BERLINISCHE GALERIE, AUSSTELLUNG 19.05.2017–11.09.2017

DIE FOTOGRAFIERTE FERNE. FOTOGRAFEN AUF REISEN (1880–2015) MATERIAL ZUR VORBEREITUNG DES AUSSTELLUNGSBESUCHS FÜR LEHRERINNEN UND LEHRER

Erich Salomon, Fairfax Hunt Club, Virginia, 1930/1932, © Urheberrechte am Werk erloschen, Repro: Anja-Elisabeth Witte

BERLINISCHE GALERIE LANDESMUSEUM FÜR MODERNE KUNST, FOTOGRAFIE UND ARCHITEKTUR Alte Jakobstraße 124–128, 10969 Berlin, Mi–Mo 10–18h, www.berlinischegalerie.de

Einführung Das Reisen ist seit mehr als 150 Jahren ein großes Thema der Fotografie. Die frühen Aufnahmen entstanden im engen Zusammenhang mit der topografischen Erforschung der Welt und dem Aufkommen des Tourismus Mitte des 19. Jahrhunderts. In den ersten Jahrzehnten verband sich ein hohes ästhetisches Niveau mit einem gewissen dokumentarischen Anspruch. Diese Qualität ging in dem Augenblick verloren, als sich die Fotografen auf eine größere Käuferschicht und deren konventionelle Wünsche einzustellen versuchten. Deshalb beschränkten sie sich im letzten Viertel des Jahrhunderts auf die Wiedergabe des Exotischen und Pittoresken. Unabhängig davon verlor das Unterwegssein für künstlerisch motivierte Fotografen nie seinen Reiz und seine Faszination. Von den 1920er-Jahren an setzten sie sich mit den kulturellen, politischen und sozialen Zuständen anderer Länder auseinander. In dieser Zeit begannen Fotografen auch das Medium selbst zu thematisieren. Seitdem laufen zwei unterschiedliche Strategien nebeneinander her. Bei der einen dominiert der Überraschungsmoment, also die spontane Reaktion, und bei der anderen ein konzeptuelles Vorgehen, eine Idee, die vorher geplant worden ist. Die 17 verschiedenen Positionen dieser Ausstellung veranschaulichen, wie sich die fotografische Bildsprache und die Wahrnehmung der Welt von der frühen Reisefotografie bis in unsere unmittelbare Gegenwart veränderten. Raum 1 Prolog Der Wunsch, Reiseeindrücke festzuhalten, ist so alt wie die Menschheit. Mit der Erfindung der Fotografie – und ihrer gefeierten Fähigkeit zur präzisen Abbildung – gab es ein neues Medium dafür. Seit dem letzten Viertel des 19. Jahrhunderts verkauften professionelle Fotografen ihre Aufnahmen von Landschaften, Baudenkmälern und Sehenswürdigkeiten an Reisende vor Ort, aber auch in den europäischen Metropolen. Hafenstädte, etwa in Italien und Griechenland, wurden nicht nur zu touristischen Anlaufpunkten, sondern auch zu Zentren gewerblicher Fotografie. Die dort entstandenen Aufnahmen prägten das Bild vom Mittelmeerraum bis weit ins 20. Jahrhundert hinein. Ein weiterer wichtiger Schauplatz für diese Fotografie war Japan. Nach dem Vorbild japanischer Farbholzschnitte wurden viele Bilder aufwändig mit Aquarellfarben koloriert. Anders als bei den Aufnahmen aus Eu-

