DIE MILITAERVERWALTUNG ALS MITTEL DER KRIEGFUEHRUNG

DIE MILITAERVERWALTUNG ALS MITTEL DER KRIEGFUEHRUNG I. E N T ST E H U N G DER M ILITAERV ERW ALTU N G VORBEDINGUNGEN i.) Im Zuge der Wiederaufrüstun...
Author: Leon Geiger
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DIE MILITAERVERWALTUNG ALS MITTEL DER KRIEGFUEHRUNG I. E N T ST E H U N G

DER M ILITAERV ERW ALTU N G

VORBEDINGUNGEN i.) Im Zuge der Wiederaufrüstung des Reiches und der vorbereitenden Einstellung auf efnen Abwehrkrieg hat das OKH sehr bald die Notwendigkeit empfunden, im Operationsgebiet des Heeres befehlsmàssigen Einfluss auf Verwaltung und Wirtschaft des Operationsgebietes zu erhalten. Das OKH ging dabei von dem Grundgedanken aus, dass in dem Raum, in welchem das Feldheer marschiert, kampiert und kàmpft, die Bediirfnisse der Truppe und des Kampfes alien anderen Interessen vorgehen und auf schnellsten und einfachsten Wege befriedigt werden miissen. Demzufolge bestimmte bereits das- i . Reichsverteidigungsgesetz vom 2 1.5.19 35, dass der O b.d.H . im Operationsgebiet des Heeres « vollziehende Gewalt » ausiibe. Damit erhielt der Ob.d.H. in alleiniger Verantwortlichkeit gegeniiber dem Führer voile Handlungsfreiheit über Verwaltung und Wirtschaft im Operationsgebiet: er erhielt insbesondere das 'Recht, allen zivilen Dienststellen mit Vorrang von Anordnungen anderer Stellen Weisungen zu erteilen. Diese Rechtsgrundlage, die im 2. Reichsver­ teidigungsgesetz vom 4.9.1938 bestâtigt wurde, bildete den Ausgangspunkt fur alle einschlàgigen organisatorischen Mob-Vorbereitungen des O KH. Sie wurden im engsten Einvernehmen mit dem Beauftragten fur den Vierjahresplan sowie dem Generalbevollmachtigten für die Reichsverwaltung und dem Generalbevollmachtigten für die Wirtschaft geplant und entworfen. Beteiligt waren u. a. die Staatssekretare Neumann, Pfundtner, Stuckart und Posse. Im OKH lag die federführende Bearbeitung beim Leiter der Abteilung VI des Generalstabes. Die Mob-Vorbereitungen waren zunachst nahezu ausschliesslich auf das Heimatgebiet abgestellt. Beim Ausbruch jedes Krieges liegt das Operationsgebiet naturgemàss zunachst restlos innerhalb der Landesgrenzen. Ausserdem war in den Anfàngen der Mob-Vorbereitung angesichts der damaligen militarischen Stàrkeverhàltnisse die Einstellung auf eine defensive Haltung Lage entsprechend. Im Operationsgebiet (Heimat) kam es dem OKH mobmassig vor allem darauf an, die Befehlsführung gegenüber den zivilen Dienststellen sicherzustellen. Die Schwierigkeit lag darin, dass die zivile Behordenorganisation fachlich in eine ungemein grosse Zahl von Behòrden aufgespalten war, und dass deren Amtsbereiche sich territorial nicht deckten. Andererseits mussten die Operationsbeschnitte der militarischen Befehlshaber nach taktischen Gesichtspunkten abgegrenzt werden und mussten infolgedessen ihrerseits - zumai sie beweglich blieben - die zivilen Amtsbereiche mannigfaltig durchschneiden. Dem militarischen Befehlshaber im Operationsgebiet stand deshalb eine für den Soldaten nicht erlernbare Vielzahl ziviler, untereinander unabhangiger Dienststellen gege­ nüber. Eine Zusammenfassung dieser Dienststellen wurde vom OKH nachdrücklich verlangt, wobei das Ruhrgebiet und Wehrkreis V I geraume Zeit im besonderen Brennpunkt der Betrachtung standen. D er C h ef

der zivilverwaltung im

H eitm atkriegsgebiet

2.) Da eine durchgreifende Reorganisation der zivilen Dienststellen rechtzeitig nicht erwartet werden durfte, griff man zu einer Aushilfe, indem man den « Chef der Zivilverwaltung » schuf. Diese Einrichtung war weiter nichts als eine Dachorganisation einfachster Art, die man über sàmtliche zivile Diensstellen in den einzelnen

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Abschnitten des Operationsgebietes setzte. A u f diese Organisation wurde die Befugnis delegiert, den zivilen Dienststellen des Abschnitts in Durchführung der Befehle des militarischen Befehlshabers Weisungen mit Vorrangrecht zu erteilen. Damit erhielt der militârische Befehlshaber einen einzigen zivilen Partner, der, fachkundig ausgewàhlt und mit dem notwendigen Einblick in das Behordenlabyrinth ausgestattet, eine einfache und schnelle Befehlsführung gewàhrleistete. Der CdZ solite auf Antrag des O KH vom Reichsminister des Innern ernannt werden. Diesem blieb er beamtenrechtlich unterstellt, wàhrend er seine fachliche Weisungen vom Oberbefehlshaber der Armee, der er zugeteilt war, erhielt (H Dv. 90 N r. 24). Die Einrichtung des CdZ (Heimat) war im Westen des Reiches ein stàrkeres Bedürfnis als im Osten, da hier wenigstens die territoriale Gliederung des zivilen Apparates einfacher war und den taktischen Abschnitten besser entsprach. Immerhin war sie auch hier nicht entbehrlich. Als Chefs der Zivilverwaltung wurden u. a. in Aussicht genommen und eingesetzt: Staatsminister Jonathan Schmit, Stuttgart, Regierungsprasident von Pfeffer, Wiesbaden, Ministerialdirektor Turner, Gauleiter und Oberpràsident Joseph Wagner, Landeshauptmann von Wedelstadt, Kônigberg, Direktor Pfitzner, Beuthen. Operationsgebiet

jen seits der

L andesgrenze

3.) In der weiteren Entwicklung der aussenpolitischen und militarischen Lage trat die Notwendigkeit hervor, die Organisation eines über die deutschen Grenzen hinausgetragenen Operationsgebietes ins Auge zu fassen. Da man zunachst davon ausging, dass das Operationsgebiet jenseits der Grenze keinen làndermàssigen Umfang erreichen werde, behielt man anfànglich der Einfachheit halber den Chef der Zivil­ verwaltung (CdZ Feindesland) als Organ des militarischen Befehlshabers bei. Man war sich allerdings dessen bewusst, dass die organisatorische Struktur jenseits der Grenze sich nachhaltig wandeln kônne. Jedenfalls konnte der CdZ sehr schnell den Charakter einer Dachorganisation verlieren und gezwungen werden, sich einen mehr oder minder starken Unterbau zu schaffen, sei es dass er die landeseigenen Behorden durch eigene Unterorgane überwachen lassen oder dass er die Verwaltung des Landes durch eigene Unterorgane durchführen musste. In beiden Fallen musste dem inneren Wesen nach bereits einer der Bezeichnung « Zivilverwaltung » nicht mehr entsprechende militârische Verwaltung entstehen. Allerdings sollten die in ihr tatigen Beamten ihren zivilen Charakter nicht verlieren; sie sollten Zivilbeamte bleiben und ledigliela zum Wehrmachtgefolge treten.

( .......... ) 4.) Die Einrichtung solite aber eindeutig unter ausschliesslicher Leitung der militarischen Befehlshaber stahen (Vgl. H D v. 90 N r. 30). Diese Organisationsform ist in den Einsàtzen Sudetenland, Tschechei und vor allem in Polen praktisch in Erscheinung getreten und hat sich in vieler Beziehung bewâhrt. Sie eignete sich fiir einen Einsatz in Gebieten, die alsbald zum Reich geschlagen oder in echte Zivilver­ waltung iibernommen werden konnten. Sie hatte den Nachteil, dass ihre Struktur verhàltnismàssig locker gefiigt war, weil die in ihr tatigen Zivilbeamten erklarlicherweise ihre Ressortzugehorigkeit den militarischen Bindungen voranstellten und infolgedessen nur schwer zu einem einheitlichen Apparat zusammenwachsen konnten. Es ergaben sich nicht unbetrachtliche Unstimmigkeiten durch einseitige Eingriffe aussermilitarischer Stellen und durch deren Versuche, neben der CdZ-Organisation und unabhângig von ihr eigene Sonderorganisationen einzurichten. Wenn schon im Heimatgebiet die Vielheit der Verwaltungsorgane Bedenken erregen musste, so war eine solche Vielheit im besetzten Gebiet unertraglich. Hier musste unter alien Umstânden der fremden Bevôlkerung gegenüber ein einheitlicher, mit den Verhaltnissen des Landes vertrauter und fiir sie verantwortlicher Wille massgebend sein, um Ordnung und Wirtschaft des Landes wiederherzustellen und dessen Hilfsmittel fiir die Zwecke der Kriegsfiihrung dienstbar zu machen. Klarheit und Einfachheit der Organisation mussten hier vor dem Bestreben nach Verfeinerung den Vorrang behalten. Nach Lage der Dinge konnte dieser einheitlicher Wille im Operationsgebiet nur durch den militarischen Befehlshaber reprasentiert werden. Ausserdem war dieser der einzige, der iiber die zur Durchführung einer Verwaltung unentbehrlichen sach-

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lichen und persônlichen Hilfsmittel des Heeres verfiigen konnte. Das OKH war infoigedessen grundsatzlich darauf bedacht, einem einseitigen Hineinregieren aussermilitàrischer Behòrden so weit als môglich entgegenzutreten. Dabei verkannte es jedoch keineswegs, dass die besetzten Gebiete sich in den Rahmen der Zentralen Lenkung des Grossdeutschen Reiches schnell und nachhaltig einzufügen hatten. Es vertrat deshalb von vornherein bereitwillig den Standpunkt, dass die militarischen Befehlshaber dem fachlichen Weisungsrecht der zentralen Reichsstellen weitgehend zu entsprechen hatten. Dieser Gedanke kam auch zum Ausdruck in dem Erlass des Fiihrers iiber die Einrichtung einer militarischen Verwaltung in Polen vom 25.9.1939. Diese Organisation hatte der Oberbefehlshaber des Heeres zur Festigung der CdZ-Organisation herbeigefiihrt; sie wurde aber bald durch die Einrichtung des Generalgouvernements iiberholt. M ilitarverwaltungsorganisation 5. ) Die dargelegten Erfahrungen fiihrten den Oberbefehlshaber des Heeres im Oktober 1939, als die offensiven Piane fiir die Fortführung des Krieges im Westen Gestalt annahmen, dazu, die Vorbereitung einer festgefiigten militarischen Verwaltungsorganisation anzuordnen. Er ging dabei von der Voraussicht aus, dass die Organisationen nunmehr in Gebiete getragen werden kônnten, deren Vereinigung mit dem Grossdeutschen Reich nicht in Betracht komme, oder doch bis Kriegsende in der Schwebe gelassen werden müsse. Damais wurde der Standpunkt vertreten, dass eine Zivilverwaltung als Ausdruck einer Annexionsabsicht (vgl. rote Sammelmappe Arbeitsrichtlinien fiir die Militàrverwaltung N r. 1 Abs. 3) gewertet werden miisse, und dass deshalb nur eine Müitarverwaltung fiir derartige Gebiete in Frage kommen konne, zumai diese Gebiete aller Voraussicht nach dauernd Operationsgebiet bleiben wiirden. P lan

der

M ilitàrverwaltung

6. ) In Durchführung des Auftrags des Oberbefehlshabers des Heeres wurde vom Stabe des Generalquartiermeisters der Pian fiir die Organisation einer Militarverwaltung ausgearbeitet. Der Plan war territorial der damaligen Lage entsprechend zunachst auf Holland und Belgien abgestellt. Sachlich hatte er zwei Hauptziele: 1 . Die Müitarverwaltung solite alle Verwaltungszweige (*) mòglichst ausnahmslos vereinigen (Grundsatz der « Einheit der Verwaltung » 2. Soldatische Fiihrung und fachkundiges Wissen sollten in militarischer Disziplin verbunden Trager der Verwaltung werden. Zu 1.) : Im Heimatgebiet war die offentliche Verwaltung in Formen hineingewachsen, die das Gegenteil einer Einheit darstellten. Solche Verhaltnisse waren fiir eine deutsche Verwaltung im besetzten Feindesland nicht brauchbar. Deshalb war das Oberkommando des Heeres aus theoretischer Ueberlegung und praktischer Erfahrung in voiler Uebereinstimmung mit dem bevollmachtigten fiir die Reichsverwaltung zu der Erkenntnis gekommen, dass im besetzten Gebiet entscheidender Wert auf die Zusammenfassung mòglichst aller Verwaltungszweige gelegt werden miisse. Zu 2 .): Soldatische Fiihrung war fiir eine Müitarverwaltung selbstverstandlich. Die Menschenauswahl und Erziehung des deutschen Heeres gewahrleistete mit grosser Zuverlassigkeit diejenigen Eigenschaften, die im Feindesland auch fiir die Verwaltungstatigkeit zu dem wichtigsten zâhlen: schnelles Erfassen des Wesentlichen, Ermahnungsgabe, Entschlusskraft und Energie. Dass der Soldat andererseits das Verwaltungsgebiet fachlich nicht beherrschte, war ihm regelmassig bewusst und konnte von ihm freimiitig zugegeben werden. Infolgedessen war er einer fachlichen Beratung durchaus aufgeschlossen. Die Planung ging derzeit von der Annahme aus, dass es môglich sein werde, die fiihrenden Stellen bei der Kommandobehòrde der Militarverwaltung mit Berufsoffizieren zu besetzen. Dies hat sich jedoch nur zum Teil verwirklichen Iassen. Da, wo es geschehen ist, hat sich die Planung voli bewàhrt. Bei dem immer fiihlbaren werdenden Mangel an Berufsoffizieren hat man sich aber sehr bald veranlasst gesehen, auch Reserveoffiziere zuriickzugreifen. Bei diesen war nicht selten - wie auch schon im ersten Weltkrieg - zu beobachten, dass bei geringerer

(•) Verwaltung in weitestem Sinne, aho einschliesslich V/irtschaft.

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Ausbildung der oben erwàhnten soldatischen Eigenschaften die an sich erklàrliche Neigung auftrat, die Erfahrungen und Gewòhnheiten eines eigenen verwaltungsfremden Zivilberufs auf die Verwaltungstàtigkeit zu iibertragen. Hieraus entwickelten sich gelegentlich nicht unbetràchtliche Reibungen und Stòrungen.

( ...........) 7. ) Fachkundiges Wissen stand in den geschulten und erfahrenen Beamten der Zivilressorts ausreichend zur Verfiigung. Dass die Zivilressorts bereitwillig geeignete Kràfte zur Militarverwaltung abstellen wtirden, war ohne weiteres anzunehmen. Tatsàchlich hat diese Bereitwilligkeit auch in Zeiten gròsster Personalknappheit in einer Weise angehalten, die dankbar anerkannt werden muss. Die Auswahl der Beamten wurde im grossen und ganzen den Ressorts überlassen. Das OKH beschrànkte sich vorwiegend darauf, die Besetzung der leitenden Stellen und die jahrgangsweise Auswahl zu beeinflussen. Die Qualitàt der abgestellten Beamten lag anfangllch betrachtlich iiber dem Durchschnitt. Mit der Abgabe der jiingeren Jahrgange war spâter in den Referentenstellungen ein gewisses Absinken der Qualitàt zu verzeichnen. Da die Militarverwaltung seit 1942 ihr Personal jahrgangsmâssig schneller und riicksichtsloser durchkàmmte als manche andere Verwaltung, erwuchsen ihr daraus bei kritikloser Vergleichung nicht wegzuleugnende Nachteile.

( ............. ) 8. ) Bei der Planung kam es darauf an, den Trager des fachlichen Wissens in ein Verhàltnis zu dem fiihrenden Soldaten zu bringen, dass einerseits die fachliche Beratung des Soldaten im Sinne der von ihm gefiihrten Verwaltung gewâhrleistete und andererseits die Durchfiihrung der von dem Soldaten gegebenen Befehle und Richtlinien sicherte. Es verstand sich von selbst, dass dieses Verhaltnis nur ein militàrisches sein konnte. N ur eine und zwar auch ausserlich sichtbare Einordnung in das Heer konnte die notwendige Disziplin und das notwendige Zusammengehdrigkeitsgefiihl schaffen. Leider war diese Einordnung auf einem bereits vorgebahnten Wege nicht zu ermoglichen. Die Wehrliicke nach dem Weltkrieg hatte den Nachwuchs an Reserveoffiziere derart gehemmt, dass gar nicht daran zu denken war, die erforderliche Anzahl von fachkundigen Reserveoffizieren verfiigbar zu machen. Ausserdem wiirde der Offizierrang der verfiigbaren fachkundigen Reserveoffiziere den fiir sie vorgesehenen Verwaltungsstellen nicht entsprechen haben. Es ware nicht angangig gewesen, beispielsweise einen im Leutnantsrang stehenden Reserveoffizier an die Spitze einer grossen Militarverwaltung zu stellen und ihm Reserveoffiziere im Hauptmanns oder Majorsrang nachzuordnen. Der Gedanke, die Beamten als Wehrmachtbeamte der Reserve zu iibernehmen, scheiterte ebenfalls an Rangiiberlegungen und am grundsatzlichen Widerspruch des Heeresverwaltungsamtes.

