Die Sinne des Menschen Klassische Einteilung: 5 Sinne der Wahrnehmung - visuell - auditorisch - olfaktorisch - gustatorisch - taktil Moderne Physiologie: 4 weitere Sinne - Thermorezeption - Nozirezeption - Gleichgewichtssinn - Tiefensensibilität (Wahrnehmung bestimmter Reize aus dem Körperinneren: wichtig für Propriozeption, Wahrnehmung der Stellung und Bewegung des Körpers im Raum)
Tierische Sinneswelten jenseits der menschlichen Wahrnehmung
Sensorische Signale: über die menschlichen Wahrnemung hinaus • Größere(s) Sensibilität/Spektrum im Vergleich zu den im Menschen vorhandenen Sinne (z.B. visuelle, auditorische, olfaktorische, gustatorische, und taktile Wahrnehmung) Sensorische Signale: außerhalb der menschlichen Wahrnehmnung • Infrarot Strahlen (Schlangen) • Echo-Ortung (Wale, Fledermäuse, Spitzmäuse) • Wahrnehmung von Magnetfeldern (Vögel, Insekten) • Wahrnehmung von elektrischen Feldern (Fische) • etc.
I. Das olfaktorische System
Duftstoff
olfaktorisches Epithel (olfaktorische Rezeptoren)
Riechkolben
Pyriform-Cortex, Hypothalamus u.a.
Viele Säuger und andere Vertebraten besitzen ein Vomeronasalorgan zur Erkennung von Pheromonen
Riechen mit der Zunge
Die meisten Duftstoffe sind flüchtige Kohlenstoffverbindungen Mandeln
Stinktier
Rose
Ingwer
Minze
Kümmel
Kleine Veränderungen in der molekularen Struktur können zu großen Veränderungen im Geruch führen. Woran erinnert das? Bei welchem Rezeptor Molekül spielt eine kleine Veränderung der Form des Liganden eine wichtige Rolle?
Die Transduktion der olfaktorischen Information erfolgt über Rezeptorneurone im olfaktorischen Epithel zum olfaktorischen Kolben
Rezeptoraxone Stammzelle olfaktorisches Epithel olfaktorische Zilien
Duftstoffe binden direkt oder via Odorant- bindender Proteine an olfaktorische Rezeptormoleküle in den Membranen der Zilien • Die Duftstoff (Odorant)-Rezeptoren in den Zilien sind GProtein gekoppelte 7TM-Rezeptoren
highly conserved
highly variable
Molekulare Mechanismen der Transduktion olfaktorischer Signale
Aktionspotential und Signalweiterleitung an den Riechkolben
Spezifische Odorant-Rezeptorgene werden in einem kleinen Anteil der olfaktorischen Rezeptorneurone exprimiert Olfaktorisches Epithel der Maus
Olfactory Marker Protein
OR M81
Es gibt zwischen 350-1000 Olfaktorische Rezeptor (OR) Gene in Säugern!
•Exprimiert im olfaktorischen Epithel
•1 x 106 sensorische Neuronen in der menschlichen Nase •In jedem Neuron wird nur 1 OR Gene exprimiert •Die Entscheidung welches OR Gen exprimiert wird ist zufällig •Sobald ein Rezeptor Gen angeschaltet ist, unterdrückt das gebildete Protein die Expression der anderen Rezeptorgene in dieser Zelle (negative feedback)
Menschen haben viele ihrer funktionellen OR Gene verloren!
(Funktionelle OR Gene in [%])
•OR Gene sind nicht essentiell für das Überleben von Menschen und nahverwandten Primaten •Säuger, die auf einen guten Geruchsinn angewiesen sind, behalten dagegen ihr OR Gen Repertoire
Der ‘olfaktorische Code’ Welcher OR wird von welchem Odorant aktiviert? Aktivierung von OR’s durch Odorant binding führt zu Ca2+ influx Ca:
340nm: max Anregung bei hohen [Ca2+] 380nm: max Anregung bei niedrigen [Ca2+] 510 nm: max Emission
2 Möglichkeiten die Aktivierung der Rezeptorzellen zu messen: 1.
Anregung mit 340nm (Emission 510 nm) Fluoreszenz steigt bei steigender [Ca2+]
2.