ropa zeigten sie überwiegend im Atelier nachgestellte Alltagsszenen. Diese Fotografien bildeten jedoch nicht die Lebensrealität ab. Sie reproduzierten vielmehr Klischees und Stereotype, die der Wirklichkeit der modernen Gesellschaft Japans nicht mehr entsprachen. Marianne Breslauer Marianne Breslauer wusste schon früh, dass sie Fotografin werden wollte, weshalb sie 1927 eine Ausbildung im Berliner Lette-Verein begann. Kurz danach fand sie eine Anstellung als Fotojournalistin im Ullstein-Verlag. Im Sommer 1931 reiste sie zu einer Freundin nach Jerusalem. Die Erfahrung, dort ohne Auftrag und nach eigenen Vorstellungen fotografieren zu können, bewegte sie dazu, die Arbeit im Verlag zu kündigen. Schon zwei Jahre später entschloss sie sich zu ihrer nächsten großen Reise, diesmal zusammen mit der Schriftstellerin Annemarie Schwarzenbach nach Spanien. Breslauers Reisefotografien haben weder den Charakter einer Reportage noch sind sie Reisebericht – es sind „vorausbedachte Schnappschüsse“, die das Alltagsleben einfacher Menschen zeigen. Die ungewöhnlichen Perspektiven verdeutlichen, dass sie die Bildsprache des Neuen Sehens – die moderne Strömung in der Fotografie zu dieser Zeit – als Ausdrucksmittel in ihre Fotografien integrierte und sie damit auch einen künstlerischen Anspruch verfolgte.

Erich Salomon Erich Salomon war Anfang der 1930er-Jahre der bekannteste Fotograf der politisch-gesellschaftlichen Welt in Europa. Seit dem Beginn seiner Arbeit als Fotojournalist gelang es ihm in nur zwei Jahren, seine Aufnahmen in großen deutschen und ausländischen Magazinen und Zeitschriften zu veröffentlichen. In dieser Zeit waren Fernreisen wegen der erheblichen Kosten auch für einen renommierten Fotoreporter noch eine Ausnahme. Trotzdem bereiste Salomon 1930 und 1932 die USA. Die dort entstandenen Bilder zeigen, dass sich mit dem Verlassen der engen europäischen Grenzen auch seine Bildwelt und Bildsprache veränderten. Im Gegensatz zu einer sachlichen Berichterstattung experimentierte er nun erstmals auch mit Gestaltungsmitteln des Neuen Sehens, wie etwa extremen Perspektiven, Unschärfen oder eigenwilligen Ausschnitten. Die leicht handhabbare Kleinbildkamera Leica war ein ideales Hilfsmittel für die Umsetzung seiner Bildideen.

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Raum 2 Tim N. Gidal Tim N. Gidal begann 1929 zu fotografieren, um mit der Arbeit als Fotojournalist sein Studium zu finanzieren. Nachdem er sich in seiner Heimatstadt München an der Universität eingeschrieben hatte, setzte er sein Studium in Berlin fort. In der Folge war er häufig mit der Eisenbahn zwischen beiden Städten unterwegs. Es ist nicht verwunderlich, dass diese Art des Reisens einen jungen Fotoreporter dazu anregte, die Erlebnisse in Bilder zu übersetzen. Das eigentliche Thema dieser Serie ist das Reisen selbst. Es gibt den Aufbruch, das Unterwegssein und die Ankunft. All das, was typisch an einer Zugfahrt war, findet sich hier wieder: die Anonymität des Wartens auf die Abfahrt, die erlebte Geschwindigkeit, der Zwischenhalt, die Begegnung mit der Vorstadt und schließlich das Eintauchen in das trubelige Leben der modernen Großstadt. Evelyn Richter Eine Reise nach Moskau zu den Weltjugendspielen 1957 war der eigentliche Beginn der fotografischen Arbeit von Evelyn Richter. Dort veränderte sich ihre Bildsprache grundlegend. Die Ursache dafür war ein technischer Defekt, der für ihr zukünftiges Arbeiten entscheidend war: Als ihre Mittelformatkamera versagte, eröffnete ihr der Wechsel zum handlichen Kleinbildapparat den Weg zu einer neuen und spontaneren Arbeitsweise. Außerdem erfand sie im Zuge dieser Reise mit den Menschen im Museum ein neues Bildsujet. Die Bildsprache von Evelyn Richter entspricht der „Life-Fotografie“, die sich in den USA und Frankreich nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelte und die sie in der Ausstellung „The Family of Man“ kennengelernt hatte. Im offiziellen Kunstkanon der DDR existierte diese Art von Fotografie nicht. Robert Petschow Robert Petschow bereiste zwischen 1920 und 1939 ganz Deutschland mit dem Ballon, dem Zeppelin und später mit dem Flugzeug. Aus Interesse am Fliegen hatte sich der Ingenieurstudent als Fesselballonfahrer beim Militär stationieren lassen und dort auch fotografieren gelernt. Später arbeitete er als Redakteur für die Zeitschrift Die Luftfahrt. Sein Archiv umfasste etwa 30.000 Negative, womit er zum bekanntesten Luftbildfotografen Deutschlands zwischen den Weltkriegen wurde.

