Der Customer-Lifetime-Value

FACHHOCHSCHULE BRAUNSCHWEIG/WOLFENBÜTTEL Formatiert: Schriftart: Gelöscht: BRAUSCHW Karl-Scharfenberg-Fakultät Salzgitter Verkehr–Sport–Tourismus–M...
Author: Edith Fuhrmann
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FACHHOCHSCHULE BRAUNSCHWEIG/WOLFENBÜTTEL

Formatiert: Schriftart:

Gelöscht: BRAUSCHW

Karl-Scharfenberg-Fakultät Salzgitter Verkehr–Sport–Tourismus–Medien

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Veröffentlichte Version der Diplomarbeit zum Thema:

Der Customer-Lifetime-Value Theorie und Praxis am Beispiel des Volkswagen Club

eingereicht bei

Prof. Dr. Heinz-Dieter Quack Dipl.-Betriebswirt (BA) Theresa Grimm

von

Patricia Kuhn Im Kleinen Feld 104 38304 Wolfenbüttel Matrikel-Nummer: 9885598 Wolfenbüttel, 24.03.2006

Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis ....................................................................................................................... II Abbildungsverzeichnis.............................................................................................................. III 1.

Einleitung und Einführung in die Problemstellung .................................................... 1

1.1

Die Notwendigkeit der Kundenbewertung im Beziehungsmarketing............................... 1

1.2

Zielsetzung und Vorgehensweise der Arbeit ................................................................... 2

2.

Der Kundenwert als Steuerungsgröße des Customer-Lifetime-Value ..................... 3

2.1

Der Kundenwert als Zielgröße im wertorientierten Marketing.......................................... 3

2.2

Der Umsatz und Kundenerfolg als Bestimmungsfaktor des Kundenwertes .................... 7

2.3

Der Referenzwert als Bestimmungsfaktor des Kundenwertes ........................................ 8

2.4

Der Informationswert als Bestimmungsfaktor des Kundenwertes ................................. 10

2.5

Der Cross Selling-Wert als Bestimmungsfaktor des Kundenwertes.............................. 12

3.

Der Customer-Lifetime-Value ..................................................................................... 13

3.1

Definition Customer-Lifetime-Value ............................................................................... 14

3.2

Die Kernelemente des Customer- Lifetime- Value ........................................................ 15

3.3

Der Kundenbeziehungslebenszyklus............................................................................. 16

3.4

Kalkulation zum Customer-Lifetime-Value..................................................................... 18

3.5

Analyse des Customer-Lifetime-Value........................................................................... 21

3.5.1

Erfolgsauswirkungen der Determinanten des Customer-Lifetime-Value....................... 21

3.5.2

Potenzial zur Steigerung des Umsatzes ........................................................................ 22

3.5.3

Potenzial zur Senkung der Kosten................................................................................. 22

3.5.4

Potenzial zur Verlängerung der Kundendauer............................................................... 23

3.6

Kritik am Customer-Lifetime-Value Ansatz .................................................................... 23

4.

Fazit ............................................................................................................................... 26

Literaturverzeichnis .................................................................................................................. 27 Eidesstattliche Erklärung ......................................................................................................... 29

II

Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Bestimmungsfaktoren des Kundenwertes ............................................................... 6 Abbildung 2: Kundenwert-Modell .................................................................................................. 7 Abbildung 3: Das Referenzwert-Modell ........................................................................................ 9 Abbildung 4: Customer Lifetime Value........................................................................................ 19 Abbildung 5 : Umfassende Berechnungsformel für den Customer Lifetime Value........................................................................................ 20 Abbildung 6: Vereinfachte Formel zum Customer Lifetime Value .............................................. 21 Abbildung 7: Loyalitätstreppe und Kundenwert .......................................................................... 24

III

1.

Einleitung und Einführung in die Problemstellung

Im einleitenden ersten Kapitel erfolgt ein Prolog zur Problemstellung resp. den Herausforderungen einer wertorientierten Unternehmensführung im Sinne einer dynamisierten Kundenwertbetrachtung. Der Customer-Lifetime-Value als angewandter Ansatz zur Kundenwertanalyse im Beziehungsmarketing stellt dabei die Grundlage zur Identifikation der kundenbezogenen Wertsteigerungs-potenziale dar. Des Weiteren wird die Zielsetzung und Vorgehensweise der Arbeit aufgezeigt.

1.1

Die Notwendigkeit der Kundenbewertung im Beziehungsmarketing

Nachdem bereits Peters und Waterman in den achtziger Jahren des vorangegangenen Jahrhunderts die Kundennähe als einen wesentlichen unternehmerischen Erfolgsfaktor aufgezeigt haben, ist in den letzten Jahren das Bewusstsein für die Werthaltigkeit eines gesicherten Kundenstamms sowohl in der Praxis als auch in der Wissenschaft enorm 1 gewachsen. Kunden-zufriedenheit und Kundenbindung stehen im Mittelpunkt nahezu jeder Marketingüberlegung, denn am Ende ist es immer der Kunde, der durch seine 2 Kaufentscheidung über den Erfolg oder Misserfolg eines Unternehmens am Markt entscheidet. Falsch verstanden münden derartige Überlegungen nicht selten in dem Bemühen, sämtliche 3 Kundenbeziehungen aufrechtzuerhalten und jede Fluktuation zu vermeiden. Vor dem Hintergrund des Pareto-Prinzips werden jedoch in einem Unternehmen 80% des Umsatzes mit nur 20% der Kunden erwirtschaftet, d.h. ein kleiner Teil der Kunden trägt in der Regel 4 überproportional zum Gewinn des Unternehmens bei. Demnach gilt es auch bezüglich der begrenzten Vertriebs- und Marketingbudgets, die „wertvollen“ Kunden mit Hilfe von Kundenwertanalysen zu differenzieren, zufrieden zu stellen und an das Unternehmen zu binden. Aufgabe des Beziehungsmarketing (engl. Relationship Marketing) ist die „...systematische Analyse, Planung, Kontrolle und Organisation individueller Kundenbeziehungen im Hinblick auf die Etablierung und Pflege von kooperativen, d.h. auf langfristigen, gegenseitigen Nutzen 5 ausgerichtete, Geschäftsbeziehungen.“ Wesentliches Merkmal des wertorientierten Marketings 6 ist demnach, dass Kunden zunehmend als intangible Werte und Assets betrachtet werden. Dieser Betrachtungswechsel hin zum Kunden als Unternehmensasset trifft auf die Forderung, die Unternehmenspolitik am Shareholder Value auszurichten. In diesem Sinne werden alle Unternehmensaktivitäten sowie auch zunehmend Marketingmaßnahmen daraufhin geprüft, ob sie auf die Mehrung der betrieblichen Assets, also positiv zum Unternehmenswert beitragen und einen möglichst hohen und sicheren Cash-flow generieren. Mit der Kundenbewertung wird Unternehmen die Möglichkeit gegeben, mit unterschiedlichen Methoden und Kriterien zwischen interessanten (im Sinne von Wert generierend) und uninteressanten Kunden zu unterscheiden. Der Kundenwert stellt dabei ein Maß für die ökonomische Gesamtbedeutung eines Kunden für das Unternehmen dar. „Bei der Kundenwertbestimmung im Marketing steht deshalb nicht ein evaluatives Maß (im Sinne von Festschreiben in einer Zahl), das Auskunft über die Höhe des Kundenwerts gibt, im Vordergrund. Vielmehr sollen die Ursachen für einen hohen respektive niedrigen Kundenwert aufgezeigt werden, um daraus Maßnahmen zur Steigerung des Kundenwerts ableiten zu 1

Vgl. Diller, H., 2001a, S. 4 Vgl. Cornelsen, J., 2000, S. VII 3 Vgl. ebd., S.1 4 Vgl. Ploss, D., 2001, S. 7 5 Diller, H., 2001b, S. 164 6 Vgl. Rudolf-Sipötz, E., 2001, S. 2ff 2

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können.“ In Wissenschaft und Praxis wird eine Vielzahl unterschiedlicher Methoden bzw. Kriterien zur Bewertung von Kunden bzw. Kundengruppen herangezogen, auf die im weiteren Verlauf der Arbeit noch Bezug genommen wird. Gegenstand dieser Arbeit ist es die Bestimmungsfaktoren und Treiber des Kundenwertes im Sinne des wertorientierten Marketings transparent zu machen. Weiter soll zur Kundenbewertung der Ansatz des Customer-Lifetime-Value, der „...eine Dynamisierung der 8 kundenbezogenen Erfolgsrechnung über die Totalperiode der Geschäftsbeziehung...“ darstellt vorgestellt werden. Es geht darum, mit Hilfe dieses Ansatzes „...einerseits die gewinnbringenden und wertsteigernden Kundenbeziehungen zu identifizieren und zu fördern und andererseits die „wertvernichtenden“ Kunden (z.B. jene, die einen negativen Deckungsbeitrag generieren) aufzugeben beziehungsweise eine positives Kosten/Nutzen9 Verhältnis anzustreben.“ Im folgenden Abschnitt werden die Zielsetzung sowie die weitere Vorgehensweise der Arbeit näher erläutert. 1.2

