Diagnostik und Therapie in der Onkologie leitliniengerecht?

EUROPEAN JOURNAL OF GERIATRICS Übersicht / Review Diagnostik und Therapie in der Onkologie – leitliniengerecht? A.H. LEISCHKER1 UND G.F. KOLB2 Krank...
1 downloads 3 Views 101KB Size
EUROPEAN JOURNAL OF GERIATRICS

Übersicht / Review

Diagnostik und Therapie in der Onkologie – leitliniengerecht? A.H. LEISCHKER1 UND G.F. KOLB2 Krankenhaus Maria Hilf GmbH, Klinik für Allgemeine Innere Medizin, Onkologie und Altersmedizin, Krefeld, Germany St. Bonifatius Hospital, Klinik für Innere Medizin, Abteilung für Geriatrie und Rehabilitation, Lingen (Ems), Germany

1 2

Zusammenfassung Bei älteren Tumorpatienten ist das vorrangige Therapieziel nicht eine Verlängerung der Lebenserwartung, sondern eine gute Lebensqualität. Bei älteren Patienten ist die Lebensqualität eng mit dem Erhalt bzw. der Wiederherstellung der Selbständigkeit korreliert. In Therapiestudien sind ältere Tumorpatienten unterrepräsentiert. Das chronologische Lebensalter ist für die Prognose einer Tumorerkrankung von untergeordneter Bedeutung. Karnowsky-Index, WHO- und ECOC-Performance-Status sind als alleinige Grundlage für Therapieentscheidungen bei älteren Tumorpatienten nicht ausreichend. Bei jedem Tumorpatienten im Alter von über 70 Jahren muss ein geriatrisches Basisassessment durchgeführt und bestehende Komorbiditäten müssen systematisch erfasst werden. Zu dem geriatrischen Basisassessment gehören die Erfassung der Aktivitäten des täglichen Lebens (ADL, Barthel-Index), des kognitiven Status, der Emotion (Screening auf Depression) und der Mobilität (Sturzneigung). Die Komorbiditäten können mit dem Charlson-Index erfasst werden. Die Entscheidung für oder gegen eine tumorspezifische Therapie sollte aufgrund der Ergebnisse des geriatrischen Assessments sowie unter Berücksichtigung der Komorbiditäten und der Tumorentität gefällt werden. Bei Patienten im Alter von über 70 Jahren, die eine Chemotherapie erhalten, welche mit einem Risiko für eine febrile Leukopenie von über 20 % einhergeht, sollten hämatopoetische Wachstumsfaktoren bereits beim ersten Zyklus prophylaktisch eingesetzt werden. Schlüsselworte Onkologie – Diagnose – Therapie – Leitliniengerechtigkeit

Summary Diagnosis and therapy in oncology – according to the guidelines? The paramount goal of every therapy in elderly cancer patients is not the prolongation of the live expectancy but the provision of a good quality of life (QOL). In the elderly, the quality of life is strongly correlated with the preservation or the restoration of independency in the activities of daily living. In clinical trials, elderly cancer patients are still underrepresented. For the prognosis of the cancer, the age of the patient alone is of ancillary importance. The Karnowsky Index, the WHO- and the ECOC-Performance Status alone are not a sufficient basis for making decisions concerning the therapy of elderly cancer patients. Every cancer patient aged 70 years and older must undergo a basic geriatric assessment and any existing comorbidities are to be systematically recorded. The basic geriatric assessment includes the Activities of Daily Living (ADL, Barthels Index), Cognition, Screening for depression, and mobility ( risk for falls). Comorbidities can be registered with the Charlson Index. The decision for or against a specific oncologic therapy should be based on the results of the Geriatric Assessment, the comorbidities and the oncologic disease. Patients aged 70 years and older who are treated with a chemotherapy that has a risk for febrile leukopenia of > 20 %, should receive hematopoetic growth factors starting with the first course of chemotherapy.

EUROJGER VOL. 11 (2009) NO. 2

1

EUROPEAN JOURNAL OF GERIATRICS

Key words Oncology – diagnosis – therapy – according to the guidelines

EVIDENZBASIERTE MEDIZIN UND LEITLINIEN Klinische Entscheidungen wurden früher überwiegend auf der Basis von Erfahrung gefällt. Bereits die Ärzte in der Antike verließen sich dabei nicht nur auf ihre eigene, sondern auch auf die Erfahrung anderer Ärzte. Zunächst wurden diese Erfahrungen mündlich, später dann auch schriftlich überliefert. Zur Zeit des Arztes Hippokrates war die ärztliche Ausbildung wie ein Lehrberuf strukturiert. Im Gegenzug für die damals als sehr wertvoll angesehene Überlieferung von medizinischem Wissen verpflichtete sich der angehende Arzt, seinen „Lehrmeister“ bei Krankheit oder Gebrechlichkeit zu versorgen. Zudem wurden wichtige Erfahrungen schriftlich niedergelegt. Bereits damals wurde also das, was heute als „External Evidence“ bezeichnet wird, praktiziert. Später kam zu der Erfahrung einzelner „Experten“ die klinische Forschung. Forschungsergebnisse sind heute ein unverzichtbarer Bestandteil der klinischen Entscheidungsfindung. Bei den unmittelbaren Effekten einer Behandlung mögen die persönliche Erfahrung des einzelnen Arztes und die Meinung von Ärzten, welche mit der Behandlung spezieller Krankheitsbilder besondere Erfahrung haben, noch ausreichend sein. Bei der Abschätzung von Langzeitwirkungen ist diese Form der Wissensgenerierung jedoch nicht ausreichend: Ob die Therapie mit einem bestimmten Chemotherapeutikum zum Beispiel die Fünfjahresüberlebensrate steigert oder nicht, kann letztendlich nur durch entsprechende klinische Studien überprüft werden. Die ersten klinischen Studien wurden bereits in der Mitte des 18. Jahrhunderts durchgeführt: Der Marinearzt James Lind bewies 1753, dass Sauerkraut Seefahrer vor Skorbut (bedingt durch Mangel an Vitamin C) schützt. Eine der ersten kontrollierten Doppelblindstudien wurde von Adolf Bingel im Jahre 1918 veröffentlicht: Diphteriekranke wurden im Rahmen dieser Studie mit Pferdeserum behandelt, wobei nur jeder zweite Patient das wirksame Serum erhielt [7]. Der Internist Paul Martini veröffentlichte 1932 die „Methodenlehre der therapeutischen Untersuchung“ (später: „der therapeutisch-klinischen Forschung“) [43]. Als „Wiege der EbM“ gilt nach Raspe [35] das Department of Clinical Epidemiology and Biostatistics der Mc. Master Universität in Hamilton/Ontario. 1992 wurde dort von einer Arbeitsgruppe um Gordon Guyatt der erste Artikel über evidenzbasierte Medizin veröffentlicht [14]. Seit diesem Zeitpunkt hat das Interesse an Evidenzbasierter Medizin explosionsartig zugenommen: bereits 1998 gab es etwa eintausend Veröffentlichungen zu diesem Thema. Mittlerweile publizieren sechs internationale Zeitschriften ausschließlich zu

