Die Schweiz aus Sicht des Auslandes 2013 vom 19. Dezember 2013

©Urs Siegenthaler

1

Steueraffären, Zugunglücke und Täschligate. Es scheint kein gutes Jahr für das Image der Schweiz im Ausland gewesen zu sein. Diesen Eindruck hat man auf jeden Fall in der Schweiz. Aber hat unser Image im Ausland 2013 wirklich gelitten? Der Nation Brands Index, die Studie Swissness Worldwide 2013, Imagestudien in Russland und Brasilien sowie Medienanalysen zeichnen ein anderes Bild. Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und die kompetente Regierungsführung der Schweiz überzeugen im Ausland. Die Wahrnehmung der Schweiz gemäss Nation Brands Index Die Schweiz hat in der breiten Bevölkerung im Ausland ein gutes und stabiles Image. Sie belegt im Nation Brands Index (NBI)1 2013 den 8. von insgesamt 50 Rängen und ist damit der am besten klassierte Kleinstaat. Auch in den vergangenen Jahren rangierte die Schweiz immer unter den ersten Zehn. Allerdings variiert das Image der Schweiz in den sechs abgefragten Bewertungsdimensionen 2 des NBI beträchtlich. Insgesamt gilt, dass die Schweiz vor allem in Bereichen wie Politik oder wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit sowie den Arbeits- und Investitionsbedingungen vom Ausland positiv wahrgenommen wird. Ihr Ansehen bei emotionalen Faktoren, beispielsweise den kulturellen oder sportlichen Leistungen, ist geringer.

Abb. 1: Die sechs Bewertungsdimensionen des NBI. Je grösser ein Begriff dargestellt ist, desto besser ist das Image der Schweiz in diesem Bereich.

In der detaillierten Betrachtung zeigt der NBI, dass die Schweiz die besten Bewertungen im Bereich Regierungsführung erhält. Sowohl Glaubwürdigkeit wie auch Kompetenz der Staatsführung werden als hervorragend eingeschätzt. Die Schweiz wird auch als attraktives Investitions- und Immigrationsland eingestuft: Nirgends schätzen die Befragten die Lebensqualität so hoch ein wie in der Schweiz und auch die Arbeits- und Investitionsbedingungen werden als ausgezeichnet beurteilt. Das Image der Schweizer Wirtschaft und ihrer Produkte ist gemäss NBI ebenfalls sehr gut. 1 Der Anholt-GfK Roper Nation Brands Index erhebt das Image von 50 Ländern. Berücksichtigt werden die 6 Dimensionen Export/Innovation, Regierungsführung, Kultur/Sport, Menschen, Tourismus und Investitionen/Wohnen/Arbeiten. Der NBI wird in 20 Ländern erhoben und erreicht eine Gesamtstichprobe von rund 20‘500 Interviews. Befragt werden Erwachsene über 18 Jahre mit Online-Zugang. 2 Die Bewertungsdimension Export/Innovation umfasst das Ansehen von Produkten, der wissenschaftlichen und technologischen Leistungsfähigkeit sowie der „kreativen Energie“ eines Landes. Auf der Dimension Regierungsführung wird die wahrgenommene Kompetenz einer Landesregierung und ihr Engagement u.a. in Umweltschutzfragen und Armutsreduktion beurteilt. In der Dimension Kultur/Sport stehen das kulturelle Erbe eines Landes im Vordergrund sowie zeitgenössische kulturelle und sportliche Leistungen. Die Dimension Menschen bewertet u.a. die Offenheit und Freundlichkeit der Bevölkerung. Die Dimension Tourismus wiederspiegelt die Bewertungen für die landschaftliche Schönheit eines Landes und dessen historischen und städtischen Attraktionen. Die Dimension Investitionen/Wohnen/ Arbeiten erhebt die Wahrnehmung der Lebensqualität und wie gut die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und die Investitionsbedingungen sind. 2

