Factsheet

Afrikanisches Nashorn (Ceratotherium simum, Diceros bicornis)

Südliche Breitmaulnashörner (Ceratotherium s. simu,m), Martin Harvey / WWF-Canon

Ordnung

Unpaarhufer Perissodactyla

Familie

Nashörner Rhinocerotidae

Art

Breitmaulnashorn Ceratotherium simum

Art

Spitzmaulnashorn Diceros bicornis

Factsheet Afrikanisches Nashorn (Cerathotherium simum, Diceros bicornis)

Afrikanisches Nashorn Systematik Das Afrikanische Nashorn gehört zur Ordnung der Unpaarhufer (Perissodactyla) in die Familie der Nashörner (Rhinocerotidae). Die Familie der Nashörner umfasst vier Gattungen mit fünf Arten, von denen zwei in Afrika (Breitmaul- und Spitzmaulnashorn) und drei in Asien (Java-, Indisches Panzer-, Sumatra-Nashorn) vorkommen. Aufgrund unterschiedlicher Merkmale, Verhaltensweisen und Erbsubstanzen wird das Breitmaulnashorn in zwei Unterarten untergliedert: das Nördliche Breitmaulnashorn (C. s. cottoni) und das Südliche Breitmaulnashorn (C. s. simum). Das Spitzmaulnashorn wird aus denselben Gründen in vier Unterarten gegliedert: Südliches Spitzmaulnashorn (D. b. minor), Südwestliches Spitzmaulnashorn (D. b. bicornis), Westliches Spitzmaulnashorn (D. b. longipes) und Östliches Spitzmaulnashorn (D. b. michaeli). Das Westliche Spitzmaulnashorn gilt laut IUCN seit 2006 als ausgestorben.

Südliches Breitmaulnashorn (Ceratotherium s. simum), Christian van der Hoeven / WWF Netherlands

Merkmale Nashörner sind nach ihrem auffälligsten Merkmal benannt: ihre Hörner. Diese haben allerdings keinen knochigen Kern, sondern bestehen aus zusammengewachsenen Keratinfasern (Keratin: Hornsubstanz). Die beiden afrikanischen Arten und das SumatraNashorn tragen, im Gegensatz zu den „einhornigen“ anderen Spezies, je zwei hintereinander angeordnete Hörner, von denen das vordere meist das grössere ist. Im Durchschnitt wird das vordere Horn beim Breitmaulnashorn 60 bis max. 165 Zentimeter lang, beim Spitzmaulnashorn 50 bis max. 135 Zentimeter lang. Nashörner haben einen ausserordentlich gut ausgeprägten Gehör- und Geruchssinn. Die Ohrmuscheln lassen sich auf jedes Geräusch ausrichten. Das Volumen der Riechzellen in den Nasengängen wiederum ist grösser als das ihres Gehirns. Solch gut ausge-

