Die Gesellschaft altert, und um alten

Ausgabe | 13 12. April 2013 powered by Pflege Pflegeberufe: Nachwuchs soll aus Asien kommen Kliniken und Altenheimen fehlt das Personal. Dabei sin...
Author: Frieder Weiss
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12. April 2013

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Pflege

Pflegeberufe: Nachwuchs soll aus Asien kommen Kliniken und Altenheimen fehlt das Personal. Dabei sind in einigen EU-Staaten 50 Prozent der Jugendlichen arbeitslos

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Schließlich liegt die Jugendarbeitsloie Gesellschaft altert, und um alten so Varnhagen. Angesichts der hohen Arbeitslosig- sigkeit beispielsweise in Spanien bei über Menschen ein Leben in Würde zu ermöglichen, steigt der Bedarf an Pfle- keit – vor allem mit Blick auf die Jugend- 50 Prozent. Auch in Griechenland, Zypern gekräften. Derzeit fehlen rund 18.000 arbeitslosigkeit in den Peripherie-Ländern und Portugal sieht es mitnichten besser aus. Pflegepersonal aus dem EUPflegekräfte, sagte die Zentrale Ausland könnte die deutsche Auslands- und FachvermittSprache sicher schneller lernen lung (ZAV) der Bundesagentur als Pfleger aus China oder von für Arbeit im März. In der Geden Philippinen. Zudem stehen sundheits- und Krankenpflege die Südeuropäer Deutschland gebe es mehr als 8.000 offene kulturell näher. Stellen, in der Altenpflege etwa So forderte auch Angela 10.000 Stellen. Merkel, dass die europäische Ju „Auf Dauer reicht es nicht gend mehrere Sprachen lernen aus, nur in Europa nach Fachmöge. Der EU-Sozialkommissar personal zu suchen“, sagte die Laszlo Andor sprach sich erst im ZAV-Direktorin Monika VarnMärz für eine Jobgarantie für Juhagen der FAZ. Deshalb begebe gendliche in Europa aus und forman sich jetzt auch in China derte: „Junge Menschen müssen und auf den Philippinen auf die bereit sein, ihre Heimatregion Personalsuche. In China versuzu verlassen.“ Die Forderungen che man derzeit mit einem Piverhallten ungehört. lotprojekt in Zusammenarbeit Nun soll Geld helfen: mit dem Arbeitgeberverband Deutsche Kliniken und Altenheime suchen das fehlende Pflegepersonal nicht in Europa, sondern in Asien. Foto: Flickr/Walt Stoneburner Die EU hat beim letzten Gipfel Pflege, 150 Pfleger anzuwerben. beschlossen, die hohe ArbeitsloSeit April werden diese in der Provinz Shandong auf ihren neuen Ar- der EU – zeigt die Lage, dass der erhoffte sigkeit unter der jungen EU-Bevölkerung beitsplatz in Deutschland vorbereitet. Auf gemeinsame Arbeitsmarkt in Europa ge- mit finanziellen Mitteln und neuen Programmen zu bekämpfen. Dabei würden den Philippinen soll dasselbe geschehen, scheitert ist.

Analyse

Stimmung unter deutschen Ärzten anhaltend schlecht Nur 27 Prozent der deutschen Ärzte, Zahnärzte und Psychotherapeuten schätzen ihre aktuelle wirtschaftliche Lage als gut ein. Mehr als die Hälfte (55,6 Prozent) bezeichnen ihre wirtschaftliche Lage lediglich als befriedigend, 17,3 Prozent sogar als schlecht. Dies ergibt eine aktuelle Befragung der Gesellschaft für Gesundheitsmarktanalyse. Der Blick der Mediziner auf die kommenden sechs Monate ist deutlich negativ. So erwarten 60,5 Prozent der Befragten keine Veränderung ihrer wirtschaftlichen Lage, 31 Prozent eine Verschlechterung und nur 8,5 Prozent eine Verbesserung.

