mosaik 2,0 m x 0,8 m groß, von dem die Thomaskirche ihren Namen hat. Ohlms schlug vor: „Christus für Thomas“ in Mosaik als Mauerdurchbruch zu gestalten. So bekam der Nicht-im-Tod-Gebliebene seinen Platz gegenüber dem Treppenaufgang. Der Auferstandene spricht den „Thomas von heute“ mit den gleichen Worten wie den

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Das Christusmosaik am Treppenaufgang zum Kirchenraum

Thomas von damals an: „Reiche mir deinen Finger und siehe meine Hände und reiche deine Hand her und lege sie in meine Seite und sei nicht ungläubig, sondern gläubig.“ Und er entlässt ihn mit den Worten: „Selig sind, die nicht sehen und doch glauben“ (Joh. 20, 24–29).

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Der Weg zum Platz in den Kirchenbänken führt zum Taufbecken (zur Taufe zu). Das soll uns daran erinnern, dass gesagt ist: „Fürchte dich nicht, denn ich habe dich bei deinem Namen gerufen; du bist mein“ (Jes. 43,1). Das kupferne Taufbecken, einer Wiege nachempfunden, ebenfalls von Hans Ohlms entworfen, wurde in der Werkstätte Falger, Münster i. W. gefertigt. Architekt Eugen Stamm machte es der Thomaskirchengemeinde zum Geschenk. Die Bänke, auf dem in den 1980er Jahren durch Parkett ersetzten, ehemals grünen Teppichboden, deren Sitzhöhe von hinten nach vorn zu vom Stuhl- auf Sesselmaß absinkt, sind in einem Block zusammengefasst. Auf der Mittelachse steht der Altar, dessen Fuß und Platte aus Sichtbeton gefertigt ist. Er ruht auf einem dreistufigen Sockel. Dahinter die große sandsteinfarbene Wand, aus Ziegelsteinen errichtet, an der das kleine blau-goldene Emaillekreuz förmlich zu schweben scheint. Links davon die kleine, ebenfalls aus gelben Ziegelsteinen gemauerte Kanzel. Das Buntglasfenster rechts vom Altar und somit hinter dem Taufbecken ruft ins Gedächtnis zurück: „Gott gibt täglich Brot, auch wohl ohne unsere Bitte. Aber wir bitten in dieKircheninnenraum (links Kanzel, mittig Altar) vom Orgelboden aus betrachtet

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sem Gebet, dass er es uns erkennen lasse und wir mit Danksagung empfangen unser täglich Brot“ (Luthers kleiner Katechismus, 3. Hauptstück, 4. Bitte). Das Besondere an diesem Fensterbild sind jedoch seine Motive. So findet man unter anderem die Abbildung einer Ölpumpe, wie man sie besonders um Hoogstede des Öfteren sieht, sowie sogenannte „Getreidepuppen“. Das Fensterbild, welches aufgrund seiner Anordnung an der Ostseite, besonders durch die Vormittagssonne dem Betrachter von der Innenseite mit seiner Lebendigkeit und Vielfalt in Bann zieht, zeichnet die hiesige Lebenswelt ebenso nach wie die, die man durch Flucht und Vertreibung aus Deutschlands Osten dort hat zurücklassen müssen. Aus den Erinnerungen des Künstlers Hans Ohlms „Im Winter 1971 besuchte mich Pastor Nitsche und gab mir meinen Begleitbrief zum Hoogsteder Fensterentwurf im Original, den er bei seiner Pensionierung bewusst nicht bei den kirchlichen Akten zurückließ. Nach vielen Jahren wieder gelesen, kam es mir vor, als hätte ich das Vaterunser, das ich als katholisch erzogenes Kind selbstverständlich kannte, in den Jahren des Jünglings, der Zeit des Dritten Reiches, den sieben Jahren Soldat-sein vergessen und nun mühsam aus Bruchstücken stammelnd zu rekonstruieren versucht. Ich danke Pastor Nitsche für seine Feinfühligkeit. Wenn ich den Text unkorrigiert trotz seiner Intimität der Öffentlichkeit preisgebe, dann aus dem Grund, weil er das Kirchenfenster ,von unten nach oben‘ erklärt und die ständig gestellte Frage beantwortet, ,was man sich denn dabei gedacht habe‘, auch vermag er meine damalige innere Situation zu kennzeichnen: Lieber Gott, gib uns unser täglich unser Brot und lass uns unsere alten Eltern speisen dürfen. Gib auch unseren Tieren, die uns dienen, ein reichliches Futter. Hilf uns Handwerkszeug erfinden, dass wir recht helfen können. Kleide uns, dass wir nicht frieren müssen. Erhalte den Neugeborenen die Mutter.

