des Dietrich Bonhoeffer. Weinheim und Basel: Beltz 1999, S. 157

1 Die christlichen Kirchen in Deutschland und die Verfolgung der Juden Zum 9. November 1938 („Reichskristallnacht“/ „Reichspogromnacht“) (Rede zum 9. ...
Author: Karin Peters
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1 Die christlichen Kirchen in Deutschland und die Verfolgung der Juden Zum 9. November 1938 („Reichskristallnacht“/ „Reichspogromnacht“) (Rede zum 9. 11. 2008) Seit der Machtergreifung von 1933 ging es den Nationalsozialisten darum, die Deutschen jüdischer Herkunft mit Hilfe diskriminierender Gesetze wie dem „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ von 1933 und den rassistischen „Nürnberger Gesetzen“ von 1936 aus dem Zusammenhang der deutschen Gesellschaft herauszulösen. Mit dem 9. November 1938 wird diesen Deutschen vor Augen geführt, dass sie nunmehr auch in ihrer materiellen und leiblichen Existenz ernsthaft bedroht sind. Das Attentat auf den deutschen Diplomaten Ernst vom Rath am 7. November in Paris dient den Nazis als Vorwand dafür, ein Pogrom gegen die jüdischen Deutschen zu entfesseln. Eine Bereitschaft zu solchen gewalttätigen Aktionen lässt sich bereits Anfang des Jahres registrieren; in Gang gesetzt werden sie am 9. November auch durch Initiativen von Joseph Goebbels.1 Wert wird darauf gelegt, die Aggressionen gegenüber Menschen und Sachen als spontanen Ausbruch einer Empörung über die Juden erscheinen zu lassen: 267 Synagogen werden zerstört, 7500 Geschäfte verwüstet, 91 jüdische Deutsche getötet, viele Hundert in den Selbstmord getrieben und 26 000 Männer – zeitweise – in Konzentrationslager verschleppt.2 Obwohl die Unschuld der Opfer offen zutage liegt, bleibt die Haltung der deutschen Bevölkerung gegenüber diesen Vorgängen eher indifferent. Sie schwankt zwischen Neugierde, Beschämung, Schadenfreude und gelegentlicher Lust an der Gewalttätigkeit. Die Nazis können damit zufrieden sein, die Zuschauer bei diesen Exzessen mindestens in moralischer Hinsicht zu ihren Komplizen gemacht zu haben.3 Wo bleiben in dieser Situation die Kirchen? Es fällt auf, dass diejenigen schweigen, von denen am ehesten ein moralischer Protest in der Öffentlichkeit zu erwarten gewesen wäre.4 Dies betrifft nicht nur die opportunistische Mehrheit innerhalb der evangelischen Kirche, sondern auch die innerkirchliche Opposition, die „Bekennende Kirche“, sowie die katholische Kirche. Einzelne evangelische Pfarrer wie etwa Julius 1

Saul Friedländer: „Das Dritte Reich und die Juden.“ München: Beck, 2007, S. 292. Ebd., S. 298. 3 Vgl. Peter Gay: „Meine deutsche Frage“. Jugend in Berlin 1933-1939. München: Beck, 1999, S. 151. 4 Friedländer (Nr. 1), S. 319. Vgl. auch: Renate Wind: „Dem Rad in die Speichen fallen.“ Die Lebensgeschichte des Dietrich Bonhoeffer. Weinheim und Basel: Beltz 1999, S. 157. 2