Zielsetzung und Vorgehensweise der Arbeit

Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit dem Kundenwert, genauer mit dem CustomerLifetime-Value, der zur Beurteilung der Profitabilität eines Kunden ermittelt wird. Auf Grundlage dieses am Kundenbeziehungszyklus ausgerichteten Verfahrens der Kundenwertbestimmung können Unternehmen ihre Ressourcen ökonomisch auf ihren Kundenstamm verteilen und ihr Marketing-Mix gezielt danach ausrichten. Einhergehend damit wird deutlich, dass der Customer-Lifetime-Value als Kriterium zu Investitionsentscheidungen bei Marketingmaßnahmen etabliert wird. Die vorgelegte Diplomarbeit gliedert sich in vier Abschnitte. In einem Vorwort werden einleitend der Problemstellung der Arbeit die Anforderungen an ein modernes Kundenbeziehungsmarketing näher erläutert und die Kundenbewertung als ein Erfordernis bestätigt. Im weiteren Verlauf des ersten Kapitels werden die Zielsetzung sowie die Vorgehensweise der vorgelegten Arbeit aufgezeigt. Das anschließende zweite Kapitel beschäftigt sich mit dem Kundenwert als zentrales Element des Customer-Lifetime-Value. Es geht darum, das wertorientierte Marketing als theoretischen Bezugsrahmen der Kundenbewertung eingehender zu charakterisieren. Aufbauend auf einer Begriffsbestimmung des Kundenwertes aus Anbieter- und Nachfrager-perspektive, wird eine Analyse der monetären und nicht-monetären Einflussfaktoren dieses erfolgen. Neben dem Umsatz und Kundenerfolg werden der Referenz-, der Informations- sowie der Cross-SellingWert gesondert betrachtet. Im Mittelpunkt des dritten Kapitels steht die Ausgestaltung eines langfristigen Kundenwertes, der den monetären Gesamteffekt eines Kunden aus Anbietersicht widerspiegelt. Im Rahmen einer Arbeitsdefinition des Customer-Lifetime-Value werden sowohl die Bestandteile als auch die dazugehörige Kalkulation erläutert. Nach den anschließenden Potenzialanalysen erfolgt eine Kritik des Ansatzes des Customer-Lifetime-Value. In diesem Abschnitt wird deutlich, dass die Notwendigkeit von Kundenwertanalysen allgemein besteht, die praktische Durchführung sich jedoch als schwierig erweist. Die im vierten Kapitel vorgenommene Schlussbetrachtung gibt i.S. eines Fazits einen Gesamtüberblick auf die Arbeit.

7

Rudolp-Sipötz, E. et al., 2001, S. 3 Krafft, M. et al., 2000, S. 518 9 Rudolp-Sipötz, E. et al., 2001, S. 1 8

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2.

Der Kundenwert als Steuerungsgröße des Customer-Lifetime-Value

In Folge eines Paradigmenwechsels von der Produkt- zur Prozessorientierung versuchen Unternehmen mit Hilfe des Customer Relationship Management profitable Kundenbeziehungen durch ganzheitliche und individuelle Marketingkonzepte aufzubauen und zu festigen. Informations- und Kommunikationstechnologien unterstützen unternehmensweit diese strategische Zielsetzung der Kundenorientierung, die einerseits in der Erzielung von Wettbewerbsvorteilen und einer verstärkten Kundenbindung, andererseits in der Erhöhung der Kundenprofitabilität liegt. Das Customer-Lifetime-Value-Management baut auf diesem Ansatz des Customer Relationship Management auf und erweitert ihn um die Perspektive des Kundenwertes. In diesem Kapitel wird der Kundenwert als zentrales Element des Customer-Lifetime-Value diskutiert und in seine Bestimmungsfaktoren unterteilt sowie differenziert dargestellt. Nach einer einleitenden Untersuchung zum Kundenwert als zentrale Zielgröße im wertorientierten Marketing erfolgt eine Disposition der Faktoren des Kundenwertes in Umsatz und Kundenerfolg, Referenzwert, Informationswert sowie Cross Selling-Wert. Folgernd zu diesem Kapitel zwei wird eine ablschießende Arbeitsdefinition des Kundenwertes konzipiert. 2.1

Der Kundenwert als Zielgröße im wertorientierten Marketing

In diesem Teilabschnitt der Arbeit soll das Konstrukt des Kundenwertes anhand einschlägiger Literatur ergründet und als Zielgröße im wertorientierten Marketing fixiert werden. Des Weiteren wird der Kundenwert aus seinen unterschiedlichen Perspektiven und Betrachtungen dargestellt. Grundsätzlich lassen sich im Marketing monetäre und nicht-monetäre Zielsetzungen unterscheiden. Nicht-monetäre Ziele können dabei ökonomischer (z.B. Absatz, Marktanteil), vor-ökonomischer (z.B. Zufriedenheit, Kundenbindung) oder nicht-ökonomischer (Machtstreben, politischer Einfluss) Art sein. Diese können weiter untergliedert werden in prinzipiell monetarisierbare und nicht-monetarisierbare Ziele. Monetäre bzw. nicht-monetäre Marketingziele führen unmittelbar zu monetären resp. nicht10 monetären Werten, z.B. Markenwerten, Kundenwerten. Cornelsen definiert den Wert eines Objektes innerhalb des Beziehungsmarketing als den „...Indikator des Ausmaßes, in dem dieses Objekt dazu beiträgt, die beziehungspolitischen Ziele des Anbieters/des Kunden zu 11 erfüllen.“ Herleitend dieser Definition sind zwei Betrachtungsperspektiven des Kundenwertes voneinander abzugrenzen. Zum einen wird der Kundenwert “...aus dem Blickwinkel der Organisation betrachtet, zum anderen aus der Perspektive der individuellen Wahrnehmung des 12 Kunden.“ Der Kundenwert aus Nachfragerperspektive stellt den Kunden, seine Erwartungen und 13 Bedürfnisse in das Zentrum der Betrachtungen. Davon ausgehend, dass der Käufer sich für ein Angebot nur dann entscheidet, wenn es ihm einen Wertgewinn bringt, und dass er unter 14 alternativen Wertangeboten das mit dem höchsten erwarteten Wertgewinn wählt. Der Wertgewinn ergibt sich aus der Differenz der Wertsumme und der Kostensumme. In Anlehnung an Kotler/Bliemel wird anstelle des Wertgewinns auch von Nettonutzen gesprochen. Dieser 15 setzt sich aus der Differenz der Nutzensumme und der Aufwandssumme zusammen. Demnach definiert Cornelsen den Kundenwert aus Nachfragersicht („customer value“) als den

10

Vgl. Cornelsen, J., 2000, S. 32 ebd. 12 Maas, P., 2001, S. 44 13 ebd., S. 46 14 Vgl. Kotler, P. et al., 1995, S. 51 15 Vgl. Eggert, A., 2001, S. 47

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„…Indikator des Ausmaßes, in dem ein Anbieter dazu beiträgt, die monetären bzw. nicht16 monetären Ziele des betrachteten Kunden zu erfüllen.“ In ähnlicher Weise wie der wertorientierte Kunde im Rahmen seiner Kaufentscheidungen daran interessiert ist seinen customer value zu optimieren, ist auch der Anbieter an einer entsprechenden Wertoptimierung interessiert. In diesem Kontext bezieht sich der Kundenwert aus Sicht des Anbieters auf den Wert, den der Kunde für die Unternehmung darstellt. Diese Neuorientierung des Kunden, hin zum Wert- oder Vermögensbestandteil einer Unternehmung, wurde schon im Abschnitt 1.1 (Seite 2) angeführt. In Reverse zum Kundenwert aus Nachfragersicht definiert Cornelsen den Kundenwert aus Anbietersicht als „…den Indikator des Ausmaßes, in dem ein Kunde dazu beiträgt, die monetären bzw. nicht-monetären Ziele eines 17 Anbieters zu erfüllen.“ Diese Perspektive des Kundenwertes aus Anbietersicht stellt die Grundlage für weitere Betrachtungen dieser Arbeit dar. Bevor auf die Systematisierung und Analyse der Literatur zum Thema Kundenwert weiter eingegangen wird, folgt eine kurze Erfassung des Begriffs Kunde. Kunden im weiteren Sinne umfassen alle tatsächlichen Kunden des Unternehmens, im engeren Sinne sind auch alle 18 potenziellen Abnehmer von unternehmerischen Leistungen einzubeziehen. In der betriebswirtschaftlichen Literatur wird der Terminus des Kundenwertes unter unterschiedlichsten Gesichtspunkten und Dimensionen betrachtet. Vielfach wird er mit bestimmten Messvorschriften und Methoden der Kundenbewertung in Verbindung gebracht, 19 was nicht im Sinne einer eigentlichen Definition des Kundenwertes ist. Ein weiteres auftretendes Problem bei der Analyse der Literatur stellen die unterschiedlichen Übersetzungen des Begriffes Kundenwert aus dem englischen sowie angloamerikanischen Sprachraum dar. So 20 wird oftmals der Begriff Kundenwert mit den Begriffen „customer value“ , „value to the 21 22 23 customer“ , „value of the customer“ oder „customer equity“ gleichgesetzt. Dennoch lassen sich drei Dimensionen erkennen, nach denen sich Kundenwert-Definitionen differenzieren lassen. Zum einen wird der Kundenwertbegriff über die Bestimmungsgrößen des Kundenwertes (Sachdimension) definiert, zum anderen über den Zeitbezug (Zeitdimension) und 24 zum dritten Teil über die Aggregationsebene (Objektdimension). Die Objektdimension beschreibt, dass Kundenwerte prinzipielle auf unterschiedlichem Aggregationsniveau erfasst bzw. verrechnet werden: Individualwerte spiegeln den Kundenwert einzelner Kunden wider. Kundengruppen- oder Segmentwerte beschreiben den Kundenwert ausgewählter und flexibel definierbarer Kundengruppen bzw. Marktsegmente. 25 Kundenstammwerte beziehen sich auf die Gesamtheit der Kunden eines Unternehmens. Es wird also weiter danach typisiert, inwieweit einzelne Kunden separat (individuell) oder aber gemeinsam Gegenstand einer Beurteilung sind (kumuliert). Die Zeitdimension, die zum einen auf eine Beziehungsabschnittsorientierte oder eine auf die gesamte Kundenbeziehung ausgerichtete Betrachtung abzielt, wird häufig in „...statische (zeitpunktbezogene) und dynamische Ansätze (zumeist ganzheitliche, i.S. von der Beziehung 26 „als Ganzes“)...“ unterteilt.