Analog zum Geschäftsklimaindex des Instituts für Wirtschaftsforschung ergibt sich aus diesen Zahlen für das Frühjahr 2013 ein Medizinklimaindex von -6,4 Punkten. Der Medizinklimaindex ist seit Herbst 2006 durchgehend im negativen Bereich. Die Stimmung unter deutschen Ärzten ist anhaltend schlecht. Dabei schätzen allerdings die Ärzte, Zahnärzte und Psychotherapeuten im ambulanten Sektor ihre aktuelle Lage sehr unterschiedlich ein. Vor allem aber hinsichtlich ihrer Zukunftserwartungen gehen die drei Gruppen von Medizinern deutlich auseinander.

Am positivsten ist die Stimmung unter den deutschen Zahnärzten. Mit einem Medizinklimaindex von +8,9 Punkten erreichen sie sogar den höchsten Wert seit Beginn der Erhebung. Bei den Ärzten hingegen beträgt der Index nur -9,2 Punkte. Die Psychotherapeuten hatten in den Vorjahren stets am positivsten auf ihre wirtschaftliche Lage geblickt. Doch nun schauen auch sie deutlich düsterer in die Zukunft. Der aktuelle Medizinklimaindex für die Psychotherapeuten von -7 Punkten ist so niedrig wie seit 2010 nicht mehr. Gregor Schulmeister

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etwaige Umschulungen und Zusatzausbildungen für europäische Arbeitssuchende näher liegen, als Fachkräfte aus Asien anzuwerben. Die ZAV vermittelte im vergangenen Jahr nach eigenen Angaben nur 56 Pflegekräfte aus dem europäischen Ausland. „Trotz EU-Freizügigkeit sind nur wenige Pflegefachkräfte aus Ländern wie Polen, Tschechien, der Slowakei oder Ungarn ge-

kommen“, sagte Steffen Ritter, Sprecher des Arbeitgeberverbands Pflege, der FAZ. Hindernisse seien vor allem der hohe bürokratische Aufwand bei der Berufsanerkennung, fehlende Deutschkenntnisse und die sehr stark auseinander klaffenden Regelungen in den verschiedenen Bundesländern. Doch genau das sind auch die Hindernisse, mit denen Pflegekräfte aus China und den Philippinen zu rechnen

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hätten. Als weiteren Grund für die wenigen Fachkräfte aus dem EU-Ausland gibt Ritter die schlechte Bezahlung in Deutschland an. Unter dieser leiden allerdings auch die deutschen Fachkräfte. Die geringe Bezahlung wird auch von vielen Jugendlichen als Grund angegeben, lieber über staatliche Transfers, weitere Universitätsaufenthalte und andere fremdfinanzierte

China

Gefahr aus China: Neuartige Vogelgrippe ausgebrochen In Shanghai wurden 20.000 Vögel notgeschlachtet. Sechs Chinesen sind bereits gestorben. Der Virus breitet sich weiter aus

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n China ist eine neue Form der Vogelgrippe ausgebrochen: H7N9. Bereits sechs Menschen sind an den Folgen der Grippe gestorben, wie das staatliche Fernsehen berichtete. Insgesamt lag die Zahl der Infizierten bei 14. Um die Ausbreitung des Erregers einzudämmen, wurden am Freitag auf dem Huhuai-Markt in Shanghai, wo das Virus entdeckt wurde, 20.000 Vögel notgeschlachtet. Bereits im Februar hatten sich zwei Menschen mit dem Virus infiziert. Die chinesischen Behörden hatten dies allerdings erst im März öffentlich gemacht. Die Beamten begründeten diese Verzögerung damit, dass es so lange gedauert habe, den wirklichen Grund für die Erkrankung herauszufinden. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat die Gefahr einer umfassenden Ausbreitung des Virus heruntergespielt. Sie sagte, es gebe bisher keine Beweise für eine Übertragung von Mensch zu Mensch.

Man müsse aber noch in Erfahrung bringen, wie sich die Menschen überhaupt infizieren konnten, zitiert die Nachrichtenagentur Xinhua die WHO.