Anregung mit 380nm (Emission 510 nm) Fluoreszenz nimmt ab mit steigender [Ca2+]
Rote Farbe spiegelt [Ca2+] Influx in die Zelle wider
Der ‘olfaktorische Code’ Welcher OR wird von welchem Odorant aktiviert? • Einzelne olfaktorische Neurone aus der Nase der Maus wurden mit Fura-2 ‚geladen‘ und hintereinander (35 s Intervalle) mit verschiedenen Düften (4 s) exponiert • Anstieg der [Ca2+]i ist linear zur Abnahme der Fluoreszenz bei 510 nm (380 nm Anregung)
Ein einzelnes Neuron antwortet auf:
4 Carbonsäuren (z.B. Essigsäure) 3 Alkohole (z.B. Ethanol)
2 Bromcarbonsäuren
98 von 647 getesteten Neuronen zeigten eine Antwort auf zumindest 1 Odorant
Malnic et al. 1999, Cell 96:713-723
Der olfaktorische Code Wie konnte man zeigen, dass nur ein OR Gen pro Neuron exprimiert wird 1. Einzelzell RT-PCRs von mRNA isoliert aus individuellen olfaktorischen Neuronen 2. PCRs mit Primern für ‘common regions’, z.B., Transmembran Domänen 3. Verdau mit identischen Restriktionsenzymen
Jedes Neuron exprimiert nur ein OR Gen!
Malnic et al. 1999, Cell 96:713-723
Der olfaktorische Code
•Fast jeder Duftstoff aktiviert mehrere OR’s •Fast jeder OR wird von mehreren Duftstoffen aktiviert •Jeder Duftstoff aktiviert eine einzigartige Kombination an ORs
Dunklere Farben deuten hohe Spezifität an, d.h., der Rezeptor wird schon bei niedrigeren Odorant Konzentrationen aktiviert.
Der olfaktorische Code Färbung von Axonen olfaktorischer Neurone, die das gleiche OR Gen exprimieren
Olfaktorischer Kolben
Axone aller olfaktorischer Neurone, die diesen und andere OR’s exprimieren projizieren in den olfaktorischen Kolben
Geruchsinn von Insekten
Die ‘Nasen’ der Insekten
Geruchsinn von Insekten 3) Die Projektionsneurone leiten die Signale über den inneren und medialen antennocerebralen Trakt (iACT and mACT) zum Pilzkörper und zum Lateralen Horn (Lernen und angeborene Verhaltensmuster)
2) Diese Neurone projizieren Axone entlang des antennalen Nervs zu lokalen und Projektionsneuronen in den Glomeruli des antennalen Lobus. In den Glomeruli erfolgt die Verschaltung gemäß der jeweiligen Chemosensitivität (d.h., je nachdem welche Duftstoffe ein Rezeptor bindet)
1) Die Duftstoffe werden von olfaktorischen Rezeptor Neuronen wahrgenommen, die in der Antenne und dem Maxillarpalpus lokalisiert sind
Geruchsinn von Drosophila im Vergleich zur Maus
(Soziale Wespen > 1000!)
Die ORs der Insekten sind Odorant-abhängige Ionenkanäle
(Orco) Kationen
• • • •
Inverse Topologie im Vgl. zu den Säuger ORs OR83b als obligatorische Untereinheit Spezifische ORs (und GRs) für Pheromone in Insekten In Säugern gibt es vomeronasale Rezeptoren (2 Familien), für die Pheromon Wahrnehmung
Ionotropische Rezeptoren (IRs) detektieren Säuren und Amine und sind verwandt mit den ionotropischen Glutamat Rezeptoren (iGluR) Kationen Domänen Struktur von iGluR’s und IR’s
•Divergente Liganden-bindende Domänen ohne Glu bindenden Reste •Werden in senosrischen Neuronen exprimiert, die keine ORs (25%) oder GRs exprimieren •Ca. 14 antennale, olfaktorische IRs und 45 IRs für Geschmack •Aktivierung durch Liganden (diverse Säuren und Amine) führt zu Kationen-influx •Einer von zwei IR Co-Rezeptoren (IR8a und IR25a), bildet mit dem Odorantspezifischen IR einen funktionellen Heterodimer (ähnlich wie bei Insekten OR‘s).
