Die Chironomidae (Diptera) der unteren Salzach

©Erik Mauch Verlag, Dinkelscherben, Deutschland, Download unter www.biologiezentrum.at 45 Lauterbornia 36: 45-53, D-86424 Dinkelscherben, August 199...
Author: Reiner Holst
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Lauterbornia 36: 45-53, D-86424 Dinkelscherben, August 1999

Die Chironomidae (Diptera) der unteren Salzach The Chironomidae of the lower course of the River Salzach (Bavaria/Ger­ many) Susanne Michiels Mit 2 Tabellen Schlagwörter: Chironomidae, Diptera, Insecta, Salzach, Inn, Donau, Bayern, Deutschland, Puppe, Exuvie, Erstfund, Faunistik, Saprobie, Indikator Die Salzach ist der einzige große dealpine Fluß Bayerns, der noch nicht staureguliert ist. Die Chironom idenfauna der Salzach w urde 1995-1997 qualitativ und quantitativ erfaßt; es konnten 139 A rten nachgewiesen w erden. Cricotopus vierriensis G o e t g h e b u e r , Diamesa starmachii K o w n a c k i &. K o w n a c k a und Parairichocladius osellai R o s s a r o sind Erstnachweise für Bay­ ern. Außerdem fand sich ein größerer Bestand von zwei A rten der seltenen G attung Euryhapsis. Die Eignung der Fänge von Chironomidae-Exuvien für die Bestimmung der Gewässergüte wird diskutiert. In Southern Bavaria the river Salzach is the last m ain alpine river running partly in natural conditions. 1995-1997 the fauna of Chironom ids was investigated in quantity and quality; 139 species were identified. Cricotopus vierriensis G o e t g h e b u e r , Diamesa starmachii K o w n a c k i & K o w n a c k a and Parairichocladius osellai R o ssa r o could be recorded in Bavaria for the first time. Two species of the ra re genus Euryhapsis were found in a large population. The applicability of C hironom ids as indicator forthe analysis of w ater quality is discussed.

1 Einleitung Iller, Lech, Isar und Inn, die großen aus den Alpen kommenden Flüsse des bayerischen Alpenvorlands, sind heute für die Wasserkraftnutzung ausgebaut und zumeist in eine Kette von Stauhaltungen umgewandelt. Nur die Salzach ist auf 60 km ein frei fließender Fluß geblieben; dieser Zustand wird durch Kraft­ werksprojekte immer wieder in Frage gestellt. Obwohl von der Biomasse und der Artenzahl eine der wichtigsten aquatischen Gruppen, werden die Chironomidae aufgrund der schwierigen Taxonomie bei Erhebungen der Gewässerfauna meist vernachlässigt. In der Wasserwirt­ schaftlichen Rahmenuntersuchung Salzach 1995 werden die Chironomidae pau­ schal als wenig empfindliche, anpassungsfähige Arten der Fließstrecke einge­ stuft. Wie aber ausführliche Untersuchungen zur Chironomidenfauna bayerischer Seen belegen ( F it t k a u 1992, R e i f f 1994), zeigen die meisten Arten spezifische Ansprüche hinsichtlich des Gewässertyps und sind gut zur ökologi­ schen Charakterisierung ihres Habitats geeignet. Auf der Basis 3-jähriger Aufsammlungen wird ein umfassendes Bild über die Artenzusammensetzung, Phänologie und Abundanz der Chironomidae des Un­

