Die Ressourcen in der Medizin sind

202 © 2002 Editorial Schattauer GmbH PET in der nuklearmedizinischen Diagnostik – Kosten/Nutzen-Aspekte* D ie Ressourcen in der Medizin sind knap...
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202 © 2002

Editorial

Schattauer GmbH

PET in der nuklearmedizinischen Diagnostik – Kosten/Nutzen-Aspekte*

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ie Ressourcen in der Medizin sind knapp. Dies war schon immer so und hat sich in den vergangenen zehn Jahren aus bekannten Gründen (z.B. Alterung der Bevölkerung, Fortschritte der Medizin, Schwächen im Gesundheitssystem) verschärft. Ferner betrifft dies auch andere Bereiche des menschlichen Lebens, u. a. die besonders relevanten Bereiche Bildung und Forschung. Ressourcenknappheit führt zu Defiziten und Mangelerscheinungen. Gesellschaft und Politik sind gefordert, permanent durch Prioritätensetzung, ggf. Umverteilung, sowie durch qualitätssichernde Maßnahmen dafür zu sorgen, dass die entsprechenden Bereiche in Ausgewogenheit so leistungsfähig wie möglich oder nötig bleiben. Ressourcenknappheit herrscht überall – nicht nur im menschlichen Leben. Sie ist der entscheidende Motor der Evolution. Nun hat die Ressourcenknappheit die Nuklearmedizin kürzlich besonders hart getroffen, und zwar bezüglich der Positronenemissionstomographie (PET): Der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen (BAÄK) lehnte im Februar 2002 die Übernahme der PET in den Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) ab. PET ist für manche – nicht alle – medizinischen Fächer ein ungeliebtes Verfahren, da die Einzelleistung für ein diagnostisches Verfahren relativ teuer ist. Wird jedoch berücksichtigt, dass PET nie eine »Massenleistung« (wie z. B. Akupunktur und Ultraschalldiagnostik) sein wird, werden die bei gezieltem klinischen Einsatz der PET verursachten Gesamtkosten keinesfalls exorbitant hoch sein. Insbesondere zeichnet sich aber ab, dass PET bei sachgerechtem Einsatz Therapieentscheidungen zu beeinflussen vermag und damit die im Vergleich

* Vortrag am 15. Juni 2002 in Würzburg anlässlich des Symposiums zum 75. Geburtstag von Prof. Dr. Wilhelm Börner

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zu den diagnostischen Kosten ggf. sehr hohen Therapiekosten sogar reduzieren kann. Insofern ist eine differenzierte Betrachtungsweise hilfreich, um den Nutzen von PET für die Medizin abzuschätzen. Hierzu ist die allgemeine Betrachtung zur Effektivität diagnostischer und therapeutischer Verfahren sinnvoll. Der Gewinn an Lebenserwartung und die hierdurch verursachten Kosten sollten dabei in Beziehung gesetzt werden.

Effektivität diagnostischer Verfahren Die Effektivität diagnostischer Verfahren kann in unterschiedlicher Weise betrachtet und bewertet werden. Sie umfasst Parameter, mit denen wir uns vor 10 bis 20 Jahren schon ausführlich beschäftigten, so z. B. Sensitivität, Spezifität, prädiktiver Wert im Zusammenhang mit Prävalenzen (Bayes’sches Theorem). Diese Parameter sind nach wie vor hilfreich, können im Endeffekt aber keine Auskunft darüber erteilen, ob diagnostische bzw. therapeutische Verfahren kosteneffektiv sind. Es ergeben sich hieraus jedoch Schlussfolgerungen zu Diagnosestrategien, z. B. hinsichtlich einer Stufendiagnostik unter Berücksichtigung von Verfügbarkeit, Invasivität, Aufwand und Kosten. Eine wichtige Schlussfolgerung ergibt sich immer dann, wenn einzelne Verfahren im Rahmen der diagnostischen Strategien Therapieentscheidungen wesentlich beeinflussen können. Hier werden dann die Weichen zur Durchführung oder Vermeidung kostenintensiver oder invasiver Therapieverfahren gestellt. Aber auch dies sind nur indirekte Hinweise auf die Effektivität diagnostischer Verfahren. Wichtiger sind Kosten/Effektivitäts-Analysen (cost effectiveness analysis) unter Beachtung zusätzlich gewonnener Lebensjahre und Kosten/Nutzwert-Analysen (cost utility analysis) unter Berücksichtigung gewonnener Lebensjahre und ihrer Lebens-

