DER VERFASSUNGSGERICHTSHOF DES FREISTAATES SACHSEN

Vf. 102-IV-09 DER VERFASSUNGSGERICHTSHOF DES FREISTAATES SACHSEN IM NAMEN DES VOLKES Beschluss In dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerde des ...
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Vf. 102-IV-09

DER VERFASSUNGSGERICHTSHOF DES FREISTAATES SACHSEN IM NAMEN DES VOLKES

Beschluss In dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerde

des Herrn T., Verfahrensbevollmächtigte:

Rechtsanwältin Natalia Höhne, Harnackstraße 10, 04317 Leipzig,

hat der Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen durch die Präsidentin des Verfassungsgerichtshofes Birgit Munz sowie die Richter Jürgen Rühmann, Matthias Grünberg, Ulrich Hagenloch, Hans Dietrich Knoth, Rainer Lips, Hans v. Mangoldt, Martin Oldiges und Hans-Heinrich Trute

am 10. Dezember 2009

beschlossen:

1. Die Verfassungsbeschwerde wird verworfen. 2. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

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Gründe: I. Mit seiner am 12. Oktober 2009 bei dem Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen eingegangenen Verfassungsbeschwerde wendet sich der Beschwerdeführer gegen einen Beschluss des Amtsgerichts Leipzig vom 6. August 2009 (199 UR II 07735/08), mit dem seine gegen einen Beschluss des Amtsgerichts Leipzig vom 30. Juni 2009 (199 UR II 07735/08) gerichtete Erinnerung zurückgewiesen wurde. Der Beschwerdeführer beantragte am 24. September 2008 Beratungshilfe für die „Beratung hinsichtlich Möglichkeit der Erhöhung der Nebenkostenvorauszahlung durch den Vermieter und Prüfung der Berechtigung der Erhöhung“. Am selben Tag stellte das Amtsgericht (199 UR II 06583/08) dem Beschwerdeführer einen entsprechenden Berechtigungsschein aus, auf Grund dessen für ihn ein Rechtsanwalt die Nebenkostenabrechnung prüfte und sich an den Vermieter wandte. Am 25. November 2008 teilte der Rechtsanwalt dem Beschwerdeführer mit, dass seine Tätigkeit nunmehr erledigt sei. Am 28. November 2008 beantragte der Beschwerdeführer erneut Beratungshilfe. Am selben Tag stellte ihm das Amtsgericht Leipzig (199 UR II 07735/08) einen Berechtigungsschein für die „Überprüfung der Vertretung in der Beratungssache 199 U2 06583/08 dr. RA M., Mandat wurde abgebrochen trotz Nichtvorlage der Nachweise einiger BKA-Positionen, Beendigung unverständlich“ aus. Die daraufhin vom Beschwerdeführer beauftragte Rechtsanwältin – die jetzige Verfahrensbevollmächtigte – rechnete am 12. Mai 2009 gegenüber dem Amtsgericht ihre Gebühren und Auslagen in Höhe von 99,96 EUR ab. Darin ist eine Geschäftsgebühr nach VV RVG Nr. 2503 in Höhe von 70,00 EUR als auch eine Pauschale für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen nach VV RVG Nr. 7001, 7002 in Höhe von 14,00 EUR enthalten. Nach vorausgegangenem weiteren Schriftwechsel setzte der Urkundsbeamte die an die Verfahrensbevollmächtigte zu zahlende Vergütung mit Beschluss vom 30. Juni 2009 auf 35,70 EUR fest. Darin wird ausgeführt, zum Nachweis der abgerechneten Geschäftsgebühr seien mehrere Schreiben der Rechtsanwältin an die Rechtsanwälte des Vermieters des Beschwerdeführers hinsichtlich der Klärung der Betriebskostenabrechnung vorgelegt worden. Diese Tätigkeit sei indessen nicht von dem erteilten Berechtigungsschein gedeckt. Da das Amtsgericht bezüglich der Betriebskostenabrechnung Beratungshilfe unter dem Aktenzeichen 199 UR II 06583/08 bewilligt habe, könne eine entsprechende Tätigkeit auch nur unter Vorlage des hierzu erteilten Berechtigungsscheins abgerechnet werden. Eine Geschäftsgebühr der zweiten Rechtsanwältin würde nur dann ausgelöst, wenn gegen den ersten Rechtsanwalt mittels des zweiten Berechtigungsscheines Schadensersatz geltend gemacht oder die Herausgabe des ersten Berechtigungsscheines gefordert werde. Da aber zumindest glaubhaft gemacht worden sei, dass die Rechtsanwältin die inhaltliche Tätigkeit des vormaligen Rechtsanwalts geprüft und für fehlerhaft befunden habe, dürfte die Beratungsgebühr nach VV RVG 2501 angefallen sein, die zuzüglich Umsatzsteuer 35,70 EUR betrage. Abzusetzen sei die geltend gemachte