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prägten Sinne benötigen sie, da sie mit ihren seitlich am Kopf sitzenden, kleinen Augen nicht sehr weit sehen können. Das Breitmaulnashorn ist nach dem Afrikanischen und Asiatischen Elefanten das drittgrösste Landsäugetier der Erde und somit auch grösser als das ebenfalls in Afrika vorkommende Spitzmaulnashorn. Die schiefergraue bis bräunliche Haut der Breitmaulnashörner ist bis auf die Ohren- und Schwanzspitze unbehaart. Das Breitmaulnashorn weist im Nacken einen deutlichen Buckel auf, der aus den Bändern besteht, die seinen schweren Kopf halten. Im Vergleich zu seinen Verwandten hat es nämlich einen längeren und massiveren Schädel und sehr breite Lippen. Das stattliche Gewicht der Breitmaulnashörner wird von kurzen, stämmigen Beinen mit je drei Zehen an den Füssen getragen. Mit einer Schulterhöhe von bis zu 1,90 Metern und einem Gewicht von bis zu 3,6 Tonnen sind die Männchen deutlich massiger als gleichaltrige Weibchen. Diese haben eine Schulterhöhe von bis zu 1,80 Metern und werden nur bis zu 1,7 Tonnen schwer. Männchen werden bis zu vier Meter und Weibchen bis zu 3,65 Meter lang. Breitmaulnashörner können in freier Wildbahn bis zu 40 Jahre alt werden. Die Haut der Spitzmaulnashörner ist, je nach Bodenfarbe ihres Lebensraums, dunkelgrau bis bräunlich gefärbt. Bis auf die Ohren- und Schwanzspitze sind die Tiere unbehaart. Das Spitzmaulnashorn lässt sich vom Breitmaulnashorn gut durch seine spitze, zum Greifen von Zweigen geeignete Oberlippe unterscheiden. Die Art hat, im Gegensatz zum Breitmaulnashorn, auch keinen deutlichen Buckel im Nacken und ist von der Statur her kleiner. Doch sind auch die Spitzmaulnashörner stattliche Tiere und ihr Gewicht muss von kurzen, stämmigen Beinen getragen werden. Mit einer Länge von bis zu drei Metern, einer Schulterhöhe von bis zu 1,80 Metern und einem Gewicht von bis zu 1,4 Tonnen bestehen kaum Unterschiede zwischen den Geschlechtern. Spitzmaulnashörner können in freier Wildbahn etwa 40 bis 50 Jahre alt werden.

Sozialverhalten und Fortpflanzung Ausgewachsene Afrikanische Nashörner, vor allem erwachsene Bullen, leben als Einzelgänger. Ausnahmen bilden Gemeinschaften von Kühen mit ihren Kälbern. Halbwüchsige Junge (Breitmaulnashörner) werden nach etwa zwei bis drei Jahren vertrieben – kurz vor der Geburt des nächsten Kalbs. Mitunter bilden aber auch heranwachsende Tiere beider Geschlechter oder mehrere Weibchen mit ihren Jungen vorübergehend Gruppen von bis zu 12 bis 14 Tieren. Ausgewachsene Bullen schliessen sich nur zur Paarung einem Weibchen an.

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Das Revier der Nashornbullen ist bis zu drei Quadratkilometer gross und wird durch eine „persönliche Duftmarke“ abgegrenzt, indem sie ihre Kothaufen breitkratzen und so ihre „Duftspur“ über das Revier verteilen. Die Revierinhaber verteidigen ihren Bereich vor männlichen Rivalen. Im Ernstfall gehen die Bullen mit aufwärts gerichteten Hörnern aufeinander los und fügen einander klaffende Wunden zu. Die Rate der Rivalenkämpfe mit tödlichem Ausgang ist bei den Spitzmaulnashörnern am höchsten. Fast 50 Prozent der Bullen sterben an ihren Verletzungen. Im Vergleich zu asiatischen Panzernashörnern gelten Breitmaulnashörner jedoch als relativ friedlich und laufen vor Gefahren eher davon. Die Streifgebiete der Weibchen beider Nashornarten überlappen sich, müssen nicht verteidigt werden und sind daher deutlich grösser als die der Männchen. Je nach Lebensraumqualität und Populationsdichte umfassen sie drei bis 90 Quadratkilometer. Die Geschlechtsreife erreichen weibliche Tiere im Alter von etwa vier bis fünf Jahren. Männliche Tiere werden erst im Alter von zehn bis zwölf Jahren sexuell aktiv, pflanzen sich jedoch erst dann fort, wenn sie ein Revier behaupten können. Die Paarung kann das ganze Jahr über erfolgen. Nach einer Tragzeit von etwa 16 Monaten bringt eine Nashornkuh normalerweise ein einzelnes Kalb zur Welt. Das durchschnittliche Intervall zwischen den Geburten beträgt zwei bis drei Jahre Die Kälber wiegen bei der Geburt bereits etwa 65 Kilogramm (Breitmaulnashorn) bzw. 40 Kilogramm (Spitzmaulnashorn) und folgen ihren Müttern schon am dritten Lebenstag. Die Jungtiere werden bis zu ein Jahr lang gesäugt, können aber schon ab dem dritten Monat zusätzlich pflanzliche Kost fressen.