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Tab. 1 Gewinn an Lebenserwartung bei der allgemeinen (a) und erkrankten Bevölkerung (b)

a)

Tab. 2 Aufgewandte Finanzmittel in US-$ pro gerettetes Lebensjahr

qualität. Die Kosten/Nutzen-Analyse im strengen Sinn der Definition (cost benefit analysis) befasst sich hingegen mit dem gesellschaftlichen Nutzen. Solche quantitativen Betrachtungen sind nicht nur schwierig, sondern zugleich auch äußerst problema-

tisch: Wie wird der Nutzen für die Gesellschaft definiert? Soll die Mehrheit der jungen Berufstätigen über den Nutzen der Gesamtgesellschaft, d. h. auch für die Älteren (z. B. über 65-Jährigen) befinden? Und später, wenn die Rentner überwiegen, umge-

kehrt? Dies wäre für Minderheiten (Kinder, Jugendliche, Erwerbstätige, Rentner, Risikogruppen) durchaus ethisch problematisch, auch angesichts der Tatsache, dass die Politik inzwischen überwiegend medienorientiert und damit kurzfristigen äußeren Einflüssen und Partikularinteressen zugänglich ist. Zurzeit befassen sich die meisten Untersuchungen zum Nutzen diagnostischer und therapeutischer Verfahren mit einer Outcome-Betrachtung: Diese analysiert, welcher Gewinn an Lebensjahren (LYS; Abk. für life years saved) durch diagnostische oder therapeutische Maßnahmen möglich wird. Die Korrektur der gewonnenen Lebensjahre hinsichtlich Lebensqualität ergibt das so genannte QALY (Abk. für quality adjusted life years). Dann ist festzustellen, wie viel 1 LYS oder 1 QALY die Gesellschaft kostet bzw. wie viel die Gesellschaft bereit ist, dafür zu bezahlen. Zusätzlich ist zu berücksichtigen, dass die Bewertung diagnostischer und therapeutischer Verfahren unterschiedlich schwierig ist. Während für therapeutische Verfahren oft große, kontrollierte prospektive Studien vorliegen, z. B. über die Effektivität von Lipid- oder Blutdrucksenkern (oft mehrere tausend Patienten; Endpunkt ist der gut definierbare Tod), trifft dies auf diagnostische Verfahren nicht zu. In der Diagnostik kommt es vielmehr häufig zur Einführung neuer Verfahren, die »neue Einsichten« in den Organismus bzw. die Pathophysiologie gestatten (z. B. Ultraschall, Computertomographie, Kernspintomographie, Tumormarker). Oft werden sie ohne kontrollierte Studien oder aufgrund von Studien mit kleinen Patientenzahlen (z. B. einige zig bis ein paar hundert Patienten) eingeführt. Nachfolgende, später eingeführte Verfahren werden dann an ihnen als »Goldstandard« gemessen. Die PET, ein relativ teures Einzelverfahren, wurde im vergangenen Jahrzehnt in die Krankenversorgung eingeführt. Jetzt wird es mit den vorhandenen »Goldstandards« hoher diagnostischer Aussagekraft (z. B. CT, MRT) oder geringer Einzelleistungskosten (jedoch hoher Gesamtkosten durch die große Menge an erbrachten Leistungen, z. B. Ultraschall) aufgrund zunehmender ökonomischer Zwänge ge-

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messen. Für die PET entsteht so das doppelte Problem: ● hochwertige vorhandene diagnostische Goldstandards (CT und MRT) und ● die Notwendigkeit, die PET-Leistung am Outcome (therapeutische Effektivität) zu bewerten.

Gewinn an Lebenserwartung durch diagnostische und therapeutische Maßnahmen Im Folgenden soll anhand einiger aktueller Publikationen auf den quantitativen Gewinn an Lebenserwartung eingegangen werden, den verschiedene diagnostische bzw. therapeutische Maßnahmen leisten (21). Wie Tabelle 1 zeigt, ziehen bestimmte, allgemein akzeptierte medizinische Vorsorgemaßnahmen quantitativ z. T. einen scheinbar geringen durchschnittlichen Gewinn an Lebenserwartung nach sich. Auch für den Patienten bedeuten manche allgemein akzeptierte Therapieformen nur einen geringen, andere dagegen einen hohen durchschnittlichen Gewinn an Lebenserwartung.

