Die Optimierung der Nachbetriebsphase

Atomrecht – Nachbetriebsphase Der deutsche Gesetzgeber hat die Ereignisse von Fukushima im März 2011 zum Anlass genommen, mit Inkrafttreten der 13. At...
Author: Carin Geiger
6 downloads 3 Views 172KB Size
Atomrecht – Nachbetriebsphase Der deutsche Gesetzgeber hat die Ereignisse von Fukushima im März 2011 zum Anlass genommen, mit Inkrafttreten der 13. AtGNovelle zum 06.08.2011 8 deutsche Kernkraftwerke endgültig „abzuschalten“. Die Betreiber dieser Kernkraftwerke sind unvermittelt in die Situation gebracht worden, diese auf einen noch mehrere Jahre möglichen Leistungsbetrieb ausgerichteten Anlagen endgültig stillzulegen und rückzubauen. Wegen der absehbaren Dauer der erforderlichen Genehmigungsverfahren gem. § 7 Abs. 3 AtG für Stilllegung und Rückbau stellt sich die Frage, wie die wohl mehrjährige Phase bis zur Erteilung einer Stilllegungs-/ und ersten Abbaugenehmigung sinnvoll und ohne Verstoß gegen atomrechtliche Vorschriften genutzt werden kann, um sinnlose Kosten zu vermeiden. Der Beitrag • zeigt auf, dass der Gesetzgeber mit der 13. AtG-Novelle unmittelbar in die bestehenden atomrechtlichen Betriebsgenehmigungen eingegriffen und die dort verankerte Berechtigung zum Leistungsbetrieb durch gesetzliches Dekret zum Erlöschen gebracht hat, • analysiert die Konsequenzen dieses gesetzgeberischen Eingriffs in den Genehmigungsbestand, • hinterfragt, ob die bisher vertretene Grenzziehung zwischen Betriebsgenehmigungsregime einerseits und Stilllegungsregime andererseits nach diesem gesetzgeberischen Eingriff noch stimmig ist, und • zeigt auf, welche Handlungsmöglichkeiten nunmehr in der Nachbetriebsphase bis zur Erteilung einer Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG unter dem Betriebsgenehmigungsregime rechtlich zulässig sind.

Anschrift des Verfassers: Rechtsanwalt und Notar Frank-J. Scheuten Kümmerlein Rechtsanwälte & Notare Messeallee 2 45131 Essen Der Beitrag beruht auf einem Vortrag, den der Verfasser am 19. Januar 2012 im Rahmen des Rückbau-Symposiums 2012, Stilllegung in Deutschland: Herausforderungen und Lösungen, Strategien zum Rückbau kerntechnischer Anlagen sowie zur Entsorgung radioaktiver Abfälle, 18. bis 20. Januar 2012 in Köln, gehalten hat. Der Autor  ist Seniorpartner der Kanzlei Kümmerlein, Rechtsanwälte und Notare, Essen. Er betreut seit über 30 Jahren kerntechnische Großvorhaben.

156

Die Optimierung der Nachbetriebsphase Frank-J. Scheuten, Essen

I Einleitung

II Problemstellung

Mit der 13. AtG-Novelle (AtG: Atomgesetz) hat die schwarz-gelbe Bundesregierung etwas ins Werk gesetzt, von dem zumindest der grüne Partner der vormaligen rot-grünen Regierung immer geträumt hatte. Mittels gesetzlichem Dekret wurden in einem ersten Schritt 8 deutsche Kernkraftwerke mit Inkrafttreten der 13. AtG-Novelle zum 6. August 2011 [1] auf Dauer und endgültig, so die 13. AtG-Novelle sich als verfassungskonform erweisen sollte [2], vom Netz genommen. Inhalt dieses Beitrags soll nicht sein, diese politische Entscheidung in ihrem Ergebnis zu kommentieren. Allerdings ist es schon ein mehr als bemerkenswerter Vorgang, wenn eine Regierung in einer die nachhaltige Entwicklung und den Wohlstand unseres Landes grundlegend berührenden existentiellen Frage, nämlich der Sicherstellung einer zuverlässigen, dauerhaften und bezahlbaren Energieversorgung, innerhalb von wenigen Tagen [3] das Ruder um 180 Grad herumreißt. Dieses Manöver, das in der Seefahrt nur als Manöver des letzten Augenblicks [4] zulässig und in der Politik weitgehend unbekannt und unerprobt ist, hat viele zum Teil noch gar nicht absehbare Konsequenzen für unser Land, für uns alle als Bürger dieses Landes, für die unmittelbar betroffenen Mitarbeiter im Bereich der Kerntechnik und nicht zuletzt auch für die Betreiber der betroffenen Kernkraftwerke. Der folgende Beitrag befasst sich mit einem kleinen Teilausschnitt dieser Konsequenzen, nämlich mit der Frage, welche Handlungsmöglichkeiten die Betreiber der 8 unmittelbar mit Inkrafttreten des Gesetzes – unjuristisch gesprochen – „abgeschalteten“ Kernkraftwerke haben, sofern sie die gesetzlich dekretierte „Abschaltung“ akzeptieren bzw. akzeptieren müssen. Es geht schlicht um die Frage, welche Schritte in Richtung Abbau und Stilllegung der Anlagen möglich sind und welchem rechtlichen Genehmigungs- oder Zustimmungsregime sie unterfallen.

1 Genehmigungsregime Betrachtet man die Entwicklung eines Kernkraftwerks von der Planung über die Errichtung, den Betrieb, die Stilllegung und den Abbau bis zur Wiederherstellung der sog. grünen Wiese [5], so zeigt sich, dass mit Ausnahme der Planungsphase sämtliche dieser Phasen einer entsprechenden atomrechtlichen Legitimationsgrundlage bedürfen: • Errichtungsphase – Errichtungsgenehmigungen nach § 7 Abs. 1 AtG • Probebetriebsphase – Probebetriebsgenehmigung nach § 7 Abs. 1 AtG • Betriebsphase – Betriebsgenehmigung nach § 7 Abs. 1 AtG • Stilllegungsphase [6] – Stilllegungsgenehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG und • Einschluss [7]-/Abbauphase [8] – Einschluss-/Abbaugenehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG Von besonderem Interesse im Hinblick auf die rechtlichen Handlungsmöglichkeiten nach dem gesetzlich verfügten „Aus“ für 8 deutsche Kernkraftwerke ist die Abgrenzung zwischen der Betriebsphase einerseits und der Stilllegungs- und Abbau-/Einschlussphase andererseits, also rechtlich gesehen die Abgrenzung zwischen dem Betriebsgenehmigungsregime nach § 7 Abs. 1 AtG und dem Stilllegungs-/Abbau-/Einschlussregime nach § 7 Abs. 3 AtG. Die Betriebsphase eines Kernkraftwerks ist im Wesentlichen dadurch gekennzeichnet, dass die Anlage im Leistungsbetrieb, also „kritisch“, gefahren wird (sog. Leistungsbetriebsphase [9]). Darüber hinaus liegen in der Betriebsphase eines Kraftwerks notwendigerweise auch Phasen, in denen Nullleistung gefahren wird (z.B. während der Revision). Bei diesen Phasen handelt es sich um Unterbrechungen des Leistungsbetriebs mit dem Ziel oder der Erwartung, den Leistungsbetrieb nach Abschluss der Revision oder aber unter bestimmten veränderten Randbedingungen

atw 57. Jg. (2012) Heft 3 | März

Atomrecht – Nachbetriebsphase ggf. wieder aufzunehmen. Derartige – auch längere – Unterbrechungen des Leistungsbetriebs mit dem Ziel und auch der rechtlichen Möglichkeit, den Leistungsbetrieb wieder aufzunehmen, sind sog. Nichtleistungsbetriebsphasen, die auch durch die Betriebsgenehmigung abgedeckt sind. [10] Die Phase des Stillstandes eines Kernkraftwerks nach der – freiwilligen oder behördlich/gesetzlich erzwungenen – definitiven Einstellung des Leistungsbetriebs, aber vor Erteilung der Stilllegungsgenehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG, unterscheidet sich – zunächst jedenfalls – nicht von der vorübergehenden Nichtleistungsbetriebsphase. Auch diese dauerhafte Nichtleistungsbetriebsphase, die sog. Nachbetriebsphase, ist durch die erteilte Betriebsgenehmigung abgedeckt. [11] Überlegungen, dass eine solche Nachbetriebsphase nur durch eine Stilllegungsgenehmigung zu legitimieren sei [12], haben sich – zu Recht – nicht durchgesetzt. So hat das Bundesverwaltungsgericht eindeutig entschieden, dass die Stilllegung, solange sie nicht als endgültige genehmigt ist, im Rahmen des nach § 7 Abs. 1 AtG genehmigten Betriebs als vorläufige Stilllegung zulässig ist. [13] Damit kann festgehalten werden, dass die Legitimationsgrundlage für vorübergehende Nichtleistungsbetriebsphasen und für die dauerhafte Nichtleistungsbetriebsphase, die Nachbetriebsphase, jeweils die vorliegende atomrechtliche Betriebsgenehmigung mit dem dort festgeschriebenen Betriebsreglement (Betriebshandbuch – BHB, Notfallhandbuch – NHB) und den dort verbindlich gemachten Auflagen ist.