Geographische Verbreitung Rund 98 Prozent aller Afrikanischen Nashörner leben in vier Staaten: Südafrika (83 Prozent), Namibia, Kenia und Simbabwe. Breitmaulnashorn: Beide Unterarten leben seit mehreren tausend Jahren in zwei getrennten, mehr als 2‘000 Kilometer auseinander liegenden Verbreitungsgebieten. Im 19. Jahrhundert umfasste das Verbreitungsgebiet des Nördlichen Breitmaulnashorns Teile des Tschads, der Zentralafrikanischen Republik, des Sudans, der Demokratische Republik Kongo und Ugandas. Die letzten vier wildlebenden Exemplare befanden sich im GarambaNationalpark der Demokratischen Republik Kongo, welcher 1938 zum Schutz des Nördlichen Breitmaulnashorns gegründet wurde. Hier wurden sie allerdings seit 2006 nicht mehr gesichtet Die weltweit letzten vier reproduktionsfähigen Tiere (zwei Männchen und zwei Weibchen) wurden Ende 2009 aus dem Dvur Kralove Zoo in Tschechien in ein Privatschutzgebiet, Ol Pejeta, nach Kenia gebracht. 2014

starb von diesen allerdings ein Bulle. Jetzt versuchen Veterinäre, durch künstliche Befruchtung diese Nashornunterart vor dem Aussterben zu bewahren. Das Südliche Breitmaulnashorn kam in historischer Zeit gebietsweise in Angola, Mosambik, Simbabwe, Botswana, Namibia, Swasiland und Südafrika vor. Heute befindet sich sein Verbreitungsschwerpunkt zu etwa 95 Prozent in Schutzgebieten und privaten Wildtierfarmen Südafrikas. Kleinere Populationen wurden wieder in Botswana, Namibia, Swasiland und Simbabwe eingebürgert. In Kenia, Sambia und Uganda wurde das Südliche Breitmaulnashorn neu eingeführt. Spitzmaulnashorn: Die Verbreitung der Spitzmaulnashörner ist im Vergleich zu den anderen vier Nashornarten in absoluten Zahlen am stärksten zurückgegangen. Noch in den 1960er Jahren war es, mit Ausnahme der tropischen Wälder im Kongobecken, im gesamten Afrika südlich der Sahara verbreitet. Es kam in bergigen Regionen Kenias, in Höhen bis zu 3‘000 Metern, steinigen Wüsten Malis und Namibias sowie im Buschland zwischen Sambia und Mosambik vor. Heute leben die Bestände weit verstreut – die meisten in bewachten Wildreservaten oder Nationalparks. 98 Prozent der Spitzmaulnashörner leben heute in nur noch vier Ländern: Südafrika, Namibia, Simbabwe und Kenia. Dabei untergliedern sich die Verbreitungsschwerpunkte der Unterarten wie folgt: Das Westliche Spitzmaulnashorn war zu historischen Zeiten über Zentral- und Westafrika verbreitet. Bis vor einigen Jahren kam es nur noch im Norden Kameruns vor. Bei der letzten Zählung von 2006 konnten allerdings keinerlei Spuren gefunden werden, sodass diese Unterart laut IUCN als ausgestorben gilt. Das Östliche Spitzmaulnashorn lebte einst im Sudan, in Äthiopien, Somalia, Kenia und Tansania. Heute ist der Hauptverbreitungsschwerpunkt fast ausschliesslich in Kenia, mit 631 Tieren. Wenige Individuen kommen noch in Tansania (100) und Südafrika (68) vor. Das Südliche Spitzmaulnashorn graste früher in Tansania, Sambia, Zimbabwe, Mosambik, Swasiland und Südafrika. Wahrscheinlich existierten auch Individuen im Kongo, in Angola und Botswana. Heute ist Südafrika das Hauptverbreitungsgebiet, mit 1‘770 Individuen. Wenige Tiere kommen noch in Simbabwe (422), Swasiland (18), Tansania (27), Sambia (27) und Malawi (26) vor. In Mosambik gilt es inzwischen ebenfalls als ausgestorben. Das Südwestliche Spitzmaulnashorn war zu historischen Zeiten noch in Namibia, Angola, Botswana und Südafrika anzutreffen. Heute kommen 90 Prozent des Bestandes in Namibia (1‘750) vor. Nur wenige Individuen existieren noch in Südafrika (206) und Angola (1).

