Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus, die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit uns allen. Amen

1 Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus, die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit uns allen. Amen. Liebe Gemeinde, als Je...
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Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus, die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit uns allen. Amen.

Liebe Gemeinde, als Jesus geboren wurde, war die Nacht hell wie der Tag. Als Jesus stirbt, wird der helle Tag zur dunklen Nacht.

Es ist kaum vorstellbar. Gott kommt zu uns Menschen auf die Erde und was machen wir? Wir bringen ihn um. Und das auf schier unerträgliche Art und Weise.

Die Kreuzigung an sich war nichts Besonderes. Sie war allerdings besonders grausam. Kreuzigungen waren damals alltäglich. Es war die römische Todesstrafe Nummer eins, die gleichzeitig auch die grausamste war. Stundenlang quälten sich die Gekreuzigten in der Sonne, bis sie schließlich elendig verendeten. Und das ging nicht nur Jesus so, sondern unzählig vielen anderen Menschen zur damaligen Zeit auch.

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Gott kommt zu uns und wir kreuzigen ihn, oder lassen zumindest zu, dass er gekreuzigt wird.

Und dann feiern wir auch noch einen Gedenktag deswegen. Sogar einen Gedenk-Gottesdienst.

Ist das nicht makaber? Der Tod Jesu hat in unserer Kirche eine so starke Bedeutung, dass wir das Todeswerkzeug als unser Zeichen benutzen. Das Kreuz, an dem Jesus sterben musste, wurde für uns zum Symbol. Aber nicht zum Symbol für Brutalität, sondern zum Symbol für Gottes grenzenlose Liebe!

Können wir das verstehen?

Ein Jugendlicher aus der Gemeinde fragte mich einmal: „Felix, warum freust du dich denn so auf Ostern? Wenn Jesus gar nicht gestorben wäre, dann wäre er heute vielleicht noch da!“

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Ein sehr interessanter Gedanke, der mir selbst so noch nie gekommen war.

Wäre Jesus wirklich noch leibhaftig unter uns, weil er ja nicht nur Mensch, sondern auch Gott war? Dann könnten wir ja zu ihm gehen, mit all unseren Gebetsanliegen, und hätten endlich einen Adressaten, den wir sehen und hören und anfassen können!?

Gottes Weg ist ein anderer. Jesus ging den Weg ans Kreuz. Er wurde verspottet, er wurde gedemütigt, er war allein.

Er betete: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“

Haben sie diesen Satz schon mal gebetet? „Gott, warum hast du mich verlassen?“ In welchen Situationen fühlen sie sich verlassen? Von Menschen verlassen. Von Gott verlassen. Ganz alleine und völlig hilflos.

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Welche Ängste suchen sie manchmal heim? Verlustängste, Versagensängste, Todesängste? Die Angst, nicht ernst genommen zu werden? Die Angst, das Leben nicht im Griff zu haben? Die Angst, alleine zu sein?

Manche dieser Ängste sind mir gut bekannt. Und manchmal fühle ich mich auch verlassen. Auch von Gott.

Manchmal traue ich mich dann im Gebet Gott meine Angst und meine Gefühle entgegenzuschleudern: „Gott, wo bist du? Warum lässt du mich alleine? Du hast gesagt, dass du immer bei uns bist! Also lass mich das jetzt spüren!“

Und das verrückte ist: in vielen dieser Momente, in denen ich Gott Vorwürfe gemacht habe, konnte ich plötzlich spüren, dass er da ist.

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Meine Probleme waren immer noch da, die Situationen haben sich nicht sofort geändert. Aber ich habe gespürt: Gott ist da! Und auch wenn er nicht alles ändert, ist er da und leidet mit mir. Und dadurch ändert er alles.

Genau das passiert am Kreuz: Gottes Sohn schreit mit uns nach Gott. Können wir das verstehen?

Jesus begibt sich in unsere krassesten Einsamkeiten, damit es keine Tiefe mehr gibt, in der Gott nicht ist. Jesus, der Sohn Gottes, begab sich in die Gottverlassenheit, damit die Dunkelheit des Todes hell wird.