( ............. ) 9. ) Unter diesen Umstanden blieb nur iibrig, eine Sonderregelung zu treffen, indem man die Beamten als Wehrmachtbeamte eigener Art auf Kriegsdauer einzog und ihren Rang, ihre Uniform und ihre Beziige durch Sonderbefehl bestimmte. Die vom Chef des Generalstabes des Heeres in Vertretung des Oberbefehlshabers des Heeres gezeichneten besonderen Anordnungen fiir die Militarverwaltung vom 3.4.1940 Gen qu i b qu 2 haben die Rechtsstellung in diesem Sinne eindeutig geregelt und bejahten auch den Wehrdienst der Beamten durch ausdriickliche Bezugnahme auf § 21 des Wehrgesetzes. Diese Rechtsstellung, insbesondere die Bejahung des Wehrdienstes, wurde nach' traglich im Jahre 1942 angefochten mit dem Erfolg, dass die Anerkennung des Wehrdienstes mit riickwirkender Kraft aufgehoben und die endgültige Entscheidung dariiber auf das Kriegsende vertagt wurde. Der Angriff stiitzte sich im wesentlichen darauf, dass die militarische Hiérarchie eine Ueberspringung von Rangstufen grundsatzlich nicht ertragen kdnne. Abgesehen davon, dass dieser Grundsatz bereits anderweitig mehrfach durchbrochen war, (Vgl. Sonderftihrer) wurde dabei vdllig verkannt, dass die Militarverwaltungsbeamten ihre Verwaltungstàtigkeit nicht erst zu erlernen brauchten, sondern ausschliesslich mit Aufgaben befasst wurden, deren Beherrschung sie in ernster und langer Laufbahn ausreichend dargetan hatten. Bei der Rangeinweisung der M VBeamten wurde den hierarchischen Gesichtspunkten der Wehrmacht dadurch Rechnung getragen, dass man den Beamten nicht den ihrer Verwaltungsstellung entsprechen-

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dcn militârischen Rang, sondern lediglich den « allgemeinen Offizierrang » zuerkannte. Zusàtzlich wurde aber bestimmt, dass sie hinsichtlich der fiir sie in Betracht kommenden Vorschriften wie ein Generalmajor, Oberst usw. behandelt werden sollten. U niform 10 . ) Die Uniformierung der Militarverwaltungsbeamten war unabweisbar, da sie der feindlichen Bevòlkerung gegeniiber befehlend und handelnd auftreten und auch den deutschen Heeresorganen gegeniiber durch ihr ausseres Ercheinungsbild ohne weiteres legitimiert sein mussten. Dass nur die Heeresuniform in Betracht kam, ergibt sich aus den bereits gemachten Darlegungen. Die Uniformabzeichen mussten, wenn die Uniform ihren Zweck erfiillen solite, der Verwaltungsstellung angepasst werden. Dabei wurde als Grundgedanke beachtet, dass die Abzeichen zwar eindeutig mit den Rangabzeichen des Offiziers und der Wehrmachtbeamten vergleichbar sein, dass sie aber andererseits eine Verwechslung ausschliessen mussten. V erw altungstabe 11. ) Entsprechend der Truppenorganisation wurden auch die Militarverwaltungs­ beamten in den einzelnen Einheiten unter einem in gehobener Stellung befindlichen Militarverwaltungsbeamten zusammengefasst und als Verwaltungsstab (Verwaltungsabteilung, Verwaltungsgruppe), dem soldatischen Führer unterstellt. Dass neben dem Verwaltungsstab ein rein soldatisch zusammengesetzter Kommandostab treten musste, war unvermeidlich, da der soldatische Führer neben den Aufgaben der Militarverwaltung stets auch Aufgaben der Truppenführung zu erfüllen hatte, und da der Militarverwaltungsbeamte, dem Kommandobefugnisse nicht verliehen werden konnten, für den genannten Zweck nicht verwendbar war. D u a l ism u s : V erw altungsstab - K ommandostab 12 . ) Diesr zwangslaufig sich ergebende Dualismus konnte zu erheblichen Bedenken Anlass geben. Einmal konnte es nicht vermieden werden, dass die Aufgaben des Kommandostabes und des Verwaltungsstabes sich auf gewissen Gebieten, insbesondere im Gebiet des le, überschnitten. Zum anderen war es dem militârischen Führer etwas Neues und Ungewohntes - und haben es tatsâchlich spâter bei der praktischen Handhabung nur wenige überragende Militârbefehlshaber verstanden mit zwei Stabschefs arbeiten zu müssen. Die unausbleibliche Folge davon war, dass der militarische Führer auch in eindeutigen Angelegenheiten der Militarverwaltung dem ihm an sich schon als Offizier nàher stehenden Chef des Kommandostabes zu Rate zog, und dass dieser wiederum dem Kommandostab mit der Angelegenheit befasste. Doppelarbeit, Reibungen und Leerlauf konnten hieraus erwachsen. Eine Steigerung dieser Unstimmigkeiten konnte in den Militarverwaltungsbeamten einen « Stiefkind-Komplex » entstehen lassen und konnte im ungünstigen Fall zu einer Lahmung der Militarverwaltung und damit zu einer Gefâhrdung des eigentlichen Zwecks der Organisation führen. Nachtrâglich kann festgestellt werden, dass die befürchteten Folgeerscheinungen stets dort aufgetreten sind, wo die einschlàgigen Stellen des Kommandostabes mit fachfremden Reserveoffizieren besetzt worden waren oder wo der führende Verwaltungsmann sich nicht durch seine Persônlichkeit diesen organisatorischen Mângel zum Tortz durchsetzte. Insgesamt betrachtet ist es aber doch dem guten Willen der Offiziere und der Militarverwaltungsbeamten, unterstützt durch eine sorfaltig abwagende Personalpolitik, gelungen, zu sachlicher Gemeinschaftsarbeit und zu einem persônlichen Vertrauensverhâltnis zu gelangen und damit den zweifellos schwachen Punkt der Organisation zu überbrücken (Nâheres unter IV Buchstabe b). ZUTEILUNG AN DIE HEERESGRUPPEN

13 . ) Die Gliederung der Organisation musste sich anfanglich naturgemass eng an die taktische Gliederung des Feldheeres anlehnen. Infolgedessen waren die beiden Heeresgruppen die gegebenen Tràger der Einrichtung. Sie sollten unter Oberleitung des OKH und mit Hilfe vom Oberfeld-, Feld- und Ortskommandanturen die Mili­ tarverwaltung einrichten und durchführen. Da der Generalstabschef des Heeresgruppenkommandos durch Verwaltungsaufgaben nicht zusatzlich belastet werden solite, wurde den Heeresgruppenkommandos ein damais normalerweise für die Heeresgruppe nicht vorgesehener Oberquartiermeister zugeteilt, der damit in alien laufenden Geschaften die soldatische Führung der Militarverwaltung übernahm.

Die lAûitarverwaltung

Ó2

( ..................) PERSONELLE BESETZUNG (ENDE 1939) 14 . ) Der vorstehend geschilderte Organisationsplan fand die grundsàtzliche Billigung des Oberbefehlshabers des Heeres bereits Ende 1939. Anschliessend wurde die personelle Besetzung der zunàchst in Betracht kommenden Stellen vorbereitet. Als Oberquartiermeister der beiden Heeresgruppen wurden die Generale Helmig und Auleb, aïs Chefs der Militàrverwaltungen Regierungspràsident Reeder und Ministerialdirektor Turner aufersehen. Diese fassten die ihnen zugeteilten Offiziere und Beamten vorbereitend zusammen und arbeiteten nach den grundsàtzlichen Weisungen des OKH und1 unter dessen Beteiligung Richtlinien fiir die weitere Durchbildung der Organisation und fiir die sachliche Verwaltungsarbeit aus. Dabei wurden zahlreiche Planspiele veranstaltet, die zur Schulung der Beteiligten dienten und wertvolle Gesichtspunkte fiir die Gestaltung der grundsatzlichen Bestimmungen erbrachten. Auf wirtschaftlichem Gebiet beteiligte sich federfiihrend der Stab des GBW unter persònlicher Leitung des Staatssekretàrs Posse. Die gesamte Arbeit fand ihren Niederschlag in dem roten und gelben Sammelheft « Militàrverwaltung » bezw. « Militàrverwaltung-Wirtschaft », deren Anordnungen und Richtlinien vom Oberbefehlshaber des Heeres abschliessend in Màrz 1940 gezeichnet wurden. Eine Reihe von Durchfiihrungsbestimmungen folgte, insbesondere die « Besonderen Anordnungen » des Oberbefehlshabers des Heers vom 3.4.1940. A u f der Grundlage dieser Planung wurden die Militarverwaltungen in Belgien und Frankreich eingerichtet (*). Dass die territoriale Abgrenzung der beiden Militar­ verwaltungen nicht den Landesgrenzen angepasst wurde, hatte seinen Grund darin, dass der Abschnitt der Heeresgruppe B taktisch ausser Belgien die beiden Departe­ ments Nord und Pas de Calais mit umfasste. Die Schwierigkeiten, die sich daraus ergaben, dass es wàhrend der ganzen Besatzungszeit nicht zu einer Bereinigung dieser territorialen Ueberschneidung gekommen ist, legt der Sonderbericht der Militàrverwaltung in Frankreich dar. L oslòsung

der

M ilitarverwaltungen

von den

H eeresgruppen

15 . ) Organisatorisch trat im Aufbau der beiden Militarverwaltungen von Belgien u. Nordfrankreich und von Frankreich sehr bald die vom Anfang an vorgesehene Aenderung ein, dass die Militàrverwaltung von den Heeresgruppen losgelòst und besonderen Militàrbefehlshabern unterstellt wurden (Vgl. H D v. 90 N r. 40). Nach Erledigung der operativen Aufgaben erwies es sich als zwecksmàssig und notwendig, eine klare Scheidung zwischen der taktischen Truppenfiihrung und der territorialen Befehlsgewalt eintreten zu lassen. In Frankreich vollzog sich dieser Wandel allerdings erst nach gewissen Zwischenlòsungen. Insbesondere iibernahm der Oberbefehlshaber des Heeres bis zum November 1940 die Funktion des Militàrsbefehlshabers in eigener Verantwortlichkeit. Unter ihm führte als sein Militàrverwaltungschef General Streccius die laufenden Geschàfte sowohl des Kommandostabes wie des Verwaltungsstabes. Der Grund fiir diese Regelung lag darin, dass es derzeit besonders darauf ankam, die Wiederingangsetzung der franzòsischen Wirtschaft mit dem Truppenbediirfnis in Einklang zu bringen, und dass naturgemàss die hòchste Kommandostelle des Heeres diesem Zweck am nachhaltigsten gerecht werden konnte.

( ............. ) 16. ) Vorstòsse gegen die Verwaltungseinheit setzten bereits kurz nach der Errichtung der beiden Militarverwaltungen ein. Wàhrend es im vorbereitenden Stadium gelungen schien, nahezu sàmtliche Zentralstellen mit der Zusammenfassung aller Verwaltungszweige im Rahmen der Militàrverwaltung zu befreunden oder sich doch mit ihr abzufinden, machten sich schon bald nach dem Einmarsch fachpartikularistische Stòrungen nachhaltig bemerkbar. Es ist schwer festzustellen, wodurch sie neuen Antrieb erhalten haben. Die schwerste sachliche Belastungsprobe fiir die Einheit der Verwaltung wàre wegen der hier vielfach widerstreitender Interessen im Bereiche der Wirtschaft gewesen. Aber gerade auf diesen Gebieten blieb die Einheit der V er­ waltung bei den in Frankreich und Belgien tàtigen Militàrverwaltungen im wesentlichen

-i-------(*) In Holland ham diese Einrichtung nicht iiber ein gewisses Anfangsstadium hinaus, da dort sehr bald eine Zivilverwaltung eingeset%t wurde.

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erhalten. Die dem Gen St d H /Gen qu unterstehenden Militàrbefehlshaber wurden mit ihren Militàrverwaltungen in gewissem Umfange (nachstehend Ziff. 17) den fachlichen Weisungen des Vierjahresplanes unterworfen. Dariiber hinaus entwickelte sich zwischen den wirtschaftlichen Reichsressorts und den Militàrbefehlshabern (Chefs der Mil. Verwaltungen) unmittelbarer Schriftverkehr. Zwischen den Militarverwaltungen einerseits, dem Vierjahresplan, den beteiligten Fachministerien - insbesondere dem Wirtschafts-, Landwirtschafts- und Finanzministerium-, den verschiedenen Reichsstellen und Wirtschaftsgruppen wie den Zentralen der heimischen Wirtschaft andererseits entstand eine reibungslose und erfolgreiche Zusammenarbeit, fiir die schon deshalb die Voraussetzungen gegeben waren, weil die in den Militarverwaltungen tàtigen Personlichkeiten nicht nur die besten Kenner ihres Fâches, sondern zugleich auch meist die Exponenten ihrer Heimatdienststellen waren. Die Zusammenfassung aller dieser Sachbereiche unter dem Militàrbefehlshaber in der Militàrverwaltung ermòglichte einen schnellen Ausgleich der militàrischen und wirtschaftlichen Interessen an Ort und Stelle. Gewiss fiihrte der Ressortpartikularismus in dem Bestreben, eigene Verwaltungssàulen zu schaffen oder Personlichkeiten, denen man eine Einreihung in den Behòrdenorganismus nicht zumuten wollte, in selbstàndige Stellungen unterzubringen, zu gelegentlichen Ausbruchsversuchen; diese wurden aber gegeniiber den giurie» Reichsressorts (Ausnahme Arbeitseinsatzl) im aligemeinen iiberwunden. Schwieriger lagen die Verhàltnisse dort, wo die Wehrmacht Wirtschaftsfragen, die nun einmal einen Fremdkòrper im Aufgabenbereich der Wehrmacht bilden, in eigene Verwaltung gènommen hatte. An der Spitze dieser von der Wehrmacht eingerichteten und einen Bestandteil der Wehrorganisation bildenden wirtschaftlichen Verwaltungseinrichtungen standen keine Wirtschaftsexperten, sondern Generale. Dadurch, dass diese Appara tur, die auch ausschliesslich oder doch überwiegend mit Offizieren besetzt war, militàrische Gestalt angenommen hatte, war ihre Eingliederung in die fiir die Wirtschaftslenkung bibliche Organisationsform erschwert, wenn nicht unmoglich gemacht; allein schon an Rangfragen konnte die Eingliederung dieser militàrischen Organisation in die unter dem Mil. Befh. zusammengefasste Wirtschaftsverwaltung scheitern. Die Ereignisse bestàtigten diese Sorgen: Schon im Juni 1940 richtete das WiRii-Amt eigene selbstàndige Riistungsinspektionen neben und ausserhalb der Militàrverwaltung ein, obgleich vorher gerade mit dem WiRii-Amt eingehende und abschliessende Vereinbarungen auch personeller A rt iiber die Eingliederung in die Militàrverwaltung getroffen waren. Dieser erste Einbruch war von weittragender Bedeutung, weil nach Uebernahme des Geschàftsbereichs des WiRii-Amtes auf das zivile Reichsministerium fiir Riistung und Kriegsproduktion diese Abspaltung der Riistung auf weitere wichtige Geschàftsbereiche der Kriegswirtschaft ausgedehnt wurde. W e ISUNGSRECHT GEGENÜBER DEN MILITARVERWALTUNGEN 17 . ) Das vorstehend beriihrte Verhàltnis der wirtschaftlichen Reichsministerien zu den Militarverwaltungen làsst die Frage entstehen, ob den wirtschaftlichen Reichs­ ministerien ein Weisungsrecht gegeniiber den Militàrbefehlshabern (Militàrverwaltungen) zustand, woraus sich Folgerungen fiir die Verantwortlichkeit ergeben wiirden. Diese Frage hat wàhrend der ganzen Tàtigkeit der Militàrverwaltungen praktisch keine Rolle gespielt, zumai nach einer Anordnung des Gen Qu vom 30.7.1940 N r. 18457/40 « Weisungen von Dienststellen ausserhalb des O KH , die unmittelbar an den Militàr­ befehlshaber ergeben, ohne Sachbehandlungen an das O KH abzugeben waren ». Von dieser Anordnung wurde durch Verordnung des Gen Qu vom 21.8.1940 N r. iiÓ34/40g der Beauftragte fiir den Vierjahresplan ausgenommen. Die Grenze zwischen « Ersuchen » und « Weisungen » ist fliissig. Meist waren iibrigend die von den Ressorts an die Mil. Befh. (Chef Mil. Verw.) gerichteten Wiinsche vorher unter den Beteiligten abgesprochen worden, sodass schon deshalb sich Meinungsverschiedenheiten nicht ergeben. W ar dies trotzdem der Fall, so griff Gen Qu vermittelnd ein.

( ............. ) 18. ) Ein erhebliche fachliche Einbusse erlitt die Einheit der Militàrverwaltung durch die Einsetzung des Hòheren SS - und Polizeifiihrers. Erstmalig geschah die im Januar 1942 in Serbien durch Erlass des O K H . Der Hòhere SS - und Polizeifiihrer erhielt die gleichen Aufgaben und Zustàndigkeiten wie er sie in der Heimat hatte.

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Die Militàrverwaltung

Er blieb zwar dem Militàrbefehlshaber persònlich und unmittelbar unterstellt, erhielt aber seine polizeilichen, fachlichen Weisungen vom Reiehsfiihrer SS. Die gleiche Massnahme wurde im Màrz 1942 fiir die Militàrverwaltung in Frankreich angeordnet, wahrend in Belgien und Nordfrankreich die Polizei in den Hànden des Militarbefehlshabers geblieben ist. Dass die Loslòsung der Polizei von der Militàrverwaltung im besetzten Gebiet vom Standpunkt der Verwaltungseinheit als Nachteil empfunden werden muss, ist unbestreitbar. Der Beispiel Belgiens spricht dafiir, dass die In teressen der Polizei auch im Rahmen der Militàrverwaltung zu wahren gewesen sind. V erhaltnis

zum

A rbeitseinsatz

19 . ) Bestrebungen des Beauftragten fiir den Arbeitseinsatz auf Herauslòsung der Arbeitsverwaltung aus den Militàrverwaltungen setzten im Jahre 1943 ein, konnten aber durch geeignete innerorganisatorische Massnahmen und Beriicksichtigung aller personeller Wiinsche zu einer befriedigenden Lòsung gefiihrt werden. V erhalnis

z u deutschen diplomatischen

V ertretungen

20. ) Vom erheblichster Bedeutung ist das Verhaltnis der Militarverwaltungen zu den Vertretern des Auswàrtigen Amtes gewesen. Nur in Belgien war und blieb der Vertreter in die Militàrverwaltung eingegliedert. - In Frankreich wurde nach dem Waffenstillstand ein selbstandiger Botschafter ernannt. Das Verhaltnis zwischen diesem und der Militàrverwaltung musste mangels einer klaren und ausdriicklichen ArbeitsTeilung sehr bald Zweifelsfragen und Unstimmigkeiten hervorrufen, da die Botschalt sich vielfach nicht auf ihre unbestreitbare und Hauptaufgabe, im aussenpolitischer Beziehung richtungsweisend zu sein, beschrànkte. - In Serbien war der Gesandte ebenfalls nicht in die Militàrverwaltung eingegliedert. Hier sind die aus der ursprün» glichen Koordination sich ergebenden Schwierigkeiten sehr betràchlich gewesen, zumai die Interessen des auswàrtigen Amtes bei der engen Verflechtung von Vòlkern und Staaten auf dem Balkan hàufig zu einer Beeinflussung auch reiner Verwaltungsmass» nahmen Anlass gaben. Scheliesslich ist dure Einsetzung des Sonderbeauftragten des Auswàrtigen Amtes und dessen ausdriikliche Bevollmàchtigung durch den Führer im Jahre 1943 eine Klàrung herbeigeführt, die im weiteren Verlauf der Militàrverwaltung zu einer befriedigenden Zusammenarbeit gefiihrt hat.