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terlaufs der Salzach gegeben. Auf die Verwendung der Chironomidae bei der Ermittlung der Gewässergüte wird eingegangen. 2 Untersuchungsgebiet und Probennahme Die Salzach entspringt in den Kitzbühler Alpen und mündet nach 225 km in den Inn, dem größten Zufluß der Donau auf ihrer deutschen Strecke. In ihrem Un­ terlauf ab Salzburg bildet die Salzach die Staatsgrenze zwischen Österreich und Deutschland. Die Salzach hat ein alpines Regime, die Abflußspitzen fallen in den Sommer (Pegel Burghausen: Juni-Mittel 427 m3/s, Januar-Mittel 123 m3/s). Sie weist eine hohe Fließgeschwindigkeit, ein kiesiges Flußbett sowie ganzjährig niedrige Wassertemperatur auf. Das Gefälle beträgt im Unterlauf 2,66 %o. 1820 bis 1890 erfolgte eine Begradigung des ursprünglich aus vielen Teilgerinnen be­ stehenden Flußlaufs. In einigen Abschnitten, u.a. bei Burghausen, fließt der Fluß noch in seinem ursprünglichen Bett, da sich die Salzach hier steil in rißund mindeleiszeitliche Schotter einschneidet. Lediglich das Ufer ist durch Blockwurf befestigt; Schotterbänke und felsige Elemente bewirken eine Struktu­ rierung des Flußbettes ( M a n g e l s d o r f 1980). Die Salzach galt in den 70er Jah­ ren als stark verschmutzter Fluß (zum Teil Güteklasse III -IV), die Gewässergü­ te hat sich nach Angaben des Wasserwirtschaftsamts Traunstein inzwischen auf II-III verbessert. Die Standortsverhältnisse der hier bearbeiteten Probestelle bei Burghausen entsprechen weitgehend denjenigen des gesamten Unterlaufs der Salzach. 1995-1997 wurden bei Burghausen (Fluß-km 10-12) in monatlichem Abstand die an der Wasseroberfläche treibenden Puppenexuvien gesammelt. Die Proben­ entnahme erfolgte vom Ufer aus mittels eines in die Strömung gehaltenen Hand­ keschers. Mit dieser Methode konnten auch die Puppenhäute von den Arten er­ faßt werden, die nicht zugängliche Bereiche des Flußbettes besiedeln. 1995/96 erfolgte lediglich eine qualitative Auswertung, während 1997 durch Auszählen (200-400 Exuvien) auch quantitative Aussagen möglich wurden. Die Bestim­ mung und Nomenklatur stützt sich auf L a n g t o n 1991. 3 Ergebnisse und Diskussion Von den 543 in Bayern bisher festgestellten Chironomidae-Arten ( R e is s & R e i f f 1995) wurden in der Salzach 136 nachgewiesen (Tab. 1). Hinzu kommen drei Erstfunde für Bayern. Nach Art- und Individuendichte überwiegen die Orthocladinae. Dies unter­ streicht den lotischen Charakter der Salzach. Demgegenüber treten die Chironominae stark zurück, die typisch für lenitische Habitate sind. Dominierend sind Arten, die mehr oder weniger als rheophil, kaltstenotherm und polyoxybiont eingestuft werden können. Zu ihnen gehören (saprobielle Ein­ stufung nach M o o g 1995): Tvetenia calvescens (Si = 1,9), Orthocladius rivicola (Si = 1,7), Rheocricotopus effusus (Si = 1,6), Diamesa tonsa (Si = 1,7),

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Cricotopus annulator (Si = 1,9), Orthocladius ashei (Si = 1,8), O. rubicundus (Si = 1,8), und O. thienemanni (Si = 1,8) ( S c h m i d t 1993, C a s p e r s 1983). In der Salzach kommen anspruchsvolle, stenöke Flußarten der Gattung Eukiefferiella vor, so E. coerulescens (Si = 1,3), E. fuldensis (Si = 1,1), E. minor (Si = 1,2) und E. tirolensis (Si = 1,2), die die Quellregion sowie das obere Rhithral bewohnen ( L e h m a n n 1972). Es handelt sich also durchweg um Arten wenig belasteter Gewässer, wie der Saprobiewert (Si) zeigt. Auch einige potamale Arten, wie Cyphomella cornea, Paracladopelma mikiana und Polypedilum aegyptium (Si = 2,2) finden in der Salzach, wenn auch in geringer Anzahl, geeigneten Lebensraum. Micropsectra atrofasciata (Si = 2,4) ist eurytop und besiedelt Fließgewässer und Seen. Möglicherweise handelt es sich um ein Artenaggregat ( L a n g t o n 1991, M o o g 1995). Die folgenden drei Arten wurden erstmals für Bayern nachgewiesen: Cricotopus vieriensis war ein Einzelfund im September 1995. Eigene Auf­ sammlungen belegen die Art noch für die Alz. Nach S c h m i d 1993 finden sich die Larven gelegentlich in der niederösterreichischen Donau. Diamesa starmachii schlüpfte in der Salzach regelmäßig von Februar bis Mai. Nach M o o g (1995) bewohnt die Art das Rhithral unbelasteter Flüsse (Si = 1,3). Neben Paratrichocladius skirwithensis und P. rufiventris kommt in der Salzach ein dritter Exuvientyp derGattungParatrichocladius vor. Die Exuvien wurden als Paratrichocladius osellaibestimmt, einer erst 1990 von R o s s a r o be­ schriebenen Art (det. P. H. Langton, Londonderry). Nach R o s s a r o (1990) kommt die Art im Rhithral von Gewässern mit Gletscherzufluß vor. Tab. 1: Die Chironomidae der Salzach bei Burghausen. Zahlen = Relative Abundanz in der Probe in %, fett = >5 %, X = nur Präsenz 1995

