Der liebe Gott und das Leid

Der liebe Gott und das Leid Hiob Gottesdienst vom 29. März 2009, 9.30 Uhr in der ref. Kirche Affoltern am Albis Gebet (mit Worten von Hiob) Gott, ich...
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Der liebe Gott und das Leid Hiob

Gottesdienst vom 29. März 2009, 9.30 Uhr in der ref. Kirche Affoltern am Albis Gebet (mit Worten von Hiob) Gott, ich rüefe zu dir Aber du losisch nöd uf min Schrei Ich stan vor dir Aber du nimsch mi nöd wahr Du häsch di verwandlet, vom sägnende Fründ Zum zerstörende Find Dini Hand hebet mi nöd Si verletzt mi und laschted schwär uf mir Alli Stürm vom Läbe lasch uf mi abeprassle Das si miich vernichted ohni Rettig. Ja, ich weiss, de Tod isch s’Ziil. Aber jede, wo am versinke isch, streckt doch sini Hand us und schreit nach Hilf. Und isches nöd so, das de Mänsch, wo e schwäri Ziit dure macht brüelet oder de Chummer sini Seel verchrugled? Guets hani ghoft und Böses isch cho. Liecht hani erwarted und s‘Dunkel häd siich über miich gleit. Gott, ich rüefe zu dir Bitte los mer wenigschtens zue. Nachher bini still und wart uf dini Antwort Amen Lesung Hiobs Frömmigkeit und Glück 11 Im Lande Uz lebte ein Mann, der hiess Hiob. Und dieser Mann war schuldlos und aufrecht, er fürchtete Gott und mied das Böse. 2 Es wurden ihm sieben Söhne und drei Töchter geboren, 3 und er besass siebentausend Schafe und dreitausend Kamele, fünfhundert Joch Rinder und fünfhundert Eselinnen und viel Gesinde. So war dieser Mann grösser als alle anderen, die im Osten wohnten. 4 Seine Söhne aber pflegten Feste zu feiern, ein jeder in seinem Haus an einem besonderen Tag. Und sie schickten Boten zu ihren drei Schwestern und luden sie ein, damit auch sie mit ihnen essen und trinken.

5 Wenn dann die Tage des Gastmahls vorüber waren, sandte Hiob einen Priester zu ihnen und liess sie weihen, und brachte für jedes Kind ein Brandopfer dar. Denn Hiob dachte: Vielleicht haben meine Kinder gesündigt und Gott gelästert in ihrem Herzen. So handelte Hiob jedes Mal.

Predigt Teil 1 Liebi Gmeind Die Gschicht vom Hiob häds in siich. Si stellt es Gottesbild radikal in Frag. Es Gottesbild, wo damals, vor 2500 Jahr i de Chöpf vo de Mänsche fescht verankeret gsii isch und bis hüt nöd häd chöne usgrotted werde. Debii het grad die Gschicht vom Hiob en Wandel chöne in Gang setze. Ich weiss nöd öb’s de Hiob so gä häd, wien er i de Bible beschribe wird, ich weiss aber, dases unzählig vill Hiob’s i de Mänschheitsgschicht gä häd und git: Fraue und Manne, wo als Dank für es guets Läbe Unglück ernted. Chind, wo ohni Schuld gröschts Liide durläbed. Au scho vor 2500 Jahr isch das nöd andrscht gsii under de Mänsche. Und inere Wiisheitsschuel in Judäa händ zwei Lehrer mit ihrne Schüeler a dem Thema gschaffet. Die Frag nach em güetige Gott und em unschuldige Liide häd nämlich bewürkt, das immer meh jungi Mänsche de Glaube an en güetige Gott in Frag gstellt händ: Entweder gits kein Gott, oder er isch nöd güetig. Das isch de

