Die Schlachttier- und Fleischuntersuchung ein Beitrag zum gesundheitlichen Verbraucherschutz

Die Schlachttier- und Fleischuntersuchung – ein Beitrag zum gesundheitlichen Verbraucherschutz Fachtagung für Multiplikatoren - Qualität von Fleisch u...
Author: Jan Schneider
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Die Schlachttier- und Fleischuntersuchung – ein Beitrag zum gesundheitlichen Verbraucherschutz Fachtagung für Multiplikatoren - Qualität von Fleisch und Fleischerzeugnissen 5. November 2002, Dresden-Pillnitz von PD Dr. T. Bergann Die Schlachttier- und Fleischuntersuchung (SFU) hat eine sehr lange Tradition. Bereits vor mehr als 4.000 Jahren wurden im alten Ägypten Tiere, die den Göttern geopfert werden und den Menschen als Speise dienen sollten, vorher von sachkundigen Priestern untersucht. Solche Opfertiere mussten gesund und ihr Fleisch musste ohne „Fehler“ sein. In Deutschland wurde nach der Einführung des sogenannten Schlachthofzwanges im Jahre 1900 das weltweit erste Fleischbeschaugesetz erlassen, das die rechtlichen Grundlagen einer wissenschaftlich begründeten Fleischuntersuchung fixierte. Seit dieser Zeit gilt das Prinzip, dass jedes einzelne Schlachttier und dessen Fleisch (auch Organe) von Fachleuten untersucht und erst dann für den menschlichen Verzehr freigegeben wird, wenn es als gesundheitlich unbedenklich und frei von Mängeln in der Beschaffenheit befunden wurde. Vergleichbar strenge Kontrollen existieren sonst eigentlich nur noch bei Milch. Daher kann man wohl zu Recht davon ausgehen, dass Fleisch zu den „sichersten“ Lebensmitteln zu zählen ist. Die Aufgaben der Schlachttier- und Fleischuntersuchung sind in der ersten Abbildung dargestellt. Vorrangig sind hier selbstverständlich die Aspekte des Verbraucherschutzes genannt. Die zweite Übersicht zeigt die einzelnen Bestandteile, aber auch künftige Trends in der Schlachttierund Fleischuntersuchung. Aktuell wird als alternative Form die sogenannte visuelle Fleischuntersuchung (Untersuchen durch Betrachten) diskutiert, in einzelnen Mitgliedstaaten der EU bereits praktiziert, bei der unter der Maßgabe intensiver Gesundheitsüberwachung in den Tierhaltungsbetrieben und zugesicherter Tiergesundheit auf Teilschritte der Fleischuntersuchung, wie das Betasten (Palpation) und das Anschneiden (Incision) verzichtet werden kann. Der Gewährleistung des Verbraucherschutzes bei von Tieren stammenden Lebensmitteln dienen aber auch noch andere Maßnahmen und Kontrollinstanzen, wie dies beispielhaft auf der gleichnamigen Übersicht dargestellt ist. Es ist sicher berechtigt, hierbei von einem Kontrollnetzwerk zu sprechen, das von der Urproduktion bis zum Verbraucher reicht. Dies verdeutlicht auch die Übersicht „Organisation gesundheitlicher Verbraucherschutz in Sachsen (Beispiel Kochwurstherstellung)“. Die letzte Übersicht zeigt den Aufbau der amtlichen Lebensmittelüberwachung im Freistaat Sachsen als der vor allem für die Lebensmittelsicherheit zuständigen Behörde und beschreibt deren Aufgaben, die sich nicht in der Durchführung der Schlachttier- und Fleischuntersuchung erschöpfen, sondern auch Betriebskontrollen und Endproduktkontrollen in Verkaufsstellen und gastronomischen Einrichtungen sowie die Untersuchung und Beurteilung entsprechender Proben einschließen. Selbstverständlich zählt auch die Verhängung von Sanktionen (Bußgelder etc.) bei Verstößen gegen das Lebensmittel- und Fleischhygienerecht zu den Rechten und Pflichten der Mitarbeiter der Lebensmittelüberwachung.