16

Cornelsen , J., 2000, S. 37 Cornelsen , J., 2000, S. 38 18 Vgl. ebd., S. 26 19 Vgl. Rudolf-Sipötz, E., 2001, S. 14 20 Cornelsen , J., 2000, S. 33 21 Haller, S., 2002, S. 105 22 ebd. 23 Rudolf-Sipötz, E., 2001, S. 14 24 Vgl. Rudolf-Sipötz, E., 2001, S. 14 25 Vgl. Diller, H., 2001a, S. 25 26 Rudolf-Sipötz, E., 2001, S. 15 17

4

Die dritte, sachliche Dimension bezieht sich auf die verwendeten Bestimmungsfaktoren des Kundenwertes. Diese lassen sich in eindimensionale und mehrdimensionale Ansätze untergliedern. Eindimensionale Ansätze beziehen sich auf ein oder mehrere KundenwertKriterien, wie z.B. Umsatz, Kundenzufriedenheit oder Kundendeckungsbeitrag, ohne jedoch eine Verbindung zwischen diesen herzustellen. Sie betrachten einen begrenzten Kundenbeziehungsausschnitt und können entweder auf monetären Kriterien, wie z.B. Umsatz, Kundenerfolg oder auf nicht-monetären Kriterien, wie z.B. Kundenzufriedenheit, Informations-, Referenzpotenital, beruhen. Mehr-dimensionale Ansätze dagegen verbinden Kriterien gleicher oder unterschiedlicher Art miteinander, wobei zwischen rein monetären, rein nicht-monetären 27 und gemischten Ansätzen zu unterscheiden ist. Die frühesten und wohl am weitesten verbreitetsten Kennzahlen zur Messung von Kundenwerten sind monetäre Größen wie Umsatz, Kundenprofitabilität oder 28 Kundenrentabilität. „Allen diesen umsatzbezogenen Kennzahlen haftet jedoch die Schwäche 29 an, dass sie allein die Umsatz- und nicht auch die Kostenseite beinhalten.“ Durch die Verwendung von Kundendeckungs-beiträgen wird auch die Kostenseite berücksichtigt, denn ein Kundendeckungsbeitrag wird als „Überschuss des Nettoerlöses aller Lieferungen an diesen Kunden... über die dem Kunden in dieser Periode direkt zurechenbaren Herstell-, Vertriebs- und 30 Verwaltungskosten“ bezeichnet. In diesem Sinne können die Kundenkosten unterschiedlich weit gefasst werden. Wenn man diesen Ansatz der Kundendeckungsbeiträge um ein dynamisches Element erweitert, also weg von dem Denken in Stück- und PeriodenDeckungsbeiträgen, gelangt man zum Customer-Lifetime-Value i.S. des Kapitalwertes der 31 Deckungsbeiträge, die ein Kunde im Laufe der Gesamtdauer der Kundenbeziehung erzielt. Ein weiterer Ansatz zur Ermittlung ganzheitlicher Kundenwerte beschreibt, dass die Betrachtung der ökonomischen Bedeutung eines Kunden für das Unternehmen sich nicht 32 ausschließlich auf den Ertrag beschränkt, der aus einer Kundenbeziehung generiert wird. So können Kunden z.B. durch ihr Weiterempfehlungsverhalten positiv die Kundenakquisition beeinflussen oder sie dienen unterstützend als Informationsquelle bei der Produktentwicklung. Auch können Kunden durch Wechsel- und Verbundwirkungen im Kundenstamm Beiträge zum Unternehmenserfolg beitragen. Diese vielfältigen Funktionen lassen sich im Wesentlichen auf zwei Aspekte begrenzen: das Marktpotenzial und das Ressourcenpotenzial des Kunden. Das Marktpotenzial beschreibt die Erträge, die aus einer Geschäftsbeziehung mit einem Kunden resultieren und das Ressourcenpotenzial beschreibt das immaterielle Vermögen, das der Kunde für das Unternehmen darstellt; sprich den indirekten Beitrag zum Unternehmenserfolg. Der Potenzialbegriff umfasst dabei ebenso die bestehenden Potenziale wie auch die 33 zukünftigen. Die anstehende Abbildung 2 zeigt die Bestimmungsfaktoren des Kundenwertes Markt- und Ressourcenpotenzial detailliert mit ihren jeweiligen Determinanten Ertrags-, Entwicklungs-, Cross-Buying- und Loyalitäts- sowie Referenz-, Informations-, Kooperations- und Synergiepotenzial. Auf diese Determinanten wird im weiteren Verlauf der Arbeit detaillierter eingegangen werden (siehe Kapitel 2).

27

Vgl. Rieker, S.A., 1995, S. 49f Vgl. Rudolf-Sipötz, E., 2001, S. 15 29 Franz, K.-P., 2001, S. 445 30 Plinke, W., 1995, S. 1331 31 Vgl. Franz, K.-P., 2001, S. 445 32 Vgl. Tomczak, T. et al, 2001, S. 136 33 Vgl. Tomczak, T. et al, 2001, S. 136 28

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Abbildung 1: Bestimmungsfaktoren des Kundenwertes

Kundenwert

Marktpotential des Kunden

Ertrags Ertrags-potential potential

Entwicklungs Entwicklungs- potential

Ressourcenpotential des Kunden

Loyalitäts Loyalitäts-potential potential

Referenz Referenz-potential potential

Cross-BuyingCross -Buying Potential Potential

Informations Informations-potential potential

Synergie Synergie- potential potential

Kooperations Kooperations-potential potential

Determinanten

Quelle: Tomczak, T. et al., 2001, S. 132

Dieser Ansatz des Kundenwertes nach Tomczak/Rudolf-Sipötz vereint sowohl monetäre als auch nicht-monetäre Bestandteile, so dass bei der Umsetzung zentrale Probleme der Kundenbewertung auftreten. Dieses können Probleme der Differenziertheit, der Prognose sowie 34 der Operationalisierung und Messung des Kundenwertes sein. Cornelsen hat in diesem Sinne ein ganzheitliches Kundenwert-Modell entwickelt, welches auf die Bestimmung monetärer Kundenwerte abzielt. Da wie bereits erwähnt ausschließlich monetäre Determinanten zur Bestimmung des Kundenwertes nicht ausreichen, kombiniert dieses Modell direkt-monetäre Wertbestandteile z.B. Umsatz, Kundenerfolg mit indirektmonetären Wertbestandteilen, die sich bspw. auf das Empfehlungs- und Beschwerdeverhalten von Kunden zurückführen lassen. Diese indirekt-monetären Wertbestandteile sind zwar vom Grundsatz her nicht monetär, lassen sich aber mit einem höheren Messaufwand, 35 monetarisieren. Die Ganzheitlichkeit dieses Kundenwert-Modells bezieht sich auf die Einbeziehung „...sämtlicher „Effekte“ eines Kunden, die – je nach Zeitbezug – auf den Anbieter 36 eingewirkt haben, einwirken bzw. einwirken werden...“ Auch Diller schließt sich diesem Modell an und beschreibt den Kundenwert in umfassender Begriffsbestimmung als das er sämtliche monetären und nicht-monetären Einbußen beinhaltet, die bei Beendigung einer bestehenden Geschäftsbeziehung bzw. Nicht-Zustandekommen einer potenziellen Geschäftsbeziehung entstehen. In solchen Fällen verliert ein Unternehmen nicht nur Kundenerfolgsund Umsatzpotenziale, sondern auch indirekt-monetäre 37 Kundenwertpotenziale wie das Referenz-, Informations- und Cross-Selling-Potenzial. Nachdem in diesem Abschnitt eine ausführliche Diskussion über die Quellen des Kundenwertes erfolgt ist, werden im Folgenden die Bestimmungsfaktoren des Kundenwertes in Anlehnung an das Kundenwert-Modell nach Cornelsen näher ausgearbeitet. Der Umsatz als direkt-monetärer

34

Vgl. Cornelsen , J., 2000, S. 51 Vgl. ebd., S. 169f ebd., S. 169 37 Vgl. Diller, H., 2001b, S. 876 35 36