Etwas ambivalenter aber grundsätzlich immer noch gut sind die Bewertungen, wenn das touristische Image der Schweiz oder die Schweizer Bevölkerung thematisiert werden: So erreicht die Schweiz zwar einen sehr guten Rang, was die Schönheit der Landschaft anbelangt und sie wird auch weit oben auf der Liste von Wunschdestinationen genannt. Die Attraktivität von historischen Gebäuden und Monumenten sowie die Attraktivität der Schweiz als Städtereiseziel werden jedoch als mittelmässig eingeschätzt. Die Schweizerinnen und Schweizer selbst werden zwar als sehr zuverlässig wahrgenommen, etwas weniger jedoch als freundlich und offen. Auch in den Bereichen Forschung und Innovation belegt die Schweiz keinen Spitzenplatz. Denn obwohl Schweizer Produkte international bekannt und geschätzt sind, wird die Schweiz nicht speziell als Innovations- oder Technologiezentrum wahrgenommen. Imagedefizite bestehen am ehesten im kulturellen und sportlichen Bereich. Die Schweiz wird weder als ein interessanter Ort für zeitgenössische Kultur beurteilt noch geniesst das Schweizer Kulturerbe ein besonderes Ansehen. Schweizer Spitzenleistungen im Sportbereich bleiben – trotz Persönlichkeiten wie Roger Federer oder Xherdan Shaqiri – weitgehend unbekannt. Das Image der Schweiz variiert zwischen den einzelnen Bewertungsländern. Dabei zeigt sich, dass Länder, die sich nicht in Schweizer Nachbarschaft befinden, die Schweiz tendenziell besser bewerten. Argentinien, Kanada, China, Südkorea und die Türkei klassieren die Schweiz auf dem 6. Rang oder besser. Europäerinnen und Europäer sind dagegen in der Regel deutlich kritischer. So wird die Schweiz von der französischen, italienischen, schwedischen und britischen Bevölkerung nicht unter die zehn Länder mit dem besten Image gewählt. Prominente Ausnahme sind die Deutschen, von denen die Schweiz nach wie vor die klar beste Bewertung (Rang 2) erhält. Die grundsätzlich bessere Beurteilung in fernen Bewertungsländern kommt unter anderem auch daher, dass das Bild der Schweiz dort undifferenzierter und stereotyper ist. Die Schönheit der Schweizer Alpen spielt in dieser Wahrnehmung beispielsweise eine wichtigere Rolle als dubiose Steueraffären. Die Wahrnehmung der Schweiz gemäss der Studie Swissness Worldwide 2013 Die Wichtigkeit von Schweizer Produkten für die Bildung des Images der Schweiz im Ausland unterstreicht die Studie Swissness Worldwide 2013 der Universität St. Gallen3. Sie zeigt auf, dass man nach spontanen Assoziationen zur Schweiz gefragt, in erster Linie bekannte Waren und Produkte nennt. Dazu gehören vor allem Schokolade, Uhren und Käse. Aber auch die Schweizer Landschaft spielt bei der Imagebildung eine wichtige Rolle. Hier sind es vor allem Alpen und Berge, die im Ausland mit der Schweiz assoziiert werden. Während Assoziationen in den beiden Themenbereichen Produkte und Landschaft für gewöhnlich positiv ausfallen, sind sie im dritten wichtigen Themenbereich Banken und Finanzplatz, eher negativ.

Abb. 2: Spontane Assoziationen zur Schweiz im Ausland. Je grösser ein Begriff dargestellt ist, desto häufiger wird er mit der Schweiz assoziiert. Quelle: Swissness Worldwide 2013 3 Institut für Marketing der Universität St. Gallen (2013): Swissness Worldwide 2013. Image und internationaler Mehrwert der Marke Schweiz. 3

Imagestudien Russland und Brasilien Zur Vorbereitung des Schweizer Auftritts an den olympischen Winterspielen 2014 in Russland sowie der Fussballweltmeisterschaft 2014 und den olympischen Sommerspielen 2016 in Brasilien hat Präsenz Schweiz in beiden Ländern vertiefte Imagestudien durchgeführt. Dabei zeigt sich, dass die Russische Bevölkerung im Allgemeinen deutlich besser über die Schweiz informiert ist, als die Menschen in Brasilien. In beiden Ländern verfügt die Schweiz aber über einen guten Ruf. Aufgrund der geringen Bekanntheit der Schweiz in Brasilien ist das dortige Image der Schweiz aber noch stärker von Klischees geprägt als in Russland. In Russland punktet die Schweiz besonders in den Bereichen Natur, Lebensqualität und bei der Qualität von Produkten. Ebenfalls bekannt und hoch geschätzt sind die demokratischen Werte, die Neutralität und die guten Dienste der Schweiz. Die Schweiz wird in Russland als sicheres, reiches und stabiles Land wahrgenommen. In Brasilien schätzt man an der Schweiz neben der hohen Lebensqualität vor allem die kompetente Regierungsführung sowie die guten Arbeits- und Investitionsbedingungen. Schweizer Produkte sind weniger bekannt, ebenso wenig die Tourismusdestination Schweiz. Das gute Gesamtimage in den beiden Ländern wird aber durch die häufige Assoziation der Schweiz mit ihrem Finanzplatz auch negativ getrübt. Schweizer Leistungen in den Bereichen Bildung, Forschung und Innovation sowie in Kultur und Sport werden zudem wenig wahrgenommen. Dies ist ©Ringier insbesondere in Brasilien relevant, da für die Brasilianerinnen und Brasilianer das Ansehen eines Landes stark von der Qualität des Bildungssystems abhängt. Verstärkte Kenntnisse über die Leistungen der Schweiz in diesem Gebiet könnten also das Gesamtimage der Schweiz im aufstrebenden Brasilien positiv beeinflussen. Die Schweiz im Spiegel ausländischer Medien Für die Wahrnehmung der Schweiz im Ausland spielt die ausländische Medienberichterstattung eine wichtige Rolle. Auffallend ist, dass das grundsätzlich positive Image bei der Bevölkerung im Ausland mit einem eher ambivalenten bis negativen Bild der Schweiz in den ausländischen Medien kontrastiert4.