( ............. ) 2 1. ) Auch sonst hat die Einrichtung kleinerer Sonderbehòrden in den Gebieten der Militàrverwaltung nicht überall verhindert werden konnen. Sie dienten aber, wie z. B. der Einsatzstab Rosenberg, sachlich und zeitlich begrenzten Aufgaben. GENERALBEVOLLMACHTIGTER FÜR DIE WlRTSCHAFT IN SERBIEN UND W l STAB OST IN R ussland 22. ) Gegenüber den vorgenannten {I Ziffer 18 bis 20) aufgefiihrten fachlichen Einbrüchen in die Einheit der Verwaltung bedürfen zwei grundlegende Massnahmen der Erwàhnung, die auf dem Balkan und auf dem sowjetrussischen Kriegsschauplatz diese Einheit zerschlugen: Bei Errichtung der Militàrverwaltung in Serbien wurde die mit der Militàrverwaltung nur noch less in Zusammenhang stehende Sonderein» richtung des Generalbevollmàchtigten fur die Wirtschaft und in den besetzten sowjetischen Gebieten eine Neuschòpfung in Gestalt W i Stabes Ost geschafEen. Der Generalquartiermeister hat ailes getan, um dieser Aufspaltung entgegenzuwirken. In Serbien ist es nach Ablauf von nahezu zwei Jahren gelungen, die Einheit von Verwaltung und Wirtschaft im Rahmen der Militàrverwaltung wiederherzustellen. Im Sowjetrussland ist die Trennung erhalten geblieben - nach Auffassung des Gene» ralquartiermeisters nicht zum Vorteil der Sache. Mag auch vielleicht die Distanz fiir eine kritsche Bewertung noch zu kurz sein, so kann doch schon jetzt kaum bezweifelt werden, dass die unnatürliche Trennung von Verwaltung und Wirtschaft im besetzten Gebiet Reibungen, Doppelarbeit und Leerlauf zur Folge gehabt hat, und dass auch die Wirtschaft fur sich gesehen durch eine unmittelbare Zugriffsmòglichkeit auf die sâchlichen und personelle Hilfsmittel des Heeres beachtliche Vorteile gehabt haben würde. Bezeichnend fiir die Sachlage ist, dass der Wistabost im Jahre 1942 mit dem Gedanken umgegangen ist, sich eine eigene Wirtschaftspolizei neben den allgemeinen Polizeiorganen zu schaffen. Ernàhrung» und Landwirtschaft sowie Forstverwaltung

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hâtten von einer Eingliederung in die Heeresorganisation nicht nur keine Nachteile, sondern betràchtliche Erleichterungen gehabt, zumai die Erzeugnisse der genannten Wirtschaftszweige im òstlichen Operationsgebiet lange Zeit ausschliesslich der Wehrmacht überlassen worden sind. Was die gewerbliche Wirtschaft der Ostgebiete zubelangt, es bestand ursprünglich die Auftassung, dass eine Fôrderung durch deutsche Dienststellen überhaupt unterbleiben solle. Der Generalquartiermeister hatte aus gleichem Grunde schon bei Ausgestaltung des Englandplanes angeregt, etwa aufkommende Restaufgaben der gewerblichen Wirtschaft durch die Rüstungsinspektionen mit erledigen zu lassen. Auf diese Weise ware wenigstens die Aufspaltung der gewerblichen Wirtschaft in erweitertem Sinne beseitigt worden. Der Vorschlag hatte auch die Zustimmung des WiRüAmtes und der Wirtschaftsressorts gefunden. Er ist aber sehr gegen die Absicht des Generalquartiermeisters und ohne dessen Beteiligung von diesen Dienststellen dahin ausgehend worden, dass die Wirtschaftsressorts eigene Vertreter zum WiRü-Amt und zu den Rüstungsinspektionen entsenden sollten, eine Konstruktion, die in ihrer weiteren Entwicklung zweifellos mit zu der Einrichtung des Wi Stabes Ost geführt hat.

II. DIE E IN Z E L N EN

1)

M ILITA ERV ER W A LTU N G EN

B ELG IEN - N O R D FR A N K R B 1CH

Die erste nach den vorstehend dargelegten Gesichtspunkten eingerichtete, von den Heeresgruppen losgelost und mit der Ausübung der Territorialgewalt betraute « Militarverwaltung » war die des « Militarbefehlshabers in Belgien und Nordfrankreich ». Sie war hervorgegangen aus dem C .d .Z . bei der Heeresgruppe A ; ihre Tàtigkeit in Brüssel begann sie am 10/12.5.40 nachdem der Militârverwaltungsstab im Haag zusammengestellt worden war. Diese Militarverwaltung hatte eine wesentlich andere Stellung als die übrigen Militarverwaltungen. Der Hauptunterschied berchte darin, dass es in Belgien keine Landesregierung gab; die bisherige hatte das Land verlassen. Dem MilitarverwaltungsChef oblag somit nicht nur die Aufsicht und Steuerung der Landesregierug und einheimischen Verwaltung, er war vielmehr selbst an die Stelle des Regierungschefs getreten und bediente sich der zurückgbliebenen zentralen Regierungsapparatur, die ihrerseits die Grundlage abgab für einen neuen einheimischen Verwaltungsaufbau. Die Militarverwaltung in Belgien und Nordfrankreich bestand von Mai 1940 bis 18. Juli 1944. Anfang 1944 war der Gedank aufgetaucht, in Belgien die Militar. Verwaltung durch eine Zivilverwaltung abzulosen. Aus Gründen die auch dem OKH unbekannt sind, wurde durch einen vom Chef O KH (gez. Keitel) und Reichsminister u. Chef der Reichskanzlei (gez. Lammers) gegengezeichneten Führerbefehl vom 13. Juli 1944 die Militarverwaltung in eine Zivilverwaltung unter einem Reichskommissar ungewandelt. Diese Zivilverwaltung bestand bis zum Ende der Besetzung von Belgien insgesamt noch 47 Tage. Der erwàhnte Führerbefehl, der gleichzeitig die militârischen Hoheitsrechte vom Militarbefehlshaber auf einen Wehrmachtbefehlshaber übertrug, hat in seinen grundlagenden Bestimmungen folgenden Wortlaut: « 1. In den besetzten Gebieten von Belgien und Nordfrankreich, die zum Bereich des Militarbefehlshabers in Belgien und Nordfrankreich gehoren, tritt an die Stelle der bisherigen Militarverwaltung eine deutsche Zivilverwaltung. II. Die deutsche Zivilverwaltung in den genannten Gebieten ist grundsatzlich eine Aufsichtsverwaltung. Sie kann jedoch, soweit die Belange des Reiches, besonders soweit die Kriegführung und die Aufrechterhaltung der ôffentlichen Sicherheit und Ordnung dies erfordert, die Verwaltung selbst durch eigene Organe und Amtstrager ausüben. III. An der Spitze der deutschen Zivilverwaltung in den besetzten G e­ bieten von Belgien und Nordfrankreich steht ein Reichskommissar. Zum Reichs-

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Die Militarverwaitung kommissar für die besetzten Gebiete von Belgien und Nordfrankreich ernenne ich den Gauleiter Josef G r o h e. Er untersteht mir unmittelbar und erhàlt von mir Richtlmien und Weisungen.

V II. Die militàrischen Hoheitsrechte in den besetzten Gebieten von Belgien und Nordfrankreich werden durch den Wehrmachtbefehlshaber in Belgien und Nordfrankreich a u s g e ü b t . ...............................................................» Die Gefahren, die eine solche grundlegende organisatorische Aenderung in Anbetracht der taktischen Lage - der feindliche Einmarsch in Belgien stand vor der Tiir - ergeben konnten, waren gross, deshalb wurde der gesamte personelle Appa­ rat der Militarverwaitung unter dem Militarverwaitungschef auf die Zivilverwaltung iibernommen und dem Reichskommisar unterstellt. Die Beamten blieben Miltarverwaltungsbeamte. Die Neuordnung wirkte sich deshalb im wesentlichen dahin aus, dass nicht mehr die Fachressorts in Berlin ihre Wünsche an den Militarbefehlshaber (Chef der Militarverwaitung) richteten, sondern dass Weisungen an den Reichskommissar nur noch vom Führer durch Vermittlung des Reichsministers und Chef der Reichskanzlei ergehen konnten. Die geschlossene Ueberleitung der Apparatur der Mil V erw ., deren Betreuung nach wie vor Sache des OKH war, auf die Zivilverwaltung war nur als vorübergehende Massnahme gedacht. Die Entwicklung der Dinge gestattete es jedoch nicht mehr, diese Militarverwaltungsorganisation durch einen zivilen Verwaltungskorper zu ersetzen. Die Zivilverwaltung stellte, nachdem der Reichskommissar und der Verwaltungsstab am 2. Sept. 1944 Briissel verlassen hatten, ihre Arbeit auf dem belgischen Raum ein. Die Angehorigen der Militarverwaitung wurden bis auf eine geringe Anzahl, die im deutschen Grenzgebiet für die verschiedensten Aufgaben - meist vorübergehend - zum Einsatz kam, nach Marburg zur Entlassung in Marsch gesetzt. Ein Reststab wickelte an verschiedenen Plàtzen des Westens, zuletzt in Oehringen bis Mitte April 1945 die Geschàfte der Militarverwaitung ab, erstellte den umfassenden Rechenschafts- und Schlussbericht und sicherte das Beweismaterial. Wertvolle Akten der Mil. V erw . sind beim Abtransport aus Belgien zerstort worden oder spater im Reichsgebiet Bombenangriffen zum Opfer gefallen. Einzelheiten im Sonderbericht Belgien-Nordfrankreich (*). 2) FR A N K R EIC H A ls zweite Militarverwaitung entstand die in Frankreich in der zweiten Junihalfte 1940. Der personelle Apparat wurde in den Anfangen in Compiègne zurzeit der Waffenstillstandsverhandlungen zusammengestellt und siedelte alsbald nach dem Waffenstillstand nach Paris über. Die Militarverwaitung Frankreich bestand bis August 1944. Der Chef der Militàrverwaltung verliess befehlsgemass Paris am 18. August, nachdem der Kommandostab und der Hôhere S S - und Polizeiführer schon vorher abgerückt waren. Nach kurzem Aufenthalt in verschiedenen Orten Westfrankreichs (bis 5. Sept.) wurde in Baden ein Abwicklungsstab gebildet, der am 2 1. Sept, nacb Postdam übersiedelte und dort bis Mitte April 1945 den Rechenschafts- und Schlussbericht erstelle. Auch hier ist wertvollstes Aktenmaterial durch die Transportschwierigkeiten wie durch Bombenangriffe verloren gegangen. Einzelheiten im Sonderbericht Frankreich. 3) SERB1EN Die Militarverwaitung in Serbien ist im Herbst 1941, zunachst unter Beschrankung auf die « Verwaltung », eingerichtet worden. Im Herbst 1943 wurde im Rahmen der Militarverwaitung die Einheit von Verwaltung und Wirtschaft herbeigeführt. Nachdem der Chef der Militarverwaitung auf Befehl des Militàrbefehlshabers am 5.10.44 Belgrad mit seinem Stab verlassen hatte, erfolgte die Abwicklung sowie

(*) Die Dienststelle des Reichskommissars (ohne die Apparatur der einstigen Mil Verw.) bestand auf deutschem Roden im Friihjahr 1945 fort.

Die Militàrverwaltung

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die Erstellung des Rechenschafts- und Schlussberichts durch einen Abwicklungstab in Wien und Eggerding bis Ende Màrz 1945. Ailes Nahere im Sonderbericht Serbien. 4) SÜ D O ST Wegen der übrigen Militàrverwaltungen auf dem Balkan, insbesondere der in Griechenland, vgl. Sonderbericht Siidost. 5) O STG EB1E T E Im Operationsgebiet des Ostens war keine einheitliche Mil V erw . analog der in den besetzten Westgebieten eingerichtet worden. Vielmehr wurde fiir die Wirtschaftsfragen in Gestalt des W i Stabes Ost eine besondere, eigene hierfiir geschaffene Apparatur aufgezogen, die in einem nur sehr losen Zusammenhang mit den territorialen Dienststellen des Heeres stand. Fiir die Bearbeitung der Verwaltungsfragen und ab 1.3.19 43 auch der Finanzfragen begniigte man sich mit einem kleinen Verwaltungsapparat, der in die militàrischen Stàbe eingebaut wurde: die erforderlichen MV-Beamten aus dem Bereich der Verwaltung (auch Finanzen) wurden bei den Befehlshabern des riickw. Heeresgebiets (spàter bei den H . Gr. ’ en und A O K ’ s) unter dem O.Qu. in Gestalt von sogen. Abteilungen VII zusammengefasst. - Nachdem die Heeresgruppen bzw. die A O K ’s die Reichsgrenzen wieder in westlicher Richtung iiberschritten hatten, wurden die Abteilungen aufgelòst (Nàheres Sonderbericht Ostgebiete). 6) IT A L IE N Die Militàrverwaltung in Italien bestand zurzeit dieses Berichtsabschlusses fort. Sie ist in diesem Abschlussbericht daher nicht beriicksichtigt.

IH. DAS OKH ALS SPITZE DER M ILIT AERVERW ALTU N G SO RGAN ISATIO N M il V erw . als H eeres - oder als W ehrmachteinrichtung j . Die Spitze der Militàrverwaltung bildete der Generalquartiermeister. Die Militàrverwaltung war also eine Einrichtung des Heeres. Nach den gemachten Erfahrungen ist vielfach die Frage aufgeworfen worden, ob die Militàrverwaltungsorganisation nicht zweckmàssiger als Wehrmachteinrichtung mit der Spitze im Chef OKW geschaffen worden wàre. Den Generalquartiermeister zur Spitze der MilitàrverwaltungsOrganisation zu machen, lag an sich wegen der vielfàltigen und engen Zusammenhànge der Aufgaben der Militàrverwaltung mit der althergebrachten Institution des GeneralQuartiermeisters nahe, zumai sich mit dem Begriff des Generalquartiermeisters aus dem letzten Kriege die Vorstellung eines universellen Zustàndigkeitsbereiches verband. Fiir den Einbau in die Wehrmacht und fiir die Unterstellung unter den Chef O KW hàtte jedoch nicht nur die Tatsache gesprochen, dass auf diese Weise die Militàrverwaltung in enge Beziehung auch zu den beiden anderen Wehrmachtteilen Luftwaffe und Marine - gebracht worden wàre, sondern die weitere Tatsache, dass das Aufgabengebiet wichtiger ziviler Einrichtungen, die im besetzten Gebiet wie Pilze aus der Erde schossen, auf das engste die Interessen der Wehrmacht beriihrte, ohne dass jedoch die Wehrmacht auf sie die notwendige Einwirkung hatte (z. B. Orga­ nisation Todt, Transportkorps Speer, RAD). Waren also schon der Einwirkungsmoglichkeit des O KW Grenzen gesetzt, so musste dies in erhòhtem Masse fiir die Militàrverwaltung als Einrichtung des Heeres gelten. Fiir den Einbau der Militàrverwaltungsspitze in das O KW hàtte ferner die Tatsache angefiihrt werden kònnen, dass die Aufrechterhaltung der Verbindung mit den zivilen Reichszentralstellen, insbesondere der Schriftverkehr der Wehrmacht mit diesen zur Zustàndigkeit des OKW (nicht des Gen St d HI) gehorte. Die Militar-