2

diesem Themenkomplex. Der Sozialmediziner David Klemperer machte 1995 mit seinem Aufsatz „Qualität und Qualitätskontrolle in der Medizin“ [?] in Deutschland auf diese Entwicklung aufmerksam. Bereits 1999 fand der Begriff „evidenzbasierte Medizin“ Eingang in das Sozialgesetzbuch V (§137 „evidenzbasierte Leitlinien“). Der Nephrologe David Sacket definierte 1996 evidenzbasierte Medizin wie folgt: „the conscientious, explicit and judiciolous use of current best evidence in making decisions about the care of individual patients. The practice of evidence based medicine means integrating individual clinical expertise with the best available external evidence from systematic research.“ Es wird also zwischen „interner“ und „externer“ Evidenz unterschieden: Die „interne Evidenz“ ist „die Summe der Befunde, Erfahrungen (Expertise), Meinungen und Vorstellungen, die Arzt und Patient von jeweils eigener Seite in eine Begegnung einbringen“ [26]. Unter „externer Evidenz“ werden dagegen die Ergebnisse der systematischen Forschung, welche die klinische Entscheidungsfindung beeinflussen, verstanden [21]. Nach dieser Definition gehört also auch die Anwendung der persönlichen Erfahrung zu evidenzbasierter Medizin. Im alltäglichen Sprachgebrauch wird unter evidenzbasierter Medizin dagegen häufig nur die „externe Evidenz“ aus klinischen Studien verstanden. Das Center for Evidenced Medicine der Universität Toronto (Kanada) definiert auf seiner Website (http:// www.cebm.utoronto.ca/intro/whatis.htm) Evidence Based Medicine als „the integration of best research evidence with clinical expertise and patient values“. Neben den beiden Elementen „Ergebnisse klinischer Forschung“ und „Klinische Expertise“ wird in dieser Definition auch auf die Notwendigkeit, Präferenzen und Erwartungen des Patienten zu berücksichtigen, eingegangen. Ein – oft unterschätztes – Problem ist, dass Studienergebnisse auch bei korrekt durchgeführten Studien nicht ohne weiteres auf die Situation im klinischen Alltag übertrag„Interne Evidenz“

„Externe Evidenz“

Eigene Erfahrungen („Expertise“)

Ergebnisse klinischer Studien

Vorstellungen und Erfahrungen des Arztes Vorstellungen und Erfahrungen des Patienten Tab. 1: Interne versus externe Evidenz.

EUROJGER VOL. 11 (2009) NO. 2

EUROPEAN JOURNAL OF GERIATRICS

bar sind. Dies gilt insbesondere auch für onkologische Studien. Die Studien werden oft an spezialisierten Zentren durchgeführt. Teilweise müssen die Ärzte, um an der Studie teilnehmen zu dürfen, bestimmte Anforderungen erfüllen (z. B. eine bestimmte Anzahl an Operationen pro Jahr durchführen) oder sie erhalten ein zusätzliches Training. Im Rahmen der meisten Studien sind Kontrolluntersuchungen, z. B. Laborkontrollen, im Protokoll vorgeschrieben. Im klinischen Alltag werden die Verfahren oft auch in weniger spezialisierten Zentren durchgeführt. Kontrolluntersuchungen sind nicht vorgeschrieben und werden in der täglichen Praxis auch meist nicht so konsequent durchgeführt wie unter Studienbedingungen. In der RALES-Studie [32] konnte nachgewiesen werden, dass der Aldosteronantagonist Spironolacton die Mortalität von Patienten mit Herzinsuffizienz senkt. Die Veröffentlichung der RALES-Studie führte in der Folgezeit zu einem rasanten Anstieg der Verordnungen für Spironolacton. Die Häufigkeit der Krankenhauseinweisungen wegen Hyperkaliämie ist daraufhin von 2,4 pro 1000 auf 11,0 pro 1000 angestiegen. Dadurch kam es zu 73 zusätzlichen Todesfällen [24]. In der täglichen Praxis wurden offenbar die im Studienprotokoll vorgesehenen Laborkontrollen nicht regelmäßig durchgeführt und dadurch bedrohliche Hyperkaliämien nicht erkannt. Dieses Beispiel zeigt, dass die Ergebnisse von randomisierten klinischen Studien nicht ohne weiteres als Empfehlung für die tägliche Routine übernommen werden können. Evidenzbasierte Medizin bedeutet also, die Ergebnisse von Studien nicht einfach zu übernehmen, sondern kritisch auf ihre Übertragbarkeit in die Praxis zu prüfen und sie mit der persönlichen Berufserfahrung zu kombinieren. Für den einzelnen Arzt wäre es sehr zeitaufwendig, dies für jedes einzelne Krankheitsbild selbst zu tun. Zudem fehlt ihm selbst häufig die notwendige klinische Erfahrung. Deshalb haben die Medizinischen Fachgesellschaften Leitlinien erstellt, welche dem einzelnen Arzt diese Arbeit abnehmen und ihm in die Praxis umsetzbare Handlungsrichtlinien geben. Nach den Beschlüssen der Bundesärztekammer und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung vom Juni 1997 [8] werden Leitlinien wie folgt definiert: „Leitlinien sind systematisch entwickelte Entscheidungshilfen über die angemessene ärztliche Vorgehensweise bei speziellen gesundheitlichen Problemen“. Es versteht sich von selbst, dass eine Leitlinie nicht alle vorstellbaren Situationen abbilden kann. Deshalb kann oder muss sogar in bestimmten Situationen von Leitlinien abgewichen werden. Bei vielen Fragestellungen, für die in der Praxis Entscheidungshilfen benötigt werden, liegen keine ausreichenden Daten aus Studien vor. Häufig beziehen sich Studien nur auf ausgewählte Patientengruppen, welche nicht mit der Patientenpopulation, für welche die Leitlinie zur Anwendung kommen soll, übereinstimmen. Bösartige Erkrankungen tre-

EUROJGER VOL. 11 (2009) NO. 2

ten zum Beispiel mit zunehmendem Lebensalter häufiger auf. In Therapiestudien galt aber lange Zeit ein Lebensalter von über 70 Jahren als Ausschlusskriterium. Aber auch in neueren Studien, bei denen ein hohes Lebensalter kein Ausschlusskriterium mehr ist, sind ältere Patienten meist unterrepräsentiert. In allen Leitlinien sind deshalb für Fragestellungen, zu denen keine klinischen Studien vorliegen „Expertenmeinungen“ der Leitliniengruppe (Evidenzgrad „C“) enthalten. Neben der methodischen Güte der Evidenz geht auch die Beurteilung ihrer klinischen Implikationen, ihrer Aussagefähigkeit und Anwendbarkeit in die Formulierung von Empfehlungen ein. Im angloamerikanischen Sprachraum wird dies als „considered judgement“ bezeichnet [47]. Bei der Relevanz von Studienendpunkten (z. B. Mortalität, Lebensqualität) spielen Ethik und Wertvorstellungen eine nicht unerhebliche Rolle. In älteren Studien zur Tumortherapie wurde als primärer Endpunkt meist die (Fünfjahres-)Überlebensrate gewählt. In neueren Studien rückt die Lebensqualität als Zielparameter immer mehr in den Vordergrund. Bei älteren Patienten korreliert die Lebensqualität stark mit der Selbständigkeit und deren Erhalt. In den meisten onkologischen Studienprotokollen ist derzeit leider noch kein geriatrisches Assessment und damit auch keine Erfassung der Selbständigkeit vorgesehen. Nach den „Beurteilungskriterien für Leitlinien in der medizinischen Versorgung“ der Bundesärztekammer von 1997 [8] dienen Leitlinien ■ der Sicherung und Verbesserung der gesundheitlichen Versorgung der Bevölkerung, ■ der Berücksichtigung systematisch entwickelter Entscheidungshilfen in der ärztlichen Berufspraxis, ■ der Vermeidung unnötiger und überholter medizinischer Maßnahmen und unnötiger Kosten, ■ der Vermeidung unerwünschter Qualitätsschwankungen im Bereich der ärztlichen Versorgung, ■ der Information der Öffentlichkeit (Patienten, Kostenträger, Verordnungsgeber, Fachöffentlichkeit und andere) über notwendige und allgemein übliche ärztliche Maßnahmen bei speziellen Gesundheitsrisiken und Gesundheitsstörungen. LEITLINIEN IN DER ONKOLOGIE Zu onkologischen Erkrankungen existieren national und international Leitlinien verschiedener Fachgesellschaften, die teilweise nicht aufeinander abgestimmt sind. Der Kliniker muss also entscheiden, nach welcher Leitlinie er sich richtet: nach der jeweiligen deutschen Leitlinie (in Deutschland existieren zu onkologischen Erkrankungen Leitlinien der AWMF und der DGHO), nach den Europäischen Leitlinien der ESCO oder nach der neuesten internationalen Leitlinie. Gerade im Bereich der Onkologie weichen die Leitlinie-