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Lebensraum Vorzugsweise bewohnen Breitmaulnashörner die Gras bewachsenen Savannen und Offenlandflächen innerhalb der Buschvegetation. Ihr Lebensraum muss ihnen dichte buschige Vegetation, relativ flaches Terrain, kurzes Gras und Wasserzugang bieten. Spitzmaulnashörner bewohnen tropische und subtropische Grasflächen, Savannen, Buschvegeta-tionen und Wüsten. Sie sind gewöhnlich an Gebiete gebunden, in denen in einem Umkreis von 25 Kilometern Wasser zu finden ist. Während der Mittagshitze sucht sich das Afrikanische Nashorn schattige Plätze oder nutzt Wasserlöcher zur Abkühlung. Ein anschliessendes „Staubbad“ lässt eine dicke Lehmschicht als Schutz vor Fliegen und Parasiten auf seiner Haut entstehen.

Südliche Breitmaulnashörner (Ceratotherium s. simum), rBetty McLaughlin Meyer / WWF-US

Nahrung Afrikanische Nashörner verfügen weder über Schneide- noch über Eckzähne und setzen daher nur die Lippen zum Grasen oder Äsen ein. Das Breitmaulnashorn ist auch das einzige Nashorn, welches sich ausschliesslich von Gräsern ernährt. Da das Breitmaulnashorn einen langen Schädel hat, kann das Maul den Boden ohne grosse Belastung berühren und das Tier kann mit einer Art „Schaukelbewegung“ in einer breiten Bahn grasen. Das Spitzmaulnashorn ernährt sich von Blättern und Zweigen, vorzugsweise von Akazien und Wolfsmilchgewächsen. Mit seinen dicken, spitz zulaufenden Lippen pflückt es sich die holzigen Stängel, Blätter und krautigen Futterpflanzen. Afrikanische Nashörner ruhen in der Mittagshitze und sind zum Fressen vor allem in den frühen Morgenstunden und am Abend aktiv. Sie trinken täglich bis zu 80 Litern Wasser. Während Dürreperioden kommen sie aber vier bis fünf Tage ohne Flüssigkeit aus.