Die Militarverwaïtung

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verwaitung war aber nicht zuletzt zur Geltendmachung der Ressortswiinsche in den besetzten gebieten geschaifen worden; sie biidete in den besetzten Gebieten gewissermassen den verlàngerten Arm des Reichsressorts, deren mihtànscher Gegenspieler das OKW war und nicht das O KH. Es mag sein, dass die mehr als unbefriedigende Rechtsstellung der MV-Beamten (vgl. IV Ziff. 5) ihre tiefste Ursache in der A rt hatte, in der die Apparatur der Mil. V erw . in der Wehrmacht verankert war. Vielleicht ware die ganze Stellung der Mil. Verw. eine andere gewesen und ware ihr dadurch auch die Erfiillung ihrer Aufgaben erleichtert worden, wenn die Spitze dieser Organisation in das OKW statt in das O KH eingebaut worden ware. ZUSTÀNDIGKEITSVERTEILUNG ZWISCHEN OKW UND OKH 2) Die Regelung der zentralen Zustàndigkeiten bei der Leitung und laufenden Bearbeitung der vollziehenden Gewalt im Operationsgebiet war im Verhàltnis zwischen Chef O KW , Chef GenStdH und Gen Qu gewissen Schwankungen unterworfen. Chef OKW erstrebte mehrfach stàrkere Einflussnahme auf die Militarverwaïtung; zu diesem Zwecke hat es auch an Versuchen nicht gefehlt, den Generalquartiermeister als Spitze der Militarverwaïtung nàher an das OKW heranzuziehen. - Uebrigens besass das OKW beim Wehrmachtfiihrungsstab eine eigene, wenn auch zahlenmassig schwach besetzte Arbeitsgruppe fiir Verwaltungsfragen in den besetzten Gebieten. Insoweit liefen diese Arbeiten fiir diese Militàrverwaltungsaufgaben beim O KW /W FSt/Q u (Verw. 1) pa­ rallel zu denen der Abteilung Kriegsverwaltung des Generalquartiermeisters. Die Bestrebungen des O KW , stàrkere Emwirkung auf die Leitung der vollziehenden Gewalt in den besetzten Gebieten zu gewinnen, fanden Ausdruck in einer Reihe von Befehlen (auch Befehlsentwiirfen) sowie in interessantem Schriftwechsel zwischen Chef OKW und Chef Gen St d H . Die tiefere Ursache fiir das Streben des O KW , sich starker in die Fragen der Mil. V erw . einzuschalten, diirfte darin gelegen haben, dass vom Jahre 1943 ab dem westlichen Kriegsschauplatz wieder erhòhtes Interesse zukam. Die tatktische Fiihrung im Westen oblag nàmlich dem OKW (WFSt), wie dies auch auf allen übrigen Kriegsschauplatzen der Fall war mit Ausnahme des russischen, der dem GenStdH vorbehalten war. Der W FSt beim OKW kam daher zwangslàufìg mit den Fragen der Mil. V erw . weit mehr in Berührung als der Gen St d H , der nur im Osten mit V erw al­ tungsfragen des besetzten Gebietes Verbindung gewann. Im Osten bestand aber keine einheitliche Mil. V erw . (s. unter li Ziff. 5). Da ausserdem die politische Fiihrung der Ostfragen in der Hand des Ostministeriums lag, stand der Gen St d H den Problemen der Mil. V erw . in jeder Beziehung ferner. Der W i Stab Ost, der fiir die wirtschaftlichen Ostfragen gebildet war und auf diesem Gebiet einen (sachlich beschrànkten), dem fachlichen Weisungsrecht des Vierjahresplans unterstellten Militarverwaltungsapparat des Ostens darstellte, war iibrigens ebenso eine militàrische Einrichtung wie die Militarverwaïtung, nur dass der Wi Stab Ost seine Spitze nicht im Gen St d H /Gen Qu, sondern im Chef O KW hatte. - Diese Zusammenhange machen die Bestrebungen des OKW nach starkerer Einflussnahme in die Fragen der Militarverwaïtung verstandlich. Dieser nicht eindeutigen Zustàndigkeitsabgrenzung wurde im Sommer 1943 ein Ende gesetzt durch den nachstehend unter Ziff. 6 wiedergegebenen Erlass des Chefs OKW vom 3.6.43, der festlegte, inwieweit der Generalquartiermeister in Fragen der Mil. V erw . Handlungsfreiheit besass, und wieweit Chef O KW sich Zustandig­ keiten vorbehielt. - Bis zu dieser Regelung werden die Schwankungen in der Zustàn­ digkeitsabgrenzung zwischen O KW und O KH bei Ausiibung der vollziehenden Gewalt im Operationsgebiet durch folgende Erlasse beleuchtet: E ntw icklung

der

Z ustàndigkeitsabgrenzung

a) Gem. H D v. 90 und OK N r. 050/39 g.Kdos. W FA/'L II c vom 10.5.1939 ist dem OB d H sowie den Oberbefehlshabern der Armeen die « Ausiibung der vollziehen­ den Gewalt » in Operationsgebiet iibertragen. b) Ob d H beauftragte seinerseits mit der Leitung und laufenden Bearbeitung der auf der Ausiibung der vollziehenden Gewalt im Operationsgebiet beruhenden Auf­ gaben den Chef Gen St d H . c) Als der Führer mit Befehl vom 19 .12 .4 1 den Oberbefehl über das Heer übernahm,

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wurde der Chef Gen St d H dem Führer unmittelbar unterstellt und die Ausübung der Befugnisse des Ob d H als oberste Kommando- und Verwaltungsbehòrde dem Chef OKW übertragen. Die Aufgaben und Befugnisse des Chef Gen St d H (vorst. Buchst. b) sind durch den Führerbefehl vom 19 .12 .4 1 unberührt geblieben, da dieser nichts an der durch den Ob d H vorgenommenen Delegation (vgl. die in vorstehender Buchst. b) genannte Beauftragung) anderte. d) Mit Befehl vom 12.2.1942 bestimmte Chef O KW , dassa « die Leitung und laufende Bearbeitung der auf der Ausübung der vollziehenden Gewalt im Operationsgebiet beruhenden Aufgaben des Ob d H nach seinen Weisungen dem Gen St d H/Gen Qu obliegt ». Hiernach nimmt Chef OKW die Ausübung vollziehender Gewalt als Ob d H-Aufgabe (nicht als Wehrmachtaufgabe) in Anspruch; er übertràgt an Gen Qu nicht nur die laufende Bearbeitung, sondern auch die Leitung der auf der Ausübung vollziehender Gewalt im Operationsgebiet beruhenden Aufgaben des Ob d H . Nach den dem Befehl vom 12.2.42 vorausgegangenen Entwürfen war beabsichtigt gewesen, die Aufgaben des Ob d H , die sich aus der Ausübung der vollziehenden Gewalt im Operationsgebiet ergeben, auf den Chef OKW als Wehrmachtsaufgabe zu übernehmen. Ausgenommen davon sollten diejenigen Gebiete sein, die mit den Operationen in unmittelbaren Zusammenhang stehen. Durch erganzenden Befehl des Chefs OKW hatte Bestimmung dahin betroffen werden sollen, dass Gen Qu unter Leitung des W FSt die Aufgaben, die sich aus der Ausübung der vollziehenden Gewalt im Operationsgebiet ergeben, weiterführt. e) Mit Befehl vom 1.10 .19 4 2 ermàchtigte der Führer in Ergânzung seines Befehls vom 19 .12 .19 4 1 (vgl. Buchst. c) den Generalfeldmarschall Keitel zur Entscheidung aller Angelegenheiten, die nicht die operative Führung betreffen, entsprechend den früher erteilten Befugnissen. - Chef Gen St d H ist also eindeutig in Angelegenheiten, die die Ausübung der vollziehenden Gewalt im Operationsgebiet betreffen, dem Chef OKW unterstellt. f) Ueberschneidungen in der Zustândigkeit des O KW /W FSt und des Gen St d H/Gen Qu machten im Anschluss an den unter Buchst. d) genannten OKW-Befehl vom 12.2.42 eine schàrfere Abgrenzung derjenigen Sachbereiche erforderlich, die das OKW sich vorbehielt. Diese erfolgte durch den nachstehend im Wortlaut wiedergegebenen Erlass des Chefs OKW vom 23.6.43 (OKW/WFSt/Qu (Verw) N r. 519/43). - Intéressant ist, dass vorher der Chef W FSt (gez. Gen.d.Art. Jodl) mit einem an den Chef Gen St d H (gez.Gen.d.Inf. Zeitzler) gerichteten Schreiben vom 5.4.1943 N r. 01488/43 geh. WFSt/Qu (Verw.) die Forderung erhoben hatte, dass die Leitung der Militârverwaltung im Westen auf den W FSt übergehen solle. Dabei wollte sich der W FSt zur Durchführung dieser Aufgabe der Abt. Kriegsverwaltung des Gen Qu bedienen, die insoweit an die Weisungen des W FSt gebunden werden solite. Chef Gen St d H hat mit Schreiben vom 11.5 .19 4 3 Gen Qu II/2953/44 geh. der unmittelbaren Unterstellung einer ihm zugehorigen Abteilung unter den WFSt scharf widersprochen. E ndgültige Z ustandigkeitsabgrenzung Der vorerwahnte grundlegende Erlass des Chefs OKW (gez. Keitel) vom 23.6.43 hat folgenden W ortlaut: « Nach meinem Erlass vom 12.2.1942 obliegt die Leitung und laufende Bearbeitung der auf der Ausübung vollziehender Gewalt im Operationsgebiet beruhenden Aufgaben des Oberbefehlshabers des Heeres nach meinen Weisungen dem Generalstab des Heeres. Hierzu wird erganzend bestimmt: I. Grundlegende Weisungen für die Aufgaben, die sich aus der Ausübung voliziehender Gewalt in den Operationsgebieten ergeben, ergehen an den Generalstab des Heeres über den Wehrmachtführungsstab. II. In den nachstehenden Punkten ist vorher meine Entscheidung über den Wehrmachtführungsstab einzuholen : 1) Bei allgemeinen Anordnungen und Richtlinien, sofern diese » insbesondere auch wegen ihrer etwaigen politischen Auswirkungen - von besonderer Tragweite sind;



Die Militarverwaltung

2) wenn Belange der anderen Wehrmachtteile in wesentlichen Dingen beriihrt werden; 3) wenn Verhandlungen mit Obersten Reichsbehohrden mit dem Ziele gefiihrt werden, Zustandigkeiten gegeniiber Bevollmachtigten dieser Reichsbehdrden festzulegen oder abzuandern; 4) wenn gegeniiber der franzòsischen Regierung oder landeseigenen Behorden anderer besetzter Gebiete Massnahmen von politischer Bedeutung beabsichtigt sind; 5) wenn ausserordentliche Ereignisse eintreten, die die Sicherheit der Besatzungsmacht gefahrden und entscheidende Gegenmassnahmen erforderlich machen. ». A bteilung K riegsverw altung

b eim

G eneralquartiermeister

3) Zur Aufsicht iiber die Militarverwaltung in den besetzten Feindgebieten war beim Generalquartiermeister eine besondere Abteilung Kriegsverwaltung (Abt. Il) gebildet, die einem hoheren Generalstabsoffizier unterstand. Neben Arbeitsgruppen fiir die rein militarischen Belange (Organisationsfragen, Kriegsstarkenachweisungen, Kriegsgefangenenwesen, Raumung, usw.) bestand eine Gruppe fiir Verwaltungsìragen und eine fiir Wirtschaftsiragen. VERWALTUNG Bei der Gruppe V erwaltung lag das Schwergewicht in der Behandlung der Organisationsfragen der Mil V erw . und in der Personalbewirtschaftung. Die Einrichtung der Mil V erw . in den besetzten Gebieten musste jeweils den besonderen Verhaltnissen des Landes angepasst werden und zeigte je nach A rt der politischen Verhàltnisse in den verschiedenen Lândern Besonderheiten. Nicht zuletzt bedurfte es einer standigen Abschirmung der Militarverwaltungen gegeniiber storenden Eingriffen von dritter Seite in ihrer Arbeitsgebiete. So galt es, Sonderwiinsche einzelner Ressorts abzuwehren, die bald eine starkere Heraushebung ihrer Interessen innerhalb der Mil V erw . durch entsprechende Organisationsmassnahmen forderten, bald anstrebten, durch die Einsetzung eigener Exponenten ausserhalb der Mil V erw . ihren Einfluss im besetzten Gebiet zu verstarken. Aber auch gegen die EingrifEe der Truppe oder sonstiger militarischer Dienststellen musste die Militarverwaltung immer wieder geschiitzt werden, damit sie die ihr von der zentralen Planung des Reichs iibertragenen Aufgaben erfiillen konnte. Schliesslich war es Aufgabe der Gruppe Verwaltung beim Generalquartiermeister, in dem auf mehrere Heeresgruppen aufgeteilten Operationsgebiet des Ostens eine einheitliche Linie in der Behandlung der Verwaltungs- und Finanzprobleme seitens der Heeresgruppen sicherzustellen. Personalbewirtschaftung Bei der Personalbewirtschaftung durch die Verwaltungsgruppe handelte es sich im wesentlichen um die Bedarfsanforderungen und Personalvorschlage gegeniiber den Reichsressorts, um die Auswahl von Personal aus den freien Berufen, um die Zuweisung der einberufenen MV-Beamten an die einzelnen Militarverwaltungen, um den Personalausgleich und um die Entlassung der MV-Beamten. Besondere Sorge wurde dem das gesamte Verwaltungsorgan naturgemass stark bewegenden Fragenkomplex der Rechtsstellung der Militarverwaltungsbeamten zugewandt, von der in anderen Zusammenhang noch kurz die Rede sein wird (IV Ziff. 5), den Bemühungen des Gen Qu waren in dieser Beziehung niemals Erfolge beschieden. Die Zahl der auf den einstigen Kriegsschauplàtzen eingesetzten MV-Beamten belief sich in den Zeiten_des stàrksten Krafteeinsatzes auf bis zu tooo in Frankreich, bis zu 400 in Belgien, bis zu 300 im Siidosten, bis zu 175 im Osten und 950 in Italien, so dass jeweils 2000 bis 3000 MV-Beamte durch die Verwaltungsgruppe des GeneralQuartiermeisters zu betreuen waren. WlRTSCHAFT Auf dem Gebiete der Wirtschaft musste der Generalquartiermeister sich im wesentlichen darauf beschranken, die Belange der reichszentralen Wirtschaftsstellen mit den Notwendigkeiten der militàrverwalteten Gebiete abzustimmen und zwischen den beteiligten Stellen zu vermitteln. So hat er insbesondere vermittelnd eingegriffen, wenn Forderungen der deutschen Kriegswirtschaft mit den wirtschaftlichen Mòglichkeiten der besetzten Gebiete nicht in Einklang zu bringen waren. Auch bei wider-

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sprechenden Wiinschen der Reichsressorts an die Militiirverwaltungen schaltete sich der Generalquartiermeister ausgleichend ein. Die grundsàtzliche von den Militarverwaltungen gehaltene wirtschaftliche Linie ging also nicht auf Entscheidungen des Generalquartiermeisters und nicht auf eigene Massnahme der Militarbefehlshaber (Militarverwaltungen) zuriick, sondern beruhte auf den durch die zentralen Wirtschaftsstellen des Reichs ausgegebenen Richtlinien und erteilten Auftràgen. SONSTIGE S a CHGEBIETE

Wo nicht die fachliche Zustàndigkeit eines Reichsressorts gegeben war, d. h. also ausserhalb des Bereichs der eigentlichen Verwaltung und Wirtschaft, ergingen die fachlichen Weisungen durch den Chef O KW /W FSt oder durch den Gen Qu. Dies trifEt zu vor allem fiir die mit der Sicherung der Besatzungsmacht zusammenhângenden oder sich aus sonstigen militarischen Erfordernissen ergebenden Fragen. Hier lag jedoch bei der führenden Stellung des OKW gegeniiber dem O KH/Gen Qu in alien grundsàtzilchen Besatzungsfragen (vorstehend Ziff. 2) das Schwergewicht beim O KW . Der Generalquartiermeister musste sich zumeist auf die Vermittlerolle beschranken sofern nicht iiberhaupt der unmittelbare Befehlsweg vom OKW zu den Militarbefehlshabern unter nachtraglicher Benachrichtigung des Gen Qu beschritten wurde. Es ist selbstverstandlich, dass in yielen, gerade in grundsatzlichen Fragen zwischen OKW und Gen St d H /Gen Qu sachliche Meinungsverschiedenheiten bestanden und ebenso selbstverstandlich ist, dass Gen St d H/Gen Qu bzw. die Militàrbefehlshaber, wenn OKW sich etwaigen Gegenvorstellungen verschloss, die Befehle des OKW auszufiihren hatte. Meist lagen die Dinge so, dass Gen St d H /Gen Qu sich infolge seiner engen Beziehungen zu den Militarverwaltungen und seines hierauf beruhenden besonderen Verstandnisses fiir deren Wiinsche sich diese zu eigen machte und sie dem OKW gegeniiber vertrat. Selbstverstandlich ist schliesslich, dass das OKW allein in der Lage war, die Dinge von hochster Warte zu iibersehen und dass nur das O KW die politischen bei der Entscheidung ins Gewicht fallenden Umstande kannte und zu werten wusste. Die Akten ergeben eine Vielzahl von Fallen, in denen O KH/Gen Qu sich immer wieder zum Anwalt von Anregungen oder Vorschlàgen der Militarbefehlshaber gegeniiber dem OKW machte, sich aber nicht durchsetzen konnte: Mochte es sich um die vom Militarbefehlshaber Serbien dringend erbetene Zustimmung zur Schaffung eines serbischen Zentralorgans (Landtag) handeln, oder um den Vorschlag des Mil Befh. Belgien, die belgische Strafjustiz in bestimmten Fallen in Strafverfahren gegen belgische Staatsangehorige einschalten, oder um den vom OKW gewiinschten Umtausch der Radioapparate in Belgien den der Mil Befh. fiir praktisch undurchfiihrbar erklàrte, oder um den vom Mil Befh. in Frankreich immer wieder beantragten Erlass einer Verordnung zur Bekâmpfung des Schiebertums, oder um dessen Bitte, in Anbetracht der bevorstehenden Invasion (Mai 1944) vom Austausch der « zwei Jahre in Frankreich tatigen MV-Beamten » abzusehen, oder um den Antrag des Mil Befh. Siidost, vom Abtransport einer in Saloniki gefundenen, der griechischen Regierung feierlich iiberreichten Statue nach Deutschland abzusehen. Bei all diesen Anregungen und Vorstellungen der Mil Befh. und der Militarverwaltungen machte sich der Gen Qu zu ihrem Sprecher und befand sich somit in Gegensatz auf Auffassung des O KW , das aus politischen Griinden oder aus der Kenntnis gròsserer Zusammenhange diese Vorschlage ablehnend beschied. Eine Frage von besonderer Bedeutung, bei der sich der Gen. Qu. immer wieder zum Anwalt der iibereinstimmenden Wiinsche aller Mil Befh. machte, war die Deportation von Arbeitern aus den besetzten Gebieten in das Reichsgebiet, gegen die sich Gen. Qu. mit den Mil. Befh. stets erfolglos zur Wehr setzte. ZUSAMMENSETZUNG DER ABT. Ili Das in den beiden Gruppen Verwaltung und Wirtschaft zusammen tàtige Personal betrug 4, im Hòchstfall 6 MV-Beamte, je zur Hàlfte des hòheren sowie des gehobenen mittleren Dienstes. Daneben waren dem Gen Qu fiir Organisations- und Personalfragen sowie zur allgemeinen Beratung auf dem Gebiet der Verwaltung sowie der Wirtschaft 2 MV-Chefs beigegeben; sie standen ausserhalb der vorgenannten Gruppen und besassen kein Zeichnungsrecht, da sie auf beratende Tàtigkeit beschrànkt waren. Das Zeichnungsrecht war ausschliesslich den Ofiizieren der Abteilung vorbe-

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halten und daher auch den anderen MV-Beamten beim Gen Qu versagt; erst in der letzten Zeit wurde es den Gruppenleitern Verwaltung und Wirtschaft in bestimmten Grenzen gewàhrt. D aten Zur Einrichtung und zum àusseren Werdegang des Generalquartiermeisters und damit seiner Abt. II (Kriegsverwaltung) sind folgende Daten von Interesse: 25.8.1939 Errichtung der Dienststelle des Generalquartiermeisters, hervorgegangen aus Abt. V I des Gen St d H . Innerhalb des Gen Qu wird die Abt. Z gebildet, die ihre Tatigkeit in Zeppelin (südlich Berlin) beginnt. 10.5.1940 Verlegung des Gen Qu nach Giessen, VerdumKas Juni 1940 Verlegung nach Seloignes (Belgien) 2.7.1940 Verlegung nach Fontainebleau 28.10.1940 Verlegung nach Zossen (b. Berlin) 22.6.1941 Verlegung nach dem Mauerwald (Ostpreussen) 10.7.1942 Verlegung nach Winnizza (Siidukraine) 2 .1 1 . 1 942 Verlegung nach dem Mauerwald (Ostpreussen) 1 1 . 7.1944 Verlegung nach Zossen (b. Berlin) 20.2.1945 Verlegung nach Roon (Bayern) Die Auflòsung der Abteilung II erfolgte am 20. April 1945: ihre Aufgaben wurden in einem umfangreichen Referat Verwaltung in der Gruppe Feld wirtschaft und Verwaltung zusammengefasst.

