Der Schuster und seine Leisten! Der Bibliothekar und das Buch?

EDITORIAL Der Schuster und seine Leisten! Der Bibliothekar und das Buch? Das Schwerpunktthema dieser Ausgabe widmet sich der Frank­ furter Buchmesse ...
Author: Jutta Roth
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EDITORIAL

Der Schuster und seine Leisten! Der Bibliothekar und das Buch? Das Schwerpunktthema dieser Ausgabe widmet sich der Frank­ furter Buchmesse und ihrem Ehrengast Flandern und die Nieder­ lande. Unsere Autoren stellen das Bibliothekswesen in den Nie­ derlanden, Flüchtlingsinitiativen niederländischer Bibliotheken und die Transformation der Stadtbibliothek Utrecht in ein Veran­ staltungshaus vor (ab Seite 572). Wir berichten über den Fach­ informationsdienst Benelux (Seite 588) und zeigen digitale Trends, die auf der Buchmesse präsentiert werden (Seite 566). Apropos Buchmesse. Ein komischer Begriff, verfolgt man die bibliothekarische Fachdiskussion dieser Tage. Denn irgendwie, so scheint es, will ein wachsender Teil des Berufsstandes so gar nichts mehr mit Büchern zu tun haben. Ja, die Nutzung von On­ line-Medien nimmt zu, andernorts sprießen Makerspaces aus dem Boden und die Bibliothek wird immer mehr als Veranstal­ tungshaus, als Treffpunkt und Dritter Ort wahrgenommen. Das sind alles Entwicklungen, die zu begrüßen sind. In den vergange­ nen Jahren hinzugekommen ist eine in Teilen der Bibliothekswelt verbreitete Ablehnung des Buches, scheinbar unhinterfragt, weil es eben gerade en vogue ist, weil das Buch nicht innovativ ist, oder weil es nicht in das Konzept der modernen, digitalisierten Welt passt. Die schnelle Information, das Nachschlagen in Lexika und Fachbüchern, die Vielfalt an multimedialen Darstellungsweisen – all das wird den digitalen Medien vorbehalten sein. Das Buch aber ist mehr als bedrucktes Papier, mehr als ein Medium mit Ablaufdatum. Es ist die wohltuende Wärme eines Bücherregals, das Rascheln der Buchseiten, der Kaffeefleck auf Seite 86 und die Erinnerung an spannende Stunden, die dieses Medium erhält. Ganz gleich ob Sie sich für das gedruckte Heft oder die BuB-App entscheiden, haben Sie viel Spaß bei der Lektüre dieser Ausgabe. P.S.: Haben Sie Kritik, Lob oder Anregungen? Besuchen Sie uns auf der Frankfurter Buchmesse, Halle 4.2., Stand N75. Am Mittwoch und Donnerstag, 19. und 20. Oktober, jeweils von 12 bis 13.30 Uhr bietet die BuB-Redaktion eine Sprechstunde an, um mit Ihnen über das Heft und die Inhalte zu diskutieren. Steffen Heizereder, BuB-Redakteur

BuB 68 10/2016

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BuB

Forum Bibliothek und Information 10 / 2016

FOYER

SCHWERPUNKT

FRANKFURTER BUCHMESSE Die Digitalisierung verändert die klassischen Rollen: Blogger übertrumpfen Kritiker, Selfpub­ lisher fordern Verlage heraus, Videospiele erfinden das Erzäh­ len neu und Algorithmen sollen gar Lektoren ablösen. Was sich im Medien- und Verlagsbereich sonst noch tut, lesen Sie im BuB-Schwerpunkt zur Frankfur­ ter Buchmesse ab Seite 566. Ein Messebesuch lohnt sich für Bibliothekare allemal, wie ab Seite 562 zu erfahren ist. Nicht zuletzt auch wegen des Gast­ landes Niederlande/Flandern. Mit welchen Besonderheiten die dortigen Bibliotheken punkten, zeigen wir ab Seite 572: bei­ spielsweise mit Angeboten wie Sprachencafés für Flüchtlinge oder einem generellen Umbau der Bibliothek zum Veranstal­ tungshaus wie in Utrecht . Foto: Alexander Heimann / Frankfurter Buchmesse

Foto Titelseite: Alexander Heimann/Frankf­ urter Buchmesse, Vaceslav Romanov / Fotolia Fotos Inhaltsverzeichnis: Büchereizentrale Niedersachsen, Alexander Heimann/Frank­ furter Buchmesse, Verbund Öffentliche Bibliotheken Berlin/Barbara Dietl

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INTEGRATION

541 Das Miteinander fördern In Niedersachsen hilft das Projekt »Willkommen! Bibliotheksangebote für Flüchtlinge« den Bibliotheken bei der Integrationsarbeit vor Ort (Cornelia Schröter)

552 Väter lesen vor Ein Projekt der Stadtbibliothek Köln / Sicherer Umgang mit Tablets und Smartphones (Gabriele Ceseroğlu, Waltraud Reeder-Dertnig)



AUSLAND

554 DOKK1: Die beste Öffentliche Bibliothek der Welt Auszeichnung für die dänische Vorzeigeeinrichtung / Aarhus auf dem Weg zur Kulturhauptstadt Europas 2017 (Stefanie Oeding)



555 NACHRICHTEN POLITIK

561 MARKT

544 Das Fundament ist gelegt Über das neue Bibliotheksgesetz in Schleswig-Holstein (Jens A. Geißler)

LESESAAL

WIRTSCHAFT

546 ekz-Gruppe auf Expansionskurs Reutlinger Dienstleister tritt in Markt für Bibliothekssysteme ein / Umsatz wächst stabil (Bernd Schleh)



WISSEN FRAGT ... ?

548 Ort der Begegnung – Ort der Freiheit – Ort der Menschen Auf einen Espresso mit der weiß­ russischen Literaturnobelpreis­ trägerin Swetlana Alexandrowna Alexijewitsch zur »Atmosphäre von Bibliotheken« (Dirk Wissen)



PRAXIS

551 »empehlensWERT« Medientipps von Kunden für Kunden in der Stadtbücherei Biberach (Annette Fülle)

SCHWERPUNKT: FRANKFURTER BUCHMESSE 562 Mehr als nur ein gigantischer Promi-Auflauf Warum sich ein Besuch der Frankfurter Buchmesse für Bibliothekare auch in diesem Jahr lohnt (Jan-Pieter Barbian)

566 Umrisse des neuen Erzählens Selbstvermarktung spielt immer größere Rolle auf der Buchmesse / Bibliotheken als Vorreiter beim lockeren Umgang mit Computer­ spielen (Boris Hänßler)

AUS DEM BERUFSVERBAND 572 Kooperationen – Stiftungen – Mittelpunkt der Gemeinden Das Bibliothekswesen in den Niederlanden (Marian Koren)

578 Von der BÜCHERei zum Veranstaltungshaus Die Transformation der Öffentlichen Bibliothek Utrecht (Ton van Vlimmeren)

582 Bibliotheksservices für Flüchtlinge in den Niederlanden Language Buddies, Sprachencafé, Kurzzeitbibliothek: Das Angebot für Flüchtlinge in niederländi­ schen Bibliotheken ist groß (Marian Koren, Maaike Toonen)

AUSTAUSCH 602 Erasmus für Bibliotheksbeschäftigte Internationale Fachaufenthalte an der Universitätsbibliothek der Freien Universität Berlin (Romy Hilbrich, Christopher Landes)

LESEFÖRDERUNG 606 Leseförderung digital genial Wie Tablets die Bibliothekspäda­ gogik verändern / Tipps nicht nur für Bilderbuch-Apps (Christiane Bornett)

594 Heldengeschichten aus der Bibliothek (Maiken Hagemeister)

621 VorgeMERKT

537 EDITORIAL

624 STELLENANZEIGEN / KLEINANZEIGEN

AB IN DIE APP! 545 Differenziert und fundiert Eine rechtliche Analyse zum Biblio­ theksgesetz in Schleswig-Holstein

MAGAZIN

MARKETING

619 Aus den Landesgruppen

622 SUMMARY / RESUME

DISKUSSION

592 Pro & Contra Sollen digitale Trends wie PokémonGo von Bibliotheken aufgegriffen werden?

619 Kopenhagen – Der Schwarze Diamant – Staatsbibliothek – Universitäts­bibliothek

545 IMPRESSUM

588 Teilen ist Trumpf Der Fachinformationsdienst Benelux / Low Countries Studies an der ULB Münster (Ilona Riek)



613 Open Library – Bildungsfahrt in die dänische Praxis

FACHLITERATUR

610 Arbeitsgruppen kritischer Bibliothekare Ein internationaler Überblick (Ronny Sternecker)

554 Visionen im Video Aarhus: Rundgang durch die beste Öffentliche Bibliothek der Welt 567 Die Buchmesse auf einen Blick Alle Informationen für Bibliothekar­ Innen zum Frankfurter Großereignis

611 NEUE FACHLITERATUR BAU 598 Frische Brise in Deutschlands nördlichster Bibliothek Sylt Bibliothek startet mit neuem Konzept in modernisierten Räu­ men / Extrem heterogene Kund­ schaft (Jan-Christian Sangkuhl)

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612 Ein gutes Umfeld für Innovationen schaffen Organisationen und konkrete Methoden (Frank Seeliger)

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FOYER INTEGRATION

Übergabe des Willkommens­ pakets durch die Stadtbibliothek Buxtehude. Foto: Bücherei­ zentrale Niedersachsen

Das Miteinander fördern 

In Niedersachsen hilft das Projekt »Willkommen! Bibliotheksangebote für Flüchtlinge« den Bibliotheken bei der Integrationsarbeit vor Ort

Neugier, Begeisterung, strahlende Augen – kaum eines der landesweiten Projekte der Büchereizentrale Niedersachsen rief bei der Zielgruppe so schnell so viel positive Resonanz hervor, wie die »Willkommenspakete«, die im ersten Halbjahr 2016 an Bibliotheken zur Weitergabe an Flüchtlinge verteilt wurden. Fast 400 solcher Pakete mit jeweils 29 Büchern zum Erwerb der deutschen Sprache, mit Informationen über Deutschland sowie Kinderbüchern wurden an 182 Öffentliche Bibliotheken frei Haus geliefert. Was auf den ersten Blick »nur« nach Bücherkisten aussieht, ist für die Neuangekommenen ein wichtiger BuB 68 10/2016

Zugang zur deutschen Sprache und Kultur – und eine Einladung in die örtliche Bibliothek. Die von Kommunen und dem Land unterhaltene Büchereizentrale Niedersachsen hat seit Mitte vergangenen Jahres, dem ersten Höhepunkt der Flüchtlingszahlen, einen weiteren Arbeitsschwerpunkt: »Bibliotheksangebote für Flüchtlinge«. Die Öffentlichen Bibliotheken wollten mit ihren Mitteln helfen, möglichst schnell und unbürokratisch. Das war auch Ziel der Büchereizentrale mit ihrem neuen Projekt. Gespräche mit BibliotheksmitarbeiterInnen, mit einer der »Koordinierungsstellen für Migration

und Teilhabe« sowie mit KollegInnen anderer Bibliotheksfachstellen bundesweit folgten. Nach einem spontanen Runden Tisch nahm das Projekt zügig seine endgültige Form an. Kurzfristige Gespräche mit möglichen Förderern brachten Zusagen vom Ministerium für Wissenschaft und Kultur und dem Landesamt für Soziales, Jugend und Familie. Immerhin wurden schon im ersten Projektjahr fast 200 000 Euro benötigt. Da viele Bibliotheken bei ihren Medien zum Erwerb der deutschen Sprache Land unter meldeten, sprang die Stiftung der niedersächsischen Versicherung VGH ein und entwickelte mit der Büchereizentrale ein ergänzendes 541

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galt und gilt es, für die besonderen Bedürfnisse von Geflüchteten kurzfristig noch weitere Angebote zu schaffen und die Zielgruppe auf neuen Wegen – oft nur über Vermittler – zu erreichen. Eine niedrigschwellige Willkommenskultur ist gefragt, damit die Bibliothek als beratende, hilfreiche und nützliche Einrichtung der Informationen, des Lernens und der Kultur erkannt wird. Dabei erwiesen sich die zum Teil großen kulturellen und sprachlichen Unterschiede und Barrieren sowie die oft ungeklärten rechtlichen Rahmenbedingen für eine Bibliotheksbenutzung nicht selten als besonders erschwerend. Viele Bibliotheken reagierten schnell und unbürokratisch auf die Situation. Bei der Projektanmeldung gab bereits fast die Hälfte der 215 Bibliotheken kostenlose Nutzerausweise für Geflüchtete aus. Viele Büchereien stellen Räume für Begegnungen und Sprachkurse zur

in ihrem neuen Aufgabenfeld unterstützen. So sind auf der Webseite der Büchereizentrale (www.bz-nieder sachsen.de/willkommen-bibliotheks angebote-fuer-fluechtlinge.html) viele Hintergrundinformationen mit für die Flüchtlingsarbeit relevanten Organisationen und Materialien sowie Literaturverzeichnisse, Veranstaltungskonzepte und Praxisbeispiele aus niedersächsischen Bibliotheken zusammengetragen. Eine Übersicht über Sprachportale und -kurse sowie Sprachlern-Apps wurde erstellt. Ebenso wurde ein Logo gestaltet, das die Bibliotheken für ihre Arbeit verwenden können. Damit Bibliotheken leichter pasLokale Netzwerke und Angebote sende Angebote schaffen können, bot die Büchereizentrale schon im ersWährend die oben genannten Maßnahten Halbjahr 2016 sieben Fortbildunmen in erster Linie eine schnelle Reakgen an, gefolgt von sechs weiteren im tion auf den akuten Bedarf vor Ort wazweiten Halbjahr. Von Rechtsfragen ren, zielen die weiteren Angebote im Proüber Kultursensibilisierung und leichte jekt »Willkommen! Bibliotheksangebote Sprache bis hin zur für Flüchtlinge« auf Veranstaltungsardie Schaffung länbeit – jeweils auf gerfristiger StrukInteg ration und turen rund um die kulturelle Teilhabe Bibliothek ab: den bezogen. Ein WebiAuf- und Ausbau nar im September von lokalen Netz2016 ergänzt das werken, die viele Angebot. der haupt- und ehVe r s c h i e d e n e renamtlichen PartThemenpakete stener einbeziehen. hen den BibliotheErste Ansprechpartken zur temporäner dafür sind die ren Ausleihe belandkreisweise arreit. Die Inhalte beitenden »Koordisind sowohl für nierungsstellen für die Arbeit mit GeMigration und Teilflüchteten einsetzhabe« sowie die lobar (Sprachlernkalen Integrations- 400 Willkommenspakete hat die Büchereizentrale Niedersachsen zur Verfügung gestellt. materialien, TipToistellen. Kirchliche Foto: Büchereizentrale Niedersachsen und Ting-Medien, Initiativen sowie Verfügung, spezielle BibliotheksfühSpiele, fremdsprachige Bücher etc.) ehrenamtliche Helfer und Vereine agierungen finden statt – oft durch ehrensowie zur kulturellen Sensibilisierung ren oft als Multiplikatoren, die die Instiamtliche Helfer – und Bücher in leichter der Einheimischen, also zur Fördetution Bibliothek in das Bewusstsein der Sprache und vor allem visuelle Wörter­ rung des Miteinanders. Der Fokus bei neu angekommenen Mitbürger und auch bücher und textlose Kinderbücher rüfremdsprachigen Angeboten liegt auf oft ganz direkt in die Unterkünfte und cken in den Fokus. Dari und Arabisch. Die anderen reguBegegnungsstätten tragen. Weitere Partlären Angebote der Bücherei­z entrale ner sind zum Beispiel die Volkshochwie Bilderbuchkinos und Kamishischule, Sprachlernklassen und Kitas. bais und der DVD-Medienpool wurden Interkulturelle Bibliotheksarbeit ist Landesweite Hilfe im Hintergrund ebenfalls um die neuen Themen erweifür viele der immerhin fast 1 000 niedertert. Seit Jahresbeginn werden alle neu sächsischen Öffentlichen Bibliotheken »Willkommen! Bibliotheksangebote für gekauften DVDs auch nach Sprachen ein vertrautes Arbeitsgebiet. Dennoch Flüchtlinge« möchte die Bibliotheken Förderprojekt »Mach mit – Deutsch lernen mit Bildern«. 6 000 Bildwörterbücher für Kinder und Erwachsene wurden kurzfristig beschafft und gestaffelt an mehr als 200 Bibliotheken verteilt. Von dem von der Niedersächsischen Lotto-Sport-Stiftung herausgegebenen »Sprach- und Integrationsbuch« wurden durch die Büchereizentrale 2 500 Exemplare erworben und den Bibliotheken nach demselben Verteilerprinzip wie für die Willkommenspakete – also die lokalen Gegebenheiten berücksichtigend – zur Verfügung gestellt.

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FOYER INTEGRATION

erschlossen. Geplant ist noch für das laufende Jahr der Erwerb von DVDs mit Vorführlizenzen, die sich den Themen Flucht, Toleranz und Integration widmen. Nicht zuletzt finden diese Themen auch im aktuellen Autorenprogramm Berücksichtigung. Um ihren Auftrag der Informationsvermittlung wirkungsvoll zu verwirklichen, ist W-LAN in der Bibliothek eigentlich eine Selbstverständlichkeit, aber nur 78 der 215 Projektbibliotheken verfügen darüber. Das ist hinsichtlich der hohen Nutzung von Smartphones durch die Geflüchteten viel zu wenig. Noch prekärer ist die Situation bei Nutzerarbeitsplätzen mit Internetzugang. Diese sind dringend notwendig, um Zugang zu geeigneten digitalen Angeboten, wie zum Beispiel Sprachkursen oder ausländischen Online-Zeitungen zu schaffen. Doch selbst die Angebote sind nur selten in Bibliotheken vorhanden. Zusätzlich mangelt es vielen Bibliotheken auch an Räumen, um als Lernort wirklich geeignet zu sein.

Sie sind aber oft der einzige öffentliche Raum hierfür. Es ist viel nachzuholen, und der plötzliche Zustrom von Flüchtlingen hat die in den vergangenen Jahren vielerorts lange versäumten Investitionen schlagartig wieder deutlich gemacht. Die Bibliotheken in Niedersachsen haben ihre neuen Aufgaben mit großem Engagement angenommen – durch Soforthilfe ebenso wie durch langfristige Angebotserweiterungen. Die Landesregierung Niedersachsen und die VGH-Versicherung haben mit ihren Fördermitteln spontan geholfen, und die Büchereizentrale Niedersachsen wird ihren Schwerpunkt weiter ausbauen. Integrationsarbeit ist eine wichtige Bibliotheksaufgabe, als Akuthilfe wie auf lange Sicht. Cornelia Schröter

Ein Dossier zu Angeboten für Flüchtlinge in Bibliotheken finden Sie in der BuB-App.

Cornelia Schröter (Foto: pri­ vat) studierte an der HTWK Leipzig Biblio­ theks- und In­ formationswis­ senschaft. Von 1997 bis 2006 war sie bei den Städtischen Bibliotheken Dresden verantwortlich für das Sachgebiet »Aus- und Fortbildung« und Lei­ terin der Bibliothek Johannstadt. Mitte 2006 ging sie nach Lüneburg zur Büchereizentrale Niedersach­ sen und leitet seit 2010 das Team »Bibliothekarische Fachberatung/ Projekte«. Seit 2008 ist sie Mit­ glied im Berufsbildungsausschuss Niedersachsen für den Ausbil­ dungsberuf »Fachangestellter/ Fachangestellte für Medien- und Informationsdienste«.

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FOYER POLITIK

Das Fundament ist gelegt  Über das neue Bibliotheksgesetz in Schleswig-Holstein

Bibliotheken eine herausragende Rolle. Die Landesregierung wird deshalb in der ersten Hälfte der Legislaturperiode einen Entwurf eines Bibliotheksgesetzes einbringen, mit dem die Förderung der Büchereien und wissenschaftlichen Bibliotheken im Land und deren Arbeit erstmals auf eine eigenständige, solide Grundlage gestellt wird.« Das machte Hoffnung: Die »Initiative für ein Bibliotheksgesetz in Schleswig-Holstein« lud zur zweiten »Kieler Runde« am 7. November 2012, um sich mit den Vertretern der Landtagsfrak­ Mitte der 1990er-Jahre hörte man von tionen über das geplante Gesetz austauerfahrenen Kolleginnen und Kollegen schen zu können. Nach angeregter Disaus den Öffentlichen Bibliotheken oft, kussion wurde es jedoch wiedass Schleswig-Holstein eider stiller um das Gesetz – bis gentlich immer kurz vor eizur gut besuchten dritten nem Bibliotheksgesetz ste»Kieler Runde« am 19. Nohen würde. Tatsächlich hat vember 2014 in der Schlesdie Nähe zu Dänemark und wig-Holsteinischen Landesanderen skandinavischen bibliothek. Diesmal stand Ländern mit ihren gesetzlich neben den Vertreterinnen geregelten, gesellschaftlich und Vertretern aller Landtief verankerten Bibliothekstagsparteien auch die zustänstrukturen womöglich Eindige Ministerin Anke Spoofluss darauf gehabt, dass in rendonk (SSW) 4 auf dem Schleswig-Holstein Öffentliche Bibliotheken immer VerPodium: obwohl das Bibliofassungsrang und über tritheksgesetz auch in dieser laterale Verträge zwischen Diskussionsrunde erkennbar Kommunen, Kreisen und ‚ Am 22. Juli hat der Landtag in Kiel das Schleswig-Holsteinische Biblio­ Herzenssache der MinisteBüchereiverein viele Jahre theksgesetz verabschiedet. Archivfoto: Thomas Eisenkrätzer rin war, konnten die Anwerelativ stabile, berechenbare senden spüren, dass in der Rahmenbedingungen hatten. Koalition nicht alles machbar war und Landesverbänden des Deutschen BibMit den Kürzungen der 1990erdie Aussage, es solle zumindest der Istliotheksverbandes (dbv), des Berufsund 2000er-Jahre, wachsendem KosStand gesichert werden, schon als gutes verbandes Information Bibliothek (BIB) tendruck in den Gemeinden, aber auch Zeichen gelten musste. und des Vereins Deutscher Bibliothedurch veränderte Rahmenbedingungen karinnen und Bibliothekare (VDB) die und die Veröffentlichungen der Empfeh»Initiative Bibliotheksgesetz für Schleslungen der Enquete-Kommission Kultur wig-Holstein« gegründet, um sich an Öffentliche Regionalkonferenzen des Deutschen Bundestages 1, wuchs Diskussionen im Gesetzgebungsverfahren zu beteiligen. nicht nur bei Öffentlichen Bibliotheken Vier öffentlichen RegionalkonferenNach der Landtagswahl 2012 wurde der Wunsch nach einem Bibliotheksgezen mit lokalen Akteuren aus Politik, das Thema Bestandteil des Koalitionssetz, das Bibliotheken in der Erfüllung Verwaltung und interessierter Öffentvertrages zwischen SSW, SPD und Grüihrer Aufgaben stärkt und zu ihrer Weilichkeit luden in der Folge zur Diskusnen: »Wenn es um die Vermittlung von terentwicklung beiträgt. In den Wahlsion ein, erneute Aufforderungen zu Bildung und Kultur geht, spielen die prüfsteinen zur Landtagswahl 2009 Stellungnahmen folgten. Im Laufe des Schleswig-Holstein hat ein eigenes Bibliotheksgesetz. Mit den Stimmen der Regierungskoalition aus SPD, Grünen und Südschleswigschem Wählerverbund (SSW) sowie Teilen der Piraten verabschiedete der Landtag am 22. Juli, den von Kulturministerin Anke Spoorendonk (SSW) erarbeiten Gesetzentwurf. Jens A. Geißler wirft einen Blick auf die Entwicklung des Gesetzes und unternimmt eine erste Analyse:

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fragte die Arbeitsgemeinschaft der bibliothekarischen Verbände explizit nach einem Bibliotheksgesetz.2 In der darauf folgenden »Kieler Runde« zur Zukunft der Bibliotheken in Schleswig-Holstein mit den kulturpolitischen Sprechern der Landtagsfraktionen am 21. April 2010 war weitgehend Einigkeit zu spüren, dass ein solches Gesetz Sinn machen kann: Auch inhaltlich waren die Parteien gar nicht so weit auseinander.3 Am 24. Juni 2010 brachte der Südschleswigsche Wähler verband (SSW) den Entwurf eines Bibliotheksgesetzes für Schleswig-Holstein in den Landtag ein. Daraufhin wurde von den

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Jahres 2016 ging das Verfahren dann in die entscheidende Phase. Am 22. Juli wurde das »Gesetz für die Bibliotheken in Schleswig-Holstein« vom Landtag beschlossen.5 Wer in Schleswig-Holstein auf den großen Wurf hoffte, der die bisher in anderen Bundesländern verabschiedeten, oft relativ laxen Bibliotheksgesetze überflügelt und Maßstäbe setzt, mag jetzt enttäuscht sein: Konkrete Standards gerade für Öffentliche Bibliotheken werden unter Rücksichtnahme auf die in den Jahren der Diskussion in einigen Stellungnahmen immer wieder beschworene Konnexität vermieden.6 Das wird alle enttäuschen, deren Einrichtungen in den vergangenen Jahren unter dem teilweisen oder totalen Rückzug von Landkreisen aus der Ko-Finanzierung oder unter Kürzungen der Kommune zu leiden hatten. Auch das Wort »Pflichtaufgabe« – für viele ein wesentlicher Bestandteil eines Bibliotheksgesetzes – fehlt leider. Öffentliche Bibliotheken »sollen« zwar von einer Fachkraft geleitet werden – doch das notwendige »müssen« fehlt im Gesetz ebenso wie eine Verpflichtung, Fahrbüchereien einzurichten, wenn Standbüchereien nicht vorhanden sind. Das Gesetz macht deutlich, dass Bibliotheken vor allem von ihren Trägern finanziert werden und nimmt nur das Land Schleswig-Holstein für die Landeszuschüsse an die dem Büchereiverein angeschlossenen Öffentlichen Bibliotheken in die Pflicht. Hier wäre eine

Eric Steinhauer hat eine differenzierte Analyse des Gesetzes verfasst. Mehr dazu in der App

Jens A. Geißler ist Leiter der Stadt­ bibliothek Bad Oldesloe und Vorsit­ zender der Landesgruppe Schles­ wig-Holstein im Berufsverband Information Bibliothek (BIB).

Verpflichtung der Kreise wünschenswert gewesen. Positiv hervorzuheben ist jedoch die Verankerung des Büchereivereins Schleswig-Holstein und der für die erfolgreiche Arbeit der Öffentlichen Bibliotheken so wichtigen Bücherei­zentrale sowie vor allem der explizite Hinweis auf das Finanzausgleichsgesetz, aus dem die über den Büchereiverein an die Kommunen weitergeleiteten Landeszuschüsse stammen. Auch beschreibt das Gesetz sehr ausführlich und im Detail das bestehende Bibliothekswesen in Schleswig-Holstein, was man durchaus als einen Beitrag zur Stabilisierung sehen kann, auch wenn sich das erst in der Zukunft beweisen wird. Hervorzuheben sind im Bereich der Wissenschaftlichen Bibliotheken die Regelungen zum Pflichtexemplarrecht, die auch auf Veröffentlichungen im Internet ausgedehnt wurden, sowie unter anderem die Stärkung der im Gesetz verankerten Landesbibliothek mit ihrem regionalkundlichen Auftrag. Ein Anfang ist gemacht: Wenn man bedenkt, dass es in Dänemark viele Jahre dauerte, bis das 1920 beschlossene Bibliotheksgesetz sich zu einer zugkräftigen gesetzlichen Regelung entwickelte, liegt jetzt immerhin eine Basis vor, auf deren weitere Ausgestaltung es in den nächsten Jahren auch über die Verbände Einfluss zu nehmen gilt. Jens A. Geißler, Stadtbibliothek Bad Oldesloe

Bibliothek BuB Forum und Information Fachzeitschrift des BIB Berufsverband Information Bibliothek e.V. 68. Jahrgang, Nr. 10, Oktober 2016 ISSN 1869-1137 Herausgeber (institutionell) / Eigenverlag Berufsverband Information Bibliothek (BIB) Gartenstraße 18 · 72764 Reutlingen Herausgeber (fachlich) Olaf Eigenbrodt, Hamburg Dr. Carola Schelle-Wolff, Hannover Dr. Dirk Wissen, Berlin Redaktionsbeirat Dale S. Askey, Mc Master Univ. Library, Hamil­ ton, Ontario · Dr. Jan-Pieter Barbian, Stadtbiblio­ thek Duisburg · Dr. Jürgen Lodemann, Schriftstel­ ler, Freiburg im Breisgau und Essen · Dr. Gerhard W. Matter, Kantonsbibliothek Baselland, Liestal · Walburgis Fehners, Bibliothek der FH Oldenburg/ Ostfriesland/Wilhelmshaven · Barbara Schleiha­ gen, Deutscher Bibliotheksverband, Berlin · Prof. Cornelia Vonhof, Hochschule der Medien, Stuttgart · Dr. Harald Weigel, Vorarlberger Landesbibliothek, Bregenz Redaktion Postfach 13 24 · 72703 Reutlingen Telefon (07121) 34 91-0 / E-Mail: [email protected] Redaktion: Bernd Schleh (verantwortlich, slh) und Steffen Heizereder (hei) Rezensionen: Dr. Jürgen Plieninger Aus dem Berufsverband: Katrin Lück Anzeigen Annegret Kopecki, Tel: 07121/3491-15 Miriam Stotz, Tel: 0711/781988-34 E-Mail: [email protected] Druck und Vertrieb Winkhardt Print & Mail Ernsthaldenstraße 53, 70565 Stuttgart verbreitete Auflage 7448 Exemplare (2. Quartal 2016) Datenschutzbeauftragte Regina Störk Erscheinungsweise zehn Hefte jährlich (Doppelhefte: Februar/März und August/September)

1 http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/070/1607000.pdf 2 www.ub.uni-kiel.de/news/Wahl/Pruefsteine 3 Zur Chronologie des Bibliotheksgesetzes, Diskussionsprozess und Stellungnahmen: Vgl. www.bibliotheksverband.de/landesverbaende/schleswig-holstein/aktivitaeten/bib liotheksgesetz.html sowie https://www.schleswig-holstein.de/DE/Fachinhalte/B/bib liotheken/bibliotheksgesetz.html 4 Ministerium für Justiz, Kultur und Europa 5 www.landtag.ltsh.de/infothek/wahl18/drucks/4300/drucksache-18-4381.pdf 6 Vgl. dazu: www.landtag.ltsh.de/infothek/wahl17/drucks/2100/drucksache-17-2150.pdf

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Preis je Heft € 14, jährlich € 94, print+digital € 109, ermäßigt € 47 Preise einschließlich MwSt. und zzgl. Versand­ gebühr. Für Mitglieder des BIB ist der Bezug im Mitgliedsbeitrag enthalten.

Redaktionsschluss für Heft 12/2016: 24. Oktober Anzeigenschluss für Heft 12/2016: 3. November

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FOYER WIRTSCHAFT

ekz-Gruppe auf Expansionskurs 

Reutlinger Dienstleister tritt in Markt für Bibliothekssysteme ein / Umsatz wächst stabil

Die ekz.bibliotheksservice GmbH expandiert weiter. Nachdem der Reutlinger Bibliotheksdienstleister im vergangenen Jahr die restlichen 49 Prozent an der divibib GmbH übernahm, hat er in diesem Jahr mit einer eigenen Bibliotheksmanagement-Software nachgelegt: Die LMSCloud GmbH ergänzt als hundertprozentige Tochter mit Sitz in München die ekz-Angebote um ein webbasiertes Bibliothekssystem. ekz-Geschäftsführer Jörg Meyer zeigte sich beim jährlichen Presse­gespräch in Reutlingen mit der Entwicklung der Unternehmensgruppe zufrieden: »Damit bieten wir einen weiteren zentralen Servicebereich für Bibliotheken an.« Der Markt für Bibliothekssysteme ist eigentlich gut besetzt. Dass die ekz hier dennoch einsteigt, hat laut Meyer vor allem einen Grund: »Das wettbewerbliche Umfeld in diesem Segment ist nicht sehr innovativ.« Bei der Integration von elektronischen ekz-Angeboten in gängige Softwaresysteme sei man immer wieder an Grenzen gestoßen. Diese Hürde umgehe man nun mit dem eigenen Bibliothekssystem LMSCloud. Eine der geplanten Funktionen: Der Bibliotheksnutzer kann sich im System nicht nur die Medien, die in der Bibliothek verfügbar sind, anzeigen lassen, sondern alle lieferbaren Titel – und damit seiner Bibliothek auch einen Leihwunsch außerhalb des Bestandes mitteilen. Gegebenenfalls kann dieser Leihwunsch direkt an die ekz übermittelt werden. Dort wird das Medium dann ausleihfertig vorbereitet und direkt an den Bibliothekskunden gesendet, die jeweilige Bibliothek bekommt 546

gleichzeitig den fertigen Datensatz – mit Status »ausgeliehen«. Andreas Mittrowann, Bibliothekarischer Direktor der ekz, erklärte: »Eine Bibliothek könnte beispielsweise zehn Prozent ihres Medieneinkaufs auf diese kundenfreundliche Weise erledigen.« Für die Bibliothek entstünden keinerlei Verwaltungsarbeit und kein Aufwand für die Einarbeitung der neuen Medien. Das webbasierte System, so Mittrowann weiter, steht den Bibliotheken ohne Installation und Wartung zur Verfügung und basiert auf der Open-SourceAnwendung Koha. Damit liege eine ausgereifte, weil bereits seit vielen Jahren von großen und kleinen Bibliotheken genutzte Software vor. Der Bibliothekarische Direktor sagte: »Das Interesse bei den Bibliotheken ist groß. Wir erwarten zum Jahreswechsel bereits die ersten Kunden.«

Umsatz steigt um drei Prozent

Während die Entwicklung in den bibliothekarischen Bereichen der ekz rund läuft, wurde im noch relativ jungen Mediengeschäft mit Endkunden im vergangenen Jahr eine Korrektur vorgenommen. ekz-Chef Meyer erklärte dazu: »Beim Eintritt in diesen Markt haben wir die starke Bindung von Hard- und Software, das heißt von E-Book-Readern und zugehörigen Verkaufsportalen, unterschätzt.« Das ekz-Portal sofortwelten.4readers erhielt deshalb 2015 eine neue Technologie-Plattform und wurde in die Sparte divibib integriert. Die wirtschaftliche Bedeutung dieses Geschäftsfelds, so ergänzte Mittrowann, sei für die ekz noch relativ gering. Man

gewinne aus diesem Markt aber wichtige Erkenntnisse für den Medienverkauf an Bibliotheken. Firmenchef Meyer räumte ein: »Die Investition bei sofortwelten.4readers verbunden mit gesetzlich vorgeschriebenen Zuführungen zu den Pensionsrückstellungen haben das Geschäftsergebnis im vergangenen Jahr etwas getrübt.« Bereinige man das Ergebnis jedoch um diese beiden Sondereffekte, habe man gegenüber 2014 mit 4,6 Millionen Euro vor Steuern ein Plus von knapp 20 Prozent erzielt. Der Umsatz der Firmengruppe sei im selben Zeitraum um 3 Prozent auf 56 Millionen Euro gestiegen. Und auch für das laufende Jahr stünden die Zeichen gut. Meyer: »Bereits im ersten Halbjahr liegt das Umsatzplus bei rund 5 Prozent. Wir erwarten also eine stabile und positive Geschäftsentwicklung für 2016.« Mit dazu beitragen soll weiterhin eine enge Kundenbindung. »Wir veranstalten regelmäßig Workshops in Reutlingen und sind auch häufig bei den Bibliotheken vor Ort«, führte Meyer aus. Nicht zuletzt dieser Service habe dazu geführt, dass die 500 in der jüngsten Online-Befragung eingefangenen Kundenrückmeldungen eine Durchschnittsnote von 1,8 ergaben. Meyer: »Das ist eine gute Ausgangsposition.«

Langer Atem notwendig

In manchen Geschäftsfeldern ist ein langer Atem notwendig, so zum Beispiel bei der Etablierung der Open Library in Deutschland. Der von der ekz-Tochter EasyCheck in Hamburg-Finkenwerder Ende 2014 installierte Prototyp einer vollautomatischen Bibliothek hat

FOYER WIRTSCHAFT

Den Löwenanteil beim Umsatz macht die ekz mit dem Verkauf verleihfertiger Medien, aber auch der Möbelbereich ist ein wichtiges Standbein: Hier ist die neu eingerichtete Stadtbibliothek in Ludwigsburg zu sehen. Foto: www.dietmar-strauss.de 2014

bisher lediglich einen Nachahmer gefunden: In Norderstedt (Zweigstelle Glashütte) wird nun die zweite Open Library Deutschlands an den Start gehen. Auch bei der Erweiterung des Medienangebots in der Onleihe müssen dicke Bretter gebohrt werden. Da Bibliotheken hier nicht wie bei gedruckten Medien ein gesetzliches Verleihrecht haben, müssen mit jedem Verlag einzeln Lizenzen ausgehandelt werden. Ein mühsames Geschäft, bei dem es dennoch immer wieder Erfolgsmeldungen gibt: Zuletzt gelang es der divibib mit den beiden Verlagsgruppen Holtzbrinck und Bonnier zwei wichtige Anbieter für die Onleihe zu gewinnen. Mittrowann ist zuversichtlich, dass es hier zu weiteren Verbesserungen kommen wird, fordert aber gleichzeitig eine gesetzliche Regelung der Ausleihe für elektronische BuB 68 10/2016

Bücher, die für Autoren, Verlage und Bibliotheken tragbar ist.

Die ekz will der Entwicklung Rechnung tragen und nach längerer Zeit erstmals wieder die Investitionen für Effizienz­ steigerungen im physischen Medienbereich erhöhen.

Trotz aller Anstrengungen bei der Onleihe zeigt sich auch bei der ekz, dass der große digitale Hype vorbei ist. Die Wachstumsraten schwächen sich ab. Der Umsatzanteil digitaler Medien bei der ekz-Gruppe liegt derzeit bei rund 8 Prozent. Damit macht die ekz dieselben Erfahrungen, wie der Buchhandel insgesamt: Der Verkauf gedruckter Medien steigt

wieder an, vor allem auch im Kinderund Jugendbereich. Die leichte Zunahme bei Bibliotheken im digitalen Bereich, so Mittrowann, ginge in der Regel nicht mehr zu Lasten des gedruckten Buches, sondern eher zu Lasten von Non-Books wie CDs und DVDs. Die ekz will dieser Entwicklung im laufenden Jahr Rechnung tragen und nach längerer Zeit erstmals wieder die Investitionen für Effizienzsteigerungen im physischen Medienbereich erhöhen. Meyer betonte: »Das wird unser Kerngeschäft bleiben.« Die ekz-Gruppe umfasst die ekz.bibliotheksservice GmbH, die divibib GmbH, die EasyCheck GmbH & Co. KG, die NORIS Transportverpackung GmbH sowie die LMSCloud GmbH und beschäftigt insgesamt 280 Mitarbeiter. Bernd Schleh, BuB-Redakteur 547

FOYER WISSEN FRAGT ...?

Ort der Begegnung – Ort der Freiheit – Ort der Menschen 

Auf einen Espresso mit der weißrussischen Literaturnobelpreis­ trägerin Swetlana Alexandrowna Alexijewitsch zur »Atmosphäre von Bibliotheken« »Bibliotheken sollten den Menschen helfen, Mensch zu bleiben, und die Zukunft der Bibliotheken liegt in ihrer Ausrichtung als Ort der Begegnung«, das sagt Swetlana Alexandrowna Alexijewitsch, die 1998 auf der Leipziger Buchmesse den Buchpreis zur Europäischen Verständigung, 2013 auf der Frankfurter Buchmesse den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels und 2015 für ihr vielstimmiges Werk den Literaturnobelpreis erhielt, der in diesem Oktober wieder vergeben wird. Gründe genug, sie in der aktuellen Folge zur »Atmosphäre von Bibliotheken« mit dem Themenschwerpunkt »Buchmesse« zu interviewen. Zuletzt erschien von ihr in deutscher Sprache »Secondhand-Zeit – Leben auf den Trümmern des Sozialismus«.

Auf einen Espresso mit Swetlana Alexandrowna Alexijewitsch.