2 von Jan in Württemberg, der in einer Predigt zum Bußtag am 16. November kritisch auf die Ereignisse reagierte, wurden von ihrer Kirchenleitung im Stich gelassen.5 Wie ist dieses Versagen zu erklären? Um eine Antwort zu finden, möchte ich kurz die Geschichte des Verhältnisses zwischen den christlichen Kirchen und dem nationalsozialistischen Staat vor 1938 und dann von 1938 bis 1945 rekapitulieren. Am Schluss soll ein Blick auf die Nachkriegszeit und die Gegenwart geworfen werden. Die evangelische Kirche in Deutschland ist in ihrer Geschichte für nationale Fixierungen weit anfälliger gewesen als die katholische Kirche.6 Dies soll sich auf verhängnisvolle Weise im „Dritten Reich“ erweisen. Bereits unmittelbar vor der Machtergreifung Hitlers, d.h. im Jahre 1932, gewannen die national orientierten Christen, die so genannten „Deutschen Christen“, bei den Kirchenwahlen eine ZweiDrittel-Mehrheit. Statt, wie eigentlich von einer christlichen Kirche zu erwarten, eine kritische Distanz gegenüber der politischen Macht zu wahren, degradierten sich die „Deutschen Christen“ freudig zu einer religiösen Hilfstruppe der Nationalsozialisten. Für diese waren ja der Nationalismus und der Antisemitismus unauflöslich miteinander verknüpft. Das richtige Nationalbewusstsein sollte sich allererst durch eine radikale Abgrenzung von den Juden formieren können. So beeilten sich die „Deutschen Christen“ damit, die Anwendung des so genannten „Arierparagraphen“ auf das kirchliche Leben zu fordern. Ende 1933 hieß es auf einer Veranstaltung der „Deutschen Christen“ im Berliner Sportpalast: „In der deutschen Volkskirche haben Menschen fremden Blutes nichts zu suchen, weder auf noch unter den Kanzeln.“ 7 Es hätte wohl den endgültigen geistlichen Ruin der evangelischen Kirche bedeutet, wenn nicht zumindest einige wenige die Unvereinbarkeit solcher Tendenzen mit den Grundsätzen des Christentums erkannt hätten. Der religiöse Kult des Nationalen, wie er von den Nationalsozialisten gepflegt wurde, bedeutete ja die Vergötzung eines weltlichen Wertes, die dem christlichen – wie auch dem jüdischen – Glauben zutiefst widersprach. Diese Erkenntnis veranlasste Martin Niemöller und Dietrich Bonhoeffer im September 1933 dazu, mit einem Aufruf gegen die Einführung des 5

Vgl. den Text dieser Predigt: http://troehm.dynds.org/download/evki-Oberlenningen/Julius-von-JAN _Broschuere.pdf 6 Vgl. zur Illustration das Engagement der deutschen Protestanten für den nationalen Mythos von Hermann dem Cherusker: „Die Enthüllung des Hermanndenkmals fiel mitten in die Zeit des Kulturkampfes zwischen Staat und katholischer Kirche – und Arminius feierte als historischer Kämpfer gegen Rom protestantische Urständ. ‚Gott sei geklagt’, rief der lippische Superintendent bei der Einweihung enrüstet aus, ‚dass es noch Deutsche gibt, denen die Herrlichkeit des Deutschen Reiches ein Dorn im Auge ist.’“ Tillmann Bendikowski: „Mythos einer Schlacht“. In: „Die Zeit“, Nr. 45, 30. 10. 2008, S. 21. 7 Zitiert nach: Friedländer (Nr. 1), S. 1060.

3 „Arierparagraphen“ in der Kirche zu protestieren und schließlich einen „Pfarrernotbund“ zu gründen. Ein Jahr später sollte dann mit der „Barmer Theologischen Erklärung“ die oppositionelle „Bekennende Kirche“ entstehen. Saul Friedländer hat jedoch in seinem Buch „Das Dritte Reich und die Juden“ einen scharfen Blick dafür, wie begrenzt das Engagement selbst der „Bekennenden Kirche“ für die jüdischen Deutschen war. Man wandte sich zwar entschieden gegen einen Ausschluss der konvertierten Juden aus der Kirche – sei’s als Gemeindemitglieder, sei’s als Bedienstete – , reagierte aber kaum auf die immer massiver werdende Diskriminierung der jüdischen Deutschen im öffentlichen Leben. Diese Einschränkung kommt auch 1939 bei einer Kontroverse mit den „Deutschen Christen“ über die so genannte „Godesberger Erklärung“ zum Vorschein. Den „Deutschen Christen“ ging es bei dieser Erklärung vor allem darum, einen „unüberbrückbaren religiösen Gegensatz“8 des christlichen Glaubens zum Judentum herauszustellen. Eine praktische Konsequenz aus dieser Position bestand übrigens darin, ein „Institut zur Erforschung und Beseitigung des jüdischen Einflusses auf das deutsche kirchliche Leben“ zu gründen. Ein Ergebnis solcher Aktivitäten bestand in einer revidierten Fassung des „Neuen Testaments“, in der Wörter wie Jehova , Israel, Zion und Jerusalem getilgt waren.9 Die „Bekennende Kirche“ wandte sich zwar gegen solche Konsequenzen, die ja auf eine Selbstabschaffung des Christentums hinausliefen. Sie verteidigte das „Alte Testament“ und kämpfte gegen den Ausschluss der konvertierten Juden aus der Kirche. Auf der anderen Seite räumte sie aber dem Staate das Recht ein, „eine ernste und verantwortungsvolle Rassenpolitik zur Reinerhaltung unseres Volkes“ zu treiben.10 Offensichtlich war also selbst der „Bekennenden Kirche“ das Engagement für die verfolgten jüdischen Deutschen keine Herzenssache. Die christliche Nächstenliebe blieb hier eigentümlich rationiert, wie sich eben anlässlich des 9. November 1938 gezeigt hatte. Als ein tieferer Grund für diese Zurückhaltung muss wohl generell das Unvermögen des Christentums gelten, mit seiner Herkunft aus der jüdischen Religion klar zu kommen. Die Abweichung vom traditionellen Judentum, die sich aus der Orientierung an Jesus Christus ergab, sollte bald die tiefere Verwurzelung im Judentum 8