•IRs findet man in allen Protostomiern (Arthropoden, Nematoden, Mollusken), also R. Benton Urform der Chemosensorik
II. Geschmackssinn
Der ‘Schwester Sinn’ der Olfaktorik, da der Geruchs- den Geschmackssinn verstärkt (z.B., die Einschränkung Dinge zu schmecken, wenn man Schnupfen hat)
Im Vergleich zum Geruchssinn ist der Geschmackssinn sehr eingeschränkt
•Substanzen sind chemisch sehr variabel •Werden durch sensorische Neuronen auf der Zunge wahrgenommen •Wichtig um zwischen ‘nahrhaften, geeigneten Futter’ (süß, salzig, umami = herzhaft, Japanisch für köstlich) und potentiell giftigen Substanzen (bitter, sauer), unterscheiden zu können
Papillen und Geschmacksknospen auf unserer Zunge
Die Geschmacksknospen unserer Zunge Geschmackspore
Presynaptische Zelle Synapse
Zum Gehirn
Die Geschmacksknospen auf unserer Zunge exprimieren eine spezifische G-Protein Untereinheit Antikörperfärbung Geschmacksknospen
Antikörperfärbung G-Protein Gustucin
Existenz von 7TM Geschmacksrezeptoren und Olfaktorik-ähnlicher Signalkaskade wahrscheinlich
Bitter Rezeptoren sind 7TM, G-Protein-gekoppelte Proteine
highly conserved
highly variable
Ungefähr 36 verschiedene Proteine im Menschen
Jede Geschmack Rezeptorzelle exprimiert verschiedene Bitter Rezeptoren
Geschmackssinn ist weniger akkurat als Geruchssinn. Viele Substanzen schmecken ähnlich, aber bereits geringe Geruchsunterschiede können wahrgenommen werden.
Die ‘Süß und Umami’ Rezeptoren (auch 7TM) bilden Heterodimere Süß Nur minimale Antwort auf Zucker, obwohl selber Rezeptor!
Umami
T1R2/T1R3 Heterodimer wird durch Zucker und Süßstoffe (Aspartam and Saccharin) aktiviert Der T1R1/T1R3 Heterodimer bildet den ‘Umami-Rezeptor’ (Glutamat & Aspartat, MSG=Monosodium Glutamat)
Signal Transduktion der Bitter, Süß, und Umami Rezeptoren α Gustducin
Zum Gehirn
Bekannte Kandidaten (hoffentlich…..): PLC and Trp Kanäle!
Damann et al 2008, Curr Biol 18, R880-R889
Sauer und Salzig aktivieren Ionenkanäle direkt
•Amilorid sensitive Na+ Kanäle: Geschmacks Neurone werden direkt durch den Einstrom von Ionen durch den Kanal aktiviert. •Kanäle werden durch Amilorid blockiert, wodurch der Geschmack von Salz unterdrückt wird. •H+ Ionen (saurer Geschmack) passieren H+-sensitive Kationen Kanäle. •In beiden Fällen Depolarisierung der Rezeptor Zelle und Öffnung spannungsabhängiger Na + und Ca2+ Kanäle-> Serotonin Freisetzung und AP in nachgeschalteter Ganglienzelle
Geschmackssinn bei Insekten
Geschmackstoffe werden von Geschmacks Rezeptor Neuronen im Labellum (Spitze des Proboscis) wahrgenommen.
