DER VERFASSUNGSGERICHTSHOF DES FREISTAATES SACHSEN

Vf. 137-IV-08 DER VERFASSUNGSGERICHTSHOF DES FREISTAATES SACHSEN IM NAMEN DES VOLKES Beschluss In dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerde des ...
Author: Klara Kruse
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Vf. 137-IV-08

DER VERFASSUNGSGERICHTSHOF DES FREISTAATES SACHSEN IM NAMEN DES VOLKES

Beschluss In dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerde

des Herrn Dr. K., Verfahrensbevollmächtigter:

Rechtsanwalt Curt-Matthias Engel, Otto-Schill-Straße 7, 04109 Leipzig,

hat der Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen durch die Präsidentin des Verfassungsgerichtshofes Birgit Munz sowie die Richter Jürgen Rühmann, Matthias Grünberg, Ulrich Hagenloch, Hans Dietrich Knoth, Rainer Lips, Hans v. Mangoldt, Martin Oldiges und Hans-Heinrich Trute

am 25. Juni 2009

beschlossen:

Die Verfassungsbeschwerde wird verworfen.

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G r ü n d e: I. Mit seiner am 12. September 2008 bei dem Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen eingegangenen Verfassungsbeschwerde wendet sich der Beschwerdeführer gegen verschiedene Beschlüsse des Amtsgerichts und des Landgerichts Leipzig im Rahmen eines gegen ihn gerichteten Ermittlungsverfahrens. Der vom Amtsgericht Gera (8 IN 529/03) über das Vermögen der I. GmbH O. bestellte Insolvenzverwalter nahm den Beschwerdeführer, einen Rechtsanwalt, in einem vor dem Landgericht Leipzig (03 O 5295/03) geführten Rechtsstreit zuletzt auf Zahlung von 352.248,32 EUR nebst Zinsen in Anspruch. Zur Begründung führte er aus, der Beschwerdeführer habe für die Gemeinschuldnerin Schecks vereinnahmt und sei zur Auskehrung der Beträge verpflichtet. Der Beschwerdeführer wandte hiergegen u.a. ein, nicht zur Rückzahlung verpflichtet zu sein, weil er berechtigt gewesen sei, seine eigenen Honorarforderungen aus den Scheckbeträgen zu befriedigen. Zur Beendigung des Rechtsstreits schlossen die Parteien einen Vergleich. Hiernach verpflichtete sich der Beschwerdeführer, an den Kläger 352.248,32 EUR nebst Zinsen in Höhe des jeweiligen Basiszinssatzes zu zahlen. Ein Teilbetrag in Höhe von 40.000 EUR sollte sofort, der restliche Betrag in 59 Raten gezahlt werden. Der Kläger wiederum verpflichtete sich, Honorarforderungen in Höhe von insgesamt 150.000 EUR zur Insolvenztabelle anzuerkennen. Am 21. Februar 2006 ging bei der Staatsanwaltschaft Leipzig eine anonyme Strafanzeige ein. Hierin wird u.a. ausgeführt, bei den Honorarforderungen des Beschwerdeführers handele es sich um rückdatierte Scheinrechnungen. Im Zusammenhang mit dem Vergleichsabschluss habe der Beschwerdeführer behauptet, dass er die Vergleichssumme nicht aufbringen könne. Deshalb habe sich der Insolvenzverwalter auf eine Ratenzahlung und die im Vergleich vereinbarte Verzinsung eingelassen. Tatsächlich sei das Geld jedoch vollumfänglich beim Beschwerdeführer vorhanden gewesen, der es zu einem höheren Zinssatz angelegt habe. Hierauf leitete die Staatsanwaltschaft Ermittlungen gegen den Beschwerdeführer ein. Am 20. Mai 2008 erließ das Amtsgericht Leipzig (281 ER 05 Gs 687/08) nach §§ 102, 105 Abs. 1, § 162 Abs. 1, § 33 Abs. 4 StPO einen Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschluss, der sich auch auf die Geschäftsräume des Beschwerdeführers bezog. Zur Begründung wurde ausgeführt, es bestehe der Verdacht, dass sich der Beschwerdeführer vor dem Landgericht auf unberechtigte Honorarforderungen berufen habe, um das Gericht zu täuschen und zur Abweisung der Klage zu veranlassen, wobei er um die Nichtberechtigung der Forderungen gewusst habe. Der Verdacht ergebe sich insbesondere daraus, dass sich der einer Rechnung des Beschwerdeführers zugrunde liegende Sachverhalt nach dem angegebenen Rechnungsdatum ereignet habe. Der Tatverdacht stütze sich auf die Angaben zweier Zeugen und den polizeilichen Ermittlungsbericht. Gegen den am 22. Mai 2008 vollzogenen Beschluss sowie gegen die Art und Weise der Durchsuchung legte der Beschwerdeführer am selben Tag gegenüber dem Amtsgericht Be-