2

Abgrenzung des Genehmigungsregimes nach § 7 Abs. 1 AtG vom Stilllegungsregime nach § 7 Abs. 3 AtG vor der 13. AtG-Novelle

Vor diesem Hintergrund wird überwiegend die Auffassung vertreten, dass in der sog. Nachbetriebsphase eine Anlage keine Veränderungen erfahren darf, die mit dem von der Betriebsgenehmigung legitimierten Betrieb der Anlage nicht vereinbar sind bzw. dem Betrieb der Anlage diametral entgegenlaufen. [14] Derartige Maßnahmen, insbesondere der Abbau von Anlagenteilen, die den sicheren Betrieb der Anlage gewährleisten, sind danach nur auf der Grundlage einer entsprechenden Abbaugenehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG zulässig. Auch die Veränderung des BHB in ein Stillstands-/ Restbetriebs-BHB ist nach dieser Auffassung nur im Rahmen einer Stilllegungsgenehmigung möglich. Zulässig sind in der Nachbetriebsphase nur solche Maßnahmen, die rückgängig zu machen sind und in Bezug auf den Betrieb der Anlage keine entgegenstehenden vollendeten Tatsachen schaffen, und daher auch im aufsichtlichen Verfahren zustimmungsfähig sind.

atw 57. Jg. (2012) Heft 3 | März

Die rechtlichen und tatsächlichen Handlungsmöglichkeiten des Betreibers in der Nachbetriebsphase sind demnach im Wesentlichen auf Veränderungen oder Anpassungen außerhalb der atomrechtlichen Anlage beschränkt. Veränderungen von atomrechtlich genehmigten Anlagenteilen, Komponenten, Systemen und/oder Gebäuden, die nicht im Einklang mit dem Betrieb stehen, sind daher unter dem Regime des § 7 Abs. 1 AtG unzulässig. a Rechtlicher Hintergrund Die Rechtfertigung für diese sehr strikte Abgrenzung zwischen den Handlungsmöglichkeiten unter dem Betriebsgenehmigungsregime einerseits und den ausschließlich dem Stilllegungs-/Abbauregime zugewiesenen Maßnahmen andererseits lässt sich aus dem Atomgesetz selbst nicht herleiten. Im Gegenteil: Die Vorschrift des § 7 Abs. 3 AtG enthält sogar in Satz 3 eine Vorrangregelung für eine Legitimation von Abbaumaßnahmen durch Genehmigungen nach § 7 Abs. 1 AtG. In § 7 Abs. 3 Satz 3 AtG heißt es nämlich: „Eine Genehmigung nach Satz 1 ist nicht erforderlich, soweit die geplanten Maßnahmen bereits Gegenstand einer Genehmigung nach Absatz 1 Satz 1 oder Anordnung nach § 19 Abs. 3 AtG gewesen sind.“ Im Klartext heißt das: Ist der Abbau eines Anlagenteils bereits Gegenstand einer früher erteilten Errichtungs- oder Änderungsgenehmigung gewesen, ist dieser Abbau nicht noch zusätzlich durch eine Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG zu legitimieren. Diese Vorschrift hat zum einen eine Klarstellungsfunktion dahin gehend, dass der mit dem über eine Änderungsgenehmigung legitimierten Austausch einhergehende notwendige Ausbau des „alten“ Anlagenteils nicht noch zusätzlich einer Legitimation nach § 7 Abs. 3 AtG bedarf. Zum anderen wird hierdurch aber auch klargestellt, dass unter dem Regime einer Betriebsgenehmigung auch der reine Abbau von für den sicheren Betrieb nicht oder nicht mehr erforderlichen Anlagenteilen oder Systemen (z.B. Sprühsystem) über eine Genehmigung nach § 7 Abs. 1 AtG legitimiert werden kann, ohne dass zusätzlich noch eine Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG erforderlich ist. [15] Daraus kann aber nicht abgeleitet werden, dass in der Nachbetriebsphase ohne Weiteres Änderungsgenehmigungen zur Legitimation von Abbaumaßnahmen zulässig sind. Dies ergibt sich zwar nicht unmittelbar aus den gesetzlich fixierten Regelungen des AtG, sondern aus den allgemein im Verwaltungsrecht verankerten Grundsätzen zum zulässigen Regelungsumfang von Änderungsgenehmigungen. Änderungsgenehmigungen sind nur insoweit zulässig, als sie das von der zu ändernden Genehmigung umfasste Vorhaben zwar wesentlich verändern [16], aber in seiner Identität unberührt lassen. Durch ei-

ne Änderungsgenehmigung darf letztlich der Gesamtgenehmigungsbestand nicht so umgestaltet werden, dass der nach Änderungsgenehmigung neu geregelte Sachverhalt im Verhältnis zum bisher geregelten Sachverhalt ein „Aliud“ darstellt. [17] Die Abgrenzung von einer auf Grundlage einer Änderungsgenehmigung möglichen Veränderung und einem eine Neugenehmigung erfordernden „Aliud“ erfolgt anhand einer wertenden Betrachtung der Kernbestandteile der Anlage, die deren Umfang und Identität bisher prägten und die nun geändert werden sollen. Solange der Charakter der Anlage keine Veränderung erfährt, liegt eine Änderung und keine Neuerrichtung vor. [18] In dem Moment, in dem über eine Änderungsgenehmigung eine derart weitreichende Maßnahme legitimiert werden soll, die im Verhältnis zum ursprünglich genehmigten Legitimationsumfang und –inhalt zu einem „Aliud“ führen würde, handelt es sich nicht mehr um eine Änderungsgenehmigung. In diesem Fall ist vielmehr eine umfassende Neugenehmigung erforderlich. b Umfang und Grenzen der Betriebsgenehmigung Betrachtet man vor diesem Hintergrund den Legitimationsumfang und -inhalt einer atomrechtlichen Vollgenehmigung einschließlich der Betriebsgenehmigung nach § 7 Abs. 1 AtG für ein Kernkraftwerk, enthält diese im Wesentlichen die folgenden mit Legitimationswirkung ausgestatteten Inhalte: • Gestattung des Leistungsbetriebs • Gestattung des vorübergehenden Nichtleistungsbetriebs (z.B. Revision) • Gestattung des dauerhaften Nichtleistungsbetriebs (Nachbetriebsphase) • Gestattung der Aufbewahrung und des Umgangs von/mit Kernbrennstoffen • Gestattung des Umgangs mit sonstigen radioaktiven Stoffen und • Gestattung des Innehabens der in Übereinstimmung mit den Errichtungsgenehmigungen errichteten atomrechtlichen Anlage Gemessen an diesen Inhalten einer atomrechtlichen Vollgenehmigung können und dürfen im Rahmen einer diese Betriebsgenehmigung bzw. Errichtungsgenehmigung ändernden „Änderungsgenehmigung“ auch nur solche Sachverhalte gestattet werden, die nicht im Widerspruch zu diesen Legitimationswirkungen stehen. Konkret heißt das, dass Änderungen, die der Durchführung des in der Betriebsgenehmigung gestatteten Leistungsbetriebs entgegenstehen bzw. diesen geradezu unmöglich machen, außerhalb des zulässigen Regelungsumfangs einer Änderungsgenehmigung nach § 7 Abs. 1 AtG liegen. [19] Eine derartige Änderungsgenehmigung würde zu einer die Grenze einer bloßen Änderung überschreitenden grundlegenden Umgestaltung des vorhandenen Genehmigungsbestandes führen.