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Bestandsgrösse und Gefährdungsstatus Breitmaulnashorn: Ende des 19. Jahrhunderts galt das Südliche Breitmaulnashorn als „ausgestorben“. Im Jahre 1895 wurde jedoch in Südafrika eine kleine Population von schätzungsweise 20 Individuen wieder entdeckt. Nach über einem Jahrhundert intensiver Schutzbemühungen gab es Ende 2012 wieder über 20‘400 Tiere. Vor hundert Jahren noch lag der Bestand der Nördlichen Breitmaulnashörner über dem der südlichen Verwandten. Bis 1960 schrumpfte die Population jedoch auf 2‘250 Individuen. Und nur 24 Jahre später war der Bestand auf nur noch 15 Nördliche Breitmaulnashörner zusammengeschrumpft. Durch intensive Schutzbemühungen im kongolesischen Garamba-Nationalpark gelang es, die Population wieder auf 32 Tiere zu erhöhen (1993). Während 2005 noch vier Individuen gezählt wurden, sind seit 2006 in den vom Bürgerkrieg im Kongo betroffenen Gebieten keine Nördlichen Breitmaulnashörner mehr gesichtet worden. Gemäss IUCN sind sie dort wahrscheinlich ausgestorben. Insgesamt ist der Bestand auf drei Individuen in freier Wildbahn gesunken, die sich im Ol Pejeta Reservat in Kenia befinden. Das Nördliche Breitmaulnashorn wird daher in der Roten Liste der Weltnaturschutzunion IUCN als „vom Aussterben bedroht“ gelistet und das Südliche Breitmaulnashorn als „potentiell gefährdet“. Insgesamt schätzt die IUCN den Entwicklungstrend der Breitmaulnashornbestände aber als positiv ein. Besonders in Südafrika und Namibia sind die Bestände der Breitmaulnashörner steigend. Das Breitmaulnashorn ist im Washingtoner Artenschutzübereinkommen CITES (Convention on International Trade in Endangered Species of Wild Fauna and Flora) seit 1977 im Anhang I gelistet und somit vom kommerziellen internationalen Handel ausgeschlossen. Aufgrund der positiven Bestandsentwicklung in Südafrika und Swasiland wurden die Südlichen Breitmaulnashornpopulationen dort 1994 in Anhang II (CITES) herabgestuft, um die Trophäenjagd und den Verkauf lebender Tiere zu ermöglichen. Diese Verkäufe sind streng kontrolliert: Die Anzahl der zur Trophäenjagd freigegebenen Tiere wird jährlich festgelegt. Lebende Tiere dürfen nur in „zulässige und akzeptable Bestimmungsgebiete“, wie beispielsweise Zoos und Wiederansiedlungsgebiete, verkauft werden. Die Erlöse fliessen teilweise direkt in den Nashornschutz zurück oder kommen den Menschen in der Region zugute. In der europäischen Artenschutzverordnung (EGVerordnung 338/97) wird das Nördliche Breitmaulnashorn im Anhang A (Tiere und Produkte aus ihren Körperteilen dürfen nicht gehandelt werden), das Südliche Breitmaulnashorn in Anhang B (kontrollierter Handel erlaubt) gelistet. Somit besitzen beide in der Europäischen Union einen hohen Schutzstatus