Wenn ich heute noch direkt zu Jesus gehen könnte, dann wäre der Tod ein Ort oder eine Situation, wo Gott nicht gewesen wäre. Meine Beziehung zu ihm würde mit meinem Tod enden, weil Jesus ja hier bleiben würde.

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Das ist ein wichtiger Punkt, warum Jesus gestorben ist: Damit der Tod besiegt werden kann.

Denn Jesus blieb nicht im Tod. Und es ist auf jeden Fall wichtig, dass wir Ostern schon im Blick haben, wenn wir uns über Karfreitag Gedanken machen. Denn ohne Ostern wäre Jesu Tod tatsächlich sinnlos.

Dann hätte er kein Licht in die Todesdunkelheit gebracht, sondern er, der uns ja sagt, dass er das Licht für die Welt sei, wäre vom Dunkel verschluckt worden. Und wir hätten keine Chance, eine ewige Beziehung zu ihm zu haben. Aber Jesus blieb eben nicht in dieser Beziehungslosigkeit. Er blieb weder am Kreuz noch im Grab. Sondern wir finden ihn nur im Leben. Er, das pure Leben, hat den Tod überwunden. Deswegen gibt es keine absolute Dunkelheit mehr.

Deswegen ist Ostern der größte christliche Feiertag und ein riesiges Fest der Freude über die Ewigkeit! Auch wenn um Weihnachten allgemein ein größeres Getue gemacht wird.

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Weil Jesus auferstanden ist, wissen wir: Es gibt keine absolute Dunkelheit mehr!!! Können wir das erleben?

In all unseren Ängsten, in allen Situationen, in denen wir denken, dass wir alleine sind gibt es keine absolute Dunkelheit.

Weil Jesus in dieser Finsternis anwesend ist, weil durch ihn Gottes Licht da ist. Wir brauchen Kreuzigung und Auferstehung, weil wir einen Gott nötig haben, der nah ist. Wir sind abhängig vom Licht in unserer Dunkelheit.

Und noch etwas anderes brauchen wir. Es gibt noch einen Aspekt, der einen Grund für den Tod Jesu gibt:

Und das ist etwas, das uns im Alltag eher fremd ist, nämlich der Aspekt der Schuld.

Eins von Gottes großen Anliegen ist es, dass wir gute und funktionierende Beziehungen haben. Zu uns selbst, zu unseren Mitmenschen, zu unserer Welt und zu Gott.

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Leider kriegen wir es nicht hin, dass diese Beziehungen alle immer perfekt funktionieren.

Wir alle sagen und machen Dinge, unter denen die Beziehungen leiden. Das verstehe ich unter dem Begriff der Schuld: Ich tue etwas, das eine Beziehung negativ beeinflusst.

Sei es eine scheinbare Kleinigkeit wie Lästern über andere oder etwas nach menschlicher Meinung schwerwiegenderes wie Diebstahl. Sei es ein maßloser Umgang mit dem, was unsere Welt uns schenkt, oder ein Missachten meiner eigenen Fähigkeiten und Bedürfnissen.

Schuld ist eine Wirklichkeit, die wir alle kennen. Und wo Schuld geschieht, ist sie wirklich da. Sie macht etwas! Und sie macht etwas kaputt. Schuld zerstört, Schuld trennt uns! Von uns selbst, von Menschen, von Gott. Wo sie geschieht, ist sie da und muss „irgendwo hin.“

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Aber wohin?

Es gibt Schuld, die nicht ausgeglichen werden kann. Wenn ein Mensch getötet wird. Wenn ein falsches Gerücht, wenn negative Worte erst mal in Umlauf sind. Wenn die Seele bereits verletzt ist.

Und der ganze Mist, von dem niemand weiß, wer der Täter war. Das belastet eine Gemeinschaft.

Ich behaupte, dass jeder Mensch mit dem Gefühl der Schuld irgendwo hin muss.

Nun stirbt Jesus am Kreuz. Ein mal! Und das reicht für alles.

Laut Johannes sagt Jesus kurz bevor er stirbt: „Es ist vollbracht!“

Ich habe immer gedacht, dass er einfach nur froh war, dass sein Leidensweg nun zu Ende war.