3

EUROPEAN JOURNAL OF GERIATRICS

Bewertung des FN-Risikos verbunden mit dem Chemotherapie-Regime ■

Das FN-Risiko des Patienten sollte routinemäßig vor jedem Chemotherapiezyklus erhoben werden. Für Dosisdichte Chemotherapien sollte stets ein hohes FN-Risiko (≥ 20% angenommen werden.1 ■ Patienten älter als 65 Jahre mit Non-Hodgkin-Lymphom und kurativem Therapieansatz sollten primärprophylaktisch G-CSF erhalten.1 ■

FN-Risiko ≥ 20%

FN-Risiko 10-20%

FN-Risiko < 10%

SCHRITT 2: Bewertung von patientenbezogenen Risikofaktoren ■

G-CSFProphylaxe empfohlen

Alter ≥ 65 Jahre1, 2 ■ Schlechter Performancestatus1, 2 ■ Fortgeschrittene Erkrankung1, 2 ■ Schwere Komorbidität2 ■ Zytopenie wegen Knochenmarkbeteiligung2 ■ Weibliches Geschlecht1



Hämoglobin < 12 g/dl1 ■ Schlechter Ernährungszustand1, 2 ■ Kombinierte Chemoradiotherapie2 ■ Frühere FN-Episode1, 2 ■ Offene Wunden oder aktive Infektion2

FN-Gesamtrisiko ≥ 20%

G-CSFProphylaxe nicht indiziert

FN-Gesamtrisiko < 20%

FN = Febrile Neutropenie; G-CSF = Granulozyten-koloniestimulierender Faktor; Algorithmus = Kombination der G-CSF-Leitlinien von EORTC und ASCO1, 2

1

Aapro MS et al. European Journal of Cancer. 2006; 42: 2433-2453 2 Smith TJ, et al. J Clin Oncol. 2006; 24: 3187-3205

Abb. 1: Beurteilung des FN Gesamtrisikos, EORTC/ASCO

nempfehlungen aus Europa teilweise nicht unerheblich von den nordamerikanischen Leitlinien ab. Die körperliche Leistungsfähigkeit wird in den meisten Leitlinien durch den WHO-Performance Status bzw. des Karnowsky-Index abgebildet. Die Komorbiditäten und das geriatrische Assessment werden in den Leitlinien dagegen bisher nicht ausreichend berücksichtigt. Ein Beispiel für altersadaptierte Leitlinien: Myelopoetische Wachstumsfaktoren – Myelotoxizität und Granulozytenfunktion im Alter Eindeutig geregelt erscheint die Situation für ältere Patienten hinsichtlich der Verwendung von Wachstumsfaktoren bei einem Risiko des Auftretens von Hämatotoxizität ≥ Grad 3 nach WHO-Kriterien von ≥ 20 % und einem Alter von über 70. Ein besonderes Problem im Alter stellt die Hämatotoxizität vieler antitumoröser Therapien dar. Die Veränderungen oder Nichtveränderungen, die das hämatopoetische Organ im Laufe des Alterns aufweist, sind seit längerem Gegenstand einer kontrovers geführten Debatte [29]. Es fällt auf, dass die Zahl aplastischer und dysplastischer Störungen exponentiell mit dem Alter anwächst, wobei der eigentliche Anstieg deutlich jenseits des 75. Lebensjahres liegt. Das funktionelle Knochenmarksgewebe, das sogenannte Stroma erfährt im Alter einen deutlichen Umbau

4

mit Vermehrung von Fasern und Fettmarksanteilen. Die Zahl der hämatopoetischen Stammzellen hingegen fällt gegenüber den jüngeren Individuen zunächst nicht signifikant ab. Gleichwohl lässt die Kompensationsfähigkeit gegenüber „hämatopoetischem Stress“ nach, insbesondere, wenn dieser Stress anhaltend oder repetitiv auftritt [??]. Wir wissen heute, dass hämatopoetischer Stress im Sinne einer Sepsis-Episode aber auch im Rahmen einer Chemotherapie zunächst auf eine gegenüber Jüngeren nicht verminderte Anzahl von pluripotenten hämatopoetischen Stammzellen (PHSC) trifft. Wir wissen aber auch, dass Sepsisepisoden und auch zytoreduktive Chemotherapien die Zahl der funktionellen Stammzellen bei den älteren mindern [29]. Daneben finden sich aber auch Störungen der eigentlichen Granulozytenfunktion wie Phagozytose und Bakterizidie, oxydativer Metabolismus und intrazelluläre Kalziumkonzentration sowie Hexosemonophosphatshunt, aber auch Chemotaxis und Chemokinese. In jüngsten Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass sich Phagozytose, aber auch der Hexosemonophospattransport, signifikant in Abhängigkeit vom Lebensalter verändern, d. h. im Alter reduziert sind. So haben die Granulozyten eines 80-Jährigen nunmehr etwa die Hälfte der phagozytischen Kompetenz der eines jugendlichen, etwa 20-jährigen Menschen [48]. Der intrazelluläre Kalziumgehalt, von dem ein negativer Effekt auf die phagozytische Aktivität bekannt ist,

EUROJGER VOL. 11 (2009) NO. 2

EUROPEAN JOURNAL OF GERIATRICS

steigt hingegen in Abhängigkeit vom Lebensalter kontinuierlich an. Zusammengefasst heißt dies: Granulozytenzahl und Granulozytenfunktion spielen eine zentrale Rolle, sowohl hinsichtlich des Erfolges, aber auch hinsichtlich der Komplikationsträchtigkeit einer zytoreduktiven Tumortherapie. Diese Veränderungen sind etwa ab dem 70. Lebensjahr relevant und somit Ausdruck einer verminderten Kompensationsfähigkeit zum Ausgleich hämatologischer Stresszustände. Entscheidend ist daher, ob sie entsprechend kompensiert werden können. Ältere bedürfen dringender der Supportion mit Wachstumsfaktoren als Jüngere, da ihr Knochenmark eine verminderte Reserve an stimulierbaren Stammzellen aufweist [11]. Die aktuelle EORTC- und ASCO-Empfehlung [1, 41] (Abb. 1) schlägt den prophylaktischen Einsatz von Granulozyten-stimulierenden Wachstumsfaktoren bei Patienten ≥ 70 Jahre vor, wenn eine febrile Neutropenie (FN) mit einer Wahrscheinlichkeit von ≥ 20 % erwartet wird. Im Gegensatz zu den früheren Empfehlungen wird der Bewertung von patientenbezogenen Risikofaktoren, zu denen auch ein Alter ≥ 65 Jahre zählt, ähnlich wie ein schlechter Performance-Status, eine schwere Komorbidität, ein Hämoglobin-Wert unter 12 g/dl sowie einem kompromittierten Ernährungszustand u. a. eine wesentlich größere Bedeutung beigemessen. Dafür wurde das FN-Risiko von 40 auf 20 % abgesenkt. DAS GERIATRISCHE ASSESSMENT Die erste Veröffentlichung zum umfassenden Geriatrischen Assessment stammt aus dem Jahre 1973. T.F. Williams und seine Kollegen haben damals erstmalig nachgewiesen, dass durch ein umfassendes Geriatrisches Assessment bei ambulanten Patienten vorausgesagt werden kann, bei welchen Patienten eine Pflegeheimeinweisung vermeidbar ist [??]. Die erste Studie zum Nutzen des geriatrischen Assessments bei stationären Patienten wurde elf Jahre später von Laurence Rubenstein [37] veröffentlicht. Sie verglich ältere Patienten, in einer geriatrischen Abteilung, auf der unter anderem bei jedem Patienten ein umfassendes geriatrisches Assessment durchgeführt wurde, mit älteren Patienten, welche die übliche Standardversorgung erhielten. Die in der geriatrischen Abteilung behandelten Patienten waren zum Entlassungszeitpunkt weniger auf fremde Hilfe angewiesen und wurden seltener in ein Pflegeheim eingewiesen als die auf einer Abteilung ohne standardisiertes geriatrisches Assessment. In mehreren Studien konnte gezeigt werden, dass ein umfassendes geriatrisches Assessment unter Einschluss eines geriatrischen Teams mit Follow-up die Prognose der Patienten verbessert [40]. Das geriatrische Assessment zusammen mit einer längerfristigen Nachbetreuung bewirkt eine Le-