Dirk Wissen: Aus Ihrer Nobelpreisrede werden Sie gerne folgendermaßen zitiert: »Ich sammle den Alltag von Gefühlen, Gedanken und Worten«. Beschreibt sich für Sie so auch die Funktion von Bibliotheken? Swetlana Alexandrowna Alexijewitsch: Natürlich sind Bibliotheken ein Aufbewahrungsort auch von Gefühlen und Gedanken und nicht nur von Worten. Es sind Orte, an denen alles aufbewahrt werden sollte, alles was die Menschen erfunden haben, alles was 548

Menschen bewegt. Aber heute haben sich die Medien verändert, wie zum Beispiel durch Google, Facebook und Wikipedia. Doch die Computernutzung ist nicht alles, es werden auch zukünftig Bibliotheken benötigt, und immer noch gehen sehr viele Menschen in die Bibliotheken. Eine entscheidende Funktion von Bibliotheken ist: Bibliotheken sollten den Menschen helfen, Mensch zu bleiben. Und manchmal, wenn ich etwas ganz Spezielles suche, wie zum Beispiel einen Zeitungsartikel, dann gehe ich in eine gut sortierte Bibliothek. Bei meiner Arbeit an »Secondhand-Zeit« benötigte ich zum Beispiel Beiträge aus den 1930er-Jahren. Dies hatte ich dann nur in der alten Lenin-Bibliothek in Minsk gefunden. Sie sprechen in Ihren Reden auch davon, dass man »die Idee vom Krieg töten sollte und nicht die Menschen«. Ja, denn Menschen töten ist barbarisch. Das hat mit der alten Kultur des Krieges zu tun, die dieses Töten bestimmt. Doch die Menschheit müsste nur lernen, miteinander zu reden. Wenn man diese riesigen Waffenarsenale sieht, die es überall gibt und die bereitstehen. Wahnsinn. Diese werden zwar früher oder später alle vernichtet werden, aber noch ist das alles vorhanden und es gibt keine Philosophie, die sieht, dass diese zu verschrotten sind und wir für unser Menschenleben eine neue Philosophie benötigen. Der sowjetische Sozialismus zum Beispiel war ein militärischer Sozialismus. Das war ein totalitärer Staat. Das war ein Krieg gegen das eigene Volk. Und durch Tschernobyl entstand wieder eine neue Form von Krieg. Dann kam der Verfall dieses Imperiums und auch das war ein Krieg, in dem Blut geflossen ist. Das liegt alles mitten in unserer europäischen Geschichte. Und heute kann ich

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Weißrussische Nationalbibliothek, Minsk

darüber nicht mehr schreiben, meine Nerven sind dazu inzwischen zu aufgezehrt. Ich kann das nicht mehr und habe keine Kraft mehr, mich dagegen zu schützen. Wir werden aber schon bald mit so großen ökologischen Problemen konfrontiert sein, dass wir uns gar nicht mehr gegenseitig werden töten müssen. Es wird ohnehin genügend Probleme geben, und wir werden genug mit zahlreichen Naturkatastrophen zu tun haben, sodass Kriege zu führen völlig obsolet wird. Die Menschheit wird sich früher oder später vereinigen und vor allem mehr miteinander reden müssen. Ich glaube, wir sind die letzten Überlebenden einer Generation, die gerade das letzte barbarische Jahrhundert erlebt. Und dabei hilft uns das gesprochene und geschriebene Wort – wollen wir glauben, dass das Wort in dieser Welt nicht machtlos ist, obwohl es manchmal scheint, dass es an Kraft verliert. Sie sagten gerade, die Menschen müssten mehr miteinander reden. In einer Bibliothek wollen viele ihre Ruhe haben, es soll leise sein und es gibt wenig Raum für laute Kommunikation oder wie sehen Sie das? Ja stimmt, und doch findet beim Lesen ja auch eine Kommunikation mit dem Buch statt. Da hat man einen Gesprächspartner, nämlich das Buch, und dazu benötigt man die Ruhe. Ich selber mag die Stille sehr gerne. Ja, ich mag es sehr gerne, sich hinzusetzen und ein Buch in der Hand zu halten. Ich persönlich brauche das überhaupt nicht, dass dort um mich herum Leben und Lärm tobt. Im Gegenteil, man benötigt Ruhe, damit die Seele arbeiten kann. In dieser Hinsicht hat die Atmosphäre von Bibliotheken etwas Sakrales, wie zum Beispiel in Kirchen. Die Bibliothek ist ein Ort, in dem man mit dem Buch spricht, wodurch

FOYER WISSEN FRAGT ...?

auch eine Art Gespräch mit Gott stattfinden kann. Das ist eine ganz eigene Form von Informationsbegegnung. Das Gespräch mit einem Buch ist vergleichbar mit einem Gebet. Und schauen Sie, zum Beispiel in den Büchern von Dostojewski, diese Figuren, die sprechen mit mir. Nicht nur dass sie reden, sie schreien sogar manchmal. Dostojewskis Figuren benehmen sich auf ihre eigene Art, und ich fühle mit, wie diese Figuren leben. Derlei Bücher muss man benutzen können und hierzu bieten Bibliotheken ein nötiges Wertesystem. Eine Bibliothek ist wertvoll und nicht einfach ein Ort, in dem die Bücher liegen, wie zum Beispiel eine wertvolle Münzsammlung in einem Museum. Nein, Bibliotheken bieten die Möglichkeit zu lernen, mit den Büchern umzugehen, sie zu benutzen. Doch in vielen Städten wird der Wert von Bibliotheken kaum erkannt, sie verfallen oder werden ganz geschlossen. Und das passiert nicht nur in Deutschland, sondern auch in Weißrussland und in anderen Ländern werden viele kleinere Bibliotheken geschlossen. Hierbei spielt das Internet eine größere Rolle. Doch hoffe ich, dass nicht so bald die allerletzte Bibliothek wird sterben müssen. Ich hoffe, dass wir noch sehr lange in einer Welt mit Bibliotheken leben werden. Dieses Bibliothekssterben, das Sie ansprechen, ist ein großer Fehler unserer modernen Gesellschaft. Man kann unser Leben nicht einfach nur rationalistisch einrichten. Meine Überzeugung ist, dass die Welt nicht durch Rationalismus gerettet werden kann, sondern nur

Klassische Innenarchitektur oder späte Sow­ jetromantik: der Lesesaal der weißrussischen BuB 68 in 10/2016 Nationalbibliothek Minsk.

durch humanitäre Menschen. Ein solch humanitärer Mensch ist einer, der auch Bibliotheken nutzt, der Bücher liest. Was unserer Welt entscheidend fehlt, ist das Humanitäre, und dem sollten sich die Bibliotheken widmen. Als ich in Afghanistan war, habe ich dort während des Krieges mit verschiedensten Leuten geredet. Unter anderem habe ich auch mit hohen Offizieren gesprochen, und diese konnten sich nicht erinnern, wann sie das letzte Mal ein Buch gelesen hatten oder in einer Bibliothek waren. Und für die, die sich erinnern konnten, lag dies in deren Schulzeit. Da denke ich, dass den Soldaten das Schießen daher so leicht fällt. Das hat mit deren Bildung zu tun. Je weniger Bibliotheken, umso weniger Bildung. Viele Bibliotheken sollen aber rational funktionieren, indem sie etwa an Ausleih- und Besucherzahlen gemessen werden und weniger an ihren qualitativen Angeboten. Dies sind natürlich formale Bewertungen, die es überall gibt. Es ist auch sehr schön, wenn es möglichst viele Leser in einer Bibliothek gibt. Wichtiger ist es aber, und da haben Sie recht, wenn eine Bibliothek eine qualitative Atmosphäre der Kommunikation und des Denkens bietet. Wichtig ist mir, dass in Bibliotheken interessante Themen, zum Beispiel durch Veranstaltungen, behandelt werden. Das ist entscheidender als irgendwelche quantitativen Messungen. Denn wenn nur die Menge gemessen wird, sagt das nichts darüber aus, was die Leute lesen. Vielleicht gehen ja viele Leute in eine Bibliothek und leihen viel aus, doch sie lesen vielleicht alle nur so

ein Massenzeug. Die Qualität der Literatur ist entscheidend und nicht die Masse. Massenliteratur findet sich auch auf der Buchmesse und eine Masse an Literatur wird präsentiert. Ist das für Sie noch ein Zelebrieren des Buches in Form einer Messe? Deshalb mag ich Buchmessen nicht, weil einem da so viele Bücher begegnen. Auch verliert man dabei die Lust, selber zu schreiben. Deshalb versuche ich zu vermeiden, zu Buchmessen zu fahren. Es sind auch unheimlich viele Menschen zu sehen, und diese zahllosen einzelnen Stände, an denen immer etwas los ist. Andererseits ist das natürlich auch sehr beeindruckend, diese große Menge von Menschen, die sich für die vielen Bücher und zahlreichen Veranstaltungen interessiert. Das lässt natürlich dann auch einen Optimismus aufkommen, denn oft ist ja die Rede davon, dass das Buch tot sei. Und wenn man die Buchmessen sieht, denke ich im Gegenteil, das Buch wird überleben, denn die Menschen wollen Bücher und manche haben ja auch bereits diese Computer-Pads wieder satt. Das hat nicht mal unbedingt mit dem Haptischen oder dem fehlenden Geruch von Büchern zu tun, sondern es existiert einfach ein anderes Verhältnis zum Buch. Vielleicht geht es nur mir so, aber ich liebe Bücher. Auch unter der Massenliteratur gibt es natürlich gute Literatur, wie unter anderem Tolkien. Das ist ja Massenliteratur auf einem ziemlich hohen Niveau. Es gibt ja gerade im Bereich der Phantasie diese Fallhöhe von Tolkien bis zu unendlich Schlechtem. Meine Enkelin liest gerade Tolkien und ich mit

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FOYER WISSEN FRAGT ...?

ihr. Spannend ist es und lehrreich, sich mit ihr über diese ganze Phantasiewelt auszutauschen. Auch da geht es um den Kampf zwischen Gut und Böse. Was ich damit sagen möchte: Ich mag kluge Bücher, Bücher, die zum Denken anregen, und davon werden nicht so viele auf den Buchmessen präsentiert. Also Bücher, die sich ausschließlich der Unterhaltung widmen, mag ich nicht. Aber man muss unterscheiden. Vielleicht denke ich da ja auch zu altmodisch, doch wenn viele Menschen lesen, nur um die Zeit tot zu schlagen, dann tut mir das leid, um die Zeit dieser Menschen. Eines Ihrer literarischen Themen ist der »Traum der Zeit«. Bibliotheken werden in der Annahme gebaut, dass sie hunderte Jahre Bestand haben werden. Wie wichtig ist Ihnen das Zeitlose von Bibliotheken? Die »Zeit« ist auch eines meiner großen Themen, denn unsere Zeit ist zu kurz und für eine Ewigkeit wird natürlich keine Bibliothek bestehen. Denken Sie an Tschernobyl! Als ich darüber mein Buch schrieb, habe ich festgestellt, dass es das Wort »Ewigkeit« dort schon gar nicht mehr gibt, weil alle gesehen haben, wie schnell alles zerstört werden kann. Ich denke, beziehungsweise habe die Vermutung oder These, dass es vor uns bereits Zivilisationen gab, die dann spurlos verschwunden sind. Denken Sie dabei nicht nur an Atlantis und Babel, sondern auch an Orte, die heute von den Menschen zerstört werden. Denken Sie nicht nur an die Babylonische Bibliothek, die heute verschwunden ist, sondern an die Kulturgüter und Bibliotheken, die derzeit durch Menschenhand zerstört werden. Wie würden Sie mit Ihrem Blick der »Chronik der Zukunft« Bibliotheken beschreiben? Die Zukunft der Bibliotheken liegt in ihrer Ausrichtung als Ort der Begegnung. Ich denke, es ist eine Form von Zukunft für Bibliotheken, dass Bibliotheken zuerst ein Ort der Begegnung sind. Begegnungen mit vielen Büchern und Ihre Meinung: Wie wichtig ist die Sym­ bolik von Bibliotheken. Schreiben Sie an: [email protected]

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Begegnungen mit anderen Menschen. Vielleicht werden dort einmal Psychologen oder Philosophen oder weitere Berufe arbeiten, denn Bibliotheken sollten zum Denken anregen und sind ein Ort der vielfältigen Begegnung. Die Zukunft ist vielfältig, Bibliotheken sind es auch. Ihre Romane bilden »Räume von 1 000 Stimmen«. Können Bibliotheken ebenfalls solche epischen Räume sein? Bezüglich der bereits angesprochenen Zeit tatsächlich. Bibliotheken sind Aufbewahrungsorte von Zeit. Heute leben wir Menschen ja schneller als früher und Bibliotheken sind dabei, sich entsprechend zu verändern und werden unserer Menschheit zudem helfen, sich an neue Zeiten anzupassen und die Zeit sinnvoll zu verwenden. Bei der Arbeit an meinem ersten Buch, in dem es unter anderem um Frauen im Krieg ging, musste ich viele Daten finden und viele Fakten klären. Da benötigte ich sehr, sehr viel Zeit, um bestimmte Dinge zu recherchieren und Fakten ausfindig zu machen. Heute wäre ich mit dieser Recherchearbeit in zwei Stunden fertig. Ich würde in eine Bibliothek gehen und wenn die online ist, ließe sich alles sehr schnell herausfinden. In jeder Hinsicht geht dies heute schneller. Alles verändert sich und wir verändern uns mit. Nur in einem Punkt verändern wir uns nicht richtig, denn die Menschen töten immer noch Menschen. Und Bücher können uns das Gegenteil lehren, damit dies zukünftig hinter uns liegt. Bücher sollten uns befreien, vom Aberglauben und bestimmten Mythen. Und Bibliotheken müssten uns hierzu den Umgang mit Freiheit lehren. Inwieweit können Bibliothek in ihrer Funktion diese Freiheit unterstützen? Da denke ich zuerst an die Atmosphäre der alten Nationalbibliothek in Minsk. Das ist ein hässliches Bibliotheksgebäude. Es sieht merkwürdig aus und dort ist alles sehr eng beieinander und auch die Menschen sitzen sehr eng nebeneinander. Das hat noch etwas mit dem totalitären Sozialismus zu tun, dass die Leute bewusst alle sehr, sehr eng beieinander sein sollen, um sich

kontrollieren zu können, was wiederum mit der gewollten Einschränkung der Freiheit zusammenhängt. Ich weiß gar nicht, ob es in Moskau eine neuere Bibliothek gibt, aber in Minsk gibt es vor allem diese alten Bibliotheken. Diese freieren Formen mit größeren offeneren Bibliotheksräumen, wie es diese unter anderem in Deutschland gibt, in denen die ganze Welt aufbewahrt werden kann, das ist natürlich besser als diese Enge der Bibliotheken in Belarus. Was drückt hingegen bei der neuen Nationalbibliothek von Weißrussland die Symbolik des Gebäudes in Form eines Diamanten für Sie aus? Dieser Diamant, diese neue Nationalbibliothek in Minsk, das ist auch so ein merkwürdiges Gebäude, das sehr ungemütlich ist und für mich zuerst Unbehaglichkeit ausstrahlt. Ich denke, auch diese Symbolik ist nicht frei von totalitären Traditionen und Denkweisen. Sie haben im eigenen Land auch nicht alle Freiheiten. Werden Sie einmal die Nationalschriftstellerin Weißrusslands werden, sodass die Minsker Nationalbibliothek Ihr Werk entsprechend präsentiert? In welcher Hinsicht sollte ich eine Nationalschriftstellerin sein oder werden? Meine Bücher gibt es in vielen Bibliotheken, in verschiedensten Sprachen. Das Nationale spielt heute in der Literatur, glaube ich, keine Rolle mehr. Und Nationalbibliotheken sind für mich auch nur Bibliotheken. Eine Nationalbibliothek ist eben auch eine Bibliothek. Die Zeit ist ja schließlich auch nicht national. Frau Alexijewitsch, ich danke Ihnen für Ihre Zeit. Und was sagen Sie als Innenarchitektin Frau Miller: Wie wichtig ist die Symbolik von Bibliotheken?

Mehr dazu in der nächsten Folge von »Wissen fragt …?«. Selfies: Dirk Wissen

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»empfehlensWERT« 

Medientipps von Kunden für Kunden in der Stadtbücherei Biberach

Bereits zum vierten Mal findet im Herbst die Aktion »empfehlensWERT« in der Stadtbücherei Biberach statt, bei der Besucher ihre persönlichen Medientipps abgeben können. Die Aktion wurde ins Leben gerufen, um dem Wunsch nach mehr persönlichen Empfehlungen nachzukommen, die Vielfalt der verschiedenen Medien zu zeigen und die Kundennähe zu verstärken. Um den Besuchern einen Anreiz zum Mitmachen zu geben, werden Preise verlost. Bei jährlich 80 000 Buchveröffentlichungen, unzähligen Filmstarts und CD-Neuheiten das Richtige für sich zu finden, erweist sich manchmal als gar nicht so einfach. Die meisten kennen zwar die aktuellen Topseller, doch abseits davon gibt es natürlich noch vieles mehr zu entdecken. Nur, wie findet man das Besondere? Unter anderem aus dem Wunsch der Nutzer der Stadtbücherei Biberach nach mehr persönlichen Empfehlungen entstand die Aktion empfehlensWERT. Da aber die personellen und zeitlichen Ressourcen nicht zur Verfügung stehen, regelmäßig und über einen längeren Zeitraum ausformulierte Lesetipps der Mitarbeiter zu präsentieren, entwickelte sich die Idee, die Kunden selbst einzubinden. Eine Arbeitsgruppe befasst sich seitdem mit dem Thema Kundenempfehlungen. Im Herbst 2013 lief die Aktion empfehlensWERT zum ersten Mal – mit großem Erfolg: Schon bei der ersten Durchführung wurden 121 Medientipps abgegeben. Bei empfehlensWERT kann jeder mitmachen, der Lust hat, seine Tipps nicht nur Freunden und Bekannten, sondern auch vielen anderen Menschen mitzuteilen. Es werden somit alle Alters- und Zielgruppen angesprochen. Die Teilnahme soll so niederschwellig sein, dass es einfach Spaß macht, mitzumachen. Sowohl durch ausliegende BuB 68 10/2016

Teilnehmerzahlen zeigen den Erfolg der Aktion. 2015 gaben 290 Bibliotheksnutzer einen Medientipp ab. Vor allem Kinder und Jugendliche fühlten sich angesprochen. »Ich finde die Aktion ›empfehlensWERT‹ der Stadtbücherei Biberach super, da die Besucher bei dieser Aktion miteinbezogen werden und man tolle, neue Bücher kennenlernen kann«, meint eine Kundin. Wie bei jedem neuen Angebot ist breite Werbung entscheidend für den

Formulare in der Stadtbücherei als auch online können persönliche Medienempfehlungen abgegeben werden. Die Tipps werden anschließend in der Bibliothek anonym präsentiert. So erhalten die Besucher eine große Auswahl an interessanten und spannenden Medientipps. Zusätzlich entstand in Biberach eine Kooperation mit der lokalen Zeitung: Jeden zweiten Freitag wird ein von der Bücherei ausgewählter Medientipp mit Bild des Kunden veröffentlicht, vorausgesetzt der Kunde gibt sein Einver- Eine Besucherin liest interessiert die Medientipps in der Stadtbüche­ ständnis. Als An- rei Biberach. Foto: Stadtbücherei Biberach reiz zur Teilnahme an der Aktion werden verschiedene Erfolg des Projekts. Ebenso wichtig ist die Preise verlost und bei einer AbschlussWeiterentwicklung des Konzepts. Veränveranstaltung verliehen. derungen machen neugierig, erhalten die Lust teilzunehmen und es werden neue Kunden angesprochen. Erstmals wurde 2015 zum Beispiel zusätzlich ein KlassenHoher personeller Aufwand preis an dritte und vierte Klassen vergeben. Buchvorstellungen sind immer wieDa der personelle Aufwand bei solch der Teil des Unterrichts in Grundschulen. einem Projekt trotzdem noch hoch ist, Durch die Aktion können diese für Schükann es nur mithilfe eines Bundesfreiler noch spannender gestaltet und der willigendienstleistenden gestemmt werKlassenverbund gestärkt werden. Die Sieden. Dieser übernimmt alle operativen gerklassen wurden zu einer Lesung mit Aufgaben wie Formulare auffüllen, KunKinder- und Jugendautor Andreas Schlüdentipps präsentieren und an die Zeiter in die Stadtbücherei eingeladen. Auch tung schicken, Schulen anschreiben, bei der kommenden Runde wird das KonPressemitteilungen verfassen etc. Die zept noch einmal verändert: Es wird eine Organisation und Koordination bleibt »Reading Challenge« geben, bei der Büin Händen einer Bibliothekarin beziecher zu verschiedenen Kategorien gelehungsweise der Arbeitsgruppe. Regelsen werden sollen und die Kunden gleichmäßige Besprechungen und Abstimzeitig Empfehlungen abgeben können. mungen sind deshalb sehr wichtig. Nach jeder Runde erfolgt eine Annette Fülle, Evaluation. Zahlreiche positive RückStadtbücherei Biberach meldungen und stetig steigende 551

richten sich an Väter und ihre Kinder und finden zu Zeiten statt, an denen die Mehrheit der Väter und ihre Kinder gemeinsam Zeit haben, also samstags oder am frühen Abend.

Ein Vormittag für Väter mit ihren Kindern in der Bibliothek

Gerade Väter sind für ihre Kinder als Lesevorbilder wichtig. Foto: Stadtbibliothek Köln

Väter lesen vor 

Ein Projekt der Stadtbibliothek Köln / Sicherer Umgang mit Tablets und Smartphones

Vorlesen eröffnet Kindern noch vor dem Erwerb der eigenen Lesefähigkeit den Zugang zur Literatur, insbesondere zur fiktiven Welt. Für die Entwicklung von Empathie und Fantasie ist Vorlesen unerlässlich. Väter bewerten das Vorlesen zunächst einmal als Schlüssel zur Bildung, die Welt der Fiktion ist vielen aber suspekt. Die meisten Väter fühlen sich für das Vorlesen nicht zuständig, sondern überlassen diese Aufgabe immer noch den Frauen. Aber gerade Väter sind für ihre Kinder als Lesevorbilder wichtig. Die Stadtbibliothek Köln möchte die Väter mit kreativen Modulen und Ritualen für das Vorlesen motivieren. Die Stadtbibliothek Köln führt seit vielen Jahren Veranstaltungen und Projekte zur Leseförderung durch mit dem Ziel, Familien in ihrer Lesekompetenz zu fördern – unter besonderer Berücksichtigung der Mehrsprachigkeit. Im Zentrum steht der Gedanke, das Leben in mehr als einer Kultur und Sprache nicht 552

als Problem, sondern als Reichtum zu betrachten. Im Rahmen der Netzwerkarbeit für diese Veranstaltungen wurde immer wieder nach Angeboten zur Förderung der Lese- und Medienkompetenz gefragt, die sich ausdrücklich an Väter richten. Schlagworte wie »Feminisierung des Lesens« zeigen den Bedarf nach männlichen Lesevorbildern. Außerdem beobachten Bibliotheken und Buchhandlungen bei männlichen Kunden einen zunehmenden Beratungsbedarf zum »Wie« und »Was« des Vorlesens. Die Stadtbibliothek Köln hat die Medien, die Räumlichkeiten und die Erfahrung, um diese Entwicklung zu fördern und zu begleiten und möchte daher Väter und andere männliche Bezugspersonen mit kreativen Modulen für das Vorlesen begeistern und als wichtige Lesevorbilder motivieren. Im Folgenden werden drei Veranstaltungsformate vorgestellt, die die Stadtbibliothek im Rahmen des »Väterprojektes« entwickelt und getestet hat. Alle

Diese Veranstaltung findet im Projektzeitraum je zweimal in der Zentralbibliothek und einer Stadtteilbibliothek an einem Samstagvormittag statt. Im ersten Teil lesen Fachkräfte den Kindern vor, damit die Väter Ruhe für einen Erfahrungsaustausch mit einem Experten haben. Diese vermitteln Wissenswertes zum Vorlesen und zur Mehrsprachigkeit in Familie und Gesellschaft. Empfehlungen für Väter-Bücher und altersgemäße Literatur für Jungen und Mädchen werden von Bibliothekaren vorgestellt und von den Vätern untereinander ausgetauscht. Als Anschauungsmaterial wurde ein gesonderter Bestand an Vorlesebüchern für verschiedene Altersgruppen angeschafft. Im Gespräch werden Tipps zum Vorlesen – auch mehrsprachig – und rund um das Lesen mit Kindern entwickelt. Auf Wunsch der Väter kann das Vorlesen aktiv geübt werden. Zum Abschluss kommen Väter und Kinder wieder zusammen, und bei Getränken und Gebäck können einzelne Punkte vertieft oder die neuen Erkenntnisse direkt beim Vorlesen mit den Kindern angewendet werden. Hierfür wurden flexible Vorlesemöbel angeschafft, die das Vorlesen sowohl in großen als auch in kleineren Gruppen ermöglichen.

Tablets und Smartphones sicher gestalten

Dieses Modul richtet sich an technik­ affine Väter, in deren Haushalten Smartphone und/oder Tablet-PCs benutzt werden. Unter der fachkundigen Anleitung eines Medienpädagogen lernen die Väter Möglichkeiten der Absicherung von mobilen Geräten mit Internetzugang kennen. Kindliche Neugier soll in diesem Kurs über den kanalisierten

FOYER PRAXIS

Einstieg akzeptiert werden, ohne dass das Kind beeinträchtigenden Inhalten ausgesetzt ist.

Vater-Kind-Kurs: Einstieg ins Internet für Kinder

Hier werden Väter gemeinsam mit ihren Kindern an geeignete Web-Angebote herangeführt. Die Kursteilnehmer lernen die vielfältigen Möglichkeiten des kindgerechten Internets kennen. Der Kurs gibt den Vätern das Rüstzeug mit auf den Weg, um zu Hause einen geschützten Erkundungsraum zu installieren, in dem die Familien sich gemeinsam Medienkompetenz aneignen können. Um die Väter für diese Veranstaltungen zu erreichen, musste vor allem die schon seit vielen Jahren bestehende Netzwerkarbeit mit Väternetzwerken intensiviert werden. Hierbei wurden Vorstellungen, Anregungen und Wünsche DABIS_A5_quer_cl_ohne_Termin.pdf

15.12.2015

abgefragt und in die Planung und Erprobung der Väterveranstaltungen eingearbeitet. Väternetzwerke wie die »Kölner Väter« wurden als Kooperationspartner gewonnen, um die Veranstaltungen in ihren eigenen Netzwerken zu bewerben. Die umfangreiche Netzwerkarbeit ist für den Erfolg des Projektes von zentraler Bedeutung, sie macht zeitlich ein Vielfaches der Veranstaltungsarbeit aus. Zur Durchführung der einzelnen Module wurden Experten verpflichtet. Für die Vorleseworkshops standen mit Cem Ünal (Mitglied des interkulturellen Arkadaş-Theaters) und Gian Luca Bonucci (Lehrer für den muttersprachlichen Italienisch-Unterricht) zwei erfahrene bilinguale Experten (und Väter) zur Verfügung. Die beiden technisch orientierten Module wurden von Experten der Fachstelle für Jugendmedienkultur NRW/ ComputerProjekt Köln durchgeführt. Hierbei wurde der im Vorfeld geäußerte

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Wunsch umgesetzt, dass die Veranstaltungen von männlichen Akteuren durchgeführt werden, die eine Ansprache »auf gleicher Ebene« ermöglichen, und dass der Fokus auf dem Erfahrungsaustausch der Väter untereinander liegt. Mit dieser Argumentation konnte auch der vereinzelten Kritik von Müttern begegnet werden, die gern an den Angeboten teilgenommen hätten. Bei allen Veranstaltungen wurden die externen Pädagogen von erfahrenen weiblichen und männlichen Bibliothekaren fachlich unterstützt. Die teilnehmenden Väter, vereinzelt auch Großväter äußerten sich durchweg positiv zu den neuen Angeboten. Das Projekt wurde vom Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes Nordrhein-Westfalen gefördert.

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Auszeichnung für DOKK1: Innovative Technologie auf 28 000 Quadratmetern überzeugte die Jury des internationalen Biblio­ theksverbands IFLA. Fotos: Stefanie Oeding

DOKK1: Die beste Öffentliche Bibliothek der Welt 

Auszeichnung für die dänische Vorzeigeeinrichtung / Aarhus auf dem Weg zur Kulturhauptstadt Europas 2017

Eine dänische Stadt steht im Fokus der kulturellen Welt: Auf dem Weg zur Internationalen Kulturhauptstadt Europas 2017 punktet Aarhus mit Eröffnungen aufsehenerregender Kultureinrichtungen. Neben dem modernen Kunstmuseum ARoS und dem innovativen kulturhistorischen Museum Moesgard wurde Mitte August DOKK1 als weltbeste Öffentliche Bibliothek ausgezeichnet. Mit nominiert waren auch drei Bibliotheken in Australien und USA, doch Aarhus bekam vom internationalen Bibliotheksverband IFLA den Preis von 5 000 Dollar für die gelungene Integration der Bibliothek in ein neugestaltetes Areal direkt am Hafen, dem »Urban Mediaspace«. In den Räumlichkeiten ist auch der Bürgerservice für die 315 000 Einwohner untergebracht. Die Verwaltung von Aarhus2017 und gleich mehrere Veranstaltungsräume stehen außerhalb der durch Fachpersonal betreuten Zeiten für Treffen zur Verfügung. Die Nutzung ist enorm: Schon neun Monate nach der Eröffnung im Juni 2015 verzeichnete 554

DOKK1 eine Million Besucher. Der vom dänischen und international bekannten Architekturbüro Schmidt Hammer Lassen gestaltete Bau umfasst ein großzügiges Gebiet von 28 000 Quadratmetern, das Europas modernste Parkanlage mit 1 000 Plätzen ebenso integriert wie eine eigene Zugstation. Diese innovative Technologie im physischen Raum spielte für die Entscheidung der Jury ebenfalls eine ausschlaggebende Rolle. Rund um das verglaste Gebäude bieten Aussichtsplattformen einen weiten Blick über die alte Stadt, den Hafen und die Spielflächen für Kinder. Innen gehen Funktionsflächen, Ausleihflächen, Bücherregale und Computerarbeitsplätze harmonisch über mehrere Etagen ineinander über. Alle Altersgruppen finden Möglichkeiten zum Lesen, Musikhören, Spielen oder Treffen in Arbeitsgruppen. Ruhige Leseplätze in Nischen oder größere Tische an den

Die Visionen für die spektakuläre Bibliothek im Video finden Sie in der BuB-App.

Fenstern, eine bunte Kinderbibliothek mit niedrigen Regalen und einem extra Stillraum für Mütter, die Veranstaltungssäle ausgestattet mit modernster Technik – das sind Kriterien, die eine zeitgemäße Bibliothek heute ausmachen. Aarhus denkt nach vorne auf der Grundlage des übergeordneten Mottos »Rethink«. Fragen wie »Wer sind wir« und »Was möchten wir gerne sein« bilden den roten Faden eines umfangreichen und attraktiven Programms für 2017, das die Chefin Rebecca Matthews in diesem Frühjahr vorstellte. Mit vielen engagierten Bürgern und finanzkräftigen Partnern werden 350 Projekte durchgeführt, die sich über das gesamte Jahr und 19 Gemeinden in der Region Midjylland erstrecken. Eins der fünf geplanten Mega-Events ist die Theateraufführung von »Die Abenteuer des Röde Or« nach dem Roman von Frans G. Bengtsson auf dem imposanten Grasdach des MoesgardMuseums. Im nächsten Sommer können dann allabendlich 3 000 Besucher die Abenteuer einer der größten Heldenfiguren der Wikingerzeit miterleben. Stefanie Oeding

FOYER NACHRICHTEN

Nachrichten Open Science Conference 2017 Berlin. Die Open Science Conference findet am 21. und 22. März 2017 in Berlin statt. Sie ist die vierte internationale Fachtagung des Leibniz-Forschungsverbundes Science 2.0. Die Tagung ist ein Forum für die Open-Science-Bewegung. Sie bietet Forschenden, Fachleuten aus Bibliotheken sowie Fachexperten aus der Wissenschaftspolitik die Möglichkeit, sich zu Anwendungen, Erfahrungen und Strategien zum Thema Open Science auszutauschen. Der thematische Fokus der Open Science Conference 2017 liegt auf sogenannten »Open Educational Resources« (OER). Diese umfassen Lehrmaterialien in Print und Digital, in Modulen, Streaming-Videos, Software und anderen Werkzeugen, Materialien oder Techniken, die den offenen Zugang zu Wissen unterstützen. Der Call for Project Presentations steht unter www.open-science-conference.eu.

dem Jahr 2000 verleihen die Freunde der Staatsbibliothek zu Berlin mindestens alle zwei Jahre den Preis an eine Persönlichkeit, die sich in besonderer Weise um das Bibliothekswesen und die Staatsbibliothek zu Berlin verdient gemacht hat. Der Filmregisseur, Autor und Produzent Wim Wenders hat in seinem

DIN-Entwurf steht zur Kommentierung

Dirk Wissen ist neuer Leiter der Stadtbibliothek Reinickendorf

Die »Nacht der Bibliotheken« 2017 im Geiste Europas

Berlin. Mitte August hat Dirk Wissen sein Amt als Leiter der Stadtbibliothek Berlin-Reinickendorf angetreten. »Mit ihm konnten wir einen hervorragenden Kenner des deutschen und internationalen Bibliothekswesens für den Bezirk gewinnen«, sagte die Bezirksstadträtin für Schule, Bildung und Kultur, Katrin Schultze-Berndt. Die Bibliotheken in Reinickendorf mit der Humboldt-Bibliothek als zentraler Einrichtung verfügen über vier weitere Standortbibliotheken sowie zwei Bücherbusse. Wissen hat in Wien promoviert, ist Bundesvorstand des BIB und Herausgeber von BuB.

EU-Präsident Martin Schulz und das Europäische Parlament ha­ ben die Schirmherrschaft über die »Nacht der Bibliotheken« in Nord­ rhein-Westfalen am 10. März 2017 übernommen. »The place to be« wird 2017 das Motto der »Nacht der Bibliotheken« sein, an der sich rund 200 öffentliche, kirchliche und wissenschaftliche Bibliothe­ ken in NRW beteiligen. Das Motto stellt einerseits die Bibliothek als gefragten Ort zum Treffen, Träu­ men, Lernen in den Mittelpunkt. Es transportiert anderseits eine klare Botschaft: Bibliotheken stehen jedem offen, unabhängig von Ein­ kommen, Bildung, Kultur, Herkunft oder Lebensform. Weitere Infos un­ ter: www.nachtderbibliotheken.de

Bibliothekspreis für Wim Wenders Berlin. In diesem Jahr erhält Wim Wenders den Max-Herrmann-Preis. Seit BuB 68 10/2016

Film »Der Himmel über Berlin« (1987) die Staatsbibliothek zu Berlin zu einem der zentralen, magischen Schauplätzen erwählt und ihr so »ein ebenso schönes wie bleibendes filmisches Denkmal von internationalem Rang gesetzt«, erklärt André Schmitz, Vorsitzender der Freunde der Staatsbibliothek zu Berlin zur Preisverleihung 2016.

Berlin. Anfang Juli ist der Entwurf der DIN 67700 »Bau von Bibliotheken und Archiven – Anforderungen und Empfehlungen für die Planung« erschienen. Er gilt sowohl für den Neubau von Bibliotheken und Archiven als auch für die Umnutzung bestehender Gebäude oder Räume. Er bezieht Archive, Öffentliche und Wissenschaftliche Bibliotheken unterschiedlicher Größe und Aufgabe ein. DIN 67700 ersetzt den DIN-Fachbericht 13 »Bau- und Nutzungsplanung von Bibliotheken und Archiven« (2009). Damit liegt für die Anforderungen beim Bau von Bibliotheken und Archiven erstmals eine Norm vor. Es besteht die Möglichkeit, den Normentwurf bis zur Einspruchsfrist am 8. November zu kommentieren. Weiter Informationen gibt es unter www. din.de/de/mitwirken/entwuerfe/ne-stel lung/wdc-beuth:din21:254605034. Zum selben Zeitpunkt erschien auch der Normentwurf zur DIN ISO 11799 »Information und Dokumentation – Anforderungen an die Aufbewahrung von Archiv- und Bibliotheksgut«.

Berliner Artotheken kooperieren Berlin. Die Artotheken des Neuen Berliner Kunstvereins (n.b.k.) und der Zentral- und Landesbibliothek Berlin (ZLB) planen eine umfangreiche Kooperation. Volker Heller, Vorstand der ZLB, und Marius Babias, Direktor des n.b.k., unterzeichneten im August eine entsprechende Absichtserklärung. Angestrebt ist »eine langfristige Zusammenarbeit hinsichtlich der Artotheken, um die Kompetenzen beider Institutionen effizient, effektiv und programmatisch 555

FOYER NACHRICHTEN

Innovationspreis 2017: Call for Papers Die Kommission für Ausbildung und Berufsbilder des Berufsverbands Information Bibliothek (BIB) lädt Sie, in Zusammenarbeit mit der Zeit­ schrift »B.I.T. online«, ein, Ihre Ba­ chelor-, Master- und Diplomarbeiten oder Ihre (Studien-)Projekte aus dem Bereich Bibliothek, Information und Dokumentation auf dem Bibliothe­ kartag vom 30. Mai bis 2. Juni 2017 in Frankfurt persönlich vorzustellen. Von den eingereichten Arbeiten wer­ den drei für die Präsentation in Frank­ furt am Main ausgewählt. Jede prä­ sentierte Arbeit erhält den »B.I.T. on­ line«-Innovationspreis und wird mit

in einer zeitgemäßen und zukunftsorientierten Kulturarbeit zu bündeln«. Seit Januar 2016 finden Workshops statt, in denen die beiden Institutionen ihre Zusammenarbeit entwickeln. Im August 2016 fand eine erste gemeinsame Ankaufssitzung zum Erwerb neuer Kunstwerke statt. Es wurden 25 Arbeiten im Gesamtwert von 60 000 Euro erworben.

Neubau in Alt-Rudow gestartet Berlin. Der Bau der neuen Stadtteilbibliothek Alt-Rudow in Berlin hat begonnen. Die Bibliothek, entworfen für über 70 000 BesucherInnen und mehr als 150 000 Entleihungen im Jahr, hat ein Bauvolumen von 1,8 Millionen Euro. Die Eröffnung ist für das Frühjahr 2018 geplant – 80 Jahre nach Einrichtung der ersten Stadtteilbibliothek in Rudow. Bei der Grundsteinlegung Anfang September wurde eine Zeitkapsel in die Grundplatte des Gebäudes versenkt. Der Inhalt: neben dem Bauplan, einem Bibliotheksausweis und dem Grundgesetz auch ein Heft der Fachzeitschrift BuB – die Doppelausgabe August/September 2016 mit dem Schwerpunkt »Räume der Zukunft«. 556

500 Euro prämiiert. Geeignete Arbei­ ten werden in der Buchreihe »B.I.T. online innovativ« veröffentlicht. Die Preisträger erhalten darüber hinaus eine einjährige kostenlose Mitglied­ schaft im BIB. Nutzen Sie diese Chance, sich und Ihre Arbeit der Fachwelt bekannt zu machen. Bitte senden Sie schon jetzt, aber spätestens bis zum 1. Dezember 2016 eine Kurzfassung (circa zehn Seiten) Ihrer Arbeit beziehungsweise Ihres Projektes und deren Bewertung sowie das Inhalts- und das Literatur­ verzeichnis, außerdem Ihren Lebens­ lauf per E-Mail an [email protected].

Zweiter Band der Reihe »Kulturelles Erbe in der digitalen Welt« Berlin. Anfang September ist der zweite Band der Schriftenreihe »Kulturelles Erbe in der digitalen Welt« der Deutschen Digitalen Bibliothek erschienen. Der Sammelband liefert erstmals einen umfassenderen Überblick über die Aktivitäten zur Vermittlung und Vernetzung des kulturellen Erbes einzelner Bundesländer. Im Detail beantworten die Beiträge Fragen nach dem organisatorischen Aufbau und der Infrastruktur der Digitalisierung sowie nach Kooperationen und politischen Rahmenbedingungen und setzen die politische Agenda ins Verhältnis zum Erreichten.

Sie wollen die Publikation lesen? In der BuB-App stellen wir sie zur Verfügung.

VGH-Preis für GefangenenBibliothek Bremen Bremen. Die Gefangenen-Bibliothek Bremen wird mit dem Bibliothekspreis der VGH-Stiftung 2016 ausgezeichnet.

Die Jury des Bibliothekspreises würdigt damit den Modell-Charakter der Einrichtung: Sie ist deutschlandweit die einzige reguläre Zweigstelle einer Stadtbibliothek hinter Gefängnismauern. Damit werde die Bremer Stadtbibliothek in vorbildhafter Weise ihrer gesetzlich definierten Aufgabe gerecht, der Bevölkerung einen ungehinderten Zugang zu Informationen und Teilhabe zu gewährleisten. Dass dies auch für den inhaftierten Teil der Bevölkerung gilt, wird ausdrücklich in Artikel 28 der Europäischen Strafvollzugsgrundsätze bestätigt. Die Bremer Strafgefangenen können aus 8 000 Medieneinheiten in einem Freihandbereich wählen, hinzu kommt der ungehinderte Zugang zum Verbund der Bremer Bibliotheken. Die Jury zeigte sich insbesondere von der Nutzungsintensität der JVA-Bibliothek beeindruckt: Bei 450 Haftplätzen verzeichnet sie jährlich an die 10 000 Besuche.

Bibliothek im Untergrund Damaskus (Syrien). Wie Bibliotheksarbeit in Zeiten des Krieges aussieht, zeigt ein beeindruckender Beitrag der britischen BBC. In einer ausgebombten Vorstadt von Damaskus gibt es trotz allen Hungers und Elends die Sehnsucht nach Büchern und Literatur. Freiwillige haben deshalb in einem vor Bomben und Granaten sicheren Keller eine provisorische Bibliothek eingerichtet. Die Bücher stammen aus zerstörten Häusern und von freiwilligen Spendern. Die Bibliotheksbesucher können zumindest für wenige Stunden das Elend ihres Alltags vergessen und so etwas wie Normalität im Leben spüren. Der vollständige Bericht steht unter: www.bbc.com/news/ magazine-36893303.

Kooperation mit Wikipedia gestärkt Dublin, Ohio (USA). Das Projekt »Web Junction« von OCLC hat den »Knights News Challenge« gewonnen und wird nun zusammen mit einem sogenannten »Wikipedian-in-Residence“ ein nationales Training für US-BibliothekarInnen im Bearbeiten von Wikipedia-Artikeln

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einerseits und zur Schulung der lokalen Gemeinden im Umgang mit Wikipedia und Einbindung von erfahrenen Wikipedianern in Bibliotheksaktivitäten andererseits entwickeln. Der Wettbewerb wurde im vergangenen Jahr von der John S. and James L. Knight Stiftung ausgeschrieben, um bahnbrechende Ideen für Bibliotheken zu finanzieren, die ihnen dabei helfen sollen, die Informationsbedarfe des 21. Jahrhunderts zu erfüllen.

Schließung von Verlagen und Medien in der Türkei Frankfurt am Main. Die bereits angespannte Situation für Medien und Verlage in der Türkei hat sich seit dem Putschversuch im Juli 2016 deutlich verschärft. Die türkische Regierung geht breit angelegt gegen regierungskritische Journalisten und Medien vor. Neben über hundert Printredaktionen, TV- und Radiostationen wurden bis Anfang August bereits 29 Buchverlage, darunter Bildungs- und Kinderbuchverlage, geschlossen. Der Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, Alexander Skipis, gab dazu folgende Stellungnahme ab: »Wir verurteilen die Verhaftungen von Autoren und Journalisten sowie die Schließungen von Verlagen und anderen Medienhäusern aufs schärfste. Die türkische Regierung greift die Meinungsfreiheit massiv an. Autoren, Verleger und Journalisten werden wie Verbrecher behandelt. Das ist untragbar. Die Freiheit des Wortes ist

Ausbildungsstätten profitieren von BuB-Paten-Abonnements Gerade für den bibliothekarischen Nachwuchs sind Informationen aus der Bibliotheksbranche wichtig. Aus diesem Grund hat BuB das Pa­ ten-Abonnement eingeführt. Privat­ personen, Unternehmen, Stiftungen und Vereine können damit für ein Jahr einer bibliothekarischen Berufsschule oder Ausbildungsstätte ein BuB-Abo bereitstellen. Die Schule oder Hoch­ schule, die unterstützt werden soll, kann von den Paten auf Wunsch selbst ausgewählt werden. Bisher sind zwei Paten-Abos ab­ geschlossen worden. Neben einer privaten Spenderin, die nicht genannt werden möchte, hat sich die Reut­ linger ekz.bibliotheksservice GmbH

ein Menschenrecht, das unter allen Umständen geschützt werden muss.«

Strategischer Kompass der Nationalbibliothek Frankfurt am Main. Mit der Veröffentlichung »Deutsche Nationalbibliothek 2025: Strategischer Kompass« (www.dnb.de/DE/Aktuell/Neues/

gleich für ein zwei­ jähriges Abo ent­ schieden. Vertrags­ partner ist der BIB. Werden auch Sie ein Vorbild für andere und schlie­ ßen Sie ein BuB-Paten-Abonne­ ment ab! Über Ihr Engagement be­ richten wir gerne in BuB und auf www.b-u-b.de. Weitere Informatio­ nen erhalten Sie bei: Berufsverband Information Bibliothek (BIB), Zeitschrift BuB, Annegret Kopecki Telefon 07121/349115 Mail: [email protected]

publikationen.html) hat die Deutsche Nationalbibliothek ihre Leitlinien für die nächsten zehn Jahre vorgelegt. Seit ihrer Gründung 1912 passt sich die Deutsche Nationalbibliothek immer wieder sowohl an die Erfordernisse neuer Medien und Publikationsformen als auch an den rasanten Fortschritt im Bereich der Informationstechnologie und die daraus resultierenden Erwartungen ihrer Nutzer an. So hat der Gesetzgeber vor zehn ANZEIGE

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Ermäßigung für VDB-Mitglieder und Studierende Aktuelle Nachrichten, meinungs­ starke Kommentare, hintergründige Reportagen, kontroverse Diskussi­ onsbeiträge – dazu Interviews, Pra­ xisberichte und wissenschaftliche Aufsätze: Wer BuB liest, ist als Bib­ liothekar und Informationsspezialist stets auf dem Laufenden. Inzwischen auch digital: Die BuB-App ist auf dem Smartphone oder Tablet-PC abruf­ bar und bietet zusätzliches Material wie Bildergalerien, Kartenfunktionen, Audiokommentare, Videos und eini­ ges mehr.