Einige Experten fürchten, dass sich das Virus weiter ausbreiten könnte. Immerhin sei nicht nur Shanghai betroffen, sondern auch die Provinzen Zhejiang, Jiangsu und Anhui.

Auf einem Markt in Shanghai wurde das neuartige Virus H7N9 entdeckt.

Foto: Flickr/abstract duck

Forschung

Kokainsucht mit Laserstrahlen gestoppt Forschern ist es gelungen, das Suchtverhalten von Ratten mittels Laserlicht zu steuern. Nun ist eine klinische Studie geplant

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issenschaftler arbeiten daran, Kokainsucht durch eine gezielte Hirnstimulation heilen zu können. Im Fachmagazin Nature haben sie nachgewiesen, dass bei Ratten die Steigerung der Hirnaktivität in bestimmten Neuronen des prälimbischen Cortex das Suchtverhalten stoppen kann. Jetzt ist eine klinische Studie mit Kokainsüch-

tigen geplant. Ein Zeichen der Drogensucht ist der Kontrollverlust. Dieser wurde früher auf eine Störung im Belohnungssystem des Gehirns zurückgeführt. Doch neuere Untersuchungen haben bei den Abhängigen auch eine Funktionsstörung im präfrontalen Cortex nachgewiesen. Dieser sorgt für die

Handlungssteuerung und die Regulation emotionaler Prozesse. Die Optogenetik ist eine relativ neue Technik, die Hirnzellen durch Lichtreize aktiviert. US-Forscher unter Leitung von Antonello Bonci haben diese Technik eingesetzt, um im Tierversuch Zellen des prälimbischen Cortex anzusteuern, berichtet das Ärzteblatt.

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Ratten geraten durch die freie Gabe von Kokain in eine starke Abhängigkeit. Am Ende lassen sie sich selbst durch Stromstöße nicht mehr vom Drogenkonsum abhalten. Bonci sieht im Verhalten der Ratten eine Verbindung zur Kokainsucht beim Menschen. Denn viele Abhängige begehen Straftaten, um in den Besitz von Kokain zu gelangen. Zunächst konnte Bonci zeigen, dass die Kokainsucht zu einer verminderten Erregbarkeit von Pyramidenzellen in tieferen Schichten des prälimbischen Cortex führt. In einem weiteren Experiment injizierten die Forscher dann ein Adenovirus in diese Regionen. Dieses infizierte die Hirnzellen und legte in ihnen ein spezielles Gen ab. Danach konnten die Forscher die Hirnzellen mittels eines Laserstrahls gezielt an- und wieder abstellen.

Das Suchtverhalten der Tiere konnte auf diese Weise tatsächlich gesteuert werden. Nach dem Einschalten des Laserlichts

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stellten die Tiere den Drogenkonsum ein. Und wenn das Licht ausgeschaltet wurde, dann setzte das Suchtverhalten wieder ein.

Auch Ratten können stark von Kokain abhängig werden. Mittels Laserlicht konnte der Drogenkonsum abgestellt werden. Foto: Flickr/Tambako the Jaguar

Diagnose

Krankheiten erkennen anhand des Atems Forscher untersuchen den menschlichen Atem nach Biomarkern, die auf Krankheiten hinweisen. Ziel ist die Echtzeit-Diagnose

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rzte untersuchen heute alle möglichen Körperflüssigkeiten, um anhand der darin gelösten Moleküle Hinweise auf Krankheiten zu finden. Züricher Forscher schlagen nun vor, auch die Echtzeit-Analyse des Atems zur Diagnose einzusetzen. Auch in der traditionellen chinesischen Medizin werden aus dem Geruch des Atems eines Patienten Schlüsse zu dessen Gesundheitszustand gezogen. Zudem ist bekannt, dass entsprechend trainierte Hunde und Ratten anhand des Atems erkennen können, ob Menschen an gewissen Krebsarten leiden. Allerdings sind diese Methoden letztlich sehr subjektiv. Nun wollen die Züricher Wissenschaftler unter der Leitung von Renato Zenobi die Atemanalyse auf eine objektive Grundlage stellen. Dazu sollen die einzelnen Geruchskomponenten identifiziert werden. Die Ärzte können dann in äußerst geringer Konzentration vorliegende Atem-Komponenten in die Diagnose einbeziehen. Der Atem der Menschen unterscheidet sich bezüglich der darin enthaltenen flüchtigen Komponenten. Jeder Mensch hat einen charakteristischen „Fingerabdruck“