Schenke uns Wasser, uns zu reinigen und den Durst zu stillen. Lass die Bäume grünen und uns wie sie in Deiner Gnade wachsen. Halte unser Heim in Frieden und lass uns Heimat finden. (Erhalte uns die Gewohnheit, Deiner im Abendmahl innig zu gedenken.) Gib uns Licht und einen hellen wachen Geist. Gib uns Arbeit und lass uns in der tiefen Erde und in der hohen Luft Deine Gaben finden. Erhalte uns das Lachen der Kinder und deren reine Herzen. Mach uns leicht und lass uns lustig singen, wie es die Vögel tun. Erfreue uns weiter mit saftigen Früchten. Gönne uns die Kunst, damit wir Dich loben können. Lass uns reifen wie Korn in harter Sonne und bewahre uns den Glauben, von den Toten einst auferstehen zu dürfen, um zu Dir, unserem Vater, zurückzukehren, von dem wir kommen. Amen.“ Da schreibt Hans Ohlms: „… gönne uns die Kunst, damit wir Dich loben können, …“ Ich denke, diese Bitte wurde in und mit der Thomaskirche erhört. Unsere Pastoren Da die beiden Kirchengemeinden Emlichheim und Hoogstede zwar selbstständig, aber pfarramtlich verbunden sind, trägt der in Emlichheim wohnende jeweilige lutherische Pastor auch für die Anliegen und Belange der Hoogsteder Lutheraner Verantwortung. Günther Nitsche, Pastor von Mai 1946 bis April 1976. Nitsche wurde am 12. Februar 1911 in Neustadt (Oberschlesien) geboren. Studium der Theologie in Breslau und Leipzig. Nach Kriegsgefangenschaft in den USA, seine Familie war inzwischen aus Schlesien vertrieben, überträgt ihm die Hannoversche Landeskirche den pfarramtlichen Dienst über den damaligen Seelsorgebezirk Niedergrafschaft Nord.

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Ehepaar Nitsche verließ Emlichheim/Hoogstede nach beinahe 30 Jahren segensreichem Dienst am 3. Mai 1976 und zog nach Scheeßel in die Nähe seiner Kinder. Pastor Nitsche wurde im Juni 2000 von seinem Schöpfer in die Ewigkeit abberufen. Vakanzvertretung von Mai 1976 bis Oktober 1977: Pastor Arnecke, Twist Peter Lüdtke, Pastor vom 1. November 1977 bis 30. August 1980. Studium an der Theologischen Akademie Celle. Zum Pastor ordiniert am 6. November 1977 in der Friedenskirche Emlichheim. Lüdtke verließ aus familiären Gründen die Niedergrafschaft, lebte in den letzten Jahren in Hildesheim-Ochtersum. Dort wurde er am 29. Juli 2004 in die Gnade des Herrn gerufen. Vakanzvertretung von September 1980 bis Oktober 1981: Pastor Arnecke, Twist Pastor Kohnert, Dalum Pastor Craemer, Neuenhaus Reinhard Riemer, Pastor von November 1981 bis Juni 1987. Kam aus dem Dienst bei der Missionsgesellschaft, für die er mehrere Jahre in Kondoa/ Tansania tätig war, zum Seelsorgedienst nach Emlichheim und Hoogstede. 1987 wurden Pastor Riemer, zusammen mit seiner Frau, die ebenfalls Pastorin ist, erneut in den Missionsdienst nach Afrika berufen. Vakanzvertretung von Juli bis August 1987 Pastor Kohnert, Dalum Bernhard Pippiers, Pastor von September 1987 bis Juli 1993. Geboren 1956 in Großenwörden bei Himmelpforten im Landkreis Stade. Theologiestudium in Göttingen, September 1987 in Veldhausen ordiniert, bis 1990 erst als Hilfspastor, danach Pfarramtsinhaber in Emlichheim und Hoogstede.