4 Diese Erkenntnisse beruhen auf dem permanenten Monitoring der ausländischen Medien durch Präsenz Schweiz. Das Monitoring umfasst die gesamte Berichterstattung über die Schweiz (ausgenommen Börsenmeldungen und Sportresultate) in den wichtigsten Leitmedien (N=102) aus 14 Ländern (China, Deutschland, Frankreich, Grossbritannien, Indien, Israel, Italien, Japan, Österreich, Russland, Spanien, Südkorea, USA, arabische Länder) und der EU. Analysiert werden die Online-Ausgaben, ergänzt durch die Presseschauen der CH-Vertretungen im Ausland. 4

Die Ursache liegt in der hauptsächlich von Finanz- und Steuerfragen dominierten Berichterstattung, die grösstenteils kritisch ausfällt. Prominente Beispiele sind im Jahr 2013 diverse Steueraffären um öffentlich exponierte Persönlichkeiten im Ausland, die im Verdacht stehen, Steuern über Schweizer Konten hinterzogen zu haben: Jérôme Cahuzac in Frankreich, Uli Hoeness in Deutschland, Luis Bárcenas in Spanien, Lazaro Baez in Argentinien. Auch wenn es bei diesen stark mediatisierten Fällen oft um innenpolitische Auseinandersetzungen geht, so steht das negative besetzte „Steuerparadies Schweiz“ doch immer mit im medialen Scheinwerferlicht. In der Berichterstattung über Finanzthemen gab es 2013 aber auch positive Entwicklungen: Sowohl die Unterzeichnung der Vereinbarung zur Beilegung des Steuerstreits zwischen der Schweiz und den USA sowie die Schweizer Unterzeichnung der OECD-Konvention zur gegenseitigen Amtshilfe in Steuersachen wurde von verschiedenen Medien wohlwollend kommentiert. Ereignisse zu Steuer- und Finanzfragen werden am häufigsten von europäischen und nordamerikanischen Medien aufgenommen.

Tax Centre

Govt.

Fiscal Issues Ind. and Commerce

UBS Anzahl Artikel / Nombre d’articles

Tax Evasion

Econ./Fin. Pol. Franc/Curr. Policy Bank. Secrecy CS Private Banks Fin. Regulation Tax Cooperation

Fin. Centre Int. Enterprises

Landscape/Nature Trad. Products Int. Sports Org. Economy Direct Democracy Universities

Swiss Parties Pharma Comp. Parliament Foreign Policy Research Centre Culture Xenophobia Migration PolicyEnvir. Pol. Architecture/Design Human Rights Art Trade Health Pol. Federalism Educational Pol. Innovations SNB

-

Tonalität der Artikel / Tonalité des articles

+

Abb. 3: Volumen und Tonalität der Berichterstattung über ausgewählte Themen mit Bezug zur Schweiz in den untersuchten Leitmedien (01/2013 – 11/2013)

Ambivalent und seltener als über Finanz- und Steuerthemen berichten die ausländischen Medien über Schweizer Politik. Im Sommer stand die schweizerische Migrations- und Asylpolitik verschiedentlich im Scheinwerferlicht und wurde generell kritisch verfolgt. Vor allem die vermeintlichen „Sperrzonen“ für Asylbewerber in Bremgarten und der als solcher kolportierte rassistische Vorfall um die USamerikanische Talkmasterin Oprah Winfrey („Täschligate“) sorgten für einige mediale Wirbel. Die Berichte über Schweizer Abstimmungen – allen voran über die „Abzocker-Initiative“ – fielen dagegen eher anerkennend aus. Grundsätzlich positiv wahrgenommen wird auch immer wieder das direktdemokratische System der Schweiz. Auch hier zeigen sich regionale Unterschiede in der Berichterstattung: Es sind vor allem europäische Medien – und unter ihnen besonders die deutschsprachigen – die sich für das Konzept der direkten Demokratie interessieren. Asiatische 5

