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Die biblische Lehre von der Gottebenbildlichkeit des Menschen V o n Gottlieb S ö h n g e n , München Qui ergo v u l t discere quaerat scientiam i n fönte, scilicet i n sacra Scriptura, quia apud philosophos n o n est scientia ad dandam remissionem peccatorum: nec apud Summas magistrorum, quia i l l i ab originalibus (Sanctorum) t r a x e r u n t , originalia autem a sacra Scriptura. Unde d i c i t Augustinus (Ep. 82 c. 1 n . 3) quod ipse decipi potest et a l i i ; sed i b i est fides tanta, u t non potest esse deceptio. E t hoc dicit Dionysius de D i v i n i s Nominibus (c. 1 § 2) quod „nihil assumendum est, nisi quod ex eloquiis sacris divinitus nobis est expressum". Bonav., I n Hexaem. coli. 19,7 Die katholische Einheit von kirchlicher und biblischer Lehre Der katholische Glaube hält daran fest, daß die biblische Lehre über einen Glaubensartikel stete Gegenwart ist i n seiner Verkündigung durch die Kirche. A u c h die biblische Lehre von der Gottebenbildlichkeit des Menschen begegnet uns i n der katholischen Lehre von der Gottebenbildlichkeit des Menschen. Aus diesem k i r c h lichen Sachverhalt ergibt sich für die katholische Theologie die Weise ihres V o r gehens: sie k a n n die biblische Lehre v o n der Gottebenbildlichkeit des Menschen nicht anders entfalten, als daß sie die katholische Lehre v o n der Gottebenbildlichk e i t des Menschen darstellt; u n d sie k a n n aber auch die katholische Lehre von der Gottebenbildlichkeit des Menschen n u r so darlegen, daß sie sichtbar macht, wie sich i n der katholischen Lehre die biblische Lehre v o n der Gottebenbildlichkeit des Menschen ausdrückt. Ich beginne damit, daß ich sofort das nenne, was für die katholische Lehre v o n der Gottebenbildlichkeit des Menschen am meisten bezeichnend ist: Die geltende katholische Lehre k e n n t zweierlei Gottebenbildlichkeit i m Menschen, ein natürliches u n d ein übernatürliches Gottebenbild i m Menschen. Es scheint auch die Ansicht zu sein, i n der diese katholische Lehre sprachlich u n d sachlich abseits v o n der e n t sprechenden biblischen Lehre gegangen ist. U n d so treten w i r hier vor das G r u n d p r o b l e m der katholischen Lehre v o n der Gottebenbildlichkeit des Menschen. Erstes Hauptstück Die natürliche Gottebenbildlichkeit des Menschen und das Alte Testament Die katholische Lehre sieht die natürliche Gottebenbildlichkeit des Menschen besonders i m A l t e n Testament ausgesprochen, die übernatürliche Gottebenbildlichk e i t dagegen vor allem i m Neuen Testament. Ich werde d a r u m so vorgehen, daß ich zunächst die natürliche Grottebenibüdlichkeit des Menschen i n einigen Thesen entfalte u n d deren biblische Rechtfertigung aus dem A l t e n Testament versuche.

53 I) D e r

Mensch

ist von

Gott

nach

Dessen

Bild

und

Gleichnis

erschaffen. Der V u l g a t a t e x t v o n Gen 1,26 a lautet: et ait (Deus): Faciamus h o m i n e m ad i m a g i n e m et s i m i l i t u d i n e m nostram. W e n n w i r den hebräischen U r t e x t w o r t g e t r e u ins Deutsche übersetzen, so besagt die Stelle: „Und es sprach Gott: Laßt uns einen Menschen machen nach-Unserm B i l d w i e etwas, das Uns gleicht!" U n d Gen 1,27 fährt f o r t : E t creavit Deus h o m i n e m ad imaginem suam: ad imaginem Dei creavit i l l u m , masculum et f e m i n a m creavit eos. „Und Gott schuf den Menschen nach Seinem B i l d , nach dem B i l d e Gottes schuf E r i h n ; als M a n n u n d als Weib schuf E r sie." A u f G r u n d dieser biblischen Aussage sind w i r berechtigt zu lehren: Der Mensch ist ein gottähnliches A b b i l d seine Schöpfers. Aus dem Geist des A l t e n Testamentes g e w i n n t die Gottebenbildlichkeit des Menschen den großen Sinn: Der Mensch i s t nicht aus sich selbst z u verstehen; das Wesen des Menschen greift über i h n hinaus auf seinen Schöpfer. Es liegt nicht i m Menschen selbst beschlossen, sondern i n seiner Beziehung zu seinem Schöpfer, i n seiner Gottähnlichkeit. II) D i e B i b e l v e r s e

Gen

1,26a

L e h r e a u f das n a t ü r l i c h e

u n d 1,27

bezieht die katholische

G o t t e b e n b i l d des

Menschen.

Das sei der W o r t s i n n u n d die nächstliegende Bedeutung der beiden Verse. D e r Mensch i s t als solcher e i n Ebenbild Gottes. Ebenbild Gottes zu sein, das k o m m t der gottgeschaffenen „Natur" des Menschen zu. D a m i t sind der katholischen Theologie zwei Aufgaben gestellt, nämlich erstens die allgemeine Aufgabe, den Begriff des Bildes zu bestimmen, u n d zweitens die besondere Aufgabe, zu erklären, wieso die menschliche N a t u r i h r e m Schöpfer ähnlich sei w i e ein A b b i l d seinem Urbilde. A u f beide Fragen soll uns der maßgebendste L e h r e r der Kirche, der heilige Thomas v o n A q u i n , antworten. 1) I m a g o e s t s i m l i t u d o e x a l i o e x p r e s s a

ad i m i t a n d u m

alterius.

I n der Theologischen Summe behandelt Thomas die Gottebenbildlichkeit des Menschen i n der quaestio 93 der pars p r i m a . D o r t w i r d der Bildbegriff also b e s t i m m t : imago est s i m i l i t u d o ex alio expressa; imago enim d i c i t u r ex eo quod a g i t u r ad i m i t a t i o n e m alterius (S. theol. I 93,1). Dies erläutert der K o m m e n t a t o r i m 7. Bande der Deutschen Thomas-Ausgabe (München 1941), A d o l f Hoffmann, also (275): „Nach Thomas gehört zu einem B i l d e i m Vollsinne: 1. Ähnlichkeit, u n d zwar Artähnlichkeit oder wenigstens Ähnlichkeit i n einem untrüglichen Zeichen der A r t ( i n den die A r t eigenschaften anzeigenden Umrissen, w i e es 282 heißt); es gehört dazu 2. die U r sprungsbeziehung u n d schließlich muß 3. die Ursprungs weise so sein, daß sie v o n sich aus auf Verähnlichung abzielt." Wenn auch „Bild" eine besonders geartete Ä h n l i c h k e i t besagt, so genügt doch zu einem B i l d e „Ähnlichkeit" m i t dem U r b i l d e ; Gleichheit ist nicht erfordert. Aequalitas autem non est de ratione imaginis (S. theol. I 93,1). Der Mensch ist selbstredend ein unvollkommenes Ebenbild Gottes u n d so ein A b b i l d , das dem göttlichen U r b i l d n u r ähnlich, u n d nicht gleich ist. 2) D i e n a t ü r l i c h e

G o t t e b e n b i l d l i c h k e i t des

Menschen

besteht

i n d e r G e i s t n a t u r des M e n s c h e n . Dies drückt der k u r z e Prolog z u m Z w e i t e n T e i l der Theologischen Summe also aus: „Wie der Damaszener sagt (lib. I I Fidei orthod. cap. 12), ist der Mensch nach dem E b e n b i l d Gottes gemacht. M i t Ebenbild w i r d hier das Verstandhafte, W a h l f r e i e u n d Selbstmächtige gemeint (homo factus ad imaginem Dei dicitur, secundum quod per i m a g i n e m significatur intellectuale et a r b i t r i o l i b e r u m et per se potestativum).

54 Bisher ist v o m Vorbilde, nämlich v o n Gott, u n d v o n dem, was aus der göttlichen Macht gemäß Seinem W i l l e n hervorging, gehandelt worden. N u n b l e i b t übrig, Gottes Ebenbild zu betrachten, das heißt den Menschen, insofern auch er U r s p r u n g seiner Taten ist, da er m i t freiem W i l l e n begabt u n d seiner Taten mächtig i s t . " H i e r stehen w i r ein erstes M a l v o r der entscheidenden Frage: M i t welchem biblischen Rechte w i r d das Gesagte gelehrt? M i t welchem biblischen Rechte erblicken die katholische Kirche u n d i h r e Theologie die i m Schöpfungsbericht verkündete G o t t ebenbildlichkeit des Menschen,.in der Geistnatur des Menschen? A u c h die katholische Exegese sieht sich der Schwierigkeit gegenüber, daß der Schöpfungsbericht die T a t sache der Gottebenbildlichkeit des Menschen k l a r u n d deutlich ausspricht, über das Wie oder den I n h a l t aber schweigt oder bloße Andeutungen macht. D e r S c h r i f t oeweis k a n n deshalb höchstens m i t t e l b a r geführt werden. Beschränken w i r uns auf den Schöpfungsbericht, so läßt sich etwa folgendermaßen schlußfolgern. Nach Gen 1,26 b soll der Mensch über alle anderen Geschöpfe herrschen. Diese Aussage ergeht i m Anschluß an Gottes Aussage über die Gottebenbildlichkeit des Menschen (Gen 1,26 a). Der Mensch w i r d i n Gottes Schöpfung als Gottes B i l d hineingestellt, als B i l d des Allherrschers, das den Schöpfergott i n Seiner Herrscherwürde hienieden vertreten soll. Solches k a n n u n d t u t der Mensch aber, w e i l er die anderen Geschöpfe, insbesondere die Tiere überragt. U n d er überragt sie durch seinen Geist. Also i s t es die Geistnatur, die eigentlich die Gottebenbildlichkeit des Menschen ausmacht. Da sich der menschliche Geist i m menschlichen Körper ausdrückt, so drückt sich die Gottebenbildlichkeit des menschlichen Geistes allerdings auch i m menschlichen Körper aus, so i n seiner aufrechten Gestalt u n d seinem herrscherlichen Gange. D e n noch erblicken die Theologen folgerichtig i m Körper des Menschen k e i n „Bild", sondern bloß eine „Spur" Gottes, ein vestigium Dei. Wie Gen 1,26, so verbindet auch der 8. Psalm die Gottähnlichkeit des Menschen m i t seiner Herrscherstellung unter den andern Geschöpfen. „Betracht' ich Deinen H i m m e l , die Werke Deiner Finger, den M o n d mitsamt den Sternen, die D u schufest, / was ist da der Mensch, daß D u noch an i h n denkst? U n d was ein Menschenkind, daß D u Dich u m es sorgst? / U n d doch hast D u i h n n u r ein wenig unter Gott gestellt, hast i h n gekrönt m i t Hoheit u n d Würde ( m i t hoheits- u n d machtvollem Ansehen). / D u machtest i h n zum Herrscher über die Werke Deiner Hände, D u legtest alles unter seine Füße, / das K l e i n v i e h u n d die Rinder alle, sowie das W i l d des Feldes, / die Himmelsvögel u n d die Meeresfische u n d alles, was durchzieht die Meerespfade" (Ps 8,4—9). Gott ist der Herrscher am hohen H i m m e l u n d auf der ganzen Erde (Ps 8, 2), u n d E r herrscht auch über uns Menschen (Ps 8, 3.5). A b e r auch der Mensch ist von Gott bestellter Herrscher i n Gottes Schöpfung. D a r i n i s t der Mensch seinem Gott u n d Schöpfer ähnlich. U n d diese Gottähnlichkeit h a t i h r e n tragenden G r u n d i n der Geistnatur des Menschen, was freilich der Psalmist nicht sagt, was aber der Theologe m i t H i l f e der philosophischen V e r n u n f t erschließt. Der Hebräerbrief deutet zwar den 8. Psalm messianisch auf den Jesus, der ob Seines Todesleidens m i t H e r r lichkeit u n d Ehre gekrönt ist (Hebr 2,6—9). A b e r das ist k e i n sensus lateralis, sondern ein sensus accommodatus per extensionem specificantem. W i r werden später sehen, daß sich aus dem Neuen Testament e i n anderer u n d wirksamerer Schriftbeweis dafür erbringen läßt, daß die natürliche G o t t e b e n b i l d lichkeit des Menschen i n seiner Geistnatur wurzelt. III) D a s n a t ü r l i c h e G o t t e b e n b i l d i m M e n s c h e n i s t u n v e r l i e r b a r . Der Mensch h a t es auch nicht durch den Sündenfall verloren. D e n n auch i m Sündenstande bleibt der Mensch Gottes Geschöpf u n d ein Mensch. Gehört die natür-