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schwerde ein. Zudem beantragte er sowohl gegenüber dem Amtsgericht als auch gegenüber der Staatsanwaltschaft Akteneinsicht. Das Amtsgericht erließ am 22. Mai 2008 (281 ER 05 Gs 724/08) nach §§ 102, 103, 105 Abs. 1, § 162 Abs. 1, § 33 Abs. 4 StPO einen weiteren Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschluss, der am selben Tag vollzogen wurde. Der Beschluss entspricht dem Beschluss vom 20. Mai 2008. Als Geschäftsadresse ist jedoch zusätzlich die der A. GmbH angegeben; hier werden für den Beschwerdeführer Akten verwahrt. Mit Schriftsatz vom 26. Mai 2008 legte der Beschwerdeführer gegenüber dem Amtsgericht gegen den Beschluss vom 22. Mai 2008 Beschwerde ein und beantragte zum Zwecke der Begründung der Beschwerde die Gewährung von Akteneinsicht. Die zuständige Staatsanwältin verfügte am 26. Mai 2008, dem Beschwerdeführer Akteneinsicht für drei Tage zu gewähren, und teilte dies dem Beschwerdeführer mit. Übersandt wurden die Haupt-, nicht aber die Beiakten. Nachdem das Amtsgericht dem Beschwerdeführer aufgegeben hatte, seine Rechtsmittel bzw. Rechtsbehelfe gegen die Durchsuchungsbeschlüsse bis zum 6. Juni 2008 zu begründen, kam der Beschwerdeführer dem am 9. Juni 2008 nach. Zudem wies er darauf hin, dass ihm Akteneinsicht nur in Band I und Band II des staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens gewährt worden und nicht ersichtlich sei, weshalb die Staatsanwaltschaft die Einsicht in die Beiakten verweigere. Er beantragte erneut Akteneinsicht und kündigte an, danach weiter vorzutragen. Das Amtsgericht half mit Beschluss vom 9. Juni 2008 (281 ER 05 Gs 687/08 und 281 ER 05 Gs 724/08) den Beschwerden gegen die Durchsuchungsbeschlüsse nicht ab und legte sie dem Landgericht Leipzig zur weiteren Entscheidung vor. Mit zwei weiteren Beschlüssen stellte das Amtsgericht fest, dass die Art und Weise der angeordneten und erfolgten Durchsuchungen ordnungsgemäß erfolgt sei. Mit Schriftsatz vom 23. Juni 2008 beantragte der Beschwerdeführer gegenüber dem Landgericht Akteneinsicht. Mit Beschluss vom selben Tag verwarf das Landgericht (11 Qs 12/08 und 11 Qs 13/08) die Beschwerden als unbegründet, weil die amtsgerichtlichen Beschlüsse den verfassungsgerichtlichen Anforderungen an den Richtervorbehalt bei Durchsuchungen genügten. Es bestehe der Verdacht, dass der Beschwerdeführer in dem Zivilverfahren vor dem Landgericht bewusst wahrheitswidrig über entscheidungserhebliche Tatsachen vorgetragen habe, um das Gericht zu einer materiell-rechtlich falschen Entscheidung zu veranlassen. Damit sei er der Straftat des versuchten Betruges verdächtig. Die Staatsanwaltschaft teilte dem Beschwerdeführer am 3. Juli 2008 mit, infolge eines Versehens seien die Beiakten nicht zur Einsicht übersandt worden und gewährte ihm in drei Beiakten Akteneinsicht. Bei den Beiakten handelte es sich um Kopien einer Akte der Staatsanwaltschaft Karlsruhe (510 Js 18302/05), der Insolvenzakte des Amtsgerichts Gera sowie der dem Strafverfahren zugrunde liegende Akte des Landgerichts Leipzig.