des Atems. Mit regelmäßigen Messungen konnten die Forscher zudem aufzeigen, dass das individuelle Atemmuster konstant bleibt. „Wir haben zwar geringe zeitliche Schwankungen im Tagesverlauf gesehen, das individuelle Muster bleibt jedoch konstant genug, damit es für die medizinische Anwendung brauchbar ist“, zitiert DocCheck News den an der Studie beteiligten Forscher Pablo Martinez-Lozano Sinues. Würden die Messungen im zeitlichen Verlauf zu stark schwanken, wären sie für die Diagnose unbrauchbar. Für die Messungen bauten Zenobi und seine Kollegen handelsübliche Massenspektrometer so um, dass die Versuchspersonen über ein Mundstück direkt in das Analysegerät pusten konnten. Etwa hundert AtemKomponenten wurden auf diese Weise erkannt. Identifizieren konnten die Forscher beispielsweise Aceton, ein Abbauprodukt des Zuckerstoffwechsels. Von den meisten gefundenen Stoffen wissen die Forscher allerdings noch nicht, um welche Verbindungen es sich handelt. Nun werden die Chemiker versuchen, nicht

nur charakteristische Fingerabdrücke des Atems einzelner Personen zu ermitteln, sondern auf dieselbe Weise charakteristische Fingerabdrücke von Krankheiten zu ermitteln. Dazu arbeiten sie mit Ärzten der Klinik für Pneumologie am Universitätsspital Zürich zusammen. „Wenn wir bei Patienten mit einer bestimmten Lungenkrankheit ein übereinstimmendes Muster finden, können wir damit eine Diagnosemöglichkeit entwickeln“, sagt Sinues. Bei Lungenkrankheiten wird am ehesten erwartet, dass sogenannte Biomarker im Atem identifiziert werden können. Daher konzentrieren sich die Forscher zunächst auf diese Krankheiten. Die Atem-Diagnose könnte in Zukunft aber auch auf andere Krankheiten ausgeweitet werden. Zwar ist die Bedeutung der Atemanalyse für die medizinische Diagnostik bekannt. Doch in der Schulmedizin wurde sie bisher nur selten angewandt. „Ein Grund dafür ist, dass mit den meisten bisherigen Methoden nur wenige Substanzen untersucht werden konnten und dass diese Methoden langsamer waren“, sagt Sinues.

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Ein bedeutender Vorteil gegenüber Blut- und Urin-Untersuchungen ist, dass der Atem-Fingerabdruck schon Sekunden später vorliegt. Die Analysen von Urin und Blut dauern deutlich länger. Ein weiterer Vorteil der Atemanalyse besteht darin, dass sie im Gegensatz zur Entnahme einer Blutprobe nicht-invasiv ist. Das heißt, es muss nicht wie bei der Blutentnahme mit einer Nadel in den Körper eingedrungen werden. Damit sich die Methode der Atemanalyse in der Klinik durchsetzen kann, müssen die Instrumente verbessert werden. Denn derzeit füllen die für die Analyse verwendeten Massenspektrometer noch ganze Labors. Zenobi sagt: „Wenn kleine, tragbare Geräte, die es schon gibt, in Zukunft leistungsfähiger werden, könnten diese beispielsweise in Arztpraxen eingesetzt werden.“

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Jeder Mensch hat einen charakteristischen Atem, der auch über Krankheiten Aufschluss geben könnte. Foto: Flickr/alisdair