6

Wertbestandteil des Kundenwertes ist im nächsten Abschnitt, als erste Determinante, Gegenstand der Betrachtung. 2.2

Der Umsatz und Kundenerfolg als Bestimmungsfaktor des Kundenwertes

Infolge der Betrachtung des Konstruktes Kundenwert im vorherigen Abschnitt wird folgend, in Anlehnung an das Kundenwert-Modell nach Cornelsen, als erste Determinanten des Kundenwertes der Umsatz sowie der Kundenerfolg ausführlicher erörtert. Nach der in Abschnitt 2.1 herausgearbeiteten Definition des Kundenwertes, beinhaltet dieser „…sämtliche monetären und nicht-monetären Einbußen, die bei Beendigung einer 38 Geschäftsbeziehung anbieterseitig entstehen.“ Der Umsatz sowie der Kundenerfolg liegen dabei als direkt-monetäre Bewertungsgrößen vor. Der Referenzwert, Informationswert sowie der Cross-Selling Wert müssen zur Verrechnung eines ganzheitlichen Kundenwertes zunächst monetarisiert werden. Eine Darstellung dieser indirekt-monetären Wertbestandteile folgt in den Abschnitten 2.3 bis 2.5. Auch Diller unterscheidet zwischen den ökonomischen Basisgrößen Umsatz und Kundenerfolg, nach denen sich entweder umsatzbezogene- oder erfolgsbezogene Kundenwerte ermitteln 39 lassen. Bei der Umsatzbezogenen Ermittlung des Kundenwertes sind wie eingehend beschrieben sämtliche indirekt-monetären Kundenwertpotenziale i.S. ihrer Umsatzwirkung zu monetarisieren. „Wird dagegen der Kundenerfolg (Gewinn, Deckungsbeitrag, o.Ä.) als Basisgröße gewählt, so sind ferner sämtliche Kostenwirkungen, die sich ursächlich auf Cross Selling-, Referenz- und Informationsaktivitäten zurückführen lassen, in die Ermittlung 40 erfolgsbezogener Kundenwerte einzubeziehen.“ In Anlehnung an diese Ausführung des Kundenwertes siehe nachfolgende Abbildung 4. Abbildung 2: Kundenwert-Modell „indirekt“

„direkt“

K U N D E

Profitabilität

Umsatz

Referenzen

Cross-selling

Informationen

Kundenbindung

KUNDENWERT

Profitabilitätsbezogener Kundenwert

Umsatzbezogener Kundenwert

Quelle: Cornelsen, J., 1996, S.7 38

Cornelsen, J., 1998, S. 2 Vgl. Diller, H., 2001b, S. 877 40 ebd. 39

7

Da zur Ermittlung von ganzheitlich monetären Kundenwerten die direkten Wertbestandteile der Anbieter-Kunden-Beziehung, wie Umsatz und Kundenerfolg nicht ausreichend sind, müssen weitere Wertbestandteile hinzugefügt werden. Indem diese weiteren Wertbestandteile auf bestimmte Verhaltensweisen sowie Aktivitäten von Kunden zurückzuführen sind, die im Grunde aus anderen Kundenbeziehungen stammen, muss hier eine genaue Zurechnung der Wertbestandteile erfolgen. „Während allerdings der kundenbezogene Umsatz und der Kundenerfolg als direkt-monetäre Wertgrößen unmittelbar aus entsprechend vorhandenen Rechnungs-wesendaten abzuleiten sind, müssen kundenbezogene Cross Selling-, Referenz-, und Informationswerte in einem ersten Schritt zunächst in ihrer „Verhaltenskomponente“ gesondert erfasst werden. Erst im zweiten Schritt erfolgt dann die Monetarisierung dieser 41 Potenzialgrößen und die Ermittlung entsprechender Wertgrößen.“ Abschließend der Betrachtung der direkt-monetären Wertbestandteile des Kundenwertes folgen in den kommenden Abschnitten die indirekt-monetären Determinanten Referenz-, Informationssowie Cross-Selling Wert. Als erster Bestimmungsfaktor indirekt-monetären Charakters wird im nachfolgenden Abschnitt der Referenzwert behandelt.

2.3

Der Referenzwert als Bestimmungsfaktor des Kundenwertes

Als weitere Determinante des Kundenwertes wird nach den Ausführungen den Umsatz betreffend, fortsetzend in diesem Abschnitt der Referenzwert ergänzt. Häufig wählen Kunden zum Austausch ihrer Erfahrungen mit einem Anbieter bzw. seinem Leistungsangebot nicht den direkten Kontakt zum Anbieter, sondern sie sprechen darüber mit ihren Bekannten, Verwandten oder Freunden (Mund-zu-Mund Propaganda). Mund-zu-Mund Propaganda kann als Multiplikatoreffekt über zufriedene Kunden positiv auf das Image des Unternehmens wirken, aber auch negativ bei unzufriedenen Kunden. Im Sinne von Mund-zu42 Mund Propaganda oder Mund-Werbung wird auch von Referenzen gesprochen. Cornelsen definiert Referenzen als „…eine Form der direkten, verbalen Kommunikation zwischen zwei Personen, bei der positive, negative oder neutrale Informationen über einen Anbieter bzw. dessen Angebotsleistung (Produkt, Marke, u.a.) ausgetauscht werden, ohne das 43 dabei kommerzielle Interessen im Vordergrund stehen.“ In indirekter Weise sind Referenzen 44 erlös- bzw. profitabilitätsbeeinflussend und stellen eine kundenbezogene Potenzial-größe dar. Indem Menschen über Unternehmen und deren Leistungen kommunizieren stellen sie für den Anbieter einen Wert dar. Dieser Referenzwert wird nachfolgend genauer analysiert. Wie bereits erwähnt wird zwischen positiven, negativen und neutralen Referenzen 45 unterschieden, d.h. die Kundenzufriedenheit wirkt hier hinsichtlich der Richtung der Referenz. Ausgehend davon, dass unzufriedene Kunden ihre Erfahrungen an mehr Personen weitergeben, als zufriedene Kunden dies tun, wirkt sich die Kundenzufriedenheit ebenso auf die 46 Stärke der Referenz aus. Oftmals wird in der Literatur auch der Begriff des Referenzpotenzials benutzt. Dieses beschreibt das Ausmaß, indem ein Kunde fähig ist, sein soziales Umfeld mit 47 Informationen zu erreichen und ggfs. zu beeinflussen. Weiter kann zwischen aktiven und passiven Referenzen unterschieden werden. Die aktive Referenz beschreibt das eigentliche Weiterempfehlungsverhalten von sich aus, wobei dagegen 41

Cornelsen , J., 2000, S. 172 Vgl. Diller, H., 2001b, S. 876 43 Cornelsen , J., 2000, S. 190 44 Vgl. Cornelsen, J., 1998, S. 3 45 Vgl. Rudolf-Sipötz, E., 2001, S. 112 46 Vgl. Cornelsen, J., 2000, S. 211ff 47 Vgl. Cornelsen, J., 1998, S. 11

42

8

die passive Referenz nur die Ausstrahlungswirkung eines Kunden beschreibt, z.B. eine 48 Nennung des Kunden auf Referenzlisten des Anbieters. Bei der aktiven Referenz spielt die Meinungsführerschaft eines Kunden, also seine 49 Persönlichkeit sowie sein Fachwissen eine entscheidende Rolle. Die Meinungsführerschaft beschreibt dabei nicht die persönliche Eigenschaft eines Kunden sondern vielmehr seine Rolle während der Kommunikation sowie sein Einflusspotenzial auf die jeweilige Bezugsperson. Die 50 Meinungsführerschaft beeinflusst also die Stärke der Referenz. Durch die aktuell vorherrschende Marktsituation, die durch ein unüberschaubares Angebot sowie eine unvollkommene Markttransparenz gekennzeichnet ist, vertrauen Kunden oftmals Referenzen aus ihrem sozialen Umfeld, um somit ihr Kaufrisiko zu reduzieren. Cornelsen beschreibt das soziale Netz als Determinante des Referenzpotenzials, indem es sich auf die 51 Anzahl und die Häufigkeit themenbezogener Gespräche niederschlägt. Die folgende Abbildung 5 zeigt das Referenzwert-Modell nach Cornelsen, das die gerade herausgearbeiteten Determinanten des Referenzwertes, Kundenzufriedenheit, Meinungsführerschaft sowie soziales Netz, noch einmal aufgreift. Abbildung 3: Das Referenzwert-Modell

Referenzrate

Kaufvolumen

Referenzvolumen

Soziales Netz

Meinungs führerschaft

Kunden zufriedenheit

„Häufigkeit“

„Stärke“

„Richtung“

Referenzpotenzial

Kunden erfolg

Referenz wert

Umsatz Kundenwert

Cross Selling wert

Informations wert

Quelle: Cornelsen, J., 2000, S.199

Das Referenzvolumen, das sich hier aus der Referenzrate sowie dem Kaufvolumen zusammensetzt beschreibt, wie stark sich Kunden durch Referenzen in ihren Kaufentscheidungen beeinflussen lassen. Es stellt dabei die Wertkomponente des zu 52 ermittelnden Referenzwertes dar. Die Benutzung des Internets bewirkt eine erhöhende Bedeutung von Referenzen. Infolgedessen können positive wie auch negative Referenzen schneller (Akzeleratoreffekt) und