oder amerikanische Medien berichten weniger darüber. Als Ort von wichtigen internationalen Verhandlungen (Syrienkonflikt, iranisches Atomprogramm) steht auch die Stadt Genf regelmässig im Fokus des Medieninteresses. Quantitativ stärker ins Gewicht fällt die Berichterstattung über das Tourismusland Schweiz. Vor allem süd- und ostasiatische Medien berichten vergleichsweise häufig über touristische Attraktionen in der Schweiz. Schweizer Luxusprodukte und die Schönheit der Alpen finden dabei grosse Anerkennung. Auch über die Schweizer Wirtschaft berichten ausländischen Medien häufig und tendenziell freundlich. Vor allem der Werk- und Handelsplatz Schweiz ist aufgrund seiner relativen Krisenresistenz und den vergleichsweise guten Ergebnissen Ursprung verschiedener positiver Berichte. Sporadisch tauchen kritische Berichte zu in der Schweiz domizilierten internationalen Unternehmen auf. Dies oftmals im Zusammenhang mit Regulierungs- und Steuerfragen. Die ausländischen Medien interessieren sich dabei vor allem auch für Schweizer Rohstoffgiganten (z.B. Glencore) und ihre Geschäftstätigkeiten. Insgesamt tragen Berichte aus dem Wirtschaftsbereich aber zu einem vorteilhaften Medienimage der Schweiz bei.

A B & C D E F

WEF Davos G Fall Cahuzac H Fall Hoeness I Erwartung Steuerabkommen „Lex USA“ Zugunglück Waadtland

Steuervereinbarung Schweiz/USA Unterzeichnung OECD-Konvention Atomgespräche Iran in Genf und Schweizer Untersuchungsergebnisse zum Tod Yasir Arafats

Abb. 4: Quantitative Entwicklung der Berichterstattung ausländischer Medien über die Schweiz, Anzahl Artikel in den untersuchten Leitmedien pro Woche (01/2013 – 11/2013)

6

Generell positiv, wenngleich wenig, berichten ausländische Medien über Bildung, Forschung und Innovation (BFI). Im Vordergrund der Berichterstattung stehen meistens die Ergebnisse neuer Rankings, wie z.B. die WEF-Rangliste zur Wettbewerbsfähigkeit, in der die Schweiz 2013 den ersten Rang belegte. Auch technische Errungenschaften oder spektakuläre Forschungsprojekte wie das „Human Brain Project“ unter Leitung der EPFL Lausanne sind medienwirksam. Nur selten berichten ausländische Medien über Kunst und Kultur in der Schweiz. Berücksichtigung finden dabei vor allem grosse Festivals oder Messen, wie beispielsweise das Filmfestival in Locarno oder die Art Basel. Fazit Das Image der Schweiz bei der Bevölkerung im Ausland ist gut und stabil, dies zeigen die Resultate des Nation Brand Index 2013, ©Olivier Vogelsang der Studie Swissness Worldwide 2013 und auch die von Präsenz Schweiz in Russland und Brasilien unternommenen Imagestudien. Besondere Anerkennung finden die als kompetent beurteilte Regierungsführung und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Landes. Die Wichtigkeit der Wirtschaft für das Image zeigt sich auch darin, dass bei spontanen Assoziationen mit der Schweiz am häufigsten Waren und Produkte aus der Schweiz genannt werden. Etwas weniger positiv ist die Wahrnehmung der Schweiz in den Bereichen Kultur und Sport, wo die Schweiz nicht auf den vordersten Rängen platziert wird. Auch in den Bereichen Bildung, Forschung und Innovation ist das Image der Schweiz verbesserungsfähig. Das allgemein sehr positive Image der Schweiz im Ausland kontrastiert mit dem ambivalentenBild der Schweiz in den ausländischen Medien. Dies hängt vor allem mit der umfassenden und häufig kritischen Berichterstattung über den Schweizer Finanzplatz zusammen. Für positive Schlagzeilen sorgen am ehesten touristische Highlights oder positive Meldungen aus der Wirtschaft.

Präsenz Schweiz im Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten EDA unterstützt die Interessenwahrung der Schweiz mit der Analyse des Schweiz-Bildes im Ausland und mit den Instrumenten der Landeskommunikation. Dazu gehören Informationsund Kommunikationsmittel, Projekte im Ausland, Delegationsreisen in die Schweiz sowie die Auftritte der Schweiz an den Weltausstellungen und die Schweizer Häuser an den Olympischen Spielen. Die Strategie der Landeskommunikation wird regelmässig vom Bundesrat festgelegt. Kontakt: EDA, Präsenz Schweiz, Bundesgasse 32, 3003 Bern, [email protected] 7