55 liehe G o t t e b e n b i l d l i c h k e i t zur N a t u r des Menschen als solchen, u n d besteht sie i n der Geistnatur des Menschen, so würde i h r V e r l u s t den Verlust des wesentlichen Menschseins bedeuten, wogegen die E r f a h r u n g spricht. Diese Aussage w i e g t schwer; an i h r w i r d offenbar, w o r i n die Lehre von einer natürlichen Gottebenbildlichkeit des Menschen i h r dogmatisches Schwergewicht hat. Selbst die gefallene Menschennatur ist noch Gottes Ebenbild i n einem natürlichen Sinne u n d m i t h i n auf G o t t ausgerichtet. Was m i t d e m letzten gemeint ist, w i r d freilich erst v o n Aussagen i m Neuen Testament ganz ersichtlich. W i e d e r u m stehen w i r v o r der entscheidenden Frage: M i t welchem biblischen Rechte w i r d das Gesagte gelehrt? M i t welchem biblischen Rechte erklären k a t h o lische K i r c h e u n d katholische Theologie v o m natürlichen Gottebenbild i m Menschen, es sei u n v e r l i e r b a r u n d nicht durch die Sünde verlorengegangen? U m i n dieser Frage richtig voranzuschreiten, w i l l der Unterschied zwischen E r k e n n t n i s - u n d Seinserdnung beachtet w e r d e n . I n der Seinsordnung g i l t : G i b t es i m Menschen ein E b e n b i l d Gottes, das zur N a t u r des Menschen als solchen gehört, so k a n n es nicht v e r lorengehen. I n der Erkenntnisordnung g i l t u m g e k e h r t : G i b t es i m Menschen ein Ebenbild Gottes, das. nicht verlorengegangen ist, so muß es zur N a t u r des Menschen als solchen gehören u n d darf m i t h i n ein natürliches Ebenbild Gottes heißen. E i n natürliches E b e n b i l d Gottes ist weniger ein biblischer B e f u n d als vielmehr ein theologischer B e g r i f f , m i t H i l f e der philosophischen V e r n u n f t erschlossen. Falls j e doch die B i b e l bezeugt, daß i m Menschen etwas nicht verlorengegangen ist, das m i t seiner Gottebenbildlichkeit zu t u n hat, folgern w i r aus dieser Tatsache das Dasein eines natürlichen Gottebenbildes i m Menschen. Daß der Mensch auch Gottebenbildliches besitzt, das er nicht verloren hat, diese Tatsache läßt sich erst v o m Neuen Testament h e r sicher aufweisen; die einschlägigen Aussagen des A l t e n Testamentes sind nicht eindeutig. I m m e r h i n scheinen sie m e h r für den Nichtveräust als für den V e r lust jenes Ebenbildes z u sprechen, das i m Schöpfungsbericht (Gen. 1, 26) gemeint ist. Z u m mindesten dürfte das Ebenbild nicht völlig erloschen, w e n n auch geschwächt sein. — D e r katholische Exeget w i r d i m wesentlichen seine Ansicht bestätigt finden, w e n n er i m Theologischen Wörterbuch z u m Neuen Testament ( I I ) liest, was v o n Rad über Gottebenbildlichkeit i m A l t e n Testament sagt: „Davon, daß die Gottebenb i l d l i c h k e i t für den Menschen nunmehr v e r l o r e n sei, weiß das A T nichts. P (der Priesterkodex) legt j a gerade Wert auf die Feststellung, daß die Gottebenbildlichkeit Adams auf Seth übergegangen ist; i m m e r h i n ist das ständige A b k l i n g e n der hohen Lebensalter b e i den Urvätern (P) nichts anderes als die theologische Aussage über einen V e r f a l l der ursprünglichen Lebenskräfte des Menschen u n d seines gottgegebenen Habitus. Eben dieser V e r f a l l k a n n nach alledem, w i e w i r oben die G o t t ebenbildilichkeit gedeutet haben, nicht ohne Bezug a u f sie verstanden werden." Die Stelle über Seth l a u t e t : „Das ist die Urkunde der Geschlechterfolge Adams: Damals als Gott d e n A d a m schuf, machte Er i h n als Gottes Ebenbild. Einen M a n n u n d ein Weib schuf E r sie u n d segnete sie u n d rief i h r e n Namen Mensch, damals als sie geschaffen w u r d e n . U n d A d a m w a r hundertunddreißig Jahre alt, da zeugte er einen Sohn nach seinem B i l d w i e etwas, das i h m gleicht; u n d er rief seinen Namen Seth" (Gen 5, 1—3). Seth w i r d v o n A d a m nach d e m B i l d u n d Gleichnis Adams gezeugt, w i e A d a m selbst v o n Gott nach dem B i l d u n d Gleichnis Gottes geschaffen wurde. Das besagt doch w o h l ungezwungen: D e r erste Mensch gibt seine v o m Schöpfer empfangene Gottebenbildlichkeit an seine Nachkommen weiter. — I n der Satzung des noachitischen Bundes heißt es: „Wer Menschenblut vergißt, dessen B l u t soll w e i t e r d u r c h Menschen vergossen werden; d e n n z u m Gottesbild h a t er den M e n -

56 sehen gemacht" (Gen 9, 6). S i n n v o l l ist diese Begründung des Verbotes doch n u r , w e n n das Gottesbild noch i m Menschen vorhanden ist. D a n n besagt die Begründung: W e r d e m Leben eines iMenschen nachstellt, der vergreift sich a n einem B i l d e Gottes u n d t r i t t so Gott selbst zu nahe. Z u beachten ist auch der Zusammenhang, i n welchem dieses Verbot u n d seine Begründung erscheint. A l l e Geschöpfe s i n d v o n G o t t i n des Menschen H a n d gegeben (Gen 9, 2), ausgenommen der Mensch selbst (Gen 9, 5). Menschenleben gilt anders als Tierleben; denn der Mensch trägt Gottes Ebenbild. W i e i m Schöpfungsbericht, so steht auch i n der noachitischen Bundessatzung die Gotteibenbildlichkeit des Menschen (Gen 9, 6) ganz in der Nähe seiner Herrscherstellung (Gen 9, 1—3 u n d 9, 7). Die Herrscherstellung des Menschen aber w i r d neu ausgesprochen; sie g i l t also noch u n d soll w e i t e r gelten, m i t h i n auch die sich i n i h r kundgebende Gottebenbild'lichkeit des Menschen. A u f s neue bestätigt Gott d e m Noe u n d seinen Söhnen, daß der Mensch über die Erde u n d i h r e Pflanzen u n d Tiere w e i t e r h i n herrschen u n d solcherweise w e i t e r h i n seinem Schöpfer ähnlich u n d sein Lebensb l u t für seine Mitmenschen unantastbar sein soll. Fast ist m a n versucht, an eine k l a s sische Stelle i n Kants „Kritik der praktischen V e r n u n f t " z u e r i n n e r n : „In der ganzen Schöpfung k a n n alles, was m a n w i l l , u n d worüber m a n etwas v e r m a g , auch bloß als M i t t e l gebraucht w e r d e n ; n u r der Mensch, u n d m i t i h m jedes vernünftige Geschöpf, i s t Zweck an sich selbst" (87). Dieser Ausspruch Kants dürfte sich i n der Verlängerung u n d Vergeistigung jener biblischen L i n i e bewegen. — M i t den Aussagen des Schöpfuingsberichtes (Gen 1, 26. 27) u n d der noachitischen Bundessatzung laufen gleich die Aussagen, w i e sie b e i Sirach 17, 1—14 u n d besonders i m 8. Psalm über die G o t t ebenbildlichkeit u n d Herrscherstellung des Menschen getroffen werden. Den 8. Psalm haben w i r bereits herangezogen. Sir 17, 1—4 lautet: „Der H e r r erschafft aus Erde einen Menschen u n d w a n d e l t i h n z u r Erde wieder. Zählbare Tage, eine Frist ver-"" l i e h E r ihnen, verlieh die Herrschaft ihnen über das, was auf i h r ist, bekleidet sie m i t angemessener Stärke. Nach Seinem Bilde schuf E r sie u n d legte Furcht vor i h n e n a u f alles Fleisch, so daß sie herrschten über Tiere, über TögeL" — Wie f r e i l i c h d e r 8. Psalm die v o m Schöpfer kommende Größe u n d Gottähnlichkeit des Menschen auf dem U n t e r g r u n d seiner Nichtigkeit v o r Gott schildert, so weiß auch Jesus Sirach u m die Hinfäligkeit u n d 'Nachtseite menschlichen Daseins u n d gibt i h r beredten Ausdruck (40, 1—6): „Große Mühsal ist für jeden Menschen bestimmt, e i n schweres Joch lastet auf den A d a m s k i n d e r n v o m Tag des A u s t r i t t s aus dem M u t terschoße bis zum Tag der H e i m k e h r zu unser aller M u t t e r . I h r Denken, das Sinnen ihres Herzens u n d a l l i h r Reden bis z u m Tage ihres Todes, angefangen v o m hoch a u f d e m Throne Sitzenden bis z u m Niedrigen i n Staub u n d Asche, v o m P u r p u r - u n d Tiaraträger bis z u m M a n n i m rauhen Fell, ist nichts denn Z o r n u n d Eifersucht, Sorge u n d Schrecken, Todesfurcht, G r o l l u n d Hader; gar auf d e m Ruhelager v e r w i r r t der nächtliche Schlaf den Sinn. N u r w e n i g Ruhe, fast w i e nichts, w i r d i h m ; fortwährt das Sinnen i m Schlafe, w i e am Tage. D i e Traumgesichte schrecken i h n , w i e w e n n er aus der Schlacht entflohen." Der Mensch ist z w a r noch i m m e r Gottes E b e n b i l d ; aber solche Hoheit des Menschen geht zusammen m i t seinem a b g r u n d tiefen Elend. A u s der geraden L i n i e a l l jener alttestamentlichen Aussagen fällt heraus die Aussage i m Weisheitsbuche (2,23—25): „Zur Unvergänglichkeit (ep aphtharsia) schuf Gott den Menschen u n d machte i h n z u Seines eigenen Wesens B i l d . Doch d u r c h des Teufels Neid ist i n die Welt der Tod gekommen, u n d i h n e r f a h r e n die, welche j e n e m angehören." H i e r w i r d , w o h l nicht ohne den Einfluß griechischen Denkens, die Gottebenbildlichkeit des (Menschen i n der Unvergänglichkeit des Menschen g e -