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Mit Schriftsatz vom 3. Juli 2008 erhob der Beschwerdeführer gegen den Beschluss des Landgerichts Gegenvorstellung und Anhörungsrüge. Daraufhin wurde dem Beschwerdeführer die Möglichkeit zur ergänzenden Begründung bis zum 30. Juli 2008 eingeräumt. Gegenüber der Staatsanwaltschaft beantragte der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 10. Juli 2008 wiederholt Akteneinsicht und erhob eine Dienstaufsichtsbeschwerde. Mit neuerlichem Schreiben vom 17. Juli 2008 wurde Akteneinsicht in die Originalakten beantragt. Am selben Tag lehnte die Staatsanwaltschaft den Antrag gemäß § 147 Abs. 2 StPO ab. Ihm sei Akteneinsicht in Duplikatsakten gewährt worden. Der Abschluss der Ermittlungen sei noch nicht nach § 169a StPO in den Akten vermerkt worden. Eine weitergehende Akteneinsicht könne den Untersuchungszweck gefährden. Von der Beschränkung des § 147 Abs. 2 StPO ausgenommene Unterlagen im Sinne von § 147 Abs. 3 StPO lägen nicht vor. Die am 18. Juli 2008 erneut beantragte Akteneinsicht lehnte die Staatsanwaltschaft mit Schriftsatz vom selben Tag nach § 147 Abs. 2 StPO ab. Es wurde ausgeführt, dass durch die gewährte Akteneinsicht in die Duplikatsakten in die für die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Durchsuchungsbeschlüsse erforderlichen Unterlagen vollständig Einsicht gewährt worden sei. Hierauf erwiderte der Beschwerdeführer noch am selben Tag. Es sei aus der bisherigen Verfahrensakte nicht ersichtlich, dass konkrete Anhaltspunkte vorlägen, die es objektiv geeignet erscheinen lassen, der Untersuchungszweck könnte durch die Gewährung von Akteneinsicht tatsächlich gefährdet sein. Die Staatsanwaltschaft entgegnete daraufhin, dass ausreichende Akteneinsicht gewährt worden sei und eine weitergehende Akteneinsicht nach § 147 Abs. 2 StPO abgelehnt werde. Nachdem der Beschwerdeführer die Gegenvorstellung und die Anhörungsrüge weiter begründet sowie Akteneinsicht beantragt hatte, erließ das Landgericht am 7. August 2008 einen Beschluss, wonach die Gegenvorstellung der Kammer keinen Anlass gebe, ihre Entscheidung abzuändern; zudem wurde der Antrag auf Nachholung rechtlichen Gehörs zurückgewiesen. Das Landgericht führte insbesondere aus, der Anspruch auf rechtliches Gehör sei durch den Beschluss vom 23. Juni 2008 nicht in entscheidungserheblicher Weise verletzt worden. Die Kammer habe sämtliche Ausführungen des Beschwerdeführers zur Kenntnis genommen. Hinsichtlich der Angriffe zur angeblich nicht ausreichend gewährten Akteneinsicht werde verkannt, dass nach § 147 Abs. 5 Satz 1 StPO im Ermittlungsverfahren ausschließlich die Staatsanwaltschaft über die Gewährung von Akteneinsicht entscheide. Im Beschwerdeverfahren habe die Kammer diese Entscheidung nicht zu überprüfen. Es sei auch nicht ausreichend vorgetragen, wie die Verteidigung durch die – inzwischen nachgeholte – versehentliche Nichtübersendung der drei Beiakten in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt worden sein solle. Das Verfahren der Staatsanwaltschaft Karlsruhe sei nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden. Im Verfahren vor dem Landgericht Leipzig sei der Beschwerdeführer selbst Beklagter gewesen, weshalb ihm der Akteninhalt bekannt gewesen sei. Eine Beiakte beziehe sich auf das Insolvenzverfahren der I. GmbH O.; wesentliche Teile seien dem Beschwerdeführer aus seiner früheren Tätigkeit bekannt. Weder das Amtsgericht noch die Kammer hätten sich bei ihrer Entscheidung ausdrücklich auf Bestandteile der Beiakten gestützt. Der einzige Hinweis der Kammer auf den landgerichtlichen Vergleich in der Beiakte beziehe sich auf ein dem Beschwerdeführer bekanntes Dokument, das sich auch in den Hauptakten befinde. Da die Ver-