0 9 .0 2 .

0 8 .0 3 .

1 2 .0 4 .

0 3 .0 5 .

0 8 .0 6 .

0 9 .0 8 .

1 3 .0 9 .

1 1 .1 0 .

1996

1997

1997

1997

1997

1997

1997

1997

1997

BUC H O N O M Y IN A E Buchonomyia thienemanni Fittk a u TA N YP O D IN A E Apsectrotanypus trifascipennis (Z e ttersteo t )

X X

X

X

Conchapelopia m elanops ( M e ig e n ) Conchapelopia pallidula ( M e ig e n ) Macropelopia nebulosa ( M e ig e n ) Nilotanypus dubius ( M eig e n ) Procladius Choreus ( M e ig e n ) Procladius cf. flavifrons (E d w a r d s ) Procladius cf.Pe 4 L a n g t o n

X X X X X

Psectrotanypus varius (F a b r ic iu s ) Rheopelopia maculipennis (Z ettersteo t )

X X

X X

0 ,1 9 0 ,2 0

X

X

X X

Rheopelopia ornala ( M eig e n )

X

Tanypus punctipennis M eigen Thienem annim yia l a e t a ( M e ig e n )

X X

Zavrelimyia signatipennis (K ie ffer ) DIAM ESINAE

X

Diam esa insignipes K ieffer

X

0 ,3 8

Diam esa starmachii K o w n a c k i & K o w n a c k a

X

0 ,3 8

Diam esa tonsa P a g ast

X

0 ,3 8

Potthastia longimanus K ieffer

X

X

X X

0 ,4 6

X

0 ,2 3 0 ,4 6

13,56

3 ,1 8 0 ,2 1

0 ,2 2

0 ,5 7

X 0 ,1 4 0 ,4 0

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1995 1996

09.02. 1997

08.03. 1997

12.04. 1997

08.06.

1997

1997

09.08. 1997

13.09. 1997

Pseudodiam esa branickii (N o w ic k i )

0 ,9 2

X

X

X

Prodiam esa olivacea ( M eig e n )

X X

Prodiam esa Pe 1 L an g to n

X

11.10. 1997 X

0,21

Potthastia g a e d il ( M eig en ) PR O D IA M E S IN A E Monodiam esa Pe 1 L an g to n Odontom esa fulva (K ieffer )

03.05.

0 ,23 1,15

X

X

X 0,64

0,22 0,22

X 0 ,2 8

X 0 ,4 0 X

2 ,1 0

o r t h o c l a d in a e

Brillia bifida (K ieffer ) Brillia flavifrons J o h a n n s e n Cardiocladius capucinus (Z ettefisteot ) Cardiocladius fuscus K ieffer Chaetocladius insolitus C aspers Chaetocladius m elaleucus ( M e ig e n ) Chaetocladius cf. perennis ( M eig e n ) Chaetocladius suecicus (K ieffer )

2 ,6 4

X

0 ,7 5 0,3 8

Corynoneura celtica Ed w a r d s Corynoneura lobata Ed w a r d s Cricotopus annulator Goetg hebuer Cricotopus bicinctus ( M eig e n )

X X X

Cricotopus curtus H ir v e n o ja Cricotopus sylvestris (F a b r ic iu s )