57 sehen. Luther übersetzt geradezu: „Gott hat den Menschen geschaffen z u m , e w i g e n Leben". Und folgerichtig w i r d i n den beiden folgenden Versen der Verlust j e n e r göttlichen Gabe ausgesprochen u n d als Ursache des Verlustes der Neid des Teufels angegeben. D e r Verlust t r i f f t jedoch n u r die Sippschaft des Teufels, die Gottlosen, von denen es heißt, daß sie Gottes Geheimnisse nicht kennen u n d keine H o f f n u n g haben auf den L o h n für e i n heiliges Leben (Weish 2, 22). „'Die Seelen der Gerechten aber sind i n Gottes Hand, u n d keine Qual k a n n sie berühren . . . Denn w u r d e n sie nach Menschen Ansicht auch gezüchtigt, so w a r doch i h r e H o f f n u n g v o n U n s t e r b lichkeit erfüllt" (Weish 3, 1. 5). „Ist doch des Gottlosen E r w a r t u n g w i e die v o m Wind getragene Spreu u n d w i e ein dünner Schaum, v o m iSturm gejagt. W i e Rauch vom Winde w i r d sie verweht u n d geht vorüber w i e die Erinnerung an einen E i n tagsgast. Doch die Gerechten leben immerdar. I h r L o h n ist bei d e m H e r r n , b e i m Höchsten ihre Fürsorge" (Weish 5, 14. 15). Dreierlei w i r d i m Weisheitsbuch über die Gottebenbildlichkeit des Menschen ausgesagt: sie besteht i n der Unvergänglichkeit;. der Teufel h a t sie geraubt; die Gottlosen gehen i h r e r verlustig, während die Gerechten an i h r teilgewinnen. H i e r begegnet uns i m A l t e n Testament e i n deutlicher Hinweis auf eine Gottebenbildlichkeit, die nicht zur Natur des Menschen gehört, da diese Grottebenbildlichkeit vertan werden kann, ohne daß der Mensch aufhört, v o n Natur ein Mensch zu sein. Diese Gottebenbüdlichkeit ist nicht gottgeschaffene N a t u r , sondern gottgeschenkte Gabe, die zur menschlichen N a t u r h i n z u k o m m t als etwas, das nicht i n der N a t u r als solcher angelegt u n d angefordert ist.. IV) D e r c h r i s t l i c h e T h e o l o g e vermag die natürliche Gottebenbildlichkeit immer erst von der übernatürlichen Gottebenbüdlichkeit her e i n s i c h t i g zu machen, u n d niemals u m gekehrt die übernatürliche Gottebenbildlichkeit von der natürlichen G o t t e b e n b i l d lichkeit her. D e n n die übernatürliche Gottebenlbildlichkeit i s t i n der natürlichen Gottebenbildlichkeit weder angelegt noch angefordert. U n d es g i b t i n der H e i l s o r d nung, wie sie i h r Urheber n u n einmal v e r w i r k l i c h t hat, z u keiner Zeit eine i n sich vollendete u n d aus sich verstehbare natürliche Gottebenbildlichkeit. Das heißt w e i terhin: Die Aussagen des A l t e n Testamentes lassen sich k l a r u n d deutlich machen en§t von den Aussagen des Neuen Testamentes her. Auch b e i der L o h r e v o n der Gottebenbildlichkeit des Menschen g i l t : I n veteri Testamento n o v u m latet, et i n novo vetus patet, w i e A u g u s t i n sagt (Quaest. i n Heptat. I I q. 73). Damit sind w i r a n d i e Stelle gekommen, da w i r uns d e m Neuen Testament u n d der übernatürlichen Gottebenbüdlichkeit des Menschen zuwenden müssen. D e n n die Gottebenbüdlichkeit des Menschen, von der i m Neuen Testament die ausdrückliche Rede geht, i s t die Gottebenbildlichkeit, die v o n der katholischen K i r c h e u n d Theologie als übernatürlich bezeichnet w i r d . I n w i e f e r n auch das Neue Testament Licht fallen läßt v o n der übernatürlichen Gottebenbildlichkeit auf die natürliche Gottebenbildlichkeit, w i r d einen weiteren, d r i t t e n Gegenstand unserer Untersuchung bilden. Zweites Hauptstück Das Neue Testament und die übernatürliche Gottebenbildlichkeit des Menschen Die Aussagen des Neuen Testamentes über die Gottebenbildlichkeit des schen lassen sich i n d r e i Hauptgedanken ordnen.

Men-

58 I) A n «cler S p i t z e m u ß d e r S a t z s t e h e n : C h r i s t u s bild Gottes. D e n n alle neutestamentliche, christliche Aussage Aussage über Christus oder v o n Christus her.

i s t das

Eben-

über d e n Menschen ist eine

Was heißt es n u n , daß i m Neuen Testament Christus u n d zuerst Christus das Ebenbild Gottes genannt w i r d ? Das Neue Testament t r i f f t darüber folgende B e stimmungen. 1) J e s u s C h r i s t u s w a r u n d i s t i n G o t t e s G - e s t a l t (en morphae theou); u n d es i s t k e i n Beuteanspruch des Räubers, w e n n E r beansprucht, zu sein w i e Gott (to einai isa theo). Denn wäre Sein Gottgleichsein d e r A n s p r u c h eines Gottes>räubers, dann würde E r auch die Beute w i e ein Räuber gierig festhalten u n d sich i h r e r nicht entäußern, w i e E r es aber t a t , da E r Knechtsgestalt annahm u n d den Menschen gleich w a r d (Phil 2,6.7). I n dieser großen Aussage des Philipperbriefes w i r d z w a r Christus nicht ausdrücklich Ebenbild Gottes (eikon t o u theou) genannt, w i e es 2 K o r 4,4 ' u n d K o l 1,15 geschieht; aber die Sache selbst, d i e m i t Ebenbild Gottes gemeint ist, w i r d so stark w i e n u r möglich ausgesprochen. Statt en morphae theou könnte es, durchaus paulinisch, en doxae theou heißen: „In Gottes Gestalt sein" u n d „in Gottes Herrlichkeit sein" sind vertauschbare Begriffe; denn Herrlichkeit ist die Gestalt Gottes, diese ist Herrlichkeitsgestalt. U n d so s t i m m t z u der Aussage i m P h i l i p p e r b r i e f die Aussage i m Hebräerbrief (1,3) über den Sohn Gottes, daß Er A b s t r a h l Seiner Herrlichkeit u n d Abdruck Seines Wesens ist (hos on apaugasma taes doxaes k a i charaktaer taes hypostaseos autou). I m Begriffsfeld des Ausdrucks eikon ist doxa einer der nächstliegendsten Ausdrücke. 2) I n d e r a n g e f ü h r t e n S t e l l e a u s d e m H e b r ä e r b r i e f (1,3) wird die Gottebenbildlichkeit von dem ausgesagt, welcher der Sohn ist. D e n „Erstgeborenen" führt der Vater i n die Welt e i n (1,6), w i e i m Morgenland der neue König i n seine göttliche Würde u n d Herrschaft eingesetzt u n d auf den T h r o n erhoben w u r d e u n d die Anbetung seiner Diener entgegennahm. D e r „Sohn" aber ist der, welchen Gott z u m Erben über alles gesetzt, d u r c h den E r auch die Welten geschaffen h a t (1,2) u n d der das W e l t a l l trägt d u r c h sein mächtiges W o r t (1,3). Das berechtigt uns, die Gottessohnschaft für eine Inhaltsbestimmung der Gottesebenbildlichkeit des Christus zu halten. Der, welcher Sohn Gottes ist, ist Ebenbild Gottes, A b s t r a h l Seiner Herrlichkeit u n d Abdruck Seines Wesens. De> Sohn ist hocherhoben über die Engel, w i e Sein Name, den Er als E r b t e i l erhielt, den ihrigen überragt (1,4). Während die Engel v o r Gott „stehen", „sitzt" der Sohn Gottes zur Rechten der Majestät i n den Höhen (1,3). U n d der Sohn i s t w i e G o t t ewig; H i m m e l u n d Erde werden vergehen u n d altern w i e e i n K l e i d ; E r aber bleibt derselbe u n d Seine Jahre hören nicht auf (1,10-12). Der „Sohn" i s t also Gott gleich. D a r u m deutet der Hebräerbrief auch den Psalm 8 messianisch auf Christus den Sohn (Hebr 2,6-9), j e n e n Psalm, der v o n der Gottähnlichkeit des Menschen kündet i m Sinne der Schöpfungsaussage über die Gottebenbüdlichkeit des Menschen i n Gen 1.26.27. D e r P s a l m 8 ist uns begegnet als das L i e d auf die Gottebenbüdlichkeit des Menschen. D e m Sohne Gottes gebührt die Herrschaft über das A l l u n d der Sieg über Tod u n d Teufel, insbesondere k o m m t I h m das Hohepriestertum u n t e r den v o n I h m erlösten Brüdern zu (Hebr 2,5-18). U n d ob dieser Herrschaft u n d H e r r l i c h k e i t ist der Sohn das Ebenbild Gottes, w i e auch der 8. Psalm die Gottähnlichkeit des Menschen als dessen HerrschersteUung unter den anderen Geschöpfen beschreibt.

59 M i t dem Hebräerbrief treffen «sich i n dieser Sache die Briefe an die Kolosser u n d an die Römer. A u c h der Kolosserbrief sagt v o n dem, welcher der „geliebte Sohn" heißt (1,15), aus: „Er i s t das Ebenbild des unsichtbaren Gottes, der E r s t geborene der Schöpfung" — hos estin eikon t o u theou t o u aoratou, prototokos pasaes ktiseos (1,15). [Die E r s t g e b u r t v e r l e i h t aber das Anrecht auf die Herrschaft i m Königshaus u n d Königtum. D e r Römerbrief (8,29) spricht d a r u m v o n Christus als dem „Erstgeborenen u n t e r vielen Brüdern", nämlich unter denen, die G o t t v o r h e r bestimmt hat, daß sie gleichgestaltet w e r d e n Gottes Bilde, das der Sohn Gottes ist (proorisen symmorphous taes e i k o n o s t o u autou, eis to einai auton prototokon en pollois adelphois). So begnen uns auch h i e r die Sohnschaft u n d i h r Herrschaftsrecht als I n h a l t s bestimmung der Gottebenbildlichkeit des Christus. E r ist der A n f a n g , der E r s t geborene aus den Toten, d a m i t E r i n allem den V o r r a n g habe. D e n n es hat Gott gefallen, die ganze Fülle i n I h m wohnen zu lassen u n d durch I h n alles m i t Sich z u versöhnen, i n d e m E r F r i e d e n stiftete. durch das B l u t Seines Kreuzes — durch I h n zu befrieden alles auf Erden u n d i m H i m m e l (1,16-20). „In I h m w o h n t die ganze Fülle der 'Gottheit sozusagen leibhaftig" (2,9). 3) I n a l l d e m , w a s w i r n a m e n t l i c h a u s d e m K o l o s s e r b r i e f ü b e r Christus gehört haben, erscheint Christus als der neue, h i m m l i s c h e A d a m , der i m Auferstehungskapitel des Ersten Korintherbriefes (15,45-49) d e m ersten, irdischen A d a m gegenübergestellt w i r d . Wie aber der erste A d a m ursprünglich nach Gottes B i l d geschaffen u n d in-« die Herrlichkeit des paradiesischen Daseins versetzt w a r , bis er durch seine Sünde die paradiesische Gottähnlichkeit v e r l o r , so steht der zweite A d a m , Christus, wieder da als der ursprüngliche Mensch u n d noch v i e l herrlicher als dieser; denn i n Christus w o h n t die ganze Fülle der Gottebenbüdlichkeit leibhaftig — so dürfen w i r das Sätzlein des Kolosserbriefes sinngemäß abwandeln. „Es w a r d der erste Mensch, A d a m , (bloß) z u m lebenden Seelwesen (Gen 2,7), der letzte A d a m (aber) z u m lebenschaffenden Geist", w i e es 1 K o r 15,45 heißt. D e r neue Mensch, Christus, i s t Geistmensch; u n d so trägt E r das B i l d des Geistgottes. Auch i m Epheserbrief w i r d Christus ausdrücklich der neue Mensch (kainos anthropos) genannt (2,15). Der neue Mensch ist aber nach Eph 4,24 u n d K o l 3,10 der Mensch, der nach Gott geschaffen ist oder nach dem Bilde seines Schöpfers erneuert w i r d . Freilich k a n n i n beiden Stellen der „neue Mensch", den anzuziehen d e r Apostel uns mahnt, schwerlich einfach als Christus gedeutet werden, da i n diesem Falle der Apostel v o n Christus das Geschaffensein aussagen würde, w e n n auch eine durchaus mittelbare Beziehung auf Christus nicht auszuschließen i s t u n d aus der Fortsetzung v o n K o l 3,10 i n Vers 11 nahegelegt w i r d , der i n den N a m e n Christus ausklingt. Das i s t aber auch für unseren jetzigen Gedankengang nicht nötig. Es gelten die beiden biblischen Aussagen: Christus ist der neue Mensch; der neue Mensch ist e i n Mensch nach dem Bilde Gottes. Daraus folgt: Christus ist auch als der neue Mensch das Ebenbild Gottes. 4) W e i l so

Christus

ist Er auch

im

besagten

Vollsinne

schlechthin der

Gottes

Offenbarer

Ebenbild ist,

Gottes.