157

Atomrecht – Nachbetriebsphase Von daher ist die von der herrschenden Auffassung [20] vertretene Position, dass im Rahmen der Nachbetriebsphase unter dem Betriebsgenehmigungsregime grundsätzlich keine dem Betrieb der Anlage zuwiderlaufende Änderungen genehmigt werden können und dürfen, nachvollziehbar und zutreffend. Zusammenfassend kann daher festgehalten werden: Wegen der durch die Grenze des „Aliud“ limitierten Möglichkeiten einer Änderungsgenehmigung können grundsätzlich über eine Änderungsgenehmigung keine Maßnahmen zugelassen werden, die im Widerspruch zu dem in der Betriebsgenehmigung gestatteten Leistungsbetrieb stehen.

3 Konsequenzen für die acht „abgeschalteten“ Kernkraftwerke Dieser Befund ist zunächst einmal ernüchternd. Für die Betreiber bedeutet er, dass die 8 Anlagen, die nach dem Willen des Gesetzgebers nie wieder Leistungsbetrieb machen dürfen, bis zur Erteilung einer entsprechenden Stilllegungs- und Abbaugenehmigung in einem Zustand gehalten werden müssen, der einen Betrieb, obwohl er nicht mehr zulässig ist, gleichwohl noch ermöglicht. Ernüchternd ist das deswegen, weil die Erfahrungen der Vergangenheit gezeigt haben, dass der Zeitraum bis zur Erlangung einer Stilllegungs- und ersten Abbaugenehmigung durchaus 3 bis 5 Jahre betragen kann. Die Ursachen und Gründe hierfür sind vielschichtig und können auch nicht eindeutig an einem der handelnden Akteure – Antragsteller, Behörde oder Gutachter – festgemacht werden. Einer der wesentlichen Gründe liegt in der aus der Unsicherheit über den notwendigen Umfang der nach § 3 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Nr. 11.1 der Anlage 1 UVPG [21] durchzuführenden Umweltverträglichkeitsprüfung zum Teil resultierenden Ausweitung des Umfangs der Umweltverträglichkeitsuntersuchung und -prüfung. Unzweifelhaft muss bei der Festlegung des für die möglichen Umweltauswirkungen eines Stilllegungsvorhabens zu betrachtenden Untersuchungsraums, bei der Datenerhebung, bei der Identifikation relevanter Vorbelastungen und bei der Bewertung der Auswirkungen sorgfältig darauf geachtet werden, dass die vom Vorhabenträger durchzuführende Umweltverträglichkeitsuntersuchung und die von der Behörde vorzunehmende Umweltverträglichkeitsprüfung keine gravierenden Fehler oder Defizite aufweist. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund eines aktuellen Vorlagebeschlusses des Bundesverwaltungsgerichts vom 10.01.2012. [22] Darin hat das BVerwG dem Europäischen Gerichtshof unter anderem die Frage der Vereinbarkeit des § 4 Abs. 1 S. 1 UmwRG [23] mit Unionsrecht gestellt. Nach dieser Vorschrift berechtigen bloße Mängel bei der Durchführung einer

158

erforderlichen Umweltverträglichkeitsprüfung nicht zur Aufhebung einer Verwaltungsentscheidung; sondern diese Folge tritt nur dann ein, wenn die UVP vollständig unterblieben ist. Gelangt der EuGH im Rahmen der Vorabentscheidung zur Auffassung, dass diese Norm gegen Unionsrecht verstößt, könnten auch Einzelfehler einer UVP zur Aufhebung etwa einer Stilllegungsgenehmigung führen. Eine solche Entscheidung bedeutete jedoch eine deutliche Abkehr von der Konzeption der genannten Norm und dem Grundsatz, dass einzelne Fehler bei der Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung grundsätzlich nicht zur Aufhebung ausreichen. [24] Vor diesem Hintergrund ist es dringend erforderlich, dass die Umweltverträglichkeitsprüfung genau an dem materiell-rechtlichen Prüfungsgegenstand, aber auch nur an diesem, ausgerichtet ist und der gesamte Untersuchungs- und Prüfungsprozess stringent nach Projektmanagementgrundsätzen begleitet wird, um Fehlentwicklungen und Ausuferungen zu vermeiden.

III Lösungsansatz Es bleibt daher die Frage, ob es jenseits von Stilllegungs- und Abbauverfahren rechtlich zulässige und tatsächlich sinnvolle Möglichkeiten gibt, die Zeit bis zur Erteilung einer ersten Stilllegungs- und Abbaugenehmigung zu nutzen, um sinnlose Kosten, die mit einem schlichten Zuwarten auf diese Legitimationen verbunden sind, zu vermeiden. Auf den ersten Blick scheint jedoch der oben dargestellte Befund, dass über eine Änderungsgenehmigung keine Maßnahmen zugelassen werden können, die im Widerspruch zu dem in der Betriebsgenehmigung gestatteten Leistungsbetrieb stehen, ein unüberwindliches Hindernis zu bilden. Allerdings nur auf den ersten Blick; denn die Betriebsgenehmigungen der 8 sog. „älteren“ Anlagen verfügen gar nicht mehr über eine Legitimation zum Leistungsbetrieb.

1 Der Wegfall der Berechtigung zum Leistungsbetrieb durch die 13. AtG-Novelle Mit der 13. AtG-Novelle hat der Gesetzgeber in § 7 Abs. 1a AtG festgelegt, dass bei allen Kernkraftwerken zu einem jeweils bestimmten Zeitpunkt „die Berechtigung zum Leistungsbetrieb erlischt“. Bei den 8 „älteren“ Anlagen ist die Berechtigung zum Leistungsbetrieb bereits mit Inkrafttreten des Gesetzes am 6. August 2011 erloschen. Zwar hatte bereits die 10. AtG-Novelle mit der Einführung von Stromkontingenten das Erlöschen der Berechtigung zum Leistungsbetrieb an den Verbrauch der letzten KW-Stunde geknüpft. [25] Zu einem Erlöschen der Berechtigung zum Leistungsbetrieb ist es jedoch bei

keiner der unter der Geltung der 10. AtG-Novelle endgültig vom Netz genommenen Anlagen gekommen, weil die Betreiber bei diesen Anlagen nicht das gesamte Stromkontingent verbraucht haben. Diese Lage hat sich mit der 13. AtG-Novelle drastisch geändert. Es liegt gar nicht mehr in der Hand der Betreiber, ob die Berechtigung zum Leistungsbetrieb erlischt oder nicht. Ist das für jede Anlage bestimmte Datum erreicht, erlischt die Berechtigung zum Leistungsbetrieb automatisch. Diese Situation ist bei den 8 sog. älteren Anlagen bereits eingetreten. Die für diese Anlagen vorliegenden Betriebsgenehmigungen sind durch unmittelbaren gesetzlichen Eingriff um die Gestattung zum Leistungsbetrieb reduziert worden. In der Gesetzesbegründung der Fraktionen SPD und Bündnis 90/Die Grünen zum Entwurf eines Gesetzes zur geordneten Beendigung der Kernenergienutzung zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität (10.  AtG-Novelle) wird zwar der Versuch unternommen, den Eingriff in die jeweiligen individuellen atomrechtlichen Betriebsgenehmigungen zu kaschieren, indem versucht wird, die Berechtigung zum Leistungsbetrieb als die Gestattung zur Produktion von Elektrizität zu definieren und auf diese zu reduzieren. [26] Dieser Versuch ist jedoch untauglich, und zwar aus 2 Gründen: • Zum einen lässt eine angeblich aus dem Wortlaut des § 7 Abs. 1a AtG ableitbare Interpretation des Begriffs „Berechtigung zum Leistungsbetrieb“ als „Berechtigung zur Erzeugung von Elektrizität mittels Spaltung von Kernbrennstoffen“ gerade den klaren Wortlaut dieser Vorschrift völlig außer Acht und setzt sich über einfache grammatikalische Grundsätze hinweg. In § 7 Abs. 1 a AtG wird grammatikalisch überhaupt kein Zusammenhang zwischen dem dort verwandten Begriff des „Leistungsbetriebs“ und der „gewerblichen Erzeugung von Elektrizität“ hergestellt. In § 7 Abs. 1 a AtG wird nämlich der Leistungsbetrieb nicht als „Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität“ definiert. Vielmehr wird in § 7 Abs. 1 a AtG festgelegt, dass „nur“ solche Berechtigungen zum Leistungsbetrieb erlöschen, die „einer Anlage zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität“ erteilt sind. Die im Gesetzestext enthaltene Sequenz „zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität“ ist ausschließlich dem Begriff „Anlage zur Spaltung von Kernbrennstoffen“ zugeordnet und steht in keinem sprachlichen oder grammatikalischen Zusammenhang mit dem Tatbestandsmerkmal „Berechtigung zum Leistungsbetrieb“. [27] Die Formulierung „Anlage zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen

