DER SCHMERZ DER ANDEREN

DER SCHMERZ DER ANDEREN - ERFAHRUNGEN MIT SCHMERZ UND RISIKO IM ERSTEN KONTAKT MIT DEM PATIENTENMatthias Mengel Martina Woelk 6.Netzwerkkonferenz Ers...
Author: Astrid Boer
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DER SCHMERZ DER ANDEREN - ERFAHRUNGEN MIT SCHMERZ UND RISIKO IM ERSTEN KONTAKT MIT DEM PATIENTENMatthias Mengel Martina Woelk

6.Netzwerkkonferenz Ersteinschätzung

DER SCHMERZ DER ANDEREN Definition : Schmerz ist ein unangenehmes Sinnes- und Gefühlserlebnis, dass mit aktueller oder potentieller Gewebeschädigung verknüpft ist oder mit Begriffen einer solchen Schädigung beschrieben wird.

Internationale Gesellschaft zum Studium des Schmerzes (IASP)

6.Netzwerkkonferenz Ersteinschätzung Woelk/Mengel

DER SCHMERZ DER ANDEREN Schmerz ist subjektiv und individuell

Schmerz ist abhängig von Vorerfahrung

Schmerz ist abhängig von der Erziehung

Schmerz ist abhängig vom Alter Schmerz ist abhängig von der kulturellen Zugehörigkeit

Schmerz ist abhängig vom Geschlecht Angst erhöht den Schmerz

6.Netzwerkkonferenz Ersteinschätzung Woelk/Mengel

Schmerz ist abhängig von der Tageszeit

DER SCHMERZ DER ANDEREN

Mythen

 „Patienten, die gerade ein Schmerzmittel bekommen haben, haben keine Schmerzen mehr.“ Falsch!  „Durch Opiate wird man süchtig und das verkürzt die Lebenszeit“ Falsch!  „Patienten die gut gelaunt sind können keine Schmerzen haben.“ Falsch!  „Vor einer Schmerzbehandlung muss abgewartet werden bis der Patient Schmerz äußert.“ Falsch!  „Schmerzmittelgabe erschwert dem Arzt die Diagnosestellung.“ Falsch!

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DER SCHMERZ DER ANDEREN

Rechtliche Grundlagen

6.Netzwerkkonferenz Ersteinschätzung Woelk/Mengel

• Grundgesetz • Strafgesetzbuch • Sozialrecht • Ärztliche Berufsordnung

DER SCHMERZ DER ANDEREN Ein Großteil der Patienten hat Schmerzen

Situation in Rettungsstellen Oft gibt es kein Schmerzmanagement

Ohne Ersteinschätzung keine frühe Dokumentation

6.Netzwerkkonferenz Ersteinschätzung Woelk/Mengel

DER SCHMERZ DER ANDEREN Schmerzintensität bei der Ersteinschätzung 35% 30% 25% 20% 2009

2012

15% 10% 5% 0% 1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

Schmerzintensität 2009 (n=800) und 2012 (n= 473) Daten: Charité Rettungsstelle CBF

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DER SCHMERZ DER ANDEREN

Konsequenzen

6.Netzwerkkonferenz Ersteinschätzung Woelk/Mengel

Einführung eines Schmerzalgorithmus auf der Grundlage des „Nationalen Expertenstandards Schmerzmanagement“

DER SCHMERZ DER ANDEREN Bundesweiter Zusammenschluss von FachkollegInnen in der Pflege

Zielsetzung ist die Förderung der Pflegequalität auf der Basis von Praxis- und Expertenstandards in allen Einsatzfeldern der Pflege

Deutsches Netzwerk für Qualitätsentwicklung in der Pflege

Auseinandersetzung mit dem Thema Qualitätsentwicklung

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Wissenschaftliche Begleitung durch ein Team der FH Osnabrück

DER SCHMERZ DER ANDEREN

Transfer aktueller pflegewissenschaftlicher Erkenntnisse in die Praxis

Verbreitung von evidentem und handlungsrelevantem Wissen

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Ständige Qualitätsentwicklung und Qualitätssicherung