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Spitzmaulnashorn: Besonders zwischen den 1960er und den späten 1990er Jahren wurden Spitzmaulnashörner gnadenlos gejagt, und ihr Bestand dezimierte sich dramatisch. So wurden um 1960 noch etwa 70‘000 Spitzmaulnashörner gezählt. Nur 33 Jahre später war ihre Zahl 1993 auf 2‘475 Exemplare gesunken. Bis Ende 2012 hatte sich der Bestand an Spitzmaulnashörnern aufgrund intensiver Schutzbemühungen wieder auf über 5‘050 Tiere (inklusive Jungtiere) erholt – mit positiven Bestandsentwicklungen vor allem in Südafrika und Namibia. Auch Swasiland und Kenia können steigende Bestände nachweisen. Die Bestandszahlen, untergliedert nach Unterarten, variieren stark. Nach Angaben der Weltnaturschutzunion IUCN 2012 liegen sie bei: Westliches Spitzmaulnashorn: Es konnten keine lebenden Individuen festgestellt werden. Östliches Spitzmaulnashorn: in den letzten 50 Jahren ist der Bestand über 90 Prozent gesunken. Es existieren nur noch 799 Tiere. Südliches Spitzmaulnashorn: Der Bestand sank von 9‘090 Tieren (1980) auf 2‘299 Exemplare. Südwestliches Spitzmaulnashorn: die Bestandszahl hat sich seit 1980 wieder verdoppelt. Es existieren jedoch nur etwa 1‘957 Individuen. Das westliche Spitzmaulnashorn wird in der Roten Liste der Weltnaturschutzunion IUCN als „ausgestorben“ gelistet. Das Östliche und Südliche Spitzmaulnashorn gilt als „vom Aussterben bedroht“ und das Südwestliche Spitzmaulnashorn als „gefährdet“. Das Spitzmaulnashorn ist ausserdem im Washingtoner Artenschutzübereinkommen CITES (Convention on International Trade in Endangered Species of Wild Fauna and Flora) seit 1977 im Anhang I gelistet und somit vom kommerziellen internationalen Handel ausgeschlossen. Auf der 13. CITES-Vertragsstaatenkonferenz wurde jedoch eine Resolution zur Einführung von Exportquoten für Jagdtrophäen von Spitzmaulnashörnern (Resolution Conf. 13.5) verabschiedetet. Damit dürfen Namibia und Südafrika jährlich je fünf Jagdtrophäen von der Art Spitzmaulnashorn exportieren. Die Bestände des Spitzmaulnashorns sind in den beiden afrikanischen Staaten in den vergangenen Jahren kontinuierlich angestiegen. Insgesamt betrifft die vereinbarte Exportquote weniger als 0,5 Prozent der jeweiligen Population. In der europäischen Artenschutzverordnung (EG-Verordnung 338/97) wird das Spitzmaulnashorn im Anhang A gelistet und besitzt somit in der Europäischen Union den höchsten Schutzstatus: Es darf nicht gehandelt werden. In den 1990er Jahren wurden in den Hauptverbraucherstaaten von Nashornprodukten, vor allem in Asien, nationale Massnahmen und Gesetzesregelungen etabliert, um dem illegalen Handel entgegenzuwirken und die internationalen Handelsverbote von CITES umzusetzen. Im Jahr 2009 wurde ausserdem

in Südafrika der nationale Verkauf von NashornHörnern verboten und die Strafen für Wilderei drastisch verschärft. Im Jahr 2012 suspendierte die südafrikanische Regierung ebenfalls die Vergabe von Jagdlizenzen an Vietnamesen. Vietnam selbst hat zwar seine Importbestimmungen von legalen Jagdtrophäen verschärft, allerdings fehlt es im Land an wirksamen Kontrollen und es kommen dort viele illegale Hörner in den heimischen Handel.

Östliches Spitzmaulnashorn (Diceros b. michaeli), Greg Armfield / WWF-UK

Bedrohung Wilderei und illegaler Handel Nashörner wurden über Jahrhunderte gejagt. Historisch gesehen zählten die unkontrollierte Jagd und Wilderei zu den Hauptursachen des dramatischen Bestandsrückgangs der Afrikanischen Nashörner. Sie wurden abgeschossen oder mit Schlingen gefangen ihres Hornes, ihrer Haut oder ihres Fleisches wegen. Der katastrophale Einbruch begann jedoch erst mit der steigenden Nachfrage nach ihrem Horn in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Ihr Horn wurde zu kunstvollen Griffen für Dolche verarbeitet, welche besonders im Jemen als Statussymbol gelten. Das Horn, zu Pulver verarbeitet, war ausserdem in der traditionellen asiatischen Medizin sehr begehrt. Dem Nashorn-Hornpulver wird beispielsweise fiebersenkende Wirkung, Heilkräfte gegen Epilepsie und Malaria sowie bei Vergiftungen und Abszessen zugesprochen. Die Hörner waren daher sehr begehrt und wurden vor allem in den Jemen und nach Asien verkauft. In den 1970er Jahren führte die Nachfrage nach Hörnern im Jemen zu einem zwanzigfachen Anstieg des Verkaufspreises, was wiederum den Anstieg der Jagd und Wilderei afrikanischer Nashörner zur Folge hatte. Erst Mitte der 1970er Jahre wurden wirksame internationale Schutzgesetze zum Beispiel durch CITES erlassen, die den legalen internationalen Handel mit Nashornprodukten verboten. Verschiedene Massnahmen wie die Vergabe von Lizenzen durch die Regierung an Kunsthandwerker zur Dolchherstellung sowie hohe Strafen für die illegale Nutzung von Horn führte zu einer Abnahme