atw 57. Jg. (2012) Heft 3 | März

Atomrecht – Nachbetriebsphase Erzeugung von Elektrizität“ wird im Übrigen in gleicher Weise auch in anderen Vorschriften des Atomgesetzes, wie etwa § 7 Abs. 1 Satz 2 und § 19 a Abs. 1 Satz 1 AtG, verwandt. Sie stellt einen feststehenden Begriff des Atomgesetzes dar, der nicht auseinander gerissen werden darf und der dazu dient, eine Abgrenzung dieser Anlagen zu den Forschungsreaktoren vorzunehmen, deren Genehmigungen unberührt bleiben sollten. [28] • Zum anderen können nur Berechtigungen erlöschen oder zum Erlöschen gebracht werden, die auch tatsächlich und rechtlich existieren. Ein Recht „zur Produktion von Elektrizität mittels Spaltung von Kernbrennstoffen“ wird weder nach dem Atomgesetz noch nach sonstigen Vorschriften verliehen. Daher scheitert ein Umdefinieren des Rechts zum Leistungsbetrieb in ein Recht zur „Produktion von Elektrizität mittels Spaltung von Kernbrennstoffen“ bereits daran, dass ein solches Recht überhaupt nicht Gegenstand einer Genehmigung nach § 7 Abs. 1 AtG oder einer sonstigen Genehmigung sein kann und damit nicht existent ist. Gegenstand der atomrechtlichen Genehmigung nach § 7 AtG ist allein die Errichtung und der Betrieb einer Anlage zur Spaltung von Kernbrennstoffen. Erlöschen kann insoweit auch nur das, was nach den atomrechtlichen Vorschriften mit der Genehmigung konstitutiv zu gestatten war und im Einzelfall gestattet worden ist. [29] In diesem Sinne ist in den Betriebsgenehmigungen der Kernkraftwerke der Leistungsbetrieb als die Berechtigung zur gezielten nuklearen Wärmeproduktion gestattet worden. [30] Nur diese Berechtigung war und konnte Zielobjekt des in § 7 Abs. 1 a AtG angeordneten Erlöschenstatbestandes sein. Nur diese Sichtweise entspricht auch der gesetzgeberischen Zielsetzung, gerade den Leistungsbetrieb im Sinne der gezielten nuklearen Wärmeproduktion infolge nuklearer Kettenreaktionen zu unterbinden bzw. strommengenmäßig bzw. zeitlich zu begrenzen. Weder die 13. AtG-Novelle noch zuvor die 10. AtGNovelle zielten darauf ab, die kommerzielle Produktion von Elektrizität als solche zu unterbinden. [31] Die weder mit dem Wortlaut noch mit der gesetzgeberischen Zielsetzung zu vereinbarende Uminterpretation des atomrechtlichen Leistungsbetriebs in eine Berechtigung zur gewerblichen Produktion von Elektrizität würde zu geradezu kuriosen und von der gesetzgeberischen Intention in keiner Weise gedeckten Konsequenzen führen. Bei dieser Sichtweise wären nämlich alle Betriebsweisen der Reaktoren zulässig, solange nur keine gewerbliche Erzeugung von Elektrizität stattfindet. So wäre der Betrieb des Reaktors zur Eigenbedarfsde-

atw 57. Jg. (2012) Heft 3 | März

ckung ebenso zulässig wie der Einsatz des Reaktors zur Produktion und Vermarktung von Wärme. Denkbar wären auch noch eine Reihe anderer Betriebsweisen des Reaktors ohne Ausrichtung auf eine gewerbliche Erzeugung von Elektrizität. Die gemessen an der gesetzgeberisch verfolgten Intention der schnellen und effektiven Reduktion von vermeintlichen Risiken im Zusammenhang mit dem Betrieb von Leistungsreaktoren handgreifliche Absurdität der Konsequenzen einer solchen „Uminterpretation“ des Begriffs bestätigt, dass die Vorschrift des § 7 Abs. 1 a AtG richtigerweise den in der atomrechtlichen Begriffswelt verwandten Begriff „Berechtigung zum Leistungsbetrieb“ als Tatbestandsmerkmal benutzt hat und nicht ein neues Tatbestandsmerkmal jenseits der atomrechtlich möglichen und erforderlichen Legitimationsinhalte kreiert hat. Festzuhalten ist damit, dass nach dem Wortlaut des Gesetzes und in Übereinstimmung mit der gesetzgeberischen Intention durch § 7 Abs. 1 a AtG gemäß Nummer 1 mit Ablauf des 6. August 2011 die für die 8 sog. älteren Anlagen vorliegenden Betriebsgenehmigungen durch unmittelbaren gesetzlichen Eingriff um die Gestattung zum Leistungsbetrieb im Sinne der Berechtigung zur gezielten nuklearen Wärmeproduktion reduziert worden sind. Nach Erlöschen dieser Berechtigung verfügen die Betriebsgenehmigungen noch über die Gestattungen des dauerhaften Nichtleistungsbetriebs (Nachbetriebsphase), der Aufbewahrung und des Umgangs von bzw. mit Kernbrennstoffen und sonstigen radioaktiven Stoffen und der Gestattung des Innehabens der in Übereinstimmung mit den Errichtungsgenehmigungen errichteten atomrechtlichen Anlage. Die Gestattungen zum Leistungsbetrieb und zum vorübergehenden Nichtleistungsbetrieb sind nicht mehr Regelungsgegenstand der Betriebsgenehmigungen dieser Anlagen. Für die bislang geltende Grenze zulässiger Maßnahmen in der Nachbetriebsphase auf der Grundlage des Betriebsgenehmigungsregimes ist damit der bisher in der Betriebsgenehmigung vorhandene Anknüpfungspunkt, nämlich die Gestattung des Leistungsbetriebs, nicht nur verloren gegangen, sondern gezielt beseitigt worden. Mit der eingetretenen Veränderung des Genehmigungsbestandes hat sich damit auch der Spiegel verändert, an dem die rechtlich zulässige Reichweite von Änderungsgenehmigungen zu orientieren ist. Die Veränderung besteht in 2 Richtungen: • Änderungsgenehmigungen, die auf den Leistungsbetrieb der Anlage ausgerichtet sind, sind nicht mehr zulässig; denn die atomrechtliche Vollgenehmigung enthält gerade die Legitimation zum Leistungsbetrieb nicht mehr. Änderungsgenehmigungen, die dem Leistungsbe-

trieb dienen, stehen diametral im Widerspruch zum Inhalt der vorhandenen atomrechtlichen Legitimation. • Änderungsgenehmigungen, die dem Leistungsbetrieb zuwiderlaufen, sind nunmehr grundsätzlich zulässig; denn der Leistungsbetrieb gehört nicht mehr zur Legitimation der vorhandenen atomrechtlichen Genehmigungsgrundlage. Solche Änderungsgenehmigungen, die den Leistungsbetrieb verunmöglichen, stehen jetzt nicht mehr diametral im Widerspruch zum Inhalt der vorhandenen atomrechtlichen Legitimation, sondern geradezu mit dieser im Einklang.