X X

Cricotopus tremulus (L in n e ) Cricotopus trifascia Ed w a r d s

X X

Cricotopus vierriensis G oetghebuer Cricotopus Pe 1 L an g to n

X

Eukiefferiella claripennis (L u n d b e c k ) Eukiefferiella clypeata (K ieffer ) Eukiefferiella coerulescens (K ieffer ) Eukiefferiella devonica (E d w a r d s ) Eukiefferiella cf.dittmari L e h m a n n Eukiefferiella fuldensis L e h m a n n

Orthocladius Orthocladius Orthocladius Orthocladius

fuscimanus K ieffer glabripennis Go etg h ebu er luteipes Go etg hebuer cf. maius Go etg hebuer

Orthocladius oblidens ( W a lk e r ) Orthocladius obumbratus J o h a n n s e n Orthocladius rivicola K ieffer

X X

X

X

0 ,14

X

1 0 ,1 1

5 ,7 2

X 0,43 1,51

X

1,66

X 2 ,18

X

2 ,3 5

1.78

X X

0,83 0,97

1,98 3 ,5 6

0,14

0 ,5 9

0,57 0,42

1,15

0,21 0,21

0,64 0 ,4 6

0,22

X

5 ,9 8

1 4 ,8 3

X 2 ,1 6

0,69

1,69

0,22

2 ,2 9 1,15

3,39

8 ,4 1

1 5 ,6 8

X 0 ,8 3 6 ,6 5

1.19 X

0,23 X

X

0 ,3 8

X

7 ,5 9

0 ,92

0,23

1,84

0,23 0,23

0,22 0,21 0,21

0 ,7 5

X X

1,38

7 ,0 6

2,38

0 ,28

0 ,4 0

0,42

0 ,5 9

3 ,88

1,19

X

X X X X

1,89 7,17

X X

0,7 5

2 ,3 0 1,38

0,21 0,21

1,08 X

X

X 0,22 X

1,84

X

1,38 0,23 0,92 0 ,23

0,2 0

0,43

0,46

0 ,4 6

X X X

0,21

0,22

2,12 0,85

0 ,6 5

1,48

0 ,6 5

2,12

X

6 ,9 0

0 ,1 9

X

0 ,1 9 0 ,1 9

0 ,9 6 0 ,7 6

0 ,14 9 ,7 0

1,84

4 8 ,3 0

5 ,5 3

6 ,0 4

2,30

X X

1,13

2 ,7 6

Orthocladius thienem anni K ieffer Orthocladius wetterensis B r u n d in Paracladius conversus (W a l k e r )

X X X

2 1 ,5 1

5 ,5 3

5 ,2 8

0,92

Paracricotopus niger (K ieffer ) Parakiefferiella scandica B r u n d in Parakiefferiella wuelkeri M oub a y e d

X X X

Parametriocnemus stylatus (K ieffer )

X

1,15 0,23 0,23 2,07 0,69 0,69

1 2 ,9 2

1.48 1,27 0,21 3,39

0 ,28 0 ,7 9 0 ,14 1,94

8 ,3 2

0 ,96 X 0,9 6

3,32

2 6 ,1 4

0,14

3 ,96 0 ,40

0 ,3 8 X

0 ,28 0 ,42

0 ,3 8

0 ,6 9

4,74 0,22

1,53

0 ,8 6 X 1 7 ,4 6

0,21 0 ,6 5 X

X 1 1 ,6 8

0 ,79

X

X X X X

X

0,22

1,13

Orthocladius rivulorum K ieffer Orthocladius rubicundus ( M e ig e n ) Orthocladius ruffoi R ossar o

0 ,43

1,06

X

X X X

Nanocladius rectinervis (K ie ffer ) Orthocladius ashei S o p o n is Orthocladius frigidus (Z ettersted I)

X

X

0 ,4 6

X

Eukiefferiella similis Go etg hebuer

Nanocladius bicolor (Z etterstedt )

X X X

X

X X X

X X

Heleniella ornaticollis (E d w a r d s ) Krenosmittia camptophleps (E d w a r d s ) Limnophyes sp.