IV. SCH W IERIG KEITEN IN DER A RBEIT DER M ILIT A E R V ER W A LT U N G EN 1) A LL G EM EIN A llgem ein Die Leistungen der Militarverwaltungen in den besetzten Gebieten erscheinen erst dann im richtigen Licht, wenn man sich die Schwierigkeiten vergegenwârtigt, unter denen sie erbracht wurden. Es handelt sich hier nicht um die Schwierigkeiten einer Verwaltung in Feindesland mit einer mehr oder weniger ablehnenden Regierung, Verwaltung und Bevolkerung; auch ist hier nicht gedacht an die Schwierigkeiten, die sich aus der knappen Personalbesetzung ergeben, die in keinem Verhaltnis stand zur Grosse und Mannigfaltigkeit der Aufgaben. Diese Schwierigkeiten gehoren zum Wesen einer Kriegsverwaltung in Feindesland. Viel schwerer wiegen die nicht in der Sache begründeten, sondern aus Massnahmen oder dem Verhalten der Besatzungsmacht selbst erwachsenen Schwierigkeiten. Durch die Berichte samtlicher Militarverwaltungen schalen sich iibereinstimmend diese Schwierigkeiten und Mangel - fiir die einzelnen Lander in verschiedenen Abstufungen » heraus. Die Klagen gipfeln, wenn von der vorstehend unter III Ziff. 1 behandelten Frage des Einbaus der obersten Spitze der Mil V erw . und dem darauf beruhenden Fehlen einer starken Vertretung ihrer Belange in der Zentrale abgesehen wird, in der mangelnden Einheit der deutschen Besatzungsverwaltung, da zahllose Dienststellen der Einwirkungsmoglichkeit der Mil V erw . entzogen waren und sich auf eigene Faust sogar in Arbeitsbereichen der Mil V erw . betàtigten, sodann in den Eingriffen der Truppenfiihrung, die den Aufgaben der Mil V erw . vielfach fremd gegeniiberstand und die eigenen Bedürfnisse über die gesamtdeutschen Notwendigkeiten zu stellen geneigt war. Ferner in den Eingriffen und Zustandigkeitsbeschrankungen seitens des Kommandosektors, sodann in der Erschwerung der Fühlungnahme mit der einheimischen Bevolkerung und damit der erschwerten Gewin-

Die Military erwaltun g

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nung unmittelbarer Information und schliesslich in den cwigen Abbauverlangen, die in Widerspruch standen zur stàndigen Erweiterung des Aufgabenkreises. Ganz allgemein litten die Militàrverwaltungen unter dem Gefühl des fehlenden Riickhalts bei den militârischen Zentralstellen, von denen sie wenig oder keine Beweise der Anerkennung und Aufmunterung erhielten. Verstarkt wurde dieses Gefühl durch die stetes Verschlechterung der Rechtstellung des MV-Beamtenkòrpers in Verbindung mit seiner Behandlung in der Auszeichnungsfrage (vgl. IV Ziff. 5).

2) M angelnde E inheit

M A N G EL N D E E IN H EIT DER V E R W A L T U N G der

V erwaltung

Die mangelnde Einheit der Besatzungsverwaltung wurde unter I Ziff. 16, 19 bis 21 bereits behandelt. Dieser Mangel war so einhellig anerkannt und ist durch so viele Beweise erhartet, dass weitere Ausführungen sich erübrigen. Zur Beseitigung der Aufsplitterung der Verwaltung hat OKH/Gen St d H /Gen Qu in einem Bericht an einen mit Spar- und Abbaumassnahmen betrauten « Sonderstab General Jost bei Chef OKW » unter dem 28.3.1944 N r. II » 2720/44 folgenden Vorschlag gemacht: « Immer wieder muss in Uebereinstimmung mit den Ergebnissen aller bisherigen Sparaktionen eindeutig festgestellt werden, dass in den besetzten Gebieten Sparmassnahmen innerhalb der einzelnen Verwaltungen heute keine personellen Einsparungen mehr erbringen. Die Mangel, deren Beseitigung zu erheblichen Einsparungen führen wurde, liegen heute nicht mehr in der Ueberbesetzung einzelner Dienststellen, sondern darin, dass zahlreiche Verwaltungen und Dienststellen bestehen, die in dem betr. Gebiet nicht einheitlicher Führung unterworfen sind, sondern sich unabhangig voneinander betatigen mit dem Ergebnis einer Schwàchung der Stosskraft der Verwaltung einerseits, eines unendlichen Personalvebrauchs andererseits. Die Tatigkeit der immer wieder zur Personaleinsparung eingesetzten Stabe und Sonderbeauftragten muss deshalb im wesentlichen unproduktiv sein, solange ihre Aufgabe dahin beschrankt ist, die einzelnen Verwaltungszweige und Dienststellen auf die Entbehrlichkeit der einen oder anderen Arbeitskraft zu durchleuchten. Gewaltige Personaleinsparungen würden hingegen erzielt werden, wenn endlich eine radikale Zusammenfassung aller im besetzten Gebiet vorhandenen, nicht zum Kam pf eingesetzten Dienststellen unter dem Mil Befh. sich erreichen liesse. Die Ueberwachung des hierdurch ermoglichten gewaltigen Personalabbaus und des hiermit verbundenen rationellen Arbeitseinsatzes wurde allein den Einsatz dieser Stabe und Sonderbeauftragten rechtfertigen und erforderlich machen. Erst wenige Tage vor dem Fall von Paris hat man die Folgerungen aus dem Fehlen einheitlicher Befehlsgewalt gezogen, als durch Führerbefehl vom 7.8.1944 - W F St/ Qu 2/V erw . i N r. 06 062/44 S ' e'n “ Kommandierender General und Wehrmachtbefehlshaber von PARIS » eingesetzt wurde, der nach dem Wortlaut des Befehls « zur Erfullung dieser Aufgaben weisungsberechtigt ist an alle Dienststellen der Wehrmacht und Waffen -SS, der Gliederungen und Verbande ausserhalb der Wehrmacht sowie an Parteidienststellen und zivile Dienststellen ». 3)

STÔ RU N G EN VO N D R IT T ER SE ITE

E ingriffe der T ru ppen füh run g a) Ein besonderes Kapitel bildeten die Eingriffe der Truppenführung in den Aufgabenbereich der Mil V erw . Es war verstandlich, wenn die Truppe zunâchst an sich selbst dachte und ihre eigenen Interessen über ailes andere stellte. Vor allem war dies der Fall bei Truppenteilen, die vom Osten kommend erstmalig im Westen eingesetzt wurden. Die Truppe war vielfach geneigt, der Mil V erw ., die Massnahmen und Wunschen der Truppe oftmals Einhalt gebieten musste, schiappe Haltung gegenüber der einheimischen Verwaltung und Bevolkerung sowie mangelndes Verstandnis für sogenannte Truppenbelange vorzuwerfen. Erst allmàhlig erkannte dann die Truppe,

Die Militàrverwaltung

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dass dieses Bremsen der Mil V erw . einzig und allein im Interesse der Gesamtplanung des Europàischen Raumes erfolgte. Hatte die Truppe Verstandnis hierfiir gewonnen, so verschwand sie und wurde durch neue Einheiten abgelòst, mit denen sich die gleichen Schwierigkeiten ergaben. S torungen

durch den

K ommandosektors

b) Bedeutsamer und zunâchst unverstandlicher waren die Eingriffe, Uebergriffe und Zustàndigkeitsbeschrànkungen, denen die Militarverwaltungen durch den Kommandosektor des Mil Befh., also durch den militarischen Gegenspieler in der eigenen Organisation unterworfen waren. Diese Schwierigkeiten hingen zum Teil von den im Verwaltungssektor wie im Kommandosektor fiihrenden Persònlichkeiten ab, wirkten sich deshalb in den einzelnen Feindgebieten in verschiedenem Masse aus. Diese Schwierigkeiten hatten ihre Wurzeln in einer Mehrzahl von Tatbestanden: Die durch den Gen Qu auf Vorschlag der obersten Reichsbehòrden in der Mil V erw . eingesetzten Persònlichkeiten im Bereich der Verwaltung und Wirtschaft waren regelmàssig Kenner ihres Fachs und verrichteten in Feindesland eine ihrer Vorbildung und heimischen Tàtigkeit entsprechende Arbeit. Demgegenüber setzte sich der Kommandosektor aus » meist alteren- ReserveofFizieren der verschiedensten Berufe zusammen, die deshalb dorthin einberufen waren, weil sie aus Gesundheitsoder Altersgriinden oder wegen sonstiger Ursachen fiir den Truppendienst nicht mehr oder z. Zt. nicht in Frage kamen. Der OfFizier im Kommandostab fiihlte sich in dieser Tàtigkeit umso weniger befriedigt, als es sich hier um eine dem Offizier immerhin fernerliegende Verwaltungstatigkeit handelte, zu der er meist weder Lust noch Eignung mitbrachte. Zudem spielte sich diese « Verwaltungstatigkeit » in Kommandosektor im Gegensatz zum allumfassenden Tàtigkeitsgebiet der Mil V erw . auf eng begrenzten Sachgebieten (z.B. Kriegsgefangene, Passierscheine) ab, sodass es sich hier weniger um « Verwaltung » als vielmehr um « technischen Vollzug » handelte. Mit fortschreitender Besatzungsdauer und mit zunehmender Verlagerung der « militarischen » Aufgaben vom Kommandosektor des Mil Befh. auf die Truppenbefehlshaber (Heeresgruppen, AO K, AK) geriet die Arbeit des Kommandosektors immer starker in die Abhângigkeit der Truppenfiihrung und konnte sich zu eigener Gestaltung nicht mehr entfalten. Es mag sein, dass die Grónde fiir die weitgehende Uebernahme der Kommandofunktionen auf die Truppe und die Unterstellung des Kommandosektorts unter die Truppenfiihrung auch in dem passiven Verhalten des Kommandosektors gegeniiber den militarischen Aufgaben der vorgegangenen Jahre lagen, •• Umgekehrt gewannen die Aufgaben der Mil Verw . im Laute der Besetzung an Umfang, Bedeutung und - an Schwierigkeiten. Es war daher durchaus verstiindlich, dass vom Kommandosektor als Ersatz fiir verlorene Arbeitsbereiche die Uebernahme von Teilen des allumfassenden, nahezu unbegrenzten Tàtigkeitsbereichs der Mil V erw . erstrebt wurde. Einer solchen Verlagerung der Arbeitsgebiete von der Mil V erw . auf den Kommandosektor gab auch die Tatsache Auftrieb, dass der Kommandosektor mit iiberreichem Personalaufwand zu arbeiten vermochte, wàhrend der Verwaltungssektor sich schon wegen der Schwierigkeit des Personalersatzes àusserster Sparsamkeit befleissigen musste. Jede Anforderung des Kommandosektors konnte aus dem nahezu unerschòpflichen Reservoir der OfFiziere erfiillt werden, soweit nicht iiberhaupt der einfachere Weg der « Kommandierung » aus den unterstellten Einheiten beschritten wurde. Waren bis dahin die Aufgaben der Mil Verw auf den betreffenden Sachgebieten, von wenigen, aber erstklassigen Fachkraften unter weitgehender Heranziehung der heimischen Verwaltung gemeistert worden, so war die zwangslàufige Folge der Ueberleitung von Aufgabenbereichen aus der Mil. V erw . auf den Kommandosektor der Einsatz eines Vielfachen an Personal bei giinstigsten Falles gleichem Nutzeffekt. Beispiele fiir solche unòkonomischen Verlagerungen bildeten das Kraftfahrwesen, die Treibstoffbewirtschaftung, das Transportwesen, der Strassen- und Briickenbau. Ueberall da, wo verwaltungsmâssige Vorbildung und Erfahrung erforderlich ist, arbeiten einige wenige routinierte Fachkenner nicht nur schneller, sondern auch besser als ein mehrfaches an fachlich nicht vorgebildeten Personal, wie es in den alteren Reserveoffizieren aus den verschiedensten Berufsschichten geboten wurde. - Die Akten aller Militarverwaltungen geben ein anschauliches Bild von solchen Bestrebungen des Kommandosektors nach Uebernahme von Verwaltungszustândigkeiten. Viel Kraft ist hier unnòtig aufgewandt worden.

Die Militârverwaltung T atigkeit

des

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SD

c) Schwierigkeiten entstanden in der Arbeit der Mil. V erw . auch durch die Tatigkeit des SD . H ier handelt es sich nicht um die Tatsache der Abtrennung der polizeilichen Funktionen von denen der Verwaltung, iiber die unter I Ziff. 18 gesprochen wurde, sondern von den Massnahmen des SD und seiner Arbeitsweise. Die Tatigkeit des SD bei der Bekampfung umstiirzlerischer Bewegungen, von Verbrechern und von asozialen Elementen aller Art kann hier nicht Gegenstand kritischer Wiirdigung sein; sicherlich hat der SD au£ diesen Gebieten grosse Verdienste. A u f das unmit' telbarste wurde die Arbeit der Mil. V erw . beriihrt durch die Massnahmen des SD gegen prominente Persònlichkeiten der einheimischen Verwaltung und Wirtschaft. So gut die Unterrichtung des SD auf anderen Gebieten gewesen sein m ag: hinsichtlich der Exponenten von Verwaltung und Wirtschaft war der SD deshalb vielfach falsch unterrichtet, weil die vermeintlichen Belastungen gegen diese Persònlichkeiten aus Kreisen kamen, die gute Verbindungen zu umstiirzlerischen Bewegungen und in die Verbrecherwelt gehabt haben mògen; zu den fiihrenden Persònlichkeiten in Verwaltung und Wirtschaft hatten diese V-Leute im allgemeinen keine, oder jedenfalls nur lose und schlechte Beziehungen, sodass sich aus dieser fehlerhaften Orientierung Fehlmassnahmen am laufenden Band insbesondere in Gestalt der vielfachen Verhaftungen ergaben. Die stòrte umso mehr, wenn die Mil V erw . mit verhafteten Persònlichkeiten oder mit Personen, die diesen enger verbunden waren, in dienstlichem oder geschàftlichem Verkehr stand, d. h., wenn solche Persònlichkeiten für die Besatzungsmacht tatig und daher für sie wichtig waren. Es Hess meist nicht erreichen, dass der SD vor derartigen Verhaftungsaktionen mit den leitenden Mannern der Mil V erw ., sei es in der Zentrale oder in den Bezirken in Verbindung trat; dann ware die Zahl der Fehlmassnahmen erheblich eingeschrànkt worden; Geheimhaltungsgriinde rechtfertigen diese Unterlassung nicht; die Manner der M il. V erw . waren nicht minder zuverlàssig, wie die des SD ., vermochten aber die Gesamtzusammenhange besser zu iibersehen. Dass die weit überwiegende Mehrzahl aller Verhaftungen der in Rede stehenden Art unnòtig war, ergibt sich daraus, dass fast regelmassig nach einiger Zeit die Freilassung der Inhaftierten erfolgen musste, weil entweder eine Schuld nicht nachgewiesen oder die Unschuld erwiesen wurde. Dies zeigt auch, dass der SD allzu grossziigig und vorsorglich an Verhaftungen herangegangen ist. Auch das ganze Drum und Dran der Inhaftierungen Prominenter diente nicht gerade der Fòrderung der Zusammenarbeit zwischen der deutschen und einheimischen Verwaltung und Wirtschaft oder der gegenseitigen Annaherung. Gerade der Auslander, vor allem der Westlander, hat kein Verstandnis dafiir, wenn der Verhaftete iiber den Grund seiner Verhaftung nicht unterrichtet wird, wenn ein Verhòr entweder iiberhaupt nicht oder erst nach geraumer Haftzeit stattfìndet und wenn die Familiern oder Betriebsangehòrigen nicht die geringste Mitteilung iiber den Verbleib des Familienoberhauptes oder Betriebsfiihrers erhalten. Unendlich viel Mitarbeitswille und viel Verstandigungsbereitschaft, auf die man bei der Mil W erw. fiir die Erreichung der gestellten Aufgaben angewiesen war, ist durch solche Massnahmen zerschlagen. d) Auch die P ropagandaabteilungen haben die Einheimischen vielfach an der Sauberkeit deutscher Absichten und Massnahmen irre werden lassen und dadurch mehr von der Mitarbeit abgeschreckt als fiir sie gewonnen. Diese Schwierigkeiten haben ebenfalls ihre Wurzel letztlich in der Herauslòsung dieser Arbeitsbereiche aus der einheitlichen Verwaltung. Wenn auch nach der àusseren Konstruktion gewisse Verbim dungen der Propaganda zu den Mil Befh. bestanden, so waren sie praktisch wegen der Doppelstellung der Propagandaorganisation unbedeutend; eine wirkliche Einflussmòglichkeit der Mil V erw . auf den Propagandaapparat war jedenfalls nicht gegeben.