48

Vgl. Diller, H., 2002, S. 308 Vgl. Rudolf-Sipötz, E., 2001, S. 109 Vgl. Cornelsen , J., 2000, S. 206 51 Vgl. ebd. 52 Vgl. Cornelsen , J., 2000, S. 221ff 49 50

9

53

stärker (Multiplikatoreffekt) verbreitet werden. Durch diese Erkenntnis kann jedoch der Indikator des sozialen Netzes in seiner Aussagekraft gemindert werden, da sich durch die Online-Kommunikation die Anzahl der Referenzempfänger unnachvollziehbar multipliziert. Ein weiterer Grund für die Bedeutung von Referenzen bei der Kundenwertbestimmung stellt die existierende Informationsflut der Werbung über die zahllosen Kommunikationskanäle dar. Dies 54 führt dazu, dass Werbebotschaften von den Endkunden nicht mehr wahrgenommen werden. Referenzen stellen dabei eine Alternative für Kunden dar, ihr Kaufrisiko zu reduzieren. Insgesamt wird also deutlich das der Referenzwert als monetäre Größe, den Grad der Einflussnahme eines referenzaktiven Kunden auf die Kauf-entscheidung Dritter widerspiegelt. Indem sie einem Anbieter zusätzliche Umsatz- und Gewinnchancen ermöglichen, stellen Referenzen eine Wertgröße i.S. der Kundenbewertung dar. Infolge des nächsten Abschnittes wird nach dem Umsatz sowie dem eben dargelegten Referenzwert der Informationswert als Determinante des Kundenwertes ergänzt und analysiert. 2.4

Der Informationswert als Bestimmungsfaktor des Kundenwertes

Anschließend der Betrachtung der Bestimmungsfaktoren Umsatz sowie Referenzwert, wird nunmehr der Informationswert als Determinante des Kundenwertes skizziert und herausgearbeitet. Der Informationswert stellt als indirekt-monetärer Bestimmungsfaktor des Kundenwertes sämtliche Informationen dar, die ein Anbieter vom Kunden erhält. Diese Informationen dienen dem Anbieter beispielsweise zur Verbesserung der Produktqualität oder zur Optimierung von Produktions-/ Marketing- sowie Vertriebsprozessen, und können somit „...sowohl strategischer 55 als auch operativer Bedeutung...“ für den Anbieter sein. Diese Informationen wie auch Anregungen und Vorschläge führen indirekt zu Umsatzwirkungen bei dem Anbieter und können somit als Wertbestandteil des Kundenwertes bestimmt werden. Ein wesentliches Definitionskriterium des Informationswertes ist, dass er ausschließlich auf Informationen beruht, 56 die vom Kunden an den Anbieter gerichtet sind. Diller definiert den Informationswert als Resultat „...aus der Gesamtheit innovativer und 57 umsetzbarer Informationen, die ein Anbieter vom Kunden erhält („feed back“)...“ Der Informationswert steht in engem Zusammenhang mit der Kundenbindung, denn gebundene Kunden zeigen eine größere Auskunfts- und Beschwerde-bereitschaft als ungebundene Kunden. Dies ist darin begründet, dass eine Beendigung der Geschäftsbeziehung für den Kunden psychische und/oder monetäre Wechselkosten wie z.B. Opputunitätskosten oder 58 Suchkosten verursachen würde. Aus diesem Grund sind gebundene Kunden motiviert auftretende Qualitätsmängel oder Diskrepanzen der Geschäftsbeziehung zu benennen um somit einen Anbieterwechsel zu verhindern. Im Sinne des Informationswertes ist jedoch nicht nur die Feedback-Bereitschaft, sondern auch 59 „…der Inhalt sowie die Qualität der Informationen…“ von entscheidender Bedeutung. 60 Cornelsen unterscheidet dabei faktische und normative Informationen. Faktische Informationen beziehen sich auf objektiv überprüfbare Sachverhalte wie z.B. Lieferverzögerungen oder die Funktionsfähigkeit von Produkten. Normative Informationen 53

Vgl. Stauss, B., 1998, S. 141ff Vgl. Rudolf-Sipötz, E., 2001, S. 109 Tomczak, T. et al., 2001, S. 142 56 Vgl. Rudolf-Sipötz, E., 2001, S. 113 57 Diller, H., 2001b, S. 876 58 Vgl. Diller, H., 2002, S. 303 59 Rudolf-Sipötz, E., 2001, S. 119 60 Vgl. Cornelsen , J., 2000, S. 225ff 54 55

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dagegen sind emotional beeinflusst und beruhen auf subjektiven Einschätzungen und Wertungen des Informationsgebers. Diese Informationen können z.B. die Preiswürdigkeit eines Produktes oder Beschwerden über die Kundenbetreuung sowie Servicepersonal betreffen. Einige Autoren (Diller 2001, Cornelsen 2000) stellen den Informationswert auch in Verbindung mit dem jeweiligen product-involvement, d.h. Informationen werden nur dann an den Anbieter 61 heran getragen, wenn ein Produkt dies wert ist. Bezüglich der Beschwerdekanäle reicht die Informationsbereitschaft sogar gelegentlich bis zu Kooperationsbereitschaften im Rahmen von Kundenbeiräten, Qualitätszirkeln oder ähnlichen Kundengeregelten Organisationsformen. Im Rahmen eines Datawarehouse oder Marketinginformationssystems werden alle Kundeninformationen gesammelt, ausgewertet und 62 weiter für unterschiedliche Unternehmensentscheidungen genutzt. Im Hinblick auf die Ermittlung von Kundenwerten bestehen jedoch einige Probleme bei der Operationalisierung des Informationswertes. „Zentrales Problem ist neben der Identifizierung der originären Informationswirkungen vor allem die darauf aufbauende Monetarisierung von 63 Informationsnutzen und –kosten, zumal, wenn es sich um eine Zukunftsbetrachtung handelt.“ Der Informationsnutzen einer Geschäftsbeziehung kann auf Kosteneinsparungen und/oder Erlöszuwächsen beruhen. Kosteneinsparungen können z.B. durch Optimierung interner Prozesse, die zu Produktivitätssteigerung und Zeiteinsparungen führt, generiert werden. Dagegen können Erlöszuwächse, aus, auf Kundeninformationen beruhenden, 64 Produktinnovationen oder -variationen resultieren, die sich als marktfähig durchsetzen. Abgesehen von dem eben genannten monetären Informationsnutzen, die ein Anbieter aus einer Geschäftsbeziehung zieht, sind jedoch auf der anderen Seite auch Informationskosten zu berücksichtigen. Diese Informationskosten lassen sich in Betreuungs- und Reaktionskosten unterscheiden. Die Betreuungskosten zeigen die anfallenden Personal- und Sachkosten als 65 relative Kundeneinzelkosten oder kundenbezogene Prozesskosten. Sprich alle Kundenbetreuungskosten, die für jeden Kunden anteilsmäßig verrechnet werden können. Die Bestimmung dieser kundenbezogenen Prozesskosten kann unter Umständen, z.B. bei einer komplexen Unternehmensstruktur (ausgelagerte Kundenbetreuung), zu Schwierigkeiten führen. Noch komplexer gestaltet sich jedoch die Verrechnung von Reaktionskosten. Unter Reaktionskosten versteht Cornelsen „…sämtliche Grenzkosten, die im Zuge der betrieblichen Umsetzung der kundenbezogenen Anregungen, Verbesserungsvorschläge, Beschwerden etc. 66 zusätzlich anfallen.“ Diese Kosten können sowohl Prämien und Kostenerstattungen, wie auch z.B. Umstellkosten im Vertriebsbereich sein, die infolge von auf Kundeninformationen beruhende Veränderungen anfallen. Insgesamt lässt sich festhalten, dass eine Monetarisierung kundenbezogener Informationswerte schwer umsetzbar ist. Da es sich bei den Informationsaktivitäten um eine ex-post-Betrachtung handelt, lässt diese nur eine eingeschränkte Schätzung der zukünftigen Informationswerte zu. Ansätze zur Überwindung dieser Monetarisierungsprobleme zukünftiger Informationswerte 67 bestehen bereits , jedoch wird auf diese im Rahmen dieser Arbeit nicht weiter eingegangen. „Aufgabe des Kundenwertmanagements ist es, die unterschiedlichen Informationsbereiche zu benennen, zu strukturieren und den Informationsfluss aktiv zu fördern. Dadurch kann eine 68 verstärkte Ausschöpfung des Informationspotenzials eines Kunden erreicht werden.“

61

Vgl. Cornelsen , J., 2000, S. 227ff Vgl. Rudolf-Sipötz, E., 2001, S. 115 Cornelsen , J., 2000, S. 230 64 Vgl. ebd. 65 Vgl. Cornelsen , J., 2000, S. 230f 66 ebd., S. 231 67 Vgl. ebd., S. 233 68 Rudolf-Sipötz, E., 2001, S. 121 62 63

11

Im Ganzen lässt sich der Informationswert aus der Differenz des monetären Informationsnutzens und der Informationskosten ermitteln. Aufgrund seiner schweren 69 Bezifferbarkeit gilt der Informationswert als nicht-monetäre Kundenwertkomponente. Anschließend der Betrachtung des Informationswertes sowie des Umsatzes und des Referenzwertes als Wertkomponente des Kundenwertes in den vorherigen Abschnitten wird nachstehend als abschließender Bestimmungfaktor der Cross Selling-Wert dargestellt. 2.5