0,46 0,46

X

Eukiefferiella gracei (E d w a r d s ) Eukiefferiella ilkleyensis (E d w a r d s ) Eukiefferiella cf. minor (E d w a r d s ) Eukiefferiella tirolensis Go etg hebuer Euryhapsis Pe 1 L a n g to n Euryhapsis Pe 2 L a n g to n

0 ,9 2

X X X X X X

1,19

X X

X 0,46

0,9 2

1,48

0 ,2 2

0 ,2 0

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1995 1996

09.02. 1997

00.03. 1997

12.04. 1997

03.05. 1997

08.06. 1997

09.08. 1997

13.09. 1997

11.10. 1997

0 ,4 6

Paralrichocladius osellai R o ssar o Paralrichocladius rufiventris ( M e ig e n )

X X

Paralrichocladius skirwithensis (E d w a r d s ) Paratrissocladius excerptus ( W a l k e r ) Parorlhocladius nudipennis (K ieffer ) Psectrocladius oxyura L a n g to n

X X

Pseudosmittia sp. Rheocricotopus calybeatus (E d w a r d s ) Rheocricotopus effusus ( W a l k e r ) Rheocricotopus fuscipes ( K ieffer )

X X X X

Rheosmittia spinicornis B r u n d in Rheosmittia species A C r a n s t o n & S aeth er

X X

Stilocladius montanus R o s s a r o Symbiocladius rtiithrogenae (Z a v r e l )

X

1.84 0,92

0 ,30

7,37

1.61

1,27

2 ,30

5 ,8 2

1.72

7 ,6 2

0,86

2 ,18 0 ,20

X X X X X

Synorthocladius semivirens (K ieffer )

X

Thienem annia gracilis K ieffer Thienem anniella cf. Pe 2 a L a n g to n Thienem anniella cf. Pe 2 b L a n g to n

X

Tvetenia bavarica (G o e t g h e b u e r ) Tvetenia calvescens (E d w a r d s )

X

X

X

0 ,38

Tvetenia discoloripes (G o e t g h e b u e r ) Tvetenia veralli (E d w a r d s )

X X

X X

3 6 ,8 7 5 ,9 9

2 ,9 9 0 ,6 9

0 ,2 3

3 ,1 8 0,21

2 ,80 0 ,65

0 ,57 7 ,2 7

0,21

2 ,80 0,22

4,21

0,69 0,83

2 ,1 2

0 ,43

X 0 ,38

6 ,3 9

0 ,42

0 ,43

0 ,57

X

0 ,65

0 ,19

1,11 0 ,55

0 ,20 0 ,79 0 ,20 X

2 ,38

0 ,92 3,23 5 ,0 1

1.84

7 ,5 9

2 ,5 3

X X

1 4 ,6 2

2 8 ,8 8

4 7 ,0 4

3 8 ,2 3

2 0 ,0 0

7 ,4 2

X 1,08

6,31

1,39

1,98

C H IR O N O M IN A E C H IR O N O M IN I Chironomus Chironomus Chironomus Chironomus

dorsalis M eigen lacunarius W ülker plumosus (L in n e ) Pe 17 L a n g to n

Cryptochironomus denticulatus G o e tg h e b u e r Cryptochironomus rostratus K ieffer

X X X X

0 ,40

X X

Cryptochironomus supplicans ( M e ig e n ) Cyphomella cornea S ae th e r Einfeldia pagana ( M e ig e n )

X X X

Endochironomus albipennis ( M e ig e n ) Microtendipes diffinis (E d w a r d s ) Parachironomus mauricii (K r u s e m a n )

X

Paracladopelma mikiana (G o e t g h e b u e r ) Polypedilum aegyptium K ieffer Polypedilum bicrenatum K ieffer Polypedilum convictum ( W a l k e r )

X X X X

Polypedilum cultellatum Go etg h e b u e r Polypedilum laetum ( M e ig e n )

X X

Polypedilum nubeculosum ( M e ig e n ) Polypedilum cf.pullum (Z e tterstedt ) Polypedilum sp. TAN YTA R SIN I

X

X X

Tanytarsus pallidicomis ( W a l k e r ) Tanytarsus Pe 2 2 L a n g to n Virgatanytarsus Pe 1 L a n g t o n