2 Verschiebung der Grenze zulässiger Änderungsgenehmigungen Damit verschiebt sich die bisherige Grenze zulässiger Änderungsgenehmigungen. Gerade die in der Betriebsgenehmigung ausgesprochene Gestattung des Leistungsbetriebs führte dazu, dass die bislang zutreffende rechtliche Grenze für zulässige Maßnahmen in der Nachbetriebsphase dort gezogen wurde, wo Maßnahmen dem gestatteten Leistungsbetrieb zuwiderliefen. Da die Gestattung zum Leistungsbetrieb durch gesetzgeberischen Eingriff in den Genehmigungsbestand beseitigt worden ist, kann die Zulässigkeit von etwaigen Maßnahmen in der Nachbetriebsphase rechtlich nicht mehr danach bemessen werden, ob sie im Widerspruch zum gestatteten Leistungsbetrieb stehen. Die Frage des „Aliuds“, das zulässigerweise nicht Gegenstand einer Änderungsgenehmigung sein kann, ist nunmehr unter Berücksichtigung der veränderten Regelungsgehalte des vorliegenden Genehmigungsbestandes dieser Anlagen neu zu beantworten. Eine Rechtfertigung, Maßnahmen deswegen für unzulässig und nicht genehmigungsfähig bzw. nicht zustimmungsfähig zu erklären, weil sie dem Leistungsbetrieb zuwiderlaufen, besteht nicht mehr. Der Spiegel, der für die Bemessung zulässiger Änderungsmaßnahmen maßgeblich ist, wird nunmehr durch die verbliebenen Gestattungsinhalte des vorhandenen Genehmigungsbestandes neu definiert. Danach dürfen keine Änderungsmaßnahmen zugelassen werden, die dem noch gestatteten dauerhaften Nichtleistungsbetrieb (Nachbetriebsphase) sowie der Gestattung der Aufbewahrung und des Umgangs von bzw. mit Kernbrennstoffen und sonstigen radioaktiven Stoffen zuwiderlaufen. Maßnahmen, die dieses Kriterium beachten, können zulässigerweise Gegenstand von Änderungsgenehmigungen bzw. aufsichtlichen Zustimmungen sein, selbst wenn diese Maßnahmen dem ursprünglich gestatteten Leistungsbetrieb zuwiderlaufen würden. Solche Maßnahmen stellen nach dem gesetzgeberischen Eingriff in den Genehmigungsbestand mit der Beseitigung

159

Atomrecht – Nachbetriebsphase des Rechts zum Leistungsbetrieb gemessen am verbliebenen Regelungsbestand kein „Aliud“ mehr dar.

3 Nunmehr zulässige Änderungsgenehmigungen Konkret bedeutet dies, dass unter dem Betriebsgenehmigungsregime, das durch gesetzgeberischen Eingriff nicht mehr auf Leistungsbetrieb ausgerichtet ist, nunmehr Veränderungen vorgenommen werden dürfen, die letztlich auch im Widerspruch zur Wiederaufnahme des Leistungsbetriebs stehen. Von daher wäre es rechtlich zulässig, die Regelungen des Betriebshandbuchs (BHB), die sowohl auf Leistungsbetrieb als auch auf vorübergehenden Nichtleistungsbetrieb einschließlich Aufbewahrung von Kernbrennstoffen und Umgang mit sonstigen radioaktiven Stoffen ausgerichtet sind, so zu verändern, dass sie nunmehr nur noch den dauerhaften Nichtleistungsbetrieb einschließlich Aufbewahrung von Kernbrennstoffen und Umgang mit sonstigen radioaktiven Stoffen abdecken. In diesem Zusammenhang können • Regelungen zur dauerhaften Freischaltung ausschließlich für den Leistungsbetrieb erforderlicher Systeme und Komponenten getroffen werden • sicherheitstechnisch bedeutsame, nur für den Leistungsbetrieb erforderliche Systeme heruntergestuft werden • WKP-Maßnahmen [32] auf ausschließlich für den dauerhaften Nichtleistungsbetrieb einschließlich Aufbewahrung von Kernbrennstoffen und Umgang mit sonstigen radioaktiven Stoffen erforderliche Systeme und Komponenten begrenzt werden • Instandhaltungsmaßnahmen reduziert werden • Regelungen und Anforderungen der Personellen Betriebsorganisation (PBO) hinsichtlich der personellen Ausstattung reduziert werden und • weitere Vereinfachungen im Hinblick auf die nunmehr nur noch für den dauerhaften Nichtleistungsbetrieb einschließlich Aufbewahrung von Kernbrennstoffen und Umgang mit sonstigen radioaktiven Stoffen erforderlichen Vorkehrungen und Anforderungen geregelt werden. Entscheidend ist aber, dass über Änderungsgenehmigungen auch bauliche Veränderungen an solchen Systemen, Komponenten, Anlagenteilen und/oder Gebäuden durchgeführt werden können, die ausschließlich für den Leistungsbetrieb und den vorübergehenden Nichtleistungsbetrieb sicherheitstechnisch erforderlich sind. Hier ist insbesondere an Teile des Frischdampfsystems und Teile des ausschließlich für den Leistungsbetrieb erforderlichen Speisewassersystems im Bereich des Ma-

160

schinenhauses zu denken. Durch solche Veränderungen wird der tatsächliche Anlagenbestand an den nach dem gesetzgeberisch angeordneten Erlöschen der Berechtigung zum Leistungsbetrieb verbliebenen rechtlichen Genehmigungsinhalt herangeführt. Von daher können im Rahmen von Änderungsgenehmigungen nach § 7 Abs. 1 AtG Systeme, Komponenten, Anlagenteile und/oder Gebäude, die ausschließlich sicherheitstechnische Funktionen für den Leistungsbetrieb haben, geändert und zurückgebaut werden. Soweit die Funktion dieser Bereiche ausschließlich eine Relevanz für den Leistungsbetrieb hat, ist die Grenze des zulässigen Inhalts einer Änderungsgenehmigung nicht erreicht. Durch § 7 Abs. 3 Satz 3 AtG ist klargestellt, dass insoweit auch keine Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG erforderlich ist. Im Rahmen einer solchen Änderungsgenehmigung ist, abgesehen von der Prüfung und Entscheidung der ausschließlichen Funktion für den Leistungsbetrieb, insbesondere auch zu prüfen, ob durch die Änderungsarbeiten sicherheitstechnisch relevante Beeinträchtigungen der für den dauerhaften Nichtleistungsbetrieb (Nachbetriebsphase), die Aufbewahrung und den Umgang von bzw. mit Kernbrennstoffen und sonstigen radioaktiven Stoffen noch erforderlichen Systeme denkbar sind, bzw. wie solche auszuschließen sind. Weiterhin wird es erforderlich sein, im Rahmen dieser Genehmigungsentscheidung auch zu prüfen, ob durch diese Maßnahmen spätere nach § 7 Abs. 3 AtG zu genehmigende Abbaumaßnahmen erschwert oder beeinträchtigt werden könnten.

4 Folgen für die Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung Es ist zu erwarten, dass gegen die vorgeschlagene Vorgehensweise eingewandt werden wird, durch diese würde die im Rahmen eines Stilllegungsverfahrens zwingende Umweltverträglichkeitsprüfung umgangen. Dies ist jedoch aus mehreren Gründen unzutreffend. Zunächst würde mit diesem Einwand das Verhältnis von Fachgesetz und UVP-Gesetz auf den Kopf gestellt. Die fachgesetzlich zulässige Vorgehensweise wird nicht durch das UVP-Gesetz determiniert, sondern ausschließlich durch die fachgesetzlich gesetzten Randbedingungen. Die Umweltverträglichkeitsprüfung ist nach wie vor ein unselbstständiger Verfahrensschritt im Rahmen der fachgesetzlichen Rechtsanwendung. [33] Wenn fachgesetzlich ein Änderungsgenehmigungsverfahren zulässig ist, ist dies die entscheidende Maßgabe, nach der sich die Vorgehensweise nach dem UVP-Gesetz zu richten hat. Der Umstand, dass ein solches Änderungsverfahren gemäß § 3 e Abs. 1 Nr. 2 UVPG eine allgemeine Vorprüfung auslöst