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Vakanzvertretung von August 1993 bis Januar 1994 Pastor Kohnert, Dalum Dr. Frank Frühling, Pastor von Februar 1994 bis Februar 2000 Geboren in Ostfriesland. Frau Frühling hatte ab Anfang 1992 eine Lehrerstelle am Gymnasium Emlichheim inne. Frank Frühling war in dieser Zeit noch als Gemeinde- und Berufsschulpastor in Ostfriesland, später als Studentenpastor in Osnabrück tätig. Im Jahr 2000 nahm er in Holzminden im Weserbergland die Stelle als Superintendent an. Pastor Dr. Frank Frühling ist mittlerweile als Ministerialrat im Innenministerium des Landes Niedersachsen in Hannover tätig. Vakanzvertretung von März bis November 2000 Pastor Kohnert, Dalum Arnold Magdanz, Pastor seit Dezember 2000 Geboren 1954 in Altenau im Harz. Aufgewachsen in Hessen. Studium an der Theologischen Akademie in Hermannsburg und Celle. Erste Pfarrstelle in Cadenberge/Wingst. Zwölf Jahre als Militärpfarrer in den Bundeswehrstandorten Fassberg und Schwanewede, von dort aus eingesetzt unter anderem als Seelsorger während der Kurdenhilfe im Bakhtavan/Iran und in einem UN-Hospital in Kambodscha. Nach eigenen Aussagen hat sich Pastor Magdanz als Ziel gesetzt, viele Jahre in Emlichheim und somit auch in Hoogstede bleiben zu wollen: „Wenn es Emlichheim (und Hoogstede) nicht geben würde, müsste man es erfinden, denn eine solche vielschichtige und facettenreiche Gemeinde gerade in ökumenischer Sicht muss man erst einmal finden! Hier kann man als Pastor viel lernen und manches bewegen, denn diese Gemeinde ist beweglich!“ (Ich meine: Recht hat er!) Unsere Küster und Küsterinnen Ernst Steiner, Hoogstede Küster von 1961 bis 1977 Gerda Leuchtmann, Hoogstede Küsterin von 1977 bis 1990

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Jennegien Barth, Hoogstede Küsterin von 1990 bis 2000 Renate Hesselink, Ringe-Neugnadenfeld Küsterin seit 2000

Die ev.-lutherische Thomaskirche im Frühling 2008

Gemeindeleben jetzt und heute Derzeit gehören zur ev.-luth. Thomaskirchengemeinde rund 370 Gemeindeglieder, die neben den sonn- und feiertäglichen Gottesdiensten auch auf ein vielfältiges Angebot an Gruppen und Kreisen zurückgreifen können. So gibt es neben der Jugendgruppe, dem Frauenkreis I und dem Frauen- und Mütterkreis, den gemeinsamen Frauenkreis mit den anderen Kirchengemeinden. Des Weiteren organisieren in regelmäßigen Abständen Gemeindemitglieder, die aus den Niederlanden nach Hoogstede gezogen sind, Informationsveranstaltungen und Deutschkurse für niederländische Mitbürger. Die ökumenische Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Konfessionen verläuft erfreulicherweise weitestgehend problemlos, wofür wir sehr dankbar sind. Das beinhaltet nicht nur gemeinsame Gottesdienste und Andachten aller Hoogsteder Kirchen und den alle zwei Jahre stattfindenden und bislang jeweils wechselseitig in der Thomas- und in der altreformierten Kirche durchgeführten Konzertgottesdienst des Kinder- und Jugendchores unserer ev.-luth. Partnergemeinde aus Drebach im Erzgebirge. Ebenfalls zeugen die unter dem Motto „Nachbarn laden Nachbarn ein“ in regelmäßi-