Also: Unbedingt ein BuB-Abonne­ ment abschließen! Ganz besonders günstig ist das für Mitglieder des Ver­ eins Deutscher Bibliothekarinnen und Bibliothekare (VDB) sowie für Studie­ rende. Sie zahlen lediglich die Hälfte des regulären Abo-Preises, also 47 Euro pro Jahr. Das Kombi-Abo Print + Digital gibt es für 62 Euro. Weitere Informationen so­ wie die Abo-Bestellung bei Anne­ gret Kopecki ([email protected] / Telefon 07121/349115) oder unter www.b-u-b.de/abonnement/

Wissenschaftler in ganz Deutschland disziplinenübergreifend Forschungsdaten recherchieren und nachnutzen können. GeRDI startet in Phase I damit, drei Piloten aus drei Einrichtungstypen in Kiel, München und Dresden miteinander zu verbinden. Phase II strebt einen deutschlandweiten Ausbau an. Das Projekt GeRDI wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) in der ersten Projektphase mit etwa drei Millionen Euro gefördert. Am Wissenschaftsstandort Kiel stehen der ZBW und der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel 1,6 Millionen Euro zur Verfügung.

Wirtschaftsdienst stellt 7 000 Artikel frei online Jahren den Auftrag der Deutschen Nationalbibliothek um Netzpublikationen erweitert und die Bibliothek hat mittlerweile mehr als zwei Millionen Netzpublikationen im Bestand.

Literatur aus den Herkunfts­ ländern der Flüchtlinge Göttingen. Das Evangelische Literaturportal hat ein neues Themenheft mit Literatur aus den Herkunftsländern der Flüchtlinge herausgegeben. Es stellt 56 empfehlenswerte Romane aus Äthiopien, Afghanistan, Albanien, Benin, Eritrea, Irak, Iran, Pakistan, Senegal und Syrien vor. Es sind herausfordernde Texte, die anregen, sich mit der Geschichte, den politischen Systemen und den sozialen Verhältnissen dieser Länder auseinanderzusetzen. Literatur wird hier zu einem Fenster, das den Blick für kulturelle Hintergründe öffnet. Das 34-seitige, vierfarbig gedruckte Heft kann gegen eine Schutzgebühr von zwei Euro plus Versandkosten bestellt werden beim Ev. Literaturportal, Bürgerstraße 2a, 37073 Göttingen; [email protected].

Ärztekammer Hamburg löst Ende 2017 ihre Bibliothek auf Hamburg. Die Delegiertenversammlung der Ärztekammer Hamburg hat 558

beschlossen, das bibliothekarische Angebot für die Hamburger Ärztinnen und Ärzte auf lange Sicht zu verändern: Bislang ist die Ärztekammer Hamburg Träger der »Bibliothek des Ärztlichen Vereins« im Altbau der Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg Carl von Ossietzky (Stabi). Wie die Ärztekammer Hamburg Anfang September mitteilte, sollen die Werke bis Ende 2017 nun in das Angebot der Staatsbibliothek integriert werden. Die historischen Werke sollen dabei als eigenständige Sondersammlung »Historische Bibliothek des Ärztlichen Vereins« erhalten bleiben. Die aktuellen Werke sollen nach bibliothekarischer Prüfung, beispielsweise auf Dubletten, in den Bestand der Staatsbibliothek sowie den der Ärztlichen Zentralbibliothek übergehen und somit ebenfalls zugänglich bleiben. Die Delegiertenversammlung folgte damit einem Vorschlag des Vorstandes.

GeRDI wird Modell für vernetzte Forschungsdaten-Infrastruktur Kiel/Hamburg. Unter der Leitung des ZBW-Leibniz-Informationszentrums Wirtschaft startet mit »GeRDI – Generic Research Data Infrastructure« ein Projekt zum Aufbau einer vernetzten Forschungsdaten-Infrastruktur. Wie die ZBW mitteilt, ist das Ziel, existierende und zukünftige Forschungsdatenspeicher virtuell zu verknüpfen, sodass

Kiel/Hamburg. Die ZBW-Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft stellt auf ihrem Publikationsserver EconStor sämtliche Artikel des »Wirtschaftsdienst« von 1949 bis 1997 frei zur Verfügung. Anlass ist das 100-jährige Bestehen der wirtschaftspolitischen Zeitschrift. Nach ZBW-Angaben handelt es sich dabei um eine lückenlose Reihe von 7 000 bisher nicht frei verfügbaren Artikeln (siehe www.econstor.eu/dspace/ handle/10419/40027).

ZBW wirbt über eine Million Drittmittel ein Kiel/Hamburg. Das ZBW-LeibnizInformationszentrum Wirtschaft hat Zuschläge bekommen für drei Forschungsprojekte, die sich aus unterschiedlichen Perspektiven der Erforschung der Digitalisierung der Wissenschaft widmen. Themen sind der Aufbau einer vernetzten Forschungsdateninfrastruktur, alternative Messindikatoren für wissenschaftliche Leistung und die Nutzung von semantischen Technologien zur Erschließung von Zitationen. Die Drittmittelsumme der Deutschen Forschungsgemeinschaft für diese drei Vorhaben beträgt 1,3 Millionen Euro. Wie die ZBW mitteilt, können mit diesen Mitteln über die kommenden Jahre sechs weitere Nachwuchswissenschaftler beschäftigt werden.

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Stadtbücherei Hilden ist Bibliothek des Jahres 2016 

Klare Zielgruppenorientierung und erfolgreiches Qualitätsmanagement / Vorbildliche digitale Ausstattung

Die Stadtbücherei Hilden ist »Bibliothek des Jahres 2016«. Nach Angaben des Deutschen Bibliotheksverbands (dbv) erhält die Bibliothek die Auszeichnung im Rahmen einer feierlichen Preisverleihung am 23. Oktober zum Tag der Bibliotheken. Der Preis »Bibliothek des Jahres« ist der einzige nationale Bibliothekspreis und wird 2016 zum 17. Mal vom dbv verliehen. Wie der dbv mitteilt, wird mit der Stadtbücherei Hilden eine Bibliothek geehrt, die sich in den letzten Jahren konzeptionell neu aufgestellt hat. Das Kundeninteresse immer im Mittelpunkt ihrer Arbeit, durchlaufe sie mittels eines Qualitätsmanagement-Systems einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess. Weiterhin setze die Bibliothek ihr 2014 neu entwickeltes Marketingkonzept mit Bestandsprofil und Veranstaltungskonzept bei klarer Zielgruppenorientierung sehr konsequent um. Durch diese Maßnahmen sei der Bibliothek über einen langen Zeitraum hinweg eine stetige Leistungsverbesserung gelungen und sie konnte in einem bundesdeutschen Leistungsvergleich 2015 beste Ergebnisse in dieser Bibliotheksgrößenordnung erzielen, begründet der dbv die Entscheidung. Bereits 2008 hat die Stadtbücherei Hilden eine Stelle für interkulturelle Bibliotheksarbeit eingerichtet. Auf

Internationaler Lieferservice gestrichen London (Großbritannien). Die British Library stellt ihren Dokumentenlieferdienst „International Non-Commercial Document Supply« (INCD) nach knapp viereinhalb Jahren ein. Grund sei die gesunkene Nachfrage, die den Dienst BuB 68 10/2016

Das Team der Stadtbücherei Hilden freut sich über die Auszeichnung zur Bibliothek des Jahres 2016. Foto: Stadtbücherei Hilden

langfristige Kooperationen vor Ort angelegt konnte damit im letzten Jahr eine Reihe von Angeboten für geflüchtete Menschen konzipiert und umgesetzt werden. Mit allen örtlichen Schulen und mit vielen Kindertagesstätten wurden Kooperationsvereinbarungen für regelmäßige Angebote geschlossen. Sie generieren heute den Großteil der Neuanmeldungen bei der Stadtbücherei Hilden. In der Bibliothek ist ein Netz aus Lernpaten, Vereinen und Religionsgemeinschaften in der Stadt entstanden. Wie der dbv in seiner Begründung weiter mitteilt, sei die Stadtbücherei

nicht mehr leistbar mache. Der INCD hatte 2012 den seit mehr als fünf Jahrzehnten bestehenden Overseas Library Privilege Service abgelöst. Nach Beendigung des Dienstes können auswärtige nicht-kommerzielle Nutzer den British Library On Demand Dienst nutzen, müssen dafür aber eine Urheberechtsgebühr bezahlen.

Hilden in ihrer digitalen Kommunikation und Ausstattung vorbildlich: Über umfangreiche Social-Media-Kanäle binde die Bibliothek die Hildener Öffentlichkeit in ihre Angebote, Aktionen und Services ein und biete allen Besuchern elektronische Endgeräte zum Ausprobieren an. Mit regelmäßigen Schulungen, Gaming-Aktivitäten und vielfältigen Veranstaltungen erreiche die Stadtbibliothek eine große Bandbreite an Zielgruppen. Sie waren noch nie in Hilden? In der App zeigen wir Ihnen, wo die Bücherei liegt.

Suche nach geraubtem Kulturgut Mainz. Das Deutsche Zentrum Kulturgutverluste unterstützt die dezentrale Suche nach verfolgungsbedingt entzogenem Kulturgut während der nationalsozialistischen Diktatur. Es versteht sich national und international als zentraler Ansprechpartner zu Fragen 559

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unrechtmäßiger Entziehungen von Kulturgut in Deutschland im 20. Jahrhundert. Kürzlich hat das Zentrum 15 Projekte ausgewählt, die mit insgesamt 1,5 Millionen Euro gefördert werden sollen. Wie die Johannes GuttenbergUniversität Mainz (JGU) mitteilt, befindet sich darunter auch ein Projekt an der Hochschule. Die Kunsthistorische Forschungsstätte Paris (KHF) war 1942 in Paris von den nationalsozialistischen Besatzern gegründet worden. Nach der Schließung des Instituts wurde 1946 ein großer Teil des Buchbestands der KHF der neugegründeten Universität in Mainz angeboten und in die Universitätsbibliothek Mainz überführt. Nach JGU-Angaben ist das Ziel des Projekts der Universitätsbibliothek, den Buchbestand in Mainz systematisch auf seine Provenienz hin zu überprüfen.

440 000 Titel des 19. Jahrhunderts im Volltext München. Der Ertrag aus dem langjährigen Digitalisierungsprojekt der Bayerischen Staatsbibliothek mit Google ist jetzt auch für Nutzer in der Recherche im Bibliothekskatalog (OPACplus) angekommen. Nach Angaben der Bibliothek können über eine zuschaltbare Funktion mehr als 440 000 urheberrechtsfreie Titel aus dem Bestand der Bayerischen Staatsbibliothek auch im Volltext durchsucht und zur Lektüre angezeigt werden. Es handelt sich um Bücher und Zeitschriften aus dem 19. Jahrhundert. Es ist geplant, den neuen Service schrittweise um hunderttausende Titel des 17. und 18. Jahrhunderts auszuweiten. Bereits jetzt sei die neue Volltextrecherche mit 132 Millionen indexierten Textseiten ein in Deutschland einmaliges Angebot, teilt die Bayerische Staatsbibliothek mit.

Praxiskonzepte zum Deutschen Jugendliteraturpreis 2016 München. Über 150 Bibliothekare, Buchhändler und Pädagogen erprobten in diesem Jahr in Hannover, Mülheim an der Ruhr und München im Rahmen 560

eintägiger Praxisseminare kreative Vermittlungsmethoden zu den nominierten Büchern des Deutschen Jugendliteraturpreises 2016. Erarbeitet wurden Praxiskonzepte zu 15 der 29 nominierten Titel. Diese stehen nun auf der Homepage des Arbeitskreises für Jugendliteratur zum Download bereit: www.djlp. jugendliteratur.org/praxiskonzepte-28. html. Sie umfassen vielfältige und leicht umzusetzende Anregungen und Materialvorlagen, um Kinder und Jugendliche für den ausgezeichneten Lesestoff zu begeistern. Auch im kommenden Jahr wird der Arbeitskreis für Jugendliteratur drei Praxisseminare zum Deutschen Jugendliteraturpreis 2017 anbieten: am 8. Juni in Hannover, am 19. Juni in Frankfurt am Main und am 26. Juni in München.

Staatsbibliothek startet virtuelles Ausstellungskonzept München. Die Bayerische Staatsbibliothek präsentiert künftig ihre großen Jahresausstellungen bei Google Arts & Culture, einem Kunst- und Kulturangebot im Internet und als App. Die renommierte Kulturinstitution führt damit ihre erfolgreiche Zusammenarbeit mit Google fort. Passend zum Beginn des zweiten Teils der Ausstellungstrilogie »Bilderwelten – Buchmalerei zwischen Mittelalter und Neuzeit« bietet die Bibliothek ihrem Publikum bereits den Ausstellungsteil »Ewiges und Irdisches« als virtuelle Ausstellung bei Google Arts & Culture an. Das Publikum kann die Exponate auf diese Weise online in Ruhe besichtigen und erhält Erläuterungen in Schrift und Ton. Einen besonderen Mehrwert für den Besucher bietet die Verlinkung der einzelnen Exponate zu den Digitalen Sammlungen der Bibliothek, in der das Exponat – im Gegensatz zur realen Ausstellung – Seite für Seite am Bildschirm durchblättert werden kann. Google Arts & Culture und damit die virtuelle Ausstellung der Staatsbibliothek, ist auch als App für iOS- und Android-Systeme erhältlich und kann so als Audio-Guide in den Schatzkammern der Bibliothek eingesetzt werden.

Publikation zu »40 Jahre Lektoratskooperation« Reutlingen. Die vielfältigen Facetten der Lektoratskooperation in ihrer geschichtlichen, inhaltlichen, organisatorischen und auch menschlichen Dimension schildert eine umfangreiche Publikation, die zum 40-jährigen Jubiläum dieses einzigartigen bibliothekarischen Netzwerks erschienen ist. »40 Jahre Lektoratskooperation. Geschichte, Facetten und Zukunft einer IDee« lautet der Titel des 328 Seiten starken Bandes. Das Symbol des Diamanten auf dem Titelbild vermittelt gleich auf den ersten Blick, welchen hohen Wert die Autoren diesem »Alltagsinstrument« für den bibliothekarischen Bestandsaufbau beimessen, das in vielen Öffentlichen Bibliotheken dazu beiträgt, sich auf das Wesentliche konzentrieren zu können. Besondere Kennzeichen der Lektoratskooperation, die vom Berufsverband Information Bibliothek (BIB), dem Deutschen Bibliotheksverband (dbv) und der ekz.bibliotheksservice GmbH getragen wird, sind die Solidarität, das gemeinsame Tun und der permanente Interessensausgleich – Qualitäten, die in einer demokratisch verfassten Gesellschaft einen wichtigen Stellenwert haben. Die Festschrift (ISBN 978-3-95608-0012) kann bei der ekz oder im Buchhandel erworben werden. Der Ladenpreis beträgt 19,90 Euro.

HdM-Hochschulpreis für BI-Studentin Luisa Göldner Stuttgart. Die Hochschule der Medien (HdM) hat Ende Juli 462 Medienprofis in einer Feierstunde verabschiedet. 257 Frauen und 205 Männer haben im Sommersemester ihr Studium erfolgreich beendet und nahmen ihre Zeugnisse entgegen. Für ausgezeichnete Studienleistungen, hervorragende Abschlussarbeiten und soziales Engagement während des Studiums wurden insgesamt sechs Preise vergeben. Unter den Preisträgern war auch eine Absolventin des Studienganges Bibliotheksund Informationsmanagement: Den Hochschulpreis des Fördervereins der HdM für den besten Studienabschluss des Sommersemesters ging an Luisa Göldner.

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Markt Nomos Open Access: Kooperation mit Max Planck Digital Library Pr. – Der Nomos Verlag und die Max Planck Digital Library in München haben eine Rahmenvereinbarung geschlossen, die es Autoren der Max Planck Institute künftig ermöglicht, ihre Buchpublikationen sowohl in gedruckter Fassung als auch Open Access zu veröffentlichen. Der Nomos Verlag und die Max Planck Institute vertiefen ihre langjährige Zusammenarbeit. Bis heute sind zahlreiche Reihen der Max Planck Institute oder deren Direktoren im Nomos Verlag erschienen. Durch die Kooperation zwischen Nomos und der Max Planck Digital Library werden die Titel nun in Printform innerhalb einer Reihe sowie Open Access über die Max Planck Digital Library veröffentlicht. »Für unsere Autorinnen und Autoren bringt die Vereinbarung den Vorteil mit sich, dass ihre Bücher zum einen in einem renommierten Wissenschaftsverlag publiziert werden, zum anderen unmittelbar weltweit verfügbar sind«, erklärt Ralf Schimmer, Bereichsleiter Information bei der Max Planck Digital Library. Prof. Johannes Rux, Programmleiter für Jura Wissenschaft bei Nomos, ergänzt: »Als einer der führenden rechtsund sozialwissenschaftlichen Verlage im deutschen Sprachraum hat Nomos sich schon länger für Open Access geöffnet. Kooperationen wie die mit der Max Planck Digital Library ermöglichen es uns, unseren Autorinnen und Autoren die größtmögliche Verbreitung ihrer Werke zu gewährleisten. Mit der parallelen Veröffentlichung der hochwertig hergestellten Druckausgabe und der frei zugänglichen elektronischen Fassung in der Nomos eLibrary genießen sie das Beste beider Welten. Umgekehrt haben Wissenschaftlerinnen und BuB 68 10/2016

Wissenschaftler, die in dem jeweiligen Gebiet tätig sind, optimalen Zugang zu Forschungsergebnissen.«

bibliotheca Übernahme des dänischen Systemexperten für die »Offene Bibliothek« Pr. – bibliotheca A/S, ein gemeinschaftliches Unternehmen der bibliotheca-Gruppe und der Axiell-Gruppe in Dänemark, bestätigt den Ankauf des dänischen Technologieexperten Cordura A/S. Das Unternehmen gilt als Erfinder der sogenannten »Offenen Bibliothek«, der in Europa führenden Lösung für eine unbemannte Selbstbedienungsbibliothek. bibliotheca vergrößert mit dem Erwerb des skandinavischen Markführers das Know-how seiner Entwicklungsabteilung im Interesse seiner Kunden. Cordura A/S profiliert sich mit einer Vielzahl an Lösungen, deren Anwendungen in der Bibliotheksbranche und dem Museumssektor hohe Anerkennung finden. Es fokussiert sich auf die Bereitstellung von erstklassigen, funktionalen Systemen, basierend auf hochmodernen Technologien, wie zum Beispiel Touchscreen-Selbstbedienungsstationen, interaktive Anwendungen für digitale Handgeräte und seiner innovativen Bibliothekslösung »Die Offene Bibliothek«. Diese gilt als das erste in der Branche verfügbare 24/7-Bibliothekssystem, welches als absolut neuartiges Produkt erfolgreich installiert wurde und die gesamte europäische Bibliothekslandschaft gravierend verändert hat. Simon Plankenhorn, CEO der bibliotheca-Gruppe, kommentiert: »bibliotheca konzentriert all seine Aktivitäten

In der Rubrik »Markt« werden Presse­mitteilungen von Unterneh­ men und Dienstleistern – ohne redaktionelle Bearbeitung – ver­ öffentlicht. Die Redaktion behält sich vor, Beiträge auszuwählen und zu kürzen.

und Produktentwicklungen auf die Bibliotheksbranche und unterstützt seine Kunden dabei, ihr Dienstleistungsangebot kontinuierlich zu optimieren. Im Jahr 2015 haben wir unsere Zugang24-Lösung in Europa eingeführt, die es Bibliotheken ermöglicht, ihren Besuchern zu Randzeiten offen zu stehen, die bislang undenkbar waren. Wir haben in Zugang24 viel investiert; nun wird unsere Lösung nochmals dank der vielversprechenden, zeitgemäßen Herangehensweise des Cordura-Teams um zahlreiche Funktionalitäten angereichert.« Die Geschäftsführer von Cordura, deren Mitarbeiter und Produkte werden ausnahmslos in die bibliotheca-Gruppe integriert. Bibliothecas weltweiter Kundenstamm wird von den zukünftigen Neuerungen profitieren, die der Zusammenschluss mit Cordura mit sich bringt. Bisherige Kunden und Anwender der Cordura-Lösungen können denselben Service und Support erwarten wie bisher und werden zukünftig zusätzliche Vorteile genießen.

OCLC Neuer Termin für den 12. Bibliotheksleitertag 2016 Pr. – Der neue Termin für den 12. Bibliotheksleitertag 2016 steht fest: Die Veranstaltung findet am 9. November in der Deutschen Nationalbibliothek in Frankfurt am Main statt. Unter dem Motto »Von außen betrachtet – (Wie) passt die Bibliothek in die heutige Informationsgesellschaft?« richten wir einen Blick von außen auf die Bibliothek. Wie leben, lernen und informieren sich junge Menschen heute? Welche Rolle spielt die Bibliothek dabei? Und welche könnte sie spielen? Weiterhin stehen die Themen Bibliotheks-Marketing 2016, Sichtbarkeit im Web und digitale Angebote von Bibliotheken heute im Fokus der Veranstaltung. Weitere Informationen zum Programm gibt es unter www.bibliotheks leitertag.de; dort ist auch die Anmeldung möglich. Die Veranstaltung ist wie immer kostenlos. 561

SCHWERPUNKT FRANKFURTER BUCHMESSE

Jan-Pieter Barbian

Mehr als nur ein gigantischer »Promi-Auflauf« 

Warum sich ein Besuch der Frankfurter Buchmesse für Bibliothekare auch in diesem Jahr lohnt

Verbandsfunktionäre. Von diesem »closed shop« mögen sich diejenigen, die aus einem reinen Interesse an den Neuheiten des Bücherherbstes oder aufgrund einer schlichten Liebe zum Buch, aus Neugierde auf das Gastland und die Begegnung mit geschätzten Autoren nach Frankfurt kommen, ausgeschlossen fühlen. Aber das ist kein Grund, der Buchmesse fernzubleiben. 7 100 Aussteller aus rund 100 Ländern, 275 791 Besucher an Denn die Vielfalt an Informationsangeboten, Veranstaltungen den fünf Messetagen, rund 9 900 akkreditierte Journalisten und Kontaktmöglichkeiten ist einzigartig und auch für Bibliound Blogger – mit dieser Bilanz der 67. Frankfurter Buchmesse thekare nach wie vor attraktiv. Denn die Frankfurter Buchwar der Börsenverein des Deutschen Buchhandels als verantmesse hat sich immer wieder erfolgreich an die im Laufe der wortlicher Organisator im vergangenen Jahr hochzufrieden. Jahrzehnte wechselnden Erwartungen der Öffentlichkeit und Auch der Ehrengast Indonesien war glücklich über die positive die Veränderungen der Medienwelt angepasst. Resonanz, den die Ausstellung auf der Messe und die Lesungen Auf die Kritik an der zunehmenden Kommerzialisierung mit 75 indonesischen Autoren, die rund 500 Veranstaltungen und inhaltlichen Beliebigkeit reagierte im gesamten deutschsprachigen Raum man ab 1976 zunächst mit der Einfühund die 108 übersetzten Neuerscheirung von Themenschwerpunkten, die nungen in deutschen Verlagen erzielt alle zwei Jahre wechselten. Bis 1984 hatten. Soweit das offizielle Marketing standen die Literatur Lateinamerikas, zu einer Messe, die seit 1949 im Herbst Kind und Buch, Schwarzafrika, Religioeines jeden Jahres den Blick auf die Welt nen und George Orwell im Mittelpunkt. der Bücher lenkt und einen spektakuläThemenschwerpunkte in BuB Seit 1986, beginnend mit Indien, Italien ren Medienrummel um die prominenten (1988), Frankreich (1989) und Japan Autoren mit ihren jeweiligen Bestsellern Heft 07/2016 (1990), stehen die Gastländer im Mittelinszeniert. Die »Messe der herzlichen Digitalisierung punkt, die sich im Rahmen von AusstelTreulosigkeiten« hat sie Rudolf Walter lungen und Lesungen unter einem Motto Leonhardt (1921-2003) in seiner Bilanz Heft 08-09/2016 präsentieren. »Die Agenten sind unter uns« vom 10. Räume der Zukunft Oktober 1975 bissig charakterisiert. Damit hat der langjährige Feuilleton-Chef Heft 10/2016 und Mitherausgeber der Wochenzeitung Gastland: Flandern und die Niederlande Frankfurter Buchmesse »Die Zeit« deutlich gemacht, dass es hinter den für die Öffentlichkeit sichtbaren Vom 19. bis zum 23. Oktober 2016 werHeft 11/2016 Kulissen vor allem um eines geht: um das den es unter dem Motto »Dies ist, was Mobile Angebote lukrative Geschäft mit Autorenrechten wir teilen« Flandern und die Niederund Buchlizenzen. lande sein – zum zweiten Mal nach 1993. Heft 12/2016 In der Tat sind heute knapp die Hälfte Auf der Messe lassen sich dann die GeNS-Raubgut der Besucher Fachleute aus dem Verlagsschichte und Gegenwart des Gastlandes, wesen, Buchhandel und Druckgewerbe, die historische und aktuelle Entwicklung Heft 01/2017 Literaturagenten, Software- und Mulvon dessen Literatur und die zahlreichen Makerspaces timediaanbieter, Filmproduzenten und Neuerscheinungen kennenlernen. Wobei Die Frankfurter Buchmesse ist eine kaum zu überblickende Großveranstaltung für alle Art von Literatur und Medien. Der Rummel ist enorm – warum ein Besuch für Bibliothekare dennoch lohnt, erklärt Jan-Pieter Barbian:

Schwerpunkt

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The place to be: Durch schrille Angebote wird die Frankfurter Buchmesse auch für junge Besucher immer interessanter. Foto: Peter Hirth/Frankfurter Buchmesse

neben den deutschen Verlagen mit ihren Übersetzungen aus dem Niederländischen die wichtigsten Verlage aus den Niederlanden und aus Belgien mit den Originalausgaben vertreten sein werden. Und natürlich auch die niederländischen und flämischen Autoren, die im Rahmen von Lesungen in Frankfurt am Main und in anderen deutschen Städten zu erleben sind. Das wird den Blick auf unsere europäischen Nachbarn schärfen – nicht nur auf deren Literatur, sondern auch auf die politischen und gesellschaftlichen Themen, die die Menschen dort besonders bewegen.

Die Vielfalt der deutschsprachigen Literatur, die in Deutschland, Österreich und der Schweiz erscheint, ist an zahlreichen Verlagsständen vertreten. Dies gilt aber auch für zahlreiche andere Länder, die auf der Buchmesse in einer eigenen Halle vertreten sind. Nirgendwo sonst kann man sich einen besseren Überblick über die internationale Literatur verschaffen, auch wenn sich nicht alle Verlage aus allen Ländern präsentieren können und längst nicht immer die Freiheit der politischen Meinung und kulturellen Entfaltung respektiert wird, wie die Beispiele der Gastländer BuB 68 10/2016

Russland (2003), Arabische Welt (2004) und Volksrepublik China (2009) gezeigt haben. Spannend wird sein, wie sich die Türkei, das Gastland des Jahres 2008, vor dem Hintergrund der besorgniserregenden politischen Entwicklungen in diesem Jahr auf der Buchmesse darstellen wird. Die demokratischen Grund- und Menschenrechte, die der Nährboden für eine politisch unabhängige und lebendige Literatur und Kultur sind, auch die Freiheit der Wissenschaft, werden unter dem präsidialen Diktator Recep Tayyip Erdoğan jedenfalls nicht mehr respektiert. Doch nicht allein fremde Länder und ihre Literaturen lassen sich auf der Frankfurter Buchmesse entdecken. Die Vielfalt der deutschsprachigen Literatur, die in Deutschland, Österreich und der Schweiz erscheint, ist an zahlreichen Verlagsständen vertreten. Neben den großen, bekannten Verlagen und Medienkonzernen lassen sich auch kleinere Verlagshäuser und Spezialverlage aus Deutschland, Österreich und der Schweiz finden. Mitten im Trubel der Messehallen stehen Buchpräsentationen, Autorenlesungen, Gesprächsrunden, Diskussionsforen und Preisverleihungen auf dem Programm. Die Verkündung des Gewinners des Nobelpreises für Literatur durch die schwedische Akademie in Stockholm erfolgt jeweils zur Buchmesse und beschert dem Stand seiner heimischen oder deutschen Verlage eine erhöhte öffentliche Aufmerksamkeit. 563

SCHWERPUNKT FRANKFURTER BUCHMESSE

Seit 2005 verleiht der Börsenverein zum Auftakt der Buchmesse den Deutschen Buchpreis für den besten deutschsprachigen Roman. In diesem Jahr haben sich insgesamt 98 Verlage mit 156 Romantiteln beworben, von denen die Jury 20 auf die Longlist und 6 auf die Shortlist setzen wird. Die Preisverleihung erfolgt am 17. Oktober. Der 1950 vom Börsenverein gestiftete Friedenspreis des deutschen Buchhandels wird traditionell am Abschlusstag der Buchmesse in der Paulskirche verliehen und sorgt für eine große mediale Aufmerksamkeit. Nach Navid Kermani im vergangenen wird in diesem Jahr die 1967 in Mülheim an der Ruhr geborene Journalistin und Publizistin Carolin Emcke ausgezeichnet, die mit ihren Publikationen »einen wichtigen Beitrag zum gesellschaftlichen Dialog und zum Frieden leistet«, wie es in der Begründung der Jury heißt. Die Bühne der Buchmesse nutzt auch der Arbeitskreis für Jugendliteratur aus München. Er zeichnet mit dem seit 1956 verliehenen Deutschen Jugendliteraturpreis Autoren von Bilderbüchern, Kinderbüchern, Jugendbüchern und Sachbüchern aus – in diesem Jahr am 21. Oktober im Saal Harmonie des Congress Centers. Den Paul-Celan-Preis, mit dem der Deutsche Literaturfonds aus Darmstadt seit 1988 herausragende Übersetzungen ins Deutsche würdigt, erhält am 20. Oktober im Lesezelt der Frankfurter Buchmesse die 1961 in Essen geborene Anne Birkenhauer für das Gesamtwerk ihrer Übersetzungen aus dem Hebräischen, vor allem für den Roman »Kommt ein Pferd in die Bar« von David Grossman (Hanser Verlag, München 2016).

Revolutionärer Medienwandel

Der geradezu revolutionäre Medienwandel der vergangenen drei Jahrzehnte spiegelt sich auch in der Entwicklung der Frankfurter Buchmesse wieder. 1983 wurden erstmals Ton-, Bild- und Datenträger präsentiert, wobei das Schwerpunktthema »Orwell 2000« im Jahr 1984 noch die großen Vorbehalte der eher konservativen Branche zum Ausdruck brachte. Heute gehören Musik-CDs, Hörbücher, DVDs und Blu-Rays selbstverständlich dazu

Dr. Jan-Pieter Barbian (Foto: Krischerfotogra­ fie) ist seit 1999 Direk­ tor der Stadtbibliothek Duis­burg und nebenbe­ ruflicher Geschäftsfüh­ rer des Vereins für Lite­ ratur und Kunst sowie der Duisburger Bürgerstiftung Bibliothek. Er hat zahlrei­ che Publikationen zur Literatur- und Kulturpolitik der NSZeit, zu Film und Politik in der Weimarer Republik sowie zur Geschichte des Ruhrgebiets nach 1945 veröffentlicht. – Kontakt: [email protected]

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und sind im Zeitalter der Streaming-Dienste schon wieder zu Auslaufmodellen geworden. Seit 1993 wurde unter dem saloppen Motto »Frankfurt goes electronic« der Bereich der Online-Medien auf- und zunehmend ausgebaut. Inzwischen informiert eine eigene Halle über die aktuellen Trends der digital oder virtuell verfügbaren Technologien und Inhalte. Die E-Books, E-Papers, E-Audios und E-Videos stehen heute wie selbstverständlich neben den traditionellen Printausgaben. Daher können sich auch Bibliothekare einen ausgezeichneten Überblick über und detaillierten Einblick in den aktuellen Markt der Anbieterfirmen und ihrer neuesten Produkte verschaffen. Nach Herzenslust ausprobieren und sich kompetent beraten lassen, ohne den kritischen Blick auf die jeweiligen Geschäftsmodelle zu verlieren – hier ist es möglich.

In der Halle 4.2 stellen Dienstleister für Bib­ liotheken, Wissenschaft und Fachinformation, Universitätsverlage, Geisteswissenschaftliche Verlage, Spezialverlage für Recht, Wirtschaft, Medizin und Technologie aus. Unbedingt sehenswert ist das Internationale Bibliothekszentrum (ILC), das die Frankfurter Buchmesse zusammen mit dem Berufsverband Information Bibliothek (BIB) organisiert. In der Halle 4.2 stellen Dienstleister für Bibliotheken, Wissenschaft und Fachinformation, Universitätsverlage, Geisteswissenschaftliche Verlage, Spezialverlage für Recht, Wirtschaft, Medizin und Technologie aus. Zum Veranstaltungsangebot gehören das Forum »Wissenschaft und Bildung«, die »LIS-Corner«, die Informationen zu den Studiengängen und Berufsperspektiven für Bibliothekare gibt, das BIB-Symposium für »Young Professionals« und der »FAMI-Treff«, der zum Erfahrungs- und Meinungsaustausch unter den Auszubildenden mit Berufspraktikern einlädt. Neben dem BIB sind auch der Deutsche Bibliotheksverband (dbv), die Deutsche Nationalbibliothek und das Goethe-Institut auf der Buchmesse mit eigenen Ständen vertreten und freuen sich über einen Besuch. Wem das alles noch nicht genügt, kann auf der Antiquariatsmesse, die seit 2005 Bestandteil des Messeprogramms ist, in historischen Kostbarkeiten stöbern und dabei die Liebe zum Buch in besonderer Weise genießen: real und eben nicht virtuell. Allerdings fragt man sich spätestens dann, was bei allem sportlichen Elan, den das riesige Messegelände voraussetzt, an einem Tag als Besucher geistig zu verkraften ist, zumal nicht nur das lange Gehen, sondern auch die nicht immer optimale Luft in den Hallen für die allmähliche Ermüdung sorgen. Da Hotels in Frankfurt für eine Übernachtung zur Messezeit horrende Prohibitionspreise verlangen und lange Zeit im Voraus gebucht sein müssen, empfiehlt es sich, die Buchmesse nur mit einem klar strukturierten Programm aufzusuchen. Dann wird man zwar nicht alles gesehen und sicherlich auch einiges übersehen haben, aber man nimmt zumindest das nach Hause mit, was für den bibliothekarischen Berufsalltag wichtig sein oder werden könnte. Viel Spaß dabei!

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Selbstvermarktung: Wer bei der Frankfurter Buchmesse mit seinem jüngsten Werk auffallen möchte, darf nicht zimperlich sein. Foto: Alexander Heimann / Frankfurter Buchmesse

Boris Hänßler

Umrisse des neuen Erzählens 

Selbstvermarktung spielt immer größere Rolle auf der Buchmesse / Bibliotheken als Vorreiter beim lockeren Umgang mit Computerspielen Die Digitalisierung verändert die klassischen Rollen: Blogger übertrumpfen Kritiker, Selfpublisher fordern etablierte Verlage heraus, Videospiele erfinden das Erzählen neu und Algorithmen sollen gar Lektoren ablösen. Karl von Wendt liest den Roman »Joyland« von Stephen King. In der Geschichte begibt sich ein Student in den 1970er-Jahren in einem Vergnügungspark auf die Suche nach einem Mörder, der in einer Geisterbahn herumspuken soll. Die Geschichte ist fesselnd. Wendt muss auf einen dringenden Termin, weshalb er das Buch am liebsten einpacken und in die U-Bahn mitnehmen würde. Aber es ist ihm zu unhandlich. Warum, fragt er sich, kann ich das Buch nicht auf dem Smartphone weiterlesen? 566

Der Gedanke war die Geburtsstunde der App »Papego«, mit der sich Wendt seinen Wunsch erfüllte. Die App ermöglicht, ein angefangenes Buch auf dem Smartphone weiterzulesen, ohne dass man das E-Book gesondert kaufen muss. Der Leser scannt mit der Smartphone-Kamera die zuletzt gelesene Buchseite ein, anschließend lädt die App ein Viertel des Buchs ab der gescannten Seite auf das mobile Gerät herunter. »Der Leser bekommt nur einen Auszug, nie das vollständige E-Book«, sagt Wendt. »So verhindern wir, dass jemand im Buchhandel eine Seite scannt und das ganze Buch kostenlos erhält. Mit Papego vermeiden die Verlage auch steuerliche Probleme, die sie hätten, falls sie das E-Book mit dem Buch gebündelt anbieten würden, da beide unterschiedlich besteuert werden müssen.«

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Papego ist somit ein digitaler Mehrwert zum gedruckten Buch. Papego-fähige Bücher gibt es derzeit von Piper und dem Berlin Verlag, bald auch vom Aufbau-Verlag und weiteren Partnern. Die App ist eine von vielen Ideen, die Startups in den vergangenen Jahren hervorgebracht haben, um uns im digitalen Zeitalter ein komfortableres Leseerlebnis zu bescheren. Der Umsatz bei E-Books stagniert laut Verlagsbranche, aber nicht, weil weniger E-Books verkauft werden, sondern weil Selfpublisher den Verlagen immer mehr Anteile abnehmen und weil die Leser erwarten, dass E-Books deutlich günstiger als gedruckte Bücher sind – auf beide Trends müssen die Verleger nun mit neuen Angeboten reagieren. Dabei sind das nicht die einzigen Fragen, mit denen sich die Buchbranche herumplagt. Bei der Empfehlung, was gelesen wird, spielen Lese-Communities, Blogger und neuerdings YouTuber eine zunehmende Rolle; Podcasts und Streamings von Lesungen etablieren sich neben Hörbüchern. Außerdem machen den Verlagen Firmen zu schaffen, die das Leseverhalten bei E-Books auswerten und eine Art Bestseller-Formel entwickeln, um Lektoren abzuschaffen. Und schließlich gibt es einen weiteren Trend: Der Schmuddel-Ruf von Videospielen hat sich erledigt, und innovative Entwickler bedienen sich literarischer Vorbilder, um das zu schaffen, was auf dem E-Book-Markt fehlte: eine neue Form transmedialen Erzählens. Von diesen Entwicklungen macht den Verlagen wohl das Selfpublishing am meisten zu schaffen. Noch bemühen sich angehende Autoren zwar um einen Verlagsvertrag, um in den Buchhandel zu kommen, aber inzwischen wandern einige auch freiwillig zum E-Book ab, weil sie sich höhere Einkünfte versprechen. Nicht ohne Grund: In den USA verzeichnen etwa 1 200 Verlagsautoren Einnahmen von über 25 000 Dollar – unter den Selfpublishern sind es inzwischen 1 600 Autoren. Das liegt einerseits daran, dass letztere je Buch erheblich höhere Anteile kassieren und andererseits ihre Bücher erheblich günstiger anbieten können, weshalb Leser auch unbekannten Namen immer wieder eine Chance geben.

Weitere wichtige Informationen für BibliothekarInnen zur Frankfurter Buchmesse sind in der BuB-App zu finden.

ihr Buch selbst aussuchen, ebenso Bindung und Papierqualität. Mit einem Tool rechnen sie zudem online aus, wie viel der Druck eines Exemplars kosten würde. Der Online-Rechner gibt dann einen Vorschlag für den Verkaufspreis. Bei einem Taschenbuch mit etwa 300 Seiten läge er ungefähr bei zehn bis elf Euro. Der Autor bekäme nach Abzug der Druck- und Lieferkosten sowie Händlerprovision einen Anteil von ein bis zwei Euro – das wäre deutlich mehr als bei einem Verlag, wo die Anteile oft zwischen 50 und 80 Cent liegen. Geliefert wird das BoD-Buch in acht bis zehn Tagen. Freilich profitieren nur wenige Autoren von dem System. Die Bücher kommen weder in den stationären Handel noch in die Bibliothek. Selfpublishing ist vor allem Selfmarketing. Das Thema Selbstvermarktung ist deshalb eines der gefragtesten Themen auf den letzten Buchmessen gewesen. Wie sie funktioniert, ahnt zum Beispiel der umtriebige Autor und Selfpublishing-Berater Matthias Matting. Er schuf dieses Jahr das Portal Fortschrift.net, damit Autoren leichter zu ihren Lesern finden, und zwar noch ehe das Buch in die Online-Shops kommt. Die Idee: Leser können das Entstehen der Bücher mitverfolgen und sie mitfinanzieren. Ein Vorbild für das Projekt ist Bachmann-Preisträger Tilman Rammstedt, der Anfang 2016

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Service-Angebote für Selfpublisher

Um die Selfpublisher bildet sich zudem ein Service-Angebot, das den Autoren die Professionalisierung ermöglicht. Sie beauftragen Lektoren und Grafiker, lassen sich bei der Vermarktung der Bücher beraten und nutzen die Möglichkeit, ihre Bücher zusätzlich drucken zu lassen. Das Konzept »Books on Demand« (BoD) gibt es zwar schon seit den 1990er-Jahren. Neu ist jedoch, dass dank effizienter Druckverfahren keine Vorkosten entstehen und die Lieferzeiten rapide abgenommen haben. Nicht der Autor, sondern der Leser übernimmt beim Kauf eines Buches erst die Druckkosten. Amazon hat mit CreateSpace ein eigenes BoD-System geschaffen, aber auch die deutsche Firma epubli ist seit Jahren erfolgreich. »Die meisten Veröffentlichungen haben wir im Non-Fiction, also Ratgeber und Sachbücher«, sagt epubli-Marketingchef Lars Poeck. »Aber es finden sich auch erfolgreiche Belletristik-Titel bei uns.« Die Autoren können sich das Format für BuB 68 10/2016

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ein Kapitel, lud es ins Internet hoch, wartete auf Feedback, passte das Kapitel an und machte dasselbe mit den folgenden Kapiteln. Sie schrieb das Buch sozusagen mit dem Markt für den Markt.« Das Buch wurde umgehend ein Bestseller. »Harry Potter« wurde hingegen von den meisten Lektoren zunächst abgelehnt, ebenso »Twilight« und das erste Buch von Stephen King. »Das bisherige System funktioniert also nicht besonders gut«, sagt Albazaz. »Lektoren entscheiden mit Bauchgefühl, ob sich ein Buch verkaufen könnte, und oft geht es schief. Ich fragte mich also, ob es nicht möglich wäre, den nächsten Bestseller objektiv vorauszusagen?« So entstand Inkitt und trotz Fokus auf den amerikanischen Markt hat Eine Herausforderung für die etablierten Verlage: Selfpublishing ist der große Trend. Foto: Alexander Heimann / Frankfurter Buchmesse die Firma ihren Sitz nach wie vor in Berlin. Bei Inkitt kann jeder Autor ein englischsprachiges Buch hochladen, und die Algorithmen entdie Entstehung seines Romans »Morgen mehr« als Online-Event scheiden, ob es Potenzial hat. Albazaz sagt: »Wir werten ausinszenierte und an 64 öffentlichen Schreibtagen fertigstellte. Er giebig das Leseverhalten aus, etwa ob jemand ein Buch anfängt gewann 2 024 Abonnenten und 674 Mitleser über WhatsApp. und bis in die späte Nacht hinein weiterliest oder tagsüber fünf Das Buch erschien im Juli bei Hanser – zum Bestseller-Status Stunden am Stück. Wir haben etwa 1 200 Parameter, die bewerreichte es allerdings nicht. Dennoch ist das Modell für Autoten, ob ein Buch die Leser fesselt.« 300 Leser müsse ein Buch ren attraktiv, weil sie mit dem Leser-Feedback das Buch schon ungefähr aufweisen, damit die Software das Potenzial beurteiwährend des Schreibens den Bedürfnissen des Marktes anpaslen könne. Da sich viele Leser auf der Plattform mit dem Facesen können. book-Account anmelden, hat Inkitt zudem Zugriff auf demoLeser zahlen pro Buch auf Fortschrift.net einmalig 8,99 grafische Daten, die zum Beispiel besagen, dass ein bestimmtes Euro – egal wie lange die Arbeit am Werk dauert. Die AutoBuch bei Frauen zwischen 22 und 26 Jahren, die gerne Tennis ren erhalten 65 Prozent davon. Matting selbst schreibt dort Büspielen, ankommt. cher, mit CJ Crown konnte er zudem eine erfolgreiche Autorin von Liebes- und Fantasyromanen gewinnen, ebenso dabei ist der Thriller-Autor Siegfried Langer. Da die Plattform erst Mitte 2016 gelauncht wurde, ist die Resonanz bislang verhalten. Möglicherweise bleibt sie das, da die fertigen E-Books mitunter deutlich günstiger sind als das Abonnement. Langers erster Fortschrift-Roman »Zwanzig Sekunden Ewigkeit« etwa kostet derzeit 99 Cent.