0,21

1.91

0,20

0,14

X

0,57 0,76

0,42

X

0,22

0,38

0 ,83

X

2,37

0,57

0 ,55

0 ,40

0,19

0,97

0 ,59

X X

X

Micropsectra atrofasciata K ieffer Micropsectra bidentata (G o e t g h e b u e r ) Micropsectra cf.recurvata (G o e t g h e b u e r ) Neozavrelia P e 1 L a n g to n

Stempellinella flavidula (E d w a r d s ) Tanytarsus brundini L in d e b e r g Tanytarsus medius R eiss & Fittkau

0,55

X

X X

curtistylus (G o e t g h e b u e r ) muscicola K ieffer pentapoda K ieffer rhenanus K u n k

X X

Cladotanytarsus vanderwulpi (E d w a r d s ) Micropsectra cf. apposita ( W a l k e r )

Rheotanytarsus Rheotanytarsus Rheotanytarsus Rheotanytarsus

X

X X

X

3 1 ,9 5

7 ,8 4

X

0 ,46 X X

X 0,22 0,19

X X X

0 ,23 X

X X X X

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Besonders bemerkenswert, auch unter dem Gesichtspunkt des Schutzwertes, sind zwei Arten der Gattung Euryhapsis O l i v e r , die als Euryhapsis Pe 1 und Pe 2 nach L a n g t o n (1991) bestimmt wurden. Während es sich beim Typus Pe 2 vermutlich um Euryhapsis subviridis ( S ie b e r t ) handelt (Langton, mündl. Mittei­ lung), ist die Artzugehörigkeit von Euryhapsis Pe 1 ungewiß. Die Exuvien wur­ den regelmäßig und in größerer Anzahl gefunden, was auf eine stabile Populati­ on schließen läßt. Auch Larven wurden vereinzelt am kiesigen Ufer gefunden. Es ist dies der bisher einzige Fundort in Bayern, an dem Arten der Gattung in einem größerem Bestand nachgewiesen wurden. In Bayern wurden bisher ledig­ lich je eine Exuvie des Types Pe 2 ( R e i f f 1994). und des Typs Pe 1 ( R e is s 1986) nachgewiesen. Weitere Funde der stammen aus Österreich ( S i e b e r t 1979, S c h m i d t 1993), Frankreich sowie der Türkei (Zool. Staatssammlung München); alle Euryhapsis-Arten sind in Mitteleuropa sehr selten. Nach dem bisherigen Kenntnisstand wurden Euryhapsis-Arten überwiegend in oder in der Nähe grö­ ßerer frei fließender Flüsse gefunden. So wies S c h m i d (1993) vereinzelt Larven in der oberen Salzach und im Alpenrhein nach, S i e b e r t (1979) fing Euryhapsis bei Kematen am Inn. Das Verbreitungsmuster der Arten läßt vermuten, daß die­ se auf gering belastete, schnell fließende größere Flüsse angewiesen sind. Die Schlupfzeit der beiden Arten dauert von Mai bis Oktober. Eine weitere seltene Art mit einem Hauptverbreitungsgebiet im westlichen Mediterrangebiet und nordwestlichen Afrika ist Parakiefferiella wuelkeri. In Bayern wurde bisher nur eine Puppenexuvie im Forgensee gesammelt ( L a n g t o n 1994). In der Salzach waren mehrmals Exuvien in den Proben enthalten. Der Chironomidenbestand der Salzach wurde mit dem von zwei benachbarten Fließgewässern verglichen, der oberen Alz ( C a s p e r s 1983, M a r g r e i t e r K o w n a c k a 1993) sowie den Laufstauseen des Inns bei Egglfing ( K o h m a n n 1982). Die Chironomidenfauna der Alz, besonders die der flußabwärts gelegenen Probestellen, weist eine gewisse Ähnlichkeit mit der Fauna der Salzach auf. Die Zahl der nachgewiesenen Arten ist aber mit rund 80 deutlich niedriger als in der Salzach. Häufige Arten wie Tvetenia calvescens, Orthocladius rivicola und Cri­ cotopus annulator finden sich auch regelmäßig in der Alz. Der Artenbestand ist aber von einer rhithralen Zönose in der Salzach zu einer mehr potamophilen Gesellschaft in der sommerwarmen Alz verschoben. Als Beispiel sei genannt das massenhafte Auftreten von Rheocricotopus effusus in der Salzach, nach M o o g (1995) eine Art des Epirhithrals, während in der Alz die Art Rheocrico­ topus calybeatus häufig ist, die vor allem im Potamal zu finden ist. K o h m a n n fand in den Innstauseen 96 Chironomidae-Arten. Allerdings lag nur eine Probestelle direkt an der Fließrinne und ist so mit den in der Salzach gewonnenen Proben vergleichbar. Da K o h m a n n viele artenreiche Gattungen wie Cricotopus und Orthocladius nur bis zu Gattung aufgeschlüsselt hat, ist ein Vergleich nur beschränkt möglich. Unter den 36 Arten, die von ihm in der Fließrinne des Inns nachgewiesen wurden, findet sich keine der typischen Rhi-