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teidigung durch die Akteneinsicht in die Hauptakten davon Kenntnis gehabt habe, dass die Staatsanwaltschaft die entsprechenden Beiakten angefordert habe und dass diese bei ihr eingegangen bzw. kopiert worden seien, wäre es seitens der Verteidigung sachgerecht gewesen, die Staatsanwaltschaft auf das Versehen der unterbliebenen Übersendung der Beiakten hinzuweisen und um Übersendung der Beiakten zu bitten. Die Beiakten seien zudem auch unter Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Anforderungen an einen Durchsuchungsbeschluss nicht entscheidungserheblich gewesen. Der Beschwerdeführer selbst habe nach Einsicht in die Beiakten keine ergänzende Begründung der Gegenvorstellung abgegeben, die ihre Quelle in der Auswertung der vom Beschwerdeführer nicht bekannten Teile der Beiakten gehabt habe. Der Beschwerdeführer rügt mit seiner Verfassungsbeschwerde eine Verletzung von Art. 15, 27, 28, 30, 78 Abs. 2 und Abs. 3 Alt. 1 SächsVerf. Die Durchsuchungsbeschlüsse des Amtsgerichts vom 20. Mai 2008 und vom 22. Mai 2008, die Beschlüsse des Amtsgerichts vom 9. Juni 2008 sowie die Beschlüsse des Landgerichts vom 23. Juni 2008 und vom 7. August 2008 entsprächen nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen an den Inhalt von Durchsuchungsbeschlüssen. Der Tatverdacht des Betruges habe nicht bestanden. Die angegriffenen Beschlüsse setzten sich nicht umfassend mit den Besonderheiten des objektiven und subjektiven Tatbestandes des Straftatbestandes des Betruges sowie den insolvenzrechtlichen Besonderheiten auseinander. Allein die angebliche Rückdatierung der Honorarnoten könne den Tatbestand oder den Verdacht des Betruges nicht begründen. Wenn die Staatsanwaltschaft davon ausgehe, dass er keine anwaltlichen Tätigkeiten im Umfang seiner Abrechnungen erbracht habe, wolle sie durch die Durchsuchung letztlich nur entlastende Beweismittel auffinden. Da das Landgericht in dem Zivilverfahren nicht einmal Hinweise an die Parteien zu seiner vorläufigen Rechtsauffassung mitgeteilt habe, sei der Abschluss des Vergleiches eine autonome Entscheidung der Parteien untereinander gewesen. Da der Vergleich nicht nur die Verpflichtung zur Zahlung der Klageforderung durch den Beschwerdeführer beinhalte, sondern da zugleich ein erheblicher Forderungsbetrag zur Insolvenztabelle aufgenommen worden sei, sei zugleich sein anwaltlicher Honoraranspruch anerkannt worden, was gegen die Ausgangsthese der Staatsanwaltschaft spreche. Es stelle sich die Frage, weshalb er nicht im Rahmen einer Beschuldigtenvernehmung aufgefordert worden sei, sich zu den Tatvorwürfen zu erklären. Ihm stelle sich auch die Frage, ob und in welchem Umfange dem Beschwerdegericht zum Entscheidungszeitpunkt die Akte der Staatsanwaltschaft Karlsruhe vorgelegen habe. Aus den vorliegenden Aktenbestandteilen dieser Akte ergebe sich eine Verfügung der Staatsanwaltschaft Gera, die auf ein weiteres Ermittlungsverfahren in diesem Zusammenhang verweise, als auch eine Verfügung der Staatsanwaltschaft Karlsruhe, aus der sich ergebe, dass sich in diesem Zusammenhang noch Beweismittel in untergebundenen Verfahren befunden hätten. Er könne aber nicht nachvollziehen und überprüfen, ob diese Beweismittel gesichtet oder beigezogen wurden bzw. aus welchem Grund dies unterblieben sei. Die Begründung im Beschluss vom 7. August 2008 zeige, dass der Umfang der verfassungsrechtlich statuierten Verpflichtung zur Gewährung rechtlichen Gehörs verkannt worden sei. Art. 30 SächsVerf sei verletzt. Auch Art. 27 SächsVerf werde berührt und verletzt, weil die Staatsanwaltschaft, das Amtsgericht und das Landgericht die Anforderungen für einen Ein-