Algorithmen statt Lektoren

Eine größere Erfolgsgeschichte hat ein Projekt vorzuweisen, das einen ähnlichen Grundgedanken aufweist: das englischsprachige Portal »Inkitt«. Inkitt will sich nicht auf Leser-Feedback verlassen. Die Entwickler haben ein angeblich objektives Verfahren entwickelt, um das Potenzial eines Buches zu bewerten. »Ich las einmal einen Bericht darüber, wie das Buch ›Fifty Shades of Grey‹ zustande kam«, sagt der deutsche Die Nachfrage nach Audio-Inhalten steigt: Podcasts sind vor allem bei erwachsenen Inkitt-Gründer Ali Albazaz. »Die Autorin schrieb Hörern beliebt. Foto: Alexander Heimann / Frankfurter Buchmesse 568

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Im Moment sind 80 000 Bücher auf der Plattform. Da kann ein Anfänger-Autor leicht untergehen. Mit Erin Swan hat das Unternehmen aber bereits eine Autorin an einen Verlag – Tor Books – vermittelt, weshalb Albazaz nun einen Schritt weitergehen und vielversprechende Bücher selbst publizieren möchte. »Wir haben Vorteile gegenüber Verlagen«, sagt er. »Wir können Trends setzen, während Lektoren ihnen nur folgen.« Die Verlage seien oft zu langsam, um auf aktuelle Trends zu reagieren. Ein bis zwei Bücher sollen demnächst monatlich bei Inkitt erscheinen und dabei ein Marketingbudget von 6 000 Euro erhalten. Dennoch bleibt Grund zur Skepsis: Der Beweis, dass die Algorithmen Bestseller voraussagen, steht noch aus. Selfpublishing-Autoren sind meist erfolgreich, wenn sie eine Online-Community auf ihrer Seite wissen. Das haben auch die Verleger erkannt. Neben Rezensionen in Online-Shops und Lese-Communities wie Lovelybooks richtet sich ihr Augenmerk nun auf Bücher-Blogs wie die »Klappentexterin«, »Bibliophilin« oder »Phileas Blog«. Fünf Kölner Verlage haben zum Beispiel 2016 zur ersten LitBlog Convention eingeladen, darunter Bastei Lübbe, DuMont und Kiepenheuer & Witsch. 150 Blogger und BookTuber kamen in das Verlagsgebäude von Bastei Lübbe, meist junge, leidenschaftliche Buchfans, die mit ihren Blogs nicht unbedingt Geld verdienen möchten. Sie hatten Gelegenheit, mit Autoren wie Vea Kaiser und Jan Brandt oder dem DuMont-Lektor Jan Valk ins Gespräch zu kommen. Laura Müller von DuMont sagt, dass Blogger durch ihre Authentizität beim Endkunden anders Gehör fänden als Kritiker. Der Blogger Uwe Kalkowski ergänzte gegenüber dem Deutschlandfunk: »Die Liebe zu Büchern – das zeichnet die Blogger-Szene aus, und das macht sie für Leser authentisch, weil man über das schreibt, was einem am Herzen liegt, und das ist eben eine ganz persönliche Empfehlung.«

Buchtipps auf YouTube

Überraschend ist, dass Buchtipps inzwischen auch auf YouTube Gehör finden. Zu den erfolgreichsten Angeboten dort gehören bislang eher die sogenannte Let‘s Play-Videos, in denen Leute stundenlang Videospiele »zocken« und dies wie Sportreporter kommentieren. Der deutsche Erik Range erreicht als »Gronkh« auf diese Weise ein Millionenpublikum. Von solchen Zahlen können BookTuber zwar nur träumen, aber kleine Erfolge feiern auch sie. Der Bücher-Channel »ChocolatePony« etwa hat inzwischen mehr als 8 500 Abonnenten. Hinter »ChocolatePony« steckt Nadine Plischka aus Freiberg. Ihr Kanal besteht seit fünf Jahren. Sie sagt: »Die Intention zur Gründung lag in dem Bedürfnis, Gleichgesinnte zu finden, die die Leidenschaft für Bücher teilen.« Plischka brachte sich das YouTuben selbst bei. »Glücklicherweise hat sich die Technik weiterentwickelt, sodass es viele bezahlbare Möglichkeiten gibt, die für eine Qualitätsverbesserung gesorgt haben«, sagt sie. »Durch Übung gelingt mir auch das Sprechen vor der Kamera immer souveräner, obwohl für mich gerade die Authentizität und Normalität den Reiz von YouTube ausmacht. Dementsprechend ist keines meiner Videos geskriptet.« BuB 68 10/2016

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Die Lesungen auf der Frankfurter Buch­ messe sind nach wie vor ein Besucherma­ gnet. Foto: Alexander Heimann / Frankfur­ ter Buchmesse

Die Videosprache der BookTuber ist oft ähnlich: Sie sitzen vor einem Bücherregal, halten Bücher in die Kamera und erzählen ungekünstelt von der Leseerfahrung. Dabei stellen sie den Zuschauern Fragen, etwa was sie von dem Thema eines Buches halten, sodass sich in den YouTube-Kommentaren Diskussionen ergeben. Plischka sagt: »Oft erreichen mich Nachrichten von Zuschauern, die zu einem bestimmten Zeitpunkt ihres Lebens gerne gelesen, aber im Laufe der Zeit das Interesse verloren hatten und durch die Videos einen neuen Anreiz bekamen. Solche Nachrichten machen mich jedes Mal aufs Neue glücklich.« Davon, dass Aufnahmetechnik immer günstiger und leichter zu bedienen ist, profitieren auch Plattformen wie »Voice Republic«, die seit 2014 reine Audio-Inhalte zur Verfügung stellt und Live-Streamings ermöglicht. Die Inhalte stammen meist von Universitäten, Stiftungen, Verlagen und Autoren, auch Bibliotheken gehören zur Zielgruppe. Voice Republic übertrug zum Beispiel von der Leipziger Buchmesse eine Blogger Session. Bastei Lübbe nutzt die Plattform für die Vermarktung einer Hörbuchreihe mit Interviews, »Making of« und Outtakes. Im Juli konnte man auf Voice Republic eine Lesung des Schriftstellers Leonardo Padura im Instituto Cervantes Berlin mitverfolgen. »Oft kommen Hörer auf unsere Seite, weil sie die Aufnahmen von einer Veranstaltung hören möchten, und dann bleiben sie, stöbern in unserem Archiv herum und entdecken interessante Themen«, sagt Katharina Rapp von Voice Republic. »Dadurch ergibt sich die Chance, die Plattform zur Vermarktung von Inhalten zu nutzen – und damit nicht nur die Besucher der Veranstaltung zu erreichen.« Die Hörer können jeden Kanal mit Podcast-Apps auf ihrem Smartphone abonnieren und herunterladen. Veranstalter sollen es möglichst einfach haben, Lesungen oder Vorträge auch live zu übertragen. Die Basisfunktionen von

Sie können sich unter BookTube nichts vorstellen? In der BuB-App finden Sie ein Beispielvideo »ChocolatePony«.

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Voice Republic sind kostenlos. Man kann eine Veranstaltung aufzeichnen und auf die Plattform hochladen. Für einen LiveStream gibt es zur Miete eine »StreamBoxx«, die man an ein Audio-Ausgabegerät anschließt. Sie überträgt den Ton ins Netz. Künftig wird es zudem geschlossene Räume auf Voice Republic geben, sodass Veranstalter ihre Aufzeichnungen gegen Gebühren zur Verfügung stellen können. Mit Podcasts erreicht man vor allem erwachsene Hörer – was Kinder und Jugendliche im digitalen Raum heutzutage so treiben, darüber zerbrechen sich alle in der Buchbranche jedes Jahr aufs Neue den Kopf. Snapchat und Musical.ly heißen aktuell die begehrtesten Teenager-Apps, aber die Trends ändern sich im Jahresrhythmus.

Transmediales Erzählen in Videospielen

Ununterbrochen populär sind immerhin Videospiele. Sie haben nicht mehr den Ruf als Medium, das Gewalt hervorruft. Sie sind längst Teil unserer Kultur geworden. Es gibt immer mehr ambitionierte Werke, die auf transmediales Erzählen setzen – also das machen, was sich viele als Weiterentwicklung von E-Books gewünscht, aber von Seiten der Verlage bisher nicht bekommen haben. Beispiele sind Games wie »Dear Esther« und »Life is Strange« sowie die Werke von Tale of Tales, einer Firma des belgischen Künstlerduos Auriea Harvey and Michaël Samyn. In »Dear Esther« muss der Spieler eine verlassene, karge Insel erkunden. Das Spiel verzichtet auf interaktive Elemente – der Spieler kann nichts machen außer sich die Insel ansehen. Während er auf verschiedenen Pfaden entlang schreitet, liest ein Erzähler Briefe vor, die Hinweise auf das Schicksal der Hauptfigur geben, dessen Frau bei einem Unfall ums Leben gekommen ist. Aber vieles bleibt bis zum Schluss rätselhaft. »Life is Strange« thematisiert das triste Alltagsleben an einer amerikanischen Hochschule. Zwar kann die Protagonistin durch die Zeit reisen und die Handlung beeinflussen, aber im Mittelpunkt stehen Probleme des modernen Lebens wie etwa Cyberbullying: Eine Mitstudentin

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wird in einem sozialen Netzwerk bloßgestellt und möchte sich das Leben nehmen. In dem Spiel »Graveyard« von Tale of Tales schlüpft man in die Rolle einer gebrechlichen Frau, die mit einem Gehstock über einen Friedhof geht, sich auf eine Bank setzt, ein Musikstück hört und den Rückweg antritt – mehr geschieht nicht. Die Spielehersteller verstehen darunter ein interaktives Gemälde, eine Reflexion über das Alter, das Leben und Sterben. So ist es keine Überraschung, dass Computerspiele zunehmend auch im positiven Sinne ins Visier von Bildungseinrichtungen geraten sind. Dabei geht es nicht mehr länger darum, pädagogische Lernspiele zu fördern oder vor aggressiver Werbung oder versteckten Gebühren innerhalb von Spielen zu warnen, die nach wie vor ein Problem darstellen. Es geht vielmehr darum, einen aufgeklärten, lockeren Umgang mit kommerziellen Spielen zu pflegen. Bibliotheken haben dabei eine Vorreiterrolle eingenommen. Die Stadtbibliothek Köln etwa bietet eine Familien-Spieletest an, bei dem Eltern mit Kindern altersgerechte Spiele ausprobieren und Fragen an Medienpädagogen richten können. Die Bibliothek Minden lud zum Games-Camp ein – einer Initiative mehrerer medienpädagogischer Institu­tionen. Dort gestalteten Jugendliche ein Programm rund um das Thema Games, bei dem sie über die Spiele diskutierten oder sich Möglichkeiten überlegten, wie man Videospielideen auf den Schulhof übertragen könnte. »Jugendliche sind äußerst engagiert, wenn es um ihre Hobbys geht«, sagt Denise Gühnemann, wissenschaftliche Mitarbeiterin von »Spielraum«, einer Einrichtung des Instituts für Medienforschung und Medienpädagogik (IMM) der TH Köln. »Games sind eine große Chance, Jugendliche in die Angebote von Bildungseinrichtungen einzubinden oder in die Gestaltung des

Boris Hänßler ist freier Journalist in Bonn. Er schreibt über Trends in der Informationstechnik unter anderem für »Technology Review« und »Süddeut­ sche Zeitung«. 2016 er­ schien sein Buch »Als wir zum Surfen noch ans Meer gefahren sind« über den Einfluss des Internets auf den Alltag. Weitere Infos unter www.boris-haenssler.de – Kontakt: [email protected]

Schulunterrichts.« So könnten zum Beispiel Schüler statt über den Urlaub einen Aufsatz über Spielerfahrungen schreiben, oder Workshops gestalten. Die Jugendlichen finden auf diese Weise Zugang zu anderen Themen, zum Beispiel zu Büchern, die von Spielen inspiriert sind oder diese weitererzählen. Solche Beispiele und Trends zeigen: Trotz Digitalisierung lieben sowohl Jugendliche als auch Erwachsene vor allem gute Storys – und in Videospielen geht es um nichts anderes. Das Erzählen wird also auch in Zukunft modern bleiben, nur das Format wird sich ändern. »Wir sehen die Umrisse einer neuen Kunstform«, sagte der Technik-Autor Frank Rose kürzlich. Aber ihre Sprache sei so schwer zu fassen wie die des Kinos vor einem Jahrhundert. ANZEIGE

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Offen und hell: Ein Lesesaal in der Koninklijke Bibliotheek in Den Haag. Seit 1974 erwirbt die niederländische Nationalbibliothek alle nieder­ ländischsprachigen Titel. Fotos: Beeldstudio KB / Hintergrundfoto Flagge: Miro Novak / Fotolia

Marian Koren

Kooperationen – Stiftungen – Mittelpunkt der Gemeinde



Das Bibliothekswesen in den Niederlanden Die Niederlande sind als Teil von Europa von Beginn an Mitglied der Europäischen Union gewesen. Einige Teile des vorwiegend flachen und etwa 40 000 Quadratkilometer großen Landes liegen unterhalb des Meeresspiegels. Die Einwohnerzahl liegt bei rund 17 Millionen. Die bedeutende Rolle der Informations- und Meinungsfreiheit, gekoppelt mit einem ausgeprägten Unternehmergeist, hat eine Vielzahl von Wirtschaftszweigen in den Bereichen Bücher und Medien und eine große Palette von Bibliotheks- und Informationsservices hervorgebracht, von Schul- und Öffentlichen Bibliotheken bis hin zu Spezialbibliotheken und der niederländischen Nationalbibliothek. Marian Koren vom niederländischen bibliothekarischen Dachverband FOBID stellt die niederländische Bibliothekslandschaft vor. 572

Wissenschaftliche Bibliotheken, Kooperationsverband UKB

Aktuell verfügen die Niederlande über 14 Forschungsbibliotheken, die Bildungs- und Forschungsmöglichkeiten auf höchstem Niveau bieten. Seit 1980 hat sich die Zahl der Studenten verdoppelt. Dennoch sind die Investitionen von Regierungsseite und die jährlichen Fördermittel pro Student von 19 500 Euro (2001) auf 14 300 Euro (2015) gesunken. Die Zahl der akademischen Mitarbeiter ist, mit Ausnahme von Doktoranden, nicht in gleichem Maße gestiegen, und es gibt weniger Hilfspersonal. Gleichzeitig nimmt die Zahl der Teilzeitkräfte zu. Ihr Anteil beträgt derzeit 40 Prozent. Die Gründe hierfür liegen in erster Linie in der finanziellen Situation der Universitäten: Sie sind konfrontiert mit einer

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um neun Prozent gesunkenen staatlichen Förderung, geringen staatlichen Investitionen in Forschung und Entwicklung (weniger als zwei Prozent des Bruttosozialprodukts) und gestiegenen Ausgaben für die Instandsetzung der aus den 60erund 70er-Jahren stammenden Gebäude. Diese Situation betrifft ebenfalls die Bibliotheken. Die Universitätsbibliotheken, die zunehmend zentralisiert werden, haben ein gemischtes Budget, bei dem die Mittel für die Einrichtungen zentral zur Verfügung gestellt werden, während die Gelder für Ressourcen (Anschaffungen, Datenbanken, Medien) von den Fakultäten kommen. Von der Universität Tilburg war im Jahr 1992 der Anstoß für eine wichtige Innovation gekommen: die Gründung einer neuen Hightech-Bibliothek. Aus einer Kooperation zwischen der Universitätsbibliothek und dem Rechenzentrum entstand das Projekt »Elektronische Bibliothek« in Utrecht (1995 bis 1998). Die 13 Universitätsbibliotheken sind in einem informellen Kooperationsverband, dem UKB (Universiteitsbibliotheken & Koninklijke Bibliotheek), zusammengeschlossen, zu dem auch die Nationalbibliothek in Den Haag gehört. Über eher traditionelle Themen wie Katalogisierung, Fernleihe und Bestandsmanagement hinaus werden auch andere Themenbereiche wie Lizenzierung, E-Learning und Innovationen in der digitalen Bibliothek in Komitees und Arbeitsgruppen erörtert. Die Entwicklung des UKB im Verlauf der letzten zehn Jahre bestand in erster Linie in der Intensivierung von Kooperationen, zum Beispiel auf den Gebieten Informationsinfrastruktur, Standardisierung von Metadaten und Management-Schulungen für Mitarbeiter in den Mitgliedsbibliotheken. Kernpunkt des UKB-Strategieplans 2011-2015 ist das Thema »Die akademische Bibliothek auf dem Weg in die Cloud«. Die nationale Informationsinfrastruktur wird in eine internationale Perspektive gerückt. Dies ebnete den Weg für die wichtige Entscheidung, für die kooperative Katalogisierung und die Fernleihe die WorldShare-Plattform von OCLC zu nutzen. Der Zentralkatalog der Niederlande sollte in WorldCat als virtuelle Sammlung sämtlicher Bibliotheksressourcen des Landes erscheinen. Der UKB strebt eine Ausweitung von Lizenzen auf E-Books an und setzt sich dafür ein, dass allen Benutzern bei der Materialrecherche eine komfortable Funktionalität zur Verfügung steht. Verträge mit internationalen Repositories wie zum Beispiel dem e-Depot der Nationalbibliothek der Niederlande (KB) garantieren einen nachhaltigen Zugriff. Die niederländische Bibliotheks- und Forschungs­ gemeinschaft hat sich zu jeder Zeit aktiv für die Förderung der Open-Access-Initiative eingesetzt. Bei der Unterzeichnung der Berliner Erklärung und der Deklaration des Jahres 2009 zum »Open-Access-Jahr« kam den niederländischen Bibliotheken eine Vorreiterrolle zu. Unter den Vereinbarungen zwischen dem UKB und bedeutenden Verlagen ist beispielsweise ein neues Lizenzmodell mit dem Springer-Verlag entstanden. Außerdem wehrte sich der UKB gegen die Strategieänderung von Elsevier im Jahr 2011, und auf den höchsten Führungs­ ebenen finden Verhandlungen über Lizenzen und Open Access statt. Sowohl vonseiten des Ministeriums (2013) als auch auf BuB 68 10/2016

europäischer Ebene (2016) erfährt Open Access nun politische Unterstützung: Es gilt das Prinzip, dass jede Art von Forschung, die mit staatlichen Mitteln finanziert wird, für jedermann öffentlich zugänglich sein sollte. Das niederländische Ministerium entschied sich für den »goldenen Weg«: Der Autor bezahlt den Verlag für die Veröffentlichung seines Werks, und der Verleger stellt die gesamte Publikation online, so dass sie für jeden frei verfügbar ist.

Bibliotheken in der Hochschulbildung: Universitäten für Angewandte Wissenschaft, Kooperationsverband SHB

In den letzten Jahrzehnten beobachten wir eine Verschmelzung von Hochschuleinrichtungen und bedingt dadurch Umbenennungen zu Universitäten für Angewandte Wissenschaften. Es gibt rund 40 weitere Hochschulbibliotheken, von denen 32 Mitglied im SHB (Samenwerkingsverband Hogeschool Bibliotheken) sind, einem Zusammenschluss niederländischer Hochschulbibliotheken. Angeregt durch das positive Beispiel des UKB verfolgt der SHB eine ähnliche Zielvorgabe, bei der 18 Hochschulbibliotheken kooperieren. Zu den Trends des neusten Leistungsmaß­ stabs aus dem Jahr 2014 gehört die Ausweitung digitaler Medien in den Beständen. In seinem Strategieplan für 2015 bis 2018 setzt der SHB den Schwerpunkt auf hochwertige und renommierte Partnerschaften mit Bildungs- und Forschungseinrichtungen sowie der beruflichen Praxis. Zur Erreichung dieser Ziele setzt der SHB auf Interessensvertretung und Wissensaustausch. Eine Komponente der Kooperation ist die HE Knowledge Bank (Wissensdatenbank für Hochschulbildung), die Zugriff auf Wissensprodukte von 25 Hochschuleinrichtungen bietet: 39 000 wissenschaftliche Arbeiten von Studenten und Veröffentlichungen von Lektoren, klassifiziert nach aktuellen Hochschulthemen wie Gesundheit, Bildung und Erziehung, IT und Medien. Die meisten Publikationen sind Open Access verfügbar.

Nationalbibliothek: Koninklijke Bibliotheek (KB), die Triebfeder des Netzwerks

Die Koninklijke Bibliotheek (KB), die Nationalbibliothek der Niederlande, wurde 1798 als Folge eines Beschlusses durch das Parlament der Republik (!) gegründet, die Sammlung des geflohenen Statthalters Willem V. in eine Nationalbibliothek umzuwandeln. Aus den anfangs 5 500 Medieneinheiten wurden schließlich sieben Millionen. Der Name Nationalbibliothek wurde erst 1982 rechtskräftig vergeben, als die KB in die heutigen Räumlichkeiten nahe dem Hauptbahnhof von Den Haag umzog. Erst 1974 begann der systematische Erwerb aller niederländischsprachigen Titel. Zwar besteht keine Verpflichtung zur Hinterlegung von Pflichtexemplaren. Jedoch übersenden die Verlage diese auf freiwilliger Basis. Heute ist die Koninklijke Bibliotheek die zentrale Depotbibliothek für alle gedruckten Veröffentlichungen sowie einige in den Niederlanden 573

SCHWERPUNKT FRANKFURTER BUCHMESSE

produzierten elektronischen Publikationen. Sie fungiert außerdem als internationale Depotbibliothek für elektronische Zeitschriften. Die Bibliothek beherbergt weiterhin eine Vielzahl von nationalen Spezialsammlungen aus den Geistes- und Sozialwissenschaften sowie Forschungssammlungen über niederländische Kultur, Geschichte und Sprache. Seit 1993 agiert die KB als ministeriumsunabhängige öffentliche Institution (ZBO), die vom Ministerium für Bildung, Kultur und Wissenschaft finanziert wird. Die gesetzlichen Aufgaben der KB beziehen sich nicht nur auf Hochschulbildung und Forschung, sondern betreffen auch die Umsetzung der im Public Library Provisions System Act (2015) genannten Rechtsvorschriften für Öffentliche Bibliotheken. Die KB verfügt aktuell über ein Budget von rund 89 Millionen Euro und 322 Vollzeitäquivalente, die die Öffnungszeiten von wöchentlich 52 Stunden abdecken.

Zehn Jahre FaMI-Buchmessenstand Seit dem Angebot eines kostenfreien Messestandes Ende 2006 durch die Frankfurter Buchmesse führen die auszubildenden Fachangestellten für Medien und Informationsdienste (FaMIs) an der Stauffenbergschule (Frankfur t/Main) das Marketingprojekt »Buchmesse« durch. Nach Festlegung des Mottos beginnt das klassenübergreifende Projekt für alle Nachwuchskräfte unabhängig von der Fachrichtung. Die bisherigen Mottos waren: 2007 We love to inform you 2008 Aktenzeichen FAMI 2009 Findet FAMI 2010 Suchst Du noch oder findest Du schon? 2011 There’s no better way to search 2012 Super FAMIs 2013 Irgendwas mit Medien 2014 FaMI-Mehr als nur 4 Buchstaben 2015 FaMI-Bären suchen hier und da und überall 2016 FaMI-Jäger des verlorenen Buches In verschiedenen Projektgruppen werden audiovisuelle sowie schriftliche Informationsmaterialien von Weiterbildungsbroschüren bis hin zu FaMI-Zeitungen mit Reportagen und Interviews erstellt, die Standgestaltung geplant, Plakate gestaltet und der Dienstplan aufgestellt. Eine besondere Herausforderung bleibt dabei die Sponsorensuche.

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Der Strategieplan 2015-2018 mit dem Titel »Die Stärke unseres Netzwerks« umreißt die Vorgehensweise, mit der die KB diese Aufgaben in die Praxis umsetzen möchte. Über die definierte Strategie hinaus stellt die KB das vier Millionen Bibliotheksbenutzer umfassende Netzwerk in den Vordergrund ihrer Aktivitäten. Eines der Hauptinstrumente für Benutzer ist ein neuer Service unter dem Namen Delpher (www.delpher.nl), entwickelt als nationale Infrastruktur für den Volltextzugriff auf Bücher, Zeitungen und Zeitschriften in Zusammenarbeit mit den Universitätsbibliotheken von Amsterdam (UvA), Leiden, Utrecht und Groningen und dem Meertens Instituut der Königlich Niederländischen Akademie der Wissenschaften. Aktuell umfasst Delpher mehr als 320 000 Bücher, 1,3 Millionen niederländischsprachige Zeitungen, 1,5 Millionen Seiten aus niederländischsprachigen Zeitschriften und 1,5 Millionen Rundfunkberichte. Die Zielsetzung für die Jahre bis

Die Bewerbung des Messeauftritts erfolgt über klassische Distributionswege, soziale Netzwerke, durch Plakate und Flyer sowie persönliche Einladungen an Personen des Ausbildungsgeschehenes. Über die Jahre gleich geblieben ist der Standort in der wissenschaftliche Fachverlage und Dienstleistungsanbieter, auch Bibliotheksverbünde, beherbergenden Halle 4.2., nahe dem Internationalen Zentrum für Bibliothekare ebenso wie die Stellung von Mobiliar und technischer Ausstattung seitens der Messe. Geboten werden am Stand bei durchgängiger Besetzung persönliche und verschriftlichte Informationen rund um den Beruf, auch für interessierte Schulabgänger, von Ausbildung über Auslandspraktika bis zur Fortbildung, zudem FaMI-Filme, Dia-Shows oder Präsentationen. Aufgelockert wird das Ganze mit Preisrätseln, Gewinnspielen und kleinen Werbeartikeln für das Laufpublikum. Dabei wurde im Laufe der Jahre die Standgestaltung professioneller – von Unterwasserlandschaften bis zum Pappmaché-Vulkan inklusive des mit mottogemäß gestalteten T-Shirts bekleideten Standpersonals –, eine Beteiligung an Hot-Spot-Diskussionsrunden zur Regel. Hinzu kamen Vernetzungen mit der DGI-Online-Tagung, dem LIS-Corner sowie in jüngster Zeit mit der BIB-Messepräsenz. Neben der Berufsdarstellung verlagert sich der Schwerpunkt des Messeauftritts Richtung Treffpunkt und Infobörse für Auszubildende, FaMI-Klassen anderer Bundesländer, FaMIs, Ausbilderinnen und Interessierte. Tops und Flops bei den Messeauftritten mit allen Unwägbarkeiten waren 2009 die versehentliche Entsorgung von Buchmessematerialien und nach den SuperFaMIs 2012 toppte das Jahr 2013 mit dem sehr edlen, eher ungewöhnlichen, schwarzweißen Logo alle bisherigen Auftritte. Karin Holste-Flinspach, Stauffenbergschule, Frankfurt/Main

SCHWERPUNKT FRANKFURTER BUCHMESSE

1798 mit einem Anfangsbestand von 5 500 Medieneinheiten gegründet, beherbergt die Koninklijke Bibliotheek heute mehr als sieben Millionen Medien. Sie ist das Herzstück des niederländischen Bibliothekswesens.

2018 besteht darin, 90 Prozent aller niederländischsprachigen Publikationen aus der Zeit vor 1940 digital zur Verfügung zu stellen.

Öffentliche Bibliotheken

Die Einführung Öffentlicher Bibliotheken begann um das Jahr 1900 auf Initiative einiger gutsituierter Liberaler, Kirchengruppen und der Gewerkschaftsorganisationen. Diese Diversität hinsichtlich der Wurzeln des Öffentlichen Bibliothekswesens verschwand in den 1950er-Jahren, als alle Bibliotheken unterschiedslos zu Öffentlichen Bibliotheken wurden, die professionell geführt werden und Mitglieder im nationalen Bibliotheksverband VOB (Vereniging Openbare Bibliotheken) sind. Gegenwärtig umfasst das Netz der Öffentlichen Bibliotheken in den Niederlanden 156 Öffentliche Bibliotheksorganisationen und neun Provinzbibliotheksorganisationen mit einer Gesamtzahl von etwa 1 000 Bibliotheken und Servicestellen (2015). Zu den Benutzern gehören 3,8 Millionen Kinder (61 Prozent) und Erwachsene mit Bibliotheksausweis. Die Zahl der ausgeliehenen gedruckten Publikationen beläuft sich auf 73 Millionen. 234 000 Benutzer verfügen über einen E-Book-Account. Durch die kostenfreie App »Holiday« stieg die Gesamtzahl der E-Book-Ausleihen auf vier Millionen (2015). Die Zahl der Bibliotheksorganisationen sank in den Jahren 2000 bis 2015 von 542 auf 156. Die Bibliotheksorganisationen haben die Rechtsform einer Stiftung mit einem aus Privatpersonen zusammengesetzten Vorstand. Die Stiftung erhält öffentliche Zuschüsse für den Betrieb einer Öffentlichen Bibliothek. Etwa 15 bis 19 Prozent des eigenen Einkommens muss die Bibliothek selbst aufbringen, weshalb fast alle Öffentlichen Bibliotheken mit Mitgliedsbeiträgen arbeiten. BuB 68 10/2016

Das Bibliotheksgesetz (Public Library Act) aus dem Jahr 1975 führte ein dreischichtiges Bibliothekssystem und gebührenfreie Services für Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre ein. Durch eine Gesetzgebung zur Dezentralisierung wurden in den 1980er-Jahren die Bibliotheken der kommunalen Verantwortung unterstellt. Das neue Gesetz (2015) definiert die Rollen der verschiedenen Akteure innerhalb des nationalen Netzwerks.

Unter den niederländischen Bibliotheken ist seit längerem eine wichtige Diskussion in Gange, bei der es um die Frage geht, wie Bibliotheken den Zugriff auf Informationen bestmöglich sicherstellen. Niederländische Bibliotheken sind bei den internationalen Kollegen aus unterschiedlichen Gründen beliebt. Aufgrund der Tatsache, dass Bibliotheken Stiftungen sind, genießt die Bibliotheksleitung größere Freiheiten im Management und kann nach eigenem Ermessen auf die neuen Herausforderungen in den Bereichen Finanzen (Budgetkürzungen, weitere Einnahmen), Dienstleistungen (Förderung von Kompetenzen für den Umgang mit elektronischer Verwaltung, Steuerformulare), neue Zielgruppen (Flüchtlinge, Unternehmer, Wissenschaftler) sowie neue Arbeitsweisen (selbstregulierende Teams, Cross Learning) reagieren. Unter den niederländischen Bibliotheken ist seit Längerem eine wichtige Diskussion im Gange, bei der es um die Frage geht, wie Bibliotheken den Zugriff auf Informationen – unabhängig davon, in welchem Format sie präsentiert werden – bestmöglich sicherstellen und wie die Prinzipien des Dienstes an der Öffentlichkeit gewahrt werden können (Antidiskriminierung, 575

SCHWERPUNKT FRANKFURTER BUCHMESSE

umfangreichen Programme widmet sich der Förderung von Lesekompetenz, Alphabetisierung und digitalen Fertigkeiten. In den Niederlanden bieten die meisten Öffentlichen Bibliotheken Bibliotheks-, Lese- und Bücherservices an Schulen an, was der Grund dafür ist, warum es nicht viele spezifische Schulbibliotheken gibt.

Angepasstes Lesen

Die Bibliotheksangebote für blinde und sehbehinderte Menschen sind vollständig in die Dienstleistungen der Öffentlichen Bibliothek eingebettet. Zur Zielgruppe gehören Blinde oder anderweitig Sehgeschädigte (300 000), Legastheniker (400 000 bis 700 000) sowie Menschen, die aufgrund einer Behinderung Bücher in ihrer üblichen Form nicht verwenden können. Insgesamt nutzen etwa 41 000 Personen Materialien für angepasstes Lesen.

Das Gründungsjahr der niederländischen Pu­ blic Library Association war 1908. Sämtliche Öffentliche Bibliotheken sind seitdem Mitglied in diesem Verband.

Ein Großteil des Erwerbungsetats entfällt in den Niederlanden mittlerweile auf elektronische Medien.

Demokratie, Transparenz). Die Mehrzahl der Bibliotheken möchte ein zentraler Begegnungsort in der Stadt oder der Gemeinde sein. Bücher und andere Medien sind thematisch geordnet und in Frontalpräsentation arrangiert. Sie sind so leicht zugänglich und können in der Bibliothek, zuhause oder bei der Gruppenarbeit und so weiter gelesen werden. Zu den weiteren Angeboten gehören ein Info-Café, eine Spielzone zum Spielen mit der Wii oder ein Fabrikationslabor. Auch Räumlichkeiten für Kursveranstaltungen, Vorträge und Theateraufführungen stehen zur Verfügung. Dreimal in der Woche finden im Wechsel jeweils Film- oder Theateraufführungen, Diskussionsrunden oder Unterhaltungsprogramme statt. Die niederländischen Bibliotheken bemühen sich, all dies in Kooperation mit anderen Organisationen zu realisieren. Sie bilden multifunktionale Einheiten. Neue und teils von berühmten Architekten renovierte Bibliotheken finden sich beispielsweise in Arnhem (mit Erfgoed-centrum Rozet, Artotheek sowie Kunst- und Musikschule), in Amersfoort (mit Lokalarchiv und Musikschule; siehe auch www.b-u-b.de/het-eemhuis) und in Gouda (ehemalige Schokoladenfabrik).

Lesen, Alphabetisierung und lebenslanges Lernen

Aufgrund der Größe des Landes sind einige Bibliotheksaktivitäten, oft solche, die auf lokalen Initiativen basieren, in nationale Programme umgewandelt worden. Ein Teil dieser 576

Alle integrativen Dienstleistungen werden vom BPL (Bibliotheekservice Passend Lezen) angeboten. Der BPL gewährleistet ein umfangreiches Angebot für blinde und sehbehinderte Menschen, engagiert sich für die Förderung der Sammlung, die Zeitungen, Zeitschriften, Großdrucke und tastbare Druckerzeugnisse umfasst, und treibt Innovationen voran. Verantwortlich für die Spezialanfertigung von Materialien für lesebehinderte Menschen sind Dedicon und CBB: Pro Jahr sind 2 300 Audiotitel und 72 000 Titel insgesamt verfügbar; weiterhin 700 Titel pro Jahr in Braille-Schrift, zusätzlich zu den mehr als 14 000 Titeln der Sammlung. Dies ist nur ein kleiner Teil der jährlichen Produktion allgemeiner niederländischsprachiger Buchtitel, die sich auf 16 500 beläuft.

Public Library Association: VOB

Das Gründungsjahr der niederländischen Public Library Association war 1908. Sämtliche Öffentliche Bibliotheken sind seitdem Mitglied in diesem Verband. Die Organisation verschmolz 2010 mit dem Arbeitgeberverband für Öffentliche Bibliotheken. Folglich liegt der Fokus der Organisation – die keine individuellen Fachkräfte zu ihren Mitgliedern zählt – auf Fragen der Beschäftigung, der Mitarbeiterführung und des Unternehmertums sowie darauf, wie diese Aspekte Bibliotheken als Organisationen zugutekommen. Die VOB betreibt eine Geschäftsstelle mit elf Mitarbeitern in Den Haag. Der Verband finanziert sich ausschließlich über Mitgliedsgebühren. Seine Hauptaufgabe ist die Vertretung der Interessen Öffentlicher Bibliotheken. Einzelne Gruppen engagieren sich für strategische Belange und Lobbyarbeit, für die Realisierung

SCHWERPUNKT FRANKFURTER BUCHMESSE

des nationalen Bibliotheksausweises und für Konsortialaufgaben hinsichtlich Informationsinfrastruktur und digitalen Inhalten, beides in Kooperation mit der Nationalbibliothek.

Förderung des Berufsstands: KNVI

Der KNVI (Koninklijke Nederlandse Vereniging van Informatieprofessionals), ein Verband für Informationsfachleute mit Sonderabteilungen für Bibliothekare und Fachleute beispielsweise aus den Branchen Medizin oder Recht, bringt auf seinen Jahreskongressen zahlreiche Informationsfachleute zusammen. Kollegen aus dem Ausland suchen eventuell nach einem Äquivalent zur Bibliotheks- und Informationswissenschaft, jedoch gibt es in den Niederlanden keinen speziellen Ausbildungsgang im Bibliothekswesen auf akademischem Niveau, der in eine Beschäftigung in Öffentlichen Bibliotheken mündet, obwohl in Amsterdam und Leiden diesbezügliche Studiengänge in der Buch- und Medienbranche angeboten werden. Selbst auf Hochschulniveau findet man keine spezifische Bibliotheksausbildung, was teilweise der Verschmelzung der Hochschuleinrichtungen geschuldet ist. Dennoch sollte der Bibliotheksausbildung viel Aufmerksamkeit gewidmet werden, denn in den folgenden Jahren werden schätzungsweise 40 Prozent des derzeitigen Personals in den Ruhestand gehen. Es ist eine Herausforderung für den Sektor, neue Mitarbeiter zu finden und zu definieren, welche Kompetenzen sie mitbringen müssen. Da die Öffentlichen Bibliotheken häufig in einer multifunktionalen und multikulturellen Umgebung arbeiten, werden gleichzeitig Fachleute aus weiteren Berufsgruppen benötigt, Programmgestalter, didaktisch qualifizierte Moderatoren, Rechtsanwälte und Kommunikationsmitarbeiter.

FOBID Netherlands Library Forum

FOBID ist die 1974 gegründete Dachorganisation, in der alle nationalen Bibliotheksorganisationen vereint sind. Ihr gehören die VOB (Vereinigung Öffentlicher Bibliotheken), der KNVI (Verband der Informationsfachleute), der UKB (Kooperationsverband der Universitätsbibliotheken), der SHB (Zusammenschluss der Hochschulbibliotheken) und die Nationalbibliothek an. Zu den Kernaktivitäten des FOBID gehören der Einsatz für gerechte und ausgewogene Copyrightbestimmungen (balanced copyright), die Repräsentation auf internationalem Parkett, die Lobbyarbeit und der Austausch. Der Rechtsausschuss (FJC) pflegt Verbindungen mit dem jeweiligen europäischen (EBLIDA) und internationalen (IFLA) Pendant. Übersetzt aus dem Englischen von Susanne Gagneur

Quellen Bos, Marleen (Hrsg.): Bibliotheek van de toekomst, knooppunt voor kennis, contact en cultuur, (Cohen-report), SIOB, 2013. – online abrufbar unter www.kb.nl/sites/default/files/library_of_the_ future_printversie_def.pdf Broekhof, Kees: Increasing the impact of school-library cooperation, (Studies related to De Bibliotheek op School). – online abrufbar unter www.kunstvanlezen.nl/files.php?file_id=1607 Buisman, Marieke und Allen, Jim: Rapport onderzoek laaggeletterden. Kansen voor bibliotheken om laaggeletterden te bereiken, KB, 2015 – online abrufbar unter www.kb.nl/sites/default/files/ rapport_kb_onderzoek_laaggeletterden_final.pdf Butler, Declan: »Dutch lead European push to flip journals to open access« Academic consortia urge faster changes in scholarly publishing, in Nature, 6. Januar 2016. – online abrufbar unter www.nature.com/news/dutch-lead-european-push-to-flipjournals-to-open-access-1.19111 CBS: Statistics – online abrufbar unter http://statline.cbs.nl/ StatWeb/publication/?DM=SLNL&PA=70763ne d&D1=a&D2=a&HDR=T&STB=G1&VW=T Debeij, Jos: New legislation for public libraries in the Netherlands & the new role for the Koninklijke Bibliotheek, IFLA 2015. – online abrufbar unter http://library.ifla.org/1277/ Koren, Marian: Public Libraries in Europe, in: Abdullahi, Ismail (Hrsg.): Global Library and Information Science. A Handbook for Students and Educators, Saur, München, (forthcoming 2017, revised edition of IFLA Publications 136-137), Seite 311-328 Langendonk, Adriaan und Bon, Ingrid: The Art of Reading, a Dutch reading promotion programme – online abrufbar unter www.kunstvanlezen.nl/files.php?file_id=1596 Simons, Ellen (2010): The New Learning Environment: Impact on Staff and Students, in: Liber Quarterly 20 (2), Seite 258-269. – online abrufbar unter www.shb-online.nl/dmdocuments/ xplora_ellen_simons_liber_quarterly.pdf Stapel, Johan: Interlibrary loan and document supply in The Netherlands, in: Interlending & Document Supply, 44. Jahrgang, Ausgabe 3, Seite 104-107. – online abrufbar unter www.emeraldinsight.com/toc/ilds/44/3

Internetquellen zum niederländischen Bibliothekswesen: www.libraries.nl www.bibliotheek.nl CDR music library services: www.muziekweb.nl CPNB: http://web.cpnb.nl FOBID Netherlands Library Forum: www.fobid.nl Koninklijke Bibliotheek, National Library: www.kb.nl Netherlands Public Library Association: www.debibliotheken.nl Reading Foundation: www.lezen.nl SURF: www.surf.nl SHB libraries in Universities of Applied Sciences: www.shb-online.nl Tel mee met Taal= Count on Skills: http://ec.europa.eu/epale/en/ resource-centre/content/count-skills-dutch-policy-paper-newaction-programme-prevent UKB cooperation of Academic libraries: www.ukb.nl

Der Beitrag kam unter Vermittlung des Goethe-Instituts Niederlande zustande. Die Autorin Marian Koren ist Strategieberaterin bei der Koninklijke Bibliotheek und Leiterin des FOBID Netherlands Library Forum. Weitere Informationen zu ihrer Person auf Seite 586.