Der Cross Selling-Wert als Bestimmungsfaktor des Kundenwertes

Nachdem im vorherigen Abschnitt der Informationswert als Bestimmungsfaktor des Kundenwertes ergänzt wurde, findet im Folgenden eine Ausführung zum Cross Selling-Wert und seinem Beitrag bei der Bestimmung des Kundenwertes statt. Haben Kunden ein gewisses Vertrauen zu einem Anbieter entwickelt, so steigt die Chance, dass sie zusätzlich zu den bisher erworbenen Produkten auch andere Produkte und Dienstleistungen aus der Angebotspalette des Anbieters beziehen werden. Durch derartige Ausweitungen der Produktbereiche wird die ökonomische Grundlage der Geschäftsbeziehung 70 erweitert und damit ein höherer Kundenwert bewirkt. Grundsätzlich handelt es sich beim 71 Cross Selling um ein Verkaufskonzept, das auf Umsatzsteigerung abzielt. 72

Anstelle von Cross Selling wird aus Kundensicht auch von Cross Buying gesprochen. In Zusammenhang mit dem Kundenwert geht es letztlich zwar um den Beitrag des Kunden zum Unternehmenserfolg, aus Gründen der Vereinfachung wird im Folgenden aber weiterhin der Begriff Cross Selling verwendet. Nachstehend wird nun erörtert, inwieweit das Cross Selling auf den Kundenwert Bezug nimmt. Die Effekte des Cross Selling lassen sich grundsätzlich in Anlehnung an den Wertbegriff in monetäre und nicht-monetäre Effekte unterscheiden. Die monetären Effekte lassen sich in Umsatz-, Kostenund Gewinneffekte untergliedern. Demgegenüber sind die kundenwertbezogenen nicht-monetären Effekte in Kunden- und Konkurrenzeffekte, also den 73 Sicherheiteseffekten zuzuordnen. Betrachtet man die monetären Wirkungseffekte des Cross Selling, so lässt sich zunächst der Umsatzeffekt eng an der zugrunde liegenden Ausweitung des Absatzes festmachen. Neben diesen positiven Umsatzeffekten zieht das Cross Selling auch Kosteneffekte mit sich, „...die unmittelbar Einfluss auf die Höhe des kundenbezogenen Gewinnes/Verlustes und so schließlich 74 auf die Höhe des erfolgsbezogenen Kundenwertes haben.“ Diese Kosteneffekte können in Kostensenkungsmöglichkeiten im Produktionsund Absatzbereich (i.S. einer Fixkostendegression oder Kostenersparnis durch eine höhere Ausbringungs-menge) sowie auch in einer Reduzierung der Transaktions- und Informationskosten liegen. Durch diese kurz umrissenen Umsatz- und Kosteneffekte wird automatisch die Gewinnsituation des Anbieters 75 durch eine veränderte erfolgsbezogene Kundenwert-Situation beeinflusst. Mit Blick auf die nicht-monetären Wirkungseffekte des Cross Selling lassen sich vor allem kunden- und konkurrenzbezogene Effekte unterscheiden. Der Kundeneffekt beschreibt eine in Folge des Cross Selling erhöhte Kundenbindung, sowohl auf ökonomischer als auch auf emotionaler Ebene. Der Konkurrenzeffekt dagegen stellt das Außenverhältnis zwischen Kunden

69

Vgl. Diller, H., 2002, S. 304 Vgl. Cornelsen , J., 2000, S. 172 71 Vgl. Rudolf-Sipötz, E., 2001, S. 100 72 Vgl. Diller, H., 2001a, S. 14 73 Vgl. Cornelsen , J., 2000, S. 178f 74 Cornelsen , J., 2000, S. 179f 75 Vgl. ebd., S. 181 70

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und neuen potenziellen Wettbewerbern dar, die durch die eben skizzierten Kundeneffekte mit 76 höheren Markteintrittsbarrieren konfrontiert werden. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass der kundenspezifische Cross Selling-Wert „...ein Maß dafür ist, ob und inwieweit eine bestehende Geschäftsbeziehung auf andere Produkte oder 77 Produktgruppen des Anbieters ausgeweitet werden kann.“ Im Ganzen steht Cross Selling für eine bessere Ausschöpfung von Kundenpotenzialen sowie einer Intensivierung der Kundenbeziehung. Des Weiteren werden durch das Cross Selling die kundenbezogenen Ressourcen besser ausgelastet, was respektiv zu einer positiven Beeinflussung des Kundenwertes führt. Nach einer abschließenden Betrachtung des Cross Selling-Wertes, als hier letzt genannte Determinante des Kundenwert-Modells ist festzuhalten, dass der Kundenwert einerseits aus direkten geschäftlichen Transaktionen mit dem Kunden selbst (Umsatz, Kundenerfolg, Cross Selling) und andererseits aus bestimmten Aktivitäten des Kunden, die in indirekter Weise zu Transaktionen führen, entsteht. Schlussfolgernd gilt, dass der Kundenwert aus den fünf zentralen Bestimmungsfaktoren: Umsatz, Kundenerfolg, Referenzwert, Informationswert und Cross Selling-Wert resultiert. Unter Berücksichtigung des Zeitbezuges kann bei der Kundenwertermittlung nun grundsätzlich 78 zwischen einer Langfrist- und Kurzfristperspektive sowie zwischen einer Vergangenheits(retrospektiver Kundenwert) und zukunftsorientierter (prospektiver Kundenwert) 79 Betrachtungsweise differenziert werden. Das nachstehende dritte Kapitel nimmt darauf Bezug und beschreibt den Ansatz des Customer-Lifetime-Value als dynamische Konzeption des Kundenwertes. 3.

Der Customer-Lifetime-Value

In Folge der detaillierten Betrachtungen in Kapitel zwei, den Kundenwert als Steuerungsgröße des Ansatzes des Customer-Lifetime-Value behandelnd, wird dieser Ansatz im nachkommenden Kapitel in seinen Bestandteilen dargelegt. Nach der Definition des CustomerLifetime-Value werden die Kernelemente des Ansatzes des Customer-Lifetime-Value aufgezeigt und an einem Kundenbeziehungs-Lebenszyklus dargestellt. Ein weiterer Abschnitt befasst sich mit der Kalkulation zum Customer-Lifetime-Value und differenziert dabei quantitative und qualitative Determinanten. Über eine Analyse der Potenziale dieses Ansatzes der Kundenbewertung resultiert eine abschließende Kritik zum Ansatz des Customer-LifetimeValue. Die Aussage von Seite 27 aufnehmend, ist es umstritten, ob es sich bei dem Kundenwert um eine Vergangenheits- oder Zukunftsbezogene Größe handelt. Vergangenheitsorientierte oder 80 retrospektive Kundenwerte ergeben sich aus den zurückliegenden Zahlungsströmen. Kritisiert werden kann an dieser Sichtweise, dass die Potenziale einer Kundenbeziehung nicht berücksichtigt werden. So könnte z.B. ein Student der bisher kaum Gewinne für einen Anbieter gebracht hat, mit Eintritt in das Berufsleben diese angestrebten Gewinne generieren oder sogar überschreiten. Weiter gilt es zu beachten, dass Kundenbeziehungen Investitionen erfordern, die 81 sich gegebenenfalls erst im weiteren Verlauf der Beziehung bezahlt machen. Diesbezüglich kann für eine zukunftsorientierte Beurteilung anhand des langfristigen Kundenpotenzials argumentiert werden.

76

Vgl. Cornelsen , J., 2000, S. 185 Diller, H., 2001b, S. 876 78 Vgl. Cornelsen , J., 2000, S. 234 79 Vgl. Krüger, S.M., 1997, S. 114 80 Vgl. Müller, S. et al., 2003, S. 598 81 Vgl. ebd. 77

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Die Verfolgung des Konzeptes des Customer-Lifetime-Value als Zielgröße im Marketing, stellt ein Konzept dar, dass sich an dem langfristigen prospektiven Wert einer Kundenbeziehung orientiert. Dies führt zu einer mehrperiodigen Betrachtung des Kundenwertes, mit dem der Effekt der gegenwärtigen Kundenbindung auf zukünftige Erlösströme bis zum Ende der Kundenbeziehung berücksichtigt wird. Prinzipiell bleibt festzuhalten, dass auch der langfristige Kundenwert auf denselben Bestimmungsfaktoren Umsatz, Kundenerfolg, Referenzwert, 82 Informationswert und Cross Selling-Wert basiert. Gemäß einer kurzen Einleitung, den Ansatz des Customer-Lifetime-Value betreffend, wird im kommenden Abschnitt eine Definition des Customer-Lifetime-Value erarbeitet. 3.1