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griff nach Art. 27 SächsVerf nicht beachtet hätten. Mit der Durchsuchung und Sicherung sämtlicher Daten aus der Kanzlei des Beschwerdeführers sei nicht nur umfassend auf das Mandatsgeheimnis zugegriffen worden. Es sei weit über den Untersuchungsgegenstand hinaus sämtliche Korrespondenz trotz der Vertraulichkeit bewertet worden. Es liege auch eine wesentliche Beeinträchtigung von Art. 28 SächsVerf vor. Die Vorgehensweise der Staatsanwaltschaft bzw. des Amts- und Landgerichts verletze zudem auch das allgemeine Persönlichkeitsrecht nach Art. 15 SächsVerf. Dies gelte auch hinsichtlich der Verletzung seiner beruflichen Ehre, weil den Beschlüssen in der medialen Öffentlichkeit Prangerwirkung zukomme. Es habe damit gerechnet werden können, dass es aufgrund des guten Informationsflusses zwischen den Polizeibehörden und der Staatsanwaltschaft auf der einen sowie aufgrund des Bekanntheitsgrades des Beschwerdeführers auf der anderen Seite zu einer Bloßstellung in der Öffentlichkeit oder gar zu einer Publikation in der Presse wie anlässlich einer vorangegangenen Durchsuchungsmaßnahme komme. Dies sei offensichtlich in Kauf genommen worden. Darüber hinaus sei der Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt worden. Die Vorgehensweise der Staatsanwaltschaft bzw. die Durchsuchungsbeschlüsse des Amtsgerichts seien verfassungswidrig, weil sie insbesondere den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzten. Der Erlass des Durchsuchungsbeschlusses sei bereits aufgrund des geringen Strafgehaltes des angenommenen Delikts unverhältnismäßig. Die Ansatzpunkte, die für eine Strafbarkeit des Beschwerdeführers sprechen sollten, hätten einer umfassenden Darstellung in der Begründung der Durchsuchungsbeschlüsse bedurft, woran es jedoch mangele. Der Ermittlungsrichter habe offensichtlich eine eigenständige rechtliche Prüfung nicht vorgenommen, was allein die ungewöhnliche inhaltliche Fassung der Durchsuchungsbeschlüsse zeige. Hieraus könne nur der Rückschluss gezogen werden, dass die notwendige Prüfung nicht im verfassungsrechtlich gebotenen Maße erfolgt sei. Das Amtsgericht habe die von der Staatsanwaltschaft erhobenen Vorwürfe kritiklos übernommen und noch nicht einmal selbst geprüft, ob der Straftatbestand des Betruges überhaupt vorliege. Die Annahme des Verdachtes des Betruges durch das Amtsgericht sei objektiv willkürlich. Schließlich seien die zu beschlagnahmenden Beweismittel nicht genau bezeichnet und eingegrenzt worden. Der Staatsminister der Justiz hat zum Verfahren Stellung genommen.

II. Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig, weil sie nicht den an ihre Begründung zu stellenden Anforderungen genügt. 1. Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen die Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlüsse des Amtsgerichts vom 20. und 22. Mai 2008 sowie den Nichtabhilfebeschluss vom 9. Juni 2008 und gegen die Beschlüsse des Landgerichts vom 23. Juni und vom 7. August 2008, nicht aber gegen die Beschlüsse des Amtsgerichts vom 9. Juni 2008, welche die Art und Weise der Durchsuchung betreffen. Zwar geht aus dem Beschwerdevorbringen selbst nicht deutlich hervor, gegen welche amtsgerichtlichen Beschlüsse vom 9. Juni 2008 sich die Verfassungsbeschwerde richtet. Da das Landgericht den Beschwerdeführer im Beschluss vom 23. Juni 2008 jedoch darauf hingewiesen hatte, dass es ihm