4) SO N STIG E STÔ RU N G EN a) Stòrend waren fiir die Mil V erw . die den Verkehr mit der einheimischen Verwaltung und Bevòlkerung stark einschrankenden Bestimmungen. So wenig fiir untergeordnete Organe der Mil V erw . ein solcher Verkehr in Frage kam, so wichtig war sowohl zur Beurteilung der bestehenden Stòrungen, wie zur Information iiber

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Die Militarverwaltung

die mitarbeitswilligen Kreise, aber auch zur Gewinnung der massgeblichen Personlichkeiten der heimischen Verwaltung und Wirtschaft, dass die fiihrenden Manner der Mil V erw . jede nur bestehende Móglichkeit zur Fühlungnahme mit den einheimischen Stelien benutzten. Gegeniiber dem ziemlich radikalen Verbot fiir die M VBeamten, persònlichen Verkehr mit Einheimischen zu pflegen, erscheinen die in den englischen Vorschriften fiir die Besatzungsverwaltung enthaltenen Bestimmungen aufschlussreich : Sie lauten: « Der MV-Beamte soli gute Beziehungen zur Bevòlkerung des besetzten Gebietes halten. Eine gute Verwaltung wird nicht durch blosse Befehlgebung erreicht. Gute Beziehungen zu der Bevòlkerung, fiir die der MV-Beamte verantwortlich ist, sowie ins besondere zu den behòrdlichen Dienststellen, deren Aufgabe es ist, die Weisungen der Militarverwaltung auszuftihren, tragen mehr zur Erreichung der gestellten Aufgaben bei, als die beste Verwaltung. Der MV-Beamte soli denen willig Gehòr schenken, die ihm etwas zu sagen haben. T ut er dies, so wird er seinen Horizont weiten. Er wird Dinge erfahren, die er auf normalem Wege nicht hòren wiirde. Dieses allumfassende Wissen muss die Grundlage sein fiir seine Entschliisse und Massnahmen; von diesen Massnahmen aber hangt der Erfolg oder Misserfolg seiner Tàtigkeit ab. Der MV-Beamte muss das Land studieren, in dem er sich befindet; er muss sich mit seiner Geschichte und mit den Dingen befassen, auf die das Volk Stolz ist, er muss sich auch mit den Religions- und Rassenfragen und den Wesensziigen der Bevòlkerung vertraut machen. Er solite die Landessprache beherrschen. Beherrscht er sie nicht, so muss er sich mòglichst viel Sprachkenntnisse aneignen; sonst ist er der Spielball seiner Dolmetscher. Das Wissen um mòglichst viel Dinge ist der Schliissel fiir gute Arbeit in der Mil V erw . Der MV-Beamte muss dauernden Kontakt mit der Bevòlkerung seines Bezirks in alien ihren Berufen und Schichten halten. Seine Arbeit erschòpft sich keineswege in der Biirotatigkeit; er muss beweglich und riihrig sein und die Augen aufmachen, um ailes zu sehen, was fiir seine Arbeit von Interesse sein konnte ». Wenn auch im Laufe der Zeit das absolute Verkehrsverbot aufgehoben und fiir die fiihrenden Persònlichkeiten eine Anzeige- und Genehmigungspflicht eingefiihrt wurde, so verhinderte bei der zunehmenden Teuerung die Ablehnung der fiir die fiihrenden MV-Beamten immer wieder beantragten Aufwandsentschàdidung oder wenigstens eines bescheidenen Transfers auch den notwendigsten V erkehr. Viele Mòglichkeiten der Gewinnung wertvoller Verbindungen blieben auf diese Weise ungenutzt. A bbauverlangen b) Erschwert wurde die Arbeit der Mil V erw . schliesslich durch die standigen « Abbauverlangen », gegen die sich die Militarverwaltungen zur Erhaltung ihrer Arbeitsfàhigkeit immer wieder zur W ehr setzen mussten. Der Abbau von Aufgaben wurde niemals gestattet, vielmehr hatte der Abbau immer nur Zahlen zum Gegenstand und wurde er stets als eine mathematische Frage (« prozentuale Abstriche ») behandelt. Man konnte sich iibrigens den Eindruck nicht verschliessen, dass an diesen immer wiederholten Abbauaktionen oft diejenigen nicht unbeteiligt waren, die durch Schwàchung des Apparates der Mil V erw . die Voraussetzungen fiir die erstrebte Uebernahme von Verwaltungsaufgaben (vorstehend Ziff. 4) zu schaffen hofften. Bei den immer wieder befohlenen schematischen Kiirzungen wurde auch der Tatsache nicht Rechnung getragen, dass die Mil V erw . eine Vielzahl ganzlich verschiedenartiger Sachgebiete umfasste, zu deren Betreuung besonders vorgebildete Sachkenner (Spezialisten) erforderlich waren. S parkommissionen Die Verwaltungsarbeit wurde schliesslich gestòrt durch sich in kurzen Zeitraumen ablòsende « Sparkommissionen ». Der Verwaltungsbericht der Mil V erw . in Frankreich ist in dieser Beziehung sehr aufschlussreich. Hier soli nur festgehalten werden, dass diese Kommissionen, die mit ernstem Abbauwillen an die Priifungen herangingen und zweifellos einen tieferen Einblick in Aufgaben und Arbeitsweise der gepriiften Dienststellen gewannen, sich zu den wertvollsten Helfern der Mil V erw .

Die Militàrverwaltung

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im Kam pf um ihre Arbeitsfàhigkeit cntwickelten; sie stellten zu den verschiedenen Zeitabschnitten immer w ilder fest, dass die Militàrverwaltungen keineswegs iibersetzt waren; sie haben vielmehr durch ihre Feststellungen, dass hier und dort Arbeitskràfte fehlten, die bis dahin abgelehnte AufEiillung von Personalliicken ermòglicht. K riegsstarkenachw eisungen c) Im Zusammenhang mit dem Abbati- und sonstigen Ersparnismassnahmen kann an der Einrichtung der K StN nicht voriibergegangen werden, die sich fiir eine Verwaltungsorganisation nicht eignet, an der aber bis zuletzt festgehalten wurde. Im Bereich der Verwaltung verursacht eine K StN unnòtige Arbeit und erschwert die Aufgabenerfiillung : Die Mil V erw . stand von Beginn ihres Einsatzes an vor der selbstverstàndlichen Notwendigkeit sparsamsten Kràfteeinsatzes. Mit einem Mindestmass an Personal ein Hochstmass an Leistungen zu erzielen, ist alter Verwaltungsgrundsatz. Die Militàrverwaltung hatte niemals ein solches Kràftereservoir zur Verfügung wie es die Wehrmacht fiir den Einsatz ausserhalb der fechtenden Truppe in den zum Wehrdienst einberufenen Offizieren, UnterolFizieren und Mannschaften àlterer Jahrgànge besass. Dieses fiir die Truppe zumeist nicht in Betracht kommende Personal dràngte sich geradezu nach anderweitigem Einsatz. Der BegrifE der K StN ist von jeher der Verwaltung fremd. In der Verwaltung liegen die Verhaltnisse innerhalb der einzelnen Behòrden der gleichen Behòrdenkategorie verschieden. Unter der gleichen Behòrdenbezeichnung verbergen sich unterschiedliche Gròssenbegrifìe. Ein Landratsamt im Industriegebiet braucht eine andere Besetzung als ein làndliches Landratsamt. Deshalb gibt es in der zivilen Verwaltung nicht eine « Kriegsstarkenachweisung Landratsamt », « Kriegsstarkenachweisung Finanzamt », « Kriegsstarkenachweisung Regierung », « Kriegsstarkenachweisung Reichsstatthalterei » usw. - Kompanien, Battaillone, Regimenter sind feststehende Begrifie. So unerlasslich bei ihnen Kriegsstarkenachweisungen sind, so unbrauchbar ist dieser BegrifE fiir Dienststellen mit unterschiedlichem Bedarf. Bei den letzteren muss eine K StN stets dem Hóchstbedarf Rechnung Rechnung tragen. K StN haben desahlb nur da Sinn, wo der Bedarf der gleiche ist und wo sich mit der betr. Einheitstiezeichnung ein feststehender BegrifE verbindet. Aus deu gleichen Griinden, aus denen die zivile Verwaltung von einer allgemeinen Stàrkenachweisung fiir bestimmte Behòrdenkategorien grundsàtzlich abgesehen hat, war auch fiir die Mil V erw . in alien ihren Dienststellen die SchafEung einer K StN unzweckmàssig. Als man diesen Fehler erkannt hatte, versuchte man durch die Einfiihrung von « Sperrstellen » den tatsàchlichen Bediirfnissen der einzelnen Dienststellen innerhalb der gleichen Dienststellenart Rechnung zu tragen. Indem man dies tat, indem man also den tatsochlichen Bedarf der einzelnen Dienststellen ermittelte und die nicht benòtigten Stellen der generellen K StN fiir die einzelne Dienststelle als « Sperrstellen » bezeichnete, verlor die K StN praktisch ihre Bedeutung. Auch die Tatsache, dass die AuEgaben der Mil V erw . durch plotzliche Einbeziehung neuer oder durch Intensivierung bestehender Sachgebiete schnellen und hàufigen Aenderungen unterworfen waren, widerspricht dem auf Stabilitàt eingestellten BegrifE der K StN . Trotzdem hielt man fiir die Militàrverwaltung an diesem Begriff fest mit der Folge viel unnòtiger Verwaltungsarbeit.

5) R E C H T S T E L L U N G R ech tstellu n g a) In der Frage der Rechtstellung der MV-Beamten ist wahrend der ganzen Dauer des Krieges bis Ende 1943 seitens des Gen Qu eine Mehrzahl eindringlicher Vorlagen dem OKW unterbreitet worden. Samtliche Antràge, die darauf abzielten, eine Reihe noch ofEener Fragen einer fiir die MV-Beamten befriedigenden Regelung zuzuEiihren, verfielen der Ablehnung. Durch verschiedene Massnahmen erfolgten im Gegenteil Verschlechterungen ihrer Rechtstellung; die hiergegen durch den Gen Qu erhobenen Einspriiche wurden seitens des OKW regelmàssig zuriickgewiesen. In Dez. 1943 wurde unter Anrufung der Unterstiiztung des Reichsfiihrers SS, der kurz vorher als Innenminister den Beamtenfragen nahergeriickt war, noch ein letztes



hie Militarverwcâtung

Mal in einem ganz kurzen Schreiben des Gen Qu an den Chef OKW vom 13.12 .19 4 3 versucht, wemgstens die dringlichsten Forderungen durchzusetzen. Als der Reichsführer SS am 2. Weihnachtsfeiertage 1943 in seiner Feldkommandostelle in Gegenwart des Berichterstatters vom Wortlaut dieses Schreibens Kenntnis nahm, àusserte er mit harten Worten seine Entrüstung über die bestehende Regelung und stellte im Aussicht, noch am gleichen Abend bei dem zum Besuch erwarteten Feldmarschall Keitel sich für die endliche Erfüllung wenigstens dieser dringendsten Forderungen einzusetzen. Diese knappe Eingabe des Gen Qu vom 13.12 .19 4 3 ist diesem Schlussbericht als Anlage A beigefügt. A u f sie ist trotz immerwàhrend Erinnerungen bis zum Ende der Militarverwaltungen ein Bescheid überhaupt nicht erteilt worden. Für die Einschàtzung der Militârverwaltung bei den massgeblichsten militarischen Stellen ist folgender Vorgang kennzeichnend : Ein beim OKW eingesetzter Oberstleutnant Franz wurde bei einer Dienstreise durch Italien aus Kreisen der Mil V erw . auf einen dringend benôtigten Textilfachmann angesprochen. Franz nannte den Namen seines Schwagers Pester, der Textilkaufmann war. Pester wurde daraufhin durch Gen Qu als altérer Geburtsjahrgang (1899), bed. k v ., einberufen und hat sich im italienischen Einsatz besonders bewahrt. Dieser nicht zu beanstandende Vorgang kam zur Kenntnis des Chefs des Heeresverwaltungsamts, des SS-Obergruppentührers Frank. In wiederholten persònlichen Schreiben an den Gen Qu vom 23.12.1944 und vom 22.1.19 45 verlangt Obergruppenführer Frank die sofortige Entlassung des Pester und die Einleitung von Strafverfahren gegen Franz und Pester, da Pester sich durch die Einberufung in die Mil V erw . « von seiner soldatischen Wehrpflicht gedrückt hat, indem er sich als kv-Mann mit Hilfe verwandtschaftlicher Beziehungen in eine militarische Verwendung geschlichen hat, die ihn zumindest unmittelbar dem Frontkampf entzieht ». Gen Qu musste sich die Forderung des Chefs des Heeresverwaltungsamts zu eigen machen und bei der zustândigen Stelle ein Strafverfahren beantragen, sodass die Frage, ob « Einziehung zur Mil V erw . » den Tatbestand der « Wehrdienstentziehung » erfüllte, richterlicher Entscheidung zugeführt wurde. OKW (Chef des Zentralamts), der auf Weisung des Chefs OKW Ermittlungen dieses Falles eingeleitet hatte, stellte mit Schreiben vom 26.1.19 4 5 fest, dass « für disziplinare oder gar gerichtliche Massnahmen kein Anlass besteht und nach Vorschlag des Chefs OKW vorgeschlagen wird, die Angelegenheit damit als eriedigt auszusehen ». Bevolimachtigter General in Italien, der als Disziplinarvorgesetzter von Pester auf dem Parteiwege vom Tatbestand mit ahnlichen Formulierungen wie vorstehend verstandigt worden war, àussert sich hierzu in einem Bericht vom 23.3.45 an Gen Qu - Ch A 2 - wie folgtt « Der Vorw urf, es handele sich um eine Wehrdienst­ entziehung und um ein feiges Sichdrücken lasst eine Verkennung der Aufgaben der Mil V erw . und eine herabsetzende Bewertung des Einsatzes der MV-Beamten offenbar werden, die nicht hingenommen werden kann ». K riegsauszeich nungen b) Im Zusammenhang mit der Rechtstellung kann an der Frage des « Kriegsauszeichnungen » für die MV-Beamten nicht vorübergegangen werden. Die Verhàltnisse lagen für die Mil V erw . insofern ungünstig: Bei militàrischen Einheiten aller Art bilden Olfiziere und Wehrmachtbeamte immer nur einen Bruchteil des in der betr. Einheit zusammengefassten Personal; die jeweils in einer Dienststelle zusammengefasste Gesamtheit der MV-Beamten verfügt hingegen über kein eigenes Unterpersonal. Bei gleichprozentiger Zuweisung von Auszeichnungen standen sich die Offiziere und Beamten in denjenigen Einheiten naturgemass besser, bei denen die prozentualen Grundlagen durch eine Vielzahl von Mannschaften verbessert wurden. A u f diese Weise kamen die MV-Beamten im Verhaltnis zu den Offizieren und Wehrmachtbeamten - bei Unterstellung gleicher Leistungen - nur sehr langsam in den Besitz von Kriegsauszeichnungen. Wâhrend des kaum Offiziere, selbst nicht Unteroffiziere gab, die etwa 3 Jahre sich im Verwaltungseinsatz befanden, ohne einer Kriegsauszeichnung teilhaftig geworden zu sein, kam es bei den MV-Beamten nicht selten vor, dass jemand selbst nach vierjahriger verdienstvoller Tâtigkeit noch keine Auszeichnung erhalten hatte, sondern ohne eine solche in seinen Friedensberuf zurücktrat, wo der Vertreter im Friedensamt meist schon làngst die entsprechende Auszeichnung im Heimatgebiet erhalten hatte.

Ùie MiUtarverwaitung

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Es muss anerkannt werden, dass die zustàndigen Stellen des Heeres in den krassesten Fallen in entgegenkommender Weise einen Hàrteausgleich bewilligten. Von den hòchsten Auszeichnungen (Ritterkreuze zum K V K und Deutsche Kreuze in Silber) ist nicht eine einzige auf Vorschlag der Wehrmacht den leitenden und verdientesten M V'Beam ten verliehen worden. Je ein Riiterkreuz, das zum Erntedanktag 1943/44 an den obersten Reprasentanten fiir Ernahrung und Land' wirtschaft in der M il V erw . Frankreich und Italien verliehen wurde, beruhte auf den Vorschlag des Reichsministers fiir Ernahrung und Landwirtschaft. Auch Deutsche Kreuze in Silber sind an die Mil V erw . nur in zwei Ausnahmefàllen (MVChefs in Beigien und Frankreich) gelangt. Da sowohl Ritterkreuze des K V K wie Deutsche Kreuze in Silber in erheblicher Zahl auf anderen Verwaltungsgebieten im Laufe der Zeit verliehen worden sind, so an zahlreiche Angehòrige des Reichskommissariats fiir die besetzten Ostgebiete, der Wirtschaft in alien ihren Zweigen, der Technik und der Forschung, sah sich der Gen Qu nach Abschluss der Militàrverwaltungen in Beigien und Nordfrankreich, Frankreich und Serbien veranlasst, die mehrjahrigen obersten Exponenten und die sonst verdientesten Persònlichkeiten der Mil V erw . beim OKW fiir die hòchsten Auszeichnungen in Vorschlag zu bringen; es handelt sich um 4 Ritterkreuze zum K V K und 9 Deutsche Kreuze in Silber. Zur Zeit der Vorlage war gerade eine Mehrzahl dieser hohen Auszeichnungen an Angehòrige des Wi Stabes Ost verliehen worden. Der entsprechende Salpelantrag, dem Einzelbegriindungen beigefiigt waren, ist als Anlage B beigefiigt. Der Antrag verfiel der Ablehnung; nicht eine einzige Auszeichnung wurde ver' lichen. Die Ablehnung des Chefs H PA an Gen Qu vom 2 1.12 .19 4 4 hatte folgenden W ortlaut: « Ich bin nicht in der Lage, die eingereichten Vorschlage zu hohen Verdienstauszeichnungen fiir Militàrverwaltungsbeamte der ehemaligen Militàrverwaltungen in Frankreich, Beigien und Nordfrankreich dem Führer vorzulegen. Der Führer hat mehrfach seinen Standpunkt dahingehend festgelegt, dass Auszeichnungen nur für erfolgreich verlaufene Operationen verliehen werden. Das gleiche gilt sinngemass für abgeschlossene Verdienste auf dem Verwaltungsgebiet. Die Raumung Frankreichs und Belgiens haben einen erfolgreichen Abschluss der Tàtigkeit der hôheren Militarverwaltungsbeamten verhindert. Es kommt daher eine Würdigung der Verdienste weder für Offiziere noch für Militarverwaltungsbeamte, die in Frankreich und Beigien eingesetzt waren, in Betracht. Der Chef OKW und der Reichsführer - SS sind dieser Aufïassung beigetreten. Der Staatssekretàr im Reichsministerium des Innern, Dr. Stuckart, ist im übrigen durch den Reichsführer - SS nicht ermâchtigt worden, die Ritterkreuzvorschlage zum Kriegsverdienstkreuz für die M V'Chefs Reeder und D r. Michel zu befürworten. Die eingereichten Vorschlage worden daher wieder zurückgereicht. gez. Burgdorf ». Aufgrund einer Besprechung mit dem Chef des Ordensamts, Oberst Scheuer, der weder über den in Rede stehenden Antrag noch seine Ablehnung irgendwie orientiert war, sollten die Antràge sofort wiederholt werden, da gerade in diesen Tagen erneut eine Mehrzahl dieser hohen Auszeichnungen an Angehòrige der Wehrmacht, wie der Verwaltung und Wirtschaft verliehen worden war. Dieser erneute Antrag an Chef H P A hatte folgenden Wortlaut: « I. Mit der Bezugsverfügung hat Chef H PA die eingereichten Ordensvorsch' lâge mit Hinweis darauf abgelehnt, dass nach der Willensmeinung des Führers ” Auszeichnungen nur für erfolgreich verlaufene Operationen verliehen werden ” und dass das gleiche sinngemass für abgeschlossene Verdienste auf dem Verwaltungsgebiet gelten müsse. Die Raumung der besetzten Feindgebiete habe aber einen erfolgreichen Abschluss der Tàtigkeit der hôheren Militarverwaltungsbeamten verhindert. II. Demgegenüber darf auf folgendes hingewiesen werden: 1. Die von den vorgeschlagenen Beamten geführte Verwaltung war keineswegs