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Keine Seltenheit in der neuen Stadtbibliothek von Utrecht: kulturelle Veranstaltungen. Fotos: Stadtbibliothek Utrecht

Ton van Vlimmeren

Von der BÜCHERei zum Veranstaltungshaus  Die Transformation der Öffentlichen Bibliothek Utrecht

Die Stadtbibliothek Utrecht ist die älteste Öffentliche Bibliothek in den Niederlanden, das in diesem Jahr Gastland der Frankfurter Buchmesse ist. 2017 feiert sie ihren 125. Geburtstag. Sie wurde von Sozialisten und Liberalen gegründet, mit dem Ziel, das Volk aufzuklären. Damals war das geschriebene Wort der Weg dazu. Im Laufe der Geschichte ist dies vom Mittel fast zum Ziel geworden: Die holländischen Bibliotheken sind fabelhaft in der Ausleihe von Büchern. Jetzt versucht die Bibliothek Utrecht, ihren ursprünglichen Auftrag auf neuen Wegen und mit neuen Medien zu gestalten. Ein Beitrag auf deutsch von dem niederländischen Bibliothekaren Ton van Vlimmeren: Die Stadtbibliothek Utrecht hat eine Zentralbibliothek und zwölf Bezirksbibliotheken. In der kompakten Stadt mit etwa 333 500 Einwohnern gibt es das dichteste Netzwerk von Bibliotheken in den Niederlanden. Durchschnittlich sind es nur 578

etwa 1,1 Kilometer bis zur nächsten Bezirksbibliothek. Bis 2013 hatte Utrecht ein kommunales Bibliothekssystem unter Verwaltung der Stadtregierung. Mittlerweile ist die Bibliothek in eine Stiftung übergegangen, der ein Direktor und ein Aufsichtsrat vorstehen. Befreit von restriktiven amtlichen Regeln soll sich die Bibliothek in ein kulturelles, soziales Unternehmen entwickeln. Mit einem Zuschuss der Stadt von etwa 10,5 Millionen Euro im Jahr, mehr als 30 Euro pro Einwohner, ist die Finanzierung der Bibliothek gesichert. 2014 öffnete eine neue Bibliothek in der ehemaligen Sojafabrik im Utrechter Stadtviertel »Oog in Al« die Türen und 2015 eine weitere Bibliothek in einem anderen Bezirk, in dem viele Migranten leben. Derzeit wird eine Bibliothek mit etwa 1 800 Quadratmetern Nutzfläche im neuen Stadtviertel »Leidsche Rijn« gebaut, und es wird an der Transformation des 9 500 Quadratmeter großen alten Hauptpostamtes zur neuen Zentralbibliothek der Stadt gearbeitet.

SCHWERPUNKT FRANKFURTER BUCHMESSE

Mit 140 Mitarbeitern, etwa 70 000 Bibliotheksnutzern, jährlich 2,7 Millionen Ausleihen, mehr als 500 Veranstaltungen und Kursen sowie 1 200 Gruppenbesuchen von Schülern im Jahr ist die Stadtbibliothek Utrecht eine der größeren Bibliotheken der Niederlande. Bei der Weiterentwicklung der Bibliothek Utrecht stehen drei Aspekte im Fokus: der Nutzen, die Organisation und die einzelnen Häuser. Um etwas Positives für die Stadt beizutragen, braucht man eine Organisation, deren Aktivitäten und Dienstleistungen diesen Nutzen realisieren und Gebäude, die diese Aktivitäten möglich machen und unterstützen.

Eine nutzengetriebene Organisation

Wie ein kommerzielles Unternehmen Bankrott geht, wenn es nichts Nützliches für den Konsumenten produziert, wird am Ende niemand für eine Bibliothek zahlen, die keinen Nutzen für die Gemeinschaft hat. 2014 hat die Bibliothek in Zusammenarbeit mit der Holland Branding Group die Bürger von Utrecht befragt: Soll es im 21. Jahrhundert noch eine Bibliothek geben? Und wenn ja, was für eine Art von Bibliothek soll es sein? Mit Interviews, Fokusgruppengesprächen, Diskussion und anderen Mitteln wurden Bibliotheknutzer, Kinder, Nicht-Nutzer, Stakeholder und andere befragt. Die Antworten wurden in sechs Nutzengruppen, die die Bibliothek der Stadt bieten soll, dargestellt: die Bibliothek als Haus von Inklusion, als Haus der Bildung, als Haus des Wissens und Treffens, als Führer durch die Welt, Spiegel der Diversität und Kultur in der Stadt sowie als Haus der Staatsbürgerschaft. Im Anschluss an die Nutzerbefragung hat die Bibliothek 2015 einen »Unternehmensplan« verfasst. Sie hat die Ausgangssituation analysiert. Nach einer Analyse der Bibliotheksnutzer wurden die Dienstleistungen und Veranstaltungen genauer betrachtet. Was ist für jedermann und was ist für spezielle Gruppen? Gibt es Gruppen, die viel oder gerade überhaupt nicht bedient werden? Natürlich gab es sehr viele Aktivitäten zur Leseförderung für Schüler. Aber für Migranten und Senioren war das Angebot ausbaufähig. Das Portfolio an Angeboten musste angepasst werden. Nicht nur, um alle Gruppen und Themen zu bedienen, sondern auch um die Effektivität und Leistungsfähigkeit zu optimieren. Dabei sind auch einige erfolgreiche und von den Bibliothekaren geschätzte Veranstaltungen eingestellt worden. Die Bibliothek war noch immer überwiegend eine angebotsorientierte Organisation und sollte nun auch eine am Programm orientierte Organisation werden. Es reicht nicht mehr nur, die Türen zu öffnen und zu sagen: »Wir haben ein wunderbares Angebot. Jeder ist willkommen«. Stattdessen muss die Bibliothek aktiv die Bedürfnisse der unterschiedlichen Gruppen mit Dienstleistungen der Bibliothek verbinden. Dazu ist es notwendig, dass die Bibliothek weiß, wo in der Stadt die unterschiedlichen Bevölkerungsschichten leben, welche Bedürfnisse sie haben und ob die Bibliothek ein passendes Angebot für sie hat. Das gilt nicht nur für die Aktivitäten und Kurse, sondern auch für eine bessere Nutzung des BuB 68 10/2016

Bestandes. Dieses neue breitere Portfolio kostet mehr. Höhere Zuschüsse von der Stadtverwaltung gab es aber nicht. Die Bibliothek ihrerseits wollte nicht länger für immer weniger Geld ihre Kreativität und Energie einbringen. Um das Budget mindestens auf derselben Ebene zu halten, wird derzeit eine Verdienststrategie ausgearbeitet. Bei jeder Veranstaltung stellt sich die Frage, wie sie finanziert werden soll? Kann man die Bürger beteiligen? Gibt es einen Sponsor oder einen Fonds? Wenn das nicht der Fall sein sollte, kann man auch entscheiden, das Angebot nicht umzusetzen. Die Stadtbibliothek Utrecht versucht, kostendeckend zu arbeiten und mehr Einnahmen zu generieren. Um diesen Perspektivwechsel zu betonen hat die Bibliothek eine »Blaue Welt« (für Nutzer mit höheren Einkommen) und eine »Grüne Welt« (für Nutzer mit geringeren Einkommen, bei denen Zuschüsse von Stiftungen und Behörden eingesetzt werden können) eingerichtet. Die Bibliothek Utrecht plant zukünftig, nicht mehr als 85 Prozent ihres Budgets in die Ausleihe von Büchern zu investieren. Stattdessen soll mehr und mehr in eine Vielzahl von Dienstleistungen investiert werden, die die Bedürfnisse der Bürger erfüllen. Das alles hat zum Ziel, den Bürgern zu helfen »die Welt zu lesen«.

Die Bibliothek als Organisation

Um diese Aspekte Realität werden zu lassen, benötigt die Bibliothek eine Organisation, die das ermöglicht. Die Bibliothek Utrecht hat vier Jahre eingeplant, um der Transformation Form und Inhalt zu geben. Die Forderungen aber sind riesig, und eine Reorganisation war notwendig, um die Bibliothek gut auf diese Transformation vorzubereiten und den Prozess mit einer guten Chance auf Erfolg anzugehen. Die Bibliothek kann viel, aber nicht alles selbst machen. In die neue Organisation wird ein Mix von Mitarbeitern, Ehrenamtlichen, Freiberuflern und Kooperationspartnern integriert. Die Bibliothekare werden zunehmend auch zu Programmierern, Veranstaltern, Moderatoren und Vermarktern. Selbstverständlich bleiben der Bibliothek Kuratoren und Lektoren erhalten, die sich um den Bestand kümmern. Neben dem eigentlichen Fachwissen wird es für Bibliothekare aber wichtiger, ergebnisorientiert zu arbeiten und auch Projekte zu definieren und Geschäftsmodelle aufzustellen. Die Ausbildung an den Bibliothekshochschulen, die bei vielen Kollegen und Kolleginnen oft mehr als 30 Jahre zurückliegt, hat die Bibliothekare darauf nicht richtig vorbereitet. In der neuen Organisation wird unterschieden zwischen der Infrastruktur, der Ausleihe und dem Betrieb sowie dem Veranstaltungsprogramm. In der Abteilung »Veranstaltungen« sind Programmleiter, Fundraiser, Vermarkter, Datenanalysten, Produktentwickler und Mitarbeiter der Öffentlichkeitsarbeit zu finden. Die Bibliothek Utrecht investiert dazu in ein Programm für die Fortbildung ihrer Mitarbeiter. Ziel ist es, so viel wie möglich von den Mitarbeitern für die Zukunft mitnehmen zu können. 579

SCHWERPUNKT FRANKFURTER BUCHMESSE

Viel geboten in der Stadtbibliothek Utrecht: Im Makerspace experimentieren vor allem Kinder und Jugendliche (links), Sprachkurse integrie­ ren Migranten in das Bibliothekssystem (rechts oben) und die Bezirksbibliotheken locken vor allem die kleinsten Nutzer an.

Um auch Verständnis dafür zu wecken, dass die Mitarbeiter selbst Verantwortung für ihre eigene Arbeit haben, wird der Kurs »Meine Arbeit und Ich, Ich und meine Arbeit« verpflichtend angeboten. In der Praxis kann man dennoch nicht erwarten, dass alle Stellen, zum Beispiel Fundraiser oder im Bereich Kommunikation und Marketing, durch gezieltes Training besetzt werden können. Um Kapazitäten für neue Posten zu schaffen, hat die Bibliothek den Einsatz von Personal im Ausleihbetrieb eingeschränkt – zusätzlich zu den ohnehin notwendigen Einschränkungen aufgrund der sinkenden finanziellen Zuschüsse. Mehr als 100 Mitarbeiter hatten die Möglichkeit, sich auf die neu geschaffenen Stellen zu bewerben. Ein dreiköpfiger Auswahlausschuss aus einem Vertreter der Personalabteilung, der Bibliothek und einer unabhängigen Vorsitzenden hat mehr als 120 Bewerbungsgespräche geführt. Etwa 90 Prozent der Mitarbeiter konnte anhand ihrer Interessen eine Stelle angeboten werden. Sechs Mitarbeiter wurden entlassen. Dass es so wenig waren, ist darauf zurückzuführen, dass so viele Mitarbeiter wie möglich freiwillig gehen gelassen wurden. Dreizehn Mitarbeiter haben diese Möglichkeit genutzt. Zehn Posten konnten nicht mit eigenem Personal besetzt werden: Die Suche nach neuen Mitarbeitern läuft derzeit. Die Stadtverwaltung richtet drei Aufgaben an die Bibliothek: Das Budget soll eingeschränkt werden, alle Bibliotheken und Dienstleistungen sollen mit den geringeren Mitteln erhalten werden und die Bibliothek soll zu einer nutzengesteuerten Einrichtung weiterentwickelt werden. Um in diesem Kontext die 70 000 Nutzer auch in Zukunft und mit weniger Personal gut zu bedienen, hat die Bibliothek – bisher ausschließlich von professionellen Bibliothekaren geführt – die Bürger aufgerufen, ihre Bibliothek als Ehrenamtliche 580

zu unterstützen. In zwei Wochen gab es mehr als 140 Anmeldungen. Leider sah die Gewerkschaft dies als Vergehen gegen den geltenden Tarifvertrag. Während dem Gerichtsverfahren, das Ende Oktober 2016 stattfinden wird, sind Studenten und Schüler als extra Hilfskräfte tätig. In einigen Jahren soll die Bibliothek soziale und kulturelle Veranstaltungen erfolgreich durchführen können und dabei möglichst kostendeckend arbeiten.

Flexibel nutzbare Gebäude

Um Veranstaltungen kostendeckend anzubieten – das heißt, dafür (mehr) Geld zu verlangen –, muss die Qualität hoch sein. Noch immer präsentiert die Bibliothek Utrecht Gespräche mit Schriftstellern oder Vorträge zwischen beiseite geschobenen Regalen und auf unbequemen Klappstühlen. Das ändert sich gerade. Sechs größere Bezirksbibliotheken sind beziehungsweise werden eingerichtet, um bequem größere Gruppen von Bürgern zu empfangen. Der Neubau in Leidsche Rijn bekommt eine große, breite Treppe und eine Bühne für Veranstaltungen und auch ein Bibliotheks-Café (250 Quadratmeter). Alle haben oder bekommen Klassenzimmer für Sprach-, Lese- und Computerkurse. Dort sollen auch Konversationsgruppen für Migranten und Flüchtlinge oder Nachhilfestunden für Schüler stattfinden. In der neuen Zentralbibliothek kommt der ganze Bestand in ein Haus mit neuen Komponenten. Die monumentale Halle des ehemaligen Hauptpostamts wird eingerichtet für größere Veranstaltungen, Ausstellungen und Konzerte. Abseits von Veranstaltungen dient der große Raum als Lese-Lounge für die Besucher. Nebenan entsteht das Bibliotheks-Café, das zusammen

SCHWERPUNKT FRANKFURTER BUCHMESSE

mit der Eingangshalle geöffnet werden kann, auch wenn die Bibliothek bereits geschlossen ist. Die lokalen Radio- und TV-Stationen bekommen ein permanentes Studio in einer der Nischen der Halle. Die Festivals der Stadt, wie das große Niederländische Film Festival, werden hier jährlich zu Gast sein. Im Erdgeschoss findet sich zukünftig auch das neue Medialab. Dort kann man Roboter bauen, den 3D-Drucker nutzen, bei Hackerspaces mitmachen, etwas codieren und vieles andere mehr. »Setup«, eine Gruppe von vernünftigen »Nerds«, arbeitet hier eng mit der Bibliothek zusammen. Im ersten Obergeschoss befinden sich die Räume für Kinder und Jugendliche. Dort gibt es ein Zimmer zum Vorlesen und auch ein Raum zum Arbeiten, das sogenannte Kinder-Studio. In diesem können die Kinder mir Pinseln malen, 3D-Stife nutzen, digitale Animationen erstellen und so weiter. Im zweiten Obergeschoss sind die Kursräume – für die Bibliothek und für die Bürger. Dort ist auch der Musikbestand untergebracht sowie das Musik-Labor zum Musikhören und selber Musizieren. Im 45 Plätze fassenden Kino können unter anderem Buchver­ filmungen gezeigt werden. Dort findet auch die sogenannte Media-Erziehung für Schüler statt. Die Brasserie hat Aussicht auf die Altstadt und den Kanal und dient auch als Lobby für das darüber gelegene Theater mit 200 Plätzen. Dort werden Lesungen, Vorlese-Wettbewerbe und andere Veranstaltungen angeboten. Auf dem Dachboden ist die

Bibliothek ruhig. Dort gibt es kleine Kabinen und Plätze zum Studieren und Arbeiten. Die Bibliothek möchte das ganze Haus als eine Art große Bühne nutzen. Die Bürger von Utrecht sollen die Bibliothek in Besitz nehmen und selbst durch das Nutzen der Räumlichkeiten definieren, was zukünftig wo stattfinden wird. Mehr als 3 000 Bürger kamen Anfang des Jahres zu einem Tag der offenen Tür, um das Haus zu sehen. Mehr als 200 haben sich an einem ThinkTank dazu beteiligt, was sie in der Bibliothek erleben wollen. In zwei Jahren soll die neue Zentralbibliothek von Utrecht fertiggestellt sein.

Ton van Vlimmeren (Foto: pri­ vat) ist seit 2010 Direktor der Stadtbibliothek Utrecht. Er war Vize-Präsident des niederlän­ dischen Bibliotheksverbands und Mitglied der Steuerungs­ gruppe für Innovationen in Bib­ liotheken in den Niederlanden. – Kontakt: t.van.vlimmeren@ bibliotheekutrecht.nl

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Maaike Toonen, Marian Koren

Bibliotheksservices für Flüchtlinge in den Niederlanden 

Language Buddies, Sprachencafé, Kurzzeitbibliothek: Das Angebot für Flüchtlinge in niederländischen Bibliotheken ist groß

Die Niederlande sehen sich, ebenso wie andere Länder Europas, seit dem Sommer 2015 mit einer steigenden Zahl von Asylbewerbern konfrontiert, von denen die meisten aus Syrien kommen. Der immense Zustrom an Flüchtlingen setzt die niederländische Gesellschaft einem erheblichen Druck aus, und die politische Reaktion im Land ist eine andere als beispielsweise die Willkommenspolitik von Angela Merkel. Die Frage, wie das Land mit den zahlreichen Flüchtlingen umgehen soll, spaltet die niederländische Gesellschaft auf verschiedenen Ebenen: Landes- kontra Lokalpolitik, Politiker kontra Bürger, Vielfalt des Christentums kontra Religionsvielfalt. Polarisierung entwickelt sich zu einem großen Problem. Die Kommunen lehnen sich gegen den Zustrom (zu) hoher Zahlen von Asylsuchenden in ihren Gemeinden auf, vor allem wenn lokale Entscheidungsträger unter dem Druck staatlicher Maßnahmen stehen und kaum Zeit bleibt, im Vorfeld Dialoge auf lokaler Ebene zu führen und Vorbereitungen für die Aufnahme der Asylsuchenden zu treffen. Ein Jahr nach den ersten Begegnungen und Konfrontationen scheint die Polarisierung abgenommen zu haben. Die Verantwortlichen hatten die Gelegenheit, kleinere Aufnahmezentren zu schaffen, und die Menschen konnten ihre eigenen Erfahrungen bei Kontakten mit Flüchtlingen sammeln. Dennoch ist man auf politischer Ebene nach wie vor auf der Suche nach Möglichkeiten, ein austariertes Gleichgewicht herzustellen. Die Regierung unterstützt die Kommunen bei der Integration der zahlreichen Flüchtlinge durch die Bereitstellung zusätzlicher Budgets. Aufgrund der hohen Zahl von Asylbewerbern nehmen die Asylverfahren sehr viel Zeit in Anspruch. Durchschnittlich dauern sie 15 Monate, was sogar die Dauer einer vorübergehenden Unterbringung in einer Behelfsunterkunft überschreitet. In dieser Zeit ist es den Asylsuchenden vom Gesetz her untersagt, irgendeine Form von Ausbildung zu absolvieren. Die daraus resultierende Langeweile führt zu Problemen unter den Flüchtlingen, vor allem unter den jungen Erwachsenen.

Fotos: Gert Jan van Heyningen

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Schon früh haben die Bibliotheken in den Niederlanden sich auf diese Situation eingestellt, und sie entwickeln Angebote, mit denen die Menschen dieses Vakuum in ihrem Leben sinnvoll füllen können. Doch wie genau können Bibliotheken helfen? 583

SCHWERPUNKT FRANKFURTER BUCHMESSE

Die Öffentlichen Bibliotheken der Niederlande stellen mit vier Millionen Mitgliedern, 100 Millionen Ausleihen und einem Jahresumsatz von etwa 600 Millionen Euro eine rege genutzte und weithin anerkannte soziale, pädagogische und kulturelle Institution dar. Öffentliche Bibliotheken bieten allen Menschen einen Zugang zu Informationen und Kultur, und sie spielen eine tragende Rolle bei der Förderung der Leseund Schreibkompetenz sowie der Verbreitung von Literatur. Das neue Gesetz zur Organisation und zum Serviceangebot Öffentlicher Bibliotheken definiert fünf Funktionen als Zielsetzungen, die auf dem Manifest für Öffentliche Bibliotheken der IFLA/UNESCO basieren: 1. Bereitstellung eines Zugangs zu Wissen und Information, 2. Angebot von Aus- und Weiterbildungsprogrammen, 3. Förderung der Lesekompetenz und des Interesses an Literatur, 4. Heranführung an Kunst und Kultur, 5. Angebot von Räumlichkeiten für Begegnung und Austausch.1 Traditionell sind die ersten drei Funktionen, »Lesen, Lernen und Informationsbeschaffung«, die Kernfunktionen von Bibliotheksdienstleistungen. Die Praxis öffentlicher Bibliotheksdienstleistungen zeigt, dass die Funktionen »Kunst und Kultur« sowie »Begegnung und Austausch« zunehmend an Bedeutung gewinnen, während die klassische Ausleihe immer mehr zurückgeht.2

Die Öffentlichen Bibliotheken der Niederlande stellen mit vier Millionen Mitgliedern, 100 Mil­ lionen Ausleihen und einem Jahresumsatz von etwa 600 Millionen Euro eine rege genutzte und weithin anerkannte soziale, pädagogische und kulturelle Institution dar.

Dank der gut ausgebauten Infrastruktur der örtlichen Bibliotheken mit ihrem Netzwerk aus etwa 156 Bibliothekseinrichtungen und 800 Zweigstellen, ihrer Zugänglichkeit und ihrer Ausstattung wie zum Beispiel Lese- und Studiermöglichkeiten sowie die Verfügbarkeit von Lernmaterialien und Rechnern, sind Bibliotheken die perfekte Einrichtung, um Flüchtlingen den Weg in die Integration für die Phase zu ermöglichen, in der sie noch keine offiziellen Ausbildungsangebote nutzen dürfen. Damit agieren Bibliotheken voll und ganz im Einklang mit ihrer Mission, bei ihren Services niemanden zu diskriminieren und die lokale Gemeinschaft mit geeigneten Dienstleistungen bei der Bildung und der individuellen Entwicklung zu unterstützen. In der Praxis bedeutet dies, dass die Bibliothek • Programme anbietet, mit denen Basisfertigkeiten erweitert und die Eigenständigkeit gestärkt werden können, • einen zweckmäßigen Bestand bereitstellt (Bücher in unterschiedlichen Sprachen und alle Arten von autodidaktischen Lernmaterialien) und • Möglichkeiten zur Kontaktaufnahme und zum Dialog bieten, um die soziale Eingliederung aller Nationalitäten zu ermöglichen und eine positive soziale Wahrnehmung der Flüchtlinge in der lokalen Gemeinschaft zu erreichen. 584

In Bezug auf die zuvor genannten Zielsetzungen können die Aktivitäten der Bibliotheken hinsichtlich der steigenden Anzahl an Asylsuchenden in den Städten und Gemeinden in mehrere Kategorien eingeteilt werden.

Initiativen für Begegnung und Austausch zur Förderung der sozialen Eingliederung

Stadmakerij, Lelystad: Die Bibliothek von Lelystad gründete zusammen mit lokalen Partnern die Stadmakerij, ein Begegnungs- und Gesprächsforum, bei dem Bürger und Flüchtlinge zusammenkommen und sich austauschen können, um Missverständnisse zu beseitigen und das gegenseitige Verständnis und auf diese Weise auch die soziale Eingliederung zu verbessern. Beispielsweise werden Veranstaltungen organisiert, bei denen neu angekommene und ehemalige Flüchtlinge von ihren Erfahrungen berichten. Neu in den Niederlanden: Die Bibliothek von Oosterhout hat in Zusammenarbeit mit örtlichen sozialen Einrichtungen das Projekt »Neu in den Niederlanden« initiiert. Hierbei handelt es sich um eine Serie von Themenveranstaltungen für Neuankömmlinge, in deren Mittelpunkt die Begegnung mit Bürgern sowie das Kennenlernen des Bibliotheksbestands stehen. Bei jeder Zusammenkunft wird ein zentrales Thema ausgewählt, zum Beispiel Traditionen, das politische System oder das Bildungssystem im Gastland, Arbeiten und Studieren in den Niederlanden oder die typisch niederländischen Ernährungsgewohnheiten. Bürger und Flüchtlinge tauschen sich aus, sprechen über Bücher, Filme und Zeitschriften. Hierdurch erfahren die Teilnehmer mehr über den jeweils anderen und über die niederländische Gesellschaft und Kultur. Das Projekt wird von Juan Khalef geleitet, der 2001 aus Syrien floh und nun in der Bibliothek von Oosterhout arbeitet.3 Die Geschichte dahinter: Mehrere Bibliotheken initiieren Gespräche, Vorträge und ähnliche Veranstaltungen, bei denen das Verständnis der örtlichen Bevölkerung für die Gründe, warum Flüchtlinge4 ihr Land verlassen, vergrößert werden soll. Auf der Internetseite der Bibliothek von Eindhoven gibt es außerdem eine Online-Dokumentation über die Konfliktregionen. Diskussionsveranstaltungen und Zusammenkünfte sind eine gute Möglichkeit, die Bürger auf einfache Weise in den Dialog mit einzubeziehen. Häufig integrieren Bibliotheken hierfür lokale soziale Organisationen und auch die Stadtverwaltungen in die Diskussion. Ein Projekt der Bibliothek von Tilburg mit dem Namen »Bild & Geschichte« hat zum Ziel, dem Betrachter etwas über die persönliche Geschichte der Neuankömmlinge zu vermitteln: 60 Einwegkameras wurden an Flüchtlinge verteilt, verbunden mit der Aufgabe, Tilburg aus ihrer individuellen Sichtweise heraus zu fotografieren. Anschließend wurden die Fotos auf Postkarten gedruckt und die jeweilige Rückseite mit einem kurzen persönlichen Kommentar des Fotografen versehen.

SCHWERPUNKT FRANKFURTER BUCHMESSE

Gemeinsam schaffen sie das. Was an Willkommenskultur in der niederländischen Politik fehlt, kompensieren die niederländischen Bibliothe­ ken mit vielen Angeboten für Flüchtlinge. Foto: Gert Jan van Heyningen

Eine besondere Initiative der Bibliothek von Tilburg richtet sich an Frauen und zielt auf die Förderung der interkulturellen Zusammenarbeit über das Arbeiten mit Textilien, Design, verschiedenen Materialien und die Anwendung von Techniken und theoretischem Wissen ab. Die Frauen wurden dazu ermuntert, ihre Kreativität auszuleben und ihre sprachlichen Fertigkeiten zu trainieren. Im Zentrum dieses Frauenprojekts standen Interessen, Fertigkeiten, Inspiration und Sprache. Ausdruck der kulturellen Vielfältigkeit war als Abschlussarbeit des Projekts die gemeinsame Anfertigung eines Wandteppichs. Flüchtlinge als Freiwillige, ein Beispiel aus der Bibliothek von Utrecht. Solange Asylsuchende keine Aufenthaltsgenehmigung besitzen, dürfen sie keiner Erwerbstätigkeit nachgehen. Forschungen zeigen jedoch, dass Asylsuchende so schnell wie möglich Teil der örtlichen Gemeinschaft sein möchten. Die niederländische Gesetzgebung sieht vor, dass sie freiwillige Arbeit übernehmen dürfen. Aus diesem Grund hat die Bibliothek in Utrecht gemeinsam mit anderen sozialen Organisationen eine lokale Plattform erstellt, auf der Freiwilligentätigkeiten für Asylsuchende koordiniert werden können.

Initiativen für zielgruppenorientierte Angebote

Die Kurzzeitbibliothek: Die Bibliothek von Nijmegen stellt in einem Übergangslager für Flüchtlinge BuB 68 10/2016

Bibliotheksdienstleistungen zur Verfügung. Angeboten werden hauptsächlich Bücher in arabischer und englischer Sprache, Bilderbücher, Bücher über die niederländische Gesellschaft sowie spezielle Lernmaterialien für das Selbststudium. Initiatoren sind zwei Flüchtlinge aus Syrien. Bei den meisten Büchern handelt es sich um Spenden von Privatpersonen. Andere Bibliotheken wie zum Beispiel die Openbare Bibliotheek in Amsterdam (OBA) folgten dem Beispiel Nijmegens und eröffnen ebenfalls Kurzzeitbibliotheken in Flüchtlingszentren.

Studenten, die speziell ausgebildet wurden und gelernt haben, wie sie ausländischen Kindern niederländische Kinderliteratur näherbringen, werden als sogenannte »language-buddies«, also Sprachlernpartner, in passende Flüchtlingsfamilien vermittelt.

Der Mobile Bibliotheksservice: Als Teil der niederländischen Bibliotheksinfrastruktur versorgte ein mobiler Bibliotheksservice die Benutzer in spärlich besiedelten oder ländlichen Gegenden oder neu entstandenen Wohnvierteln mit Bibliotheksangeboten. Zu den Anlaufstellen der Bibliotheksbusse gehörten ebenfalls Schulen sowie Bürger, denen keine Beförderungsmöglichkeiten zu einer stationären Bibliothek zur Verfügung stehen. Aufgrund von Budgetkürzungen und der 585

SCHWERPUNKT FRANKFURTER BUCHMESSE

Einführung von Online- und anderen Services wurde diese Initiative eingestellt. In einigen Regionen kam die Idee auf, mit diesen Bussen Bücher in Flüchtlingsunterkünfte zu bringen. Die Bürger wurden eingeladen, Bücher zu spenden. Besonders beliebt waren Bücher in englischer Sprache.

Menschen vernetzen und ihre Sprache lernen

Die »Language Buddies«, Sprachunterricht für Familien innerhalb und außerhalb des Flüchtlingszentrums: Einige Bibliotheken kooperieren mit Hochschulstudenten, speziell mit solchen, die in den Fachbereichen Erziehung, Sprachen und Kinderpflege tätig sind. Die Studenten, die speziell ausgebildet wurden und gelernt haben, wie sie ausländischen Kindern niederländische Kinderliteratur näherbringen, werden als sogenannte »language-buddies«, also Sprachlernpartner, in passende Flüchtlingsfamilien vermittelt. Diese Art des informellen Sprachunterrichts für die Kinder und ihre Familien verhindert, dass Flüchtlingskinder einen zu großen Rückstand gegenüber niederländischen Kindern haben. Außerdem fördert es die Solidarität, indem es die unterschiedlichsten Gruppen mit ihren divergierenden sozialen und wirtschaftlichen Hintergründen zusammenbringt.

werden die Sprachentwicklung und die Leseerziehung angekurbelt. Sprachdefiziten wird vorgebeugt. Für Kinder in Flüchtlingsunterkünften ist dies auch eine gute Gelegenheit, sich eine Zeitlang zu entspannen und die hinter ihnen liegenden Erfahrungen sowie die tägliche Realität, mit der sie konfrontiert sind, auszublenden. Eine Variation dieses Projekts ist ein Modell, bei dem die Bibliothek in Zusammenarbeit mit der Schule – sofern die Kinder diese besuchen – spezielle Vorlesenachmittage einrichtet. Die Freiwilligen, die bei diesen Nachmittagsveranstaltungen vorlesen, stellen mit großer Freude fest, wie eifrig die Kinder Niederländisch lernen.

In den Jahren 2015/2016 wohnten in Tilburg 900 Neuankömmlinge in zwei Übergangsunter­ künften. Die Bibliothek hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Eigenständigkeit der Menschen zu stärken, ihre Talente zu fördern und sie in Kontakt mit der Stadt Tilburg und ihren Bewohnern zu bringen.

Der Vorlese-Express: Bei diesem von zahlreichen Bibliotheken durchgeführten Projekt suchen Freiwillige aus Öffentlichen Bibliotheken die Menschen zuhause oder in ihrer Unterkunft auf, um sie dazu anzuhalten, Kindern vorzulesen. Hierdurch

Logopädie-Training: Die Bibliothek von Hengelo bietet ein Internet-basiertes Logopädie-Training an. Hierbei suchen die Flüchtlingsfamilien mit ihren Kindern über einen Zeitraum von sieben Wochen im Sommer die Bibliothek auf, um intensiv an ihrer Sprechfertigkeit und ihren Wortschatzkenntnissen zu arbeiten. Dies geschieht auf spielerischer Basis und unter Anleitung eines Spezialisten. Am Bibliothekscomputer oder am heimischen Rechner können die Kinder spielen und weitere Sprachlernübungen absolvieren. Die Folgen sind ein steigendes Selbstvertrauen bei den Kindern und bessere Schulnoten. Eine innovative Strategie, mit der die Bibliothek in Zusammenarbeit mit der Schule, der lokalen und regionalen Bibliothek und den Online-Logopäden die Integration von Flüchtlingen vorantreibt, sind Plauderstündchen unter dem Schlagwort »Praatjes maken«.

Dr. Marian Koren (Foto: privat) ist Strategieberaterin bei der­ Koninklijke Bibliotheek und Lei­ terin des FOBID Netherlands Li­ brary Forum, Den Haag. Sie stu­ dierte Internationales Recht und Schwedisch. Ihre Doktor­ arbeit trägt den Titel »Tell Me! The Right of the Child to Infor­ mation«. Koren ist Mitglied in in­ ternationalen Netzwerken (IFLA, EBLIDA etc.) und Ansprechpartnerin beim International Of­ fice für Bibliotheken in den Niederlanden. Sie organisiert Programme für Weiterbildung in Bibliothekswissenschaft und für den Wissensaustausch. – Kontakt: [email protected]

Maaike Toonen (Foto: privat) ist Doktorandin und Strategiebera­ terin bei der Koninklijke Biblio­ theek, Den Haag. Sie studierte Zeitgenössische Geschichte so­ wie Internationales und Euro­ päisches Recht an der Freien Universität Brüssel. Toonen ist spezialisiert auf Strategie­ entwicklung in den Bereichen Schutzbedürftige Zielgruppen und Lebenslanges Lernen und koordiniert und erstellt hier­ für nationale Programme. Darüber hinaus informiert sie in nationalen und internationalen Netzwerken über diese beiden Themenfelder. – Kontakt: [email protected]

Flüchtlingskinder haben unmittelbar nach der Ankunft im Gastland Anspruch auf Bildung – eine praktische Auswirkung der UN-Kinderrechtskonvention. Für die Eltern verhält es sich leider anders.

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Das Sprachencafé: Flüchtlingskinder haben unmittelbar nach der Ankunft im Gastland Anspruch auf Bildung – eine praktische Auswirkung der UN-Kinderrechtskonvention (VN, 1989). Für die Eltern verhält es sich leider anders: Solange sie keinen offiziellen Status genießen, haben sie nicht das Recht, einen Sprachkurs zu besuchen. Dabei ist das Interesse daran, die Sprache so schnell wie möglich zu erlernen, groß. Durch die Einrichtung von Sprachencafés versuchen die Bibliotheken, diesem Bedürfnis nachzukommen. Sie laden Flüchtlinge in die Bibliothek ein, wo diese in einer Café-Atmosphäre bei Getränken und Snacks in die niederländische Sprache eingeführt werden.

Moderatoren kleineren Gruppen von Flüchtlingen niederländische Kurzgeschichten vor.

Programme zur Erweiterung von Basiskompetenzen und zur Stärkung der Eigenständigkeit

Singen in der Bibliothek: Die Bibliothek von Zuid-Kennemerland lädt Flüchtlinge zu Abendveranstaltungen in die Bibliothek ein, bei denen alle gemeinsam auf Niederländisch singen – eine kreative und innovative Idee.

Die Bibliothek von Tilburg hat verschiedene Aktionen für Flüchtlinge durchgeführt. In den Jahren 2015/2016 wohnten in Tilburg 900 Neuankömmlinge in zwei Übergangsunterkünften. Die Bibliothek hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Eigenständigkeit der Menschen zu stärken, ihre Talente zu fördern und sie in Kontakt mit der Stadt Tilburg und ihren Bewohnern zu bringen. Hierzu organisierte die Bibliothek einen Stadtspaziergang für junge Menschen, eine Führung durch die Bibliothek und Vorlesestunden für Klein- und Vorschulkinder.

Leseclubs für Flüchtlinge: Bei den Leseclubs, die von mehreren Bibliotheken einmal pro Woche organisiert werden, lesen

Übersetzt aus dem Englischen von Susanne Gagneur

1 Die genannten Funktionen sind ebenfalls Teil der Bibliotheksrichtlinien der VOB (Vereniging Openbare Bibliotheken) und der VNG (Vereniging van Nederlandse Gemeenten), 2005. Die drei beteiligten Regierungs- und Verwaltungsebenen – Reichsregierung, IPO (Interprovinciaal Overleg) und VNO (Vereniging van Nederlandse Ondernemingen) – haben diese Funktionen zur Grundlage für die am 17. Dezember 2009 verabschiedete Charta für Öffentliche Bibliotheken gemacht. 2 Wsob , Memorie van Toelichting. 3 http://www.bndestem.nl/regio/oosterhout/project-nieuw-in-nederland-van-theek-5-moet-integratie-bevorderen-1.5736864 4 http://www.bibliotheekeindhoven.nl/overzicht/op-de-vlucht.html

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Ilona Riek

Teilen ist Trumpf! 

Der Fachinformationsdienst Benelux / Low Countries Studies an der ULB Münster

»Dit is wat we delen / Dies ist, was wir teilen«, so lautet das Motto des diesjährigen Ehrengast-Programms »Flandern & die Niederlande« im Rahmen der Frankfurter Buchmesse. Das Bild des Teilens greifen wir gerne auf, um die Services rund um die Niederlande und Flandern vorzustellen, die die Universitäts- und Landesbibliothek Münster in ihrem Portfolio hat. Mit ihrem diesbezüglichen Spezialangebot versteht sich die ULB Münster als Teil des kooperativen deutschen Bibliothekswesens. Der hier aufgebaute Medienbestand, die Dienstleistungen und das fachliche Know-how sind nicht in erster Linie für die lokale Nutzung gedacht, sondern stehen ausdrücklich einem wissenschaftlich-bibliothekarischen Zielpublikum im gesamten Bundesgebiet zur Verfügung. In diesem Zusammenhang spielt vor allem der in diesem Jahr eingerichtete Fachinformationsdienst Benelux / Low Countries Studies eine tragende Rolle.1

Verbundenheit mit den Niederlanden und Flandern

Münster hat besonders seit dem Westfälischen Friedensschluss im Jahr 1648 ein enges Band mit den Niederlanden, denn im »Frieden von Münster« wurden die Niederlande als souveräner Staat anerkannt und damit quasi aus der Taufe gehoben. Heutzutage gilt Münster aufgrund der vielen Giebelhäuser und der augenfälligen Radfahrerdichte auch als die niederländischste Stadt Deutschlands. Münster war und ist überdies ein zentraler Ort für die Erforschung und Dokumentation des niederländischsprachigen Gebiets in Europa. Das 1995 in Anwesenheit des niederländischen und des belgischen Kronprinzen eröffnete Haus der Niederlande ist eine wissenschaftliche Einrichtung, die ganz den Niederlanden und Flandern gewidmet ist. Sie befindet sich passenderweise im historischen Krameramtshaus, in dem der Friede von 588

Münster unterzeichnet wurde, und beherbergt mit dem Zentrum für Niederlande-Studien, dem Institut für Niederländische Philologie sowie der Bibliothek im Haus der Niederlande (BHN) drei eng kooperierende Institutionen. Die BHN ist eine bundesweit einzigartige Spezialbibliothek für den Bereich der Niederlandeforschung und gleichzeitig Teil des Bibliothekssystems der ULB Münster. Die thematische Verbundenheit Münsters mit den Niederlanden und Flandern spie-gelt sich im Sammelprofil und weiteren Aktivitäten der ULB wider. So zeugt etwa der historische Altbestand der ULB von einem regen wissenschaftlich-kulturellen Aus-tausch zwischen Westfalen und den nordwestlichen Nachbarländern, der die Jahr-hunderte überdauert hat. Noch bedeutender für große Teile der Fachwissenschaft ist der in den vergangenen Jahrzehnten mit Förderung der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) aufge-baute umfangreiche Bestand an Niederlande/Flandern-bezogenen Spezialpublikationen, der eine sehr hohe Alleinbesitzquote innerhalb Deutschlands aufweist. Im Jahr 1949 wurde der ULB-Sammelschwerpunkt Niederlande/ Flandern als Sondersammelgebiet Niederländischer Kulturkreis in den Sondersammelgebietsplan der DFG aufgenommen und ab 2006 gemeinsam mit der Universitäts- und Stadtbibliothek Köln als Sondersammelgebiet Benelux fortgeführt. Seit Anfang 2016 betreut die ULB den Fachinformationsdienst Benelux / Low Countries Studies im Rahmen des DFG-Programms Fachinformationsdienste für die Wissenschaft (FID).2

Der FID Benelux als Teil der Fachinformationsdienste für die Wissenschaft Die Bibliothek im Haus der Niederlande, im Hintergrund der historische Teil des Krameramtshauses: Dort befindet sich ein großer Teil der ULB-Spezialsammlung zu den Niederlan­ den und Flandern.

Um die Aufgabe des FID Benelux besser in den bibliothekarischen Gesamtkontext

Fachliteratur über die Niederlande und Flandern soweit das Auge reicht: Die Bibliothek im Haus der Niederlande. Fotos: Ilona Riek / ULB Münster

einordnen zu können, zunächst einige Worte zu den ab 2014 sukzessive eingerichteten FIDs: Die FID-Förderlinie ist das Nachfolgeprogramm des Ende 2015 ausgelaufenen bundesweiten Systems der Sondersammelgebiete. Sie verfolgt das Ziel, »Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern in Deutschland unabhängig vom Standort ihrer Tätigkeit einen möglichst schnellen und direkten Zugriff auf Spezialliteratur und forschungsrelevante Informationen« zu bieten.3 Die fachlichen beziehungsweise − wie im Fall des FID Benelux − regionalen Fachinformationsdienste ergänzen die wissenschaftliche Informationslandschaft durch überregionale Dienstleistungen, die deutlich über die Grundaufgaben beziehungsweise -versorgung einzelner Hochschul- oder Institutsbibliotheken hinausgehen. Die FID-Förderbedingungen wurden im Vergleich zur Sondersammelgebietsförde-rung stark flexibilisiert: Ausschlagge-

bend sind eine enge Orientierung an fachspezifischen Interessen sowie die systematische Rückkoppelung mit der Fachwissenschaft. Um die Berücksichtigung fachlicher Besonderheiten zu gewährleisten, wurden Spielräume zur Profilierung gelassen, sodass jeder FID einen individuell auf die Fachgemeinschaft zugeschnittenen Dienstleistungskatalog entwerfen kann. Die jeweiligen Angebote können also von FID zu FID stark variieren. Aufgrund der schnelleren und direkteren Verfügbarkeit ist BuB 68 10/2016

dabei die Integration elektronischer Publikationen von sehr hoher Bedeutung. Dies beinhaltet unter anderem den Abschluss von FID-Lizenzen für die überregionale Literaturversorgung.4 Sämtliche FIDs, die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft bewilligt wurden, haben den Status von Projekten, die für zunächst drei Jahre gefördert werden. Eine grundsätzliche Entscheidung zur Fortsetzung des Förderprogramms wird für Ende 2018 erwartet. Aktuell gibt es 31 Fachinformationsdienste; weitere Anträge sind in Vorbereitung.5

Der Weg vom Sondersammelgebiet zum FID Benelux

Der Dreh- und Angelpunkt aller FID-Aktivitäten ist, wie bereits anklang, der Fokus auf den Interessen und Arbeitsgewohnheiten der Fachwissenschaft, die es systematisch zu ermitteln und in ein FID-Profil umzusetzen gilt. Dies hat die ULB Münster unter anderem im Rahmen einer umfangreichen Bedarfserhebung getan, deren Ergebnisse maßgeblich waren für die Ausgestaltung des FID Benelux.6 Im gesamten Antragsprozess kamen ihr zudem der seit vielen Jahren gepflegte enge Austausch mit der Scientific Community sowie die Erfahrung aus anderen Zielgruppenbefragungen zugute. Ein weiterer wesentlicher Aspekt im Vorfeld der Projektbeantragung war die Abstim-mung mit anderen Informationsanbietern innerhalb und außerhalb des FID-Kontextes. Auf diese Weise sollten Doppelförderung sowie Beantragung von Ser-vicekomponenten, die auch andernorts angeboten werden, vermieden werden. In diesem Zusammenhang wurden unter anderem Kooperationsvereinbarungen mit anderen 589

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angedeutet, eher heterogen. Im Fall des FID Benelux sind folgende Services im Angebot beziehungsweise in Planung: Da die hauptsächlich geistes- und sozialwissenschaftlich ausgerichtete Zielgruppe insbesondere im Bereich der Monografien immer noch stark printorientiert ist, bildet die Erwerbung, Erschließung und Bereitstellung gedruckter Literatur weiterhin einen wichtigen Pfeiler im Rahmen des FID-Angebots. Dieser Printbestand ist ausnahmslos per Fernleihe bestellbar.