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freistehe, hinsichtlich der Einwände gegen die Art und Weise der Durchsuchung Beschwerde gegen die Beschlüsse des Amtsgerichts einzulegen, ist davon auszugehen, dass er mangels Beschwerdeeinlegung dieses Begehren nicht mehr weiter verfolgt. 2. Nach Art. 81 Abs. 1 Nr. 4 SächsVerf i.V.m. § 27 Abs. 1 und § 28 SächsVerfGHG ist eine Verfassungsbeschwerde nur zulässig, wenn der Beschwerdeführer substantiiert die Möglichkeit einer Verletzung eigener Grundrechte aus der Verfassung des Freistaates Sachsen darlegt (SächsVerfGH, Beschluss vom 28. April 2008 – Vf. 127-IV-08; st. Rspr.). Hierzu muss er den Lebenssachverhalt, aus dem er die Grundrechtsverletzung ableitet, aus sich heraus verständlich wiedergeben und im Einzelnen aufzeigen, mit welchen verfassungsrechtlichen Anforderungen die angegriffene Maßnahme kollidieren soll (SächsVerfGH a.a.O.; st. Rspr.). 3. Diesen Anforderungen genügt das Beschwerdevorbringen nicht. a) Die Möglichkeit einer Verletzung von Art. 15 SächsVerf ist nicht hinreichend dargelegt. Die Verfassungsbeschwerde zeigt nicht auf, inwieweit der Beschwerdeführer über die gerügte Verletzung seines Grundrechts auf Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 30 Abs. 1 SächsVerf) hinaus in seinem insoweit subsidiären Grundrecht des Art. 15 SächsVerf verletzt sein könnte. Die vom Beschwerdeführer diesbezüglich geäußerten Befürchtungen betreffen nicht die Anordnung der Durchsuchung, sondern die Art und Weise ihrer Durchführung. b) Der Beschwerdeführer zeigt ebenso wenig die Möglichkeit einer Verletzung seiner in Art. 27 Abs. 1 SächsVerf garantierten Rechte auf. c) Auch die Möglichkeit einer Verletzung der Berufsausübungsfreiheit (Art. 28 Abs. 1 Satz 2 SächsVerf) wird vom Beschwerdeführer nicht dargetan; den strafprozessualen Eingriffsnormen des 8. Abschnitts des Ersten Buchs der Strafprozessordnung kann keine berufsregelnde Tendenz entnommen werden (vgl. BVerfGE 113, 29 [48]). d) Soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör nach Art. 78 Abs. 2 SächsVerf und seines Anspruchs auf ein gerechtes Verfahren nach Art. 78 Abs. 3 Alt. 1 SächsVerf rügt, mangelt es ebenfalls an einer ausreichenden Begründung. e) Die gegen die amtsgerichtlichen und landgerichtlichen Beschlüsse gerichteten Angriffe lassen auch einen möglichen Verstoß gegen Art. 30 Abs. 1 SächsVerf nicht erkennen. aa) Art. 30 Abs. 1 SächsVerf schützt die Unverletzlichkeit der Wohnung, wozu auch Arbeits- und Geschäftsräume gehören können (SächsVerfGH, Beschluss vom 31. Januar 2008 – Vf. 93-IV-07). Eine Durchsuchung, die in diese grundrechtlich geschützte Sphäre eingreift, ist nur unter den Voraussetzungen des Art. 30 Abs. 2 SächsVerf und – wie alle Maßnahmen im Strafverfahren – unter Beachtung des