Aufbau der amtlichen Lebensmittelüberwachung gemäß Gesetz zur Ausführung des Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetzes im Freistaat Sachsen (SächsAGLMBG)/ Aufgaben hinsichtlich des gesundheitlichen Verbraucherschutzes Staatsministerium für Soziales (SMS) – oberste Lebensmittelüberwachungsbehörde – fachlich zuständig: Abteilung 6 – Gesundheitlicher Verbraucherschutz, Veterinärwesen, Gesundheitsförderung - Referate 62, 63 Fachaufsicht über einschlägige Tätigkeit von LÜVÄ, RP und LUA Wahrnehmung der Gesetz- und Verordnungsgebungskompetenz, Regelungen per Erlass, Mitgestaltung bzw. Beeinflussung von Rechtsetzungsvorhaben in der EU und im Bund Regierungspräsidien (RP) – höhere Lebensmittelüberwachungsbehörden - Referate für Veterinärwesen, Lebensmittelüberwachung und Pharmazie Zulassungsbehörde für Lebensmittelbetriebe, die am innergemeinschaftlichen Handelsverkehr teilnehmen wollen, beispielsweise von Betrieben der Fleischwirtschaft, der Milchwirtschaft, der Fischwirtschaft, der Geflügelfleisch- und Eiprodukte-Industrie. Fachaufsichtsbehörde für LÜVÄ Widerspruchsbehörde Lebensmittelüberwachungs- und Veterinärämter (LÜVÄ) – untere Lebensmittelüberwachungsbehörden (in Landkreisen und Kreisfreien Städten) Vollzug der amtlichen Lebensmittelüberwachung zur Durchsetzung der Vorschriften des Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetzes sowie abgeleiteter Rechtsnormen durch unangemeldete, periodische Kontrollbesuche in Lebensmittelbetrieben; Inspektionshäufigkeit orientiert sich am Risikopotential, welches vom jeweiligen Betrieb ausgeht (Größe, überregionale Bedeutung leicht verderbliche Lebensmittel); Erteilung von Auflagen bzw. Ahndung bei Verstößen; Entnahme von Plan-, Verdachts- und Verfolgsproben (Untersuchung von mehr als 30 000 Proben/Jahr durch die LUA) und Ahndung von Verstößen gegen einschlägige Rechtsvorschriften Mitwirkung bei EU-Zulassungsverfahren (siehe unter RP) Vollzug der Vorschriften von Fleisch- und Geflügelfleischhygienerecht, insbesondere durch die Organisation und Durchführung der amtlichen Untersuchungen bei gewerblichen und Hausschlachtungen (Schlachttier- und Fleischuntersuchung, Schlachtgeflügel- und Geflügelfleischuntersuchung) durch amtliche Tierärzte bzw. Fleischkontrolleure Überwachung der Fleischhygiene in Fleischgewinnungs-, -be- und -verarbeitungsbetrieben Vollzug der Bestimmungen des Tierkörperbeseitigungs-, Tierschutz- und Tierseuchenrechts Vollzug des Arzneimittelrechts im Hinblick auf den Einsatz von Tierarzneimitteln Durchsetzung der Vorschriften zur Tierhaltungshygiene Kontrolle der Einhaltung relevanter Vorschriften des Infektionsschutzgesetzes in Lebensmittelbetrieben, insbesondere hinsichtlich der gesundheitlichen Eignung der Mitarbeiter Aufklärung von Bürgern und Rechtsunterworfenen in den genannten Rechtsgebieten

* Landesuntersuchungsanstalt für das Gesundheits- und Veterinärwesen Sachsen (LUA)für die amtliche Lebensmittelüberwachung unverzichtbares Zentrum für die amtliche Untersuchung von Plan-, Verdachts- und Verfolgsproben sowie von Beschwerdeproben, die direkt von Bürgern zur Untersuchung eingesandt werden; wissenschaftliches Kompetenzzentrum für sämtliche Fragen der Lebensmittelanalytik und des Lebensmittelrechts. Keine unmittelbare Einrichtung der Lebensmittelüberwachung.*

Aufgaben der Schlachttier- und Fleischuntersuchung Verbraucherschutz

- Schutz vor gesundheitlichen Schädigungen nach dem Fleischverzehr durch Infektionsund Intoxikationserreger sowie Rückstände und Kontaminanten - Schutz vor Übervorteilung durch Qualitätsmängel des Fleisches wie z. B. Abweichungen in Geruch und Geschmack und/oder mangelhafte Zusammensetzung und Haltbarkeit

Tierseuchenprophylaxe - Mitwirkung bei der Erkennung, Bekämpund –bekämpfung sowie fung und Tilgung von Tierseuchen sowie Tiergesundheit bei der Verbesserung der Tiergesundheit in den Nutztierbeständen durch Systeme der Rückinformation über Befunde der SFU Tierschutz