EUROJGER VOL. 11 (2009) NO. 2

bensverlängerung und verbessert Selbständigkeit [44]. Besonders effizient ist die Durchführung des geriatrischen Assessments bei älteren Menschen, die sich in einer Übergangsphase (zum Beispiel Entlassung aus dem Krankenhaus, Aufnahme in ein Pflegeheim) befinden und wenn neue Erkrankungen oder Behinderungen aufgetreten sind [42]. GERIATRISCHES ASSESSMENT UND ONKOLOGIE Die Inzidenz maligner Erkrankungen steigt ab dem 60. Lebensjahr rapide an. 63 % der Tumorpatienten sind älter als 65 Jahre. Gleichzeitig steigt mit zunehmendem Alter die Inzidenz von Begleiterkrankungen und funktionellen Defiziten. Die physische und psychische Leistungsfähigkeit schwankt im Alter jedoch interindividuell sehr stark. Im Gegensatz zu jüngeren Tumorpatienten haben wir es bei älteren Menschen also mit einer sehr heterogenen Gruppe zu tun. Für die Prognose einer Tumorerkrankung ist das chronologische Alter von untergeordneter Bedeutung. Entscheidend sind hier vielmehr körperliche und psychische Leistungsfähigkeit sowie die Begleiterkrankungen. Im Alltag werden ältere Patienten oft nach subjektiver Einschätzung der Behandelnden in „biologisch jünger“ und „biologisch älter“ eingeteilt. Allerdings stellt die klinische Erfahrung allein unabhängig von der Fachdisziplin keinen verlässlichen Prädiktor für das Überleben der Patienten dar [12]. Therapierelevante Defizite im funktionellen Leistungsvermögen können alleine durch Anamnese und körperliche Untersuchung des Patienten nicht vollständig aufgedeckt werden [20]. Ziel des geriatrischen Assessments ist es, im Alter gehäuft auftretende Funktionsstörungen durch standardisierte Testverfahren zu erkennen. Dies ist Voraussetzung für die Entscheidung über die Durchführung einer tumorspezifischen Therapie, aber auch für andere Interventionen wie zum Beispiel das Hinzuziehen eines ambulanten Pflegedienstes oder die Verordnung von Hilfsmitteln. Allgemeinzustand und Leistungsfähigkeit werden in der Onkologie seit über 50 Jahren mit dem Karnowsky-Index (KI) [25] beurteilt. Der Karnowsky-Index erfasst die Einschränkungen des funktionellen Status durch die Krebserkrankung anhand einer Zehn-Punkte-Skala. Er wurde an einer Population jüngerer, im Berufsleben stehender Patienten validiert. In den letzten Jahren werden die Leistungsskalen der Eastern Cooperative Oncology Group (ECOG) und der WHO-Performance Status häufiger verwendet. Der WHO-Performance-Status ist weitgehend deckungsgleich mit dem ECOG-Performance-Status. Beide Skalen erfassen den funktionellen Status auf einer Fünf-Punkte-Skala. Auch diese Skalen wurden an jüngeren Tumorpatienten validiert. Diese onkologischen Skalen korrelieren jedoch nur sehr

5

EUROPEAN JOURNAL OF GERIATRICS

schwach mit den Befunden des geriatrischen Assessments [15]. Die onkologischen Funktionsscores (Karnowsky Index, ECOG) erfassen zwar die akuten Einschränkungen des funktionellen Status durch die Tumorerkrankung, alltagsrelevante vorbestehende Einschränkungen des funktionellen Status, wie sie bei älteren Menschen häufig vorliegen, werden mit den onkologischen Skalen jedoch nur unzureichend abgebildet. Für diese alltagsrelevanten funktionellen Einschränkungen sind die geriatrischen Funktions-Scores wesentlich sensitiver.

der Wahrscheinlichkeit der Einschränkung der Lebensqualität im Verlauf der Erkrankung, ■ der voraussichtlichen Verträglichkeit der tumorspezifischen Therapie (Toxizität), ■ der Möglichkeit, dass die geplante Therapie zeitgerecht und vollständig durchgeführt werden kann, ■ des voraussichtlichen Ausmaßes der Einschränkungen der Lebensqualität durch die Therapie. Das Mortalitätsrisiko nimmt mit der Zahl der Items in den Aktivitäten des täglichen Lebens (ADLs), in denen Abhängigkeit besteht, zu [22]. Liegt Abhängigkeit in einem oder mehreren Items der ADLs vor, beträgt das mediane Karnowsky Index Ziele des geriatrischen Assessments bei alten Tumorpa- Überleben weniger als drei Jahre [36]. Dabei ist die Änderung im Verlauf ist von größerer prognostischer Bedeutung tienten sind das Abschätzen ■ der Restlebenserwartung, für die Überlebenszeit als der initiale Wert [5]. ■ ob eine ambulante Chemotherapie möglich ist, Ein Patient, der bereits sturzgefährdet ist, würde durch ■ der Wahrscheinlichkeit des Auftretens tumorbedingter eine therapiebedingte Polyneuropathie noch immobiler Symptome im Verlauf der Erkrankung, werden. Dies ist bei der Auswahl des Therapieschemas zu beachten. Als Therapieziel steht bei jüngeKarnowsky-Index ren Patienten meist entweder die 100% Normale Aktivität, keine Beschwerden, keine manifesten Krankheitszeichen Heilung von einer akuten Erkrankung oder die Rückkehr in Alltag 90% Normale Leistungsfähigkeit, minimale Krankheitssymptome und Berufsleben im Vordergrund. 80% Normale Aktivität mit Anstrengung, geringe Krankheitssymptome Bei älteren Patienten gewinnen da70% Unfähig zu normaler Aktivität oder Arbeit, versorgt sich selbständig gegen der Erhalt oder die Wieder60% Gelegentlich Unterstützung notwendig, aber weitgehende Selbstversorgung herstellung der Selbständigkeit Priorität. Nicht so sehr der Schwe5% Ständige Unterstützung und Pflege, häufig ärztliche Hilfe notwendig regrad verschiedener Krankheiten 40% Überwiegend bettlägerig, besondere Pflege und Hilfe erforderlich als vielmehr das Ausmaß der beein30% Dauernd bettlägerig und stark behindert, professionelle Pflege erforderlich trächtigter Funktionen bestimmt 20% Krankenhausaufnahme notwendig, aktive unterstützende Therapie notwendig vorrangig die Lebensqualität alter und sehr alter Patienten. 10% Moribund Speziell Tumorpatienten im AlECOG-Status ter von über 70 Jahren haben zu 0 Volle Leistungsfähigkeit, keine Symptome einem hohen Anteil Einschränkungen in den Aktivitäten des täg1 Symptome, fähig zu leichter Arbeit lichen Lebens, schwere Begleiter2 Symptome, tagsüber weniger als 50 % im Bett, versorgt sich selbst krankungen, kognitive Störungen 3 Symptome, tagsüber mehr als 50 % im Bett, bedarf teilw. fremder Hilfe und Mangelernährung [3]. Das geriatrische Basisassessment sollte 4 Völlig bettlägerig und auf fremde Hilfe angewiesen deshalb bei Patientinnen und PaWHO-Status tienten im Alter von über 70 Jah0 Voll arbeitsfähig, keine Einschränkung normaler Aktivitäten ren grundsätzlich durchgeführt werden. Bei Patienten im Alter 1 eingeschränkt in der Lage, leichte körperliche Aktivität durchzuführen von unter 70 Jahren sollte das ge2 fähig, für alle persönlichen Dinge zu sorgen, aber nicht arbeitsfähig. riatrische Assessment zur Anwen> 50% der Tageszeit auf den Beinen dung kommen, wenn im Rahmen 3 nur zu begrenzter Selbstversorgung möglich. von Anamnese und klinischer > 50% der Tageszeit sitzend oder bettlägerig Untersuchung Hinweise auf funk4 Unfähig, für sich selbst zu sorgen. Dauernd sitzend oder bettlägerig tionelle Einschränkungen besteTab. 1: Die häufigsten Funktions-Scores im Vergleich. hen.