Der Ausdruck „Gottes Ebenbild", v o n Christus ausgesagt, liegt i m Begriffsfeld des sich offenbarenden Gottes. I m Hebräerbrief schließt sich die Aussage über die GottebenbildHchkeit des „Sohnes" u n m i t t e l b a r a n die Aussage über die Gottesoffenbarung i m „Sohne" ah. „Vielmals u n d vielfacherweise h a t vor Zeiten der Gott zu den Vätern geredet i n d e n Propheten, jetzt a m Ende der Tage redete E r zu uns i n einem, der Sohn ist. I h n h a t E r z u m Erben des A l s eingesetzt, w i e Er auch durch I h n

60 die W e l t geschaffen hat. E r ist der A b s t r a h l Seiner Herrlichkeit u n d der A b d r u c k Seines Wesens" (1,1-3). U n d i m Kolosserbrief (1,15) d a r f u n d muß die über Christus ausgesagte eikon tou theou, tou aoratou verstanden werden als visibilis imago De'% invisibilis: Christus ist sichtbares B i l d des unsichtbaren Gottes. Eikon d a r f h i e r geradezu m i t V e r b i l d l i c h u n g " wiedergegeben werden: I n Christus verbildlicht sich für uns der unbildliche, unsichtbare Gott. Christus ist nicht bloßer Bote einer a n I h n ergangenen Offenbarung Gottes, sondern E r u n d E r allein ist Selber O f f e n b a r u n g 'Gottes. Gott offenbart sich, heißt bei Paulus u n d Johannes: Gott macht Sein B i l d sichtbar, das auf d e m A n t l i t z Seines Sohnes leuchtet. Dieses offenbarende A m t der Gottebenbüdlichkeit Christi hat seinen locus classicus i n 2 K o r 4,3-6. Die Verse l a u t e n : „Wenn indes w i r k l i c h unsere Heilsverkündigung verhüllt ist, so ist sie n u r b e i denen verhüllt, die verlorengehen, bei den Ungläubigen, deren Sinn der G o t t dieser W e l t verblendet hat, d a m i t ihnen nicht erstrahle der Lichtglanz der F r o h botschaft von der Herrlichkeit des Christus, der das Ebenbild Gottes ist. Denn nicht uns selbst verkünden w i r , sondern Christus Jesus als den H e r r n , uns aber als eure Diener u m Jesu w i l l e n . D e n n der Gott, der sprach: Aus Finsternis scheine hell Licht, E r h a t i n unseren Herzen h e l l Licht scheinen lassen, d a m i t strahlend aufgehe die Erkenntnis der Herrlichkeit des Gottes auf dem Antlitze Christi." Wenn w i r also Christus sehen, dann sehen w i r das B i l d Gottes u n d i n d e m B i l d Gottes den Gott selbst. I n diesem Zeugnis reicht der Apostel Johannes dem Apostel Paulus die H a n d . D i e gewaltige Aussage, die Jesus v o n Sich selbst macht, lautet i m Johannesevangelium (14,6-10): „Ich b i n der Weg, die W a h r h e i t u n d das Leben. Niemand k o m m t z u m Vater als durch Mich. Hättet i h r M i c h erkannt, so würdet i h r auch M e i n e n Vater kennen. V o n n u n a n werdet i h r I h n kennen, u n d i h r habt I h n gesehen. D a r a u f sprach Philippus: H e r r , zeige uns den Vater, u n d es genügt uns. Jesus e r w i d e r t e i h m : so lange b i n Ich b e i euch, u n d d u kennst Mich noch nicht? Philippus, w e r M i c h gesehen hat, h a t auch den Vater gesehen (vgl. 12,45). Wie k a n n s t d u da sagen: Zeige uns den Vater? Glaubst d u nicht, daß Ich i m Vater b i n u n d der V a t e r i n (Mir ist? D i e Worte, die Ich zu euch rede, rede Ich nicht v o n M i r selbst; u n d die Werke w i r k t der V a t e r selbst, der i n M i r bleibt. Glaubet M i r , daß I c h i m V a t e r b i n u n d der Vater i n M i r ist. Wenn nicht, dann glaubet doch u m der W e r k e selbst wülen." „Gott hat keiner jemals geschaut; der Eingeborene, (der) Gott (ist), der i m Schöße des Vaters ist, E r brachte die Offenbarung (ekeinos exaegaesato)." W i r t u n diesem Schlußsatz des Prologs zum Johannesevangelium (1,18) keine Gewalt an, w e n n w i r i h n von Paulus her lesen: Gott hat keiner jemals geschaut; der E i n geborene, Gottes Ebenbild, der i m Schöße des Vaters ist, E r brachte die Offenbarung. Bereits bei den Synoptikern Matthäus (11,27) u n d L u k a s (10,22) bezeugt Jesus v o n sich: „Niemand k e n n t den Sohn als der Vater; u n d auch den Vater kennt niemand als der Sohn, u n d w e m es der Sohn offenbaren w i l l . " D i e neutestamentliche eikon ist m i t h i n , was w o h l zu beachten ist, eindeutig ein B e g r i f f der Offenbarungsgeschichte. Mögen die Ausdrücke, w i e apaugasma u n d charaktaer i m Hebräerbrief, aus der hellenistischen U m w e l t entlehnt sein, so geht es dennoch b e i m neutestamentlichen B i l d b e g r i f f nicht u m ein philosophisches Verständnis des Menschenwesens, nicht einmal u m die metaphysische Wesenheit des Gottmenschen, sondern u m das heilsgeschichtliche Handeln des sich offenbarenden Gottes. I m m e r erst v o n der heilsgeschichtlichen Bedeutung eines solchen Begriffs wie eikon k a n n seine metaphysische Gewichtsfülle theologisch angegangen werden. Eikon i s t E r scheinung oder Offenbarung Gottes u n d Seiner Macht, die i n die 'Geschichte h i n e i n w i r k t u n d m i t t e n i n i h r eine Geschichte v o n Gott her, nämlich Heilsgeschichte macht..

61 Eikon ist allererst ein K r a f t - u n d Tatbegriff, k e i n Wesensbegriiff. Die eikon west d a r i n , daß sie ihre Macht erweist, das heißt die Macht u n d H e r r l i c h k e i t Gottes o f f e n bart. I n der ostkirchlichen Verehrung u n d Auffassung der Ikone, der Christusikone u n d der Heiligenikonen, ist etwas lebendig geblieben v o m biblischen B i l d b e g r i f f . Der Bilderstreit bewegte die ostkirchliche Frömmigkeit u n d Glaubenswissenschaft so tief, w e i l er e i n IStreit u m die Offenbarung selbst w a r , u m i h r e f o r t w i r k e n d e Gegenwärtigkeit. Aus den Ikonen Christi u n d Seiner Heiligen strahlt d e m Ostchristen noch i m m e r entgegen der Lichtglanz der Offenbarung der Herrlichkeit Gottes a u f d e m A n t l i t z Christi u n d Seiner Heiligen. Ebenbild Gottes, v o n Christus ausgesagt, b e t r i f f t also nicht n u r das Verhältnis des Sohnes zum Vater, sondern ebensosehr das Verhältnis des Sohnes u n d i n I h m des Vaters zu uns Menschen. D a m i t stehen w i r v o r d e m zweiten Hauptsatz, i n welchem darzulegen ist, was die Gottebenbüdlichkeit Christi für die Gottebenbüdlichkeit des Menschen, zumal des Christenmenschen bedeutet. II) D a d u r c h u n d a l l e i n d a d u r c h , d a ß w i r g l e i c h g e s t a l t e t w e r den Christus, dem Ebenbild Gottes, werden w i r ein neuer Mensch, der nach dem B i l d e Gottes neugeschaffen ist. Belegt ist dieser grundlegende Sachverhalt durch R o m 8,29 u n d 2 K o r 3,18 i n V e r b i n d u n g m i t K o l 3,10 u n d Eph 4,24. I n i h r e m nächsten Zusammenhang lauten die Stellen: Rom 8,28-30: „Wir wissen aber, daß denen, die G o t t lieben, alle Dinge z u m Guten gereichen, denen die nach der Vorherbestimmung berufen sind. D e n n die E r sich z u m voraus ersah, die hat E r auch vorherbestimmt, daß sie gleichgestaltet d e m Bilde Seines Sohne werden (symmorphous taes eikonos t o u h y i o u autou), d a m i t dieser der Erstgeborene unter vielen Brüdern sei. D i e E r aber v o r h e r b e s t i m m t h a t , die h a t E r auch berufen; u n d die E r berufen hat, die h a t E r auch gerechtfertigt; die E r aber gerechtfertigt hat, die h a t E r auch verherrlicht." 2 K o r 3,18: „Wir alle aber schauen w i e i m Spiegel m i t unverhülltem A n t l i t z die H e r r l i c h k e i t des H e r r n u n d werden i n dasselbe B i l d umgestaltet v o n H e r r l i c h k e i t z u H e r r l i c h k e i t , w i e es v o m H e r r n , welcher der (Geist ist, geschieht" (. . . pantes anakekalyrnmeno prosopo taen doxan k y r i o u katoptrizomenoi taen autaen eikona metamorphoumetha apo doxaes eis doxan, kathaper apo k y r i o u pneumatos). Was b e reits aus diesem Verse 3,18 sich versteht, w i r d durch die b a l d folgenden Verse 4,4—6 vollends gesichert: Das Herrlichkeitsbüd, i n das w i r schauen w i e i n den k l a r e n Spiegel eines reinen Antlitzes u n d i n das w i r umgestaltet werden, ist Christus. E r ist, w i e 4,4 sagt, das Ebenbild Gottes. U n d i n d e m Spiegelbild, das Christus i n Seiner H e r r l i c h k e i t ist, auf d e m A n t l i t z e C h r i s t i erstrahlt uns die Erkenntnis der H e r r l i c h k e i t Gottes, w i e 4,6 die ^Gedanken v o n 3,18 u n d 4,4 ausgipfeln läßt. K o l 3,9-11: „Ziehet aus den alten Menschen samt dem, was er treibt. Ziehet an d e n neuen Menschen, der z u (rechter) Erkenntnis erneuert w i r d , nach d e m Büde dessen, der i h n (den neuen Menschen) geschaffen hat (endysamenoi t o n neon [ a n t h r o pon] t o n anakainoumenon eis epignosin k a t ' eikona t o u ktisantos auton). D a ( i m Stand des neuen Menschen) gilt nicht m e h r Grieche u n d Jude, Beschneidung u n d ' V o r haut, B a r b a r u n d Szythe, Sklave u n d Freier, sondern alles u n d i n aüem ist Christus." Eph 4, 22-24: „Legt ab samt seinem früheren Lebenswandel den alten Menschen, der zugrunde gerichtet w i r d i n seinen trügerischen Begierden. Erneuert euch v i e l m e h r i n eurer geistig seienden Gesinnung u n d ziehet a n den neuen Menschen, der nach G o t t geschaffen ist i n w a h r e r Gerechtigkeit u n d H e i l i g k e i t " (endysasthai t o n