- gegebenenfalls Aufdecken und Abstellen tierschutzwidriger Tatbestände im Prozess der Fleischgewinnung

ökonomische Aspekte

- Vermeidung von Fehlprodukten in der weiterverarbeitenden Industrie und Erhalt wertvoller tierischer Rohstoffe durch wissenschaftlich begründete und fleischhygienerechtlich korrekte Untersuchung und Beurteilung

hygienische Aspekte

- Einflussnahme auf die hygienische Gestaltung von Produktionsprozessen und Betriebsabläufen

Prinzipien und Trends der Schlachttier- und Fleischuntersuchung Gesundheits- und Qualitätskontrolle der Schlachttiere in den Herkunftsbeständen – Präselektion - gegenwärtig starke Bedeutungszunahme, Trend zur Ausfertigung von Gesundheitszertifikaten Schlachttieruntersuchung - häufig noch vernachlässigt, wegen Tierseuchen-, Tierschutz- und Fleischqualitätsproblematik unverzichtbar Fleischuntersuchung - Adspektion zur Zeit favorisiert bei Wegfall anderer Untersuchungsteile - Palpation kontrovers diskutiert, z. T. als Ersatz für Inzision praktiziert - Inzision stark kontrovers, in erheblichem Maße bereits unterlassen und durch Palpation ersetzt, vereinzelt im Sinne von mehr Sicherheit wieder gefordert Zusatzuntersuchungen - zur Abklärung des Freiseins von Infektions- und Intoxikationserregern, Rückständen und Kontaminanten sowie Qualitätsmängeln unverzichtbar; Bedeutungszunahme bei Trend zu Schnellmethoden

Gewährleistung des gesundheitlichen Verbraucherschutzes von der Urproduktion bis zum Verbraucher (von Tieren stammende Lebensmittel) Kontrolle: Kontrolle LÜVA

-

verantwortlich: Landwirt, Hoftierarzt

„gesunde“ Haltung

gegenseitige Beeinflussung

Gesundheitsamt (GA) staatl. Umweltfachämter Landesamt f. Umwelt und Geologie LfL

„gesunde“ Umwelt

Standortwahl Futtermittel/ Tränke

Haltungshygiene/ Stallanlage, Tierschutz Stallklima, Lacke, Farben

Geräte, Ausrüstungen

Wasser

Tierarzneimittel, Medikation

Kontrolle LfL verantwortlich: Landwirt, Hoftierarzt

gesunde Nutztiere für Lebensmittelproduktion

Boden

Luft

Kontrolle: - LÜVA - Tiergesundheitsdienste der Tierseuchenkasse Probenuntersuchung gemäß nationalem Rückstandskontrollplan

verantwortlich: Hersteller, Inverkehrbringer: Sorgfaltspflicht, Produkthaftungsrecht, Produktsicherheitsrecht; Lebensmittelhygiene-VO schreibt betriebliche Eigenkontrolle, Qualitätssicherungssysteme nach HACCP- Prinzipien vor!

Kontrolle durch amtliche Tierärzte und Fleischkontrolleure im Rahmen der Schlachttier- und Fleischuntersuchung „gesunde“ Lebensmittel (sichere Lebensmittel)

auch Kontrollen durch Prüforganisationen (Milchgüte-VO - Milchprüfung) gesunde Verbraucher

SMS, Ref. 62 62-9120.55/1

Amtliche Lebensmittelüberwachung mit Stichprobenkontrollen und Stichprobenuntersuchungen

Organisation gesundheitlicher Verbraucherschutz in Sachsen (Bsp. Kochwurstherstellung) Ziel Erzeugung und Bereitstellung unbedenklicher Futtermittel

Kriterien frei von Rückständen toxikologisch relevanter Substanzen

Erzeugung gesunder Schlachtschweine Zoonoseerregerfrei, rückstandstoxikologisch unbedenklich durch rechtskonforme Haltung, Fütterung und Medikation

Bereitstellung gesunder Schlachtschweine

amtliche Kontrolle Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL)

LÜVA – Kontrolle der Einhaltung der Bestimmungen der Schweinehaltungshygieneverordnung sowie der Einhaltung des Arzneimittelrechts (Führung der Tierärztlichen Hausapotheken), * , LfL – Kontrolle der Einhaltung des Futtermittelrechts Tiergesundheit, insbesondere Allgemeinzustand, Erzeuger, amtlicher Tierarzt, evtl. mit Einhaltung von Wartezeiten nach Chemotherapie Händler/Transporteur Untersuchungsteam, im Rahmen der bzw. der Gabe von Fütterungsarzneimitteln, Schlachttieruntersuchung, * ,