und, anders als ein Stilllegungsverfahren [34], nicht zwingend zu einer Umweltverträglichkeitsprüfung führt, mag für Einige Anlass sein, den hier skizzierten Weg von Änderungsgenehmigungen im Vorfeld einer Stilllegungsgenehmigung nicht mitgehen zu wollen. Rechtlich haltbar ist ein solcher Vorbehalt jedoch nicht; denn die fachgesetzlich zulässige Vorgehensweise hat sich nicht daran zu orientieren, ob eine zwingende Umweltverträglichkeitsprüfung für wünschenswert erachtet wird. Im Übrigen ist selbstverständlich auch bei jedem atomrechtlichen Änderungsgenehmigungsverfahren gemäß § 3 e Abs. 1 Nr. 2 UVPG im Rahmen eines Vorprüfverfahrens zu prüfen, ob mit der Änderung wesentliche Umweltauswirkungen verbunden sein können. Wenn diese Frage im Rahmen einer allgemeinen Vorprüfung zu Recht verneint wird, dürfte es auf der Hand liegen, dass derselbe Sachverhalt, wenn er Gegenstand einer zwingenden Umweltverträglichkeitsprüfung im Rahmen eines Stilllegungsverfahrens wäre, dort nicht anders bewertet werden könnte. Eine Umgehung oder Missachtung von Aspekten der Umweltverträglichkeitsprüfungspflicht ist daher nicht im Ansatz ersichtlich. Letztlich wird durch die hier skizzierte Vorgehensweise natürlich das Stilllegungsverfahren mit der dort vorgesehenen zwingenden Umweltverträglichkeitsprüfung in keiner Weise obsolet. Der Weg über Änderungsgenehmigungen im Vorfeld der Stilllegungsgenehmigung kann sich nur auf solche Anlagenteile, Systeme, Komponenten und Rohrleitungen beziehen, die ausschließlich für den jetzt nicht mehr legitimierten Leistungsbetrieb erforderlich sind. Die insbesondere auch unter dem Aspekt der Umweltverträglichkeit relevanten Maßnahmen wie der Abbau der Großkomponenten werden ebenso wie die radioaktiven Auswirkungen dieser Maßnahmen und des Restbetriebes Gegenstand von Genehmigungen nach § 7 Abs. 3 AtG [35] sein und damit auch Gegenstand der in diesem Zusammenhang zwingend durchzuführenden Umweltverträglichkeitsprüfung. Auch werden durch die vorgeschlagene Vorgehensweise nicht die Verfahrensvorschriften der AtVfV [36] umgangen. Nach Maßgabe des § 19 b Abs. 1 AtVfV müssen die Unterlagen, die einem erstmaligen Antrag auf Erteilung einer Genehmigung nach § 7 Abs.  3 des Atomgesetzes beizufügen sind, auch Angaben zu den insgesamt geplanten Maßnahmen zur Stilllegung, zum sicheren Einschluss oder zum Abbau der Anlage oder von Anlagenteilen enthalten, die insbesondere die Beurteilung ermöglichen, ob die beantragten Maßnahmen weitere Maßnahmen nicht erschweren oder verhindern und ob eine sinnvolle Reihenfolge der Abbaumaßnahmen vorgesehen ist. In den Unterlagen ist darzulegen, wie

atw 57. Jg. (2012) Heft 3 | März

Atomrecht – Nachbetriebsphase die geplanten Maßnahmen verfahrensmäßig umgesetzt werden sollen und welche Auswirkungen die Maßnahmen nach dem jeweiligen Planungsstand voraussichtlich auf in § 1 a genannte Schutzgüter haben werden. § 19 b Abs. 1 AtVfV soll sicherstellen, dass für die im Rahmen einer Umweltverträglichkeitsprüfung gebotene vorläufige Prüfung der nach dem jeweiligen Planungsstand erkennbaren Umweltauswirkungen der insgesamt zur Stilllegung im weiteren Sinne geplanten Maßnahmen ausreichend prüffähige Unterlagen vorgelegt werden. [37] Dieser Regelungszweck wird durch die Erteilung von Änderungsgenehmigungen im Vorfeld der Stilllegungsgenehmigung für bestimmte Anlagenteile, Systeme, Komponenten und Rohrleitungen, die ausschließlich für den jetzt nicht mehr legitimierten Leistungsbetrieb erforderlich sind, nicht vereitelt. Der Weg über eine Änderungsgenehmigung nach § 7 Abs. 1 AtG ist nämlich nur dann eröffnet, wenn sichergestellt ist, dass es sich um Maßnahmen handelt, die offensichtlich das Gesamtkonzept der Stilllegung weder gefährden noch erschweren. Wird etwa das Maschinenhaus eines Druckwasserreaktors leergeräumt, so ist es offensichtlich, dass hierdurch die nach § 7 Abs. 3 AtG zu genehmigenden Abbaumaßnahmen von nicht nur für den Leistungsbetrieb erforderlichen Komponenten im Containment nicht erschwert werden kann. Im Gegenteil: Die vorlaufende Freiräumung des Maschinenhauses dürfte wegen der dort eröffneten Lagermöglichkeit nur Vorteile bieten. Anders kann sich die Situation darstellen, wenn es sich um solche nur für den Leistungsbetrieb erforderlichen Systemteile oder Komponenten handelt, die im Containment angeordnet sind. In solchen Fällen dürfte es in der Regel schwierig, zum Teil auch unmöglich sein, den Nachweis zu führen, dass die über eine Änderungsgenehmigung zu legitimierende Beseitigung dieser Anlagenteile offensichtlich keine negativen Rückwirkungen auf den Ablauf des später über § 7 Abs. 3 AtG zu genehmigenden Rückbaus haben kann. Unabhängig davon wird es bei solchen Maßnahmen im Containment auch schwierig bzw. nur mit unverhältnismäßig großem Aufwand möglich sein, den Nachweis der Rückwirkungsfreiheit auf die noch für den Restbetrieb erforderlichen Sicherheitseinrichtungen zu führen. Wegen dieser Begrenzungen – keine Erschwerung der zu genehmigenden Rückbaumaßnahmen und Rückwirkungsfreiheit auf erforderliche Sicherheitseinrichtungen – wird sich der hier aufgezeigte Weg, über Änderungsgenehmigungen nur für den Leistungsbetrieb erforderliche Systemteile oder Komponenten abzubauen, im Wesentlichen auf Maßnahmen außerhalb des Containments beschränken. Es bieten sich hier insbesondere die bereits oben angesproche-

atw 57. Jg. (2012) Heft 3 | März

nen Maßnahmen im Maschinenhaus der Kernkraftwerke an.

IV Fazit Zum Abschluss bleibt zusammenfassend Folgendes festzuhalten: Nach dem definitiven Erlöschen der Berechtigung zum Leistungsbetrieb stehen Änderungen der vorhandenen Anlage, die sich auf Regelungen oder Systeme beziehen, die ausschließlich für den Leistungsbetrieb erforderlich sind, nicht mehr im „diametralen“ Widerspruch zu den Regelungen und Gestattungen, die nach dem gesetzgeberischen Eingriff noch im Genehmigungsbestand verblieben sind, selbst wenn diese Änderungen in Zukunft einen Leistungsbetrieb unmöglich machen. Änderungen, die sich auf Regelungen oder Systeme beziehen, die ausschließlich für den Leistungsbetrieb erforderlich sind, können bei Anlagen, deren Berechtigung zum Leistungsbetrieb erloschen ist, im Rahmen von Änderungsgenehmigungen nach § 7 Abs. 1 AtG legitimiert werden. Diese Maßnahmen bedürfen dann keiner Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG. Soweit es sich um Maßnahmen zum Abbau oder Rückbau von Systemteilen oder Komponenten handelt, können diese nur dann als Änderungsmaßnahme über § 7 Abs. 1 AtG legitimiert werden, wenn sichergestellt ist, dass diese Maßnahmen • sich auf Gebäude, Systeme, Systemteile oder Komponenten beziehen und auswirken, die ausschließlich für den Leistungsbetrieb erforderlich sind • keine unzulässigen Rückwirkungen auf von der Änderungsmaßnahme nicht erfasste Anlagenteile und • keine Erschwerungen oder Behinderungen der später über § 7 Abs. 3 AtG zu genehmigenden Stilllegung bzw. Rückbaumaßnahmen zur Folge haben. Dieses Ergebnis ermöglicht den Betreibern und auch den Behörden, die Zeit, die notwendig ist, das Verfahren zur Genehmigung der Stilllegung durchzuführen, sinnvoll zu nutzen und sinnlose Kosten zu vermeiden. In dieser Zeit kann der Anlagenzustand jedenfalls zum Teil auf das zurückgeführt werden, das nunmehr nach der 13. AtG-Novelle noch zulässigerweise Gegenstand der Legitimation ist. Je länger die Zeit bis zur Erteilung der Stilllegungsgenehmigung und ersten Abbaugenehmigung dauert, umso mehr Bedeutung kommt diesem Weg zur Optimierung der Nachbetriebsphase zu. [1] Es handelt sich um die in § 7 Abs. 1 a Satz 1 Nr. 1 des 13. Gesetzes zur Änderung des Atomgesetzes vom 31. Juli 2011 (AtG), BGBl. I S. 1704, aufgeführten Kernkraftwerke Biblis A, Neckarwestheim 1, Biblis B, Brunsbüttel, Isar 1, Unterweser, Philippsburg 1 und Krümmel. Die Berechtigung zum Leistungs-