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thralarten, die in der Salzach das Artenspektrum dominieren; die Chironomidenfauna hat hier eine gänzlich andere Zusammensetzung als in der frei fließen­ den Salzach. 4 Verwendung der Chironomidae bei der Bestimmung der Gewäs­ sergüte Es wurden immer wieder Versuche unternommen, die Chironomidae als eine der wichtigsten aquatischen Gruppen zu Aussagen bezüglich der Gewässergüte heranzuziehen (z.B.: F it t k a u 1992, R e i f f 1994). In vielen Fällen erfolgte die Charakterisierung der Gewässer lediglich durch die Verteilung der Artenzahlen auf die einzelnen Unterfamilien. Dies läßt allgemeine Aussagen zum Gewässer­ typ zu, da Vertreter der Orthocladinae sich vor allem in Fließgewässern finden, Chironominae dagegen überwiegend Stillgewässer besiedeln. ( C a s p e r s 1983). In der Fauna Aquatica Austriaca ( M o o g 1995) wird erstmals für zahlreiche eu­ ropäische Chironomidae-Arten die saprobielle Valenz angegeben. Dadurch ist es möglich, für die Salzach einen Saprobiewert, basierend auf Präsenz und Abundanz der Chironomidenexuvien, zu berechnen. Tab. 2: Saprobienindex der Salzach, bezogen auf die Chironomidae-Arten, Einstufung nach M o o g (1995) Datum

0 9.0 2.9 7

0 8.0 3.9 7

12.04.97

0 3.0 5.9 7

0 8.0 6.9 7

0 9.0 8.9 7

13.09.97

11.10.97

Saprobienindex

1,72

1,78

1,99

1,82

1,76

1,77

1,87

1,85

Wie Tabelle 2 zeigt, ist der Saprobienindex der Chironomidae-Zönose im Jah­ resverlauf trotz des unterschiedlichen Artenspektrums sehr konstant, die Schwankungsbreite beträgt weniger als 0,3 Einheiten. Dies zeigt, daß schon mit geringem Aufwand und wenigen Beprobungen Informationen zur Gewässergüte zu erhalten sind, es empfiehlt sich daher, die Chironomidae verstärkt bei der Bestimmung der Gewässergüte zu berücksichtigen. Anhand der Chironomidenexuvien wird die Gewässergüte der Salzach etwas besser bewertet als im Gewässergütebericht des Wassserwirtschaftsamtes Traun­ stein von 1997; weitere Untersuchungen könntene hier zu einer Klärung beitra­ gen. 5 Ausblick Wie die vorliegende Untersuchung zeigt, weist die Salzach eine vielfältige rhithrale Chironomidenfauna auf, die eigenständige Züge trägt. Neben einer hohen Gesamtartenzahl kommen hier mehrere seltene Arten vor. Da der Fluß verlauf bei Burghausen der natürlichen Geländemorphologie folgt, kann man die hier nachgewiesenen Arten als ursprünglich für diesen Abschnitt ansehen. Wenngleich für die Salzach mit ihrem überwiegend begradigten Gewässerlauf flußmorphologische Umgestaltungen in Richtung Naturnähe wünschenswert wä­