In seinen Bildern konzentrierte er sich auf die Landschaften abseits der städtischen Ballungszentren. Viele der Fotografien waren zunächst nichts anderes als abstrakt wirkende Strukturen und Rhythmen der Landschaft. Der extreme Blick von oben entsprach der Suche nach einer neuen Bildsprache, wie sie die damalige fotografische Avantgarde praktizierte. Raum 3 Ulrich Wüst Ulrich Wüst reagierte mit seiner Serie Kopfreisen auf die staatlichen Restriktionen in der DDR, die es ihm bis in die späten 1980er-Jahre praktisch unmöglich machten, in den Westen zu reisen. Um mit dem drängenden Fernweh umzugehen, suchte er zu Hause nach Bildern, die seinen Vorstellungen von der fernen Welt entsprachen. So entdeckte er die Ägäis in Mecklenburg und die Toskana in Thüringen. Nach dem Fall der Mauer bereiste er diese Gegenden dann tatsächlich. Daraus entstand die Serie Irrfahrten, mit der er teils ernüchtert feststellte, dass ihn die Wirklichkeit dieser Orte paradoxerweise häufig an die DDR erinnerte. Hans Pieler / Wolf Lützen Im Oktober 1984 durchquerten die beiden Fotografen, die in West-Berlin lebten, mit einem Kleinbus die DDR auf der Transitstrecke West-Berlin – Hamburg und zurück. Sie wollten sehen, was man unter den gegebenen Umständen über die DDR und das Verhältnis zwischen den beiden deutschen Staaten erfahren kann. Doch die Zustände auf den stark bewachten Straßen machten das Vorhaben schwierig: an der Grenze fanden massive Kontrollen statt, es war strengstens verboten die vorgegebene Strecke zu verlassen, jeglicher persönliche Kontakt zwischen den Menschen aus Ost und West wurde verhindert. Und natürlich herrschte ein striktes Fotografierverbot. Pieler und Lützen traten ihre Reise mit einem konkreten künstlerischen Konzept an. Als ein wichtiges Gestaltungselement nutzten sie die Rückspiegel, um eine zusätzliche Erzählebene in die Bilder einzufügen. Thomas Hoepker 1963 durchquerte Thomas Hoepker im Auftrag der Zeitschrift Kristall die USA, um innerhalb von drei Monaten zwischen der Ost- und Westküste in die ländlichen Regionen zu reisen. Da die mediale Wahrnehmung der USA bis dahin noch immer vom Leben in

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den Metropolen bestimmt wurde, sollte den Lesern eine neue Sicht auf das Land ermöglicht werden. Seine kritischen Aufnahmen waren von der Bildsprache Fotografen Robert Frank und dessen 1959 erschienenem Buch The Americans beeinflusst. Ähnlich wie Franks desillusionierendes Fazit über das Lebensgefühl am Ende der 1950er-Jahre sind Hoepkers Bilder eine Kritik am „American Way of Life mit seiner Propagierung von Profitstreben, grenzenlosem Konsum, Nationalismus, Rassismus und der damit verbundenen Armut und Einsamkeit. Raum 4 Karl von Westerholt Die Idee für die Arbeit Die Reisen des Käpt’n Brass entwickelte Karl von Westerholt beim Betrachten von alten Familienalben, in denen die Bilder von nahen und fernen Reisen zum untrennbaren Bestandteil familiärer Mythen geworden waren. Dafür bereiste er in den 1990er-Jahren die ganze Welt und fotografierte Motive, die im Laufe des modernen Massentourismus zu Sehenswürdigkeiten und so zum Bestandteil des kollektiven Gedächtnisses geworden waren. Dazu gehörten Naturschönheiten, symbolträchtige Orte, aber auch Bilder von Menschen und Tieren. Um an die „Knipserfotografie“ aus den Alben zu erinnern, entschied er sich, deren Ästhetik zu imitieren. Die Serie problematisiert nicht nur, wie wir die Dinge wahrnehmen, sondern ist auch eine Persiflage auf die um die weit gereisten Touristen, die sich mit ihren Fotografien wie Sammler durch die Welt bewegen und am Ende denken, das Leben in der Fremde zu verstehen.