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Auslagenpauschale, weil entsprechende Auslagen bei einer einfachen Beratung nach VV RVG Nr. 2501 nicht anfielen. Die gegen diesen Beschluss eingelegte Erinnerung der Verfahrensbevollmächtigten des Beschwerdeführers wurde damit begründet, dass das eigentliche Anliegen des Beschwerdeführers in der Fortführung des dem ersten Rechtsanwalt übertragenen Mandats, also in der Prüfung der Betriebskostenabrechnung und der anschließenden Durchsetzung seiner Ansprüche gegen seinen Vermieter bestanden habe. Mit Beschluss vom 16. Juli 2009 half die Rechtspflegerin der Erinnerung nicht ab und legte den Vorgang der zuständigen Richterin zur Entscheidung vor, weil auch bei einer wohlwollenden Betrachtungsweise sich die im Berechtigungsschein bezeichnete Angelegenheit nicht auf die Geltendmachung von Rechten gegenüber dem Vermieter ausweiten lasse. Es sei auch relativ unwahrscheinlich, dass eine unglückliche Formulierung verwandt worden sei, weil es sich vorliegend um völlig unterschiedliche Ansprüche handele. Dies hätte der Beschwerdeführer gegebenenfalls gleich bei der Erteilung des Berechtigungsscheins monieren müssen. Die Auslagenpauschale könne nur für die Kosten festgesetzt werden, die im Zusammenhang mit der Beratung bezüglich der im Berechtigungsschein ausgewiesenen Angelegenheit entstanden seien. Da jedoch schon die nachgewiesene Tätigkeit nicht vergütungsfähig sei, könnten auch die sich auf diese Tätigkeit beziehenden Auslagen nicht erstattet werden. Mit richterlichem Beschluss vom 6. August 2009 wurde die Erinnerung zurückgewiesen. Darin wird ausgeführt, das Gericht schließe sich den ausführlichen und zutreffenden Ausführungen in den Entscheidungen vom 30. Juni 2009 und 16. Juli 2009 an. Diese entkräfte der Erinnerungsschriftsatz nicht. Der Inhalt des erteilten Berechtigungsscheins sei eindeutig und lasse sich nicht auf die Geltendmachung von Rechten gegenüber dem Vermieter ausweiten. Der Beschwerdeführer rügt, der Beschluss vom 6. August 2009 verletze Art. 18 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 3 SächsVerf. Die Auffassung des Amtsgerichts, auch bei einer wohlwollenden Betrachtungsweise lasse sich die im Beratungshilfeschein bezeichnete Angelegenheit nicht auf die Geltendmachung von Rechten gegenüber dem Vermieter ausweiten, sei falsch. Sein Anliegen habe nicht allein in der Prüfung der anwaltlichen Tätigkeit des vormaligen Rechtsanwalts, sondern eigentlich darin bestanden, die erteilte Betriebskostenabrechnung zu prüfen und anschließend Ansprüche gegen seinen Vermieter durchzusetzen. Es sei zu berücksichtigen, dass er nicht rechtskundig und deshalb davon ausgegangen sei, ihm werde nach seinen Schilderungen des Sachverhaltes ein Beratungshilfeschein mit einer korrekt formulierten Bezeichnung der Angelegenheit ausgestellt. Der Beratungshilfeschein sei daher so auszulegen, dass er auch die Fortführung des dem vormaligen Rechtsanwalt übertragenen Mandats umfasse. Die Rechtsprechung des Amtsgerichts Leipzig zum Beratungshilfegesetz sei – wie auch ein beim Verfassungsgerichtshof anhängiges Parallelverfahren zeige – unübersichtlich geworden und könne nicht mehr nachvollzogen werden. Da ein Anspruch auf Herausgabe des Berechtigungsscheins nicht bestanden habe und ein Schadensersatzanspruch kaum zu begründen sei, verletze das Amtsge-