DER SCHMERZ DER ANDEREN Was bietet der Standard dem Patienten:  Zeitnahe Behandlung seiner Schmerzen  Weniger Funktionseinschränkung  Schnellere Mobilisation  Weniger Angst  Höhere Zufriedenheit

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DER SCHMERZ DER ANDEREN Was bietet der Standard dem Pflegepersonal:  Selbstständiges und zeitnahes Arbeiten  Unterstützung in der Ersteinschätzung  Rechtliche Absicherung durch systematische Schmerzerfassung und Dokumentation  Kontinuität in der Behandlung von Schmerz

6.Netzwerkkonferenz Ersteinschätzung Woelk/Mengel

DER SCHMERZ DER ANDEREN Verfahrensregeln zur Schmerztherapie in der Rettungsstelle Campus Benjamin Franklin, Charité- Universitätsmedizin Berlin: • Die Anwendung der Verfahrensregeln setzt die in der Rettungsstelle verbindliche Einschätzung durch das MTS voraus • Jeder Schmerz muss parallel differentialdiagnostisch untersucht und kausal behandelt werden, besonders der Thoraxschmerz • Substanzspezifische Allergien müssen nach Erstsichtung vor Gabe anamnestisch ausgeschlossen werden

• Bei Patienten mit Dauereinnahme von Opioiden, muss der Akutschmerzdienst mit informiert werden

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DER SCHMERZ DER ANDEREN Einschätzung der Schmerzintensität mittels standardisierter Skalen:

Kinder • Kindliche Unbehagens- und Schmerzskala (KUSS), 0-4 Jahre • Faces Pain Scale- Revised (FPS-R), ab 4 Jahre • Numerische Rangskala, ab 6 Jahre

Erwachsene • Numerische Rangskala (NRS) • Visuelle Analogskala (VAS) • Verbale Rating Skala (VRS)

Alte Menschen mit Kommunikationsstörungen oder Demenz • Beurteilung durch Pflege mit ALGOPLUS

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DER SCHMERZ DER ANDEREN Schmerzschema 1: Patienten mit Schmerzen der Intensität (>3 NRS) Problem

Aktiv

Oral

Parenteral

Bemerkungen

Basisanalgesie

Pflege

Metamizol 40° ≡ 1000mg

Paracetamol (Perfalgan®i.v.) 1000mg über ca. 10 Min

Nach 4-6 h Wiederholen

Ibuprofen 600mg Bei primärem Kopfschmerz 1g Paracetamol p.o., gleichzeitige Info des AvD

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Bei spastischen Schmerzen der glatten Muskulatur initial Metamizol 2,5g i.v.

DER SCHMERZ DER ANDEREN Schmerzschema 2: Patienten mit akuten starken Schmerzen (NRS≥7): sofortiges Handeln notwendig Problem

Aktiv

Oral

Parenteral

Bemerkungen

Anordnung ärztlich (nach erfolgter Basisanalgesie wie oben dargestellt

Pflege nur nach ausdrücklicher und individueller ärztlicher Anordnung

Immer i.v.

Morphin i.v. 2,5 mg-weise titrieren Titrationsschritte alle 10 Min

Ziel: NRS ≤ 4

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Vor Gabe von Morphin MCP 10 mg i.v.

DER SCHMERZ DER ANDEREN Schmerzschema 3: akute medikamentöse Schmerztherapie im Kindesalter bei Schmerzen niederer Intensität Problem

Aktiv

Oral/rektal

Parenteral (nur nach ärztl. Anordnung

Bemerkungen

Basisanalgesie

Pflege

Paracetamol

Paracetamol

Paracetamol

Startdosis -oral:15-20mg/kg -rektal:3545mg/kg Erhaltdosis (6-8 stdl.)