Kirchenvorstand der lutherischen Thomaskirche in 2008 Derzeit gehören dem Kirchenvorstand sechs Mitglieder an. Von links: Kerstin Warmer, Dieter Czypulowski, Erna Engler, Karin Barth, Ute Suhr und Reinhard Golde. Rechts Pastor Arnold Magdanz

gen Abständen veranstalteten Nachbarschaftstreffen für Bewohner der um die altreformierte und lutherische Kirche entstandenen Neubaugebiete und „Alteingesessenen“, von der fruchtbaren und vertrauensvollen Zusammenarbeit über die Konfessionsgrenzen hinweg. Auch zum Kreiswettbewerb: „Unser Dorf hat Zukunft“ im Juni 2008 präsentierten sich alle vier Hoogsteder Kirchengemeinden gemeinsam in der reformierten Kirche mit einer kurzen Vorstellung, einigen sakralen Gegenständen sowie Bild- und Texttafeln den Juroren. Stand die Thomaskirche bis vor kurzer Zeit noch am westlichen Rand von Hoogstede, sozusagen fast einsam in den Feldern, so ist sie, bedingt durch neue, schnell wachsende Baugebiete mehr und mehr in die Dorfmitte gerückt. Aber wie sagt der Volksmund so treffend: „Nun lasst mal die Kirche im Dorf!“ Ich denke, und das gilt für alle vier Hoogsteder Kirchen: Genau da gehören sie auch hin. Quellen Unterlagen von Pastor Nitsche Gespräche mit Zeitzeugen Daten der ev.-luth. Kirchengemeinde Emlichheim und Hoogstede, Arno Piechorowski: Hans Ohlms Arbeiten für den sakralen Raum, Armin Vaas Verlag, Langenau-Albeck 1981 Broschüre 50 Jahre ev.-luth. Friedenskirche Emlichheim

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Kirchliches aus Zeitung und Anzeigenblatt 1885–1922 Kreisblatt für den Kreis Grafschaft Bentheim Zusammengestellt von Johann Jeurink

Hoogstede, 23. August 1902 Um was sich nicht alles ein Pastor bemühte Es erkrankte kürzlich die dreizehnjährige Tochter des Landwirthes K. in B. an einem schweren Halsleiden. Da die Gefahr des Erstickens immer größer wurde, wurde dieselbe, als ich abends zu ihr gerufen wurde, auf mein Drängen noch während der Nachtzeit in das Krankenhaus zu Nordhorn gebracht. Da Gefahr im Verzuge war, nahm der dortige Dr. med. Rönink noch in der Nacht die Operation vor. Dieselbe gelang vollständig, und befindet sich das Mädchen bei der geschickten Behandlung des genannten Arztes und der sorgfältigen Pflege der dortigen Schwestern in der Genesung, so daß baldige vollständige Heilung zu erhoffen steht. Da noch ein anderer Kranke aus meiner Gemeinde in demselben Krankenhaus war, nahm ich später die Gelegenheit wahr, dasselbe zu besuchen. Alles was ich dort sah und hörte, machte auf mich den günstigsten Eindruck. Ich fühle mich dadurch aus freiem Antriebe veranlaßt, von dieser Stelle aus für vorkommende ähnliche Krankheitsfälle das evangelische Krankenhaus zu Nordhorn zu empfehlen. Nyhuis, Pastor Hoogstede, 5. Juni 1905 Auch früher gab es spendable Bürger Die hiesige reformierte Kirchengemeinde wurde in letzterer Zeit durch ein ihr gewordenes, wertvolles Geschenk freudig überrascht. Die Frau Witw. Gastwirt Laarmann von hier schenkte der hiesigen Kirche eine schon längst begehrte Turmuhr mit zwei Zifferblättern. Die von der Firma Korfhage in Buer bei Osnabrück