Datenschutz

Krebsregister: Daten der Patienten sind schlecht gesichert Die bundesweiten Krebsregister sind relativ leicht zu knacken. Daher schlagen Datenschützer nun Alarm

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ie Daten von Krebspatienten in den deutschen Krebsregistern müssen besser geschützt werden. Dies fordern die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder. „Die gegenwärtige Pseudonymisierung von Krebsregisterdaten ist 20 Jahre alt“, sagte die Bremer Datenschutzbeauftragte

Imke Sommer der Ärztezeitung. Die heutigen Rechner seien viel leistungsfähiger und könnten daher die verwendete Verschlüsselung knacken. Derzeit wird von allen deutschen Krebsregistern das sogenannte MD5-Verfahren angewandt, das die Einwegverschlüsselung

Die bundesweit gesammelten Daten von Krebs-patienten sind nicht sicher.

Foto: kr/mer de glace

sicherstellen soll. Einwegverschlüsselung bedeutet, dass man von einem Klarnamen auf eine kryptografierte Zahlenreihe schließen kann, nicht aber umgekehrt. Die Datenschutzbeauftragten sagen, die derzeitige MD5-Verschlüsselung sei nicht mehr sicher genug und müsse daher verbessert werden. Zusätzlich verwenden die Landeskrebsregister derzeit die sogenannte IDEA-Verschlüsselung. Während das MD5-Verfahren bei allen Registern gleich ist, sind die IDEA-Schlüssel nur den jeweils einzelnen Krebsregistern der Länder zugänglich. Doch nur durch die bundesweite Verknüpfung der Krebsdaten kann etwa die Qualität der Mammographie überprüft werden. Um die Registerdaten bundesweit abgleichen zu können, müssen die Länder daher ihre verschiedenen IDEA-Schlüssel zurücknehmen. Auf diese Weise entsteht ein Pool aus Bundesdaten, der dann nur noch durch den gemeinsamen MD5-Schlüssel gesichert ist. Doch diese Entschlüsselung der Daten sehen die Datenschutzbeauftragten als unsicher an. Sie fordern daher, auch für diesen Bundesdatenpool einen gemeinsamen spezifischen Schlüssel einzusetzen.

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Therapie

Nanoteilchen sollen Arzneistoffe ins Auge transportieren Deutsche Forscher injizierten Nanoteilchen in die Blutbahn, die sich an der Wand der Netzhautgefäße festsetzten

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chim Göpferich und Ernst Tamm von der Universität Regensburg haben Nanoteilchen für den zukünftigen Einsatz in der Augenheilkunde entwickelt. Diese Teilchen haben einen Durchmesser von nur etwa 50 Nanometern, berichtet DocCheck News. Nachdem sie in den Blutkreislauf injiziert worden sind, setzen sie sich an der Wand der Blutgefäße fest, welche die Netzhaut versorgen. Damit ist den Forschern ein großer Schritt auf dem Weg zur Produktion von Nano-Transportern gelungen, die in Zukunft Arzneistoffe über die Blutbahn ins Auge transportieren sollen. Auf diese Weise könnten Krankheiten wie die altersabhängige Makula-Degeneration (AMD) oder die diabetische Retinopathie therapiert werden. Die AMD und die diabetische Retinopathie führen zu massiven Schäden der Netzhaut. Sie zählen zu den häufigsten Ursachen für eine Sehverschlechterung oder sogar Erblindung. Weltweit etwa 50 Millionen Menschen leiden an diesen beiden Krankheiten. Während bei der AMD genetische Faktoren eine Rolle spielen, ist die diabetische Retinopathie eine Folgeerkrankung der Zuckerkrankheit. Bei beiden Krankheiten kommt es jeweils zu krankhaften Veränderungen derjenigen Blutgefäße, die die Netzhaut versorgen. In der Folge