Zitiert nach Friedländer (Nr. 1), S. 350. Friedländer (Nr. 1), S. 350. 10 Zitiert nach Friedländer (Nr. 1), S. 436. 9

4 überdecken. Anstelle einer Dankbarkeit gegenüber der spirituell befreienden Lehre entwickelte sich ein Unwillen gegenüber der vermeintlichen Starrheit dieser Lehre, der traditionelle christliche „Antijudaismus“. Die Nationalsozialisten machten sich nur allzu gern solche Traditionen in Verbindung mit den fremdenfeindlichen Affekten verschreckter Bürger zu Nutze. Ablesbar wird dies etwa an einer Ausstellung mit dem Titel: „Der ewige Jude“ von 1937 in München. Ergänzend dazu wurde die Dramatisierung einer üblen antijüdischen Schrift Martin Luthers geboten: „Von den Juden und ihren Lügen“, in welcher der Reformator unverblümt zur Vertreibung der Juden aufrief: „Drum immer weg mit ihnen.“11 Luthers viel gerühmter Sinn für das Mundwerk der einfachen Leute entpuppt sich hier als Geschmack an dumpfen Ressentiments. Davon waren selbst herausragende Persönlichkeiten der „Bekennenden Kirche“ nicht frei. So äußerte sich Otto Dibelius, damals Superintendent, nach dem Kriege Bischof von Berlin und Brandenburg, in einem österlichen Sendschreiben von 1933 folgendermaßen: „Ich habe mich trotz des bösen Klangs, den das Wort besitzt, immer als Antisemiten gewusst.“12 Selbst Martin Niemöller erklärte 1937 in einem Gerichtsprozess, die Juden seien ihm „unsympathisch und fremd“.13 Auch gebildeten deutschen Protestanten fällt es offensichtlich schwer, eine selbstgerechte Diskreditierung der vermeintlich Andersartigen, eben der Juden, im Geiste der Bergpredigt, ihrer tollkühnen Humanität, zu überwinden. Durch den „Holocaust“, also die industrialisierte Ausrottung der europäischen Juden seit 1942, wird auch die innere Legitimität der christlichen Kirchen in Deutschland bis ins Mark getroffen. Bevor ich darauf zu sprechen komme, möchte ich kurz einen Blick auf die Haltung der katholischen Kirche zum nationalsozialistischen Staat und zur Verfolgung der Juden werfen. Diese Kirche war zunächst froh, ihre Existenz unter den neuen politischen Umständen durch das „Reichskonkordat“ von 1933 abgesichert zu haben. Der damalige Papst Pius XI. registrierte jedoch zunehmend Diskrepanzen zwischen der christlichen Lehre und der Politik Hitlers. Dies kam vor allem in der Enzyklika „Von brennender Sorge“ von 1937 zum Ausdruck, in der u. a. die Rassetheorien der Nationalsozialisten verdammt wurden. Eine explizite Bezugnahme auf die aktuelle Situation der Juden fehlte aber dabei. Berühmt wurde

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„Dr. Martin Luthers Sämtliche Schriften“ Bd. 20, hg. von Dr. Joh. Georg Walch. Nachdruck der Ausgabe von 1880-1910. Groß Oesingen 1986, Sp. 1994. 12 Zitiert nach Friedländer (Nr. 1), S. 55. 13 Ebd., S. 58.