62 kainon anthropon t o n kata theon ktisthenta en dikaeosynae k a i hosiotaeti taes alaetheias). Die wahre, das heißt gottgemäße u n d gottgeschaffene Gerechtigkeit u n d Heiligkeit erscheint i n dieser Briefstelle als die gottähnliche „Gestalt" des neuen Menschen. Der Epheser- u n d der Kolosserbrief bezeichnen z w a r das Gottesbild, nach d e m der neue Mensch neugeschaffen w i r d , nicht als den Christus. D e r Epheserbrief sagt denn auch nicht, der neue Mensch sei nach Christus, sondern er sei nach Gott geschaffen (4,24). A b e r beide Briefe lassen keinen Z w e i f e l darüber, daß w i r n u r d a n n nach Gott, w e n n w i r nach Christus gebildet sind. Nach d e m Epheserbrief ist d e r Mensch ohne Christus auch der Mensch ohne Gott (2,12), u n d so ist er eben der alte Mensch; der neue Mensch, der nach Gott gebildete Mensch i s t auch der m i t Christus lebendig gemachte Mensch (2,4). „Gottes Gebilde sind w i r , geschaffen i n Christus Jesus zu guten Werken^ die G o t t i m voraus bereitet hat, d a m i t w i r i n ihnen w a n deln." Dieser Vers 2,10 steht i n nächster Verwandtschaft m i t den Versen Eph 4,24 u n d K o l 3,10, die uns mahnen, daß w i r den neuen, nach G o t t u n d v o n Gott gebildeten Menschen anziehen sollen. U n d der Kolosserbrief läßt uns i n Christus an jener Fülle der Gottheit teilnehmen, die i n Christus ganz u n d sozusagen leibhaftig wohnt. W i r dürfen also Eph 4,24 u n d K o l 3,10 deuten: Ziehet an den neuen M e n schen, der nach Christus u n d so nach Gott geschaffen ist. M i t R o m 8,4 u n d 9 können w i r dies auch so ausdrücken: Das neue Leben des neuen Menschen ist ein Wandel nach dem Geist; der Geist ist aber der Geist Gottes so g u t w i e der Geist Christi. Der neue Mensch ist der Geistesimensch; denn i n i h m w o h n t der Geist Gottes, u n d er h a t den Geist Christi. Heben w i r die wichtigsten M e r k m a l e hervor, die sich über unsere neue G o t t ebenbüdlichkeit gewinnen lassen aus den Paiulustexten! 1) D i e G o t t e b e n b i l d l i c h k e i t d e s Christus ebenbildlichkeit.

neuen

Menschen

ist

seine

Daraus folgt: Was den I n h a l t der Gottebenbildlichskeit des Christus ausmacht, das läßt sich auf die Gottebenbüdlichkeit des Christenmenschen übertragen, w e n n auch i m durchaus abgeleiteten Sinne. Christus ist der Söhn Gottes; auch w i r sind Söhne Gottes, z w a r nicht von Natur, aber durch Gnade, das heißt durch die A n n a h m e an Sohnesstatt. Christus der Sohn i s t der Erbe; auch w i r die Gottessöhne sind Erben Gottes u n d M i t e r b e n Christi unseres Bruders. Christus ist erhöht u n d verherrlicht; auch w i r werden m i t Christus verherrlicht werden. Christus herrscht; auch w i r werden m i t Christus herrschen. 1

R o m 8,14-17: „Alle, die v o m Geiste Gottes getrieben w e r d e n , diese sind Söhne Gottes (hyioi theou). Denn i h r habt nicht den Geist der Knechtschaft empfangen, u m euch wieder zu fürchten, sondern' i h r habt empfangen den Geist der Annahme an Sohnesstatt (pneuma hyiothaesias), i n welchem w i r r u f e n : A b b a , Vater! Der Geist selbst g i b t Zeugnis zusammen m i t unserem Geiste, daß w i r K i n d e r Gottes (tekna theou) sind. W e n n aber K i n d e r , dann auch Erben: Erben Gottes u n d M i t e r b e n Christi (synklaeronomoi Christou), w e n n w i r nämlich m i t Christus leiden, u m m i t i h m v e r herrlicht zu w e r d e n " (hina k a i syndoxastomen). „Die G o t t v o r h e r b e s t i m m t hat, daß sie gleichgestaltet d e m Büde Seines Sohnes w e r d e n . . . die hat E r aus berufen u n d gerechtfertigt u n d v e r r h e r r l i c h t " (Rom 8,29.30). Wie die ganze Schöpfung seufzt u n d i n Geburtswehen liegt bis jetzt, so seufzen auch w i r jener Erlösung entgegen, i n der w i r befreit werden von der Knechtschaft des Verderbens h i n zur F r e i h e i t der H e r r l i c h k e i t der K i n d e r Gottes" (Rom 8,21-23). „Wenn durch die Sünde des E i n e n der Tod herrschte

63 durch den Einen, w e r d e n u m vieles mehr die, welche die Fülle der Gnade u n d der Rechtfertigungsgabe empfangen, i m Leben herrschen (basileusousin) durch den Einen, Jesus Christus" (Rom 5,17; v g l . auch A p k 20,4.6). Z Rom 8,14—17 findet sich i m Galaterbrief die gleichlautende Stelle 4,4-7: „Als die Fülle der Zeit gekommen w a r , sandte der Gott Seinen Sohn, den v o m Weibe Geborenen u n d unter das Gesetz Gestellten, d a m i t E r d i e u n t e r d e m Gesetze Stehenden erlöse u n d d a m i t w i r die Annahme a n Sohnesstatt empfingen. W e i l i h r n u n Söhne seid, sandte der Gott den Geist Seines Sohnes i n unsere Herzen, der da r u f t : Abba, Vater! Also bist d u nicht mehr Knecht, sondern Sohn, dann aber auch Erbe durch Gott." 2) D i e C h r i s t u s - u n d G o t t e b e n b ü d l i c h k e i t d e s n e u e n M e n s c h e n h a t d e n G r u n d i h r e s S e i n s u n d T u n s i m B e s i t z des H e i l i g e n G e i s t e s ; denn dieser ist der Geist Gottes u n d der Geist Christi. Wenn die k a t h o lische Lehre die natürliche Gottebenbüdlichkeit des Menschen i n seiner Geistnatur bestehen läßt, so e r b l i c k t dieselbe katholische L e h r e m i t d e m Neuen Testament die übernatürliche Gottebenbüdlichkeit des neuen Menschen d a r i n , daß i n i h m der Heilige Geist w o h n t u n d w i r k t . Der Mensch ist ein Geistwesen w i e Gott u n d solcherart gottähnlich; und' das ist er i n der Schöpfungsordnung durch den geschaffenen 'Menschengeist u n d dessen Anlagen u n d Kräfte u n d i n der Erlösungsordnung d u r c h den ungeschaffenen Gottesgeist u n d dessen Gnaden u n d Gaben. Die neutestamentlichen Belege finden sich v o r allem i n den bereits angeführten Paulustexten Rom 8,14-17 u n d Gal4,4-7 i n V e r b i n d u n g m i t R o m 8, 8-11. H i e r heißt es: „Die i h r Sein i m Fleische haben, können Gott nicht gefallen. I h r aber habt euer .Sein nicht i m Fleische, sondern i m Geiste, w e n n anders Gottes 'Geist i n euch w o h n t — u n d w e r C h r i s t i Geist nicht hat, der i s t nicht Sein eigen. Ist hingegen Christus i n euch, so i s t z w a r der L e i b dem Tode v e r f a l l e n wegen der Sünde, der Geist aber i s t Leben wegen der Gerechtigkeit. U n d w e n n der Geist dessen, der den Jesus von den Toten auferweckt hat, i n euch w o h n t , so w i r d Er, der Christus Jesus von den Toten auferweckt hat, auch eure sterblichen Leiber lebendig machen durch Seinen Geist, der i n euch w o h n t . " Dreierlei w i r d hier über den „Geist" gesagt: Der 'Geist Gottes w o h n t i n u n s ; der i n uns wohnende 'Geist Gottes i s t auch d e r Geist Chri§ti, d§Xi w i r haben, so daß w i r Christus angehören; der i n uns wohnende Geist Gottes u n d C h r i s t i ist das Leben unseres 'Geistes, durch das w i r gerecht sind u n d Gott Wohlgefallen, u n d E r w i r d auch unseren sterblichen L e i b wieder lebendig machen. U n d das steht i n jenem 8. Hauptstück, das i m Vers 29 davon spricht, daß 'Gott uns für die Gleichgestaltung m i t dem B i l d e Seines Sohnes vorherbestimmt hat. 3) D i e G o t t e b e n b ü d l i c h k e i t des neuen Menschen verwirkl i c h t sich i n seiner E r k e n n t n i s u n d Liebe Gottes, die u n s d u r c h den H e i l i g e n Geist mitgegeben ist. E r k e n n t n i s u n d Liebe sind hier i m biblischen B e g r i f f zu nehmen. U n d so ist zu beachten, daß beide u n t r e n n b a r zusammengehören. — D i e w a h r e Erkenntnis Gottes ist nicht ohne l i e b e Gottes. G o t t recht erkennen, heißt i n biblischer Sicht zugleich: Gott i n W o r t u n d T a t anerkennen, I h n verehren u n d I h m danken (Rom 1,21). Die Wahrheit, die aus G o t t ist, w i r d n u r so erkannt, daß sie getan w i r d . „Wer Böses t r e i b t , haßt das L i c h t u n d k o m m t nicht an das L i c h t . . .; w e r aber die Wahrheit t u t , k o m m t an das L i c h t . . ." (Jo 3,20.21). D e n n E r k e n n t n i s Gottes u n d Seiner Wahrheit ist E r k e n n t n i s des W i l l e n s (Gottes, u n d zwar solche Erkenntnis, die den W i l l e n Gottes anerkennt u n d geschehen läßt. — U n d die Liebe Gottes* ist nicht ohne Erkenntnis Gottes. D i e Liebe Gottes streckt sich aus nach der Schau Gottes; vollendet sich die l i e b e Gottes, so geht sie i n die Schau Gottes über, i n die schauende Liebe u n d i n