6



EUROJGER VOL. 11 (2009) NO. 2

EUROPEAN JOURNAL OF GERIATRICS

Kochen

Funktionsdefizit

Können Sie Ihre Mahlzeiten selbst zubereiten ? Ohne fremde Hilfe 2 Punkte Mit geringer fremder Hilfe 1 Punkt Überhaupt nicht 0 Punkte Telefonieren Ohne fremde Hilfe Mit geringer fremder Hilfe Benutzt Telefon überhaupt nicht

2 Punkte 1 Punkt 0 Punkte

Hausarbeit Führt Haushalt ohne Hilfe Mit geringer Hilfe Kann keinerlei Hausarbeit durchführen

2 Punkte 1 Punkt 0 Punkte

Wäsche Wäscht sämtliche Wäsche ohne Hilfe Mit geringer Hilfe Kann keine Wäsche waschen

2 Punkte 1 Punkt 0 Punkte

Medikamenteneinnahme Nimmt Medikamente eigenverantwortlich (in korr. Dosierung und zur richtigen Zeit) Vorbereitete Medikamente werden eingenommen Kann Medikamente nicht ohne Hilfe korrekt einnehmen

2 Punkte 1 Punkt 0 Punkte

Transportmittel/Reisen Benutzt selbständig öffentliche Transportmittel / eigenes Auto Benötigt Begleitung Kann nicht oder nur mit speziellen Vorkehrungen reisen

2 Punkte 1 Punkt 0 Punkte

Einkaufen Kauft ohne Hilfe benötigte Lebensmittel Kauft in Begleitung ein Kann überhaupt nicht einkaufen

2 Punkte 1 Punkt 0 Punkte

Finanzen Regelt Geldgeschäfte ohne Hilfe Erledigt täglich kleine Ausgaben Unfähig, Geldgeschäfte auszuführen

2 Punkte 1 Punkt 0 Punkte

Tab. 2: Instrumentelle Aktivitäten des täglichen Lebens (IADL) nach Lawton [?].

INSTRUMENTELLE AKTIVITÄTEN DES TÄGLICHEN LEBENS (IADL) Im Rahmen der Instrumentellen Aktivitäten des täglichen Lebens wird die Fähigkeit zur selbständigen Lebensführung in einem Haus oder einer Wohnung (ohne „Hotelbedingungen“) beurteilt. Die einzelnen Kategorien sind Telefonieren, Einkaufen, Essen zubereiten, Haushaltsführung, Wäschewaschen, Nutzen von Verkehrsmitteln, selbständiges

EUROJGER VOL. 11 (2009) NO. 2

Alle

65-74

75-84

>85

Unterstützung bei den ADLs

11,6 %

7,8 %

14,1 %

25,3 %

Unterstützung bei den iADLs

24,0 %

12,6 %

30,9 %

65,8 %

Tab. 3: Einschränkungen des funktionellen Status bei über 65-jährigen Patienten mit neu diagnostizierter Tumorerkrankung (nach Goodwin [23]).

Einnehmen von Medikamenten und Umgang mit Geld [28]. Es wird ein Summenscore gebildet. Bei vollständiger Selbständigkeit werden 16 Punkte erreicht. Die Alltagskompetenz jenseits der Grundversorgung stellt eine wesentliche Voraussetzung für ambulante Therapiekonzepte dar. Die IADL Funktionen sind komplexer als die ADL-Funktionen. Eine Überprüfung der ADL Funktionen bei Unabhängigkeit in den IADL Funktionen ist deshalb nicht notwendig. KOGNITIVES ASSESSMENT Ziel des Assessments der Kognition bei onkologischen Patienten ist die frühzeitige Erfassung subklinischer kognitiver Defizite. Die Erfassung der kognitiven Fähigkeiten ist wichtig zur Beurteilung der Compliance (besonders bei ambulanten Therapiekonzepten) und der Zustimmungsfähigkeit. Eine leichte Demenz stellt zwar keine Kontraindikation für eine ambulante Chemotherapie dar, setzt aber eine Überwachung der Medikamenteneinnahme und der Einhaltung der ambulanten Vorstellungstermine (z. B. für Blutbildkontrollen) voraus. Das international am häufigsten verwendete Screeninginstrument für kognitive Defizite ist die Minimental State Evaluation (MMSE) nach Folstein [18]. Die MMSE besteht aus 30 Fragen zur zeitlichen und örtlichen Orientierung, zum Kurzzeitgedächtnis, Benennen, Lesen, Schreiben sowie zu visuell-konstruktiven Fähigkeiten (Zeichnen). Kognitiv unbeeinträchtigte Menschen erreichen auch in höherem Lebensalter 28 von 30 Punkten. Bei weniger als 26 Punkten sollten weitere neuropsychologische Testverfahren durchgeführt werden. Bei weniger als 23 Punkten besteht starker Demenzverdacht, weniger als 10 Punkte sprechen für eine schwere Demenz. Die Sensitivität der MMSE für leichte Demenzen ist jedoch gering, besonders bei hohem Bildungsniveau. Bei der Testung ist darauf zu achten, ob Sehstörungen oder Presbyakusis die Fähigkeit zum Verstehen der Aufgabenstellungen beeinträchtigen. Der DemTect Test nach Kessler und Calabrese [27] eignet sich besonders zum Erfassen leichter kognitiver Einbußen. Er besteht aus fünf Untertests zu den Bereichen verbales Gedächtnis (Wiedergabe einer Wortliste), kognitive Flexibilität (Zahlenumwandeln), Wortflüssigkeit (Supermarktaufgabe), Arbeitsgedächtnis (Zahlenfolge rückwärts), und mittelfristi-

7

EUROPEAN JOURNAL OF GERIATRICS

ge Gedächtnisleistung (verzögerte Wiedergabe der Wortliste). Die Auswertung erfolgt für über/unter 60-Jährige getrennt. Maximal sind 18 Punkte erreichbar, ein Wert zwischen 13–18 Punkten gilt als altersgemäße kognitive Leistung. Werden weniger als acht Punkte erreicht, besteht Demenzverdacht. Der Uhrentest erfasst vor allem visuell-räumliche Organisation und abstraktes Denken. Er ist für alle Schweregrade der Demenz, auch zur Erkennung von Frühformen, geeignet. Oft wird er zusätzlich zur MMSE oder zum DemTect Test angewendet. Das Testergebnis ist unabhängig von Alter, Sprache, Kultur und Bildung des Probanden. Der Patient wird instruiert, das Zifferblatt einer Uhr zu zeichnen, alle Ziffern einzutragen und die Zeiger auf die Uhrzeit „zehn Minuten nach elf“ einzuzeichnen. Die Auswertung kann nach verschiedenen Schemata erfolgen. Am gebräuchlichsten ist die Bewertung in Anlehnung an Shulman [39]. Ein Score von 1 bedeutet dabei keine Fehler, ein Score von 6 keinerlei Darstellung einer Uhr. Ein Score von 3 oder mehr Punkten ist als pathologisch zu werten. Eine kognitive Beeinträchtigung kann irreversibel sein, wie zum Beispiel bei der Alzheimer-Demenz. Stress, Müdigkeit, akute Erkrankungen und eine Depression können als reversible Parameter ebenfalls die kognitive Leistung negativ beeinflussen. Depression („Pseudodemenz“) und Demenz können klinisch ähnlich imponieren. Da eine Depression gut medikamentös behandelt werden kann, ist die Unterscheidung zwischen beiden Entitäten therapeutisch relevant. Wichtig ist, zu beachten, dass Demenztests ein Screeninginstrument darstellen. Alleine aufgrund eines Testergebnisses sollte niemals die Diagnose einer Demenz gestellt werden. Für die Diagnose einer Demenz müssen mehrere kognitive Funktionsbereiche gestört sein, diese Störung muss zu einer Beeinträchtigung der Alltagsaktivitäten/der Selbständigkeit führen und die Störung muss seit mindestens sechs Monaten bestehen. EMOTIONALER STATUS Sowohl bei geriatrischen als auch bei onkologischen Patienten besteht eine hohe Prävalenz an Depressionen. Bei der Hälfte der älteren Tumorpatienten wird eine bestehende Depression durch den behandelnden Onkologen nicht erkannt. Besonders häufig wird die Depression nicht diagnostiziert, wenn affektive Symptome wie Weinen oder das Aussprechen negativer Gefühle fehlen [2, 31]. Deshalb ist es erforderlich, alle älteren Patienten auf das Vorliegen einer Depression zu untersuchen. Die Kurzform der Geriatric Depression Scale (GDS) nach Yesavage [49] besteht aus 15 Fragen, die mit „Ja“ oder „Nein“ zu beantworten sind und mit einem Punktwert von 0 oder 1 bewertet werden. Ein Punktwert von mehr als 6 spricht für das Vorliegen einer Depression und sollte Anlass für eine weitere fachpsychiatrische Abklärung sein.