Churzschluss, wo si gmacht händ. Und de genau gliich Churzschluss ghör ich immer wider au vo Mänsche hüt. Die zwei Wiisheitslehrer händ sich mit churze Schlüss nöd z’fride gä und sind drum mit ihrne Schüeler en Wäg gange, zäme mit em Hiob. Losed guet zue: Da isch en fromme und gottesfürchtige Ma, de Hiob. Er isch gsägnet vo Gott mit emene güetige Herz, mit sibe Söhn und drü Töchter. Sis Hab und Guet häd siich vermeert bis in e fascht unvorstellbari Grössi. De Riichtum häd aber sinere Güeti und Gottesfurcht kei Abbruch ta. Er häd Gott für alls Danke gseit und isch immer wider im Gebät für sini Chind iigstande und häd für allfälligi Sünde um Vergäbig bittet. Sowiit so guet, dän aber isch folgendes passiert. Innert chürzischter Ziit chunt ei schreckensbotschaft nach de andere uf de Hiob zue. Ebe, Hiobsbotschafte, wie mer si au hüt no nänned. Sini Herdene und sini Handelsgüeter falled Räuber und Naturkatastrofene zum Opfer und sini Chind werded dur en zerstörerische Wirbelstum im zämefallende Huus bim Fäschte begrabe. Alles wird am Hiob gno. Er fallt in Truur und schreit zum Himmel: Nackt bin ich us em Schoss vo miner Mueter uf die Wält cho und nackt wird ich wider die Wält verla. Gott häds gä und Gott häd’s wider gno. Aber das isch no nöd s’Ändi. De Hiob isch no gsund und häd Frau und Fründe. Zerscht wird er chrank. Sini Huut übersäät siich mit entzündende Ekzem. Siner Frau wird’s z’vill. Fluech uf Gott, wo eus das alles atuet, und stirb. De Hiob aber seit: S’Guete händ mir dankbar us de Händ vo Gott agno, und s’Böse selled mer jetzt nöd anä? Sini Beschte Fründe ghöred vo sim Unglück und chömed en go psueche. Uf em Wäg überlegged si siich guet, was das si am Hiob wänd säge, zum ihm z’hälfe. Ihr sind jetzt am Hiob sini Fründe: Was säged ihr im? Die Frag stelled die zwei Wiisheitslehrer ihrne Schüeler. Und ich stell si Ihne: Was würded sii am Hiob rate? Sell er sin Glaube an en guete Gott ufgä? Sell er Buess tue? Sell er Gott um Hilf bitte? Sell er die Schuld bekänne, wo all das Unglück verursacht häd? Predigt Teil 2 D’Schüeler i dere Wiisheitschuel händ Antworte pracht. Si sind im Hiobbuech drin als Ratschläg vom Hiob sine Fründe. Und zu jedere Red git de Hiob e Antwort. Insgesamt gönd d’Ratschläg i die richtig, das de Hiob sell in siich ga und ändlich zuegä, wo und wie das er siich versündiget häd. Dän Gott isch gerächt und sin strafend Hand handlet nöd ohni triftige Grund. De Hiob hingäge verteidiget sini Unschuld und will immer wider mit Gott vors Gricht. Er will sini Sach vor Gott bringe und e Bestätigung übercho, das all das Unglück unverschuldet über in cho isch. Verruckt, näbed all dene Schicksalsschläg wird am Hiob au no irgend e Schuld i d’Schue gschobe. Klar chönd siich dän alli andere d’Händ in Unschuld wäsche und säge: Die wo Liided, die sind halt sälber schuld an ihrem Liide.