Kurt Buchwald Kurt Buchwalds Arbeit zeigt Aussichten auf das azurblaue Meer, auf Felsen oder die mediterrane Vegetation. Das Irritierende an den Fotografien aber ist, dass beinahe der gesamte Bildraum von einem roten Rechteck eingenommen wird. Der Blick auf die Schönheiten der Natur wird dem Betrachter wie von einem Stoppschild verweigert und sein Sehen so umgelenkt, dass er die eigenen Vorstellungen von diesem Ort (re)konstruieren muss. Seit Mitte der 1980er-Jahre erhebt der Ost-Berliner Aktionskünstler den Störfall zu seinem fotografischen Arbeitsprinzip. Schon in seinen Serien Störbilder und Farbscheiben errichtete er Hindernisse vor dem Kameraobjektiv, um Teile des Bildes zu verdecken.

Buchwalds Bildstörungen sind medienkritisch angelegt. So verstehen sie sich auch als Reaktion auf die aktuelle Bilderflut und als Kritik am Wahrheits- und Wirklichkeitsanspruch des Mediums Fotografie. Treppenhalle Heidi Specker Als Stipendiatin der Villa Massimo verbrachte Heidi Specker von 2010 bis 2011 ein Jahr in Rom. Die Opulenz und Ausstrahlungskraft des Museums von Giorgio de Chirico inspirierte sie dazu, sich mit der jüngeren italienischen Kunst zu befassen. Zum einen interessierte sie die auffällige Verknüpfung von Klassizismus und Moderne in Kunst und Design, die sie auch überall im Stadtbild Roms wahrnahm. Zum anderen war sie überrascht vom Verhältnis der Italiener zu ihrer jüngeren Geschichte. Mit Aufnahmen im Stadtteil Esposizione Universale di Roma EUR und im Ort Sabaudia, beide in den 1930er-Jahren unter Mussolini entstanden, beschäftigte sie sich damit, warum es den Italienern im Gegensatz zu den Deutschen gelungen war, sich mit der Architektur aus der Zeit des Faschismus zu versöhnen. Wie in vorangegangen Projekten arbeitete sie auch hier mit der Optik von Teleobjektiven, mit der sie eine veränderte Wahrnehmung der Realität erzeugen konnte. Tobias Zielony Für Tobias Zielony muss eine zeitgemäße dokumentarische Fotografie auf den Einfluss der modernen, global ausgerichteten Medienwelt reagieren, wenn sie glaubwürdige Aussagen über den gegenwärtigen Zustand der Welt machen will. Ausgehend von der Beobachtung, dass sich die gegenwärtige Jugendkultur weitestgehend globalisiert hat, reiste er über zehn Jahre durch die Welt, um genau dieses Phänomen zu untersuchen. Dies führte ihn 2008 in die nahezu aufgegebene Bergbausiedlung Trona in Kalifornien. Die Bilder dieser Serie sind durch die intensive Auseinandersetzung mit der Lebensweise der Jugendlichen entstanden. Er ermunterte sie zu Posen und Ritualen, um zu zeigen, wie sie sich selbst gerne sehen oder von der Öffentlichkeit gesehen werden wollen. Mit dieser Herangehensweise bewegt sich Zielony zwischen Dokumentation und Fiktion. Damit reagiert er auf die Frage nach dem Wirklichkeitsgehalt der Fotografie, ein Diskurs der seit den 1980er-Jahren in der dokumentarischen Fotografie geführt worden ist.