Das Angebot im Bereich der Fachrecherche und Informationsbe­ schaffung richtet sich explizit auch an KollegInnen anderer Bibliotheken.

Anschaffungswünsche aus der Fachcommunity werden prioritär behandelt und auf dem schnellstmöglichen Weg bereitgestellt. Daneben spielt aber auch die überregionale Versorgung Im Kontext der Fachinformationsdienste ist die überregionale Verfügbarkeit elektro­ nischer Publikationen von großer Bedeutung. mit elektronischen Ressourcen eine bedeutende Rolle. Verhandlungen über erste FID-Lizenzen für E-Zeitschriften stehen zurzeit kurz vor dem Abschluss.8 FID-Antragstellern geschlossen, deren Profil Schnittflächen zum geplanten Angebot des FID Benelux aufwies. Aktuell wird außerdem an der Digitalisierung wissenschaftlich relevanter Benelux-Altbestände inklusive einer Digitization-on-Demand-Option, an Open-Access-Publikationsdiensten für Monografien und Zeitschriften, an der Entwicklung von Die Benelux-Fachgemeinschaft Fachbibliografien sowie an einem Cloud-Speicher zum Datenaustausch innerhalb der Fachgemeinschaft gearbeitet. Wie setzt sich die Fachcommunity, an die sich der FID Benelux Darüber hinaus stehen dem interessierten Fachpublikum im richtet, eigentlich genau zusammen? Als regionaler Fachinforgesamten Bundesgebiet ein Schulungsprogramm zur Rechermationsdienst hat der FID Benelux einen interdisziplinären Zuche- und Informationskompetenz in den Fachgebieten Nieschnitt. Primäre Zielgruppe sind Vertreter/innen einer Fachderländische Philologie und Beneluxforschung sowie indivirichtung, die im englischsprachigen Umfeld als »Low Countries duelle Beratungs- und Unterstützungsdienste bei Fragen der Studies« bezeichnet wird, das heißt Personen, die sich im Rahmen ihrer Forschungstätigkeit mit niederländischer Sprach- und Literaturwissenschaft und/oder der Geschichte, Gesellschaft und Kultur der Beneluxländer befassen. Ähnlich wie die diesjährige Buchmesse legt auch der FID Benelux einen besonderen Fokus auf die Niederlande und Flandern. Gebiete wie Wallonien, die Deutschsprachige Gemeinschaft Belgiens und Luxemburg werden selbstverständlich ebenfalls berücksichtigt, jedoch je nach Disziplin gegebenenfalls mit geringerer Betreuungstiefe.7

Das Dienstleistungsportfolio des FID Benelux

Das Dienstleistungsprofil der einzelnen Zentraler Anlaufpunkt für alle Angebote des FID Benelux: Die Virtuelle Fachbibliothek Fachinformationsdienste ist, wie bereits (ViFa) Benelux 590

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wissenschaftlichen Recherche und Informationsbeschaffung, des Open-Access-Publizierens, der Digitalisierung und des Einsatzes von Informationstechnologien in Forschungszusammenhängen zur Verfügung. Das Angebot im Bereich der Fachrecherche und Informationsbeschaffung richtet sich explizit auch an Kolleginnen und Kollegen anderer Bibliotheken, denn der FID Benelux ist gerne bereit, seine Expertise auf diesem Gebiet zu teilen.

Das Fachportal

Zentraler Anlaufpunkt für alle Dienste und Rechercheangebote des FID Benelux ist das Fachportal ViFa Benelux.9 Dieses wird in den nächsten Monaten auf eine neue Plattform migriert. Aktuell bietet die ViFa unter anderem folgende Services an: eine Metasuche über zahlreiche Fachkataloge und -datenbanken, die im Verlauf des Projekts in eine suchmaschinenbasierte Suche überführt wird, ein Weblog, fachbezogene Ausschnitte aus der Elektronischen Zeitschriftenbibliothek (EZB) und dem Datenbank-Infosystem (DBIS), ein Fachrepositorium sowie einen Forschungsführer für den deutschsprachigen Raum auf Wiki-Basis.

Der FID Benelux und die Buchmesse

Das Ehrengast-Programm findet nicht nur in Frankfurt, sondern ebenfalls in weiteren Schwerpunktstädten in Deutschland statt, zu denen auch Münster gehört. Der FID Benelux beteiligt sich am Vorabend der Buchmesse mit »Fuchs trifft vos und vulpes«, einer gemeinsam mit dem Institut für Niederländische Philologie organisierten Veranstaltung zur mittelniederländischen

Ilona Riek ist Niederlandis­ tin und wissenschaftliche Bi­ bliothekarin. Nach beruflichen Stationen in Oldenburg, Gro­ ningen und Amsterdam war sie einige Jahre am Zentrum für Niederlande-Studien der West­ fälischen Wilhelms-Universität Münster tätig, bevor sie 2004 als wissenschaftliche Mitarbeiterin an die ULB Münster wechselte. Hier leitet sie aktuell das Referat Fachinformationsdienst Benelux sowie die Bibliothek im Haus der Niederlande.

Literatur. Im Rahmen dieser Veranstaltung wird ein niederländisches Literaturdenkmal des 14. Jahrhunderts aus dem Bestand der ULB Münster, die Dycksche Handschrift, für kurze Zeit der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.10 Diese Handschrift ist deshalb eine Rarität, weil sie das Tierepos »Van den vos Reynaerde« (Reinecke Fuchs) enthält, das nur in zwei Quellen vollständig erhalten ist. Darüber hinaus ist das Thema »Ehrengast Flandern & die Niederlande« natürlich ausgiebig präsent auf den Social-Media-Kanälen des FID und auch hier gilt: Teilen ist Trumpf!11

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3 Ebd. 4 Siehe hierzu auch: http://www.fid-lizenzen.de 5 Eine Übersicht der aktuell geförderten FIDs hat die DFG in folgender PDF-Datei zusammengestellt: http://bit.ly/2caIbxW 6 Vgl. hierzu: Ilona Riek: Dokumentation der Umfrage Fachinformationsdienst Benelux / Low Countries Studies (November 2014). Auswertung und Empfehlungen für die Einrichtung des geplanten Fachinformationsdienstes Benelux / Low Countries Studies. Münster, 2015. Online als PDF-Datei: http://bit.ly/2bf0Vq0

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7 Detaillierte Angaben zum fachlich-regionalen Profil des FID Benelux sind folgender Webseite zu entnehmen: http://www.ulb. uni-muenster.de/benelux/profil-benelux.html 8 Näheres zum Lizenzangebot des FID Benelux bieten die Seiten des FID-Servicepartners Kompetenzzentrum für Lizenzierung: http:// benelux.fid-lizenzen.de 9 http://www.vifa-benelux.de 10 http://www.ulb.uni-muenster.de/sammlungen/handschriften/ dycksche-handschrift.html 11 https://vifabenelux.wordpress.com / https://www.facebook. com/bibliothek.hdnl

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LESESAAL PRO & CONTRA

Pro & Contra Sollen digitale Trends wie PokémonGo von Bibliotheken aufgegriffen werden? Die Smartphone-Version eines 20 Jahre alten Videospiels hat im Juli für einen regelrechten Hype ge­ sorgt. Vor allem Jugendliche und junge Erwachsene tauchen mit dem Spiel in eine erweitere Realität, eine Augmented Reality ein. Bibliotheken stehen dem mit gemischten Gefühlen gegenüber.

Jana Haase

Das Spiel trägt zu ungewöhnlichen Begegnungen bei PokémonGo habe ich von den jungen Menschen kennengelernt, die unsere Bibliothek benutzen. Ich arbeite in der Fachbibliothek eines Berufsausbildungszentrums für Design, Technik, Gesundheit und Ernährung. Gemischte Gruppen junger Frauen und Männer wandern spielend durch unser Haus und die Höfe. In der Bibliothek erzählen sie mir, was sie an Gedenktafeln und interessanten Gebäuden in der Umgebung entdeckt haben. Wir kommen ins Gespräch. Ich würde kein Spiel beurteilen und schon gar nicht verurteilen, bevor ich es nicht selbst kennengelernt habe und mich mit Spielenden unterhalten habe. Spiele, das weisen Archäologen, Historiker und Ethnologen nach, waren schon in frühester Zeit und sind bis heute wichtige gesellschaftliche Aktivitäten, die Gemeinschaft, Kommunikation, Entspannung und soziales wie intellektuelles Lernen fördern. Die Computerspiele im Netz, Games, sind ein neues Genre im Grenzbereich von Spiel, Theater und Literatur. Sie erzählen eine komplexe Geschichte und beziehen interaktiv das Publikum ein. Games lösen das Genre des Romans als einzeln vom Individuum im preisgünstig 592

zu erwerbenden Papierkodex gelesene Geschichte ab. In meiner freien Erinnerung an die Literatur- und Bibliotheksgeschichte löste der Roman seinerzeit das vom Barden singend vor Zuhörenden auf Märkten, Festen und abendlichen Versammlungen vorgetragene Epos ab. Games sind genauso kommerziell wie Bücher im bürgerlichen Zeitalter. Es gab eine Zeit, als Bücher nur von Leuten geschrieben wurden, die das notwendige Kapital besaßen, um sich die Zeit zum Schreiben zu nehmen und dann die Bücher herstellen zu lassen. Diese Bücher wurden in Bibliotheken aufbewahrt, die nur wenigen Menschen zugänglich waren. Heute sind Bibliotheken in unserem Land weitgehend den meisten Menschen zugänglich. Die Menschen haben dort Zugang zu Information, Wissensquellen und Kultur. Bibliotheken sind auch Begegnungsorte. Sie kosten keinen Eintritt und haben keinen Verzehrzwang. Damit sind sie ähnlich den öffentlichen von der Kommune gestalteten Parks und Plätzen unkommerzielle Orte für Aufenthalt, Begegnung und Kommunikation. Hatten wir nicht vor Kurzem über die Bibliothek als Agora diskutiert? Und nun zitiere ich frei das Gespräch mit meinem 17-jährigen Sohn: Wenn Bibliotheken Poke-Stops wären, würde das ganz sicher viele Leute in die Bibliotheken führen, die dadurch eine Chance hätten, Bibliotheken wahrzunehmen und kennenzulernen. Manche würden sich dort umschauen, Informationen finden, Bücher ausleihen. Bis jetzt gibt es viele interessante Orte als Poke-Stops wie Gedenktafeln, Stolpersteine, Gebäude und Denkmäler, aber auch uninteressante

wie Trafokästen. Brunnen oder Plätze werden im Spiel zu Trainer-Arenen. Auch dort treffen sich Leute. Das spannende ist, dass sich durch dieses Spiel Leute ganz unterschiedlicher Art treffen, die sonst nie Kontakt zueinander hätten oder sich nicht einmal vertragen würden. So trägt das Spiel zu ungewöhnlichen Begegnungen und Bekanntschaften sowie vielen Entdeckungen bei. Laut Spielstatistik auf der Facebook-Seite von Pokémon sind 63 Prozent der Spielenden weiblich, 22 Prozent sind zwischen 13 und 17 Jahre alt, 46 Prozent zwischen 18 und 29 und 25 Prozent zwischen 30 und 50 Jahre alt. 6 Prozent sind älter als 50 Jahre. Das Spiel verläuft friedlich, kommunikativ und in Bewegung an der frischen Luft. Noch gibt es keine Kämpfe in dem Spiel. Wie die Stimmung dann sein wird, bleibt abzuwarten. Inwieweit die Spielenden selbst die Entwicklung des Spiels beeinflussen und inwieweit sie gelenkt werden, wäre zu beobachten oder zu untersuchen. Jedenfalls finde ich, dass Bibliotheken passende Orte für PokémonGo-spielende Menschen sind.

Jana Haase lei­ tet die Fach­ bibliothek im Berufsbil­ dungszentrum Lette-Verein in Berlin. Sie ist stellvertretende Vorsitzende der Landesgruppe Berlin des Berufsver­ bands Information Bibliothek (BIB).

LESESAAL PRO & CONTRA

Jochen Dudeck

Wir müssen unsere Räume vor beliebiger Vereinnahmung schützen Nein, wir sind nicht technophob oder gegen alles Neue. Wir sind auch keine Vertreter eines bildungsbürgerlichen Bibliothekskonzepts und möchten gar alle Menschen U35 von der Benutzung ausschließen. Einen regelrechten »shitstorm« aus dem Kollegenkreis mussten wir über uns ergehen lassen, weil wir ein kleines Schild an die Eingangstür geklebt haben, das die Stadtbücherei Nordenham als »Pokémon-freie Zone« ausweist. Warum haben wir das gemacht? Das Spiel ist der erste Hype von »Augmented Reality« und steht wohl am Beginn einer ganzen Welle ähnlicher Anwendungen. Hier werden wir spielerisch an etwas gewöhnt, was im Grunde hochproblematisch ist. Denn wir leben schon immer in einer »erweiterten Realität«. Wir bewegen uns nicht durch einen geometrischen Raum, sondern wir haben ihn bereits gefühlsmäßig »eingefärbt«. Wir erleben Orte als »unfreundlich«, bezeichnen Städte als »gesichtslos« oder »stimmungsvoll«. Es gibt »Sehnsuchtsorte« oder »Angsträume«. Alle Räume sind zudem sozial codiert. Es gibt Privaträume oder Orte, die einen besonderen gesetzlichen Schutz genießen. Problematisch wird es, wenn über diese sozialen und individuellen Bedeutungsebenen eine virtuelle Schicht gelegt wird und gelebte Räume zur bloßen Kulisse werden, wenn diese Zwischenwelt ohne Bezug zum Charakter des jeweiligen Ortes beliebig mit Spielfiguren und kommerziellen Anreizen angereichert wird. Ich befürchte eine kommende massive virtuelle Durchökonomisierung öffentlicher Räume. Die Werbebranche jubelt nicht ohne Grund über ganz neue Geschäftsmodelle. So ist die App denn auch ein wahrer Datenstaubsauger. Wir müssen meines Erachtens das Recht haben, BuB 68 10/2016

unsere Räume vor beliebiger Vereinnahmung zu schützen. Vor allem wenn man sich ernsthaft als »Dritter Ort versteht. Die ständige Verfügbarkeit von Kommunikation und Internet verändert unsere Wahrnehmung, unser Inder-Welt-sein, unsere Gesellschaft. Als Bibliotheken haben wir auch einen medienpädagogischen Auftrag und sei es nur als Ort einer offenen und substanziellen Debatte! Als bloßer »Mitspieler« wird man leicht zum Handlanger von Marketingkampagnen. »Mediatisierte Welten« – so der Name eines gerade laufenden DFG-Schwerpunktprogramms – beinhalten neue Risiken, ob durch neuartige Formen der Überwachung oder den Rückzug in diskursiv abgeschottete »Echoräume«. Es gibt genügend Themen für unsere medienpädagogische Arbeit jenseits des vom Schwarz-Weiß-Denken, von Alarmismus oder Euphorie geprägten Feuilletons. Ich verstehe, dass es vielen in erster Linie um das Image geht, den Ruf ihrer Bibliotheken als moderne Einrichtungen am Puls der Zeit. Gegenwärtig nimmt der Hype des »Digitalen« aber leider irrationale Züge an. Man erwartet unglaublich viel von den Geräten selbst (etwa 3-D-Druckern), wobei es oft nicht klar ist, ob es sich im Einzelfall wirklich um sinnvolle Werkzeuge handelt. Bilderbuch-Apps sind nun mal kein Ersatz für vorlesende Eltern und Tablets nicht für vernünftige Unterrichtsinhalte und engagierte Lehrkräfte. Auch zweifle ich sehr daran, dass man mit Pokémon go technikaffine, insbesondere junge Menschen nachhaltig als Nutzer gewinnen kann. Die meisten Kolleginnen und Kollegen sind überzeugt, dass man solche Trends nicht aufhalten kann. Um sie zu gestalten, müsse man eben mitmachen. Ich denke, man kann sehr wohl etwas ändern durch das selbstbewusste Setzen

von Grenzen. Hier ist übrigens besonders die Politik gefordert. Der Ruf nach mehr »Medienkompetenz« ist scheinheilig. Er verschleiert, dass man damit alle Verantwortung und Risiken letztlich den Einzelnen aufbürdet. Deutlich mehr Nachdenklichkeit wünsche ich mir gegenüber dem glühenden Optimismus, der dem »digitalen Wandel« entgegengebracht wird. Die »Vierte industrielle Revolution« könnte Problemlagen noch verstärken, die wir bereits heute nicht im Griff haben. Man denke an die wachsende soziale Spaltung. Aus einer Technotopie könnte eine soziale Dystopie werden. In letzter Konsequenz geht es aber darum, wie wir unsere Arbeit verstehen. Für mich ist eine Bibliothek kein »Unternehmen«, dessen Erfolg eindeutig quantifizierbar ist, sondern eine »Agentur des Gemeinwohls«, die auch mal gegen den herrschenden, ökonomischen Zeitgeist denken und handeln kann. Dazu gehört auch, Hypes wie diesen zu hinterfragen. Wir sollten endlich auch unsere Angst ablegen, mit »Büchern« in Verbindung gebracht zu werden. Es ist nach wie vor – siehe die Allensbach-Erhebung und diverse Kundenumfragen – unser Kerngeschäft oder in Neusprech: unser »Markenkern«.

Jochen Dudeck ist seit 25 Jahren Lei­ ter der Stadt­ bibliothek Norde nh am . Von 2009 bis 2015 war er Mitglied der dbv-Kommission »Kin­ der- und Jugendbibliotheken«.

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LESESAAL MARKETING

Maiken Hagemeister

Heldengeschichten aus der Bibliothek Von wegen stilles Kämmerlein: Im Zeitalter der Digitalisierung sind Bibliotheken der perfekte Ort für Austausch, Innovation, Kreation und Integration. Sie werden zu einem Treffpunkt für engagierte Menschen, die die Räumlichkeiten für ihre Ideen nutzen und diese mit anderen teilen. Mit ihren Projekten verweisen sie auf die Möglichkeiten der Bibliothek von heute, transferieren wichtige gesellschaftliche Themen von der Theorie in die Praxis – und werden so zu echten »Bibliothekshelden«. Ein paar von ihnen stellen wir im Folgenden vor.

Bücher – und zwar für alle



Bibliotheksheld Jan Blüher und sein Einsatz für mehr Barrierefreiheit

Lesen können trotz Sehbehinderung: Jan Blüher, 39 Jahre alt, ist Informatiker und Gründer der Software-Firma visorApps. Er entwickelt Apps und Programme speziell für Menschen, die erblindet sind oder deren Sehvermögen stark beeinträchtigt ist. Der dreifache Familienvater ist selber blind und weiß deshalb ganz genau, welche Kriterien für die barrierefreie Nutzung von Computern und nutzerorientierter Software besonders relevant sind. Für die Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden (SLUB) hat er deren App auf Barrierefreiheit getestet und so optimiert, dass auch Blinde und Sehbehinderte mit ihrer Hilfe nun viel besser das Angebot der Einrichtung nutzen können. Damit eine App für blinde oder sehbehinderte Menschen zugänglich wird, muss sie bestimmte Bedingungen erfüllen, beispielsweise mit dem sogenannten Screenreader kompatibel sein. Dieses Programm liest die Inhalte vor, die auf dem Display eines Computers zu sehen sind. Im Fall der App der SLUB konnte Jan Blüher sie mit geringem Aufwand barrierefreier gestalten. Vom Grundprinzip her war ihr Aufbau bereits sehr gut, zusammen mit ihrem Entwickler musste er lediglich ein paar kleine Änderungen ihres Codes vornehmen. Durch Jan Blühers Hilfe können jetzt über den Online-Katalog der SLUB Bücher, Hörbücher und E-Books ausgeliehen

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oder Neuerscheinungen vom Fachbuch bis hin zum Roman gesucht werden. Der größte Vorteil ist, dass einige Medien vom Nutzer sofort heruntergeladen und genutzt werden können. Dadurch ist ein breites Angebot des Bibliotheksbestands auf direktem Wege von Zuhause aus abrufbar. Abgesehen von einigen Hörbüchern waren Bibliotheken bis vor Kurzem hauptsächlich mit gedruckten Büchern ausgestattet, die für Blinde und Sehbehinderte nur schwer oder gar nicht zugänglich waren. Für Jan Blüher spielt daher die Digitalisierung von Literatur eine immense Rolle: Durch sie kann prinzipiell der Zugang zu allen Büchern geschaffen werden. Generell sollten Systeme so ausgelegt werden, dass die wichtigsten Informationen auch für Blinde noch besser zugänglich gemacht werden. Dass dieser Prozess schnell vorangeht und dass es immer mehr Programme geben wird, die für jeden leicht zu bedienen sieht – das sind die Visionen des Bibliothekshelden Jan Blüher, an deren Umsetzung er ständig weiterarbeitet.

Jan Blüher im Lesesaal der SLUB Dresden. Foto: dbv/Thomas Meyer/Ostkreuz

LESESAAL MARKETING

Nadia Miloudi hilft bei der Integration von Flüchtlingen in der Münchner Stadtbibliothek. Foto: dbv/Thomas Meyer/Ostkreuz

Refugees welcome 

Bibliotheksheldin Nadia Miloudi und ihr Einsatz für eine gelungene Integration

Refugees welcome: Dass Bibliotheken ein großes Stück zur Integration von Menschen mit Migrationshintergrund beitragen können, zeigt die Heldengeschichte von Nadia Miloudi. Die zweifache Mutter ist diplomierte Informatikerin und hat zuletzt als Web-Programmiererin und Grafikdesignerin gearbeitet. Ihre Familie stammt aus Algerien und lebt seit 22 Jahren in Deutschland. Die Bibliothek als Einrichtung spielt bis heute eine große Rolle im Leben der Miloudis – und hat sich damals äußerst positiv auf das Ankommen der Familie in Deutschland ausgewirkt. Von Anfang an nutzten sie das riesige Angebot an Büchern und Filmen, veranstalteten Videoabende mit Freunden oder tauchten ein in die neusten Geschichten; besonders Nadia Miloudis kleine Tochter war eine richtige »Leseratte«, wie ihre Mutter sich liebevoll zurückerinnert. Darüber hinaus gab es eine große Menge an hilfreichem Lehrmaterial für die Schule oder Fachbücher für den Beruf. Ihre positiven Erfahrungen, die sie mit der Bibliothek als Bildungsort gesammelt hat, will Nadia Miloudi jetzt an Flüchtlinge weitergeben: Als Projektleiterin beim Verein »Asyl Plus« initiierte sie das Programm »Deutsch lernen am Computer« in der Münchner Stadtbibliothek. Zu diesem Zweck stehen unterschiedliche Lernprogramme zur Verfügung,

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die so genau wie möglich auf die Bedürfnisse der einzelnen Teilnehmer zugeschnitten sind. Es gibt Plattformen sowohl für Anfänger als auch für Fortgeschrittene, für Jugendliche oder Erwachsene – und das alles in über 50 Sprachen. Dank der großzügigen Sponsoren des Projekts »Reconnect“ von nethope.org verfügen die Münchner Bibliotheken derzeit über insgesamt 120 Chromebooks, die direkt vor Ort als Lerncomputer genutzt werden können. Gegen einen gültigen Bibliotheksausweis können sie auch ausgeliehen und allein genutzt werden. In fünf Stadtteilbibliotheken stehen ehrenamtliche Helfer wie Nadia Miloudi zur Verfügung. Sie weisen sie in die verschiedenen Lernplattformen ein, helfen ihnen bei der Bestimmung ihres Sprachniveaus und darüber hinaus auch mit komplizierten Dingen wie der Übersetzung von Amtsbriefen. Vor allem geben sie Menschen die Chance, sich ohne große Hürden dem Spracherwerb zu widmen.

Erste Erfolge und Blick in die Zukunft

Durch ihr Engagement haben Nadia Miloudi und ihre Mitstreiter bereits einige Erfolge zu verzeichnen: Einige Flüchtlinge haben dank des erfolgreich absolvierten Sprachlernprogramms Praktikums- oder sogar Arbeitsplätze bekommen. Für die Zukunft wünscht sich Nadia Miloudi, dass in den Regalen der Bibliotheken noch mehr Bücher und Filme in verschiedenen Sprachen stehen werden und dass ein Teil des Personals als Sprachvermittler fungiert, um Flüchtlingen den Zugang zu den verschiedenen Medien zu erleichtern. Dass »Deutsch lernen am Computer« allerdings bereits ein großer Schritt in die richtige Richtung ist, liegt auf der Hand – genau wie die Tatsache, dass Nadia Miloudi eben eine waschechte Bibliotheksheldin ist.

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LESESAAL MARKETING

Rami Al-Maskari studiert Wirtschaftsinformatik und gibt seine IT-Kenntnisse an Schüler weiter. Foto: dbv/Thomas Meyer/Ostkreuz

Computer verstehen lernen 

Bibliotheksheld Rami Al-Maskari bringt Schülern das Programmieren bei

So spricht mein Computer: Rami Al-Maskari studiert Wirtschaftsinformatik an der TU München und leitet in der Stadtbibliothek München Programmier-Kurse für Kinder und Jugendliche im Alter zwischen 8 und 18 Jahren. Schon von klein auf war der heute 22-Jährige begeistert vom Angebot des Jugendprogrammierer-Centrums München e.V. (JPCM e.V.) – und hat nun die Seiten gewechselt. Als ehrenamtlicher Lehrer will er der nächsten Generation etwas weitergeben, das ihn selbst schon als Kind interessiert hat: die Programmiersprache, das so genannte Coden. Die jungen Kursteilnehmer können sich kreativ austoben, indem sie Spiele selbst programmieren. Sie erfahren, wie man Verschlüsselungen herstellt und welche Werkzeuge sie für die unterschiedlichen Programme einsetzen müssen. Das macht ihnen nicht nur Spaß, sondern sie lernen etwas, das heute mit rasanter Geschwindigkeit immer mehr Bedeutung gewinnt – nämlich die »Sprache« von Computern zu verstehen.

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Die Stadtbibliothek am Gasteig stellt dem JPCM e.V. ihren Medienraum zur Verfügung und schafft damit die perfekten Bedingungen für den Programmier-Unterricht: Die Ausstattung bietet vom Internetzugang bis zum Beamer alles, was notwendig ist. Ein riesiges »Upgrade« für Rami Al-Maskari, der die Kurse vorher im Verwaltungsgebäude eines Fußballvereins gegeben hat. Darüber hinaus bekommen die Jugendlichen leicht einen Zugang zur Bibliothek, halten sich dort auch außerhalb der Programmierkurse auf und nutzen das vielfältige Angebot an unterschiedlichen Medien: So testen sie beispielsweise die neusten Playstation-Spiele auf der Update-Ebene des Standortes oder leihen sich Bücher und Videos aus.

Bilden und bilden lassen

Rami Al-Maskari verhilft seinen Kursteilnehmern zu einem Blick hinter die Kulissen, in diesem Fall hinter die Nutzeroberfläche von Computern. Er erfüllt damit einen wichtigen Bildungsauftrag und hat dabei zudem viel Spaß an der Arbeit mit den Jugendlichen. Sein Engagement kommt dabei auch ihm selbst zugute: Der immense Wissensdurst seiner Schüler veranlasst ihn dazu, sich konstant mit den aktuellsten Programmier-Trends zu befassen und ständig am Ball zu bleiben. So lernt auch er selbst ständig neues dazu und kann davon in seinem Studium profitieren – eine echte Win-Win-Situation für den Bibliothekshelden Rami Al-Maskari und seine Schüler.

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Politisches Engagement in der Bibliothek Svenja Sachau, Joshua Fechner und der Young Economic Summit

Wie sieht das perfekte Freihandelsabkommen aus? Mit dieser Frage beschäftigen sich die beiden 17-jährigen Svenja Sachau und Joshua Fechner. Sie sind Schüler der Alexander-von-Humboldt-Schule in Einfeld und nehmen teil am Young Economic Summit (YES!), einem Jugendprojekt des Global Economic Symposium. Ihre Informationen erhalten sie aus einer riesigen digitalen Ansammlung von Artikeln aus dem Bestand der Deutschen Zentralbibliothek für Wirtschaftswissenschaften (ZBW). Mit großer Genauigkeit durchforsten sie in der Kieler Niederlassung der ZBW Datenbanken wie EconBiz, suchen dort nach Texten über CETA, TTIP und Co. und arbeiten sich in die komplexe Materie der unterschiedlichen Freihandelsabkommen ein. Außerdem nutzen sie die Bibliothek, um sich regelmäßig mit ihrer Projektgruppe zu treffen, sich auszutauschen und gemeinsam die Grundlagen für ihre Abschlusspräsentation beim YES! zu erarbeiten. Das YES!-Projekt der ZBW dient dazu, jungen Leuten Informations- und Medienkompetenz zu vermitteln. Sie lernen, aktiv an der Lösung gesellschaftlicher Probleme

mitzuarbeiten und sich den aktuellen politischen Herausforderungen zu stellen. Svenja, Joshua und die anderen Teilnehmer bekommen in der ZBW umfangreiche Schulungen über die richtige Recherche in den Datenbanken; bei Fragen oder Problemen können sie sich jederzeit an die Mitarbeiter wenden. Gemeinsam mit Mentoren werden die Fortschritte des zu bearbeitenden Themas diskutiert, Experten geben Tipps und Impulse für neue Ansätze. So lernen die Jugendlichen innerhalb weniger Monate, wie man komplexe Fragestellungen durchdringt, sich kritisch mit Politik und Gesellschaft auseinandersetzt und eine fundierte Meinung bildet – und bekommen in der ZBW dabei Unterstützung jeglicher Art.

Von der ZBW ins Schleswig-Holsteinische Kabinett

Svenja und Joshua nehmen dieses Jahr bereits zum zweiten Mal am YES! teil. Sie freuen sich darauf, ihre Arbeitsergebnisse beim Abschlusstreffen zu präsentieren und mit den rund 400 anderen Teilnehmern zu diskutieren. Die besten Ansätze werden schließlich in einer Petition zusammengetragen und an zuständige Entscheidungsträger überreicht. Im letzten Jahr arbeiteten die Schüler im Anschluss an das YES! Vorschläge zur Flüchtlingsproblematik aus und schafften es damit bis in das Schleswig-Holsteinische Kabinett, wo sie dem Ministerpräsidenten ihre Ideen erläutern konnten. Svenja und Joshua sind Bibliothekshelden, weil sie mit ihrem Engagement aufzeigen, was mit einer Portion Eigeninitiative und den Möglichkeiten einer Bibliothek alles machbar ist. Und weil sie sich nicht nur um ihre eigene, sondern auch um die Zukunft der Gesellschaft Gedanken machen, in der sie erwachsen werden.

Svenja Sachau und Joshua Fechner bei der Recherche in der ZBW Kiel. Foto: dbv/Thomas Meyer/Ostkreuz

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LESESAAL BAU

e s i r B e h c in Deutschlands s i Fr nördlichster Bibliothek  Jan-Christian Sangkuhl

Sylt Bibliothek startet mit neuem Konzept in modernisierten Räumen / Extrem heterogene Kundschaft

Modern, hell, freundlich: Die Sylt Bibliothek wurde im Frühjahr renoviert. Fotos: Daniel Jäger, Gemeinde Sylt

Im Rahmen der Neupositionierung der Sylt Bibliothek wurde nach einem jahrzehntelangen Renovierungsstau im Frühjahr dieses Jahres die lang ersehnte Modernisierung durchgeführt. Den historischen Aufzeichnungen nach wird Büchereiarbeit in Westerland seit 1929 betrieben. Der jetzige Standort in der »Alten Post« in der Stephanstraße in Westerland besteht seit 1986. Die Modernisierungsplanungen liefen seit 2013 in Verbindung mit dem Wechsel der Trägerschaft von der Büchereizentrale Schleswig-Holstein zur Gemeinde Sylt und dem Leitungswechsel. Die Modernisierung wurde finanziert aus den Nachlassmitteln der Henner-Krogh-Stiftung. Dadurch entstand keine direkte Belastung des Gemeindehaushaltes, was maßgeblich zur 598

Investitionsbereitschaft in den politischen Gremien geführt hatte. Die Lobbyarbeit sowie die Realisierungs- und Entscheidungsfindung pro Modernisierung dauerte drei Jahre. Unter Einbeziehung des die Modernisierung befürwortenden Bürgermeisters und der Verwaltung sowie der politischen Gremien aus den Bereichen Kultur, Finanzen und Gemeindevertretung konnte dann im Februar 2016 mit der Maßnahme begonnen werden.

Neues Raumkonzept

Zum neuen Raumkonzept zählt, neben dem Hauptziel der Erhöhung der Aufenthaltsqualität und der Steigerung der

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LESESAAL BAU

Modern – hell – luftig Mit den Farben der Insel, von Grün über Türkis bis Blau und einem Akzent in Lila (Heide), wurde eine freundliche At­ mosphäre geschaffen. Unterschiedliche Wandmuster und -farben geben den verschiedenen Bereichen ihren eigenen Charakter. Ein grauer Boden und edle grauglimmernde Regale bie­ ten Neutralität und Ruhe. Ein kleiner Anteil Holz in Einzel­ möbeln sorgt dafür, dass die Atmosphäre nicht zu kühl wirkt.

Funktionalität, die Einrichtung von fünf Zonen: Arbeiten und Studieren, Lesen und Relaxen, Kinder- und Jugendbibliothek, Katalog und Auskunft, Internet. Zur Optimierung des vorhandenen Raumes ermöglicht die Modulbauweise des Regalsystems unter anderem Teile der auf Rollen befindlichen Regale für Lesungen und andere Veranstaltungen frei zu bewegen Dazu kommt ein völlig neu ausgerichteter Tresenbereich mit Front- und Backoffice-Arbeitsplätzen inklusive einer höhenverstellbaren Verbuchungstheke. Der Sozialraum wurde aus dem Keller ins Erdgeschoss umgelegt und zusammen mit dem Leitungsbüro modernisiert. Der Zielbestand des Büchereivereins Schleswig-Holstein für die Nutzungsfläche von rund 230 Quadratmetern entspricht 15 000 Medieneinheiten. Daher wurde während der Schließzeit über eine Inventur die veraltete Sach- und Unterhaltungsliteratur gelöscht. Insgesamt wurde in den letzten vier Jahren eine Bestandsreduktion um 50 Prozent von 30 000 auf 15 000 Medieneinheiten vollzogen.

Knuffige Sessel, runde fröhlich bunte Stühle und Hocker la­ den zum Verweilen ein. Auch das Licht haben wir völlig neu ausgerichtet. Die Be­ leuchtung unterstützt das Konzept, bringt viel Helligkeit, kennzeichnet Bereiche. Die Leuchten schweben unaufdring­ lich an der Decke. Es ist eine moderne, helle und luftige Bibliothek entstan­ den – mit unterschiedlichen Abteilungen, Rückzugsmög­ lichkeiten, Arbeitsplätzen, einer kleinen Kinderbücherei und ausreichend Platz für Bücher. Innenarchitektin, Catharine Greuel

Die Bausumme beträgt insgesamt 231 000 Euro, davon entfielen 131 000 Euro auf Elektro- und IT-Arbeiten sowie Baugewerke. Ins Mobiliar wurden 100 000 Euro investiert. Der Umbau dauerte 14 Wochen. Für eine emissionsarme Beleuchtung wurden Fördergelder durch das Bundesumweltministerium BMU/Projektträger Jülich in Höhe von rund 12 000 Euro beantragt und bewilligt. Davon wurde das neue Philips LED-Beleuchtungssystem mit Tageslichtsteuerung kofinanziert. Ferner wurde die Corporate Identity erneuert – weg von der »Kreishauptbücherei Westerland« hin zur »Sylt Bibliothek«.

Bibliothekspatin und Förderverein

Bibliothekspatin der Sylt Bibliothek ist Prof. Birgit Dankert. Sie stand während der gesamten Planungsphase mit Rat und Tat zur Seite (siehe hierzu auch den Info-Kasten). Die Sylt

Lokale Identität und Weltläufigkeit Eine zentrale Öffentliche Bibliothek auf Sylt, in bester Lage von Westerland – was für ein Unterfangen! Wie viel Inselge­ schichte, Tradition der deutschen Büchereien in Süd- und Nordschleswig, Identität der Inselbewohner und Touris­ mus-Marketing hängen daran; man könnte mehr als einen In­ selroman darüber schreiben: einen Krimi, einen historischen oder Liebesroman, eine Utopie! Was jetzt in Westerland durch eine Erbschaft und Förd­ ergelder, Engagement des Bücherei-Teams und stoisch ertra­ gene, klug eingebundene wechselnde Positionen der Kommu­ nalpolitik möglich wurde, verlangt Bewunderung und Respekt. Die ebenso funktionale wie attraktive Einrichtung, fern vom IKEA-Filialen-Look oder den Einheitslösungen am bibliothe­ karischen Neueinrichtungsfließband, braucht den Vergleich

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mit den anspruchsvollen Interieurs der Inselangebote nicht zu scheuen. Örtliche Architekten, Handwerker und Ideengeber waren beteiligt. Der Schulterschluss zwischen lokaler Identität und Weltläufigkeit – eine große Herausforderung für das gesamte Kultur-Angebot der Insel – ist gelungen. Dazu gehört der nicht unumstrittene Entschluss, Ernst mit dem zukunftstauglichen Programm der hybriden Bibliothek zu machen und auf große Teile der – statistisch nachweisbar – ungenutzten Buchbe­ stände zugunsten von Online-Angeboten zu verzichten. Lese­ förderung und Ferienschmöker gehören weiterhin zum Ange­ bot! Westerland zeigt, was viele Büchereien in den norddeut­ schen Ferienregionen noch vor sich haben. Prof. Birgit Dankert

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Bibliothek wird seit zehn Jahren in ideeller und finanzieller Form durch den Freundeskreis der Sylt Bibliothek e.V. unterstützt. Im Fundraising wurden vor Beginn der Modernisierung Partner und Freunde akquiriert, welche durch Sach- und Geldspenden die Ausgabenseite reduziert haben.

Die Herausforderung und die große Freude an dem insularen Standort ist es, den Bestand an die extrem heterogene Leserschaft von kleinen und großen Syltern sowie den Gästen aus aller Welt (vom Asylbewerber bis zum Milliardär) anzupassen.

Es gibt einen Sonderbestand für Blinde und sehbehinderte Menschen, welcher durch die Felix- und Ella-Scholz Stiftung unterstützt wird. Dazu sind DAISY-Lesegeräte im Verleih. Außerdem ist ein Sonderbestand für aktuelle und historische Sylt-Themen vorhanden. In Kooperation mit dem Sylter-Archiv werden hier lokale Spezialfragen beantwortet. Die Sylt Bibliothek nimmt seit 2014 an der »ONLEIHE zwischen den Meeren« teil. Es werden drei öffentliche PC-Arbeitsplätze, ein kostenloser WLAN-Hotspot inklusive Druck, Fax, Scan und Kopierservice vorgehalten.

Sylt Bibliothek Einwohnerzahl Gemeinde Sylt 18 900 Anschrift Sylt Bibliothek Stephanstr. 6b 25980 Sylt /OT Westerland Träger/Bauherr Gemeinde Sylt Leitung Jan-Christian Sangkuhl

Der Inselbibliothekar

Die Herausforderung und die große Freude an dem insularen Standort ist es, den Bestand an die extrem heterogene Leserschaft von kleinen und großen Syltern sowie den Gästen aus aller Welt (vom Asylbewerber bis zum Milliardär) anzupassen. Um das Bibliotheksprofil zu schärfen, werden bewusst nur bedingt die vielfältigen Wünsche und Strömungen bedient. Der Fokus des Bestandsaufbaus wird ganz klar auf die Kinder- und Jugendmedien, die Sylt-Literatur sowie auf die Belletristik gelegt. Die Kooperation mit Schulen und Kindergärten befindet sich im Aufbau. Die Bibliothek ist ferner der zentrale Informations- und Medienknotenpunkt in Westerland.

Fläche 231 Quadratmter Ausstattung ekz / Schulz Speyer / Voss Sylt Datenverarbeitung Fleischmann Kosten 231 000 Euro Planung/Architekt/Gestaltung Sangkuhl & Greuel, Sylt / van Laak BZ-SH Bestand 15 000 Medieneinheiten

Jan-Christian Sangkuhl ab­ solvierte sein Studium zum Diplom-Bibliothekar an der FH Hamburg (1994 bis 1998). Danach folgten Stationen bei den Hamburger Bücherhal­ len (Finkenwerder), beim TÜV Nord e.V. Hamburg, in der Bü­ cherei Kropp sowie schließ­ lich bei der Sylt Bibliothek.