Ganz am Schluss vom Hiobbuech bringed dän die Wiisheitslehrer ihrne Schüeler ihri Antwort uf all die Frage vom Hiob. Si sind als Gottesreede us em Tunnerwätter i de Bible drin z’finde. Und si sind volle vo Bilder und Vorstellige vo de damalige Ziit. Zäntriert uf ihre Chern und Übersetzt töneds öppe so: Wo bisch du gsii, Mänsch, wo ich die Erde gründet han? Wo bisch du gsii, wo ich d’Ordnig und d’Gsetz vom Universum bestimmt han? Wo bisch du gsii, wo ich uf dere Erde s’Läbe ermöglichet han und die gliichgwicht vo Werde und Verga igstellt han? Seisch du am Gämsi wie lang, das es sell trächtig sii? Erchlärsch du am Falk, wie er chan flüüge? Lehrsch du am Leu, wie er mues jage und de Gazälle, wie si siich chan rette. Häsch du e Anig über de Ursprung vom Läbe und weisch überhaupt wie vill verschideni Pflanze und was für e vielzahl vo Tier dases git? Und alli chönd läbe, well das Gliichgwicht funktioniert. Die eine läbed vo de Hiigab vom Andere und sälbst de Leu git siich am Läbe wider hii. Isch das e Antwort uf em Hiob sini Frag nach de Güeti vo Gott und em schuldlose Liide? Nöd würkl oder? Aber de Hiob merkt, das Gott wiit über sini Vorstelligschraft usgaat. Und sini Ordnig i dere Wält nöd mit eusere Vorstellig vo Belonig vom Guete und Bestrafig vom Böse chan bemässe werde. D’Gazäle isch ja au nöd Schuldig, wän si vom Leu grisse wird. Si isch eifach iipunde i die Chreisläuf vo werde und Verga, wo s’Läbe erscht möglich mached. Mer chan entsetzt oder mitfüülend trurig sii über de schmerzhafti Tod vo de Gazälle, aber mit Schuld oder Bestrafig häd das Liide nüüt z’tue. D’Läbenschraft vo Gott isch i de Ganzälle genauso wie im Leu. Und au de Leu stirbt einisch. A Hunger oder Erschöpfig. Wird gfrässe vo Hiäne und Geier, und zersetzt vo Mikroorganisme, das au die chönd Läbe. Und am Schluss hilft de Leu dur sini Hiigab am Gras i de Steppe, das das sich chan empfalte bises vo de Gazälle gfrässe wird. Die Chreisläuf vo Werde und Verga, vo Gab und Hiigab händ nüüt mit Verdient oder nöd Verdient und no weniger mit Schuld, Belohnig oder Bestrafig z’tue. Si chönd nöd mit de Kategorie Rächt und Unrächt bemässe werde. Es isch die inner Gsetzmässigkeit vom Läbe. Jedes Läbe isch uf Hiigab vo anderem Läbe agwise und jedes Läbe git siich letschtlich anerem Läbe hii. Die Schüeler i dere Wiisheitsschuel händ anhand vo de Hiobsgschicht glernt, das es z’churz griift, wän mer nach jedere Hiobsbotschaft a Gott zwiifled oder sini Güeti in Frag stelled. Er isch nöd eso i dere Wält, das er die böse Gazälle de Leue zum Frass vorwirft und die guete schützt. Gott isch i de Läbenschraft z‘sueche, wo immer wiiter gaat i dem Chreislauf vo werde und vergaa. Die göttlich Chraft isch im Gras, wo vo de Gazälle gfrässe wird, i de Gazälle, wo vom Leu gfrässe wird und im Leu, wo de Aasfrässer zum Läbe dient z’finde.