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des Handels in den Nord-Jemen, obwohl er auch heute noch nicht völlig unterbunden ist. Seit 2008 hat die Wilderei auf afrikanische Nashörner wieder massiv zugenommen, insbesondere in Südafrika, obwohl dort die Wilderei mit Haftstraften von bis zu 12 Jahren geahndet wird. Während 2007 in Südafrika insgesamt 13 Tiere gewildert wurden, waren es 2012 schon 668. 2014 mussten bereits 1.215 Nashörner für ihr Horn ihr Leben lassen. Vietnam und Mosambik gelten als Haupttreiber der Wilderei. Häufig kommen die Wilderei über die offene Grenze aus Mosambik. Die steigende Nachfrage kommt hauptsächlich aus Vietnam, wo das Horn inzwischen als Statussymbol und Wertanlage angesehen wird und hauptsächlich aus gesellschaftlichen Gründen von Geschäftsmännern, Prominenten und hohen Beamten konsumiert wird. Es wird als Wundermittel gegen Krebs und andere unheilbare Krankheiten vermarktet und ihm werden entgiftende Eigenschaften nachgesagt, vor allem nach exzessivem Alkoholgenuss und schwerem Essen. Hornpulver wird als Luxusgut vermarktet und für diverse wohltuende Anwendungen empfohlen. Dabei besteht das Horn aus dem gleichen Material wie etwa Pferdehufe oder menschliche Fingernägel. Zur illegalen Jagd werden heute Helikopter, Schnellfeuergewehre und hochmoderne Technologien (u.a. Nachtsichtgeräte) eingesetzt. Schwarzmarktpreise für ein Kilogramm Horn liegen im asiatischen Raum bei 30‘000 bis 60‘000 US Dollar (höher als Gold). Gehandelt wird das illegale Nashornpulver fast überall: über das Internet, öffentliche Märkte, spezialisierte Geschäfte, aber auch unter der Hand, beispielsweise in Krankenhäusern. Weitere Bedrohungen Neben der Bejagung bedroht auch der Lebensraumverlust durch Ausbreitung menschlicher Siedlungen und landwirtschaftlicher Flächen beide Nashornarten. Die starke Abnahme des SpitzmaulnashornBestandes hat auch eine Schrumpfung des Genpools zur Folge. Ein genetischer Austausch zwischen den kleinen, weit verstreut liegenden Populationen ist schwer möglich. Somit stellt auch Inzucht und dadurch verursachte Anfälligkeit für Krankheiten eine ernsthafte Bedrohung für das Überleben der Art dar.

WWF-Engagement Seit seiner Gründung setzt sich der WWF für den Schutz der Nashörner ein. Dabei geht es vor allem um die Bekämpfung der Wilderei und den Schutz der natürlichen Lebensräume der Nashörner. Alle afrikanischen Staaten mit Spitzmaulnashorn-Populationen in freier Wildbahn werden vom WWF unterstützt. Auch die Erhaltungszucht in Zoos trägt zur Rettung der Nashörner bei. 6