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Die Militàrverwaltung

erfolglos, sondern ist im Gegenteil dadurch, dass diese obersten Exponenten der deutschen Verwaltung und Wirtschaft mehr als 4 Jahre lang die militàrverwalteten Gebiete ohne Inenspruchnahme der Truppe in Ordnung hielten und aus ihnen gewaltige Betràge für die deutsche Kriegswirtschaft erbrachten, iiberaus erfolgreich gewesen. 2. Für die Tàtigkeit in den besetzten Ostgebieten, für die hinsichtlich des Erfolges die Verhàltnisse genau so liegen wie für den Westen und Südosten, sind Ritterkreuze und ist eine grosse Zahl von Deutschen Kreuzen in Silber verliehen worden. Gerade auch an Angehòrige des W i Stabes Ost, dem in der Hauptsache Mi litàrverwaitungsbeamte angehòren, aus denen sich ebenfalls die Militàrverwaltungen des Westens und Südostens zusammensetzten, sind allein in der Zeit zwischen dem 29.4 und 10.8. io Deutsche Kreuze in Silber verliehen worden. Es wird nicht verstanden worden, dass den Chefs der Militàrverwaltungen in Belgien/Nordfrankreich und in Frankreich das Ritterkreuz versagt wird, wàhrend es ausser dem Chef des W i Stabes Ost selbst mehreren seiner Militàrverwaltungschefs làngst verliehen worden ist. 3. Auch eine Vielzahl von Wissenschaftlern, Wirtschaftlern, Technikern und leitenden Mànnern auf den verschiedensten Gebieten des òffentlichen Lebens hat das Ritterkreuz des K V K m. Schw. unabhangig von erfolgreich abgeschlossenen Operationen für besondere Leistungen erhalten. 4. Im Bereich der Landwirtschaft wurde bereits einigen nachgeordneten Abteilungsleitern der Chefs der Militàrverwaltungen das Ritterkreuz verliehen. 5. Weigert sich die Wehrmacht, den verdiensteten Mànnern der ihr unterstehenden Militàrverwaltungen die verdienten Auszeichnungen zu erwirken, so wird die Verleihung dieser Auszeichnungen auf Vorschlag der zustàndigen zivilen Reichsministerien erfolgen, wie dies für Angehòrige des Wi Stabes Ost und im Bereich der Militàrverwaltung auf Veranlassung des Reichsministers für Ernàhrung und Landwirtschaft bereits geschehen ist. Dies solite aber vermieden werden ». Vorstehendes Schreiben gelangte nicht zur Absendung, weil dem Gen Qu (General Toppe) in einer vorherigen mündlichen Fühlungsnahme sowohl mit Stellv. Chef H P A (Generalleutnant Linnerz) wie mit Chef OKW (Generalfeldmarschall Keitel) eròlfnet wurde, dass in Anbetracht der bestehenden Willensmeinung des Führers die Antràge gànzlich aussichtslos seien und deswegen zweckmàssig unterbleiben sollten. Dieses Ergebnis, dass keinem einzigen Angehôrigen der Mil V erw . auf Vorschlag militàrischer Dienststellen das Ritterkreuz zum K V K verliehen wurde, wàhrend viele hundert Angehòrige anderer in den besetzten Gebieten eingesetzter Organisationen der Verwaltung und Kriegswirtschaft diese Auszeichnung erhalten haben, kônnte die Leistungen der Mil V erw ., en in falschem Licht erscheinen lassen. Zur Richtigstellung der Bewertung dieser Leistungen sei deshalb das Werturteil des Reichsministers für iRüstung und Kriegsproduktion Speer gegenüber dem damaligen Chef der Mil V erw . Frankreich festgehalten, wonach « ohne die Leistungen der Mil V erw ., en des Westens die Fortführung des Krieges bis zur Aufschliessung der Ostgebiete nicht môglich gewesen wàre ». S elbstkritik c) In den mannigfachsten Tatbestànden offenbarte sich hiernach eine negative Einstellung massgeblicher militàrischer Kreise gegen die Mil V erw .. Man fragt sich daher, ob diese selbst oder der in ihr tâtige Personenkreis, der sich übrigens nicht zu ihr gemeldet, sondern meist gegen seinen Willen in sie einberufen wurde, zu dieser Mindereinschàtzung Anlass gegeben hat. Gewiss gründete sich die Animositàt weiter militàrischer Kreise gegen die Mil V erw . zum Teil auf die an anderer Stelle (oben unter I Z. 12) erwàhnten Umstànde, dass nàmlich der im Kommandosektor tàtige Personenkreis mit einer gewissen Missgunst die ( . . . ) Aufgaben betrachtete und nach ihrer Uebernahme dràngte, die (der Mil. V erw . anvertrauten). Fest steht auch, dass die Truppe vielfach von Unmut gegen den Verwaltungsmann erfüllt war, dem die Ausnutzung des Landes und seiner Wirtschaft unter dem

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Gesichtspunkt zentraler gesamteuropàischer Planung oblag, sodass er oftmals den Sonderwünschen der Truppe entgegentreten musste. Der wahre Quell der Missstimmung muss aber anderweit gesucht werden; er diirfte in der Tatsache gelegen haben, dass der Soldat, insbesondere der Offizier und hier wieder vor allem der Offizier d.B. es als unbillig empfand oder wenigstens kein Verstàndnis dafiir hatte, dass Angehdrige der Mil V erw ., die militârisch vielleicht einen nur niederen Rang bekleideten, als MV-Beamte unter Umstànden mit hoheren Gradabzeichen ausgestattet waren. Umwille und Unverstàndnis waren dann noch grosser, wenn MV-Beamte etwa ohne jegliche militarische Ausbildung mit hoheren Graden in die Mil V erw . iibernommen wurden. Dies waren zweifellos Nachteile: hier liegt fiir die aussere Stellung der MV-Beamtenschaft der schwàchste Punkt in ihrem Verhàltnis zum OfEz.-Korps sowie zu den Wehrmachtbeamten. Unter 1 Ziff. 9 ist jedoch bei der Erlàuterung der Neuschòpfung der Mil V erw . auf die Griinde bereits eingegangen worden, die fiir die betroffene Regelung bestimmend waren. Es ist vollauf verstandlich, wenn der Aussenstehende, der iiber das Wesen der Mil V erw . nicht orientiert war und den Tàtigkeitsbereich des MV-Beamten nicht kannte, zunachst daran Anstoss nahm, dass z. B. der von der Truppe einberufene bisherige Gefreite etwa als M VRat, d. h. mit den Rangabzeichen eines Staboffiziers ausgestattet wurde. Wer an der âusseren Stellung Anstoss nahm, war sich aber meist nicht dariiber klar, dass der einberufene MV-Beamte, z. B. ein bewahrter Landrat, gegenüber dem heimischen Pràfekten die deutschen Belange zu vertreten und dessen Amtsführung zu iiberwachen hatte, oder dass ein anderer, ein massgeblicher Industrieller z. B. auf dem Gebiet der Kraftstoffe gegenüber den Exponenten der einheimischen Regierung zur Geltendmachung der Forderungen der Besatzungmacht in der kriegsentscheidenden Kraftstoffbewirtschaftung berufen war. 1m übrigen sah der Kritiker nur die ausseren Gradabzeichen; er ahnte aber nichts von der klàglichen Rechtstellung des MV-Beamtenkorps, wo selbst der « Verwaltungsgeneral » (siehe oben I Ziff. 9) nur allgemeinen Offiziersrang » hatte, also sozusagen hinter dem jüngsten Leutnant rangierte - selbst wenn er im Beurlaubtenstand vielleicht Major oder Oberst d.B. war. Gegenüber den hoheren Rangen war man übrigens meist leichter geneigt, sich mit den Gradabzeichen abzufinden, da Reg. Pràsidenten, hòchste Ministerialbeamte und führende Wirtschaftler als SS-Führer oder als Beamte in Uniformen mit Generalsabzeichen keine seltenen Erscheinungen waren. MV-Beamte im Reserveoffiziersverhaltnis standen - vor allem mit zunehmender Ausweitung der besetzten und unter Mil. V erw . gestellten Gebiete - nicht in ausreichender Zahl und auch nicht in dem für die Aufgabenerfüllung erforderlichen militarischen Rang zur Verfügung. Deshalb musste notgedrungen auch auf solche Personlichkeiten zurückgegriffen werden, die nicht bereits Reserveoffiziere waren. Hier allein kònnen die Wurzeln der vielfach so unfreundlichen Einstellung gegen die Mil. V erw . und ihren Beamtenkorps liegen. Wenn diese so offen zur Sprache gebracht wurde, so bedarf es aber zugleich der ausdrücklichen Festellung, dass innerhalb der Dienststellen zwischen den Angehorigen des Kommandosektors einerseits und des Verwaltungssektors andererseits ein gutes Verhàltnis bestand und dass die aus dem Dualismus des Verwaltungs- und Kommandosektors entstandenen Schwierigkeiten im allgemeinen im gegenseitigen Kameradschaftsgeist behoben wurden. Dieser Kameradschaftsgeist war da, wo die richtigen Manner im Verwaltungs- und im Kommandosektor führten, geradezu vorbildlich. D as B eamtenkorps d) Von irgendeinem Versagen des Beamtenkorpers der Mil V erw ., von unbefriedigenden Leistungen oder von sonstigen Mangeln in diesem Verwaltungsorgan wàhrend der Besatzungszeit kann nicht die Rede sein. - In den 50 Monate bestehenden Mil V e rw .'en, vor allem des Westens, sind übrigens nur ganz vereinzelte Straftaten zu verzeichnen, wobei es sich meist nur um Bagatellsschen handelte. Diese Feststellung ist umso wichtiger, als die Mil V erw . immer starker mit Angehorigen der freien Berufe durchsetzt wurde (ca. 5o%)> bei denen eine Beamtendisziplin nicht vorhanden war; auch konnte unter den Besatzungsverhàltnissen und bei der Vielheit der Kriegsschauplàtze eine einheitliche « Berufsehre » der MV-Beamtenschaft sich naturgemâss nur in den Anfangen entwickeln. An den traurigen Vorgangen des 20.7.1944 war nicht ein einziger MVBeamter

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bcteiligt, und es ist bedauerlich, dass die Animositàt, die sich in Verfolg dieses unseligen Ereignisses auch unter der Bezeichnung « Etappe » gegen die Mil. Befh. gerade des Westens ergab, sich auch auf die Mil. V erw . auswirkte. Demgegeniiber muss eindeutig festegestellt werden: a) Einen Etappengeist gab es bei der Mil. V erw . - auch im Westen - nicht. Es ist bezeichnend, dass in alien Feindgebieten die einheimische Verwaltung ebenso wie die fiihrenden Wirtschaftskreise bis zum letzten Tage der Mil. V erw . und ihren Angehòrigen wegen der verbindlichen Amtsfiihrung und der sauberen Lebenshaltung Respekt und Bewunderung in Wort und T at entgegenbrachten. Die Mil. V erw . hatte zuviel Arbeit und Sorgen, um sich von einer Étappenfaulnis anstecken zu lassen. Ausserdem aber ist auf einen oft unbeachteten, aber besonders wichtigen Gesichtspunkt hinzuweisen: Wenn OfFiziere des Beurlaubtenstandes, die bei einer territorialen Dienststelle oder bei den vielen Einrichtungen der Riistungswirtschaft eingesetzt waren, ais « Etappenangehòrige » unangenehm auffielen oder sonst Anlass zu einer schlechten Beurteilung gaben, so hatte dies für ihr ziviles Verhaltnis geringe oder keine Bedeutung. Der MV-Beamte hingegen, der auch im Frieden im Beamtenverhâltnis stand oder einer Organisation der wirtschaftlichen Eigenverwaltung angehòrte, musste sich darüber klar sein, dass seine Haltung und seine Leistungen im Dienst der Mil. V erw . ausschlaggebend waren für sein spàteres Fortkommen im zivilen Dienstverhàltnis. Jeder MV-Beamte wusste, dass in kurzen Zeitabstànden iiber seine Führung und seine Arbeit der heimischen Dienststelle Beurteilungen iibersandt wurden. b) Gegeniiber Abertausenden von Angehòrigen « rückwartiger Dienste » gab es am Ende der Besatzungszeit an MVBeamten in Frankreich in Belgien in Serbien

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c) Bei der Absetzung der Truppe im Westen nach dem feindlichen Durchbruch sind die Verwaltungsstàbe sowie die Verwaltungsgruppen der Feldkommandanturen stets erst auf Befehl ihrer militarischen Chefs oder der hoheren Truppenfiihrung abgeriickt und zwar erst dann, wenn die Gesamtheit der « riickwartigen Dienste » durch den Kommandanturbezirk bereits zuriickgeflutet waren - und oft sogar erst nach dem Abrücken der Kommandostàbe. Sie haben sich vielfach auf dem Riickmarsch zum Kam pf gestellt. In Frankreich allein sind 150, in Belgien und in Serbien 12 M V Beamte gefallen oder vermisst. Hinsichtlich des Beamtenkorps wird im iibrigen auf den Sonderbericht verwiesen.

Wenn von diesen in alien Berichten samtlicher Militàrverwaltungen in verschiedenen Abstufungen zum Ausdruck kommenden Schwierigkeiten vorstehend so freimtitig die Rede war, so einmal um die Auswertung der hierbei gemachten Erfahrungen zu ermòglichen; sodann aber obliegt es dem Gen Qu, seine Hand iiber die seiner Betreuung unterstehende Organisation zu halten und dafiir zu sorgen, dass ihre Leistungen, die aussere Anerkennung und Dank nicht erfahren haben, dennoch zutreffend der Geschichte iiberliefert werden. Von diesen Schwierigkeiten konnte umso offener gesprochen werden, als die Erfiillung der Aufgaben der Militarverwaltung zwar erschwert, aber nicht verhindert haben. Starker als organisatorische und sonstige aussere Mangel ist der Geist, der die zur Zusammenarbeit Berufenen erfiillt. Dies gilt nicht nur für den Gemeinschaftsgeist innerhalb der Militarverwaltung, deren Blick unter Nichtachtung der Wegschwierigkeiten allein auf das Ziel gerichter war. Dies gilt auch für das Verhaltnis der Militarverwaltung zu all den andern, insbesonders den militarischen Besatzungseinrichtungen, mit denen sich die Militarverwaltung auf Gedeih und Verderb verbunden fühlte. Ohne den militarischen Schütz und ohne die kameradschaftliche Hilfstellung der militarischen Dienststellen ware letzten Endes die Erfiillung der Verwaltungsaufgaben nicht moglich gewesen.