8

Eine korrekt diagnostizierte und behandelte Depression kann die Bereitschaft eines Patienten, sich einer Tumortherapie zu unterziehen erhöhen und seine Lebensqualität verbessern. MOBILITÄT UND STURZRISIKO Stürze gehören zu den häufigsten gesundheitlichen Problemen älterer Menschen: Ein Drittel aller Menschen im Alter von über 65 Jahren und die Hälfte aller über 90 jährigen stürzt pro Jahr mindestens einmal [46]. Stürze korrelieren mit erhöhter Mortalität, Verlust von Mobilität und funktioneller Selbständigkeit, einer erhöhten Rate an Heimaufnahmen und häufigen Krankenhausaufenthalten. Bei der Mehrzahl (80 %–90 %) der Stürze im höheren Lebensalter handelt es sich um lokomotorische Stürze. Diese sind weder auf eine Einwirkung von außen (extrinsische Stürze), noch auf einen speziellen pathophysiologischen Zustand (synkopale Stürze) zurückzuführen, sondern multifaktoriell bedingt. Sie treten bei alltagsüblicher Tätigkeit ohne besondere Umgebungsbedingungen auf und gehen nicht mit einem Bewusstseinsverlust einher. Ein strukturiertes Sturzrisikoassessment identifiziert Sturzpatienten, quantifiziert die Sturzgefahr, klärt individuelle Teilkomponenten des Sturzrisikos und ermöglicht das Festlegen von Therapiezielen und die quantitative Therapiezielkontrolle im Rahmen der Physiotherapie. Den höchsten Vorhersagewert für das Sturzrisiko haben vorangegangene Stürze. Bei jedem älteren Patienten sollte deshalb eine ausführliche Sturzanamnese erhoben werden. Gegebenenfalls ist eine Fremdanamnese mit Befragung von Angehörigen notwendig. Der „Timed Up & Go Test” nach Podsiadlo [34] ist sehr schnell und einfach durchzuführen. Der Proband sitzt auf einem Stuhl mit Lehne und wird aufgefordert, aufzustehen, drei Meter zu gehen, umzukehren und sich wieder hinzusetzen. Die hierfür benötigte Zeit wird in Sekunden gestoppt. Hilfsmittel wie z. B. Stöcke oder Gehstützen sollen dabei benutzt werden. Die Arme dürfen beim Aufstehen abgestützt werden. Werden weniger als zehn Sekunden benötigt, kann von einer uneingeschränkten Mobilität im Alltag ausgegangen werden. 10–19 Sekunden sprechen für eine Mobilitätseinschränkung, welche jedoch noch nicht die Aktivitäten des täglichen Lebens (ADLs) beeinträchtigt. Werden 20–29 Sekunden benötigt, sind funktionelle Einschränkungen in den ADL wahrscheinlich. Bei mehr als 30 Sekunden sind eine intensive Betreuung und adäquate Hilfsmittelversorgung erforderlich. Die Ganggeschwindigkeit beträgt bei diesem Wert weniger als 0,5 Meter pro Sekunde. Das Überqueren einer Ampel während einer Grünphase ist bei dieser Ganggeschwindigkeit nicht mehr möglich. Mehr Erfahrung benötigt man für die Durchführung des Tinetti-Tests [45]. Der Tinetti Test besteht aus zwei Unter-

EUROJGER VOL. 11 (2009) NO. 2

EUROPEAN JOURNAL OF GERIATRICS

tests: im Teil A werden Standsicherheit und Balance überprüft, im Teil B wird das Gangbild analysiert. Durch ein Absetzen bzw. eine Dosisreduktion psychotroper Medikamente in Kombination mit körperlichem Training kann das Sturzrisiko um 39 % gesenkt werden [13]. Wenn im Rahmen des Assessments ein erhöhtes Sturzrisiko festgestellt wird, sollten Chemotherapieschemata, welche häufig zu einer Polyneuropathie führen, nach Möglichkeit vermieden werden. Eine Polyneuropathie würde das Sturzrisiko bei diesen Patienten nämlich weiter erhöhen. ASSESSMENT DER SOZIALEN SITUATION Dem sozialen Netzwerk kommt bei älteren Patienten für die Planung und Durchführung einer Tumortherapie eine große Bedeutung zu. Nach einer Studie von Blazer [4] hat das Ausmaß an sozialer Unterstützung einen signifikanten Einfluss auf die 30-Monate-Überlebensrate. Das Ausmaß der sozialen Unterstützung variiert bei den einzelnen Patienten erheblich. Der Gesundheitszustand des Lebenspartners kann erheblichen Einfluss auf die Compliance des Patienten haben. Trauer um ein kürzlich verstorbenen Lebenspartner und veränderte Lebensumstände wie zum Beispiel ein Umzug sind Risikofaktoren für Noncompliance. Ein frühzeitiges Erkennen von Problemsituationen bietet die Möglichkeit, rechtzeitig präventive Maßnahmen einzuleiten. Das soziale Assessment muss regelmäßig wiederholt werden. Durch regelmäßige Reevaluation der sozialen Situation kann der behandelnde Arzt aktuelle Änderungen der Versorgungssituation erkennen und maßgeschneiderte Interventionen einleiten um ein „Burn-out“ der versorgenden Angehörigen zu vermeiden [6]. Durch Hausbesuche von Ergotherapeuten kann beurteilt werden, welche Hilfsmittel (z. B. Toilettensitzerhöhung, Duschwandgriffe) erforderlich sind. Bei ambulanten Therapiekonzepten sollte geklärt werden, ob der Patient Angehörige hat, die ihn zu den Terminen und Kontrolluntersuchungen fahren können oder ob öffentliche Verkehrsmittel zur Verfügung stehen und benutzt werden können. Für das soziale Assessment existiert derzeit noch kein standardisiertes allgemein anerkanntes und validiertes Assessmentinstrument. KOMORBIDITÄTEN Mit zunehmendem Alter nimmt der Anteil der Patienten mit Begleiterkrankungen überproportional zu. Mit der Schwere der Komorbidität gewinnt diese als konkurrierende Mortalitäts- und Morbiditätsursache zunehmende Bedeutung. Die Komorbiditäten korrelieren nur gering mit dem funktionalen Status und geben deshalb bei älteren Tumorpatienten eine zusätzliche prognostische Information [15]. Die Komorbiditäten sollten deshalb vom funktionellen Sta-

EUROJGER VOL. 11 (2009) NO. 2

Charlson-Index Erkrankung

Bewertung

Myokardinfarkt

1

Herzinsuffizienz

1

Periphere arterielle Veschlußkrankheit

1

Cerebrovaskuläre Erkarnkungen

1

Kollagenose

1

Ulcuskrankheit

1

Leichte Lebererkrankung (ohne portale Hypertension)

1

Diabetes mellitus (ohne Endorganschäden)

1

Hemiplegie

2

Mäßig schwere und schwere Nierenerkrankung (Kreatinin >3 mg/dl oder dialysepflichtig)