[2] [3]

[4]

[5] [6]

betrieb der anderen Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität erlischt, wenn die in Anlage 3 Spalte 2 für die Anlage aufgeführte Elektrizitätsmenge oder die sich auf Grund von Übertragungen nach Absatz 1b ergebende Elektrizitätsmenge erzeugt ist, jedoch spätestens 2. mit Ablauf des 31. Dezember 2015 für das Kernkraftwerk Grafenrheinfeld, 3. mit Ablauf des 31. Dezember 2017 für das Kernkraftwerk Gundremmingen B, 4. mit Ablauf des 31. Dezember 2019 für das Kernkraftwerk Philippsburg 2, 5. mit Ablauf des 31. Dezember 2021 für die  Kernkraftwerke Grohnde, Gundremmingen C und Brokdorf, 6. mit Ablauf des 31. Dezember 2022 für die Kernkraftwerke Isar 2, Emsland und Neckarwestheim 2. E.ON hat im November 2011 Verfassungsbeschwerde gegen die AtG-Novelle eingelegt. Am 11.03.2011 richtete ein Tsunami in Folge eines starken Erdbebens im japanischen Kernkraftwerk Fukushima 1 erhebliche Beschädigungen an. Dies nahm die Bundesregierung zum Anlass, am 14.03.2011 alle 17 deutschen Atomkraftwerke einer Sicherheitsprüfung zu unterziehen und die 7 ältesten Kernkraftwerke im Rahmen eines sog. Moratoriums 3 Monate lang stillzulegen; zur Rechtswidrigkeit des Moratoriums Rebentisch, „Kernkraftwerks-Moratorium“ versus Rechtsstaat, Recht unter Moratorium, NVwZ 2011, 533. Die Überprüfung der technischen Sicherheit der Kernkraftwerke übernahm die Reaktor-Sicherheitskommission (RSK). Als zusätzliches Beratungsgremium wurde die Ethikkommission „Sichere Energieversorgung“ einberufen, um ethische und soziale Aspekte der Kernenergie zu prüfen. Am 17.05.2011 wurde die RSK-Stellungnahme „Anlagenspezifische Sicherheitsprüfung deutscher Kernkraftwerke unter Berücksichtigung der Ereignisse in Fukushima-1 (Japan)“, am 30.05.2011 der Abschlussbericht der Ethikkommission veröffentlicht; schon Anfang Juni sah der Entwurf eines 13. Gesetzes zur Änderung des Atomgesetzes der Fraktionen der CDU/CSU und FDP die dauerhafte Stilllegung der von dem Moratorium betroffenen Kernkraftwerke sowie Krümmel vor, BT-Drs. 17/6070 vom 06.06.2011. Vgl. Regel 17 b der Kollisionsverhütungsregeln – Internationale Regeln von 1972 zur Verhütung von Zusammenstößen auf See – Anlage zu § 1 der Verordnung zu den Internationalen Regeln von 1972 zur Verhütung von Zusammenstößen auf See vom 13. Juni 1977, BGBl. I S. 816, zuletzt geändert durch Artikel 1 Nummer 2 der Verordnung vom 18. März 2009, BGBl. I S. 647. Also die vollständige Beseitigung der Anlage und die Wiederherstellung des ursprünglichen, natürlichen Zustands des Geländes. Die sog. Stilllegung im rechtlichen bzw. engeren Sinne umfasst nach der Begriffsbestimmung des Leitfadens zur Stilllegung, zum sicheren Einschluss und zum Abbau von Anlagen oder Anlagenteilen nach § 7 des Atomgesetzes vom 12.08.2009, BAnz 2009, Nr. 162a, RS-Handbuch 3-73, Stand 11/09 (im Folgenden: Stilllegungs-Leitfaden), S. 18, die Maßnahmen in der zeitlichen Phase zwischen endgültiger Betriebseinstellung und dem Beginn des sicheren Einschlusses oder des Abbaus der Anlage oder von Anlagenteilen. Die Stilllegung im technischen bzw. weiteren

161

Atomrecht – Nachbetriebsphase Sinne umfasst zudem den sicheren Einschluss und den Abbau der Anlage. [7] Der sichere Einschluss umfasst Zustand und Vorgänge in einer abgeschalteten kerntechnischen Anlage nach Abtransport des Kernbrennstoffes, bei dem diese in ihren wesentlichen Bestandteilen im jeweiligen Zustand und für eine längere Zeit unverändert bleibt und das radioaktive Inventar eingeschlossen bleibt. Unabhängig davon, dass das radioaktive Inventar stets sicher eingeschlossen sein muss, ist hier ein bestimmter technischer Zustand der Anlage gemeint, der auch als unabhängige und selbstständige Tatbestandsvariante des § 7 Abs. 3 AtG genannt ist, Stilllegungs-Leitfaden, S. 18. [8] Der Abbau einer kerntechnischen Anlage umfasst die Beseitigung von Strukturen (Gebäude, Systeme, Komponenten), die Regelungsgegenstand der Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb der Anlage nach § 7 Abs. 1 AtG waren oder entsprechend zu bewerten sind, Stilllegungs-Leitfaden, S. 17. [9] Der Leistungsbetrieb umfasst die Betriebsphase eines Kernkraftwerks, in der eine gezielte nukleare Wärmeproduktion erfolgt, Stilllegungs-Leitfaden, S. 17. [10] Der Betrieb eines Kernkraftwerks umfasst alle Zustände und Vorgänge in der Anlage zwischen dem Vollzug der ersten Teilgenehmigung zum Betrieb und der endgültigen Beendigung dieses Betriebes. Erst wenn der Betreiber die endgültige Einstellung des Leistungsbetriebs der Anlage vorgenommen hat, beginnt bei weiterhin gültiger Betriebsgenehmigung die sog. Nachbetriebsphase, Stilllegungs-Leitfaden, S. 17; Breuer, Rechtsprobleme der Stilllegung kerntechnischer Anlagen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität, DVBl. 2005, 1359. [11] Die Nachbetriebsphase oder auch der Stillstandsbetrieb umfasst den Zeitraum zwischen der endgültigen Beendigung des Leistungsbetriebs und der Erteilung einer vollziehbaren Genehmigung zur Stilllegung, zum sicheren Einschluss oder zum Abbau nach § 7 Abs. 3 AtG, Stilllegungs-Leitfaden, S. 17. Gegen eine vor dem eigentlichen Stilllegungsbeginn liegende, eigenständige Nachbetriebsphase spricht sich indes Greipl, Bestandsaufnahme und Reformüberlegungen zum Recht der Stillegung, in: Pelzer (Hrsg.), Stillegung und Beseitigung kerntechnischer Anlagen, Tagungsbericht der AIDN/INLA-Regionaltagung am 2. und 3. Juli 1992 in Schwerin, Baden-Baden 1993, S. 171, 175, aus. [12] Papier, Untersuchungen im Bereich Genehmigung, Aufsicht, Nachrüstung, Untersuchung im Rahmen der wissenschaftlichfachlichen Beratung zur Novellierung des Atomgesetzes, in: Lukes (Hrsg.), Reformüberlegungen zum Atomrecht, Köln u.a. 1991, S. 111, 206. [13] BVerwG, DVBl. 1988, 970, 972. „Der Begriff der Stillegung einer kerntechnischen Anlage im Sinne des § 7 III AtG (…) muß verstanden werden als die Phase zwischen einer dauerhaften Betriebseinstellung und dem sicheren Einschluß bzw. dem Abbau der Anlage.“, so Junker, Stillegungs-, Einschluss- und Abbaugenehmigung für Kernkraftwerke, Studien zum internationalen Wirtschaftsrecht und Atomenergierecht Bd. 82, Köln u.a. 1990, S. 32. [14] Schattke, Rechtliche Aspekte bei der Stillegung und Beseitigung des Kernkraftwerkes Lubmin/Greifswald, in: Blümel/Wagner (Hrsg.), Technische und rechtliche Fragen