64 die liebende Schau (1 K o r 13,8-13). „Die Liebe ist aus Gott, u n d jeder, der liebt, ist aus Gott geboren u n d erkennt Gott. Wer nicht liebt, k e n n t Gott nicht; denn Gott ist Liebe" (1 Jo 4,7.8). U n t e r Liebe Gottes verstehen w i r , vor allem m i t Paulus u n d Johannes, die Liebe, die uns Gott i n seinem Sohne erzeigt hat (1 Jo 4,9) u n d die i n unseren Herzen ausgegossen ist durch den uns gegebenen heiligen Geist (Rom 5,5); i n dieser Liebe v o n G o t t her sind w i r m i t Christus u n d Gott vereinigt (Rom 8,28-39), so daß w i r Gott u n d den Nächsten lieben {1 Jo 4,19-21). — I n solcher E r k e n n t n i s - u n d Liebe Gottes w i r d der Mensch w i e Gott, der eitel W a h r h e i t u n d Liebe ist, u n d betätigt sich als F r e u n d Christi u n d Sohn Gottes, der den himmlischen Vater k e n n t u n d liebt. „Seht, welch große Liebe uns der Vater gegeben hat, so daß w i r K i n d e r Gottes genannt werden, u n d w i r sind es. D a r u m kennt die Welt uns nicht, w e i l sie I h n nicht erkannt hat. Geliebte! Jetzt sind w i r K i n d e r Gottes; u n d noch ist nicht offenbar geworden, was w i r sein werden. W i r wissen aber, daß w i r I h m ähnlich sein werden, w e n n E r erschienen sein w i r d . Denn w i r werden I h n sehen, w i e Er i s t " (1 Jo 3,1.2). Daß w i r durch die Erkenntnis u n d Liebe Gottes I h m stets ähnlicher werden, das g i l t v o r allem d a r u m , w e i l bei der Erkenntnis u n d Liebe, von der hier die Rede geht, ich so erkenne u n d liebe, w i e ich selber v o n Gott erkannt u n d geliebt b i n (1 K o r 13,12; Gal 4,9). Gott erkennen u n d lieben, heißt m i t h i n : i n Gottes eigene Erkenntnis u n d Liebe aufgenommen werden, an Gottes eigener Erkenntnis u n d Liebe teilnehmen, u n v o l l k o m m e n hier u n d jetzt i m Glauben, der nämlich durch die Liebe w i r k s a m ist (Gal 5,6), v o l l k o m m e n einst i n der Schau. Gott erkennt u n d liebt mich zuvor u n d zieht mich i n " Seiner Erkenntnis u n d Liebe, die mich r u f t , an Seinen Busen. — Das aber bedeutet: G o t t offenbart sich m i r ; E r offenbart m i r Seine W a h r heit u n d Seine Liebe, u n d Seine Wahrheit u n d Liebe ist auch Seine Wahrheit über m i c h u n d Seine Liebe zu m i r . G o t t offenbart m i r , w i e E r mich kennt u n d liebt, mich k e n n t u n d liebt i n Seinem Sohne. I n Christus gleicht sich Gott m i r an u n d mich gleicht E r sich an; u n d so offenbart Gott sich i n Christus uns Menschen. Das B i l d Gottes, das v o m A n t l i t z e Christi i n unser Herz hellscheinend strahlt, ist Offenbarung Gottes; u n d es v e r w i r k l i c h t sich d a r u m i n unserer E r k e n n t n i s u n d Liebe Gottes. Die biblische Unterlage für diesen Satz ist uns bereits vertraut v o n solchen T e x t e n wie K o l 3,10 u n d 2 K o r 3,18-4,6. I m Kolosserbrief w i r d ausdrücklich gesagt, der neue Mensch werde nach dem Bilde Gottes erneuert zu (rechter) Erkenntnis (eis epignosin). U n d auch i m Zweiten K o r i n t h e r b r i e f w i r d das B i l d des H e r r n , i n das w i r umgestaltet werden, ausgerichtet auf die Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes auf d e m A n t l i t z e Christi. Unsere Umgestaltung i n das B i l d des H e r r n vollzieht sich i n unserem Schauen der Herrlichkeit des H e r r n . — A u c h der Apostel Johannes v e r knüpft unsere Gottähnlichkeit aufs engste m i t unserer Erkenntnis und Liebe Gottes, insbesondere m i t unserer künftigen Gottesschau. Die Hauptstelle, die sich i m Ersten Johannesbrief (3,1.2) findet, haben w i r i m Zusammenhang m i t diesem Sachverhalt bereits mitgeteilt. Z u erinnern ist aber auch an jene Aussagen Jesu i m Johannesevangelium, i n denen es heißt, daß w e r den Sohn sieht, auch den Vater sieht (14.6-10; 12,45), u n d daß w e r den Sohn sieht u n d an I h n glaubt, das ewige Löben hat (6,40.47). U n d w i e Paulus, so läßt auch Johannes die E r k e n n t n i s u n d Liebe Gottes uns e i n gegossen sein durch den heiligen Geist, der uns gegeben ist (Rom 5,5; 2 K o r 3,18). „Gott h a t keiner jemals gesehen. Doch w e n n w i r einander lieben, bleibt der Gott i n uns, u n d Seine Liebe ist v o l l k o m m e n i n uns. D a r a n erkennen w i r , daß w i r i n I h m bleiben u n d E r i n uns, daß E r von Seinem Geiste uns gegeben h a t " (1 Jo4,12.13). 4) D a d i e G o t t e b e n b i l d l i c h k e j r t d e s n e u e n M e n s c h e n C h r i s t u s e b e n b i l d l i c h k e i t i s t , umfaßt sie den ganzen Menschen, auch

65 seinen Leib, wenn erstehung von den

sie auch an diesem Toten erweist.

sich erst bei der

Auf-

Die klassische Stelle für diesen Sachverhalt i9t P h i l 3,20.21: „Unser Bürgertum i s t i m H i m m e l , woher w i r auch den Heiland erwarten, den H e r r n Jesus Christus; E r w i r d den L e i b unserer Niedrigkeit umgestalten u n d i h n gleichförmig machen dem Leibe Seiner Herrlichkeit, gemäß der Wirksamkeit, m i t der E r sich alles zu u n t e r w e r f e n v e r m a g " (hos metaschaematisei to soma taes tapeinoseos haemon symmorphon to somati taes doxaes autou). U n d i m A u f erstehungskapitel des 1. Korintherbriefes heißt es 15,47-49: „Der erste Mensch (Adam) ist von Erde, irdisch, der zweite Mensch (der letzte A d a m ) v o m H i m m e l . Wie der irdische (Mensch), so sind auch die irdischen (Menschen); u n d w i e der himmlische (Mensch), so sind auch die himmlischen (Menschen). U n d w i e w i r das B i l d des irdischen getragen haben, so werden w i r auch das B i l d des himmlischen tragen." Nach 2 K o r 4,10.11 ist aber die Gleichgestaltung unseres sterblichen Leibes m i t dem verklärten Christus nicht n u r himmlische Z u k u n f t , w i e sie i m Vers 14 erhofft w i r d ; sondern sie ist bereits i n dieser irdischen Gegenwart a m Werke. „Immerdar tragen w i r das Todesleiden des Jesus an unserm L e i b h e r u m , d a m i t auch das Leben des Jesus a n unserm Leib offenbar werde. Stets werden w i r m i t t e n i m Leben i n den Tod ausgeliefert u m Jesu w i l l e n , d a m i t auch das Leben des Jesus an unserm sterblichen Leib offenbar werde." Der neue Mensch i s t i n einer ständigen Wandlung begriffen, i n einer Wandlung v o m Tode z u m Leiben, v o n Niedrigkeit z u Herrlichkeit, von Schwachheit * z u K r a f t ; u n d diese Wandlung t r i t t an seinem L e i b i n Erscheinung. „Mag auch unser äußerer Mensch aufgerieben werden, doch unser innerer erneuert sich Tag für Tag" (2 K o r 4,16). U n d daß der äußere Mensch abstirbt, ist gerade das Zeichen dafür, daß der innere Mensch zu ewigem Leben geboren w i r d . Denn die Verähnlichung m i t d e m Herrlichkeitsbild des Christus geht den Weg und den einzigen Weg über unsere Verähnlichung m i t den Leiden u n d dem Tode Christi. Paulus bekennt i m Philipperbrief (3,11.12) v o n sich: „Erkennen soll ich I h n (Christus) u n d die K r a f t Seiner Auferstehung u n d die Gemeinschaft Seiner Leiden, u n d gleichgestaltet w e r d e n soll ich (symmorphizomenos) Seinem Tode, w e n n anders ich h i n k o m men soll z u r Auferstehung aus den Toten heraus. Nicht als hätte ich es schon i m G r i f f , nicht als wäre ich bereits vollendet, aber ich jage dem Ziele nach, ob ich es w o h l ergreifen könnte, w e i l auch ich von Christus Jesus ergriffen b i n . " Gerade dadurch, daß w i r an den Leiden Christi teilnehmen, w i r d hienieden Christus an unserem Leibe verherrlicht, sei es durch Leiben, sei es durch Tod; denn für den Christen ist das Leben Christus u n d das Sterben- G e w i n n (Phil 1, 20.21). Unsere neue Gottebenbildlichkeit durch Gleichgestaltung m i t Christus sei noch e i n m a l zusammengefaßt, u n d zwar i n die Gebetsworte des E p h 3,14-21. Aus der pauiinischen lex orandi erkennen w i r auch hier die paulinische lex credendi. „So beuge ich denn meine K n i e vor dem Vater unseres H e r r n Jesus Christus, v o n dem jegliche Gemeinschaft, die i m H i m m e l u n d auf Erden einen Vater hat, i h r e n Namen empfängt. E r möge euch nach dem Reichtum Seiner H e r r l i c h k e i t verleihen, daß i h r durch Seinen Geist m i t K r a f t gestärkt werdet am inneren Menschen. Christus möge durch den Glauben i n eueren Herzen wohnen. Möget i h r i n Liebe festgewurzelt u n d festgegründet sein, u m m i t allen Heiligen zu erfassen die B r e i t e u n d Länge, d i e Höhe u n d Tiefe (des göttlichen Heilsplanes); dann w e r d e t i h r zugleich; erkennen die L i e b e Christi, die alle Erkenntnis übersteigt, bis i h r erfüllt seid m i t der ganzen Fülle Gottes. D e m aber, der (Macht hat, alles zu t u n , überschwenglich m e h r als w i r b i t t e n oder verstehen, nach der K r a f t , die i n uns w i r k s a m ist — I h m sei Ehre i n d e r K i r c h e u n d i n Christus Jesus für alle Geschlechter v o n E w i g k e i t z u E w i g k e i t ! A m e n . " Uber

66 unsere neue GottebenbiMhchkeit durch 'Gleichgestaltung m i t Christus enthält dieses Gebet vier Grundgedanken. 1. 'Gott der Vater w i l l -ums teilnehmen lassen a m Reicht u m [Seiner Herrlichkeit; w i r sollen erfüllt werden m i t der ganzen Fülle Gottes. Das heißt: w i r werden i n unserer Verherrlichung ähnlich der H e r r l i c h k e i t Gottes u n d so Ebenbilder Gottes. 2. Das w i r d b e w i r k t an unserem inneren Menschen durch Gottes Geist. 3. I s t aber i n uns Gottes Geist am Werke, so w o h n t Christus i n unseren Herzen d u r c h den Glauben. D e n n E r w o h n t i n uns, so dürfen w i r i m paulinischen Geiste ergänzen (Rom 8,9-11), d u r c h Seinen Geist, der auch der Geist Gottes ist. D u r c h den v o m Geiste Gottes uns gegebenen Glauben haben w i r den 'Geist Gottes u n d durch den Geist Gottes Christus i n uns leben. Wie es Gal 2,20 heißt: „Nicht m e h r ich lebe, sondern Christus lebt i n miir. Sofern ich aber noch i m Fleische lebe, leibe ich i m Glauben an den Sohn Gottes, der mich geliebt u n d sich für m i c h dahingegeben h a t . " 4. D e r i n uns durch den Glauben wohnende Geist Christi w i r k t sich i n uns aus i n der Liebe, die zur Fülle der Heilserkenntnis reift., u n d i n der Erkenntnis, die sich m i t der unbegreiflichen Liebe Gottes füllt. W i r bezeichneten unsere Christusebenbildlichkeit bereits i m m e r wieder als die neue Gottebenbildilichkeit. D i e Christusebenbildlichkeit macht nämlich aus dem alten Menschen einen neuen Menschen. Dieses M e r k m a l der Neuheit ist v o n schwerem Gewicht. U n d es verdient i n einem d r i t t e n Hauptsatz noch eigens aufgestellt u n d entwickelt zu werden. III) U n s e r e C h r i s t u s - u n d G o t t e b e n b ü d l i c h k e i t ist eine N e u s c h ö p f u n g , das heißt eine W i e d e r g e b u r t aus d e m T o d e s s t a n d der Sünde in den Lebensstand.der Gerechtigkeit und H e i l i g keit. „Wenn j e m a n d i n Christus ist, so ist er eine neue Schöpfung (kainae ktisis); das A l t e ist vergangen, siehe Neues i s t geworden" (2 K o r 5,17). „In Christus Jesus g i l t weder Beschneidung etwas noch Vorhaut, sondern Neuschöpfung" (Gal 6,15). Was Paulus Neuschöpfung nennt, das bezeichnet Johannes als N e u - oder- Wiedergeburt (Jo 3,3: ean mae tis gennaethae anothen) u n d als G e b u r t aus d e m Geiste (Jo 3,8: pas h o gegennaemenos ek tou pneumatos) oder als 'Geburt aus G o t t (1 Jo 2,29; 3,7; 5,4: p a n t o gegennaemenon ek t o u theou; Jo 8,47). Der Begriff der Neuschöpfung oder Neugeburt schließt eine Reihe v o n E i n z e l sachverhalten i n sich, die es n u n zu erläutern u n d zu bekräftigen g i l t . 1) V o n N a t u r s i n d w i r a l l e d a s g e r a d e G e g e n t e i l v o n e i n e m Ebenbild Christi und Gottes i n d e m Sinne, i n w e l c h e m d a s Neue Testament von Gottebenbüdlichkeit spricht. D i e neue Gottebenbildlichkeit ist also Gnade, das heißt u n v e r d i e n t e Gabe Gottes. Es i s t eine übernatürliche, himmlische Gottebenbüdlichkeit. D e r i n Christus nach Gottes B i l d neugeschaffene Mensch i s t nicht m e h r der natürliche, irdische, sondern ein übernatürlicher, himmlischer Mensch. Der locus classicus für diesen Sachverhalt bietet sich uns i n E p h 2,1-10 dar. „Und i h r wäret t o t durch eure Übertretungen u n d Sünden, i n denen i h r einst w a n deltet nach der Weise dieser Weltzeit, nach d e m Sinne des Fürsten, der d i e Obermacht h a t (über die Geister) i n der L u f t , des Geistes, der annoch w i r k t i n den Söhnen des Ungehorsams. Unter diesen wandelten auch w i r alle i n d e n Begierden unseres Fleisches u n d vollbrachten die Gelüste des Fleisches u n d d e r Sinne; u n d w i r w a r e n v o n N a t u r K i n d e r des Zornes (aemetha tekna physei orgaes), w i e auch die übrigen. G o t t aber, der reich ist a n E r b a r m e n durch Seine übergroße Liebe, m i t der E r uns geliebt