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angefertigte und durch den Uhrmacher Borggreve in Veldhausen gelieferte Uhr ist sehr solide und akkurat gearbeitet. Sie geht bis jetzt tadellos, und hört man den Glockenschlag in weitem Umkreise. Um die Symmetrie am Kirchturme zu bewahren, hat der Kirchenrat zwei weitere Zifferblätter anbringen lassen und gereicht nunmehr das Uhrwerk auch äußerlich dem vor einigen Jahren neu erbauten Turme zur Zierde. Möge die Turmuhr der spendablen Geberin, die sich mit derselben ein bleibendes Gedächtnis in der Gemeinde geschaffen hat, noch manche freudige und glückliche Stunde schlagen. Die Ev.-reformierte Kirche um 1920, Ausschnitt aus einer colorierten Postkarte

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Arkel, 26. November 1917 Das Ende der Ära „Nyhuis“ Heute wurde hier unter großer Beteiligung unser langjähriger Prediger, Herr Konsistorialrat Nyhuis, auf dessen Ableben unsere Zeitung schon hingewiesen hat, zu Grabe getragen. Unter dem Trauergefolge bemerkten wir zahlreiche Geistliche beider Konfessionen und viele Lehrer, besonders auch viele Herren aus Neuenhaus und Nordhorn, sowie einen Vertreter der Königlichen Regierung aus Osnabrück. Die Gemeinde, an der der Entschlafene fast 51 Jahre hindurch gewirkt hatte, war äußerst zahlreich vertreten. Im Trauerhause hielt Pastor Hold eine kurze Andacht, in der dicht gefüllten Kirche Pastor Bode die Gedächtnisrede über Luc. 12, 35-37. Letzterer verwies u.a. darauf, daß schon der Vater des Entschlafenen ca. 40 Jahre an der neu gegründeten Kirchengemeinde Arkel gewirkt habe, Vater und Sohn also zusammen – nach 7 Jähriger Unterbrechung – 90 Jahre hindurch das Predigtamt an derselben Gemeinde verwaltet hätten. Außerdem sei der Entschlafene über 30 Jahre lang Kreisschulinspektor der Niedergrafschaft und etwa 10 Jahre hindurch Vorsitzender des reformierten Oberkirchenrats, Mitglied des evangel. Konsortiums und Vorsitzender der

reformierten Klassis gewesen und habe als solcher stets die Interessen der von ihm so heiß geliebten und ihm so innig vertrauten engeren Heimat vertreten … Wir aber scheiden von seinem Grabe mit dem Wunsche: Er ruhe in Frieden und das ewige Licht leuchte ihm. Hoogstede, 22. Juni 1919 Ein freudiges Ereignis Nach fast zweijähriger Vakanz erhält die ref. Kirchengemeinde Arkel endlich wieder einen neuen Seelsorger. Der anstelle des im November 1917 hier verstorbenen langjährigen Pastor Konsistorialrat Nyhuis gewählte Prediger Otto Voget aus Bedekaspel (Ostfr.) wird voraussichtlich am Donnerstag hier eintreffen und am kommenden Sonntag in sein Amt eingeführt. Für die so lange verwaiste Gemeinde Arkel bedeutete die Ankunft des neuen Pastors ein Freudentag, und die Gemeindeglieder werden es sich nicht nehmen lassen, ihn freudig und festlich zu begehen. Um den neuen Seelsorger hier rasch heimisch werden zu lassen und ihm den Aufenthalt so angenehm wie Pastor Otto Voget und Familie, mit sechs Kindern am 8. Oktober 1939: Hans Joachim, Cornelia, Pastor Otto Voget, Ajold, Ulrike, Friedchen, davor Erdmuthe und Frau Paula Voget geb. Ziethe