…aber auch von Rezeptor Neuronen im Pharynx, den Beinen, Flügeln und Ovipositor (‘Legestachel’) Geschmackssensillen auf dem Labellum
Einzelnes Sensillum mit 4 Dendriten
•Finden von reichhaltiger Nahrung •Vermeiden von toxischen Substanzen •Partnersuche •Geeignete Eiablage Stellen
Geschmack Rezeptoren (GR) sind entfernte Verwandte der OR
•68 GR kodierende Gene •Unklar, ob sie als Liganden-abhängige Ionenkanäle, oder als GPCRs (oder Beides) fungieren •Mehrere GRs werden in einem GR Neuron exprimiert (wie in Säugern) •Wahrscheinlich bilden verschiedene GR Untereinheiten (> 2) Multidimere, um einen funktionellen Rezeptor zu generieren
Die verschiedenen Geschmäcker einer Fliege GR’s Na+ channels
Only GR-Neuron known
Pheromone werden von spezifischen GR detektiert
GR68a mutante: ♂ werben nicht um ♀
GR32a mutante: ♂ werben um andere ♂ und bereits befruchtete ♀ (Herabgesetzte Wahrnehmung eines während der Paarung vom ♂ zum ♀ übertragenen Pheromons)
IRs sind auch an Pheromon Detektion beteiligt: IR84a verstärkt ♂ Werbegesang und detektiert Fruchtgerüche
R. Benton
III. Der Hörsinn
•Sehr schneller Prozess: Das menschliche Ohr kann Schallwellen mit einer Frequenz von 200 – 20,000 Hz (Zyklen pro Sekunde) hören •Die Geräuschortung beruht auf der zeitlichen Differenz mit der die Signale das linke und rechte Ohr erreichen. •Die hohe Geschwindigkeit legt einen direkten Transduktions Mechanismus nahe
Außen- und Mittelohr leiten Tonsignale zum Innenohr
Die Gehörschnecke (Cochlea) enthält die geräuschempfindlichen Haarzellen
Ein Querschnitt durch die Gehörschnecke (Cochlea)
Haarzellen werden durch mechanische Kräfte angeregt
Tatsächliche Geräusch Sensoren. Senden afferente Projektionen zum Gehirn
Generieren konstante Vibration durch efferenten Input
Hören ist kein passiver mechanischer Prozess!
Haarzellen werden durch mechanische Kräfte angeregt
Die unterschiedlichen Längen der Stereocilien sind der Trick!
Stereocilien sind über ein ‘tip link’ verbunden Verschiebung in Richtung der längeren Cilie verursacht Depolarisierung, Verschiebung in die entgegengesetzte Richtung verursacht Hyperpolarisierung
(Besteht aus 2 verschiedene Cadherinen)
0.3 nm Verschiebung ändert das Membranpotential. Das entspricht einer 2.5 cm Schwankung der Spitze des Empire State Building!
Ionen Kanäle, die über mechanische Kräfte geöffnet werden, sind essentiell für die Geräuschwahrnehmung
Der Hörsinn bei Insekten
Das ‘Ohr’ befindet sich im 2ten Segment der Antenne
Durch Luft- und Schallwellen induzierte Vibration der Arista rotiert das 3te Segment der Antenne Rotierender Stab
Stretch Rezeptoren (Johnston’s organ)
‘Stretch Rezeptoren’ im 2ten Segment werden aktiviert
Johnston’s Organ ist ein Chordotonal Organ, das aus 200 Scolopodien besteht
Scolopodien sind mit dem flexiblen Ring verbunden
Während der Rotation kommt es zu abwechselndem ‘Stretching’ und ‘Relaxing’
Ganz wie beim Menschen: Hören ist kein rein passiver mechanischer Prozesss Spontane Vibrationen einer wild typ Arista beruhen auf dem Mechanorezeptor nompC (TRPN)
TRP Kanäle
nompC iav/nan
IV. Berührungs- und Schmerzsinn
Eingang der Signale von peripheren Sensoren
Für das Schmerzempfinden sind in der Hauptsache TRP Kanäle verantwortlich
Keine Transduktionskaskade oder Signalverstärkung involviert!!
Der Capsaicin Rezeptor ist ein TRP Kanal
Ankyrin repeats 4 dieser Untereinheiten bilden einen funktionellen Kanal
Gleicher Mechanismus für die Wahrnehmung extremer Hitze und Säure
Antwort des Capsaicin Rezeptors auf Absenkung des pH und steigende Temperaturen
TRP Kanäle in den freien sensorischen Nerv Endigungen unserer Haut Direkte Aktivierung führt zu Depolarisierung
In Insekten wird die extreme Kälte- und Hitze Perzeption auch durch direkte Aktivierung von TRP Kanälen vermittelt
TRPs sind wichtig für unsere Sinne
TRPs werden entweder direkt (z.B. Hitze, Chili), oder über Signaltransduktion (z.B. Licht, Geschmack), aktiviert