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Etat 174 000 Euro Personal Inselbibliothekar, Assistenz & Schülerhilfen Öffnungszeiten Mo – Sa:10 – 13 Uhr Mo, Di, Do, Fr: 15 – 18 Uhr

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Romy Hilbrich, Christopher Landes

Erasmus für Bibliotheksbeschäftigte 

Internationale Fachaufenthalte an der Universitätsbibliothek der Freien Universität Berlin

Teilnehmenden angemessene Berücksichtigung finden, was einem Standard-Programm in aller Regel entgegensteht. So wurde seit über zehn Jahren an der Universitätsbibliothek der Freien Universität Berlin für Fachaufenthalte und Hospitanzen von Einzelpersonen jeweils ein mehrtägiges individuelles Programm zusammengestellt, bei dem die Teilnehmenden die jeweils für sie interessanten Struktureinheiten des Bibliothekssystems kennenlernen konnten. Finanziert wurden diese Aufenthalte in aller Regel über verschiedene Erasmus-Förderlinien wie Erasmus Life Long Learning, Erasmus+ Staff Mobility oder auch Erasmus Mundus. Die inhaltliche Gestaltung lag dabei in den Händen der Ausbildungsleitung der Universitätsbibliothek, die Ansprechpersonen in den jeweiligen Abteilungen organisierte und die Abläufe koordinierte. Durch die individuelle Programmgestaltung konnte auf die Interessen der Teilnehmenden eingegangen werden. Dieses Vorgehen erfordert jedoch vom jeweils beteiDie 20 teilnehmenden Bibliotheksmitarbeiterinnen und -mitarbeiter kamen aus zwölf verschiedenen Ländern. ligten Bibliothekspersonal FlexiFoto: Freie Universität Berlin bilität und auch die Bereitschaft,

Internationale Austausche sind für Bibliotheksmitarbeiterinnen und -mitarbeiter eine gewinnbringende Erfahrung und werden durch das Erasmus-Programm gefördert. Die Universitätsbibliothek der Freie Universität Berlin ist bei der Organisation bibliothekarischer Fachaufenthalte in diesem Jahr einen neuen Weg gegangen und hat diese in die »International Week« eingebunden. Dabei erwies sich die Umstellung der individuellen Aufenthalte hin zu einem Gruppenaufenthalt als ein erfolgreiches Konzept. Wenn Kolleginnen und Kollegen aus dem Ausland mehrtätige Fachaufenthalte in der eigenen Bibliothek anfragen, ist dies in aller Regel zunächst einmal positiv. Das Interesse des Fachkollegiums kann schließlich als Indiz dafür gelten, dass die Bibliothek als attraktive Einrichtung wahrgenommen wird. Gleichzeitig ist die Gestaltung derartiger individueller Fachaufenthalte ein anspruchsvolles wie auch aufwendiges Unterfangen. Schließlich sollen die jeweils spezifischen Informations- und Bildungsanliegen der 602

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Die stellvertretende Bibliotheksleiterin Andrea Tatai bei ihrem einfüh­ renden Vortrag über das Bibliothekssystem der Freien Universität Berlin. Foto: Freie Universität Berlin

diese zusätzliche Anforderung in den eigenen Arbeitsalltag zu integrieren. Dazu gehört die Fähigkeit, die eigenen Arbeitsthemen jeweils adressatenspezifisch aufzuarbeiten und diese gegebenenfalls auch in einer Fremdsprache, meistens Englisch, zu präsentieren. Vor dem Hintergrund eines erhöhten Arbeitsaufkommens vor allem im Zusammenhang mit der Implementierung des cloudbasierten Bibliothekssystems »Alma« ist die Universitätsbibliothek der FU Berlin im Jahr 2016 einen alternativen Weg bei der Organisation der Erasmus-geförderten Fachaufenthalte gegangen. Zielsetzung war es, weiterhin ein ansprechendes Programm anzubieten, welches angesichts der aktuellen zusätzlichen Anforderungen jedoch mit geringerem Aufwand bereitgestellt werden sollte.

mehreren Jahren organisiert wird, ist die »Erasmus+ International Week«. Im Rahmen dieser Veranstaltung können sich alljährlich nicht-wissenschaftliche Beschäftigte von europäischen Hochschulen für einen einwöchigen Aufenthalt an der FU Berlin bewerben. Jede Woche wurde bislang unter ein anderes Thema gestellt und richtete sich an eine bestimmte Zielgruppe wie beispielsweise Beschäftigte des Hochschulsports oder aktuell in diesem Jahr an International Affairs-Beschäftigte.

Ein besonders ansprechendes Angebot, das von der Abteilung Internationales seit mehreren Jahren organisiert wird, ist die »Erasmus+ International Week«.

Eine Einbindung der bibliothekarischen Fachaufenthalte in die International Week erschien in mehrfacher Hinsicht gewinnbringend: Zum einen wurden so die einzelnen Fachaufenthalte, die über das gesamte Jahr verteilt stattfanden, auf einen Zeitraum von fünf Tagen gebündelt, was die Beteiligten der Universitätsbibliothek für den Rest des Jahres von diesen Aufgaben entlastete. Darüber hinaus verfügte die Abteilung Internationales bereits über mehrjährige Erfahrungen bei der Gestaltung des Rahmenprogramms, das eine attraktive Ergänzung des bibliothekarischen Angebots darstellte und von den Teilnehmenden in Anspruch genommen werden konnte, ohne dass ein zusätzlicher Organisationsaufwand für die Universitätsbibliothek damit verbunden war. Nicht zuletzt schien es dem internationalen Austausch dienlich, sich statt mit Einzelpersonen mit einer Gruppe internationaler Teilnehmender zu

Ein erster Anknüpfungspunkt hierfür fand sich im Exzellenzmotto der Freien Universität Berlin, die sich als »Internationale Netzwerkuniversität« in besonderem Maße dem internationalen Austausch verpflichtet und hierfür eine entsprechende Infrastruktur aufgebaut hat. Diese bezieht sich nicht nur auf Studierende und wissenschaftliches Personal, sondern ebenso auf das wissenschaftsunterstützende Personal beispielsweise in Verwaltung und Bibliotheken. Ein besonders ansprechendes Angebot, das von der Abteilung Internationales seit BuB 68 10/2016

Zum einen wurden so die einzelnen Fachaufenthalte, die über das gesamte Jahr verteilt stattfanden, auf einen Zeitraum von fünf Tagen gebündelt.

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Bibliotheksthemen und Aspekten des Bibliothekssystems der Freien Universität Berlin auszutauschen.

Planung und Bewerbungsphase

Die Abteilung Internationales stand dieser Idee sehr aufgeschlossen gegenüber, sodass in diesem Jahr in der Erasmus+ International Week der FU Berlin erstmalig zwei Programmschienen angeboten wurden – »International Affairs: Enhancing Students and Staff Exchange« sowie »Library: Libraries in Motion – Structures and Services«. Von den insgesamt 90 Plätzen waren 20 für die Teilnehmenden des Bibliotheksprogramms reserviert.

Gerade die Unterschiede zwischen den beruflichen Funktionen der Teilnehmenden sowie den Organisationsweisen von Bibliotheken unterschiedlicher Länder bereicherten den Austausch und erwiesen sich als Vorteil für den Blick über den Tellerrand.

Das bibliothekarische Fachprogramm wurde von den AutorInnen im Rahmen ihres Bibliotheksreferendariats an der Freien Universität in Zusammenarbeit mit der Leitung der Universitätsbibliothek und der Ausbildungsleitung entworfen. Die spezielle Struktur und Entwicklung des Bibliothekssystems von einem zweischichtigen zu einem funktional einschichtigen System sowie die damit verbundenen Zentralisierungsprozesse bildeten einen inhaltlichen Kernpunkt des Programms. Daneben waren aktuelle Themen wie Forschungsdatenmanagement, Erwerbungsformen elektronischer Ressourcen und der Umstieg auf Alma wichtige Programmelemente. Als Veranstaltungsformat waren neben Vorträgen mit anschließender

Diskussion auch Bibliotheksführungen und Workshops in dem dreitägigen Fachprogramm vertreten. Eingerahmt wurde das Fachprogramm vom ersten und letzten Tag der International Week, die jeweils von Seiten der Abteilung Internationales bestritten wurden.

Für die Auswahlentscheidung war zunächst die Qualität des Motivationsschreibens relevant. Nach der Publikation des Programms durch die Abteilung Internationales trafen für den bibliothekarischen Teil 75 Bewerbungen ein, aus denen 20 Interessierte aus 12 Ländern ausgewählt wurden. Für die Auswahlentscheidung war zunächst die Qualität des Motivationsschreibens relevant. Darüber hinaus wurden länder- und sprachbezogene Kriterien angesetzt, um eine möglichst internationale Gruppe zu bilden. Außerdem wurde darauf Wert gelegt, Bibliotheksbeschäftigte einzuladen, deren Aufgabengebiete und Interessensschwerpunkte Anknüpfungspunkte mit dem Programm der International Week boten. Gerade die Unterschiede zwischen den beruflichen Funktionen der Teilnehmenden sowie den Organisationsweisen von Bibliotheken unterschiedlicher Länder bereicherten den Austausch und erwiesen sich als Vorteil für den Blick über den Tellerrand.

Umsetzung des Programms

Den Auftakt der International Week bildete eine Willkommensveranstaltung der Abteilung Internationales. Den Grußworten des für Internationales zuständigen Vizepräsidenten der Freien Universität Berlin folgte die Vorstellung der beteiligten Universitätseinrichtungen und des Organisationsteams. Die interaktiv gestaltete Kennenlernrunde schloss die Teilnehmenden beider Programmschienen – Bibliothek beziehungsweise International Affairs – mit ein. Ein gemeinsames Mittagessen und eine

Die teilnehmenden Bibliotheksmitarbeiterinnen und -mitarbeiter der International Week auf dem Campus der Freien Universität Berlin. Foto: Freie Universität Berlin

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Christopher Landes (Foto pri­ vat) ist promovierter Historiker und absolviert derzeit das Biblio­ theksreferendariat an der Freien Universität Berlin (Bibliothek Rechtswissenschaft).

Veranstaltung zu interkultureller Kommunikation sowie eine erste gemeinsame Freizeitaktivität rundeten das Programm des ersten Tages ab. Am folgenden Tag begann das dreitätige bibliothekarische Fachprogramm. Die einführenden Vorträge über das Bibliothekssystem der Freien Universität gaben den Teilnehmenden einen Überblick und ersten Einstieg in das Thema »Libraries in Motion – Structures and Services«. Die Gruppe zeigte besonders viel Interesse am gegenseitigen Austausch, und auch während der Vorträge, Bibliotheksbesichtigungen und des Workshops entstanden sehr schnell lebhafte Diskussionen zu den Gemeinsamkeiten und Unterschieden der jeweiligen Herkunftseinrichtungen. Obwohl bei der Planung des Programms bereits viel Zeit für den Austausch innerhalb der Gruppe eingeplant worden war, wurden viele Debatten in die Kaffee- und Mittagspausen hinein verlängert. Ein Teil der Nachmittage und Abende wurde dann wieder gemeinsam mit den anderen Teilnehmenden des International Affairs-Programms bestritten, bei einer gemeinsamen Bootsfahrt auf der Spree oder einer Walking-Tour durch Kreuzberg mit Biergartenbesuch.

Romy Hilbrich (Foto privat) ist Dip­ lom-Soziologin und absolviert der­ zeit das Bibliotheksreferendariat an der Freien Universität Berlin (Bi­ bliothek für Sozialwissenschaften und Osteuropastudien).

Week liegen auf der Hand. So ließ sich bei einem überschaubaren Organisationsaufwand ein breites und ansprechendes Fachprogramm erstellen. Gegenüber der Durchführung individueller Aufenthalte konnte auf diese Weise sogar ein inhaltlich breiteres Angebot auch im Hinblick auf das Rahmenprogramm realisiert werden. Die beteiligten Beschäftigten, die sich für Vorträge, Diskussionen, Workshops und Führungen zu Verfügung stellten, wurden auf diese Weise nur einmal in Anspruch genommen und sahen sich einem sehr interessierten und diskussionsfreudigen Publikum gegenüber. Schließlich gelang auch für das bibliothekarische Organisationsteam der Blick über den Tellerrand, da die Zusammenarbeit mit dem Team der Abteilung Internationales gleichermaßen neu wie gewinnbringend war.

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Die Rückmeldungen der Teilnehmenden zur International Week waren sehr positiv. Der letzte Tag der International Week fand für alle Teilnehmenden im Botanischen Garten statt, wo nach einer Führung und einem gemeinsamen Gruppenfoto eine Feedbackrunde durchgeführt wurde. Die Rückmeldungen der Teilnehmenden zur International Week waren sehr positiv. Die bibliothekarischen Kolleginnen und Kollegen schätzten neben der Organisation vor allem den Umstand als Teil einer internationalen Gruppe sich mit Kolleginnen und Kollegen anderer Bibliotheken austauschen zu können. Einige der Teilnehmenden hatten bereits individuelle Erasmus-Aufenthalte in anderen Bibliotheken absolviert und fanden die Organisation der Aufenthalte als Gruppe vor allem im Hinblick auf die Austausch- und Vernetzungsmöglichkeiten sehr begrüßenswert.

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Neu in 2016: - Bezahlen von Gebühren im OPAC

Vorteile durch Einbindung in die International Week

Auch aus der Perspektive der Universitätsbibliothek fällt die Bewertung der International Week durchweg positiv aus. Die Vorteile der Integration des Fachaustausches in die International BuB 68 10/2016

- Regelkonforme Umsetzung von „Resource Description and Access“ (RDA) |a|S|tec| GmbH Paul-Lincke-Ufer 7c 10999 Berlin

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LESESAAL LESEFÖRDERUNG

Christiane Bornett

Leseförderung digital genial 

Wie Tablets die Bibliothekspädagogik verändern / Tipps nicht nur für Bilderbuch-Apps

Kommt heute eine erste oder zweite Klasse zu einer Ersteinführung in eine Öffentliche Bibliothek, werden idealerweise nicht nur physische Medien wie Bücher, Filme und CDs vorgestellt, sondern die Kinder können mit Bilderbuch-Apps auch in der virtuellen Geschichten-Welt auf Entdeckungsreise gehen. Siebtklässler vergleichen in einem Recherche-Workshop nicht nur Informationen aus Sachbüchern mit Wikipedia, sondern drehen kleine Videoclips und gestalten Mini-E-Books. Digitale Endgeräte wie Smartphones und Tablets gehören selbstverständlich zur Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen, die Nutzung ist ihnen vertraut. Wollen die Öffentlichen Bibliotheken zu dieser alltäglichen Lebenswelt dazugehören, dann ist die Einbindung digitaler Medien in ihre Leseförderprogramme zwingend erforderlich. Der Einsatz von Tablet & Co sollte dabei nicht einem speziellen medienpädagogischen Zusatzprogramm vorbehalten, sondern ein möglicher Baustein in den regelmäßigen Bibliotheksveranstaltungen sein. Bibliothekarinnen und Bibliothekspädagogen erweitern damit ihren »Werkzeugkasten« und erhöhen die Eigenaktivität der Schülerinnen und Schüler. Nebenbei wird die Bibliothek als modern und innovativ wahrgenommen. Der »Coolness-Faktor« beispielsweise von iPads sollte nicht unterschätzt werden. Die Inhalte von Bibliothekseinführungen und Leseförderveranstaltungen verändern sich dabei grundsätzlich nicht: über Bilderbücher sprechen, mit Sachbüchern arbeiten, Märchen erzählen, Bibliotheksregeln lernen, Buchvorstellungen erarbeiten und Standorte von Medien in Bibliotheksräumen finden. 606

In Bibliotheksprogrammen für Kitas werden Bilderbuchgeschichten für die Sprachbildung genutzt. In der Regel werden dabei reale Gegenstände zum »Begreifen« für die Wortschatzarbeit eingesetzt. Tablet plus App können bereits bei dieser Zielgruppe eine ideale Ergänzung sein: Mit »Sound-Bingo« (Jumbo) oder einer Tiergeräusche-App kann die akustische Wahrnehmung geschärft und zugleich in eine Geschichte thematisch eingeführt werden.

Gemeinsames Spielen und Raten

Wichtig für die kleinen Zuhörer ist das gemeinsame Spielen und Raten, dafür wird nur ein Tablet gebraucht. Will man eine Bilderbuch-App, zum Beispiel die mehrfach preisgekrönte Fiete-App (Ahoii) vom kleinen Matrosen für eine größere Kindergruppe sichtbar machen, benötigt man einen Beamer. »Fiete« eignet sich wunderbar zum freien Erzählen und gemeinsamen Spielen – die Kinder dürfen abwechselnd etwas auf dem Tablet bewegen. Anschließend kann das Buch »Fiete: Die große Fahrt« vorgelesen werden. Ideal ist das Setting, wenn man über eine TV-Box verfügt, die das Signal über W-LAN kabellos an den Beamer sendet, so dass man das Tablet problemlos von Kind zu Kind weitergeben kann. Das Anschauen von Bilderbuch-Apps via Beamer als gemeinsames Erlebnis spielt auch in der ersten und zweiten Klasse noch eine große Rolle. Lässt sich der Text wahlweise einund ausblenden, kann entweder nur vorgelesen werden oder die Kinder können im Wechsel laut vorlesen als gemeinsame Lese-Aktion. Die Bilderbuch-App sollte man als Leseförderer sehr genau kennen, um die interaktiven Elemente gezielt für

LESESAAL LESEFÖRDERUNG

Interessiert und motiviert: Kinder spielen ein digitales interaktives Quiz in der Bibliothek. Foto: Verbund Öffentliche Bibliotheken Berlin / Barbara Dietl

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LESESAAL LESEFÖRDERUNG

ein gemeinsames Spiel einzusetzen oder durch Überspringen den Fortgang der Geschichte nicht zu stören. Auch ein »Anspielen« ist gut möglich, wenn die Kinder die Möglichkeit haben, nach dem gemeinsamen (Vor-)Lesen, beispielsweise zu zweit ein Tablet zu nutzen, um sich die Geschichte noch einmal anzusehen, zu hören und die interaktiven Elemente zu erleben. Für dieses Format sehr gut geeignet sind: »Die große Wörterfabrik« (Mixtvision) und alle Märchen-Apps von Carlsen.

Auch eine Sachbuch-Veranstaltung im Rahmen einer Bibliothekseinführung kann durch digitale Medien sehr gut ergänzt werden. Die Bilderbuch-App ist dabei stets nur einer von mehreren Bausteinen einer literarischen Veranstaltung. Zur »großen Wörterfabrik« werden ganz analog in den Bibliotheksbüchern Wörter zu bestimmten Kategorien gesucht, und Märcheninhalte können ganz klassisch mit Gegenständen, Bildkarten, Märchenbilderbüchern oder Rollenspielen erarbeitet werden. Auch eine Sachbuch-Veranstaltung im Rahmen einer Bibliothekseinführung kann durch digitale Medien sehr gut ergänzt werden. Nutzt man dafür zum Beispiel die Bände aus »Meine große Tierbibliothek« von Esslinger für Erstleser der zweiten Klasse kann der zusätzliche Einsatz der App »Kids World Atlas« (planetfactory) die Veranstaltung bereichern. In der (kostenfreien) App gibt es eine große Weltkarte mit Tierabbildungen, hinter denen sich steckbriefartige Infos zu den Tieren und kurze Videoclips verbergen. Es sind meist nur zwei bis drei Sätze zu lesen. Ebenso wie in den Sachbüchern finden die Kinder Informationen zu Größe, Lebensraum und Nahrung der Tiere. Haben die Kinder aus den Büchern und der App genug Informationen zusammengetragen, kann zum Abschluss gemeinsam das Quiz in der App gespielt werden. Teilt man die Gruppe in zwei Mannschaften auf, haben die Kinder sehr viel Spaß dabei, ihre gerade analog und digital erarbeiteten Informationen in einem Wettkampf einzusetzen. Es gibt einige Apps, die so zu klassischen Sachbuchthemen einsetzbar sind: zum Beispiel »Professor Astrokatz Universum ohne Grenzen« (minilabstudios) zum gleichnamigen sehr schön gestalteten Sachbuch aus dem Nord Süd Verlag. Auch hier geht es darum, Informationen zu sammeln, um sie dann zum Lösen von Quizfragen zu verwenden. In jedem Kinderbibliotheksbestand finden sich genügend Sachbücher zum Thema »Weltall«, die man bei einer Bibliothekseinführung zusammen mit der App einsetzen kann. Die grafische Gestaltung von »Professor Astrokatz« sowohl als Buch als auch in der App ist herausragend und ermöglicht ein Erlebnis für Schüler und Lehrer.

Kurze Dialoge und Mini-Geschichten

Für die Umsetzung von Geschichten und das kreative Erzählen gibt es verschiedene Apps (zum Beispiel »Story Wheel« für das mündliche Erzählen in der Gruppe). Besonders gut einsetzbar für Bibliothekszwecke ist »Puppet Pals« (Heber Sheffield), auch 608

Christiane Bornett ist Diplom-Bibliotheka­ rin und arbeitet in der Stadtbibliothek Ber­ lin-Reinickendorf als Koordinatorin für die Kinder- und Jugendbi­ bliotheksarbeit. Nach langjähriger Tätigkeit im Projekt »Kinder werden WortStark« der Stadt­ bibliothek Friedrichshain-Kreuzberg widmet sie sich seit zwei Jahren dem Schwerpunkt »Digitale Medien in der Leseförderung« und ist Moderatorin einer Arbeitsgruppe der Berliner Öffentlichen Bibliotheken zu diesem Thema. – Kontakt: [email protected]

schon für jüngere Schüler ab der zweiten oder dritten Klasse. Kurze Dialoge oder Mini-Geschichten können schnell in Szene gesetzt werden. Obwohl es die App nur in Englisch gibt, ist die Bedienung so intuitiv und selbsterklärend, dass die Kinder mit wenig Hilfestellung schnell eigene kleine Clips mit sich selbst als Hauptpersonen oder Figuren aus Büchern herstellen können. Das gemeinsame Anschauen der Clips an der Leinwand ist dann stets ein würdiger Abschluss. Thematische Einführung, das Vorlesen einer Geschichte und die Eigenaktivität der Kinder am Tablet plus Abschlussvorführung sind innerhalb einer 90-minütigen Bibliotheksveranstaltung möglich, die Integration digitaler Medien in regelmäßige Programme ist durchaus realisierbar.

Jeder Bibliothekspädagogin wird das Herz aufgehen, wenn sie einmal erlebt hat, wie begeistert und motiviert auch schwierigste Gruppen ein digitales interaktives Quiz spielen. Benötigt man als Bibliothekspädagoge gelegentlich noch Überzeugungskraft für den Einsatz von Tablets gegenüber Lehrern und Erziehern von Kita-Gruppen und Grundschulkindern, ist es bei älteren Schülern fast zwingend, die ihnen vertrauten Medien einzusetzen. Buchvorstellungen mit Selfies und Fotos vom Standort des Buches (App: »Moldiv«, Jellybus) oder das Drehen eines Videoclips (App: I-Movie, Apple) passend zu einer Recherche zum Thema »Youtube«, diese Programmpunkte begeistern auch leseferne Jugendliche. Sie sind außerdem ein idealer Einstieg in den Tablet-Einsatz, auch für die Kolleginnen und Kollegen, denen die Gestaltung von digitalen Rallyes zunächst noch zu aufwendig erscheint. Jeder Bibliothekspädagogin wird auf jeden Fall das Herz aufgehen, wenn sie einmal erlebt hat, wie begeistert und motiviert auch schwierigste Gruppen ein digitales interaktives Quiz (»kahoot.it«) spielen, in dem es um nichts anderes geht als um Ausleihbedingungen und Benutzungsformalitäten.

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MAGAZIN FACHLITERATUR

Arbeitsgruppen kritischer Bibliothekare  Ein internationaler Überblick

Kagan, Alfred: Progressive library organizations: A worldwide history. Jefferson, NC: MacFarland, 2015. VI, 300 Seiten: Illustrationen. ISBN 978-07864-6400-5 – Paperback, USD 55,–. Auch als E-Book erhältlich In der vorliegenden Publikation analysiert Alfred Kagan Organisationen und Arbeitsgruppen, die das Bibliothekswesen kritisch beeinflusst oder Einfluss auf gesellschaftliche Strukturen genommen haben. Dabei wird die historische Entwicklung dieser Organisationen beschrieben, wodurch Gründe für die Entstehung sowie Organisationsstrukturen ersichtlich werden.

Dichte Beschreibung der Organisationen

Erstmalig werden sieben Institutionen in einem Band beschrieben: Library and Information Workers Organisation (LIWO, Südafrika), Bibliothek i Samhälle (BIS, Schweden), Arbeitskreis kritischer BibliothekarInnen (Akribie, Deutschland), Arbeitskreis kritischer Bibliothekarinnen und Bibliothekare im Renner-Institut (KRIBIBI, Österreich), Information for Social Change (ISC, Großbritannien), Social Responsibilies Round Table of the American Library Association (SRRT, USA) sowie The Progressive Librarians Guild (PLG, USA). 610

Inhaltlich basiert das Buch neben persönlichen Erfahrungen des Autors sowie Literaturrecherchen und Archivrecherchen in den USA, Südafrika und den Niederlanden vor allem auf persönlichen Interviews, die der Autor in seinem Sabbatical im Jahr 2010 mit den Führern aller Organisationen führte. Der Autor ist Professor Emeritus für Library Administration und Bibliograf im Bereich African Studies an der University of Illinois in Urbana-Champaign. Er war langjähriges Mitglied bei SRRT und beteiligte sich im Council der American Library Association. Kagan war Gründungsmitglied der PLG, schrieb Artikel zum Apartheid-Boykott in Südafrika, wurde schließlich selbst Mitglied bei LIWO und beteiligte sich in der Social Responsibilities-Diskussionsgruppe der International Federation of Library Associations (IFLA). Kagan hat sein ursprüngliches Ziel, ein zusammenfassendes Kapitel zu schreiben, verworfen. Ziele, Programme und Projekte der einzelnen Organisationen – und letztendlich auch die Auswirkungen auf die jeweils nationale gesellschaftliche Entwicklung – sind zu unterschiedlich. Die Gründe hierfür liegen unter anderem in einer geringen Vernetzung der einzelnen Akteure und fehlendem Erfahrungsaustausch. Umso mehr versteht es der Autor, die Organisationen umfassend zu beschreiben sowie Einfluss und Bedeutung zu analysieren.

Fast ein Referenzwerk

Besonders hervorzuheben sind die umfangreichen Verzeichnisse am Ende jedes Kapitels, welche nicht nur die Quellenangaben umfassen. Neben einer Bibliografie werden Arbeitsgruppen, Programme und Aktivitäten jeder Organisation chronologisch aufgeführt. Darüber hinaus analysiert der Autor Zeitschriften, Programme und jeweils behandelte Themen, wodurch Schwerpunkte und Arbeitsfelder gut erkennbar werden. Dass kritische bibliothekarische Arbeitsgruppen heute eher ein Schattendasein fristen, lässt sich vermuten. Viele der ehemals jungen radikalen Gründungsmitglieder haben sich mittlerweile zur Ruhe gesetzt. Wer weiß schon, dass mit AKRIBIE eine deutsche Initiative bestand, die dann später in den aktuell noch tätigen Arbeitskreis Kritische Bibliothek (www.kribiblio.de) mündete? Kagan sieht den Bedarf junger Leute, sich zu engagieren und die Beteiligung in entsprechenden Netzwerken zu fördern, nach wie vor. Die vorliegende Publikation kann dafür ein hilfreicher Start sein. Ronny Sternecker

Anschrift des Rezensenten: Ronny Sternecker. – E-Mail: [email protected]

Neue Fachliteratur

Burkhardt, Joanna M.: Teaching Information Literacy Reframed: 50+ Framework-Based Exercises for Creating Information-Literate Learners. London: Facet Publishing, 2016. 160 Seiten. ISBN 9781783301638 – Paperback, GBP 49,95 Föderale Vielfalt – Globale Vernetzung: Digitalisierung in den Ländern und der Welt / HerausgeberIn: Ellen Euler; Paul Klimpel. Hamburg: Verlag der Staats-und Universitätsbibliothek Hamburg Carl von Ossietzky, 2016. 239 Seiten: Illustrationen. (Kulturelles Erbe in der digitalen Welt; 2) ISBN 978-3-943423-34-1 – Softcover, 14,90 EUR. Online unter http://dx.doi.org/10.15460/ddb.2.168

Forschungsdatenmanagement in den Sozial-, Verhaltens- und Wirtschaftswissenschaften: Orientierungshilfen für die Beantragung und Begutachtung datengenerierender und datennutzender Forschungsprojekte / Herausgeber: Rat für Sozial- und Wirtschaftsdaten. Berlin, 2016. 18 Seiten. Online zugänglich unter: http://www.ratswd.de/dl/RatSWD_Output3_Forschungsdatenmanagement.pdf

Handbuch Medien- und Informationsethik / Jessica Heesen (Herausgeberin). Stuttgart: Metzler, 2016. 378 Seiten. ISBN: 978-3-47602557-9 – Hardcover, 89,95 EUR. Auch als E-Book erhältlich Heidtfeld, Claudia: Nutzungsformen digitaler Spiele im Kontext öffentlicher Bibliotheken – Erstellung eines Konzepts zur Verknüpfung digitaler und analoger Spielstrategien. Hochschule Hannover, Fakultät III – Medien, Information und Design, Bachelorarbeit, 2016. – http://nbn-resolving.de/urn/resolver.pl?urn:nbn:de:bsz:960-opus4-8661

Marquez, Joe; Downey, Annie: Library Service Design: A LITA Guide to Holistic Assessment, Insight, and Improvement. Lanham, MD (u.a.): Rowman and Littlefield, 2016. 156 Seiten. ISBN 978-1-4422-6384-0 – Paperback, USD 42,–. Auch als E-Book erhältlich. Müller, Christiane: Bücher leihen Ideen teilen: Bibliotheken in der Sharing Economy. Berlin: Simon Verlag für Bibliothekswissen, 2016. 120 Seiten. (Bibliotheksforschung) ISBN: 9783945610336 – Softcover, 17,50 EUR Praxishandbuch Bibliotheksbau: Planung – Gestaltung – Betrieb / Herausgegeben von Petra Hauke; Klaus Ulrich Werner. Berlin (u.a.): De Gruyter Saur, 2016. XI, 528 Seiten. (De Gruyter Reference) ISBN 978-3-11-040313-8 – Gebunden, 99,95 EUR. Auch als E-Book erhältlich. Der Schritt zurück als Schritt nach vorn – Macht der Siegeszug des Open Access Bibliotheken arbeitslos?: 7. Konferenz der Zentralbib­ liothek, Forschungszentrum Jülich, 14.-16. Juni 2016; Proceedingsband / Bernhard Mittermaier (Herausgeber). Jülich: Forschungszen­ trum Jülich, 2016. – IV, 265 Seiten. (Schriften des Forschungszentrums Jülich: Reihe Bibliothek; 22) ISBN 978-3-95806-146-0 – Online unter http://juser.fz-juelich.de/record/810142/files/Bibliothek_22.pdf?version=1

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MAGAZIN FACHLITERATUR

Ein gutes Umfeld für Innovationen schaffen  Organisation und konkrete Methoden

Fingerle, Birgit Inken; Mumenthaler, Rudolf: Innovationsmanagement in Bibliotheken. Berlin: De Gruyter Saur, 2016. 176 Seiten: Illustrationen. (Praxiswissen) ISBN 978-3-11-033870-6 – Softcover, 49,95 EUR. Auch als E-Book erhältlich Die Bedeutung der Aufgabenstellung für Informationseinrichtungen, Neues anzustoßen und umzusetzen, als öffentliche Einrichtung mit der Zeit zu gehen, steht außer Frage. Die Relevanz wird unter anderem beim Bibliotheksportal deutlich, das dem Innovationsmanagement eine ganze Rubrik widmet.1 Das Thema ist Schwerpunkt von Bibliothekartagen und anderen Konferenzen, Arbeitsgruppen, eigens dafür angelegten Weblogs.

Einstieg in Innovation

Wenn man den überschaubaren Markt an deutschsprachigen Abhandlungen als Tour d‘Horizon zu diesem weiten Themenfeld für Informationseinrichtungen jeglicher Sparte betrachtet, muss man den Autoren dankbar sein, dass sie sich 612

an die systematische Aufarbeitung und schlüssige Dokumentation der Herausforderung Innovation gewagt haben. Das facettenreiche Werk stellt einen erzählerisch guten Einstieg zur Einstimmung auf das Vollbringen von neuem dar. Auch für Leser, denen einzelne Aspekte bereits vertraut sind, kann es ein anregendes und gut indexiertes Nachschlagewerk sein. Last but not least ist beiden Autoren zugute zu halten, dass sie einen persönlichen Bezug zum Geschriebenen haben, im übertragenen Sinne erklären jene das Fach Archäologie, die selber ausgraben. Dieser Erfahrungsschatz führte auch dazu, den wesentlichen Impetus des umfänglichen Buches nicht allein auf die Bestandteile von Innovationsmanagement zu legen, sondern darauf zu wirken, wie man KollegInnen als tragende Säulen aller Veränderung von Anfang an in diesen fortwährenden Prozess der Erneuerung einbindet und mitnimmt. Kritische Projektphasen und Misserfolge bleiben damit auch nicht ausgespart.

Breite Abhandlung des Themas

Es bleibt in diesem Handlungsleitfaden zur Innovation nichts außer Acht gelassen, von Innovationskultur, Kreativität, Change Management als gut bestelltem Acker bis hin zum organisatorischen Rüstzeug (Marktbeobachtung, Ideenmanagement, Arten von Innovation, Strategien) und hilfreichen Tools, wie Trendforschung und Projektmanagement. Konzentriert und fokussiert wird die Bibliothek als Einrichtung mit ihren spezifischen Eigenheiten reflektiert. Gerade die Einschübe von praktischen Situationen an anderen Bibliotheken (Bern, Zürich, Köln, Hamburg) geben plastisch nacherlebbare Beispiele und lockern den kurzweiligen Text neben Anreicherungen wie Zitaten, schematische

Abbildungen, Selbsttests und weitere Marginalien auf. Aber diese Einspielungen setzen auch provokante und zur Diskussion einladende Akzente. Mit Blick auf die Bayerische Staatsbibliothek in München, die für ihre Innovationen bekannt ist, resümiert überspitzt Klaus Ceynowa in einem Gastbeitrag (S. 64f.), dass weniger Schwarmintelligenz und betriebliches Vorschlagswesen innovationstreibend sind, sondern im Top-Down-Verfahren Priorisierungen vorgenommen werden. Als solche kann man gleichfalls die lessons learned aus der Privatwirtschaft – oft natürlich im technologieaffinen Unternehmerraum – sehen, die nicht den historischen Rückblick scheuen, wie am Beispiel des langwährenden Wettbewerbs zwischen Dampf- und Segelschiffen (S. 8f.). Hingewiesen sei zudem auf das sehr praktische und frei zugängliche Zusatzmaterial auf der Internetseite des Verlages2 zum Buchtitel mit Aufbereitung der Tabellen und Checklisten als pdf-Datei und noch praktischer editierbaren Excel-Tabellen. An wen richtet sich das ansprechend gestaltete Buch? Fühlt man sich in einer Runde, in der alles angesprochen werden darf, mit Ausnahme der Tabus Geld-, Personal- und Zeitmangel, ist dies genau der richtige handliche Ratgeber, will man zu neuen Ufern aufbrechen! Frank Seeliger 1 www.bibliotheksportal.de/themen/ marketing/strategisches-marketing/ innovationsmanagement.html 2 www.degruyter.com/view/ product/212678

Anschrift des Rezensenten: Frank Seeliger, Hochschulbibliothek der TH Wildau, Hochschulring 1, 15745 Wildau. E-Mail: [email protected]

AUS DEM BERUFSVERBAND LANDESGRUPPEN

Open Library – Bildungsfahrt in die dänische Praxis  Teil 1: Von der Waterkand nach Kopenhagen Kathrin Todt-Wolff und die Landesgruppe Sachsen-Anhalt des BIB hatte zum Thema »Open Library« eine Bildungsfahrt nach Dänemark organisiert, die es in sich hatte. Acht Tage im Juni standen für alle 35 Teilnehmenden, aus München bis Bremen, aus Stuttgart bis Schwerin, aus kleinen wie großen, Öffentlichen wie Wissenschaftlichen Bibliotheken, ein reichhaltiges und abwechslungsreiches Programm auf dem Plan. Begonnen wurde in Hamburg-Finkenwerder, einer kleinen Zweigstelle der Hamburger Öffentlichen Bücherhallen, die versuchsweise das dänische Konzept einer Open Library im Sinne einer personalunabhängigen Öffnungszeitenerweiterung umgesetzt hat. Dann ging es über die Grenze nach Apenrade/Aabenraa zur dortigen Zentralbücherei für die deutsche Minderheit in Nordschleswig. Anschließend wurde die Stadtbibliothek in Kolding besucht und deren Zweigstelle Kolding-Christiansfeld. Als nächstes Ziel standen die Staatsbibliothek und die Stadtbibliothek in Aarhus auf dem Programm. Am Tag darauf fuhren wir weiter nach Odense, um dort die Bibliothek der Süddänischen Universität zu besuchen. Daraufhin folgte Kopenhagen mit seiner Königlichen Bibliothek und die Zweigstelle Biblioteket Rentemestervej der Stadtbibliothek. Das Thema Open Library ist in Deutschland weniger für Wissenschaftliche Bibliotheken von Belang, von denen viele bereits eine 24-Stunden-Öffnung praktizieren. Bei Öffentlichen Bibliotheken jedoch, die in Deutschland nur allzu oft um ihre Berechtigung, um ihre ExisBuB 68 10/2016

Zwischenstopp in Dänemark, die Stadtbibliothek Kolding. Fotos: Eberhard Kusber

tenz, um ihre Personalausstattung, um ihr Medienbudget, um ihre Sachmittel kämpfen müssen, mag eine Ausweitung der Öffnungszeiten vielleicht grundsätzlich wünschenswert, in der alltäglichen Praxis aber – zumal aus der imaginierten Perspektive ihrer Träger – als ein geradezu lächerlicher Gedanke scheinen. Natürlich hilft in Dänemark das dortige Bibliotheksgesetz, das jeder Kommune das Betreiben einer Öffentlichen Bibliothek vorschreibt. Aber die Ausstattung ist gesetzlich nicht vorgeschrieben. Das obliegt der Kommune. Dass die Kommunen es aber nicht nur bei einer Bücherstube belassen wollen, sondern der Bibliothek eine zentrale kommunale Bildungsrolle zusprechen, ist keine Sache der gesetzlichen Grundlage, sondern des kulturellen Selbstverständnisses der Dänen. Das gilt für alle besuchten Öffentlichen Bibliotheken. Ebenso gilt für alle, es geht ausschließlich um eine Erweiterung

der Öffnungszeiten, nicht um eine generelle 24-Stunden-Öffnung, einerseits in den früheren Vormittag bzw. in den späteren Abend hinein. Und: Alle besuchten Bibliotheken waren mit elektronischer Einlass-Kontrolle, RFID-Technik, Überwachungskameras und Kassenautomat ausgestattet. Und: Das Open-Library-Prinzip war überall noch nicht so lange in der Praxis erprobt, so dass gewichtige statistische Vorher-/Nachher-Evaluationen vorgelegen hätten. Aber es war einhellig, dass keine Einrichtung auch nur daran denkt, ihre erweiterten Öffnungszeiten zurückzunehmen. Bewährt hat sich die Idee nämlich allemal.

Kolding

An der Ostküste Jütlands ist Kolding mit seinen ca. 92 000 Einwohnern und einer Hochschule ein lebendiges Oberzentrum. 613

AUS DEM BERUFSVERBAND LANDESGRUPPEN

In Aarhus, Dänemarks zweitgrößter Stadt, besuchte die Reisegruppe der BIB-Landesgruppe Sachsen-Anhalt das Dokk 1. Die 28 000 Quadrat­ meter fassende Bibliothek wurde von der IFLA zur Bibliothek des Jahres gewählt (siehe Beitrag Seite 554)

Die Stadtbibliothek ist Koldings größtes Kulturhaus: versteht sich als starker »key player« bei der Unterstützung der Stadt, dem individuellen Bürger zu Nutzen zu sein. Große Teile der gesamten außerschulischen Lernkultur sind hier kommunal versammelt: Kinder- und Jugend-Clubs, Autorenlesungen, Vorlese-Veranstaltungen Ausstellungen, Kinder-Theater, IT-Kurse, Baby-Treffs, Kultur-Café Musik-Veranstaltungen u.a.m. Dazu kommen großzügige Veranstaltungs- und Ausstellungsflächen, ein Konzertflügel, Hörsessel und halbrunde Film-Kabinen. Die Treffpunkt- und Drehscheiben-Funktion der Bibliothek wird hier aktiv von allen Beteiligten gelebt. Die Nutzer werden als Gäste betrachtet und entsprechend betreut. Der kreisrunde Info-Point-Schalter dient der Erstauskunft und ist ständig von mindestens einer Person besetzt. Permanent sind zwei Bibliothekare auf Achse, erkenntlich an einem Schlüsselbund und einer Weste in auffallender Farbe, die im Hause unschlüssig Suchende ansprechen, ihrerseits als Ansprechpartner zur Verfügung stehen, gleichzeitig auch in 614

dem großflächigen und weitverzweigten Haus eine Art Aufsicht ausüben. Ansonsten gibt es keine Auskunftsplätze mehr. Der Betrieb der RFID-Anlage inklusive Sortierung und Rückstellung der Medien, der Medienaustausch und transport zwischen den einzelnen Bibliothekseinrichtungen ist im Rahmen einer Public- Private- Partnership mit einem Sozial-Unternehmen, das auf dem Arbeitsmarkt schwer Vermittelbare in den Berufsprozess inkludiert, ausgelagert.

Aarhus

In Aarhus, Dänemarks zweitgrößter Stadt ist das spektakuläre DOKK1 beheimatet.1 Dieses Unikum ist nun nach zehn Jahren Planung seit ziemlich genau einem Jahr in Betrieb. Der Komplex an der Schnittstelle von Hafen und Altstadt umfasst eine Gesamt-Nutzungsfläche von 28 000 Quadratmetern auf drei Ebenen. Auf dem Dach sind 2 500 Quadratmeter Solarpaneele installiert. Gekühlt wird das Gebäude durch ein »seawater cooling

system«. Licht wird fast durchgängig über LED-Technik erzeugt. Der Moloch ist täglich geöffnet. Ein Info-Point an prominenter Stelle auf Level 1 ist von Mitarbeitern der Bibliothek und des Bürgerbüros gleichermaßen besetzt. Auf dieser Ebene sind auch die Hauptbibliothek, ein Café mit Außenbereich, Veranstaltungsräume, das Bürgerbüro, die Tourist-Information und das Organisationsbüro für das Projekt EU-Kulturhauptstadt untergebracht. Auf den Zwischenebenen zwischen Ebene 1 und 2 sind fünf unterschiedliche Makerspaces angelegt. Ebene 2 ist gut zur Hälfte von großflächigen Bibliotheksbereichen eingenommen. Dazu kommt das Stadtarchiv sowie die gesamte Technik- und Verwaltungsadministration. In Ebene 3 gibt es zahlreiche anmietbare Büroräume und eine Kantine für die im DOKK1 arbeitende Mitarbeiterschaft. Dazu zählen die ca. 130 Kollegen des Bürgeramtes, die Mitarbeiter des Kulturhauptstadt-Büros, ca. 80 bibliothekarische Mitarbeiter, ergänzt von über 40 Studierenden für die Betreuung der Sortieranlage.

