Die Deutsche Suchthilfestatistik – eine Schatzkiste
Beitrag zur 21. Fachtagung Management in der Suchttherapie des Bundesverband für stationäre Suchtkrankenhilfe am 20. September 2012 in Kassel
Albert Kern, Bundesministerium für Gesundheit
Übersicht
1. Förderung von bundesweiten Dokumentationen und Bevölkerungsumfragen 2. Die Deutsche Suchthilfestatistik: Einordnung, Nutzen und Herausforderungen 3. Ausblick
Förderung von bundesweiten Dokumentationen und Bevölkerungsumfragen ·
Gesundheitsberichterstattung (GBE): RKI (alle Alterstufen); u.a. die Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland (KiGGS); seit 1998
·
Epidemiologischer Suchtsurvey (18 - 64 Jahre): IFT München; seit 1980
·
Drogenaffinitätsstudie (12 - 25 Jahre): BZgA; seit 1979
·
Dot.sys - Erhebung und Dokumentation der bundesweit durchgeführten Maßnahmen zur Suchtprävention (BZgA und Bundesländer) und prevnet - Fachportal Suchtprävention (BZgA und Landeskoordinator/-innen der Suchtprävention).
·
Substitutionsregister bei der Bundesopiumstelle (BfArM): Finanzierung durch die Bundesländer; seit 2001
Gesundheitsberichterstattung (GBE)
DSHS - Grundlagen
Anfänge seit 1978
Kontinuierliches, standardisiertes Monitoring-System zur Beratung und Behandlung von Personen mit
Substanzstörungen
Pathologischem Glücksspiel
Essstörungen
Jährliche Auswertung der Daten von über 1.000 ambulanten und stationären Einrichtungen
Wichtige Ergänzung zu den Daten zum Suchtmittelkonsum, missbrauch und -abhängigkeit in der Bevölkerung
DSHS – Homepage: www.suchthilfestatistik.de
DSHS - Nationale und internationale Anforderungen 1.
Beitrag zur politischen Steuerung - national wie international
2.
Erfüllung von Berichts- und Informationspflichten für nationale und internationale Organisationen und Repräsentanten National: Bundestag, Bundesrat, Fraktionen/MdBs, Bundesländer/Fachministerkonferenzen, Gebietskörperschaften, Wohlfahrtsorganisationen, Bürgerinnen und Bürger, etc. International: WHO, UNODC, UNGASS, EU/EBDD, NDPHS, NGOs, Bürgerinnen und Bürger, etc. Förderung der Deutschen Suchthilfestatistik durch das BMG (2012 in Höhe von über 335.000 €)
Hilfeangebote für Abhängigkeitskranke
(Leune 2010)
Dokumentationsumfang
Europäischer Kerndatensatz (TDI)
Deutscher Kerndatensatz (KDS)
Weitere Daten… (Land, Kommune, Bezirk, Kostenträger, Träger…)
Einrichtungen und Betreuungen Erreichungsquote: ca. 55% (Tendenz ↑)
Hauptauswertungen (DSHS)
Alle Einrichtungen
Betreuungen jährlich ambulante Einrichtungen 2011: 313.165 2009: 316.075 stationäre Einrichtungen 2011: 37.354 2009: 36.618
ambulante Einrichtungen 2011: 778 2009: 779 stationäre Einrichtungen 2011: 166 2009: 157
Deutsche Suchthilfestatistik 2011: 1.075 Einrichtungen 2009: 936 Einrichtungen
Publikationen
Öffentlichkeit / Bundesperspektive
DSHS Jahresberichte (Online, Jahrbuch Sucht, SUCHT)
Kurzberichte (Auswertungen der «Sonderläufe»)
Tabellenbände Bund
Länder
Tabellenbände Bundesländer
Spezialauswertungen, Daten aus Einzeleinrichtungen
Wissenschaft, Verwaltung
Tabellenbände
Studien auf der Basis der Dokumentation
Publikationen - Beispiele
Hauptnutzer/-innen der DSHS
Europa (EBDD)
Bund (BMG)
Länder und Kommunen (unterschiedlich intensiv)
Verbände
Einrichtungen
?