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ABSC H RIFT Oberkommando des Heeres Gen St d H / Gen Qu Az. A bt. K . Verw . (Venu) N r. II / 12759 / 43

H.Qu. O KH , den 13.12.4 3 An Chef OKW / WFSt

Betr. : Rechtsstellung der Militàrverwaltungsbeamten. I. Die Rechtsstellung der MV-Beamten, deren Dienstleistung im Gegensatz zu den Wehrmachtbeamten und Sonderführern nicht als « aktiver Wehrdienst » gerechnet wird pnd deren Stellung auch in sonstiger Beziehung unbefriedigend geregelt ist, hat zu immer wâhrenden Gegenvorsteilungen gefiihrt, die nach einmiitiger Auffassung des O KH , sàmtlicher Mil. Befh. und des Chefs Wi Stab Ost vòllig berechtigt sind. Die materiellen Rechtsfolgen (z.B. Fiirsorge, Versorgung) der Minderbewertung der Stellung der MV-Beamten, von denen sich kaum einer freiwillig zu dieser Verwendung gemeldet hat, die vielmehr zum gròssten Teil sehr gegen ihren Willen aus ihren Regimentern usw. fortgeholt wurden, treten hinter der ideelen Benachteiligung mit den unter IV . aufgefiihrten geradezu grotesken Folgen vòllig zurtick. II. Im Herbst 1942 hatte der Reichsminister des Innern einen letzten Vorstoss beim Chef OKW wegen der Gleichstellung der M V'Beamten mit den Wehrmacht' beamten gemacht, dem abermals der Erfolg versagt blieb. III. Diese Entscheidung des Chefs OKW vom 2 .11.19 4 2 bedarf einer Berichtigung, weil heute ein vòllig neuer Tatbestand zur befriedigenden Regelung dieser Frage zwingt: Mit dem Reichsminister fiir Riistung und Kriegsproduktion schweben zur Vermeidung eines stòrenden Nebeneinanders zweier Institutionen in den besetzten Gebieten Verhandlungen über den Einbau seines nachgeordneten Apparates in die Mil. V erw . Ebenso sollen Dienststellen der Wehrwirtschaft in die Mil. V erw . eintreten. In beiden Fallen besteht das in die Mil. Verw. eingegliederte Personal zu gròssten Teilen aus Offizieren. Der Reichsminister fiir Riistung und Kriegsproduktion und Chef O KW /W Stab lehnen es aber ab, ihre Offiziere bei dieser Zusammenfassung in die mindere Rechtsstellung der MV'Beamten einzuweisen. Da es aber unmòglich ist, dass innerhalb einer einheitlichen Mil. V erw . ein derart gemischter, aus M VBeamten, aus Offizieren und aus Wehrmachtbeamten zusammengewiirfelter personeller Apparat besteht, wiirde die von alien Stellen als notwendig erkannte Zusammenfassung scheitern, wenn die Rechtsstellung der MV-Beamten nicht geandert wird. Bezeichnend ist schliesslich, dass hohe Exponenten ziviler Verwaltungen es z.Zt. mit Billigung ihrer Ressortschefs ablehnen, trotz Zugehòrigkeit zur Mil. V erw . die Uniform der M il. V erw . Beamten anzulegen. IV . Zur Begriindung der verschiedenen Rechtsstellung werden angebliche Wesensverschiedenheiten zwischen den in der Mil. V erw . tatigen Offizieren (Wehrmachtbeamten) einerseits und den in der gleichen Verwaltung tatigen M V'Beamten andererseits angefiihrt: die tatsachliche Gleichartigkeit der Tatigkeit beider Gruppen sowohl in der ausseren Form wie dem sachlichen Gegenstand nach bleibt dabei vòllig unberiicksichtigt : In denselben Dienststellen arbeiten Zimmer an Zimmer Offiziere, Wehrmachtbeamte und M VB in der gleichen Arbeitsweise als Abteilungsleiter, Referenten und Korreferenten. Ob ein Verwaltungsakt federfiihrend und in der einen oder anderen Abteilung bearbeitet wird, ist hàufig reiner Zufall. Dieser Tatbestand, an dem man bisher voriiberging, zwingt zu einer anderen Beurteilung der Rechtsstellung. Beziiglich der Arbeitsweise und der Art des Einsatzes besteht sonach kein nennenswerter Unterschied zwischen dem in ein und derselben Dienststelle zusammengefassten sogen. « militarischen Personal » einerseits und dem « Verwaltungspersonal » andererseits : Beide bilden untrennbare Bestandteile der Mil. Befh. und ihrer nachgeordneten Dienststellen. Zahlreiche M VB sind ausserdem zugleich Reserveoffiziere, auch hier ist es reine Zufallsache, ob z.B. der eine Landrat als Rittmeister

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d.R. unter dem militarischen Personal arbeitet, wàhrend der andere Landrat, ein Major d.R ., in der Uniform des M VB tàtig ist. Wenn man schon in der A rt des Einsatzes einen Unterschied konstruiren will, dann besteht dieser zwischen der « fechtenden Truppe » einerseits und der « Militàrverwaltung » andererseits, aber keinesfalls zwischen den in derselben Dienststelle arbeitenden Offiziere Wehrmachtbeamten und MV-Beamten. Es gibt ferner keine Rechtfertigung dafiir, dass jeder beliebige Wirtschaftler, der im Geschaftsbereich des Reichsministers für Riistung und Kriegsproduktion als Reserveoffizier eingesetzt ist, eine bevorzugte Rechtsstellung geniessen soli gegeniiber dem Wirtschaftler, der - gleichfalls Reserveoffizier - von den hòchsten Partei - oder Reichsstellen kommend, als MV-Beamter in die M il.Verw . einberufen ist. Auch dafiir gibt es keinerlei Erklàrung, dass z.B. die Dolmetscher (Sonderführer), die das Gedankengut der MV-Beamten in eine fremde Sprache übertragen, oder dass die Ordonnanzen, die die Akten der MV-Beamten abtragen oder die Kraftfahrer der MV-Beamten aktiven Wehrdienst leisten, die MV-Beamten selbst aber nicht. Es ist schliesslich ein Unding, dass auf Grund der bestehenden Regelung z.B. gegenüber dem eine Art Generalsuniform tragenden M VChef, der im Frieden z.B. Minister, Staatssekretar, Ministerialdirektor oder Regierungsprasident und zugleich etwa Major d.R. ist, im Hinblick auf seinen « ailgemeinen Offizierrang » keine Grusspflicht fiir den in derselben Dienststelle als Oberleutnant d.R. tàtigen Regierungsinspektor besteht. Beispiele dieser Art, die sich weder sachlich noch ideell begründen lassen, kònnen auf den verschiedensten Gebieten beliebig vermehrt werden. V . Die vom Chef OKW bei seiner letzten Ablehnung einer Aenderung angezogene Führerentscheidung, wonach « der Führer die Entscheidung über die Frage der Anerkennung der Kriegsdienste als aktiver Wehrdienst und eine Berechnung dieser DienstZeiten bei allen mit oder im Rahmen der Wehrmacht eingesetzten Personengruppen und Organisationen sich bis nach Kriegsende ausdrücklich vorbehalten habe», kann aus doppeltem Grund auf den vorliegenden Fall nicht angewandt werden. 1 . ) bilden die MV-Beamten keine solche geschlossene « Personengruppe », wie die hier vielfach falschlich vergleichsweise herangezogene Beamtenschaft der Deutschen Reichspost, aus der sich die Feldpost rekrutiert, wie der Reichsarbeitsdienst oder wie die Organisation Todt. Die MV-Beamten rekrutieren sich nur zur Halfte aus der zivilen Beamtenschaft, zur anderen H alfte kommen sie aus den verschiedensten freien Berufen. 2. ) Sind die MV-Beamten keine « mit oder im Rahmen der Wehrmacht eingesetzte Organisation »; sondern gehen in der mit Offizieren und Wehrmachtbeamten besetzten Mil. V erw . auf. Sie bilden in alien Dienststellen der Mil. V erw . (Mil. Befh., Bev. Generale, Befh. in den Bezirken der Mittelinstanz sowie Feld- und Militarkommandanturen) eine untrennbare Einheit mit den Offizieren und Wehrmachtbeamten. V I. Es muss deshalb in Uebereinstimmung mit den bisherigen Antragen gefordert werden, dass wenigstens folgenden Hauptwünschen entsprochen wird, wenn schon keine vollige Gleichstellung der MV-Beamten mit den Wehrmachtbeamten erfolgt : 1. ) Anerkennung der Dienstzeit der Militarverwaltungsbeamten als aktiver Wehrdienst, 2. ) Dienstrang entsprechend Rangabzeichen gemass der Regelung der W ehr­ machtbeamten. Auch der Reichsminister des Innern, der soeben erst einen hôheren SS-Führer als Chef der M il.Verw . zur Verfügung gestellt hat, und der als Beamtenminister die Halfte der MV-Beamten friedensmassig betreut, dürfte sich mit der bisherigen unklaren und mangelhaften Rechtsstellung der MV-Beamten nicht abfinden. Der Herr Chef des Gen-St.d.H . ist vollinhaltlich einverstanden. 1. A . gez. Wagner

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ABSCH RIFT Militârverwaltungschef D r. Medicus OKH / Gen Qu

29. Februar 1944. Vertraulich! Herrn Obersturmbannfiihrer Dr. Brandt Reichsfiihrer SS - Feldkommandostelle Hochwald

Lieber Kamerad Brandt! In der leidigen Frage der « Rechtsstellung der Militarverwaltungsbeamten » werden wir ohne Eingreifen des Reichsfiihrers SS nicht zum Ziele kommen. I. Am 13.1a.4 3 sandte OKH/Gen Qu mit ausdrücklicher Zustimmung des Chefs des GenStdH ein Schreiben iiber Aenderung der Rechtsstellung an Chef OKW. Staatssekretàr Dr. Stuckart hatte sich ebenfalls fiir dieses Schreiben bei Chef Gen Stab des Heeres verwandt. Am 2. Weihnachtstag 1943 iiberreichte ich dem Reichsfiihrer einen Durchschlag dieses Schreibens. Reichsfiihrer las es in meiner Gegenwart durch, trat ihm restlos bei und erklarte, den Generalfeldmarschall, der abends sein Gast sein werde, fiir diese Sache gewinnen zu wollen. Ob diese Absicht sich hat verwirklichen lassen und mit welchem Erfolg, weiss ich nicht. Als wir fiinf Wochen nichts von der Sache hòrten, stellten wir zu unserer Ueberraschung fest, dass niemand im OKW die Sache erhalten haben wollte. Daraufhin erhielt OKW Anfang Februar Zweitschriften. Nach gewissen Anzeichen diirfte die Antwort vollig negativ werden. Die Missgunst unseren wirklich nicht zu beneidenden M V'Beam ten gegeniiber, vor allem seitens der federfiihrenden Intendanturbeamten beim O KW , ist riesengross und der sich daraus ergebende Widerstand

ohne ein hoheres Machtwort unbeZwingbar. II. Es ist so wenig, was fiir die MV'Beamten verlangt wird. Es handelt sich lediglich um die Beseitigung einer ebenso unnòtigen wie sinnlosen Differenzierung zwischen den in ein- und derselben Dienststelle tatigen Offizieren und Wehrmacht' beamten einerseits, MV'Beamten andererseits mit dem Ergebnis der Diffamierung der letzteren. Warum soil die eine Gruppe, die unter den genau gleichen Arbeitsbedingungen arbeitet, « aktiven Wehrdienst » leisten und die andere nicht? In der Verurteilung dieses unwiirdigen Zustandes sind sàmtliche Militàrbefehlshabersst., also die Spitzen der einschlàgigen Verwaltungen, Chef des GenStdH und Gen Qu einig. Die M V'Beam ten fallen genau so mit der WafEe in der Hand oder in sonstiger Ausiibung ihres Dienstes wie die Offlziere und Wehrmachtbeamten, mit denen sie in ein und derselben Dienststelle zusammen arbeiten. Die Zuerkennung des « aktiven Wehrdienstes » hat keinerlei materielle Auswirkungen. Durch sie wird kein einziger Mann der fechtenden Truppe entzogen. Auch wird durch sie keine Befòrderungsmòglichkeit fiir die MV'Beamten eròffnet. (Die M V'Beam ten bilden vielmehr nach wie vor eine insofern wohl einzigartige Institution, als in ihr keine Befòrderungsmòglichkeit vorgesehen ist). Auch das zweite Petitum: « Dienstrang entsprechend RangabZeichen » bedeutet lediglich, dass z.B. Manner wie Reeder, Kanstein, Jaeck, Glatzel, Pehle u.a., die zugleich hohe Stellungen in der SS bekleiden und als MV'Beamten Generalsuniform tragen, nicht mehr wie bisher infolge ihres « allgemeinen Offiziersranges » hinter dem jiingsten Leutnant eingereiht werden, sondern dass sie auch als das gelten, was sie stud: an die Stelle des nichtsagenden « allgemeinen Offiziersranges » tritt der der Einstufung in der M il.Verw . entsprechende Dienstrang, im Falle der vorgenannten der « Generalsrang ». III. Eine befriedigende Regelung wird nicht zu erreichen sein, wenn fernerhin der ganze Fragenkomplex unter so engen Gesichtswinkeln wie bisher betrachtet wird. Niemand hat bisher ernsthaft bestritten, dass die ungleichhartige Behandlung der

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beiden in denselben Dienststellen tàtigen Personengruppen (OfFiziere und Wehrmachtbeamten einset'séits, Militarverwaltungsbeamte andererseits) für die MV-Beamten unertràglich, aber sogar fiir die Offiziere und Wehrmachtbeamten des gleichen Stabes peinlich ist. Deshalb setzen sich ja auch gerade die Behordenchefs (die Militàrbefehlshaber) selbst, da sie aus eigenster Anschauung taglich die unmòglichen Auswirkungen der Differenzierung mit ansehen, fiir deren Beseitigung so warm ein. Zur Verteidigung der Differenzierung zieht die Gegenseite immer wieder dieselben ungiiicklichen Vergleiche herbei; man stellt z.B. den Techniker als Zivilangestellten in einer miiitàriscben Dienststelle dem soldatischen Personal dieser Dienststelle gegeniiber; man weist darauf hin, dass neben dem Kraftfahrer als Soldaten innerhalb derselben Dienststelle auch Chauffeure auf Zivilvertrag tàtig sind, ohne dass aus dieser Differenzierung sich Unzutraglichkeiten ergaben usw. Wo solche und ahnliche Vergleiche gezogen werden, fehlt eben der Sinn fiir das Wesen der Militarverwaltung, die eine Neuschòpfung besonderer Art dieses Krieges ist, fiir die es keine Paralellen gibt. Man iibersieht in einer unberechtigten Missgunst gegeniiber dem MV-Beamten, der ja nicht freiwillig zu diesem Einsatz gekommen ist, dass die Mil. V erw . und die in ihr Tàtigen dazu berufen sind, in den besetzten Gebieten im Gesamtbereich der Verwaltung und Wirtschaft die Hoheitsrechte der Besatzungsmacht wahrzunehmen. Diese ebenso hohe wie besonders geartete Aufgabenstellung hat eine nach Struktur wie personeller Zusammensetzung neuartige Institution erforderlich gemacht, fiir die man ebenso wenig auf vorhandene Vorbilder zuriickgreifen konnte, wie man bei Regelung der sich aus ihr ergebenden Einzelfragen sie auch nicht mit beliebigen anderen Einrichtungen in Vergleich setzen kann. Bei der in Rede stehenden Frage handelt es sich nicht um Rechtsauslegung, sondern um Rechtsschòpfung. Eine befriedigende Lòsung ist nur dann zu erwarten, wenn die hohen Gesichtspunkte des Zieles und Zweckes der Militarverwaltung mit beriicksichtigt werden. Dies hat die Behandlung des Problems auf hohere Ebene als bisher zur Voraussetzung. IV . Staatssekretàr D r. Stuckart, mit dem ich heute noch einmal über diese Frage gesprochen habe, macht sich meine Bitte %u eigen, dass der Reichsführer au] Generalfeldmarscha.il Keitel unmittelbar einwirken môge, damit der bisherigen Diffamierung der MV-Beamten ein Ziel gesetzt wird. W ir glauben, dass es nur eines Wortes, allerdings eines deutlichen Wortes des Reichsführers bedarf, um den unerwünschten Zustand zu beenden und die derzeitige nur als Schikane empfundene Regelung zu beseitigen. Generalquartiermeister hat wiederholt gebilligt, dass der Reichsführer in dieser Frage um Unterstützung angegangen wird und würde für eine solche dankbar sein. Abschrift des eingangs erwahnten Schreibens vom 13 .12 . ist nochmals beigefügt. Bitte, lassen Sie mich doch wissen, was zu tun Sie für richtig befunden haben. Mit

kameradschaftlichen Grüssen Heil Hitler Ihr sehr ergebener gez. D r. Medicus

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Anlage B ABSC H RIFT Generalstab des Heeres Generalquartiermeister N r. i l / 8429 / 44 geh.

H.Qu. O KH ., den 2 5.11.19 4 4 An das Heerespersonalamt

über: Chef OKW Betr. : Kriegsauszeichnungen fiir die verdientesten Persònlichkeiten der Mil. V erw . aus Anlass der Auflòsung der Militarverwaltungen in Frankreich und BelgienNordfrankreich. Der Abschluss der beiden grossen Militarverwaltungen, Belgien-N ordfrankreich und Frankreich, deren Leistungen in mehr als vierjàhriger Tatigkeit von entscheidender Bedeutung fiir die Erhôhung des grossdeutschen Kriegspotentials gewesen sind, wird zum Anlass genommen, Auszeichnungen an die fiihrenden Persònlichkeiten als der Anerkennung fiir ihre hervorragenden Leistungen in Vorschlag zu bringen. Zur Wiirdigung dieser Leistungen werden die hauptsàchlichsten Verdienste der Militarverwaltung im Westen zusammengefasst : 1) Es gelang der Militaverwaltung iiber 4 Jahre hindurch, eine Bevòlkerung von iiber 50 Millionen Menschen in Ruhe und Ordnung zu halten. Dariiber hinaus konnte die Masse dieser Bevòlkerung, als auch die landeseigene òffentliche Verwaltung in allen ihren Gliedern mit Erfolg in den Dienst der Besatzungsmacht gestellt werden. Bis zur Invasion ist es nirgends zu Auflehnungen und Weigerungen ernster Art, insbesondere zu Gewaltmassnahmen gekommen. 2) A u f dem Gebiet der Erniihrung hat es die Militarverwaltung mit Hilfe ihres sachverstandigen landwirtschaftlichen Personal erreicht, die Erzeugung trotz aller Schwierigkeiten, die sich aus den Kriegsverhaltnissen ergaben, so zu gestalten, dass die fiir Belgien erforderlichen Zuschiisse Jahr um Jahr geringer wurden, der Bedarf Frankreichs voli aus dem eigenen Lande gedeckt werden konnte und dariiber hinaus noch betrachtliche Ueberschiisse fiir die Ernàhrung des grossdeutschen Raumes erzielt wurden. Die Ernàhrung im Gesamtgebiet, insbesondere in Mangelgebieten und dicht bevòlkerten Industriegebieten wurde durch den riicksichtslosen Einsatz der verantwortlichen Persònlichkeiten sichergestellt. 3) A u f dem Gebiet der industriellen Wirtschaft wurde in Belgien und in Frankreich die Rohstofferzeugung von Jahr zu Jahr gesteigert und die industriellen W erke zu ausserordentlichen Leistungen fiir die deutsche Kriegswirtschaft hochgerissen. Unter deutscher Leitung wurde auf zahlreichen Gebieten Einfuhrbedarf in Ausfuhriiberschuss verwandelt. Da irgendwelche politische Gegenleistungen nicht erbracht und auch nicht in Aussicht gestellt werden konnten, kònnen die Leistungen der Militarverwaltungen in Belgien und Frankreich als einmalig bezeichnet werden. Diese Leistung ist umsomehr anzuerkennen, als man beriicksichtigen muss, dass die Bevòlkerung einer unausgesetzten Gegenpropaganda unterworfen war. Als Bestatigung fiir die Anerkennung der Arbeit und des weitschauenden Wirkens der Besatzungsverwaltung und wegen hervorragender Verdienste von entscheidender Auswirkung fiir die Kriegsfiihrung werden deshalb vorgeschlagen : (Hier folgen 4 Vorschlage fiir das Ritterkreuz zum Kriegsverdienstkreuz mit Schwertern und 8 Vorschlage fiir das Deutsche Kreuz in Silber mit eingehenden Begriindungen). gez. Toppe Generalmajor u. Generalquartiermeister

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