Kosteneffektivität von Interventionen Bei der Betrachtung der Höhe der Kosten pro gerettetes Lebensjahr (US-$ oder 3 pro 1 LYS oder 1 QALY) sind die absoluten Kosten pro gewonnenes Jahr als Quotient zu berücksichtigen. Dies bedeutet z. B., dass eine 10000-3-Maßnahme, die eine Lebensverlängerung von 0,1 Jahr bewirkt, zu relativ hohen Kosten von 100000 3/LYS führt. Wenn eine gleich teure Maßnahme zu einer Verbesserung der Lebenserwartung um 10 Jahre führt, betragen die Kosten 1000 3/ LYS. Interessant und bemerkenswert sind eine Reihe von Interventionen, um allgemeine Risiken durch Umweltprobleme zu reduzieren. In Tabelle 2 sollen einige Beispiele genannt werden, wobei der Betrag in US-$ etwa dem in 3 entspricht (18). Sie verdeutlichen, dass eine Reihe von MaßnahNuklearmedizin 5/2002

Tab. 3 Mammographie-Screening

men extrem kostengünstig sind, um die Bevölkerung zu schützen bzw. Leben zu retten. Ein beeindruckendes Beispiel ist die allgemeine Gurtpflicht beim Autofahren. Dagegen ist der von der Industrie so gepriesene Fortschritt der technischen Sicherheitsstandards unter Kostengesichtspunkten weniger effektiv. Aus diesen Beispielen wird auch ersichtlich, warum die Verminderung von Grenzwerten jeglicher Art unter ein vernünftiges Maß zwar medien- und publikumswirksam, jedoch oft wenig effektiv ist; denn die verbrauchten Gelder fehlen dann an anderer, sinnvoller Stelle. Ein weiteres Beispiel (18) soll ein zurzeit besonders brisantes Thema betreffen, das Mammographie-Screening (unabhängig von der Nutzen/Risiko-Betrachtung). Aus Tabelle 3 geht hervor, dass neben den sehr kontrovers diskutierten Aspekten der Nutzen/Risiko(Strahlenexposition)-Analyse auch Nutzen/Kosten-Gesichtspunkte des Mammographie-Screenings eine Rolle spielen müssen. Welche Grenzwerte für eine Kosten/ Nutzen-Relation werden nun angenommen? Hier existiert kein gesellschaftlicher Konsens, da dieses Thema weder in der Öffentlichkeit noch in den Medien disku-

tiert wird, ganz zu schweigen von der Politik. Aus wissenschaftlich-ökonomischer/klinischer Sicht kommen verschiedene Autoren (8, 9, 12, 13, 17, 20) zu dem Ergebnis, dass Kosten 100000 US$/QALY dagegen nicht kosteneffektiv. Derartige Analysen sind sinnvoll, wenn z. B. verschiedene wirksame Lipidsenker verglichen werden sollen: So ergaben Studien z. B. für Präparat A 50000 US-$/ QALY, für Präparat B 1000000 US-$/ QALY. Derartige Daten mit entsprechenden Konsequenzen sind für die Gesellschaft oder auch für das Gesundheitssystem (z. B. Gesetzliche Krankenversicherung) für die Bewertung von Medikamenten sinnvoll.

Feststellung von Kosteneffektivität Bei der Untersuchung der Kosteneffektivität diagnostischer Verfahren im Sinne einer Stufendiagnostik oder im Vergleich verschiedener Methoden werden sehr komplexe Entscheidungsbäume benutzt (2, 3, 6, 7, 11, 14, 16). Hierbei geht man von

Abb. 1 Kosten/Nutzen-Diagramm beim solitären Lungenrundherd

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Tab. 4 Kosten/Nutzen-Analysen zur PET in der Onkologie

der diagnostischen und therapeutischen Effektivität und deren Kosten aus. Daneben werden eine Vielzahl anderer Parameter berücksichtigt, z. B. die statistische Wahrscheinlichkeit eines bösartigen Tumors, die altersabhängige Lebenserwartung für Gesunde, die Lebenserwartung für Erkrankte, das Risiko eines Eingriffs bezüglich schwerer Komplikationen oder tödlicher Ereignisse, die Wahrscheinlichkeit unentdeckter Metastasen, die Wahrscheinlichkeit eines Tumorrezidivs sowie die Kosten für Pflege und Hospitalisation Unheilbarer. Die Lebenserwartung und die Kosten zukünftiger Behandlungen werden durch einen so genannten Diskontierungsfaktor auf den Gegenwartswert bezogen. In Abbildung 1 ist das grundsätzliche Ergebnis einer solchen Analyse am Beispiel des solitären Lungenrundherds unter Verwendung von PET dargestellt. Neben der Basisstrategie des kontrollierten Zuwartens sind hier noch die CT-gesteuerte Punktion und die diagnostisch/therapeuti-