10mg/kg (ab 1. Lebensjahr zugelassen, als KI über 15 Min)

-zugelassen ab Säuglingsalter (ParacetamolüberDosierung ist die häufigste Ursache für Leberversagen bei Kindern)

Schmerzen niederer Intensität

Ibuprofen Startdosis -oral/rektal 10-15 mg/kg Erhaltdosis -oral/rektal 10mg/kg

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Ibuprofen -oral, zugelassen ab 3. Lebensmonat, rektal ab 2.Lebensjahr

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Behandlungsschema 4: Augenheilkunde Problem

Augentropfen

Basisanalgesie

Jeder Patient, der auf der NRS eine Schmerzintensität von mindestens 7 angibt, kann einmalig (!) von einer Pflegekraft lokal Kerakain AT erhalten, parallel: Verständigung des AvD

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DER SCHMERZ DER ANDEREN

Probleme bei der Umsetzung Erweiterbare Zu geringe Akzeptanz auf Aufklärung der Zu geringe ärztlicher und Patienten über die Kontrolle nach pflegerischer Seite Wirkung des Schmerzmittelgabe (Rotation auf ärztl. verabreichten Seite) Medikamentes

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DER SCHMERZ DER ANDEREN Schmerzintensitätsverteilung Bei der Aufnahme in die Rettungsstelle und nach Behandlung 20% 18% 16% 14% 12% Schmerzintensität bei Aufnahme Schmerzintensität nach Behandlung

10% 8% 6% 4% 2% 0%

NRS 0

1

2

3

4

6.Netzwerkkonferenz Ersteinschätzung Woelk/Mengel

5

6

7

8

9

10

DER SCHMERZ DER ANDEREN PATIENTENANTEIL, DER MIT EINER SCHMERZTHERAPIE VERSORGT WURDE

90,000% 80,000%

89,000%

SCHMERZMINDERUNG

4

80,000%

3,5

70,000%

3

60,000%

2,5

50,000%

Vor Einführung

40,000%

Nach Einführung

30,000%

2

Vor Einführung Nach Einführung

1,5 1

20,000% 0,5 10,000% 0 ,000%

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NRS7

DER SCHMERZ DER ANDEREN PATIENTEN MIT EINER SCHMERZMITTELGABE INNERHALB VON 5 MIN

PATIENTEN MIT EINER SCHMERZMITTELGABE INNERHALB VON 5-30 MIN

(NRS > 3)

(NRS > 3)

30,000%

28,205%

30,000% 25,641% 25,000%

25,000%

20,000%

15,000%

20,000%

20,000% Vor Einführung 12,500%

Nach Einführung

15,000%

10,000%

10,000%

5,000%

5,000%

,000%

,000%

6.Netzwerkkonferenz Ersteinschätzung Woelk/Mengel

Vor Einführung

Nach Einführung

DER SCHMERZ DER ANDEREN PATIENTEN MIT EINER SCHMERZMITTELGABE INNERHALB VON 30-60 MIN

PATIENTENGRUPPE MIT EINER SCHMERZMITTELGABE NACH 60 MIN

(NRS > 3)

(NRS > 3)

40,000%

40,000%

30,000%

35,000%

27,500%

25,000%

30,000%

20,513%

25,641%

20,000%

25,000% 20,000% 15,000%

Vor Einführung Nach Einführung

15,000%

10,000%

10,000% 5,000% ,000%

6.Netzwerkkonferenz Ersteinschätzung Woelk/Mengel

5,000%

,000%

Vor Einführung Nach Einführung

DER SCHMERZ DER ANDEREN 40,000%

38,235%

35,000% 30,000% 25,000% 20,000%

23,529% Vor Einführung Nach Einführung

15,000% 10,000% 5,000% ,000%

Patientengruppe mit NRS > 7 und einer Wartezeit von > 60 min auf eine Schmerztherapie

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DER SCHMERZ DER ANDEREN Pat nehmen nie ein Schmerzmittel

Pat kennen den Standard von MTS und wollen die Wartezeit verkürzen

10% der Pat mit hoher Schmerzintensität haben ein Schmerzmittel abgelehnt

Nur der Arzt darf Schmerzmittel verordnen

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Pat glauben, ohne Schmerzen kann der Arzt keine Diagnose stellen

DER SCHMERZ DER ANDEREN

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?