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8 DIE VIER HOOGSTEDER KIRCHEN

möglich zu gestalten, hat man das Pfarrhaus einem gründlichen Umbau unterzogen. Herr Pastor Voget ist der Grafschaft kein Fremder. Zu Anfang des Krieges war er in Nordhorn als Kandidat tätig. Zwei seiner Brüder sind ebenfalls Grafschafter Prediger, und zwar in Georgsdorf und Laar. Arkel, 10. Dezember 1919 Grund genug zu feiern Am letzten Sonntag feierte die ev.-reformierte Kirchengemeinde Arkel das Fest ihres 100jährigen Bestehens. Die Concession, einen eigenen Prediger an der Capelle zu Arkel anzustellen ist datiert vom 30. August 1819; der erste Pastor der Gemeinde, Johannes Bernhardus Theodor Nyhuis wurde im Anfang Dezember 1819 eingeführt. So wurde der Jubiläumstag auf diesen Sonntag festgesetzt. ... Als erster Redner eröffnete der Ortsprediger die Feier mit der Festpredigt über 1. Petri 2, 4–10. … Unter anderem wurde auch der verstorbenen Vorgänger Konsistorialrat Nyhuis, seines Vaters und des Pastors L. H. E. Lucassen gedacht. … Danach kamen dann noch Konsistorialrat Stokmann aus Bentheim, der Bentheimer Oberkirchenrat Dr. Hollweg aus Gildehaus und P. Stockmann aus Veldhausen zu Wort. Zum Schluß bestieg P. Weusmann aus Emlichheim die Kanzel, um zugleich im Namen der beiden mit erschienenen Kirchenältesten Alferink und Kwade die Grüße der Muttergemeinde Emlichheim der feiernden Tochtergemeinde zu entbieten. Anschließend an Ps. 122. 6.7 zeigte der Redner unter dem Bilde der Entlassung einer Tochter zur Ehe, wie es der Tochtergemeinde in ihrer Ehe mit dem himmlischen Bräutigam ergangen sei. Sie habe nicht Wohnungsnot gelitten, und die Aussteuer – die Kleider des Heils – seien reichlich vorhanden allezeit, und am täglichen Brot habe es ihr nicht gefehlt, in der Gemeinschaft mit dem der das Brot des Leibes ist. Gewiß ist es der Muttergemeinde noch heute wehmütig, daß die Lostrennung hat stattfinden müssen, doch sind die Bande, die Emlichheim und Arkel noch heute verbinden,

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so stark, daß nur Freude sein kann über das Wohlergehen und Wachsen der Tochtergemeinde. …Von besonderer Bedeutung war der Gottesdienst auch dadurch, dass in ihm zum letzten Mal holländisch gesungen wurde. Um der Jugend willen hauptsächlich ist der deutsche Kirchengesang beschlossen und soll vom nächsten Sonntag ab eingeführt werden. Doch – ob holländisch oder deutsch – das rechte Lob steht nicht in Worten, sondern kommt vom Herzen zu dem, der Seine Gemeinde segnete dieses ganze Jahrhundert hindurch. Hoogstede, 2. Januar 1923 In unserer ref. Kirche werden alljährlich etwa 60 Kirchensitze verpachtet. Noch in keinem Jahr ist auch nur annähernd ein derartiger Mietbetrag erzielt wie für 1923. Die Mieten bringen rund 170.000 Mk. auf. Hoogstede, 12. Dezember 1924 Mit großer Freude konnte die reformierte Gemeinde Arkel am 2. Advent zum ersten Male wieder durch ihre zwei neue Glocken zum Gottesdienst geladen werden. Zur Erinnerung an die Ursache des Glockenwechsels steht auf den Glocken der Reim: „Als Denkmal der Brüder, erneut nach dem Kriege – so rufet uns wieder zum Kampf und zum Siege!“ Daß dabei nicht an eine neue Kriegszeit gedacht ist, sondern an „den Kampf, der uns verordnet ist“, besagen die Sprüche, die die Glocken zieren: Schaffet, dass ihr selig werdet, mit Furcht und Zittern“, Phil. 2:12 und „Lobe, Zion, deinen Gott“ Ps. 147:12. Mögen diese Glockentöne der Gemeinde recht tief ins Herz hinein klingen, zu ihrem Heil und zur Ehre Gottes!