Mithilfe von Nanoteilchen sollen zukünftig gefährliche Augenkrankheiten therapiert werden können. Foto: Flickr/hans s

sterben die Nervenzellen der Netzhaut ab. Zwar stehen für beide Krankheiten schon Therapien zur Verfügung, die den Krankheitsverlauf verlangsamen oder sogar zum Stillstand bringen können, etwa die Laser-Behandlung. Doch haben diese Therapien gravierende Nachteile. So ist dabei die Zerstörung von Gewebe möglich oder die Behandlung birgt ein

Infektionsrisiko und kann daher selbst zu Erblindung führen. Hier ist der alternative Therapieansatz von Achim Göpferich und Ernst Tamm klar im Vorteil. Auf der Grundlage der neuen Nanoteilchen könnten bald NanoTransporter entwickelt werden, welche die benötigten Arzneistoffe gezielt über die Blutbahn ins Auge befördern können.

Krankenkassen

Unnötige Wirbelsäulen-MRTs belasten die Krankenkassen Jede vierte Magnetresonanztomografie im Wirbelsäulenbereich ist überflüssig und dient oft nur der Beruhigung der Patienten

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ie Zahl der Magnetresonanztomografien (MRTs) zur Ursachenfeststellung von Rückenschmerzen ist in den letzten Jahren stark angestiegen. Doch nicht immer ist die Untersuchung in der Röhre wirklich notwendig, besagt eine aktuelle Studie. Ein Forscherteam rund um den kanadischen Radiologen Derek Emery beurteilte die Sinnhaftigkeit von MRTUntersuchungen im Wirbelsäulenbereich. Dabei bewertete eine Expertengrup-

pe den Einsatz einer diagnostischen Maßnahme aufgrund vorliegender Krankenhausdaten. Insgesamt wurden so 1.000 an kanadischen Krankenhäusern durchgeführte MRTs im Wirbelsäulenbereich und 1.000 Schädel-MRTs analysiert. Von den Wirbelsäulen-Untersuchungen wurden 443 als angemessen bewertet. 285 waren von fraglichem Nutzen, in 272 Fällen war die Untersuchung für die Fachleute gänzlich überflüssig.

Vor allem die MRT-Überweisungen, die von Allgemeinärzten ausgestellt wurden, galten dem Expertenpanel vielfach als unangemessen. Nur 34 Prozent davon galten als angebracht. Am treffsichersten waren hingegen die Neurochirurgen, deren Überweisungen in 76 Prozent der Fälle als angemessen beurteilt wurden. Bei den verordneten Kernspin-Tomografien im Kopfbereich war die Lage hingegen um einiges besser. Hier wurden 83

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Patienten mit Rückenbeschwerden wer-den zu häufig in die MRT-Röhre geschoben, sagen kanadische Forscher. Foto: Flickr/digital cat

Prozent der Fälle als angemessen, nur 8 Prozent als fraglich und 9 Prozent als un-

angemessen eingestuft. Die guten Werte im Bereich der Schädel-MRTs sind allerdings nur wenig aussagekräftig, da sich die meisten Patienten bereits zu einem früheren Zeitpunkt einer solchen Untersuchung unterzogen hatten und deshalb eine Vorselektierung stattfand. „Die hohe Rate nicht angebrachter oder nur fraglich indizierter MRTs überrascht uns nicht“, werden die Studienautoren in der Ärztezeitung zitiert. Schließlich habe die Zahl der Wirbelsäulen-Tomografien in den vergangenen Jahren dramatisch zugenommen. Die Studie besagt aber auch, dass vermutlich viele Patienten keine MRT-Verschreibung be-

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kommen würden, bei denen es eigentlich angebracht wäre. In fachmedizinischen Kreisen wird oftmals der Verdacht geäußert, das hausärztlich verschriebene Wirbelsäulen-MRT diene in vielen Fällen nur der Beruhigung der Patienten durch eine Art Ausschlussdiagnostik. Eine medizinische Notwendigkeit besteht demnach nicht immer. Laut der Transparenzplattform Arztkosten online beträgt das Honorar für eine MRT-Untersuchung in Deutschland zwischen 400 und 500 Euro. Eine hohe Rate an unnötig verordneten Kernspin-Tomografien käme die Krankenkassen daher sehr teuer zu stehen.