Welche Auswirkungen hat ein Schmerzbehandlungsstandard auf die Zweiteinschätzung?

? 6.Netzwerkkonferenz Ersteinschätzung Woelk/Mengel

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DER SCHMERZ DER ANDEREN Ziel:

Aber:

-Komforterhöhung für den Patienten durch frühzeitige Analgetikagabe -Angebot von Analgetika und Fürsorge verringern die Angst und damit den Schmerz -Positive Interaktion von Patient und Klinikpersonal durch Schmerzreduktion

Unter Ausschluss von erhöhtem Risiko

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DER SCHMERZ DER ANDEREN Wirkeintritt von Analgetika: Analgetikum

Wirkeintritt

Wirkdauer

Metamizol i.v.

20-30 min

4 Std.

Metamizol Trpf.

30-60 min

4 Std

Perfalgan i.v.

5-12 min

4-6 Std.

Ibuprofen Tbl.

30 min

6-8 Std.

Propracain Augentrpf.

Nach sec.

ca 20 min

Universitätsspital Basel, Spital- Pharmazie, 2010

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DER SCHMERZ DER ANDEREN Ein Patient mit stärkstem Kopfschmerzen (nicht akzeptable Risikoerhöhung) Kopfschmerz Stärkster Schmerz Orange NRS 8 1g Paracetamol p.o AvD informiert Kopfschmerz

Kopfschmerz

Mäßiger Schmerz NRS7 Jüngeres Problem NRS 4

Zweiteinschätzung

Gelb

10 min

Grün

30 min

90 min Wartezeit insgesamt: 130 min

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Erneute Einschätzung

DER SCHMERZ DER ANDEREN Der Nationale Expertenstandard Schmerzmanagement gibt vor:

Kontrolle nach i.v. Schmerzmedikation

30 min

Kontrolle nach Schmerzmedikation p.o.

60 min

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DER SCHMERZ DER ANDEREN  Eine Behandlungsdringlichkeit darf durch Analgetika nicht gesenkt werden (Thorax,- Abdominal- und Kopfschmerz)  Eine Risikoerhöhung für den Patienten darf nicht stattfinden Aber: Wie gehen wir mit dem Patienten um, der uns einen stärksten Schmerz bei einer minimalen Extremitätenverletzung angibt ???

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DER SCHMERZ DER ANDEREN Lösungsvorschläge:

Entwicklung von Standard Operating Procedures (SOPs)

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Neuer Indikator z.B. „Z.n. Schmerzmittelgabe“

DER SCHMERZ DER ANDEREN

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

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DER SCHMERZ DER ANDEREN Quellenangaben: Deutsche Gesellschaft zum Studium des Schmerzes. (2007). Schmerz in Deutschland, EthikCharta, abgerufen am 25.05.2012 von http://www.dgss.org/fileadmin/pdf/Ethik-Charta.lang_01.pdf Deutsches Netzwerk für Qualitätsentwicklung in der Pflege. (2005). Expertenstandard Schmerzmanagement in der Pflege bei akuten oder tumorbedingten Schmerzen, Osnabrück, Deutschland: Fachhochschule Osnabrück Krediet, J. (2008). Ist- Analyse der Schmerztherapie in der Rettungsstelle des CBF (Hausarbeit) Berlin, Deutschland: Klinik für Anästhesiologie und operative Intensivmedizin der medizinischen Fakultät der Charité- Universitätsmedizin Berlin Kreße, H. (2011). 100 Fragen zum Umgang mit Schmerz in der Pflege. Hannover: Schlütersche Verlagsgesellschaft mbH & Co KG Scheer, J. (2010). Die Schmerzbehandlung in der Rettungsstelle nach Einführung eines Schmerzprotokolls (Hausarbeit) Berlin, Deutschland: Klinik für Anästhesiologie der Med. Fakultät der CharitéUniversitätsmedizin Berlin 6.Netzwerkkonferenz Ersteinschätzung Woelk/Mengel