2

Diabetes mellitus mit Endorganschäden oder zurückliegender Krankenhauseinweisung wegen hyperosmolarem oder ketoazidotischem Koma

2

Tumorerkrankung (ohne Metastasen) innerhalb der letzten fünf Jahre

2

Leukämie (akute und chronische Leukosen)

2

Lymphom (Hodkin, Non Modkin, Multiples Myelom)

2

Mäßig schwere und schwere Lebererkrankung (mit portaler Hypertension und/oder stattgehabte Varizenblutung)

3

Metastasierender solider Tumor

6

AIDS

6

Punkte

Summe Tab. 2: Items des Charlson-Comorbidity-Index [9] .

tus unterschieden und getrennt erfasst werden. In mehreren Studien konnte gezeigt werden, dass die Überlebensrate von alten Patienten mit soliden Tumoren wesentlich von den Begleiterkrankungen bestimmt wird [16]. Die mit dem Charlson-Index beurteilte Komorbidität hatte in einer italienischen Studie auf die Verträglichkeit einer Chemotherapie und die Überlebensrate einen ähnlich starken Einfluss wie der funktionelle Status [19]. In einer prospektiven Pilotstudie [17] hatte die Komorbidität allerdings keine Vorhersagekraft für die Verträglichkeit der Chemotherapie. Der Charlson-Comorbidity-Index [9] ist für die Erfassung von der Komorbidität bei älteren Tumorpatienten validiert. Es werden alle Begleiterkrankungen erfasst, welche die Ein-

9

EUROPEAN JOURNAL OF GERIATRICS

jahresmortalität mindestens um den Faktor 1,2 erhöhen. Der Charlson-Comorbidity-Index besteht aus einer Liste von 19 Erkrankungen, welche mit 1 bis 6 Punkten gewichtet werden. Der Charlson-Comorbidity-Index kann ohne zusätzliche Befragung oder Untersuchung des Patienten aus der Krankenakte bestimmt werden. Ein geübter Anwender benötigt fünf Minuten, um den Charlson-Index zu erheben.

■ ■ ■ ■ ■ ■ ■

GERIATRISCHES BASISASSESSMENT BEI ÄLTEREN TUMORPATIENTEN Aktivitäten des täglichen Lebens ( ADL): Barthel-Index Instrumentelle Aktivitäten des täglichen Lebens (IADL) nach Lawton und Brody Kognition: Mini Mental State Examination (MMSE), DemTect Test, Uhrentest Emotion: Geriatric Depression Scale nach Yesavage Mobilität/Sturzneigung: Timed Up &Go-Test, TinettiTest Assessment der sozialen Situation Erfassung der Komorbiditäten: Charlson Index

GERIATRISCH-ONKOLOGISCHES „STAGING“ Nach Balducci [3] können ältere onkologische Patienten in drei Gruppen eingeteilt werden: Gruppe 1 („go go“): Funktionell in den instrumentellen Aktivitäten des täglichen Lebens unabhängige Patienten ohne schwerwiegende Begleiterkrankungen. Bei diesen kann eine Standardbehandlung durchgeführt werden. Wegen der im Alter reduzierten Knochenmarkreserve ist bei einigen Therapieschemata eine Dosisreduktion und/oder die prophylaktische Gabe von Wachstumsfaktoren erforderlich. Gruppe 2 („go“): Diese Patienten benötigen in mindestens einer instrumentellen Aktivität des täglichen Lebens Unterstützung. Sie haben maximal zwei Begleiterkrankungen. Bei diesen Patienten kann eine dosisreduzierte Chemotherapie durchgeführt werden, wenn Unterstützung in den instrumentellen Aktivitäten des täglichen Lebens (z. B. durch Angehörige oder Pflegedienste) gewährleistet ist. Die Entscheidung für oder gegen eine tumorspezifische Therapie hängt davon ab, ob der Patient vermutlich an seiner Tumorerkrankung oder an einer anderen Ursache sterben wird. Wenn seine Lebenserwartung durch die Tumorerkrankung verkürzt wird, kann – bei entsprechender Unterstützung – eine lebensverlängernde spezifische Tumortherapie indiziert sein. Wenn der Patient jedoch vermutlich nicht an seiner Tumorerkrankung, sondern an anderen Erkrankungen versterben wird, ist eine palliative Therapie (dies schließt auch eine palliative Chemotherapie ein) angezeigt. Gruppe 3(„no go“): Bei dieser Gruppe handelt es sich um die gebrechlichen Patienten mit Abhängigkeiten in den Aktivitäten des täglichen Lebens, drei oder mehr Begleiter-

10

krankungen oder einem geriatrischen Syndrom. Diese Patienten versterben vermutlich nicht an der Tumorerkrankung, sondern aus anderen Gründen. Bei diesen Patienten ist eine rein palliative Therapie indiziert. Bei der Entscheidung für oder gegen eine tumorspezifische Therapie bei Patienten der Gruppe 2 ist neben dem Geriatrischen Assessment immer auch die Tumorentität entscheidend: beispielsweise ist bei einem hochmalignen Lymphom wegen der hohen Wachstumsgeschwindigkeit und Ansprechrate in vielen Fällen eine Chemotherapie indiziert. Bei der adjuvanten Therapie eines Kolonkarzinoms muss der Nutzen jedoch sorgfältig unter Berücksichtigung der verbleibenden Lebenserwartung abgewogen werden. Literatur 1. Aapro MS,Cameron Da, Pettengell R et al. EORTC-guidelindes for the use of granulocyte-colony stimulating factor to reduce the incidence of chemotherapy,induced febrile neutropenia in adult patients wieth lymphmas and solid tumours. Euro J Cancer. 2006; 42: 24332453 2. Aapro M, Cull A. Depression in breast cancer patients. The need for treatment. Ann Oncol 1999; 10: 627-636 3. Balducci L, Extermann M. Management of cancer in the older person: a practical approach. Oncologist 2000; 55: 224-237 4. Blazer D. Social support and mortality in an elderly community population. Am J Community Psychiatr 1982; 9: 435-437 5. Bennett M, Ryall N. Using the modified Barthel index to estimate survival in cancer patients in hospice: observational study. BMJ 2000; 321 (7273): 1381-1382 6. Bernabei R, Venturiero V, Tarsitani P. The comprehensive geriatric assessment: when, where, how. Crit Rev Oncol Hematol 1998; 27: 101-109 7. Bingel A. Über die Behandlung der Diphterie mit gewöhnlichem Pferdeserum. Vergleich zwischen 471 mit antitoxischem Heilserum und 466 mit gewöhnlichem Perdeserum behandelten Diphtheriefällen – kein Unterschied. Dtsch Arch Klin Med 1918: 125: 284 8. Bloch RE, Lauterbach K, Oesingmann U, Rienhoff O, Schirmer HD, Schwartz FW. Beurteilungskriterien für Leitlinien in der medizinischen Versorgung. Beschlüsse der Vorstände von Bundesärztekammer und Kassenärztlicher Bundesvereinigung, Juni 2007. Deutsches Ärzteblatt 94, 1997 A 2154-2155 9. Charlson ME, Pompei P, Ales KL, MacKenzie CR. A new method for classifying prognostic comorbidity in longitudinal studies. J Chronic Dis 1987; 40: 373-383 10. Charlson ME, Sax FL, MacKenzie CR, Braham RL, Fields SD, Douglas RG jr. Morbidity during hospitalization: can we predict it? J Chronic Dis 1987; 40: 705-712 11. Chatta GS, Price Th, Allen RC. Effects of in vivo recombinant methionyl human granulocyte colony-stimulating factor on the neutrophil response and peripheral blood colony-forming cells in healthy young and elderly adult volunteers. Blood 1994; 84: 2923-2929 12. Chow E, Harth T, Hruby G, Finkelstein J, Danjoux W, Danjoux C. Hoe accurate are physicians Clinical Predictions and the available prognostic tools in estimating survival times in terminally ill Cancer Patients? A systematic review. Clinical Oncology 2001; 13: 209-218 13. Ensred KE et al. Central nervous system- active medications and risk for falls in older women. J Am Geriatr Soc 2002; 50: 1629-1637 14. Evidence-Based Medicine Working Group. Evidence-based medicine. A new approach to teaching the practice of medicine. JAMA. 1992; 268: 2420-2425