Wahlkampf

SPD will die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall verlängern Unternehmen, die keine Wiedereingliederung nach einer Erkrankung anbieten, sollen doppelt so lange für kranke Mitarbeiter zahlen

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isher sind die Unternehmen in Deutschland gesetzlich dazu verpflichtet, erkrankte Angestellte bis zu sechs Wochen weiter zu bezahlen. Danach springt die Krankenkasse ein. Doch im Falle eines Sieges bei der Bundestagswahl am 22. September will die SPD durchsetzen, dass Unternehmen unter bestimmten Bedingungen dazu gezwungen werden, doppelt so lange für kranke Mitarbeiter zu zahlen. Anette Kramme, die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, will gegen jene Unternehmen vorgehen, die kein Eingliederungs-Management für Mitarbeiter anbieten, die nach einer Krankheit an ihren Arbeitsplatz zurückkehren. Für diese Arbeitgeber „muss die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall von sechs Wochen auf zwölf Wochen verdoppelt werden“, sagte sie der Rheinischen Post. Kramer begründet die angedrohte Mehrbelastung der Unternehmen damit, dass der psychische Druck am Arbeitsplatz stetig zugenommen habe. Die Pläne der SPD könnten teuer werden für die Unternehmen. Denn die Lohnfortzahlung im

Ein Kanzler Steinbrück brächte den Unternehmen durch eine verlängerte Lohnfortzahlung zusätzliche Kosten in Milliardenhöhe. Foto: Peer Steinbrück

Krankheitsfall ist mit fast 40 Milliarden Euro pro Jahr die teuerste betriebliche Sozialleistung. Die Lohnfortzahlung war in der Bundesrepublik stets umkämpft. Im Jahr 1956 hatten die Angestellten der Metallindustrie 114 Tage lang für eine bessere Absicherung im Krankheitsfall gekämpft. Dies war

der längste Streik der Nachkriegsgeschichte. Erst 1969 wurde die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall Gesetz. Zwar kürzten Union und FDP die Leistungen 1996, doch SPD und Grüne nahmen die Änderungen 1998 wieder zurück. Nun will die SPD diejenigen Unternehmen zu einer längeren Zahlung verpflichten, die ihren ehemals kranken Mitarbeitern nicht ausreichend beim Wiedereinstieg helfen. Welche Kriterien dabei gelten sollen und wer diese überprüfen soll, sagte die SPD bisher nicht. Doch die SPD will nicht nur eine Verlängerung der Lohnfortzahlung. Zudem soll ein sogenanntes Anti-Stress-Gesetz beschlossen werden, das den Behörden zusätzlichen Eingriff in die Unternehmen gewähren soll. Kramme sagt: „Ich persönlich bin der Auffassung, dass externe Gesundheitsberater alle zwei oder drei Jahre in den Betrieben die Bedingungen überprüfen müssen und mit den Mitarbeitern ungezwungen über Verbesserungen sprechen können.“ Anschließend müssten die Unternehmen mit den Sozialversicherungen über Verbesserungen beraten, fordert die SPD-Politikerin.

Impressum Herausgeber: Dr. Michael Maier. Redaktion: Thomas Gollmann, Gregor Schulmeister, Matthias Fuchs, Leonhard Steinmann, Simon Moser. Layout: Nora Lorz. Copyright: Blogform Social Media GmbH, Kurfürstendamm 206, D-10719 Berlin. HR B 105467 B. Telefon: +49 (0) 30 / 81016030, Fax +49 (0) 30 / 81016033. Email: [email protected]. Erscheinungsweise wöchentliches Summary: 52 Mal pro Jahr. Bezug: abo@blogformgroup. com. Mediadaten: [email protected]. www.deutsche-gesundheits-nachrichten.de

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