Definition Customer-Lifetime-Value

Infolge dieses Kapitels soll versucht werden eine Arbeitsdefinition zum Customer-Lifetime-Value abzugrenzen und festzulegen. Mit Hilfe einschlägiger Literatur werden die unterschiedlichen Ansätze verschiedener Autoren differenziert betrachtet und dargestellt. Wie bereits angeführt, umfasst ein ganzheitliches und anbieterorientiertes Kundenwertverständnis alle Beiträge eines Kunden zum Unternehmenserfolg. Durch die Erweiterung der prospektiven Sichtweise, wird der Kundenwert nicht weiter auf die bisher zurechenbaren Umsätze und Kosten beschränkt, sondern auf die gesamte Geschäftsbeziehung ausgedehnt. Ausgehend davon, das die Bindung eines Kunden nur dann als erstrebenswert anzusehen ist, wenn das Verhältnis von Aus- und Einzahlungen im Lebenszyklus der Geschäftsbeziehung als positiv erachtet wird, wird der Customer-Lifetime-Value als dynamischer Ansatz der 83 Kundenbewertung herangezogen. Dieser Aussage schließen sich Andon et al an, indem sie den Customer-Lifetime-Value wie folgt beschreiben. „Customer lifetime value… attempts to look forward. It estimates the net present 84 value of current and future cash flows driven by a particular customer or segment.” Insbesondere Dwyer führte den Customer-Lifetime-Value in die Marketing-Literatur ein. Er beschreibt ihn als eine Dynamisierung der kundenbezogenen Erfolgsrechnung über die 85 Totalperiode der Geschäftsbeziehung. Methodischer Ausgangspunkt sind dabei die monetären Ströme, die diskontiert werden, um das Risiko weiter in der Zukunft liegender Einnahmen zu operationalisieren. Dwyer schreibt dazu weiter, dass sich der Customer-Lifetime-Value daraus ergibt, dass man für die angenommene Dauer einer Geschäftsbeziehung die zu erwartenden Ein- und Auszahlungen auf den Gegenwartszeitpunkt abzinst und somit den Gegenwartswert der Geschäftsbeziehung 86 errechnet. Müller und Gelbrich verfassten fünf definierende Grundaussagen über den Customer-LifetimeValue: I. II.

„Es ist die Differenz aus direkt zurechenbaren Rückflüssen und Kosten zu bilden. Dies entspricht einem Netto-Wert. Man berechnet einen Barwert: Künftige Zahlungsströme, werden auf den heutigen Zeitpunkt diskontiert. Diese „Wertminderung“ ist sinnvoll, denn ersten[sic!] sind künftige Zahlungen unsicher, und zweitens könnte die Firma ihr Geld alternativ ebenso gut am Kapitalmarkt anlegen.

82

Vgl. Cornelsen , J., 2000, S. 235 Vgl. Haller, S., 2002, S. 107 Andon, P.et al., 2003, S. 301 85 Vgl. Dwyer, F.R. et al., 1987, S. 11ff 86 Vgl. Dwyer, F.R., 1989, S.13ff 83 84

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III. IV. V.

Der Begriff „Lifetime“ bezieht sich auf die Dauer der Beziehung zwischen Anbieter und Nachfrager. Ihr vermutliches Ende ist zu prognostizieren. Rückflüsse können monetärer (Umsatz) oder nicht-monetärer Natur sein (z.B. Referenzpotenzial). Um letztere in die Formel einzubeziehen, müssen sie in Geldeinheiten ausgedrückt werden. 87 Die Definition berücksichtigt keine Rückflüsse und Kosten der Vergangenheit.“

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass der Customer-Lifetime-Value als monetäres und dynamisches Verfahren die dem Kunden direkt zurechenbaren Ein- und Auszahlungsströme während der gesamten Beziehungsdauer zum Gegenstand hat. Auf Basis dieser Kundenbewertung über die gesamte Beziehungsdauer hinweg können hohe Investitionen in loyale Kunden gerechtfertigt werden. Weiter kann dadurch mit Hilfe eines kundenindividuellen Managements die Identifikation, Selektion und Förderung profitabler und gewinnbringender Kunden unterstützt werden. Nach dem Versuch eine Definition des Customer-Lifetime-Value in diesem Abschnitt zu erarbeiten, wird im Folgenden näher auf die Kernelemente dieses Ansatzes eingegangen. Eine differenzierte Betrachtung erfolgt dabei zu den Punkten Kundengewinnung, kundenorientierte Kernleistungen, Kunden-beziehungsmanagement und Kundenmonitoring. 3.2

Die Kernelemente des Customer- Lifetime- Value

Nachdem im vorherigen Abschnitt der Customer-Lifetime-Value als monetäres und dynamisches Verfahren zur Kundenbewertung definiert wurde, dass sich an der gesamten Beziehungsdauer einer Geschäftsbeziehung orientiert, werden im nachfolgenden Teil die Kernelemente dieses Ansatzes differenziert erläutert. Anliegend dazu wird die Ausgestaltung der Management- sowie Marketingaktivitäten i.S. des Customer-Lifetime-Value aufgegriffen und ergänzt. Ein Aufbau in Kundengewinnung, kundenorientierte Kernleistung, Kundenbeziehungsmanagement und Kundenmontoring wird dabei vorgenommen. Betrachtet man die herkömmlichen Kundenmanagement-Konzepte, so erfolgt hier eine segmentorientierte Spezifikation der Marketing- und Vertriebsmaßnahmen. Mit Aufkommen des Customer Relationship Management kam eine zusätzliche Prozessorientierung hinzu, die eine erhöhte Kundenbindung sowie eine Steigerung der Kundenprofitabilität zum Ziel hat. Greift man diese Strategie auf und erweitert sie um die Ausgestaltung aller Vertriebs- und Marketingaktivitäten nach dem Kundenwert (i.S. des Customer-Lifetime-Value), wird somit eine individuelle Gestaltung der Kundenbeziehung nach den zu erwartenden Beiträgen für das Unternehmen möglich. Diese Ausgestaltung, der am Kundenwert ausgerichteten Strategie der Kundenorientierung wird 88 auch als Customer-Lifetime-Value-Management (CLV-M) bezeichnet. Durch dieses selektive Kundenmanagement, ist es möglich für einzelne Kunden die richtigen Maßnahmen zum richtigen Zeitpunkt, sprich seinem Lebenszyklus angepasst, auszuwählen und einzusetzen (weitere Ausführungen zum Kundenbeziehungs-Lebenszyklus folgen in Abschnitt 3.3 ab Seite 36). Somit wird dem Unternehmen ein Instrument zu noch größerer Individualgestaltung von Kundenbeziehungen gegeben. Der Wirkungsgrad des CLV-M ist dabei sehr weitläufig und kann auf die Bereiche Kundengewinnung, kundenorientierte Kernleistung, Kundenbeziehungsmanagement und Kunden-monitoring fortgesetzt werden. Die konsequente Umsetzung des CLV-M erfordert eine Berücksichtigung des Kundenwert89 Gedanken schon bei der Akquisition von Kunden. Entsprechend der Einflussfaktoren des Kundenwertes müssen schon die in der Akquisitionsphase anfallenden Kosten in den Customer-Lifetime-Value aufgenommen werden. „Ziel der Kundengewinnung im Rahmen des 87

Müller, S. et al., 2003, S. 599 Vgl. Zezlilj, G., 2000, S. 10f 89 Vgl. Zezlilj, G., 2000, S. 16 88

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CLV-M ist … die Identifikation, Auswahl, Überzeugung und Akquisition primär der attraktivsten 90 Zielgruppen.“ Die attraktivsten Zielgruppen nach der Definition des Customer-Lifetime-Value sind folglich die Kunden mit dem höchsten potenziellen Kundenwert. Zur Identifikation dieser attraktiven Zielgruppen schon im Vorfeld wird eine Segmentierung bzw. Bewertung von Zielgruppen vorgenommen, auf die in diesem Rahmen nicht weiter eingegangen wird. Diese so identifizierten attraktiven Zielgruppen werden weiter, im Rahmen des CLV-M mit zielgruppenspezifischen Angebots-, Kommunikations- und Vertriebs-strategien, für das Unternehmen versucht zu akquirieren. Des Weiteren stellt die kundenorientierte Kernleistung und dessen kundenlebenszyklusorientierte Weiterentwicklung einen Bestandteil des CLV-Managements dar. Darin beinhaltet sind das Innovationsmanagement, die Preisgestaltung, die Optimierung 91 der Produkte und Dienstleistungen sowie die Steuerung der dazu notwendigen Prozesse. Über die kundenorientierte Kernleistung soll Kunden ein bedürfnisgerechtes Leistungspaket zusammengestellt werden, wobei die Höhe des Zusatznutzens durch den individuellen Kundenwert gesteuert wird. Der dritte Schlüsselprozess im CLV-M beschreibt das Kundenbeziehungs-management. Dies umfasst ein nach dem Customer-Lifetime-Value orientierte Kundenbetreuung sowie Kundenbindung. In diesem Rahmen werden der Aufbau von Kundenbeziehungen sowie der Einsatz von Kundenbeziehungskonzepten, wie z.B. Customer Care oder Beschwerdemanagement individuell in Abhängigkeit vom Customer-Lifetime-Value eingesetzt. Um all diese genannten kundenindividuellen Maßnahmen und Aktivitäten gewährleisten zu können, bedarf es einer umfassenden Bereitstellung von Informationen bezüglich der Kunden, ihrer aktuellen und zukünftigen Bedürfnisse, sowie der Entwicklung ihres Kundenwertes. „Dieses entscheidungsrelevante Wissen über Kunden zu generieren und daraus 92 Handlungsoptionen abzuleiten ist Hauptaufgabe des Kundenmonitoring im CLV-M.“ Zusammenfassend liefert das Kundenmonitoring die Grundlage für die Planung, Steuerung und Kontrolle aller auf den Kunden ausgerichteten Marketing-Aktivitäten. Generell können die Kernelemente des Customer-Lifetime-Value auf die Orientierung und Verteilung aller Maßnahmen im Rahmen eines Kundenmanagements, in Abhängigkeit des individuellen Customer-Lifetime-Value reduziert werden. Der Customer-Lifetime-Value dient dabei insgesamt als Regler des Einsatzes aller Marketing- sowie Managementaktivitäten. Nachfolgend der Betrachtung der Kernelemente des ganzheitlichen Ansatzes der Kundenbewertung, wird im nachstehenden Abschnitt der Kundenbeziehungs-Lebenszyklus, als das dem Customer-Lifetime-Value zugrunde liegende Modell ergänzt. 3.3