Führen eines Bestandsbuches über die Arzneimittelanwendung *** Gewinnung genusstauglichen Hygiene der Fleischgewinnung /Realisierung des Fleisches (Schlachttierkörper) als Fleischgewinnungsprozesses nach Ergebnis einer rechtskonformen HACCP-Prinzipien, Schlachtung Prüfung auf pathologische Veränderungen oder andere Besonderheiten durch Adspektion, Palpation, Inzision in der Fleischuntersuchung genusstaugliches Fleisch in Form des Eigenkontrollen im Verarbeitungsbetrieb Produktions- oder hinsichtlich der Eignung und Rechtskonformität Verarbeitungsfleisches (Muskelfleisch, der Ausgangsstoffe, Fett (Speck), Innereien, Blut) Spezifikationen, Dokumentationen von Herstellern oder Lieferanten, andere Zutaten wie Gewürze, Rohstoffauswahl! Zusatzstoffe

SMS, Ref. 62 Bearb.: Herr PD Dr. Bergann Az.: 62-9120.55/1

verantwortlich Landwirte, Futtermittelhersteller, (betriebliche Eigenkontrolle) Erzeuger, Futtermittelhersteller, Hoftierarzt

Schlachtbetrieb

LÜVA - Kontrolle der ordnungsgemäßen Buchführung *** LÜVA – Kontrolle der Einhaltung fleischhygienerechtlicher Vorschriften im Fleischgewinnungsprozeß, ** ,

Fleischkontrolleure, amtlicher Tierarzt amtlicher Tierarzt als Leiter des Fleischuntersuchungsteams, * Zerlegungsbetrieb/ LÜVA – Kontrolle der Einhaltung Verarbeitungsbetrieb fleischhygienerechtlicher Vorschriften bei der Zerlegung, Kontrolle der betrieblichen Eigenkontrollsysteme beispielsweise durch Entnahme und Untersuchung amtlicher Proben, **

Ziel leitsatz- und rechtskonforme Herstellung von Kochwurst

Kriterien verantwortlich Auswahl der Rohstoffe und ihre Verarbeitung Verarbeitungsbetrieb, entsprechend der „Guten Herstellungspraxis“ Fleischerei nach den Vorgaben der Leitsätze für Fleisch und Fleischerzeugnisse des Deutschen Lebensmittelbuches, betriebliche Eigenkontrolle nach HACCP-Prinzip gemäß Festlegungen der FleischhygieneVerordnung (kritische Kontroll- und Lenkungspunkte),

amtliche Kontrolle LÜVA – Kontrolle der Einhaltung fleisch- und lebensmittelhygienerechtlicher Vorschriften im Herstellungsprozeß, Einhaltung der Leitsatzvorgaben, Einhaltung der Leitlinie für eine gute Lebensmittelhygienepraxis (soweit vorhanden), Kontrolle der Wirksamkeit der Eigenkontrollsysteme, z. B. durch Entnahme und Untersuchung amtlicher Proben, **

besonders wichtig: - geeignete Rohstoffe (Innereien empfindlich, nicht selten suspekt) - ausreichende Gartemperaturen und –zeiten - rasche Kühlung, nachfolgende Einhaltung der Kühlkette

Inverkehrbringen leitsatz- und rechtskonform hergestellter und gelagerter sowie korrekt deklarierter Kochwurst

* ** ***

Zutaten nach Qualität und Quantität leitsatzkonform und korrekt deklariert, Erzeugnisse kühl gelagert, MHD nicht überschritten

Inverkehrbringer/ Händler

LÜVA - Kontrolle der Einhaltung lebensmittelrechtlicher, insbesondere kennzeichnungsrechtlicher Vorschriften, Entnahme von Plan- und Verdachtsproben, Kontrolle der Wirksamkeit der Eigenkontrollsysteme

Entnahme und Untersuchung von Stichproben im Rahmen des Nationalen Rückstandskontrollplanes Kontrolle der Einhaltung einschlägiger Bestimmungen des Infektionsschutzgesetzes zur Personalhygiene noch kein geltendes Recht, aber in Vorbereitung

SMS, Ref. 62 Bearb.: Herr PD Dr. Bergann Az.: 62-9120.55/1

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