67 hat, E r hat uns, die w i r t o t w a r e n durch die Übertretungen, lebendig gemacht m i t dem Christus. D u r c h Gnade (chariti) also seid i h r gerettet. E r h a t uns i n Christus Jesus m i t a u f e r w e c k t u n d i n den H i m m e l mitversetzt. So w o l l t e Er i n der künftigen Zeit den überschwenglichen Reichtum Seiner Gnade u n d Güte gegen uns erweisen i n Christus Jesus. D e n n d u r c h die Gnade seid i h r gerettet durch den Glauben; u n d das nicht aus euch, es ist 'Gottes» Geschenk (theou t o doron)j nicht aus Werken, d a m i t sich keiner rühme. D e n n Sein iGebilde (poiaemia) sind w i r , geschaffen (ktisthentes) i n Christus Jesus z u guten W e r k e n ; diese hat Gott i m voraus bereitet, d a m i t w i r i n ihnen w a n d e l n . " Es fragt sich, w i e i m Vers 3 physei zu deuten ist. Physei besagt hier denselben Zustand, der b a l d darauf i m Vers 12 als choris Christou gekennzeichnet w i r d : „von N a t u r " ist gleich „ohne Christus", „fern v o n der Gemeinschaft m i t Christus". D e r natürliche Mensch ist der Nichtchrist, der Mensch ohne Christus u n d so der W e l t mensch ohne H o f f n u n g u n d Ohne Gott, das heißt ohne den Gott, der allein i n W a h r heit 'Gott ist, u n d dieser w a h r e Gott ist der Gott, der sich tin Jesus Christus geoffenb a r t h a t (Eph 2,12: aete to kairo ekeino choris Christou. . . . elpida riiae echontes k a i atheoi en to kosmo). D e r natürliche Mensch ist der alte Mensch der Sünde u n d der irdischen Gelüste. Der neue Mensch dagegen ist der Mensch i n Christus u n d so der übernatürliche, i n den H i m m e l versetzte Mensch. Denn sein Sinnen ist nicht irdisch, sondern sein Wandel ist bereits hienieden i m H i m m e l (Phil 3,19.20). Der neue Mensch trägt nicht m e h r das B i l d des irdischen Menschen, des ersten A d a m , sondern das B i l d des himmlischen Menschen, des letzten A d a m , der da Christus ist (1 K o r 15,49). H i e r zeigt sich, m i t welchem Recht die katholische Lehre v o n einer übernatürlichen Gottebenbildlichkeit i m Menschen spricht. Sie bezieht nämlich diesen A u s druck auf das E b e n b i l d Gottes, das unser Stammvater A d a m durch seine Sünde für sich selbst u n d für alle seine Nachkommen v e r l o r e n u n d das uns Christus, der neue A d a m , durch seinen Gehorsam wiederhergestellt hat. U n d es ist auch keine Frage, daß der Ausdruck soweit biblisch gerechtfertigt ist, nicht einmal n u r der Sache, sondern auch der Sprache nach. Aber das ist n u r die eine Seite der katholischen Redeweise v o n einer übernatürlichen Gottebenbildlichkeit. Die andere Seite ist, daß die katholische L e h r e v o n übernatürlicher Gottebenbildlichkeit spricht i m U n t e r schied von natürlicher Gottebenbildlichkeit. U n d hier erhebt sich allerdings d i e Frage, ob das Neue Testament m i t seinem Gegensatz v o n physei u n d en tois epouraniais den katholischen Unterschied einer natürlichen u n d einer übernatürlichen G o t t e b e n b i l d lichkeit meint. Jener A b s c h n i t t des Epheserbriefes stellt der übernatürlichen G o t t ebenbildlichkeit des Christen zwar etwas gegenüber, u n d zwar das, was der Mensch ist v o n Natur. A b e r das natürliche Wesen des Menschen w i r d i n jenem T e x t h i n gestellt als der sündige Mensch, der unter der Herrschaft des Fürsten dieser W e l t u n d u n t e r d e m Zorne iGottes steht. Der natürliche Mensch enthüllt sich h i e r als der unnatürliche. Mensch.. D a r u m ist i m Christen der alte, natürlich-unnatürliche Mensch durch die Taufe getötet u n d begraben (Rom 6, 3.6); u n d w i r Christen sind aufgefordert, den alten, natürlichen Menschen abzulegen (Eph 4,2). H i e r w i r d also v o n dem, was d e r Mensch ist v o n N a t u r , gerade das ausgesagt, was aller Gottebenbildlichkeit, auch einer natürlichen, widerstreitet. U n d die katholische L e h r e versteht d e n n auch unter natürlicher Gottebenbildlichkeit des Menschen etwas anderes u n d gerade etwas anderes, als daß der Mensch naturgemäß ein Sünder u n d so ein Knecht des Teufels u n d e i n F e i n d Gottes sei. D i e katholische L e h r e dürfte m i t h i n noch einen anderen B e g r i f f v o n N a t u r des Menschen u n d von natürlichem Menschen haben als den, der uns i n jener Stelle des Epheserbriefes begegnet. U n d so ist es i n der Tat. D e n n nicht 5«

68 n u r der alte, sündige, sondern auch noch der neue, gerechtfertigte Mensch besitzt als Ausstattung seines Wesens d i e naturalis humanitas, die theologisch natürliche G o t t etenbildlichkeit heißt. „Natur" u n d „natürlich" w i r d d a n n nicht mehr i n einem b i b lisch-heilsgeschichtlichen, sondern i n einem abstrakt-metaphysischen Begriffe genommen. D e r Ausdruck ist nicht m e h r des (Paulus, sondern des Aristoteles u n d der Stoa. A b e r ein anderes ist die Ausdrucksweise, u n d ein anderes ist die Sache selbst, die ausgedrückt w i r d . U n d ob nicht doch die Sache selbst auch i m Neuen Testament ihren Platz hat, w i r d eine Frage bleiben, der w i r w e i t e r nachzuspüren haben. Von jenem T e x t i m Epheserbrief läßt sie sich nicht beantworten. Dennoch haben w i r m i t dem soeben Gesagten auch i n der Sache selbst einen guten Schritt vorangetan. Der sprachliche Ausdruck ist nämlich für die Sache selbst keineswegs nebensächlich. E i n Mißverständnis der Sprache zieht n u r zu leicht e i n Mißverständnis der Sache selbst nach sich. Auch der katholische Theologe k a n n u n d muß auf G r u n d von Eph 2,1-3 sagen, daß v o n N a t u r der Mensch ein Sünder ist u n d sich m i t h i n seiner N a t u r nach i n schrecklichster Verderbnis befindet. Auch der k a t h o lische Theologe k a n n u n d muß so sagen, wenn er die N a t u r des Menschen i m b i b l i schen oder heilsgeschichtlichen Sinne versteht. D a n n bedeutet die Natur oder das Wesen des Menschen nicht das, was der menschlichen Natur als solcher zukommt, was i h r also auch noch zukommen muß, daß der Mensch überhaupt ein Sünder w e r den u n d sein k a n n — denn dazu muß er wenigstens e i n Mensch und i m Besitz u n d Gebrauch der eigentlich menschlichen Anlagen u n d Vermögen sein. Nicht i n diesem allgemeinen Allerweltsverstande spricht aber das Neue Testament von dem, was der Mensch ist von Natur. Das Neue Testament sieht die N a t u r des Menschen niemals anders, als w i e sie i n einer bestimmten heilsgeschichtlichen Lage da ist u n d sich religiös-sittlich betätigt. U n d die bestimmte heüsgeschichtliche Lage, i n der sich der natürliche Mensch n u n e i n m a l w i r k l i c h befindet, ist der Stand des gefallenen M e n schen. Außerhalb der göttlichen Gnade, von Natur weiß dieser Mensch nichts von d e m Gott der Verheißungen u n d den Verheißungen Gottes (Eph 2,12); so lebt er hoffnungslos u n d gottlos i n dieser Welt, das heißt i n dieser finsteren Welt, i n der die Macht der Sünde u n d des Todes allgewaltig herrscht. K e i n katholischer E x e r z i t i e n meister u n d Missionsprediger spricht denn auch anders v o m natürlichen Menschen, w e n n er nach Prophetenweise i h m sein Sündenelend vorhält u n d i h n zur Buße r u f t . D a n n scheut er sich gewiß nicht, den religiös-sittlichen Zustand des natürlichen Menschen i n die zwei Wörter zusammenzufassen: grandis ruina. Dann redet er, w i e die katholische Kirche i n ihrer L i t u r g i e der A d v e n t s - u n d Fastenzeit den Menschen, der auf seine Natur, statt auf Gott v e r t r a u t , zur Einsicht führt m i t Sprüchen der Propheten u n d der Psalmen u n d m i t den Büß- u n d Weherufen eines Johannes des Täufers u n d des H e r r n selbst. U n d w e n n der Papst u n d katholische Bischöfe an das D r i t t e Reich u n d seine „natürlichen Menschen" den Maßstab des Wortes Gottes a n legten, d a n n entlarvten sie jene Natürlichkeit, deren sich ihre Lobredner nicht genug rühmen konnten, als das, was sie w i r k l i c h w a r : Unnatürlichkeit u n d Unmenschlichkeit, erfinderisch i n allem Bösen u n d i n jeglichem L u g u n d Trug, erfinderisch bis zur E r f i n d u n g der Todeskammern, i n denen angeblich lebensunwerte Menschen massenweise vergast w u r d e n . Aus der prophetischen u n d neutestamentlichen Sicht w i r d uns auch die Sprache solcher Kirchenlehrer w i e Auigustins, Anselms u n d Bonaventuras k e i n e n Anstoß bereiten. Sie reden v o m Neuen Testamente u n d von dessen h e i l s geschichtlichem Menschenbüd her über den natürlichen Menschen, nicht oder k a u m ^ v o n einem abstrakt-metaphysischen Menschenbild her, w i e es vor allen Aristoteles i n seiner Ersten Philosophie als Wesenswissenschaft grundgelegt hatte. I m selben