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richt die Rechtswahrnehmungsgleichheit, wenn es davon ausgehe, er könne für den Fall, dass der vormalige Rechtsanwalt seinem Anwaltsauftrag nicht ordnungsgemäß nachgekommen sei, Schadensersatz geltend machen oder die Herausgabe des ersten Berechtigungsscheines fordern. Ein Bemittelter hätte für sein Anliegen fremde Hilfe in Anspruch nehmen können. Die teilweise Versagung der Beratungshilfe werde nicht durch sachliche Gründe von ausreichendem Gewicht gerechtfertigt. Das Staatsministerium der Justiz und für Europa hat zum Verfahren Stellung genommen.

II. Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig. 1. Nach § 27 Abs. 1 SächsVerfGHG muss der Beschwerdeführer die Verletzung eigener Rechte behaupten. Die Zulässigkeit einer gegen eine gerichtliche Entscheidung gerichteten Verfassungsbeschwerde setzt daher voraus, dass der Beschwerdeführer durch diese nicht nur mittelbar faktisch, sondern unmittelbar rechtlich betroffen ist (SächsVerfGH, Beschluss vom 25. September 2009 – Vf. 174 –IV-08). 2. Danach ist die Verfassungsbeschwerde wegen der fehlenden Selbstbetroffenheit des Beschwerdeführers unzulässig. Die angegriffene Entscheidung des Amtsgerichts betrifft den Beschwerdeführer nicht unmittelbar rechtlich. Anders als einleitend in der Beschwerdeschrift behauptet, hat die angegriffene Entscheidung des Amtsgerichts nicht die Versagung von Beratungshilfe zum Gegenstand, sondern die seiner Verfahrensbevollmächtigten aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung. Diese wird aber nach § 55 Abs. 1 Satz 1 RVG auf Antrag des Rechtsanwaltes festgesetzt. Demgemäß ist auch nur er nach § 56 Abs. 1 Satz 1 RVG berechtigt, gegen die Festsetzung der Vergütung Erinnerung einzulegen; der Partei selbst steht dieses Recht nicht zu (allgemeine Meinung, vgl. nur Hartmann, Kostengesetze, 38. Aufl., § 56 RVG Rn. 4). Ebenso wenig steht daher der Partei das Recht zu, die im Erinnerungsverfahren getroffene Entscheidung mit einer Verfassungsbeschwerde anzugreifen.

III. Der Antrag des Beschwerdeführers, ihm Prozesskostenhilfe zu bewilligen, ist abzulehnen, weil die Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hatte.

IV. Der Verfassungsgerichtshof ist zu dieser Entscheidung einstimmig gelangt und trifft sie daher durch Beschluss nach § 10 Abs. 1 SächsVerfGHG i.V.m. § 24 BVerfGG.

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V. Die Entscheidung ist kostenfrei (§ 16 Abs. 1 Satz 1 SächsVerfGHG).

gez. Munz

gez. Rühmann

gez. Grünberg

gez. Hagenloch

gez. Knoth

gez. Lips

gez. v. Mangoldt

gez. Oldiges

gez. Trute

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