1997 wurde vom WWF ein «Afrikanisches NashornProgramm» gegründet, um die Breitmaul- und Spitzmaulnashörner vor dem Aussterben zu bewahren. Dabei sollen bestehende Schutzgebiete erweitert und neue gegründet werden, deren Management sowie die lokale und internationale Strafverfolgung verbessert werden und gut geführter SafariTourismus gefördert werden. Dazu arbeitet der WWF mit vielen Partnern zusammen, einschliesslich der Regierung, dem Privatsektor und lokalen Gemeinden zusammen. Am blutigsten ist die Wilderei in Südafrika. Der WWF unterstützt die südafrikanische Regierung durch Beratung und Umsiedlungen dabei, die Wilderei zu bekämpfen. Seit 2003 hilft der WWF dort die vom Aussterben bedrohten Spitzmaulnashörner in neue Reservate umzusiedeln, seit 2015 mit neuer Technik per Helikopter an den Füssen frei hängend. Die neun Start-Populationen der bisher etwa 160 umgesiedelten Nashörner haben bereits Nachwuchs von mindestens 50 Kälbern. Gemeinsam mit TRAFFIC, dem Artenschutzprogramm von WWF und der Weltnaturschutzunion IUCN, werden Massnahmen gegen den illegalen Handel mit dem Nashorn-Horn durchgeführt. Der WWF unterstützt die Ausbildung und Finanzierung von Wildhütern und setzt sich auch für den Aufbau von grenzüberschreitenden Anti-Wilderer-Einheiten ein. Darüber hinaus hilft er bei der Schaffung von organisationsübergreifenden Anti-Wilderei-Einheiten in den Elefanten- und Nashorn-Staaten Afrikas. Daneben arbeitet er eng mit d anderen Partnern und Regierungen zusammen, um die kriminelle Handelskette zwischen Afrika und Asien zu sprengen. In kontinuierlicher Aufklärungsarbeit mit harten Zahlen und Fakten informieren WWF und TRAFFIC Nashorn-Staaten und setzen Abnehmerländer politisch unter Druck, die Nachfrage nach Nashorn-Produkten zu bekämpfen. So haben Ende 2012 die Regierungen von Südafrika und Vietnam eine Erklärung zur Zusammenarbeit bei der Strafverfolgung von Wilderei und zur Überwachung der Einhaltung der internationalen Gesetzgebung zum Handel mit bedrohten Arten unterschrieben. Auf Ebene der Vereinten Nationen sind WWF und TRAFFIC ebenfalls aktiv und kämpfen dafür, dass Wilderei und illegaler Handel als schwerwiegendes und die Sicherheit von Staaten bedrohendes Verbrechen entsprechend härter sanktioniert werden. Der WWF unterstützt auch den Aufbau einer Nashorn-DNA-Datenbank in Pretoria, Südafrika, mit der sich beschlagnahmtes Horn später einem bestimmten Wildereiverbrechen zuordnen lassen kann, was höhere Bestrafungen ermöglicht. 2013 waren bereits genetische Fingerabdrücke von etwa 5.000 Nashörnern gespeichert. Auch wird die Bevölkerung in den Verbraucherstaaten mit Hilfe von Aufklärungskampagnen zum Kauf von alternativen Heilprodukten ohne Nashorn-Horn-

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Bestandteilen ermutigt. Ein Beispiel ist die Chi-Kampagne zur Willensstärkung in Vietnam. Sie zeigt den Männern, dass sie kein Nashorn-Hornpulver benötigen, um ihr Selbstwertgefühl zu steigern oder ihren geschäftlichen Erfolg zu zeigen. Eine Plakatkampagne wurde an gehobenen Restaurants, Wohnhäusern und Flughäfen lanciert und ebenfalls wurden über 65 Millionen Handynutzer per SMS angesprochen. In Kenia arbeitet der WWF mit dem Kenya Wildlife Service zusammen, um die bedrohten Nashörner mit einem Micro-Chip zu versehen. Dieser wird in das Horn eingepflanzt und soll einerseits die Nashörner überwachen und andererseits bei Wilderei helfen, den Schuldigen auszumachen. Es sollen mehr als 1.000 Tiere so ausgestattet werden. Der WWF engagiert sich auch an diplomatischer Front und nahm 2015 an der internationalen Konferenz gegen illegalen Wildtierhandel in Botswana teil.

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