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Aber dann habe ich in einer Predigt diesen Gedanken gehört, der mich tief beeindruckt: Wenn Jesus sagt: „Es ist vollbracht“, dann meint er damit auch: „Es ist alles fertig“.

Stellen sie sich vor, sie erhalten eine neue Schrankwand für ihr Wohnzimmer. Allerdings besteht sie aus vielen einzelnen Teilen und sie sind vielleicht handwerklich nicht so begabt.

Dann kommt ein Fachmann, bastelt alles zusammen und stellt die Wand am richtigen Ort auf. Sie sitzen in einem anderen Raum und irgendwann kommt der Experte herein und sagt: „So! Jetzt ist alles fertig!“

Damit meint er natürlich, dass er mit seinem Job fertig ist, aber gleichzeitig sagt er damit: „Jetzt können sie loslegen. Sie können das, was ich für sie gemacht habe, nutzen!“

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Und so eine zusammengebaute Schrankwand ist ja nur sinnvoll, wenn sie dann auch wirklich benutzt wird.

Genau so sagt Jesus: „So! Jetzt ist alles fertig!

Du kannst eine ewige Freundschaft zu mir haben. Du kannst deine Schuld loswerden. Die Wiedergutmachung für alle deine Fehler, deine Gehässigkeiten, deine Beleidigungen, deine Diebstähle, deinen Missbrauch, deine Faulheit, deinen Egoismus und was man dir sonst noch so vorwerfen kann, habe ich geleistet.

Dadurch bist du schuldfrei. Du wirst nicht für deine Vergehen verurteilt. Wenn du willst, trete ich für dich ein.“

Wollen wir das leben?

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Es ist wie mit der Schrankwand. Ich kann das ganze Zimmer damit vollstehen haben wenn ich sie nicht benutze, haben sie für mein Leben keine Bedeutung und ich werde nie erfahren, was ich damit alles Geniales machen kann.

Jesus ist für uns gestorben, damit wir seinen Tod für uns in Anspruch nehmen können um ewig mit ihm zu leben.

Wir müssen uns nicht wer weiß wie verbiegen und anstrengen, damit Gott uns liebt und für uns da ist.

Wir müssen keine Opfer bringen, damit Gott uns unsere Schuld vergeben kann.

Wir müssen uns keine Sorge mehr machen, wohin mit unserer Schuld. Sondern es gibt einen Ort, wo wir sie hinbringen können, und dann ist sie auch weg.

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Jesus sagt: „Es ist alles fertig!“ Wir können das ewige Leben jetzt beginnen. Es ist alles fertig – nutzt es. Wir sind eingeladen, aufgefordert, ermutigt, auch jetzt in diese Verbindung zu kommen. Von Gottes Seite her ist „alles fertig“.

Kreuz und Auferstehung sind Zeichen der puren Liebe Gottes. Gott ist da. Und zwar ganz nah bei uns. Weil er uns unendlich liebt.

Deswegen hat er Schmerzen und Tod durchlitten, damit wir Trost bei ihm finden können. Damit unser Leben lebenswert und ewig wird.

Heute ist Karfreitag. Heute denken wir daran, was Gott dafür getan hat. Heute ist noch nicht Ostern und es ist gut, dass wir uns das bewusst machen.

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Denn wenn wir über den Tod Jesu einfach so hinweggehen würden, würden wir seiner Liebe nicht gerecht werden.

Wir würden das, was er für uns durchlitten hat, mit einer einfachen Geste abtun.

Heute ist der Tag, an dem wir uns eine Welt ohne Gott vorstellen, damit wir am Sonntag eine echte Freude über seine Auferstehung spüren können. „Ich bin immer bei euch, jeden Tag, bis zum Ende der Welt!“ Das waren laut Matthäus die letzten Worte Jesu nach der Auferstehung an seine Jünger. Danach fuhr er auf in den Himmel. Und zwar nicht in den Himmel, der über uns ist, sondern in den Himmel, der überall ist. Deswegen ist er auch jetzt bei uns. Und deswegen blitzt auch an diesem Karfreitag Ostern schon durch. Es ist vollbracht! Lassen sie uns das leben!

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