5 eine eher private Äußerung des Papstes am 6. September 1938: „Der Antisemitismus ist nicht vertretbar. Wir sind im geistlichen Sinne Semiten.“14 Als Pius XII. 1939 auf Pius XI. folgte, sollte es jedoch zu einer Kursänderung kommen. Der neue Papst suchte prinzipiell Konfrontationen mit dem Regime Hitlers zu vermeiden; Saul Friedländer spricht hier von einem „katholischen Appeasement“.15 Bezeichnend war etwa, wie im Jahre 1943 eine mutige Initiative des Bischofs von Berlin: Konrad Graf Preysing abgeblockt wurde. Die Bischofskonferenz unter dem Kardinal Bertram war dagegen, seinen „Entwurf einer Petition zugunsten der Juden“ zu akzeptieren. Der Kommentar des päpstlichen Nuntius lautete: „Nächstenliebe ist schön und gut. Aber die größte Nächstenliebe besteht darin, der Kirche keine Schwierigkeiten zu machen.“16 Was ist aber von einer Institution zu halten, die sich wesentlich durch die Nächstenliebe legitimiert, aber um ihres Bestandes willen auf die Praktizierung der Nächstenliebe verzichtet? Durch die systematische Vernichtung der europäischen Juden von 1942 bis 1945 nahm der Antisemitismus in Deutschland eine Form an, die sicherlich nicht mehr den Intentionen der meisten Deutschen entsprach. Auf der anderen Seite wurde aber dieses organisatorisch höchst anspruchsvolle Projekt nur deswegen möglich, weil die Täter wie schon beim 9. November 1938 mit der Passivität der Bevölkerung rechnen konnten. Sich gegen die mörderische Konsequenz von Ressentiments zu wenden, denen man selbst vielleicht auch aus religiösen Motiven zuneigte, schien unter den gegebenen Umständen nicht möglich zu sein. So ließ man es geschehen, indem man sich zugleich innerlich gegen eine Auseinandersetzung mit diesem Geschehen, seiner Unverzeihlichkeit, sperrte. Victor Klemperer, Mitglied der evangelischen Kirche, aber als „Jude“ nur durch seine „arische“ Ehefrau vor dem Schlimmsten bewahrt, hat diese unwillkommene Mitwisserschaft der Deutschen in seinem Tagebuch präzis registriert und reflektiert. Am 10. August 1942 schreibt er mit Blick auf einen kleinen Beamten, der über die Verfolgung der Juden gut Bescheid wissen musste: „[Er] will nicht sehen, was ihm peinlich wäre, darin liegt seine Mitschuld, und darin ist er typisch und repräsentativ für eine ungeheure Schicht… Diese Schicht ist

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Zitiert nach Friedländer S. 272. Friedländer (Nr. 1), S. 436. 16 Zitiert nach Friedländer (Nr. 1), S. 898. 15

6 mitschuldig und muß mitbüßen. Andernfalls, um es pathetisch auszudrücken, ist Deutschlands Seele für Zeit und Ewigkeit verloren.“ 17 Auch die christlichen Kirchen in Deutschland wollten nicht so genau hinsehen – einmal abgesehen von den mutigen Initiativen einzelner und mancher Einrichtungen –, weil ihnen der mörderische Antisemitismus der Nationalsozialisten sonst vielleicht ihre eigene traditionelle Judenfeindschaft vor Augen geführt hätte. Da die Wahrheit kaum auszuhalten war, behalfen sich viele Deutsche, auch hohe Repräsentanten der Kirche, nach dem Kriege mit Lügen. So behauptete der Kardinal Bertram, der noch Anfang Mai 1945 ein feierliches Requiem für den Katholiken Adolf Hitler angeordnet hatte18, von der systematischen Ermordung der Juden nichts gewusst zu haben.19 Dies war aber nachweislich falsch. Die evangelische Kirche legte zwar im Oktober 1945 ein „Stuttgarter Schuldbekenntnis“ ab, beließ aber fast alle „Deutsche Christen“ in ihren kirchlichen Ämtern.20 Der anglikanische Bischof George Bell, ein enger Freund Dietrich Bonhoeffers, bemängelte zu Recht, dass in diesem „Schuldbekenntnis“ von dem christlichen Antijudaismus und der Verfolgung der Juden überhaupt nicht die Rede war. Bonhoeffer, der als einziger Protestant eine wegweisende theologische Position – auch im Hinblick auf das Verhältnis zu den Juden –