De Hiob häd also zumindescht uf sini Afrag Rächt übercho. Sis Unglück häd nüüt mit Schuld und Straf z’tue, nüüt mit Rächt oder Unrächt. Aber Gott verlüürt i dem Spiil doch a siner Güeti? Da griift die zweit Antwort vom Wiisheitslehrer. Ich will si no churz adüüte. Am Afang isch alles im Universum es grosses „Tohu wa Bohu“, es Durenand gsii. Keis Läbe isch möglich gsii, nur d’Geischtchraft vo Gott. Gott häd dur sini Hiigab i dem Durenand Ordnig gschaffe. S’Durenand häd er als Grundlag, als Material für s’Universum und für s’Läbe gno. Alles wachst us dem Durenand, well d’Geischtchraft vo Gott dur’s „Thohu wa Bohu“ strömt. Und alles, wo wachst chehrt einisch au wider zrugg, es wird wider vom Durenand verschlunge. S’biblische Bild defür isch de Chaosdrache. Gott setzt dem Drache sini Gränze. Er chan nöd alles uf ei mal verschlinge. Da gits en Läbensruum, wo siich immer wider Läbe entfalted, au und grad nach grosse Zerstörige und sälbst in ganz unwirtliche Gägende. Als Mänsch chasch du jetzt vorallem de Chaosdrache gsee, die Wahret, das immer wider Läbe zerstört wird und im Chaos versinkt, die Wahret, das mir verletzlich und vergänglich sind, iipunde in die Chreisläuf vo werde und verga. Us dem chasch dän schlüsse, das Gott nöd güetig isch. Als Mänsch chasch aber au uf s’ufblüehendi Läbe achte wo sälbscht in unwirtlichschte Gägende am Chaos s‘Dasi abringt. Und dän erchänsch, wie d’Güeti vo Gott gmeint isch. Er setzt am Chaos sini Gränze und schänkt am Läbe d’Chraft, demit siich s’Gsicht vo de Erde im Werde und Verga immer wider erneueret. De Hiob häd begriffe. D’Güeti vo Gott wird im ufblüehende Läbe Sichtbar, wie au i de oft schmerzliche Hiigab für neus Läbe. Gott isch vill grösser als de Hiob gmeint häd. Er isch kein Richter, wo belohnt und beschtraft, er schriibt sich is Läbe ine dur d’Hiigab vo siner Geischtchraft, immer wider neu. Er isch de Motor für de Läbenschreislauf. D’Schüeler vo dene Wiisheitsleerer händ die Lektion vom Hiob nur zum Teil begriffe. Irgend eine häd nämlich später dem Hiobbuech en billige Rahme gä, so das es am Schluss heisst, und em Hiob isch alles wider gschänkt worde, Gsundheit, Frau und Chind wie Hab und Guet. So bilig isch aber d’Güeti vo Gott nöd. Ich wet mit em Hiob lerne, uf s’Wunder vom ufblüehende Läbe z’achte ohni s’Liide us de Auge z’verlüüre. Ich wet mis Läbe in Dienscht vom Läbe stelle im Wüsse, das s’Liide und Hiigab zum Läbe ghöred, ohni Gott defür a’zklage. Und ich wett min Teil dezue biiträge, Liide z verringere, wo das möglich isch und au im Liide uf das Wunder vom Läbe z‘achte, wo d’Güeti vo Gott sichtbar macht, sini Hiigab as Läbe.

Gebet Gott Mir rüefed zu dir im Vertraue, das euses Rüefe siich nöd i de Unändlichkeit verlüürt. Mir rüefed zu dir i de Hoffnig, das euses Rüefe bi dir achunt. Mir bitted dich für Mänsche, wo erläbe müend, wi dunkli Wulche siich über ihne uftürmed. Schänk ihne s’Vertraue uf das Liecht, wo im Dunkle ufschiint. Mer bitted dich für Mänsche, wo sich vo dir und de Mitmänsche verla vorchömed. Schänk ihne mänschlichi Nächi und berüer du si mit diner wärmende und heilende Hand, demit s’Vertraue wachst, das du eus immer näch bisch. Mer bitted dich für Mänsche, wo de Muet verlore händ. Schänk ihne das Vertraue, das du nie loslasch und mir in dir Ufghobe sind im Läbe und im Sterbe. Mer bitted dich für Mänsche, wo im Innere nöd zur Rue chömed, las du si de tüüf gründeti Fride finde, wo im Innerschte vo eus allne steckt.

Mir bitted dich für Mänsche, wo verzwiifled und hadered mit ihrem Schicksal. Fang ihri Zwiifel uf i diner unändliche Geduld und weck s’Vertraue i die Wahret, wo alles Begriife überstiigt. Stille Zeit Oft verstönd mers nöd, dini Wäa Du aber weisch um eusi Wäg. Amen