AUS DEM BERUFSVERBAND LANDESGRUPPEN

Im gesamten Gebäude ist Wifi selbstverständlich, ebenso zahlreiche Drucker-, Kopier- und Scan-Geräte. Es gibt über 650 Sitz- und Arbeitsplätze, 68 öffentliche PCs, um die zwölf buch- bzw. vermietbare Projekt-, Studier-, Lehr-, Unterrichtsräume mit einem Fassungsvermögen bis zu 32 Personen, zwei Laboratorien mit Zugang zu fließendem Wasser, einen Stillraum für Mütter, 24 Toiletten und 160 Schließfächer. Im ersten Jahr nach der Eröffnung wurden 4 000 Besucher pro Tag und knapp 46 000 Ausleihen monatlich gezählt. Der Medienbestand liegt bei ca. 300 000, gut zwei Drittel davon Bücher. Pro Monat werden 80-100 Veranstaltungen absolviert. Vom Schreib-, Fotografier-, Kunst-, Malerei-, Zeichnen-, Grafik-, Mode-, 3D-Drucker-Programmier-, Elektrokleingeräte-Reparatur-, Experimentier-, Diskussions-, Hausaufgaben-, Fahrschul-, Formularausfüll- usw. Workshop wird alles aufgeboten, was die Fantasie hergibt. Nach zwei Stunden Führung ist man abgefüllt. Nichts geht mehr. Und man fragt sich: Was ist das eigentlich? Und die Antwort fällt schwer. Eine Umfrage unter den Mitreisenden ergab: Eine Bibliothek, soweit wir sie kennen bzw. was wir – auch mit viel Fantasie und Kreativität – darunter alles verstehen mögen, ist das jedenfalls nicht mehr. Ist das die Zukunft? Es scheint so. Die Vision ist gewöhnungsbedürftig. Die Zielgruppe sind sämtliche Bürger von Aarhus. Es herrscht reger Betrieb, wie in einem Kaufhaus. Vom Interesse her ist nahezu für jeden etwas dabei, jeglichen Alters, jeglicher Vorbildung, jeglicher Provenienz. Langeweile kommt hier schwerlich auf. Vielleicht liegt die Antwort in einem anderen Bildungsbegriff, der sich für Dänemark hier (wie auch anderenorts in den dortigen Bibliotheken) manifestiert. In Deutschland wird Bildung, insbesondere seitens der Politik und der Wirtschaft, in aller Regel mit formaler Ausbildung gleichgesetzt. Hier steht Bildung im Sinne einer umfassenden Persönlichkeitsbildung, einer »Alltagsleben-Bewältigungsförderung« und damit einer spürbaren Erhöhung der Lebensqualität im Vordergrund. Das mag den deutlichen Unterschied ausmachen. Und BuB 68 10/2016

der überwältigende Zuspruch, den diese Einrichtung bei den Bürgern von Aarhus findet, gibt den Machern Recht.

Kopenhagen-Rentemestervej

Diese drittgrößte Zweigstelle der Stadtbibliothek Kopenhagen versorgt mit drei weiteren kleineren Bibliotheken im Umkreis ein Einzugsgebiet von 70 000 Einwohnern. 50 000 davon sind Bezieher von Sozialhilfe, die meisten stammen aus Somalia, aus der Türkei, aus arabischsprachigen Ländern. Diese Stadtteilbibliothek existiert nun im fünften Jahr. Ihre anfänglich 13 Vollzeitstellen sind inzwischen auf 6,5 geschrumpft. Sie sind allerdings ergänzt durch Streetworker, Drogenberater, Sozialpädagogen und Kulturarbeiter. Die Einrichtung hat samstags geöffnet und wird durchgängig intensiv genutzt. Fachpersonal ist bis 19 Uhr anwesend, danach übernimmt ein Wachmann die Aufsicht und den Schließdienst. Auch diese Bibliothek hat in sich ein

Material auch einen finanziellen Beitrag leisten müssen: ca. 60 Euro pro Jahr, was für viele Nutzer bereits eine nicht zu nehmende Hürde darstellt. Alle diese Werkstätten und die Teilnehmenden werden von Ehrenamtlichen betreut. Die produzierten Werke werden in regelmäßigen Ausstellungen präsentiert. Daneben gibt es sozialpädagogische Unterstützung, Drogen- und Konfliktberatung. Ein großer Veranstaltungsraum in schwarzem Edelstahl gibt Platz für Feste, Partys, Konzerte. In einer Speakers‘ Corner kann man verbal Dampf ablassen. Und für die Sommerferien wird zusammen mit Partnern ein Programm angeboten, das sich sehen lassen kann: Fußball, Frisbee, Fechten, Basketball, Kreativitätswerkstatt, Breakdance, Hiphop, Rollenspiel, Kinder-Circus, Beach-Volleyball, Kick-Boxen, Trampolin-Springen, Theater-Tanz und anderes mehr. Was alle in dieser Bibliothek Tätigen leisten, ist exorbitant und nicht genug wertzuschätzen. Auch hier zeigt sich die gegenüber Deutschland abweichende Funktion einer Öffentlichen Bibliothek

Rentemestervej, drittgrößte Zweigstelle der Stadtbibliothek Kopenhagen.

Bürgeramt integriert. Es gibt eine Cafeteria mit günstigen Preisen, in der Ehrenamtliche und Nutzer Kuchen backen und bedienen. Es gibt verschiedene Werkstätten: ein Keramik-Studio, eine IT- und eine Malerei-Werkstatt, ein Textil-Studio, eine Druckwerkstatt, ein Foto-Studio, Die Angebote richten sich vorzugsweise an ältere Kinder und Jugendliche, die für das bereitgestellte und von ihnen genutzte

ganz deutlich: Die Bibliothek ist essentieller Bestandteil der Sozietät, ist Bildungs- und Lebenshilfezentrum für jeden Einzelnen. Vorbildhaft. Eberhard Kusber, Direktor der Erfurter Stadt- und Regionalbibliothek 1 Vgl. Knud Schulz, Die Bibliothek als innovative Bürgerplattform, in: BuB 04/2015, S.206-210

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AUS DEM BERUFSVERBAND LANDESGRUPPEN

Teil 2: Aarhus – Statsbiblioteket, State and University Library

Die Staats- und Universitätsbibliothek wurde 1902 gegründet. Nach einem Brand in Kopenhagen, dem bisherigen Hauptaufbewahrungsort für Medien aus der dänischen Verlagsproduktion wurde in Arhus aus sicherheitstechnischen Überlegungen heraus der zweite Standort für eine Pflichtexemplar-Bibliothek errichtet: Ab 1916 wird dort die gesamte nationale Zeitungsproduktion seit 1820 archiviert und für die Nachwelt aufbewahrt. Gleichzeitig erfüllt

elektronischer Medien müssen nicht in Eigenregie erfolgen, sondern werden gebündelt für das gesamte Land über eine zentrale Stelle, die DEFF (Danmarks Elektroniske Fag- og Forskningsbibliotek – Dänische elektronische Fach- und Forschungsbibliothek) abgewickelt. Das Aufgabenspektrum einer Nationalbibliothek wird arbeitsteilig mit der Königlichen Bibliothek in Kopenhagen umgesetzt: In beiden Einrichtungen wird jeweils ein Buchexemplar mit doppelter

Von außen ist die Staatsbibliothek in Aarhus kein besonderer Hinguscker, die Bibliothek setzt aber voll auf Nutzerzufriedenheit. Foto: Nils Jepsen /User:Nico-dk (https://commons. wikimedia.org/wiki/File:Aarhus_universitet.jpg), »Aarhus universitet«, https://creativecom­ mons.org/licenses/by-sa/3.0/legalcode

die Bibliothek aber auch den Anspruch, ein für die gesamte städtische Öffentlichkeit zugänglicher Ort zu sein. Seit den 30er-Jahren des 20 Jahrhunderts dient sie auch als Universitätsbibliothek für die neue Aarhus Universität – eine sogenannte Volluniversität. In den 1980er-Jahren kommt die nationale Musiksammlung sowie die Rundfunk- und TV-Sammlung dazu. Der Bestandsaufbau orientiert sich an den gesetzlichen und inhaltlichen Vorgaben und Richtlinien, sowie den Bedürfnissen des wissenschaftlichen Bereiches; Verhandlungen für die Lizensierung 616

Absicherung archiviert; jährlich kommen am Standort Aarhus in etwa 38 000 Pflichtexemplartitel hinzu. Zu dem arbeitsteilig wahrgenommen Hoheitsbereich gehört seit 2005 auch das gemeinsame Betreiben des sogenannten »Harvesting« der gesamten dänischen Netzproduktion.

Das Gebäude

Das Highlight der Besichtigung bildet der Aufstieg in den 18 Stockwerke umfassenden Bücherturm. Der 45 Meter hohe Turm des dänischen Architekten

C.F. Moeller fungiert als Magazinbereich, die Aufstellung der Printmedien folgt platzsparend nach Formaten und Zugangsdatum. Aufgrund des trotzdem akuten Platzmangels wurde in den letzten Jahren ein zusätzliches, außerhalb des Campus befindliches Depot vor allem für Zeitungen errichtet. Bei den seit den 90er-Jahren durchgeführten umfangreichen Modernisierungs- und Renovierungsmaßnahmen lieferten die präzisen Vorstellungen und Wünsche der Nutzerschaft die Vorgaben und Inspirationen für die Architekten: In der Bibliothek sollte der Wohlfühlcharakter im vollen Umfang umgesetzt und eine Rundumversorgung der Studierenden gewährleistet werden. So findet man im sogenannten Relax-Room vier Massagestühle zur kostenlosen Benutzung während der Lernpausen vor, eine große Anzahl an Gruppenarbeitsräumen stand in der Anforderungsliste der Studenten an oberster Stelle. Für einige Verwunderung sorgten bei der Besuchergruppe die am Eingang des Lesesaales platzierten, gut gefüllten Obstschalen, Vorräte an Ohrstöpseln sowie Wasserflaschen zur freien Verfügung. Eine Kantine mit angeschlossenem Café samt gut bestückter Zeitungsecke runden das Angebot ab. Erstaunte Blicke ernten die im neu gestalteten Untergeschoss aufgestellten Kicker für die Pausengestaltung, ein gut bestückter Bücherstuhl lädt die Studierenden zum Verweilen ein, voll ausgestattete Küchen mit Waschbecken, Kühlschrank und Mikrowellen bieten neben einer Kantine die Möglichkeit zur Selbstverpflegung. Die zusätzlichen Serviceleistungen umfassen auch voll ausgestattete Toilettenbereiche mit Duschen, Umkleiden und Schließfächern. Die Statsbiblioteket Aarhus veranschaulicht eingängig, wie wichtig die Einbeziehung der Studierenden, ihrer Bedürfnisse und Anforderungen ist und zeigt eine gelungene, nutzerfreundliche Umsetzungsmöglichkeit auf. Barbara Unterberger, Landesbibliothek Mecklenburg-Vorpommern,Schwerin

AUS DEM BERUFSVERBAND LANDESGRUPPEN

Teil 3: Odense – Syddansk Universitetsbibliotek

Bewerber bedeuten mehr Geld, weniger Bewerber entsprechend weniger. Mehr Abschlüsse in der Regelstudienzeit – mehr Geld, mehr Veröffentlichungen – mehr Geld usw., was sich natürlich auf die Mittelverteilung innerhalb der Universität auswirkt. Weitere Leistungskennzahlen sind die Unterstützung der Studierenden während des Studiums, das akademische Leben in der Universität und die Zahl der Stellenbesetzungen Der Campus in Odense ist in einem nach dem Studium. großflächigen Gebäudekomplex im SüDer Bestand beinhaltet die üblichen den der Stadt untergebracht und zeigt Medien einer Wissensich im Charme der 70er-Jahre. Der nüchDer Focus der Etatver­ schaftlichen Bibliothek. Wertvolle Sammterne Zweckbau mit wendung liegt auf den lungen wie »Danish gewollt angerosteter digitalen Medien. 90 Jazz archive«, die »HerFassade, der seit den Prozent des Budgets lufsholm Collections« 1960er-Jahren stänwerden für den Erwerb oder »The Karen Brahe dig erweitert wird, gleicht einer Stadt in von elektronischen Res­ Collection« ergänzen sourcen verwendet den Bestand. Die Bibder Stadt. liothek besitzt eine der Unabhängig der ersten Kopien der Gutenberg-Bibel, eine Witterung gelangt man trockenen Fußes Kopie des ersten Kochbuches des Erfinvon A nach B und mit dem Roller (oder ders der Sauce Bernaise und HollandFahrrad) auch in angemessener Zeit. aise und die erste Ausgabe der »Flora Wenn es um das »liebe« Geld geht, konDanica«. kurrieren die dänischen Universitäten Das Motto »Open Library« der diesunmittelbar miteinander. Die staatliche jährigen BIB-Fortbildungsreise der LanMittelzuweisung richtet sich nach mehdesgruppe Sachsen-Anhalt erfüllt die reren Indikatoren. Zum Beispiel: mehr Die Süddänische Universität (SDU), die in diesem Jahr ihren 50. Geburtstag feiert, bildet mit ihren sechs Standorten in Odense (Hauptcampus), Slagelse, Esbjerg, Kolding, Sonderburg und Kopenhagen die drittgrößte Universität Dänemarks. Sie hat fünf Fakultäten mit ca. 22 000 Studenten.

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Die Universitätsbibliothek versteht sich als der Lernort, der mit gut ausgestatteten Lernräumen eine motivierende Wirkung auf die Nutzer hat und den Lernenden zeigt, wie sie aus den akademischen und sozialen Interaktionen den größten Nutzen für ihre Zukunft ziehen können. Fotos: Manuela Röhner

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Die Syddansk Bibliothek in Odense: Tradition und Moderne ergänzen sich. 90 Prozent des Budgets werden für digitale Medien ausgegeben. Daher zieht es weniger Nutzer in die Bibliothek.

Bibliothek der Süddänischen Universität mit 24/7-Angeboten, nicht mit ausgeprägten Öffnungszeiten oder personal­ unabhängigen Benutzungszeiten, wie das bei den ÖB der Fall ist. Das verdeutlichen die Budgetverteilung und die Bibliotheksnutzung. Der Focus der Etatverwendung liegt auf den digitalen Medien. 90 Prozent des Budgets werden für den Erwerb von elektronischen Ressourcen verwendet – derzeit 103 500 E-Journals, 427 000 E-Books und 460 Datenbanken. 95 Prozent der Bibliotheksnutzung erfolgt digital. So verwundert es wenig, dass die Hauptbibliothek in Odense im Semester nur 57 Stunden pro Woche geöffnet hat und unsere Reisegruppe relativ wenig Nutzer sah. Nach zwei Jahrzehnten rasanten Technologiewechsels und steigenden Studierendenzahlen ist die Flexibilität bei der Gestaltung von Lernräumen unverzichtbar geworden.

Einen weiteren Aufgabenschwerpunkt sieht die Bibliothek in der Informations- und Medienkompetenz. Thomas Kaarsted, der stellvertretende Bibliotheksdirektor, sagt dazu: »Medienkompetenz ist die Fähigkeit, den Zugang zu Medien zu kennen, Medien zu analysieren, zu bewerten und neue Medien in verschiedenen Formen zu kreieren.«

Nach zwei Jahrzehnten rasan­ ten Technologiewechsels und steigenden Studierendenzah­ len ist die Flexibilität bei der Gestaltung von Lernräumen unverzichtbar geworden.

Telefon: 07121 / 3491-17 E-Mail: [email protected]

Manuela Röhner, Medizinische Zentralbibliothek Magdeburg

Der strategische Focus der Universitätsbibliothek liegt auf dem Aufbau von Partnerschaften nach innen und außen.

Ihre Ansprechpartnerinnen in der Geschäftsstelle

Katharina Schuster Buchhaltung / Mitgliederverwaltung

Zu den Zielgruppen der Bibliothek 2020 gehören die allgemeine Öffentlichkeit, einschließlich der Grundschulen und Gymnasien, staatliche, regionale und kommunale Einrichtungen, nationale und internationale Öffentliche und Wissenschaftlichen Bibliotheken. Die Strategie zieht neue Herausforderungen wie zum Beispiel die Vermittlung von Medien- und Informationskompetenz vor der universitären Ausbildung und die Qualifizierung des Personals im Hinblick auf neue Zielgruppen nach sich. Alles in Allem, eine Wissenschaftliche Bibliothek, die mit der Zeit geht.

Simone Armbruster Mitgliederverwaltung / Redaktionsassistenz

Telefon: 07121 / 3491-11 E-Mail: [email protected]

Impressum »Aus dem Berufsverband« Herausgeber: BIB – Berufsver­ band Information Bibliothek e. V., Postfach 13 24, 72703 Reutlingen www.bib-info.de Redaktion: Katrin Lück, Europa-Institut / Bib­ liothek Universität des Saarlandes, Postfach 151150, 66041 Saarbrücken Telefon: 0681 / 302-2543 E-Mail: [email protected] Redaktionsschluss für Verbandsmitteilungen BuB Heft 12/2016: 24. Oktober

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AUS DEM BERUFSVERBAND LANDESGRUPPEN

Kopenhagen – Der Schwarze Diamant – Staatsbibliothek – Universitätsbibliothek Der Schwarze Diamant zeigt sich dem Besucher von der Wasserseite her als ein kompakter schwarzer Block. Von Norden oder Süden her betrachtet fallen aber eher zwei Gebäudeteile auf, das alte von 1906 in Ziegelbauweise und das neue von 1999 mit Granit aus Simbabwe und großen Fensterfronten. Bei noch genauerem Hinsehen zeigt sich, dass zwischen beiden Gebäuden sogar noch ein dritter Teil erkennbar ist, der von außen ebenfalls schwarz eingekleidet wurde. Dieser erste Anbau stammt aus dem Jahr 1968 und ist dem dringenden Wunsch nach mehr Bürofläche geschuldet. Um nicht zwischen Ziegelstein und Granit herauszustechen, bekam er seine schwarze Hülle und die oberen zwei Stockwerke wurden als Metallskelette ergänzt, so dass er in der Höhe mit dem »Diamanten« gleichzieht und nach außen ein einheitliches Bild abgibt. Die äußere Zweiteilung der Königlichen Bibliothek spiegelt auch die innere Teilung in zwei Funktionsbereiche wieder: die Staatsbibliothek und die Universitätsbibliothek. Erstere sammelt ihrer Funktion nach dänische Literatur und Litera­ tur über Dänemark im weitesten Sinne, betreut das Nationale Fotomuseum, das dänische Buchmuseum und das Museum für Dänische Karikaturen und arbeitet die Pflichtexemplare ein. Die Universitätsbibliothek ist verantwortlich für ein stu­ dienrelevantes Portfolio aus Büchern und Zeitschriften in ge­ druckter und digitaler Form. Die Bibliothek verfügt trotz ihrer Größe über ein Außenmagazin in Amager, woher die Litera­ tur bestellt und innerhalb von sieben Stunden geliefert wer­ den kann. Sollte auf bestimmte digitale Zeitschriftentitel und Jahrgänge ein vertraglich abgesichertes Zugriffsrecht beste­ hen, so dürfen die gedruckten Bände makuliert werden. Das Innere der Bibliothek präsentiert sich dem Nut­ zer im Erdgeschoss als ein funktionales Zusammenspiel

Landegruppe Rheinland-Pfalz Vorstand im Amt bestätigt Die Landesgruppe Rheinland-Pfalz des Berufsverbands Information Bibliothek (BIB) hat gewählt. Die bisherigen Vorstände wurden im Amt bestätigt:

• Michaela Reinhard (Klaus Tschira Stiftung): 82 Stimmen

tolia

Reinhard war bereits von 2007 bis 2014 im Vorstand der Landesgruppe. Von den 274 Wahlberechtigten haben 104 ihre Stimme abgegeben. Bis Redaktionsschluss hat sich der neue Landesgruppenvorstand noch nicht zu seiner konstituierenden Sitzung getroffen. Den Vorsitz wird Carola Speicher übernehmen. red

nauta / Fo

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Darüber konnte die Landesgruppe ein weiteres Mitglied für den Landesgruppenvorstand gewinnen:

Foto: Arte

•Ramona Gabriel (Universitätsbibliothek Kaiserslautern): 89 • Iris Haffner (Universitätsbibliothek Kaiserslautern): 87 • Ralf Niemeyer (Pfälzischen Landesbibliothek Speyer): 96 • Carola Speicher (Universitätsbibliothek Mainz): 91

von Buchgeschäft mit zentraler Informationsstelle, Kaf­ fee, Ausstellungsflächen, Konzertsaal und Empfangsräu­ men, die auch an Unternehmen und Organisationen vermie­ tet werden können. In den Obergeschossen liegen die un­ terschiedlichen Lesesäle und der administrative Teil. Stein, Beton und Glas bestimmen das Bild. Im älteren Teil, der ein­ drückliche Jungendstilelemente zeigt, fallen Holz und Stahl als bevorzugte Baumaterialien auf. Die Bücherregale hängen in Stahlträgern, die für die Statik des Gebäudes unerläss­ lich sind. Übergänge und Umgänge in den einzelnen Etagen sind zum Teil aus Metallrippen gefertigt, so dass das Licht von oben her einfallen kann. Dieser Tatsache verdankten damals die dänischen Bibliothekarinnen das Zugeständ­ nis ihres Arbeitgebers, im Dienst Hosen tragen zu dürfen. Vor hundert Jahren noch eine kleine Sensation. Den älteren Gebäudeteil ziert auch der alte Zettelkatalog, der mit sei­ nen bis zu 200 Jahre alten Karten immer noch nicht ganz in ein digitales Format konvertiert wurde. Der alte Lesesaal ist ganz traditionell eingerichtet. Auch die Königliche Bibliothek blieb von Katastro­ phen nicht verschont. In den 70er- und 80er-Jahren wur­ den ca. 3 200 Bücher im Wert zwischen 150 und 300 Mio Kronen (ca. 22- 45 Millionen Euro) gestohlen. Erst 2003/04 konnte aufgeklärt werden, dass es sich um einen Mitar­ beiter handelte. Es war 1902, als die Königliche Bibliothek brannte. Als Konsequenz werden seither die Zweit- und Mehrfachexem­ plare des Pflichtbestandes nach Aarhus verbracht. Dort be­ kam die Königliche Bibliothek in der zweitgrößten Stadt Dä­ nemarks ein zweites Standbein und ihre Bestände werden gerne unter demselben Dach in der Universitätsbibliothek mitbenutzt. Beatrix Dudensing, SUB Göttingen

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AUS DEM BERUFSVERBAND LANDESGRUPPEN

Das A und O einer guten Stellenbeschreibung 

Stellenbeschreibung für Beschäftigte in Archiven, Bibliotheken und Dokumentationseinrichtungen – Tagesseminar der BIB-Landesgruppe Baden-Württemberg zusammen mit Ver.di

Im Juli fand das um einige Wochen wegen Unfall der Referentin Christa Walz verschobene Tagesseminar über Stellenbeschreibungen in Stuttgart bei Ver.di statt. Hanna Binder von Ver.di hieß die Gäste willkommen und Armi Roth-Bernstein von der Arbeitsgruppe für Beschäftigte in Archiven, Bibliotheken und Dokumentationseinrichtungen (ABD) und gleichzeitig Vorstand der BIB-Landesgruppe Baden-Württemberg begrüßte sie ebenfalls und sprach die Freude der Arbeitsgruppe über die neue VKA EGO aus: »Endlich sind wir die besonderen Bibliothekstarifmerkmale los!« Christa Walz führte zunächst assistiert durch die langjährige Stuttgarter Personalratsvorsitzende Iris Kräutl die Teilnehmerinnen durch das Dickicht der verschiedenen geltenden Tarifverträge und in die formalen Rechtsbegriffe ein. Auf einmal waren die meisten nicht mehr so sicher, ob ihnen tatsächlich die Tätigkeiten, die sie tagtäglich ausüben, jemals offiziell übertragen 620

worden sind. Sind doch viele – vor allem in den Öffentlichen Bibliotheken – aus Freude an der Sache stets bereit, neue Aufgaben zu übernehmen. Diese finden erst dann, wenn die Ergebnisse überzeugen, Eingang in die Stellenbeschreibungen, wenn überhaupt. Viele Kolleginnen verbringen sogar ein ganzes Berufsleben ohne eine Stellenbeschreibung. Spätestens aber, wenn sie besser eingruppiert werden möchten, ist diese unumgänglich. Damit alleine ist es natürlich nicht getan, aber ohne geht es gar nicht. Am Nachmittag verteilten sich die Teilnehmerinnen in verschiedene Kleingruppen, um sich jeweils an einer Stellenbeschreibung zu versuchen, die ihnen besonders auf den Nägeln brannte. Konkret arbeiteten sie sich ab an den Tätigkeiten einer Fachangestellten für Medien und Informationsdienste (FaMI), die Lektorate übernimmt und Klassenführungen macht. Besonders erhitzte die Gemüter eine Stellenbeschreibung einer Stellvertretung in einer größeren Mittelstadtbibliothek.

Über die Wertigkeit einzelner Aufgaben wie zum Beispiel die Personalentwicklung gingen die Ansichten ebenfalls auseinander. Überhaupt scheint die Funktion einer Stellvertretung ein sehr schwieriger Eingruppierungsfall zu sein, angefangen von der Frage, ob es sich um eine bloße Abwesenheitsvertretung oder eine ständige Stellvertretung handelt, was oft nicht geklärt ist. Alle Beispiele wurden hinterher eingesammelt, um mögliche Hinweise auf tatsächliche Personen zu vermeiden. Es ist aber andererseits klar, dass es bald erforderlich sein wird, Übereinkünfte nach der neuen VKA EGO zu entwickeln, damit nicht überall stets das Rad neu erfunden werden muss. Besonders erfreulich war, dass einige Teilnehmerinnen das Tagesseminar explizit besuchten, um Kenntnisse zu erwerben, mit denen sie erhoffen, für die eigenen Mitarbeiterinnen Höhergruppierungen zu erreichen. Armi Roth-Bernstein-Wiesner Vorstand Landesgruppe Baden-Württemberg

AUS DEM BERUFSVERBAND VORGEMERKT

Landesgruppe Niedersachsen/Bremen »Abschiede sind Tore in neue Welten« (Albert Einstein) Der im Juli neugewählte BIB-Landesgruppenvorstand Niedersachsen/Bremen mit Heike Kamp als Vorsitzender und Christa Meyer, Katrin Koball, Daniela Töllner und Andrea Beißner als Vorstandsmitglieder möchte auf diesem Wege der scheidenden, langjährigen Vorsitzenden der LG NDs/Bremen, Elke König-Gerdau (Stadtbibliothek Neustadt am Rbge) ganz herzlichen Dank sagen für die sehr gute, freundschaftliche und kommunikative Zusammenarbeit im Vorstand.

Nun wird Elke König-Gerdau nach zwölf Jahren Vorstandsarbeit neue Welten ohne die BIB-Vorstandsarbeit entdecken und der neu gewählte Vorstand macht sich mit seinen Mitgliedern auf in eine neue Welt voller Informationen, Neuigkeiten, Fortbildungen und Begegnungen. Elke König-Gerdau hat die Messlatte in den zwölf Jahren Vorstandsarbeit sehr hoch gelegt, denn sie war sehr aktiv in vielen Bereichen der Verbandsarbeit und hat, wie sie selber sagte »viel Freude dabei gehabt und immer auch viel dazu gelernt«. Wichtig war ihr der fachliche und oft persönliche Austausch mit Kolleginnen und Kollegen

auf landes- und bundesweiter Ebene. Es wird nicht leicht sein, diese Lücke zu schließen, aber der neue Landesgruppenvorstand wird sein Bestes geben, als Ansprechpartner für die LG-Mitglieder da zu sein und immer aktuelle Informationen und Angebote unter anderem in folgenden Bereichen zu bieten: Einsatz für ein modernes Berufsbild, Nachwuchsförderung, Gestaltung eines attraktiven Fortbildungsangebotes für Mitglieder aller bibliothekarischen Sparten und aller Altersgruppen, Vorträge, Besichtigungen und Netzwerken. Andrea Beißner, Vorstandsmitglied Landesgruppe Niedersachsen/Bremen

VorgeMERKT

Wer bei der Suche nach Gesetzestexten oder Urteilen an den Raum 367 im Rathaus verwiesen wird, ahnt vermutlich nicht, welch Kleinod ihn beim Betreten der Juristischen Bibliothek in München erwartet: ein Lesesaal aus der Zeit des Münchner floralen Jugendstils, entworfen vom Architekten des Neuen Rathauses Georg von Hauberrisser. Doch nicht nur Juristen, Beamten, Stadtangestellten und informationssuchenden Bürgerinnen und Bürgern ist die­ ser Ort ein Begriff, sondern auch Film- und Werbeschaf­ fende haben den prächtigen Lesesaal, der den architekto­ nischen Zeitgeist um die Wende zum 20. Jahrhundert atmet, für sich entdeckt. Und so dient der Raum immer wieder als Kulisse für Mode- und Promotionsaktionen verschiedenster namhafter Magazine. Selbstredend ist er als Ort für Lesun­ gen bestens geeignet und gibt Gelegenheit, Autorinnen und Autoren wie Asta Scheib, Friedrich Ani, Gert Heidenreich, Max Mannheimer, Frido Mann oder natürlich auch den ehe­ maligen Hausherrn Christian Ude live zu hören oder Veran­ staltungen des Krimifestes sowie der Verleihung des Aga­ tha-Christie-Preises beizuwohnen. Weitgehend unbemerkt gehen die Fotoshootings für Zeit­ schriften oder Kalender sowie Dreharbeiten für Dokumenta­ tionen (zum Beispiel für »Terra X«) und Interviews vonstat­ ten, da die Leiterin der Bibliothek großen Wert darauf legt, dass die täglichen Besucher und Besucherinnen nicht ge­ stört werden. Die künstlerischen Aktivitäten können sich nur außerhalb der Öffnungszeiten entfalten. Dies bedeutet zwar dann auch mal Nachtschichten für die Mitarbeiterinnen, die den Drehort beaufsichtigen, aber es ermöglicht interessante Begegnungen: So erkennt vielleicht

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der eingefleischte Cineast die Wendeltreppe aus »Caba­ ret« wieder, die Liza Minelli 1972 hinabtänzelt. Auf selbi­ ger sitzt 32 Jahre später Katja Riemann als Filmmutter von »Bibi Blocksberg« bei deren Suche nach dem sagenhaften Eulenstaub für ihre im Rollstuhl sitzende Freundin. Das Film­ team war von der Kulisse so begeistert, dass sie die Regale für einige Szenen mit aufwendigen Schreinerarbeiten in den Raum verlängerten, eine Drehtür einbauten, und so wird der Lesesaal fast zehn Filmminuten lang – welche mehrere Film­ tage bedeuten – wechselweise auch von Ulrich Noethen, Co­ rinna Harfouch und Edgar Selge aufgesucht. Es fanden Aufnahmen für die »SOKO München« statt. Das Motiv kam mit überschaubarem Equipment aus, anders als beim Dreh zum Kinofilm »Anatomie«, wo zwei Sattelschlep­ per die notwendige Ausstattung heranschafften und nachts mit Flutlicht von außen die Szenen taghell ausleuchteten. Aufgeführt ist der Lesesaal auch in »111 Orte, die man in München gesehen haben muss«, und bei den regelmä­ ßigen Rathausfüh­ rungen des Tou­ rismusbüros am Wochenende ist diese unscheinbar klingende Raum­ nummer natürlich ebenfalls ein fester Programmpunkt. Christa Waltenberg, Leiterin der Juristischen Bibliothek

Foto: Münchner Stadtbibliothek

Gibt es in der Juristischen Bibliothek Eulenstaub?

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SUMMARY

Summary More Than a Gigantic Crowd of VIPs / Why Librarians can Benefit from a Visit to the Frankfurt Book Fair Again This Year (Jan-Pieter Barbian)

Contours of The New Narrative / Self-Promotion Plays an Increasing Role at the Book Fair / Libraries as Pioneers of Relaxed Approach to Computer Games (Boris Hänßler)

Resourceful Digital Reading Promotion / How Tablets are Changing Library Pedagogy / Ideas For Picture Book Apps and More (Christiane Bornett)

(pp. 562– 564)

(pp. 566 – 571)

(pp. 606 – 608)

Rudolf Walter Leonhardt once described the Frankfurt Book Fair as the »trade show of sin­ cere infidelity.« With this barbed comment the long-time chief editor of the cultural sec­ tion of the German weekly »Die Zeit« wanted to point out that behind the scenes, beyond the public eye, there is one dominating factor: the lucrative business of publishing rights and licenses. And indeed nearly half of the professionals visiting the fair are associated with publishing, bookselling, or the printing industry. Visitors who attend the fair merely out of curiosity about the newest fall publi­ cations may feel left out. But the diversity of information, events and chances for making contacts are still quite unique. This year Flanders and the Netherlands will be the Guests of Honor at the Book Fair, which will be held from 19-23 October 2016. The most important publishers from Holland and Belgium will be represented. In the midst of all the bustle in the exhibition halls there will be book presentations, author readings, and award ceremonies on the program. Since 2005 the German Book Trade Association has presented the German Book Prize to the best German-language novel right at the begin­ ning of the fair. And since 1950 the trade as­ sociation has sponsored the Peace Prize of the German Book Trade, which is traditionally presented on the closing day of the book fair in Frankfurt‘s Church of St. Paul and attracts considerable attention in the media. The revolutionary changes in our world of media over the past three decades are also reflected in the developments of the Frank­ furt Book Fair. Non-print media made their first appearance at the fair in 1983, and since 1993 the segment of online-media has been continually expanding. Worth visiting is also the International Library Center (ILC), which the book fair organizes in conjunction with the Association Information Library (BIB).

Digitalization has led to changes of traditio­ nal roles. Bloggers trump critics, self-publis­ hing authors represent a challenge to esta­ blished publishers, video games have re-in­ vented story-telling, and algorithms may become replacements for book editors. In the past few years start-ups have produced many ideas which made our reading experi­ ence more enjoyable and convenient. The re­ venues from e-books sales seem to be stag­ nating, not due to fewer sales, but rather because self-publishing authors are encro­ aching on publisher‘s markets and because readers expect e-books to be noticeably che­ aper than printed books – two trends which publishers will need to respond to. But these are not the only issues that the book trade is struggling with. In the promo­ tion of what needs to be read through book recommendations, readers‘ communities, bloggers and, more recently, even Youtubers are playing an ever greater role. Podcasts and streamings of readings have taken their place alongside audiobooks. And now there is yet another trend: Video games have cast off their dirty reputation and innovative develo­ pers are employing literary role-models in or­ der to fill the gap in the e-book market: with a new form of cross-media storytelling. Out of all these developments publishers are most concerned about self-publishing. Upcoming authors still hope to get a cont­ ract with a publishing house and thus enter the mainstream book trade, but some go ins­ tead directly to e-books by their own choice in the hopes of higher financial rewards. This is made possible, on the one hand, on the con­ siderably higher cut of the sales, and, on the other hand, on being able to sell their books more cheaply, which is why readers are often willing to give unknown authors a chance.

When a first or second grade school class co­ mes to the public library for their first intro­ duction these days, there will be, ideally, not only a presentation of physical media such as books, films and CDs. Children will also be able to explore virtual story worlds with pic­ ture book apps. While attending a research workshop, seventh-graders will not only compare information from books with wiki­ pedia, but also create their own video clips and design miniature e-books. Digital de­ vices such as smart phones and tables are quite naturally a part of children‘s and young adults‘ world today. If public libraries want to be a part of their world, then it is essential to include digital media in their reading promo­ tion programs. The use of tablets and similar devices should not be reserved for special supple­ mental programs, but rather be one of the building blocks within the regular library events programming. Librarians and library pedagogues can thereby expand their „toolkits“ and raise the participation of pupils. As a result, the library will be perceived as mo­ dern and innovative. And the »coolness« fac­ tor of iPads, for example, should not be un­ derestimated. Yet the content of library introductions and reading promotion programs does not change fundamentally. It still includes talking about picture books, working with non-fic­ tion texts, telling fairy tales, learning the ru­ les of the library, developing book presenta­ tions, and finding one‘s way around the li­ brary. If library pedagogues still sometimes need to convince teachers and educators in pre-school and primary school to try out ta­ blets, it is nearly compulsory, when working with older students, to employ the media they are comfortable with.

Translated by Martha Baker

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RÉSUMÉ

Résumé Bien plus qu‘un rassemblement »people« (pp. 562 – 564) C‘était sous la désignation de « Foire des in­ fidélités affectueuses », que Rudolf Wal­ ter Leonhardt avait jadis caractérisé – et de façon mordante – la Foire du livre de Franc­ fort. Une manière de dire clairement, pour le chef des pages culturelles du journal heb­ domadaire Die Zeit qu‘au-delà des coulisses que le public peut entr‘apercevoir, c‘est bien de cela qu‘il s’agit : un commerce lucratif au­ tour des droits d‘auteur et des contrats de pu­ blication. En effet, près de la moitié des visi­ teurs sont des gens du métier, c‘est-à-dire du monde de l‘édition, de la librairie et de l‘impri­ merie. Raison pour laquelle ceux qui sincère­ ment se rendent là avec un véritable intérêt pour les nouveauté de la rentrée littéraire doi­ vent se sentir bien seuls. La multitude d‘infor­ mations, de conférences, de possibilités de se rencontrer est absolument unique. Du 19 au 23 octobre 2016, ce sont la Flandre et les Pays-Bas qui sont à l‘honneur en tant qu‘invités de la Foire du livre. Les plus importantes maisons d‘édition des PaysBas comme de Belgique y seront donc repré­ sentées. Au beau milieu de l‘agitation qui gag­ nera les espaces de la Foire seront organisées, comme l‘indique le programme, des présenta­ tions de publications, des lectures à voix haute par les auteurs et des remises de prix. Depuis 2005, le coup d‘envoi de la Foire est donné par le Cercle des bourses avec le grand Prix du livre allemand récompensant le meilleur roman en langue allemande. Le Prix de la Paix des Librai­ res allemands fondé également par le Cercle des bourses en 1950 est, lui, décerné traditi­ onnellement au cours de la journée de clôture de la Foire, dans la nef de l‘église Saint-Paul et contribue sensible ment à donner à l‘ouvrage une visibilité médiatique. La transformation médiatique pour ainsi dire révolutionnaire des trois dernières décen­ nies se reflète dans le développement qu‘a connu la Foire du livre de Francfort. C‘est en 1983 qu‘ont été présentés pour la première fois des supports audiovisuels et informa­ tiques. Depuis 1993, le domaine des médias en ligne a été de plus en plus étoffé et consolidé. De la même manière, le Centre interntional des bibliothèques (International Library Cen­ ter, ILC), organisé conjointement par la Foire et l‘Union professionnelle d‘Information et des Bibliothèques (Berufsverband Information Bi­ bliothek, BIB) méritera le détour.

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Contours d‘une nouvelle narration / Le rôle croissant de l’auto-diffusion à la Foire du livre / Les bibliothèques comme précurseurs d‘un usage plus souple des jeux vidéo. (Boris Hänßler)

Encourager à la lecture, à l‘heure digitale, c‘est génial (Christiane Bornett)

(pp. 566 – 571)

Aujourd‘hui si les enfants des classes de CP ou de CE1/CE2 viennent en bibliothèques pour une première présentation, ce ne sont pas seule­ ment des supports physiques comme les livres, les films ou les CD qui leur sont idéalement mon­ trés, mais également les applications de livres il­ lustrés permettant d‘accéder au monde des his­ toires virtuelles. Dans un atelier d‘apprentissage à la recherche, les élèves d‘une classe de 5e ne comparent pas seulement des informations provenant d‘ouvrages spécialisés avec Wikipé­ dia mais tournent aussi de courts clips vidéo et conçoivent de mini-livres électroniques. Les ou­ tils de mobilité numérique comme les télépho­ nes intelligents et les tablettes relèvent de toute évidence de l‘univers des enfants et des adole­ scents. Dans la mesure où les bibliothèques am­ bitionnent de participer à cet univers quotidien, il importe que les supports numériques soient impérativement intégrés aux programmes de médiation à la lecture. L‘usage des tablettes et autres outils du même acabit ne devrait pas faire l‘objet d‘une médiation spécifique à titre de programme complémentaire, mais bien être l‘une des pierres angulaires de la médiation courante en bibliothèque. Les professionnels des bib­ liothèques de même que les médiateurs élar­ gissent de la sorte leur boîte à outils et con­ tribuent à accroître l‘activité individuelle des élèves. De plus, la bibliothèque est comprise de cette façon comme un espace moderne et innovant. Le côté « cool » des iPads par ex­ emple ne devrait pas être minimisé. Les contenus des introductions aux ser­ vices des bibliothèques et des actions d‘en­ couragement à la lecture ne se modifient pas fondamentalement : parler de livres illustrés, travailler à l‘appui d‘ouvrages spécialisés, ra­ conter des histoires, apprendre les règles de la bibliothèques, concevoir la présentation d‘un livre, trouver les lieux destinés à tel ou tel sup­ port dans les espaces de la bibliothèque. En tant que médiateur en bibliothèque, si l‘on a besoin de force de conviction pour défendre l‘usage de tablette, parfois à rebours des ensei­ gnants et des éducateurs qui se consacrent aux enfants des maternelles ou des écoles primai­ res, il est incontournable de proposer aux élèves plus âgés les supports qui leur sont familiers.

Le virtuel a profondément modifié les fonc­ tions traditionnelles : ainsi les blogueurs ontils pris la place des critiques, les auto-éditeurs défient-ils les maisons d‘édition établies, les jeux vidéos réinventent-ils les narrations et des algorithmes remplacent-ils les lecteurs à voix haute. Au cours des dernières années, de toutes jeunes entreprises ont fait de multip­ les propositions pour nous offrir une expéri­ ence de lecture confortable à l‘ère numérique. Selon le monde de l‘édition, le chiffre d‘affaires correspondant à la vente de livres numériques stagne, cela n‘étant pas consécutif à des ven­ tes trop faibles de livres numériques mais aux parts de marché croissantes prises par les au­ to-éditeurs aux maisons d‘édition traditionnel­ les ainsi que dû aux lecteurs eux-mêmes qui attendent des prix d‘achat significativement plus bas que ceux des livres imprimés : dans l‘un et l‘autre cas, il s‘agit pour les éditeurs de faire face avec de nouvelles offres. Ce ne sont d‘ailleurs pas les deux seules questions dont la branche du livre est embar­ rassée actuellement. En matière de recom­ mandation des livres à lire, les communautés de lecteurs, les blogueurs et, désormais, les youtubeurs acquièrent un poids grandissant. A côté des livres audio, les lectures en pod­ cast ou en streaming se sont imposées. Et, en­ fin, il faut compter également avec une autre tendance : la mauvaise réputation du jeu vidéo s‘est effacée et des développeurs innovants se servent désormais de modèles littéraires pour créer ce qu‘il manquait jusqu‘alors sur le mar­ ché du livre électronique, c‘est-à-dire de nou­ velles formes de narrations trans-média. Toutes ces évolutions que portent les au­ to-éditeurs donnent du fil à retordre aux mai­ sons d‘édition traditionnelles. Certes, les au­ teurs débutants s‘efforcent encore d‘obtenir un contrat d‘édition pour parvenir en librairie mais d‘ici-là certains se dirigent volontairement vers le secteur du livre numérique, pour la simple et bonne raison que des revenus plus importants y sont promis. Cela tient en ce que d‘un côté la part réservée à l‘auteur est plus élevée au pro­ rata et d‘un autre côté le livre peut être vendu à un prix significativement moins élevé, ce qui explique que les lecteurs donnent aussi leur chance à des noms inconnus.

(pp. 606 – 608)

Traduit par David-Georges Picard

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STELLENANZEIGEN / KLEINANZEIGEN

Archivierung

Flexibel 5 %

zusammengestellt

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