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während des „Dritten Reiches“ formuliert hatte und noch 1945

hingerichtet worden war, wurde durch das Verhalten der evangelischen Kirche objektiv desavouiert. Der Kirchenfunktionär Heckel, der Bonhoeffer bei den staatlichen Behörden denunziert hatte, stieg nach dem Kriege zum „Flüchtlingsbischof“ auf.22 Als 1953 im KZ Flossenbürg, der Hinrichtungsstätte Bonhoeffers, eine Gedenkfeier für den Theologen stattfinden sollte, lehnte der zuständige Landesbischof Meiser demonstrativ eine Teilnahme ab.23 Noch heutzutage kann er von dem Geschäftsführer eines Pforzheimer Unternehmens und Mitglied der CDU als „ganz gewöhnlicher Landesverräter“ diffamiert werden.24 17

Victor Klemperer: Tagebücher 1942. Hg. von Walter Nowojski unter Mitarbeit von Hadwig Klemperer. Berlin: Aufbau Taschenbuch Verlag 2006, S. 201. 18

Friedländer (Nr. 1), S. 1045. Ebd., S. 897. 20 Wind (Nr. 4), S. 92-93. 21 Dietrich Bonhoeffer: „Erbe und Verfall“. In: derselbe: Werke Bd. 6: „Ethik“, hg. von Ilse Tödt u. a. München: Chr. Kaiser 1992, S. 95. (Vgl. dazu: Friedländer [Nr. 1], S. 958 – 959) 22 Wind (Nr. 4), S. 143-144. 23 Ebd., S. 179-180. 24 „Landesverräter Bonhoeffer“. Wasser-Verbandschef und CDU-Mitglied diffamiert NS-Widerständler. Von Gabriele Renz. In: „Frankfurter Rundschau“ vom 8./9. 11. 2008, S.10. 19

7 Seit den sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts bemühen sich die beiden Kirchen darum, ihr Verhältnis zu den Juden zu klären. Ich bin mir aber nicht sicher, ob man damit, einmal abgesehen von schönen Deklarationen und Diplomatie, sehr weit gekommen ist.25 Wie ein dauernder Stachel wirkt die Feststellung von Saul Friedländer, dass die „Stigmatisierung der Juden […]dem christlichen Dogma oder der christlichen Tradition inhärent“ sei.26 Nur die Besinnung auf das authentische Judentum von Jesus könnte uns vor dem fatalen Hochmut gegenüber den Juden bewahren.27

Helmut Pillau , 8. 11. 2008

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Vgl. etwa: Micha Brumlik: „Bußformeln und Mission“. Micha Brumlik zu den Schwierigkeiten des christlichjüdischen Dialogs. In: Frankfurter Rundschau zum 29.Deutschen Evangelischen Kirchentag in Frankfurt a. M. 2007. 26 Friedländer (Nr. 1), S. 958 und 97. 27 Vgl. zur Illustration eine mündliche Äußerung des ehemaligen Pfarrers Rudolf Weckerling, 97 Jahre alt, Freund Bonhoeffers, Niemöllers und Gollwitzers, in einer Sendung von Kulturradio RBB: „Gott und die Welt:’Kirche ist immer politisch’“ am 26. 10.2008, 9.04 -9.30: „Die Ökumene fängt mit Israel an. Gott kommt in Israel zur Welt, Bethlehem. Diese Isolierung von Jesus und seine Entjudung ist ein illegitimer und krimineller Prozess gewesen. Aber der ist ja… 2000 Jahre hat es ja gehalten. Und Papst Johannes XXIII., der hat das Karfreitagsgebet geändert. Und jetzt hat der neue Papst, weil er aus Bayern stammt, das alles wieder rückgängig gemacht, nur etwas sanfter. Jetzt betet man ja doch wieder für die Bekehrung der Juden. Und das ist eine Perversion der wirklichen Verhältnisse.“ (S. 10)

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