EUROJGER VOL. 11 (2009) NO. 2

EUROPEAN JOURNAL OF GERIATRICS

15. Extermann M, Overcash J, Lyman GH, Parr J, Balducci L. Comorbidity and functional status are independent in older cancer patients. J Clin Oncol 1998; 16: 1582-1587 16. Extermann M. Measurement and impact of comorbidity in older cancer patients. Crit Rev Oncol Hematol 2000; 18: 2529-2536 17. Extermann M, Chen H, Cantor MB: Predictors of tolerance to chemotherapy in older cancer patients: a prospective pilot study. Eur J Cancer 2002; 38: 1466-1437 18. Folstein MF, Folstein SE, Mc Hugh PR. A Mini Mental State: A practical method for grading the cognitive status of patients for the clinician. J Psychiatr Res 1975; 12: 189-198 19. Frasci G, Lorusso V, Panza N. Gemcitabine plus vinorelbine versus vinorelbine alone in elderly patients with advanced non-small-cell lung cancer. J Clin Oncol 2000; 18: 2529-2536 20. Friedrich G, Kolb G, Wedding U, Pientka L. Assessment-gestützte Entscheidungen bei älteren Patienten in der Onkologie. Eur J Ger 2003; 5: 174-181 21. Haynes RB, Devereaux PJ, Guyatt GH. Physicians and patients´ choices in evidence based practice. BMJ 2002; 324: 1350 22. Inouye SK, Peduzzi PN. Importance of functional measures in predicting mortality among older hospitalized patients. J Am Med Assoc 1998, 279 (15): 1187-1193 23. Goodwin JS, Hunt WC et al. A population-based Study of functional status and social support networks of elderly patients newly diagnosed with cancer. Arch Intern Med 1991; 151 (2): 366-370 24. Juurlink DN, Mamdani MM, Lee DS, Kopp A, Austin PC, Laupacis A, Redelmeier DA. Rates of hyperkalemia after publication of the Randomized Aldactone Evaluation Study. N Engl J Med 2004 Aug 5; 351 (6): 543-551 25. Karnowsky DA, Adelmann WH et al. The of nitrogen mustard in the palliative treatment of carcinoma. Cancer1948; 1: 1634-1656 26. Kühnlein T, Forster J. Welche Evidenz braucht der Arzt? In: Kunz R, Ollenschläger G, Raspe H, Raspe H. Theorie, Geschichte und Ethik der Evidenzbasierten Medizin (EbM). In: Kunz R, Ollenschläger G, Raspe H, Jonitz G und Donner-Banzhof N.( Hrsg.): Lehrbuch Evidenzbasierte Medizin in Klinik und Praxis. Köln. Deutscher Ärzte Verlag 2007 27. Kessler J, Calabrese P, Kalbe E, Berger F. DemTect: Ein neues Screeningverfahren zur Unterstützung der Demenzdiagnostik. Psycho 2000; 26: 343-347 28. Lawton MP, Brody EM. Assessment of older people: self-maintaining and instrumental acivities of daily living. Gerontologist 1969 Qutumn; 9 (3): 179-186 29. Lipschitz DA, Udupa KB. Age an the hematopoetic system. J Am Geriatr Soc 1986; 34: 448-454 30. Lipschitz DA. Age related decline in hematopetic reserve capacity. Semin Oncol 1995; 22 (Suppl 1): 3-6 31. Passik SD, Dugan W, Mc Donald V. Oncologists´ recognition of depression in their patients with cancer. J Clin Oncol 1998; 16: 15941600 32. Pitt B, Zannad F, Remme WJ, Cody R, Castaigne A, Perez A, Palensky J, Wittes J. The effect of spironolactone on morbidity and mortality in patients with severe heart failure. Randomized Aldactone Evaluation Study Investigators. N Engl J Med. 1999 Sep 2; 341 (10): 709-717 33. Rothstein G. Hematopoiesis in the aged: a model of hematopoeitic dysregulation? Blood 1993; 82: 2601-2604 34. Potsialdo D, Richardson S. The timed „up &go“. A test of basic functional mobility for frail elderly persons. J Am Geriatr Soc 1991; 39: 142-148 35. Raspe H und Lühmann D. Klinische und Versorgungsleitlinien. Z. Ärztl. Fortbild. Qual. sich 2002; 96: 212-213 36. Reuben DB, Rubenstein LV et al. Value of functional status as a predictor of mortality: results of a prospective study. Am J Med 1992; 93 (6): 663-669

EUROJGER VOL. 11 (2009) NO. 2

37. Rubenstein LZ, Josephson KR, Wieland GD et al. Effectiveness of a geriatric evaluation unit: a randomized clinical trial. N Engl J Med 1984; 311: 1664-1670 38. Sackett DL et al. Evidence based medicine: what it is and what it isn´t. BMJ 1996: 312: 71-72 39. Shulman K, Shedtletsky R, Silver I. The challenge of time. Clock drawing and cognitive function in the elderly. Int J Geriatr Psychiatry 1986; 1: 135-140 40. Silliman RA, Barry P. Outpatient comprehensive assessment: an intervention whose time has come, or has it. J Am Geriatr Soc 1999; 47: 371-372 41. Smith TJ (Chair), Khatcheressian J, Lyman GH, Ozer H, Armitage JO, Balducci L, Bennet CL, Cantor SB, Crawford J, Cross SJ, Demetri G, Desch CE, Pizzo PA, Schiffer CA, Schwartzberg L, Somerfield MR, Somlo G, Wade JC, Wade JL, Winn RJ, Wozniak AJ, Wolff AC. 2006 Update of Recommendations for the Use of White Blood Cell Growth Factors: An Evidence-Based Clinical Practice Guideline. J Clin oncol 2006; 24: 3187-3205 42. Solomon D. NIH consensus development conference statement: geriatric assessment methods of clinical decision making. J Am Geriatr Soc 1988; 36: 342-347 43. Stoll S. Klinische Forschung und Ethik bei Paul Martini. Z. Ärztl. Fortbild. Qualitätssich. 2003, 97: 675-679. Zitiert nach: Raspe H: Theorie, Geschichte und Ethik der Evidenzbasierten Medizin (EbM). In: Kunz R, Ollenschläger G, Raspe H, Jonitz G und Donner-Banzhof N.(Hrsg.): Lehrbuch Evidenzbasierte Medizin in Klinik und Praxis. Köln. Deutscher Ärzte Verlag 2007 44. Stuck AE, Siu AL, Wieland GD. Comprehensive Geriatric Assessment: a metaanalysis of controlled trials. Lancet 1993; 342: 10321036 45. Tinetti ME. Performance-oriented assessment of mobility problems in elderly patients. J Am Geriatr Soc 1986; 34: 119-126 46. Trilling JS, Tanvir N. Selections from current literature: falls in the elderly. Fam Pract 1995; 12 (4): 482-485 47. Verrkerk K, van Veenendaal H, Severens J, Hendriks EJM, Burgers JS. Considered judgment in evidence-based guideline development. International Journal for Quality in Health Care 2006; 18 (5): 365369 48. Wenisch C, Patruta S, Daxböck F, Krause R, Hörl W. Effects of age on human neutrophil function. J Leuk Biol 2000: 6740-6745 49. Yesavage JA, Brink TL, Rose TL. Development and validation of a geriatric depression scale: a preliminary report. J Psychiatr Res 1982; 7: 37-49

FÜR DIE VERFASSER : DR. ANDREAS H. LEISCHKER, M.A. KRANKENHAUS MARIA HILF GMBH KLINIK FÜR ALLGEMEINE INNERE MEDIZIN, ONKOLOGIE UND ALTERSMEDIZIN OBERDIEßEMER STRAßE 136 47805 KREFELD GERMANY E-MAIL: [email protected] received/eingegangen: ??.??.2009 accepted/angenommen: 26.06.2009

11