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Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zulässig. Daraus folgt, dass die Zwangsmaßnahme zur Ermittlung und Verfolgung der Straftat geeignet und erforderlich sein muss. Dies ist nicht der Fall, wenn die Durchsuchung nicht den Erfolg verspricht, geeignete Beweismittel zu erbringen oder andere, weniger einschneidende Mittel zur Verfügung stehen. Ferner muss der jeweilige Eingriff in angemessenem Verhältnis zu der Schwere der Straftat und der Stärke des bestehenden Tatverdachts stehen (SächsVerfGH, a.a.O.; st. Rspr.). Der anordnungsbefugte Richter muss dabei die beabsichtigte Maßnahme eigenverantwortlich prüfen und hat dafür Sorge zu tragen, dass die sich aus der Verfassung und dem einfachen Recht ergebenden Voraussetzungen der Durchsuchung beachtet werden. Ihn trifft die Pflicht sicherzustellen, dass der Eingriff in die Grundrechte messbar und kontrollierbar bleibt. Der Durchsuchungsbeschluss muss dazu den Tatvorwurf so beschreiben, dass der äußere Rahmen in gegenständlicher, räumlicher und zeitlicher Hinsicht abgesteckt wird, innerhalb dessen die Zwangsmaßnahme durchzuführen ist. Er hat grundsätzlich auch die zu durchsuchenden Objekte und die Art und den vorgestellten Inhalt derjenigen Beweismittel, nach denen gesucht werden soll, so zu bezeichnen, wie es nach Lage der Dinge geschehen kann (SächsVerfGH, a.a.O.; st. Rspr.). bb) An diesen Maßstäben gemessen zeigt der Beschwerdeführer nicht auf, dass sein Grundrecht aus Art. 30 Abs. 1 SächsVerf verletzt sein könnte. (1) Soweit er sich gegen die amtsgerichtliche Annahme eines die Anordnung der Durchsuchung rechtfertigenden konkretisierten Anfangsverdachts (vgl. § 102 i.V.m. § 152 Abs. 2 und § 160 Abs. 1 StPO) für eine Strafbarkeit nach § 263 Abs. 1 und 2, §§ 22, 23 Abs. 1 StGB wendet, lässt sein Vorbringen einen möglichen Grundrechtsverstoß nicht erkennen. Der Verfassungsgerichtshof hat die Entscheidung des Fachgerichts nicht darauf zu kontrollieren, ob die Anwendung der einfach-rechtlichen Durchsuchungsvoraussetzungen und die Subsumtion eines Sachverhalts unter einschlägige Normen den gesetzlichen Bestimmungen entspricht; er ist allein zur Wahrung des Verfassungsrechts berufen. Nur wenn die Anordnung einer Durchsuchung erkennen lässt, dass das Fachgericht Inhalt und Tragweite des Grundrechts aus Art. 30 Abs. 1 SächsVerf verkannt hat, ist ein Eingreifen des Verfassungsgerichtshofes angezeigt (SächsVerfGH, a.a.O.; st. Rspr.). Ausweislich der Beschlussbegründung ordnete das Amtsgericht die Durchsuchungen auf der Grundlage der bisherigen Ermittlungen, insbesondere der Aussagen zweier Zeugen sowie des Umstandes an, dass sich der einer Honorarrechnung zugrunde liegende Sachverhalt nach dem Rechnungsdatum ereignet habe. Demgegenüber zeigt der Beschwerdeführer nicht auf, warum angesichts der Zeugenaussagen und der sonstigen den Tatvorwurf stützenden Ermittlungsergebnisse sich die hierauf gestützte Annahme des Amtsgerichts, es bestehe der für die Anordnung der Durchsuchung erforderliche Verdachtsgrad, dass der Beschwerdeführer als Täter eines versuchten Betruges in Betracht komme, verfassungsrechtlich zu beanstan-