sche Thorakotomie zum Vergleich angegeben (2). Zunächst ist zu berücksichtigen, wie hoch der Gewinn an Lebensjahren (durch Diagnostik und nachfolgend durch Therapie) durch die verschiedenen Maßnahmen ist: Dieser bewegt sich zwischen etwa 0,1 und 0,4 Lebensjahren (LYS). Die zusätzlichen Kosten gegenüber der Basisstrategie des kontrollierten Zuwartens betragen in diesem Beispiel zwischen 600 und 1400 3, d. h., pro gewonnenes Lebensjahr (1 LYS) liegen die effektiven Kosten zwischen 6000 3 (Lungenpunktion) und 2000 3 (PET). Die meisten Verfahren, die zu einem Gewinn an Lebenserwartung (LYS) bzw. Lebensqualität (QALY) führen, sind mit zusätzlichen Kosten verbunden (A in Abb. 1). Hier besteht die Notwendigkeit, verschiedene Verfahren miteinander zu vergleichen. Fällt ein Verfahren in das Feld B (verminderte Lebenserwartung bei erhöhten Kosten), so ist es natürlich zu ver-

Tab. 5 Auszüge aus dem Indikationskatalog der Health Care Financing Administration/Medicare zur FDG-PET in der Onkologie (1)

werfen. Ein Verfahren in Feld C wäre auch zu verwerfen, da es bei verminderten Kosten, aber geringerer Lebenserwartung nicht einmal mehr den medizinischen Standard der Basisstrategie erfüllt. Allerdings könnte dies als Rationierung von Basisleistungen in der Medizin gewollt sein. Bewegt sich ein Verfahren im Feld D, so führt es im Vergleich zur Basisstrategie bei Verminderung der Kosten dennoch zu einer Erhöhung der Lebenserwartung. Ein derartiges Verfahren muss, unter Beachtung gesundheitsökonomischer Gesichtspunkte, angewandt werden, man nennt es »dominant«. Seine Ablehnung ist, abgesehen von den ökonomischen Aspekten, auch ethisch nicht vertretbar. In Tabelle 4 ist die Kosteneffektivität von komplexen Behandlungsstrategien unter Einschluss der PET dargestellt (2, 3, 5-7, 11, 14, 16). Die Kostendaten stammen aus dem in Spalte 2 angegebenen Land. Sofern die PET-Strategien als kosteneffektiv bewertet wurden, ist der Quotient aus Kosten pro gewonnenes Lebensjahr (US-$/LYS) angegeben. Für die dominanten PETStrategien ist das durchschnittliche Einsparpotenzial pro Patient ersichtlich. Bei der Abklärung des solitären Lungenrundherds wurde die PET-Strategie teils mit dem kontrollierten Zuwarten (Wait), teils mit der frühzeitigen Thorakotomie (Op) verglichen. Eingangskriterium war die in Spalte 1 angegebene statistische Wahrscheinlichkeit, dass ein solitärer Lungenrundherd bösartig ist. Man erkennt, dass PET z. B. in der Operationsplanung beim nicht kleinzelligen Bronchialkarzinom und bei der Abklärung des solitären Lungenrundherds teilweise als kostengünstig oder sehr kostengünstig eingeschätzt werden muss, teilweise ist die PET-Strategie sogar dominant. Die zuletzt genannte Konstellation bedeutet bei verbesserter Überlebenszeit eine Senkung der Kosten, wenn der gesamte Krankheitsverlauf aus Sicht der Gesellschaft berücksichtigt wird. Dies darf nicht mit den Kosten der behandelnden Klinik verwechselt werden. Diese Kostenreduktion ergibt sich kurzfristig aus der Verminderung invasiver Diagnostik (z. B. Mediastinoskopie) und langfristig aus einer verbesserten Patientenauswahl zur Operation mit heilender (ku-

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rativer) Zielsetzung. Eine aktuelle multizentrisch-randomisierte Studie aus den Niederlanden mit hohem Evidenzgrad konnte diese gesundheitsökonomischen Analysen bestätigen: ● Sofern die PET vor der Entscheidung zur Operation durchgeführt worden war, ließ sich unter den operierten Patienten die Wahrscheinlichkeit eines frühzeitigen Karzinomrezidivs halbieren. Als Vergleich dienten Patienten, die eine »Standarddiagnostik« ohne PET erhalten hatten (19).