69 Geist, w i e er aus der iSchrift u n d den Vätern zu uns spricht, beginnt der T r i e n t e r Kirchenrat seinen Beschluß über die Rechtfertigung u n d also über die neue G o t t ebenbildlichkeit (Denz 793): P r i m u m declarat sancta Synodus, ad iustificationis doctrinam probe et sincere intelligendam oportere, u t unusquisque agnoscat et fateatur, quod, cum omnes homines i n praevaricaritione Adae innocentiam p e r d i d i s sent (Rom 5,12; 1 Cor 15,22), facti immundi (Is 64,6) et (ut Apostolus inquit) „natura filii irae" (Eph 2,3), quemadmodum i n decreto de peccato originali exposuit, usque adeo servi erant peccati (Rom 6,20) et sub potestate diaboli ac mortis, u t non modo gentes per v i m naturae, sed ne Judaei quidem per ipsarn etiam l i t t e r a m Legis Moysi inde liberari aut surgere possent, tametsi i n eis l i b e r u m anbitrium m i n i m e e x t i n c t u m esset, v i r i b u s licet attenuatum et i n c l i n a t u m . Z u vergleichen ist auch die durchaus an der Bibel ausgerichtete Sprache des Catechismus Romanus i n dieser Sache (IV, 1112). V o n N a t u r besitzt also der Mensch nicht die Gottebenbildlichkeit, die er i n Christus aus Gnade empfängt. Unsere Ohristusebenbildlichkelt m i t Gott ist N e u schöpfung. „NeuSchöpfung" besagt aber noch ein zweites: nicht n u r was v o n N a t u r nicht da ist, w i r d geschaffen u n d m i t h i n neugeschaffen; sondern was schon einmal da w a r u n d verloren wurde, w i r d aufs neue geschaffen. I n Christus empfängt aus Gnade der Mensch die Gottebenbildlichkeit wieder, die er v o n Natur nicht m e h r besitzt. Neuschöpfung ist Wiederherstellung oder Erneuerung. 2) D u r c h u n s e r e C h r i s t u s e b e n b i l d l i c h k e i t w i r d d i e G o t t e b e n b i l d l i c h k e i t w i e d e r h e r g e s t e l l t oder e r n e u e r t , die A d a m im p a r a d i e s i s c h e n U r s t ä n d -besaß u n d d i e er d u r c h s e i n e S ü n d e für sich selbst u n d für alle seine N a c h k o m m e n v e r l o r . Nach allem, was w i r über die vorhergehende These ausgeführt haben, können w i r den Beweis der zweiten These k u r z gestalten. Sie ist mittelbar, freilich auch n u r mittelbar, i n dem Hauptbeleg eingeschlossen, den w i r für die erste These b e i gebracht haben. Nach E p h 2,1-3 macht die Sünde den Menschen unähnlich seinem Gott u n d Schöpfer. W i r d i n Christus der Mensch v o n der Sünde befreit, w i r d er gerechtfertigt, so ist er Gottes Ebenbild. Daraus f o l g t : Solange der Mensch ohne Sünde u n d i n der Gerechtigkeit u n d Heiligkeit Gotte9 w a r , solange w a r er auch jener Mensch, der nach dem Bilde Gottes geschaffen w u r d e i n w a h r e r Gerechtigkeit und Heiligkeit. Vor dem Falle besaß m i t h i n unser Stammvater A d a m jene Gottebenbildlichkeit, die er durch den F a l l für sich selbst u n d für alle seine Nachkommen verlor. Ebenso k a m nach R o m 5,12.18 durch des Einen Sünde auf alle Menschen Tod und Verdammnis, u n d so k o m m t auch durch des Einen Gerechtigkeit auf alle M e n schen Rechtfertigung z u m Leben. U n d Rom 3,23 heißt es noch beweiskräftiger: „Alle haben gesündigt u n d ermangeln der Herrlichkeit Gottes." W i r dürfen m i t g u t e m Recht diesen Vers auch so lesen: A l l e haben gesündigt u n d ermangeln dadurch der Ebenbildlichkeit Gottes. Denn w i r haben früher gesehen, daß Paulus zur E b e n b i l d lichkeit Gottes die Teilnahme a n der Herrlichkeit Gottes rechnet. W i e d e r u m zeigt sich, m i t welchem Recht die katholische Lehre v o n einer übernatürlichen Gottebenbildlichkeit des Menschen spricht. D i e iGrottebenbildlichkeit, v o n der das Neue Testament kündet, ist Wiederherstellung der Gottebenbildlichkeit, die durch die Sünde des Menschen verlorengegangen ist. Was der Mensch aber w i e auch i m m e r verlieren konnte, ohne aufzuhören, e i n Mensch zu sein, das gehört nicht zu seiner N a t u r , w e n n diese i m abstrakt-metaphysischen Sinn genommen w i r d . Es b l e i b t die Frage auf dem Plan, i n w i e f e r n diese menschliche N a t u r i n sich u n d aus sich

70 etwas aufweist, das v o m Neuen Testament her als eine gewisse Gottebenbildlichkeit angesprochen werden dürfte. Das Problem muß also aus d e m neutestamentlichen Begriff der Gottebenbildlichkeit gestellt werden. I s t d e m Menschen nach dem V e r lust der übernatürlichen Gottebenbildlichkeit noch etwas verblieben, das i m Neuen Testament zur Gottebenbildlichkeit gezählt w i r d ? H a t der Mensch noch eine B e ziehung zu Gott, u n d zwar eine solche, durch die er seinem Gott ähnlich ist u n d w i r d ? Vor a l l e m ist zu fragen: H a t von Natur der Mensch noch eine Erlkenntnis Gottes und des göttlichen -Gesetzes? Denn Erkenntnis Gottes lernten w i r als einen ganz wesentlichen Bestandteil dessen kennen, was i m Neuen Testament Gottebenbüdlichkeit genannt w i r d . Eine unserer Thesen lautete: D i e Gottebenbildlichkeit des neuen Menschen v e r w i r k l i c h t sich i n unserer Erkenntnis u n d Liebe Gottes, die uns durch den Heiligen Geist mitgegeben ist. N u n ist der Mensch i n der Sünde der Mensch ohne den Heiligen Geist; er ist der aus dem Fleische, u n d nicht der aus dem Geiste geborene Mensch. So t u t sich die Frage auf: Ist d e m MenscrBen, der des Heiligen Geistes ermangelt, noch eine E r k e n n t n i s u n d Liebe Gottes geblieben, die also nicht v o m Geiste Gottes, sondern aus dem eigenen Geist des Menschen stammt? H a t Gott dem Menschen noch eine Möglichkeit geschaffen, Gott u n d Gottes Gesetz zu erkennen u n d anzuerkennen, eine Möglichkeit, die v o n vornherein i n der N a t u r des Menschen u n d i n der i h n umgebenden natürlichen 'Seinswelt liegt? Es i s t hier noch nicht der Ort, die Frage zu beantworten. Die natürliche Gottebenbildlichkeit erscheint vorerst gleichsam am u n t e r n Rande der übernatürlichen Gottebenbüdlichkeit. Denn zuvor ist für die Neuschöpfung oder Wiederherstellung noch die wichtige Zeitfrage zu stellen u n d z u beantworten. Geschieht die Wiederherstellung der v e r lorenen Gottebenbildlichkeit i n der endgeschichtlichen Z u k u n f t oder auch bereits i n der irdischen Gegenwart? U n d w e n n sie bereits i n der irdischen Gegenwart anhebt, so knüpft sich die Frage an, i n welchem Maße sie bereits hienieden w i r k l i c h w i r d . Das Neue Testament beantwortet uns diese Z e i t - u n d Maßfrage i n zwei S p r u c h reihen, die einander ein gewisses Widerspiel bilden. 3) W e n n a u c h d i e N e u s c h ö p f u n g u n d W i e d e r h e r s t e l l u n g u n s e r e r Gottebenbildlichkeit erst v o l l k o m m e n offenbar w i r d bei der W i e d e r k u n f t d e s H e r r n (Phil 3,20.21; 1 Jo 3,2; R o m 8,18-23), u n d z w a r w e i t über das h i n a u s , was d u r c h d i e S ü n d e z e r s t ö r t wurde (Rom 5,20), so i s t d e r C h r i s t d o c h b e r e i t s h i e n i e d e n b e f r e i t vom G e s e t z d e r S ü n d e u n d d e s T o d e s (Rom 7,4—6; 8,2), d a s i n u n s e r e m F l e i s c h e , i n m e i n e n G l i e d e r n w o h n t (Rom 7,23); u n d er wandelt i m Geist (Rom 8, 4.9) u n d so i n der Wahrheit der Gerechtigkeit u n d H e i l i g k e i t (Eph 4,24) u n d i n der Neuheit des Lebens (Rom 6,4). Gott hat uns ins Herz den Geist als A n g e l d (arrabon) gegeben (2 K o r 1,22; 5,5; Eph 1,14); w i r haben die Erstlinge (aparchae) des Geistes (Rom 8,23). „Wenn Christus, unser Leben, offenbar w i r d , dann w e r d e t auch i h r m i t I h m offenbar werden i n H e r r l i c h k e i t " ( K o l 3,4). Derselbe Kolosserbrief sagt i m Vers v o r her (3,3): „Ihr seid gestorben, euer Leben ist m i t Christus verborgen i n Gott." Das heißt: der alte Mensch m i t seinen Werken, w i e es b a l d d a r a u f i m Vers 9 lautet, ist gestorben'; nun lebt e i n neuer Mensch, der i n Christus nach d e m Bilde Gottes geschaffen ist zu w a h r e r Erkenntnis (3,10) u n d i n w a h r e r Gerechtigkeit u n d H e i l i g k e i t (Eph 4,24). Noch ist freilich dies neue Leben des neuen Menschen nicht offenbar, es ist verborgen i n der Schwachheit u n d Niedrigkeit unseres begehrlichen u n d s t e r b lichen Fleisches; w i r tragen diesen Schatz hienieden i n i r d e n e n Gefäßen (2 K o r 4,7). Aber w i e unser neues Leben verborgen w a r m i t Christus d e m Gekreuzigten, so w i r d

71 es i n seiner ganzen H e r r l i c h k e i t auch m i t Christus d e m Auferstandenen offenbar werden, w e n n Christus, unser Leben, i n seiner ganzen Herrlichkeit offenbar w i r d . „Gott h a t uns b e f r e i t aus der (Macht der Finsternis u n d i n das Reich Seines geliebten Sohnes versetzt. I n I h m h a b e n w i r die Erlösung d u r c h Sein B l u t , die Vergebung der Sünden" ( K o l 1,13.14). „In I h m habt i h r auch die Beschneidung empfangen, nicht eine solche, die m i t Händen vorgenommen w o r d e n ist, sondern jene, die i m Ablegen des Fleischesleibes besteht, d i e Beschneidung i n Christus. Seid i h r doch m i t I h m i n der Taufe begraben w o r d e n u n d i n I h m auferstanden durch den Glauben an die Macht Gottes, der I h n v o n den Toten a u f erweckt hat. A u c h euch, die i h r t o t wäret durch' die Sünden u n d d u r c h euer unJbeschnittenes Fleisch, hat Gott m i t I h m lebendig gemacht. H a t E r u n s doch gnädig a l l e Sünden vergeben" ( K o l 2,11—13). „Einst wäret i h r Finsternis, n u n aber seid i h r L i c h t i m H e r r n . Wandelt als K i n d e r des Lichtes! Die Frucht des Lichtes ist l a u t e r Güte u n d Gerechtigkeit u n d W a h r h e i t " (Eph 5,8.9). I n Christus Jesus i s t der alte Mensch mitgekreuzigt, mitgestorben u n d mitbegrafoen, d a m i t der L e i b der Sünde vernichtet werde u n d w i r fürderhin nicht mehr der Sünde als Knechte dienen (Rom 6,6). W i r sind der Sünde abgestorben, leben aber dem Gotte i n Christus Jesus (Rom 6,11) u n d wandeln so i n der Neuheit des Lebens (Rom 6,4). „Demnach g i b t es keine Verdammnis mehr für diejenigen, die i n Christus Jesus sind" (Rom 8,1). Diese Aussprüche P a u l i versteht die katholische L e h r e i m Sinne einer inneren Umgestaltung u n d E r n e u e r u n g des Menschen. W i r d der Mensch gerechtfertigt, so werden seine Sünden nicht r e i n äußerlich zugedeckt/sondern innerlich abgewaschen; der Sünder w i r d nicht r e i n äußerlich gerecht erklärt, sondern innerlich gerecht u n d heilig gemacht. F r e i l i c h i s t nach derselben katholischen L e h r e die Gerechtigkeit, durch die w i r gerecht w e r d e n , keine Eigengerechtigkeit, das heißt nicht unsere Gerechtigkeit aus unseren W e r k e n , sondern Gottesgerechtigkeit, das heißt die Gerecht i g k e i t v o n Gott h e r u n d aus der Gnade Christi u n d unserem Glauben an Jesus Christus. A b e r diese Gottesgerechtigkeit bleibt für den, der durch sie gerecht gemacht w i r d v o n Gott, keine Fremdgerechtigkeit; sondern m i t der Gottesgerechtigkeit werden w i r beschenkt u n d a n unserem inneren Geist erneuert, so daß war w a h r h a f t gerecht heißen un