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Sven Johne Zwischen Juni und Oktober 2012 reiste Sven Johne immer wieder nach Griechenland. Er begab sich auf Spurensuche, um ein Land zu verstehen, dass wie kein anderes zum Symbol der gegenwärtigen europäischen Krise geworden war. Insgesamt besuchte er 37 Orte. Ausgestellt ist hier ein Auszug aus dieser „Grand Tour“. Die Reisen glichen einer Irrfahrt, für die der nächtliche Sternenhimmel das übergeordnete Motiv darstellte. Diesen fotografierte er sowohl an den touristischen Orten auf dem Festland als auch auf den einsamen griechischen Inseln. Johne verweigert mit seinen Fotografien gängige Bildklischees, die aber trotzdem unweigerlich in die Sternenhimmel projiziert werden. In allen Aufnahmen integrierte er lapidar erscheinende Texte, die auf der Basis seines Reisetagebuchs entstanden. Dabei legt er sein Augenmerk auf Beobachtungen von Menschen und Milieus am Rande der Gesellschaft. Es geht ihm um eine künstlerischsubjektive Bestandsaufnahme der Krise – jenseits der gängigen Berichterstattung, die er als „Randnotizen und Nebenschauplätze“, also „Fußnoten der ‚großen‘ Geschichte“ sieht. Hans-Christian Schink Hans-Christian Schink war im Frühjahr 2012 für ein dreimonatiges Stipendium des Goethe-Instituts in Japan. Um sich ein eigenes Bild von der Katastrophe zu machen, die der Tsunami am 11. März 2011 verursacht hatte, entschloss er sich in die Region Tōhoku zu reisen. Auf seiner Fahrt durch die Küstenregion waren die meisten der Straßenzüge bereits wiederhergestellt worden und die zerstörten Gebiete ungehindert zugänglich. Die aus der Totale aufgenommen Landschaftsfotografien haben nichts mit den spektakulären Medienbildern über Tōhoku gemein, die ein Jahr vorher durch die ganze Welt gegangen waren. Vielmehr sind es behutsame Bestandsaufnahmen, die das außergewöhnliche Ereignis nach und nach vorstellbar machen.

perspektivische Wiedergabe der Welt, die stets auf den Bildmittelpunkt fokussiert ist. Bei den Schwarz-Weiß-Bildern der Serie ist es nicht die Aufnahmetechnik, die den Blick irritiert. Es ist der gekippte Apparat, der Perspektiven erzeugt, die an die Moderne der 1920er-Jahre erinnern. Statt auf die weiträumige Wirklichkeitswiedergabe traditioneller Stadtfotografie konzentriert er sich auf enge Bildausschnitte. Die Serie sprachlos ist eine Reflexion über die gescheiterte sozialistische Utopie an diesem historischen Ort. Wolfgang Tillmans Nachdem Wolfgang Tillmans fast zehn Jahre vorrangig im Studio an abstrakten und medienreflexiven Bildern gearbeitet hatte, entschloss er sich Ende der 2000er-Jahre dazu, wieder mit Eindrücken der Außenwelt zu arbeiten. Seit 2009 war er deswegen auf Reisen, um mit einem unbelasteten, frischen Blick auf das zu reagieren, was sich an der Oberfläche des Erlebten ablesen ließ. Er wollte herausfinden, ob ihm jenseits der erprobten Wahrnehmungsmuster ein anderer und vielleicht gänzlich neuer Blick auf die Welt möglich wäre. Denn dies war der eigentliche Sinn seiner Reisen: in Bildern hinter den Fassaden der immer selben Dinge das Signifikante und Typische für diese Zeit sichtbar zu machen. So reihten sich an Fotografien von berühmten und populären Sehenswürdigkeiten solche von banalen Orten in entlegenen Gegenden, aber auch Bilder die das Reisen selbst thematisierten. Zu sehen ist hier eine Auswahl, die sich ausschließlich auf die Situation von Zug- und Flugreisenden bezieht.