162

der Stillegung und Beseitigung nuklearer Anlagen in der Bundesrepublik Deutschland, Fachtagung am 7./8. Mai 1992 in Karlsruhe, Baden-Baden 1993, S. 91, 108; Kurz, Stillegung und Beseitigung nuklearer Anlagen, Normative und rechtliche Bestandsaufnahme, Speyer 1991, S. 32; Ronellenfitsch, Schlussfolgerungen und Thesen zur Stillegung kerntechnischer Anlagen, in: Blümel/ Wagner (Hrsg.), aaO, S. 149, 157; Junker, aaO, S. 47 f.; Maßnahmen, die auch während des Betriebs der Anlage vorgenommen werden können, also typischerweise auch bei Revisions- oder Wartungsarbeiten in Betracht kommen, wie die Entfernung sämtlicher Kernbrennstoffe aus dem Kernkraftwerk, die Entleerung des Abklingbeckens sowie die Entsorgung aller Betriebsmedien des Primärkreislaufs und der radioaktiven Reststoffe, sind von der Betriebsgenehmigung nach § 7 Abs. 1 AtG erfasst, Rebentisch, Überlegungen zu atomrechtlichen Nachsorgepflichten, DVBl. 1992, 1255, 1257; aufgrund dieser Weite der auf Grundlage des § 7 Abs. 1 AtG möglichen Maßnahmen hält Rebentisch den auf die Stilllegung i.e.S. gerichteten Genehmigungsvorbehalt des § 7 Abs. 3 Satz 1 Alt. 1 AtG für einen instrumentellen Fehlgriff. Breuer, DVBl. 2005, 1359, 1362, stellt klar, dass die Grenze zwischen Betriebs- und Stilllegungsregime nur anhand der konkreten Betriebsgenehmigung für die einzelne kerntechnische Anlage festgestellt werden könne. Zudem komme es für die Abgrenzung darauf an, worauf die vom Betreiber der Anlage nach dem Erlöschen der Berechtigung zum Leistungsbetrieb beantragten Maßnahmen ausgerichtet seien. [15] Kurz, aaO, S. 33 f. [16] Jede Abweichung vom genehmigten Anlagenbestand oder -betrieb ist eine Veränderung. Eine die Genehmigungsbedürftigkeit auslösende wesentliche Änderung liegt vor, wenn die Änderung Anlass zu einer erneuten Prüfung der Genehmigungsvoraussetzungen bietet, BVerwGE 69, 351, 358; BVerwGE 101, 347, 353; Raetzke, Die Veränderungsgenehmigung für Kernkraftwerke nach § 7 Atomgesetz, Berlin 2001, S. 26. [17] BVerwGE 50, 49, 53; VGH München, NVwZ 1982, 130, 131; VGH Kassel, NVwZ-RR 1998, 361, 362; VG Stuttgart, Urteil vom 15.09.2009 – 3 K 364/09, BeckRS 2009, 39509; Reidt/ Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, 62. Erg.-Lfg., München 2011, § 16 BImSchG Rn. 32 f.. [18] Jarass, Änderung und Ersatz von genehmigungsbedürftigen Anlagen im Immissionsschutzrecht, UPR 2006, 45, 46. [19] Kurz, Normative Anforderungen an die Stillegung und Beseitigung nuklearer Anlagen, in: Blümel/Wagner (Hrsg.), aaO, S. 37, 45. [20] Schattke, in: Blümel/Wagner (Hrsg.), aaO, S. 91, 108; Ronellenfitsch, in: Blümel/Wagner (Hrsg.), aaO, S. 149, 157; Junker, aaO, S. 47 f. [21] Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 24. Februar 2010, BGBl. I S. 94, zuletzt geändert durch Art. 3 des Gesetzes zur Umsetzung der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie sowie zur Änderung des WaStrG und des KrW-/AbfG vom 06. Oktober 2011, BGBl. I S. 1986. [22] Az.: 7 C 20.11. [23] Gesetz über ergänzende Vorschriften zu Rechtsbehelfen in Umweltangelegenheiten

nach der EG-Richtlinie 2003/35/EG (Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz – UmwRG) vom 7. Dezember 2006, BGBl. I S. 2816, zuletzt geändert durch Artikel 11a des Gesetzes vom 11. August 2010, BGBl. I S. 1163. [24] VGH Kassel, ZUR 2010, 46; OVG Schleswig, NVwZ-RR 2011, 9; Gesetzesbegründung, BTDrs. 16/2495, S. 14; Gegenäußerung zur Stellungnahme des Bundesrates, BT-Drs. 16/2931, S. 8; Kment, in: Hoppe, UVPG, 4. Aufl., Köln 2012, § 4 UmwRG Rn. 11. [25] § 7 Abs. 1a des Gesetzes zur geordneten Beendigung der Kernenergienutzung zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität vom 22. April 2002, BGBl. I S. 1351, i.V.m. den in Anlage 3 Spalte 2 dieses Gesetzes aufgeführten Strommengen. [26] BT-Drs. 14/6890, S. 21; so auch Breuer, DVBl. 2005, 1359, 1362. [27] Posser, in: Posser/Schmans/Müller-Dehn, Atomgesetz, Kommentar zur Novelle 2002, Köln u.a. 2003, § 7 Rn. 120. [28] BT-Drs. 14/6890, S. 21. [29] Rebentisch, Zweifelsfragen der gesetzlichen Vorgaben und Optionen, in: Koch/Roßnagel (Hrsg.), 11. Deutsches Atomrechtssymposium, Baden-Baden 2002, S. 61, 63 f. [30] Vgl. die Definition des Leistungsbetriebs als „Die Betriebsphase eines Kernkraftwerks, in der eine gezielte nukleare Wärmeproduktion erfolgt.“, Stilllegungs-Leitfaden, S. 17. [31] BT-Drs. 17/6070, S. 5, 7; BT-Drs. 14/6890, S. 1. [32] Maßnahmen, die im Rahmen Wiederkehrender Prüfungen (WKP) erfolgen. [33] § 2 Abs. 1 Satz 1 UVPG; nur in dem Umfang, in dem Umweltauswirkungen eines Vorhabens nach dem materiellen Fachrecht zu prüfen und entscheidungserheblich sind, sind sie auch in die Umweltverträglichkeitsprüfung einzubeziehen, BVerwGE 132, 261, 272 Rn. 42; 131, 352, 365 Rn. 34; 127, 259, 262 Rn. 23; 127, 272, 274 Rn. 16; 100, 238, 243; Appold, in: Hoppe, UVPG, aaO, § 2 UVPG Rn. 58. [34] § 3 Abs. 1 Satz 1 UVPG i.V.m. Nr. 11.1 der Anlage 1 zum UVPG; dazu Schattke, Rechtliche  Fragen der Stilllegung von Kernkraftwerken, in: Ossenbühl (Hrsg.), Deutscher Atomrechtstag 2002, Baden-Baden 2003, S. 171, 185 ff. [35] Diese Maßnahmen sind damit zugleich Gegenstand der nach Nr. 11.1 der Anlage 1 zum UVPG erforderlichen Umweltverträglichkeitsprüfung der „insgesamt geplanten Maßnahmen zum sicheren Einschluss oder zum Abbau der Anlage oder von Anlagenteilen“; anschließend sind „einzelne Maßnahmen zur Stilllegung, zum sicheren Einschluss oder zum Abbau der (…) Anlagen oder Anlagenteile (…) als Änderung im Sinne von § 3 e Abs. 1 Nr. 2 UVPG“ einer Vorprüfung zu unterziehen. [36] Verordnung über das Verfahren bei der Genehmigung von Anlagen nach § 7 des Atomgesetzes (Atomrechtliche Verfahrensverordnung – AtVfV), in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. Februar 1995, BGBl. I S. 180, zuletzt geändert durch Artikel 4 des Gesetzes vom 9. Dezember 2006, BGBl. I S. 2819. [37] BT-Drs. 14/4599, S. 155; Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit dieser Regelung wegen Fehlens vernünftiger Erwägungen des Gemeinwohls für die gesetzlich geforderte Gesamtschau der Stilllegungsmaßnahmen äußert Schattke, in: Ossenbühl (Hrsg.), aaO, S. 171, 190 ff. 

atw 57. Jg. (2012) Heft 3 | März

Suggest Documents