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den sein könnte. Der Beschwerdeführer setzt hier vielmehr nur seine Rechtsauffassung an die Stelle derjenigen des Amtsgerichts. Dem Beschwerdevorbringen lässt sich auch nicht entnehmen, dass der Ermittlungsrichter keine eigenverantwortliche Prüfung der Eingriffsvoraussetzungen vorgenommen haben könnte. Dazu ist von ihm zu verlangen, dass ein dem Beschuldigten angelastetes Verhalten geschildert wird, das - wenn es wirklich begangen worden sein sollte - den Tatbestand eines Strafgesetzes erfüllt (vgl. BVerfG NJW 2007, 1443). Diesen Anforderungen genügen die amtsgerichtlichen Beschlüsse. Darin wird ausgeführt, dass der Beschwerdeführer sich auf unberechtigte Honoraransprüche berufen habe, um das Landgericht über die Berechtigung der geltend gemachten Gegenforderungen zu täuschen und zur Abweisung der Klage zu veranlassen. Damit wird ein dem Beschwerdeführer anzulastendes Verhalten geschildert, das den Anfangsverdacht des versuchten Betruges begründet. Demgegenüber erschöpft sich die Behauptung einer unterbliebenen eigenverantwortlichen Prüfung in Mutmaßungen. (2) Die Darlegungen des Beschwerdeführers sind auch nicht geeignet, einen Verstoß der amtsgerichtlichen Beschlüsse gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu begründen. Selbst wenn das Vorbringen des Beschwerdeführers, er sei von der Staatsanwaltschaft nicht vernommen worden und er könne nicht nachvollziehen und überprüfen, ob die Staatsanwaltschaft alle Beweismittel gesichtet oder beigezogen habe, so zu verstehen wäre, dass den Durchsuchungsbeschlüssen die Erforderlichkeit abgesprochen werden soll, ist nicht hinreichend dargetan, dass die angegriffenen Beschlüsse mangels Erforderlichkeit der Durchsuchungen gegen Art. 30 Abs. 1 SächsVerf verstoßen könnten. Da der Beschwerdeführer sowohl von der Staatsanwaltschaft Karlsruhe als auch von der Staatsanwaltschaft Leipzig Akteneinsicht in die Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Karlsruhe erhalten hatte, hätte er konkrete Umstände vortragen können und müssen, die gegen die Erforderlichkeit der Durchsuchungen sprechen. Nichts anderes gilt hinsichtlich der unterlassenen Beschuldigtenvernehmung. Der Beschwerdeführer zeigt schon nicht auf, welchen Erkenntnisgewinn seine Vernehmung vor der Durchsuchung gebracht hätte. Jedenfalls aber wird nicht dargelegt, dass das Amtsgericht deshalb bei dem Erlass der Durchsuchungsbeschlüsse Inhalt und Tragweite des Grundrechts aus Art. 30 Abs. 1 SächsVerf verkannt haben könnte, weil der Beschwerdeführer zuvor nicht als Beschuldigter vernommen worden war. Auch die Rüge, die Durchsuchungsbeschlüsse seien auf Grund des geringen Strafgehaltes unverhältnismäßig, ist nicht ausreichend begründet. Zwar liegt der Schutz der Vertrauensbeziehung zwischen Anwalt und Mandant auch im Interesse der Allgemeinheit an einer wirksamen und geordneten Rechtspflege, weshalb diese Belange eine besondere Beachtung bei der Prüfung der Angemessenheit einer strafprozessualen Zwangsmaßnahme verlangen (vgl. BVerfGK 9, 143 [148]). Der

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Beschwerdeführer setzt sich aber nicht damit auseinander, dass angesichts seiner Stellung als Rechtsanwalt – also eines Organs der Rechtspflege (vgl. § 1 BORA) – und des Verdachtes eines versuchten Betruges mit unberechtigten Gegenforderungen in erheblicher Höhe die ihm vorgeworfene Straftat ebenfalls die Interessen der Allgemeinheit an einer wirksamen und geordneten Rechtspflege berührt werden. Dass die angegriffenen amtsgerichtlichen Beschlüsse dennoch unverhältnismäßig sein könnten, wird vom Beschwerdeführer aber nicht weiter begründet. (3) Die weitergehende Rüge, die zu beschlagnahmenden Beweismittel seien in den angegriffenen amtsgerichtlichen Beschlüssen nicht genau bezeichnet und eingegrenzt worden, ist ebenfalls nicht ausreichend begründet. Der Beschwerdeführer, der sich insoweit auf die gegenteilige Behauptung beschränkt, lässt hierbei jede Auseinandersetzung mit den angegriffenen Beschlüssen vermissen. (4) Die gegen die landgerichtlichen Entscheidungen gerichteten Angriffe sind ebenso wenig hinreichend begründet. Da der Beschwerdeführer keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür vorgetragen hat, dass die amtsgerichtlichen Beschlüsse gegen Art. 30 Abs. 1 SächsVerf verstoßen könnten, genügt allein seine Behauptung, auch die landgerichtlichen Beschlüsse seien verfassungswidrig, den Anforderungen an die Begründung einer Verfassungsbeschwerde nicht.

III. Der Verfassungsgerichtshof ist zu dieser Entscheidung einstimmig gelangt und trifft sie daher durch Beschluss nach § 10 Abs. 1 SächsVerfGHG i.V.m. § 24 BVerfGG.

IV. Die Entscheidung ist kostenfrei (§ 16 Abs. 1 Satz 1 SächsVerfGHG).

gez. Munz

gez. Rühmann

gez. Grünberg

gez. Hagenloch

gez. Knoth

gez. Lips

gez. v. Mangoldt

gez. Oldiges

gez. Trute

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