Max Baumann Einige Jahre nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion hielt sich Max Baumann mit einem sechsmonatigen Stipendium für künstlerische Fotografie in Moskau auf. In den ersten Monaten arbeitete er ausschließlich im Zentrum der Stadt, später in den Randgebieten. Die Farbfotografien entstanden mit einer verstellbaren Balgenkamera. Deren unlogisch anmutende Schärfeverteilung unterwandert die für uns gewohnte zentral-

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ANGEBOTE FÜR SCHULKLASSEN Projekttag: So ist das eben in der Arktis (ab 8 Jahre) Sek. I, Sek. II: 180 min., 6 Euro pro Schüler Über 180 fotografische Kunstwerke aus hundert Jahren laden uns ein, bekannte Sehgewohnheiten über Bord zu werfen und das Museum als unbekanntes Terrain neu zu bereisen. Wir nehmen die Reiseerinnerungen von berühmten und weniger bekannten Fotografen und Fotografinnen unter die Lupe und schmieden eigene Pläne für Ausflüge ins Museum. Ausgerüstet mit Geländekarte, Zeichenstift und Fotoapparat reisen wir auch durch die Sammlungspräsentation der Berlinischen Galerie. Wir probieren knifflige Routen, entdecken vergangene Jahrzehnte, ihre Geschichte und Lebensbedingungen, rasten vor malerischen Landschaften und treffen auf besondere Menschen, Tiere und Sprachen. In Kooperation mit Jugend im Museum e.V. Anmeldung und nähere Information: Jugend im Museum e.V., Tel. 266 42 22 44, [email protected]

Der Große Ferienspaß Kleine Fotografen auf Reisen (ab 8 Jahre) Mo 07.08.–Fr 11.08. jeweils 10–15h, Teilnahme gebührenfrei Eine Woche lang entdecken Ferienkinder die Ausstellung „Fotografierte Ferne“ und reisen durch Kreuzberg. Über 180 Fotografien aus hundert Jahren laden dazu ein, bekannte Sehgewohnheiten über Bord zu werfen. Ausgerüstet mit Skizzenblock und Kamera bereisen wir das Museum und seine Nachbarschaft als unbekanntes Terrain. In fünf verschiedenen Workshops schmieden wir Pläne für ungewohnte Ausflüge in den Großstadtdschungel. Gründet Euer eigenes Reisebüro, erfindet phantastische Landkarten und abenteuerliche Routen. Oder beliefert den Souvenirladen und produziert Fotostorys und Stop-Motion Filme. Eure Reiseerinnerungen werden in der Langen Nacht der Museen am 19.08. als Diashow präsentiert.

Anmeldung und nähere Information: Jugend im Museum e.V. Tel. 266 4222 42, [email protected] Dialogische Führungen für Schulklassen Sek. I, Sek. II, Kosten: 55 Euro für 60 Min. pro Schulklasse Anmeldung: Museumsinformation der Kulturprojekte Berlin GmbH, Tel. 247 49 888, [email protected] ÖFFNUNGSZEITEN UND PREISE Mi–Mo 10–18h dienstags geschlossen Tageskarte 10 €, ermäßigt 7 € (gilt auch für Gruppen ab 10 Pers.) Jeden 1. Mo im Monat 6 € Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre: Eintritt frei Begleitende Lehrerinnen und Lehrer erhalten ebenso freien Eintritt.

WEITERE INFORMATIONEN Katalog Aus Anlass der Ausstellung in der Berlinischen Galerie (19.05.–11.09.2017) erscheint im Prestel Verlag der Ausstellungskatalog „Die Fotografierte Ferne“ Museumsausgabe: 29,80 € Buchhandelsausgabe: 39,95 € Newsletter Wenn Sie unseren Newsletter für Lehrer abonnieren möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an [email protected]. Kontakt Berlinische Galerie Diana Brinkmeyer Referentin Marketing und Kommunikation Tel. +49 (0)30 78902-775 / Fax -730 [email protected]

In Kooperation mit Jugend im Museum e.V Anmeldeschluss: 28.07.2017 (nur noch wenige freie Plätze)

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