Tab. 6 Auszüge aus dem Indikationskatalog der Deutschen Konsensuskonferenz (2000) zur FDG-PET in der Onkologie (15)

PET-Indikationen in der Onkologie In Tabelle 5 sind die in den USA von der Health Care Financing Administration, Medicare, anerkannten vergüteten PETLeistungen unter Verwendung von F-18FDG in der Onkologie angegeben. Auch in mehreren europäischen Ländern (z. B. Schweiz und Belgien) sind eine Reihe von onkologischen Indikationen für PET als gesetzliche Kassenleistungen anerkannt. In Deutschland hat sich seit Jahren die Konsensuskonferenz »PET in der Onkologie« ausführlich mit diesem Thema beschäftigt. Neben Nuklearmedizinern waren auch die onkologisch tätigen Fächer beteiligt. Die Empfehlungen der Konsensuskonferenz stellen einen interdisziplinären Konsens dar (Tab. 6). Hierbei ergeben sich allerdings keine generellen Indikationen für alle Patienten mit den genannten Krankheitsentitäten, vielmehr werden Subkollektive ausgewählt. Dies wird zunächst am Beispiel des Bronchialkarzinoms erläutert. Die Indikation zur PET in der präoperativen Stadieneinteilung setzt die grundsätzliche Operabilität des Patienten voraus. Diese ergibt sich aus der Größe des Primärtumors in der CT, aus der Lungenfunktion und aus dem fehlenden Nachweis von Metastasen durch die etablierten bildgebenden Verfahren. Auch wird der Chirurg nur dann den Verzicht auf eine Mediastinoskopie akzeptieren, wenn nicht bereits in der CT vergrößerte Lymphknoten vorliegen. Erst unter diesen Voraussetzungen wird die PET unerwartete Metastasen in Lymphknoten und in anderen Organen entdecken könNuklearmedizin 5/2002

nen, die dann die Therapieentscheidung tatsächlich beeinflussen. Ebenso lassen sich für den unbekannten Primärtumor im Kopf-Hals-Bereich sehr qualifizierte Einschlusskriterien zur PET benennen. Nach der histologischen Sicherung einer Metastase (meist Plattenepithelkarzinom) aus einem vergrößerten Halslymphknoten gehören die Panendoskopie, die MR der Kopf-Hals-Region und die CT des Thorax (Ausschluss eines Bronchialkarzinoms) zum diagnostischen Standard und rechtfertigen die Diagnose »Carcinoma of unknown primary«. Entsprechende Daten liegen auch für das deutsche Gesundheitssystem vor (10).

Schlussfolgerung Obwohl PET als Verfahren auf eine 20- bis 25-jährige Entwicklungsgeschichte zurückblickt, hielt sie erst in den vergangenen zehn Jahren Einzug in die klinische Diagnostik im Bereich der Onkologie. Nachdem Deutschland in diesen zehn Jahren weltweit (auch im Vergleich mit den USA) bei der klinisch-wissenschaftlichen Überprüfung der Validität von F-18-FDG-PET in der Onkologie führend war, so steht es nun aufgrund des BAÄK-Beschlusses und der Zustimmung des zuständigen Bundesgesundheitsministeriums in dieser Hinsicht als »Schlusslicht« da. Zwar ist die PET-Einzelleistung relativ teuer, was dem Verfahren PET unter den

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verschärften Bedingungen des Verteilungskampfs im Gesundheitswesen nicht viele Freunde verschafft hat. Andererseits handelt es sich bei PET nicht um Massenuntersuchungen (die in der Medizin in der Summe die hohen Kosten ausmachen), sondern vielmehr um den gezielten Einsatz dieses potenten Verfahrens bei bestimmten onkologischen Subkollektiven und diagnostischen Problemfällen. Hier ist PET häufig kosteneffektiv, ggf. sogar die dominante und langfristig kostensenkende Strategie. Letzteres bedeutet, dass die grundsätzliche Ablehnung der PET als Leistung der Gesetzlichen Krankenkassen nicht nur eine Rationierung darstellt und damit unethisch ist, sondern auch ökonomischen Gesichtspunkten widerspricht. M. Dietlein, H. Schicha Klinik und Poliklinik für Nuklearmedizin der Universität zu Köln

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