Ziel:
Steuerung, Außendarstellung, Berichtspflichten…
Möglichkeiten für die dokumentierenden Einrichtungen dank DSHS
Lobbying
Marketing
Benchmarking
Nachhaltigkeit
Qualitätssicherung
Human Resources Management
Finanzierung ambulante Suchtberatungsstellen Art der Mittel Institutionelle kommunale Mittel Fallbezogene kommunale Mittel Personalmittel der Arbeitsverwaltung Landesmittel Bundesmittel Mittel der Rentenversicherung Mittel der Krankenkassen Erstattung durch Klienten Eigenmittel nicht-öffentlicher Träger Sonstige Mittel Gesamtmittel
Mittelwert (€) 182.305 € 125.747 € 147.688 € 87.447 € 103.364 € 60.938 € 56.524 € 47.739 € 84.493 € 69.082 € 411.388 €
Anzahl 202 43 18 176 15 109 33 59 109 94 216
Prozent 93,5% 19,9% 8,3% 81,5% 6,9% 50,5% 15,3% 27,3% 50,5% 43,5% 100,0%
(Pfeiffer-Gerschel, Hildebrand & Wegmann, 2009)
Finanzierung (teil)stationäre Rehabilitationseinrichtungen (+ Adaption)
Art der Mittel Institutionelle kommunale Mittel Fallbezogene kommunale Mittel Personalmittel der Arbeitsverwaltung Landesmittel Bundesmittel
Mittelwert (€) 0€ 0€ 0€ 0€ 0€
Anzahl 0 0 0 0 0
Prozent 0% 0% 0% 0% 0%
Mittel der Rentenversicherung
1.372.914 €
16
94,1%
Mittel der Krankenkassen Erstattung durch Klienten Sonstige Mittel Gesamtmittel
116.861 € 15.225 € 1.094.308 € 1.613.298 €
9 2 4 17
52,9% 11,8% 23,5% 100,0%
(Pfeiffer-Gerschel, Hildebrand & Wegmann, 2009)
Art der Betreuung Prozent Medizinische Notfallhilfe
0,2%
Substitutionsbehandlung
0,7% 6,7%
sonstige med. Maßnahmen
1,1%
Entzug / Entgiftung
1,5%
Ambulante Suchtberatung
84,6%
Ambulante Entwöhnungsbehandlung
9,3%
Teilstationäre Entwöhnungsbehandlung
0,1%
Stationäre Entwöhnungsbehandlung
0,5%
Kombinationstherapie
0,5%
Adaptionsbehandlung
0,1%
Ambulante sozialtherapeutische Maßnahmen
2,3%
Teilstationäre sozialtherapeutische Maßnahmen
0,2%
Stationäre sozialtherapeutische Maßnahmen
0,1%
Psychiatrische Behandlung
0,6%
Psychotherapeutische Behandlung
1,5%
Sonstige Maßnahmen
8,0%
Gesamt
100,0%
(Pfeiffer-Gerschel, Hildebrand & Wegmann, 2009)
Psychosoziale Begleitbetreuung bei Substitution
Qualitätsmanagement (Beispiele) Qualitätsmanagement
n
%
stationär
n
%
ambulant
Basisdokumentation gemäß KDS-K für alle Fälle / Maßnahmen
153
93,9%
539
80,2%
Regelmäßige einrichtungseinheitliche Eingangsdiagnostik (einschließlich ICD-10-Diagnostik)
162
99,4%
530
78,9%
Regelmäßige einrichtungseinheitliche Abschlussdiagnostik (einschließlich ICD-10-Diagnostik)
160
98,2%
423
62,9%
Regelmäßiger schriftlicher einrichtungseinheitlicher Therapie- und/oder Hilfeplan
156
95,7%
369
54,9%
Regelmäßige Verlaufsdokumentation der durchgeführten Maßnahmen
163
100,0%
654
97,3%
Durchführung von Routinekatamnesen gemäß KDS-Kat
138
84,7%
160
23,8%
Schriftlich ausgearbeitete indikationsspezifische Behandlungskonzepte liegen vor
159
97,5%
466
69,3%
Gesamt (Anzahl Nennungen)
163
100,0%
672
100,0%
Qualitätsmanagement (Beispiele) Qualitätsmanagement
n
% stationär
n
%
ambulant
Teilnahme an einem Verfahren zur externen Qualitätssicherung
142
87,1%
315
46,9%
Umfassendes internes Qualitätsmanagementsystem wurde eingeführt
145
89,0%
461
68,6%
QM-Beauftragter wurde eingesetzt
149
91,4%