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ren, ist bereits der derzeitige Zustand als freie Fließstrecke wertvoll und erhal­ tenswert. Diese bietet eine der letzten Möglichkeiten, die rheophile Fauna der großen dealpinen Flüsse zu studieren, die andernorts längst durch Stauregulie­ rung ihren gewässertypischen Charakter und die damit verbundene Fauna verlo­ ren haben. Weitere Untersuchungen der Salzach, die uns ein noch genaueres Bild vermitteln könnten, wären daher wünschenswert. Dank Mein Dank gilt Herrn P. H. Langton, Londonderry, für die Hilfe bei der Bestimmung schwieriger Arten und Herrn F. Reiss, Zoologische Staatssammlung München, für die kritische Durchsicht des Manuskripts. Literatur C a s p e r s , N. (1983): Die Chironomiden der oberen Alz (Diptera, Nematocera).- Nachrichtenblatt

der Bayerischen Entomologen 32: 97-108, München F ittk a u , E. J. & al (1992): Biologische Trophiindikation im Litoral von Seen.- Informationsberich­

te des Bayerischen Landesamtes für Wasserwirtschaft 7/92: 1-184, München 1992 K o h m a n n , F. (1982): Struktur, Dynamik und Diversität der benthischen Invertebratengesellschaft

des Unteren Inn.- Dissertation der Ludwig-Maximilians-Universität München, 214 pp. L a n g t o n , P. H. (1991): A key to pupal exuviae of West Palaearctic Chironomidae.- 386 pp.

(Selbstverlag) Huntingdon L angton , P. H. (1994): A redescription of Parakiefferiella Sp. D. Wülker, the Pupa of Parakiefferiella wuelkeri Moubayed (Diptera: Chironomidae), a species new to Britain.- British Journal of Entomology and Natural History 7: 11-14, London L ehmann , J. (1972): Revision der europäischen Arten (Puppen und Imagines) der Gattung Eukiefferiella, Thienemann (Diptera: Chironomidae).- Beiträge zur Entomologie 22: 347-405, Berlin M a ngelsdorf , J. , K. Scheurmann & F. H. W eiss (1980): Flußmorphologische Entwicklung der Salzach von der Saalachmündung bis zur Mündung in den Inn.- Informationsberichte des Bayerischen Landesamtes für Wasserwirtschaft 2/80: 1-35, München M argreiter -K ownacka , M. (1993): Die Makrozoobenthos-Gemeinschaften der oberen Alz.- Be­ standsaufnahme.- 36 pp., Institut für Ökometrie, Wien 1993 M oog , O. (ed.) (1995): Fauna Aquatica austriaca, Lieferung Mai 95. Wasserwirtschaftskataster, Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Wien. M o u b a y e d , J. (1994): Parakiefferiella wuelkeri N. Sp. (Diptera: Chironomidae) from Western Eu­ rope and North Africa.- British Journal of Entomology and Natural History 7: 7-10, London R e if f , N. (1994): Chironomiden (Diptera: Nematocera) oberbayerischer Seen und ihre Eignung zur Trophieindikation.- Dissertation der Ludwig-Maximilians-Universität München, 296 pp. R e iss , F. (1986): Erster Nachtrag zur Chironomidenfauna Bayerns (Diptera, Chironomidae).- Spixiana 9: 175-178, München R e iss , F. & N. R e if f (1995): Gesamtinventar der in Bayern nachgewiesenen Arten der Chironomi­ dae (Insecta, Diptera, Nematocera).- Lauterbornia 21: 85-114, Dinkelscherben Rossaro, B. (1990): Revision of the Genus Paratrichocladius Santos-Abreu. Description of 4 new Species.- Bollettino della societa entomologica italiana 122: 58-60, Genova. Sc h m id , P. E. (1993): A key to the larval Chironomidae and their instars from Austrian Danube region, streams and rivers. Part I: Diamesinae, Prodiamesinae and Orthocladinae.- Wasser Ab­ wasser Supplementband 3/93: 1-514 S., Wien S ie b e r t , M. (1979): Two new Chironomids (Diptera: Chironomidae) from Germany and Austria.Aquatic Insects 1: 165-168, Lisse

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B a y er isc h es L a n d e sa m t

für

W a sse r w ir t sc h a f t (1995): Wasserwirtschaftliche Rahmenunter­

suchung Salzach Anschrift der Verfasserin: Susanne Michiels, An der Halde 12, D-79312 Emmendingen/Windenreu­ te Manuskripteingang: 14.04.1999

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