473
70,4%
Kundenzufriedenheit wird anhand standardisierter Verfahren kontinuierlich überprüft
151
92,6%
320
47,6%
Schriftliche Darlegung des QM-Systems (Handbuch, Selbstbewertung, Q-Bericht) existiert
133
81,6%
404
60,1%
Regelmäßige Durchführung / Dokumentation interner Audits / Self-Assessments
134
82,2%
270
40,2%
Einrichtung ist auf der Grundlage eines anerkannten QM-Systems zertifiziert
114
69,9%
178
26,5%
Gesamt (Anzahl Nennungen)
163
100,0%
672
100,0%
Art der Beendigung / Problematik am Ende Stat. % (N = 163)
2011
Amb. % (N = 683 )
Regulär nach Beratung / Behandlungsplan
60,7%
42,4%
Vorzeitig auf therapeutische Veranlassung
5,3%
1,2%
Vorzeitig mit therapeutischen Einverständnis
4,8%
4,4%
Vorzeitig, Abbruch durch Klient
15,4%
33,6%
Disziplinarisch
5,1%
1,2%
Außerplanmäßiger Wechsel in andere Einrichtung
1,1%
2,4%
Planmäßiger Wechsel in andere Einrichtung
7,5%
14,1%
Verstorben
0,0%
0,7%
Erfolgreich Gesamt ambulant Gesamt stationär
Gebessert Unverändert Verschlechtert
N = 636
26,6%
37,1%
33,1%
3,2%
N = 154
32,3%
45,8%
20,2%
1,7%
DSHS – Nutzen für das BMG ·
Zahlenmäßige Entwicklung der Hauptdiagnose Cannabis in Beratung und Behandlung
·
Begründung für Frühinterventionen durch seit langem anhaltende Differenz zwischen dem Zeitpunkt des Erstkonsums bzw. den ersten Erscheinungsformen der Abhängigkeit und dem Zeitpunkt der ersten Inanspruchnahme von Hilfen, Beratung und Behandlung
·
Nachweis ausreichender Versorgung im Drogenbereich durch Inanspruchnahme der Medizinischen Rehabilitation, Beratung und niedrigschwelligen Hilfen sowie der Substitution
DSHS – limitierter Nutzen ·
Nutzung und Wirksamkeit des § 35 BtMG im ambulanten und stationären Bereich
·
Hinweise auf Umfang von psychosozialer Begleitung bei Substituierten
·
Anteil der SGB II Berechtigten unter allen Klienten und Patienten in der Sucht- und Drogenhilfe
·
Anteile von HCV- und HIV-Infizierten v.a. bei den drogeninjizierenden Klienten und Patienten
·
Es fehlen derzeit v.a. Daten zum Spritzentausch und weiteren harm reduction Maßnahmen in Deutschland
Fazit und Ausblick ¾
Quantität / „Repräsentativität“: Dank des Einrichtungsregister können die Daten verlässlicher hochgerechnet werden; dennoch sind bessere Erreichungsquoten wünschenswert.
¾
Qualität: DSHS-Aussagekraft; Aktualisierung des Deutschen Kerndatensatzes ab 2013
Ö
Verbesserungsvorschläge, Ergänzungen und Anmerkungen werden bereits gesammelt! Adressat: Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen
Fazit und Ausblick ¾
Quantität / „Repräsentativität“: Dank des Einrichtungsregister können die Daten verlässlicher hochgerechnet werden; dennoch sind bessere Erreichungsquoten wünschenswert.
¾
Qualität: DSHS-Aussagekraft; Aktualisierung des Deutschen Kerndatensatzes ab 2013
¾
Kommunikation: Bessere Verbreitung der Ergebnisse der DSHS
¾
DSHS Daten online frei verfügbar
¾
Möglichkeiten, beliebige Analysen anzustellen
¾
Einfache und schnelle Vergleiche mit anderen
¾
Schnelle Antworten auf spezifische Fragen
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Albert Kern Bundesministerium für Gesundheit Friedrichstraße 108 10117 Berlin Email:
[email protected]