Der Kundenbeziehungslebenszyklus

Anschließend der Darstellung der Kernelemente des Customer-Lifetime-Value im vorherigen Abschnitt, wird nunmehr als Basis dieses Ansatzes der Kundenbeziehungs-Lebenszyklus bestimmter erörtert. Als wesentliche Herausforderung und Kernpunkt von Kundenlebens-zykluskonzepten ist die 93 Prognose des Beziehungsverlaufes zu nennen. Richtungweisend dabei ist, dass nicht nur Produkte, sondern auch Kundenbeziehungen einem Lebenszyklus unterliegen. Diller definiert den Kundenbeziehungslebenszyklus als ein „…dem Produktlebenszyklus angelehntes idealtypisches Modell der Dynamik einer Geschäftsbeziehung…, das der 94 Unterstützung des Beziehungsmarketing dient.“ 90

Vgl. Zezlilj, G., 2000, S. 16 Vgl. Zezlilj, G., 2000, S. 19 ebd., S. 124 93 Vgl. Rudolf-Sipötz, E., 2001, S. 44 91 92

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In Anlehnung an den Produktlebenszyklus differenziert er dabei in sechs Phasen, die sich aus der Theorie der Geschäftsbeziehung und des Beziehungsmarketing heraus begründen lassen. Diese Phasen sind die Vor-Beziehungs-, Start-, Penetrations-, Reife-, Krisen- und Trennungsbzw. die Revitalisierungsphase. Die erst Vor-Beziehungsphase ist durch eine einleitende Unwissenheit, sowohl seitens des Kunden als auch des Anbieters gekennzeichnet. In dieser Phase werden ausschließlich Informationen ausgetauscht, es erfolgen keine Geschäftsabschlüsse. In Abhängigkeit zu dem jeweiligen Kaufrisiko ist diese Phase mehr oder weniger lang. Auch die darauf folgende Startphase ist noch von vorsichtigem Kaufverhalten gekennzeichnet. Mit wachsender Zufriedenheit seitens der Kunden kann die Geschäftsbeziehung intensiviert werden. Durch unterschiedlichste Bindungskräfte entsteht eine Aufwärtsentwicklung der Geschäftsbeziehung in der Penetrationsphase. In der darauf folgenden Reifephase sind die Wachstumspotenziale ausgeschöpft und der Höchststand der Kundenbeziehung wird hier mehr oder minder lange gehalten. Die fünfte Phase, die Krisenphase ist durch eine sinkende Penetration gekennzeichnet. Diese kann z.B. durch das Aufkommen von Substitutionanbietern oder das Streben der Kunden nach Abwechslung in ihrem Kaufverhalten (variety seeking), begründet sein. Gelingt in dieser Phase keine Revitalisierung der Kundenbeziehung kommt es zur Trennungsphase und somit zum Ende der 95 Geschäftsbeziehung. Im Rahmen des Beziehungsmarketing stellt ein Kundenlebenszyklus-Modell in sofern einen Nutzen dar, als dass sich daraus spezifische Ausgestalten je nach Lebensphase anpassen lassen. So sind in den frühen Phasen besonders ein hoher Informationsfluss zum Kunden sowie der Aufbau von Vertrauen von Wichtigkeit. Nachdem weiter durch Kundenzufriedenheit die Kundenbindung gefestigt wird, gilt es in der Penetrationsphase z.B. durch Cross Selling weitere Kundenpotenziale zu erschließen. In dieser Phase ist es auch möglich die Kundenbeziehung 96 vertraglich weiter auf einem bestimmten Niveau zu halten. Dwyer et al. verfolgen bei der Vorstellung eines ganzheitlichen Beziehungs-Lebenszyklus fünf 97 Phasen: awareness, exploration, expansion, commitment und ggfs. dissolution. Die Beschreibung der Inhalte der verschiedenen Phasen erfolgt dabei grob in Anlehnung an das beschriebene Modell von Diller. Bruhn et al jedoch unterteilt den Kundenlebenszyklus in lediglich drei Phasen: die Akquisitionsphase, die Bindungsphase und die Rückgewinnungsphase. Die Akquisitionsphase ist durch erste Käufe gekennzeichnet. Durch eine anfängliche Zufriedenheit seitens der Kunden kann nur in der Bindungsphase eine Intensivierung der Kundenbeziehung erfolgen. In dieser Phase soll die Loyalität und Bindung der Kunden sowohl auf ökonomischer- als auch auf emotionaler Ebene intensiviert werden. In der Rückgewinnungsphase ist bereits eine negative Tendenz der Kundenbindung zu erkennen, die nun wieder dem alten Bindungsniveau angenähert werden soll. Mit erfolgreicher Rückgewinnungsphase erfolgt im Anschluss eine 98 erneute Bindungsphase. „Je nach Phasenzugehörigkeit eines Kunden müssen modifizierte, kundenindividuelle Marketingzielsetzungen festgelegt werden, zu derer Realisierung der CLV zur umfassenden 99 Planung, Steuerung und Kontrolle von Kundenbeziehungen genutzt werden kann.“ Die Beziehungsdauer ist beim Customer-Lifetime-Value vor allem deshalb von Bedeutung, da Kundenakquisitionskosten und andere Anfangsinvestitionen mit zunehmender Kundenbeziehungsdauer an Gewicht verlieren. „Wichtige Orientierungspunkte zur 94 95 96 97 98 99

Diller, H., 2001b, S. 865 Vgl. Diller, H., 2001b, S. 865 Vgl. Diller, H., 2001b, S. 866 Vgl. Dwyer, F.R. et al.,1987, S. 15ff Vgl. Bruhn et al., 2000, S. 179 ebd., S. 181

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prognostischen Bestimmung der Länge der Beziehung sind Kundenzufriedenheits- und Loyalitäts-Analysen. CSI (Customer Satisfaction Index) und CLI (Customer Loyalty Index) 100 liefern hier die relevanten Indikatoren.“ Auch können zur Errechnung der erwarteten Beziehungsdauer statistische Werte, wie z.B. die durchschnittliche Lebenserwartung, 101 hinzugezogen werden. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass wenn es wie bei Privatpersonen einen natürlichen Lebenszyklus gibt, das Wertpotenzial des Kunden lebenszeitbedingt schwindet. Die Analyse dieser Lebenszyklen kann im Rahmen eines Beziehungsmarketings sowie einer Kundenanalyse Aufschlüsse über die Potenziale einer Anbieter-Kunden-Beziehung geben. Nachdem in diesem Abschnitt der Kunden-Lebenszyklus als Basis des ganzheitlichen Modells des Customer-Lifetime-Value ergänzt wurde, wird des Weiteren eine Betrachtung der Kalkulation zu diesem Ansatz erfolgen. 3.4

Kalkulation zum Customer-Lifetime-Value

Nach einer Begriffsbestimmung sowie einer Erörterung der Kernelemente des Ansatzes des Customer-Lifetime-Value in den vorherigen Abschnitten, befasst sich dieser nachstehende Teil mit der Kalkulation des Kundenwertes in diesem Sinne. Eine differenzierte Darstellung der einzelnen Berechnungsansätze soll dabei vorgenommen werden. Die bisherigen Ausführungen beschreiben den Customer-Lifetime-Value als monetäres, dynamisches Verfahren, das die Bestimmung der dem Kunden direkt zurechenbareren Ein- und Auszahlungsströme während der gesamten Beziehungsdauer zum Gegenstand hat. Insbesondere die Berücksichtigung der nicht-monetären Wertkomponenten beschreibt dabei die ganzheitliche Betrachtung des Kundenwertes. Unter Einbeziehung aller Werttreiber wird nachstehend versucht eine umfassende Berechnungsformel darzustellen. „Der Customer Lifetime Value-Ansatz im allgemeinen Sinne ist ein Berechnungsverfahren, das 102 Prinzipien der dynamischen Investitionsrechnung auf Kundenbeziehungen überträgt.“ Nach dem investitionstheoretischem Ansatz lassen sich der potenzial CLV und der present CLV unterscheiden. Der potential CLV entspricht dabei grundsätzlich dem Kundendeckungsbeitragspotenzial. Hier werden die Zahlungsströme ohne Berücksichtigung eines Referenzzeitpunktes kumuliert. Der present CLV dagegen entspricht dem CustomerLifetime-Value i.e.S und ermittelt anhand der Abzinsung von Zahlungsströmen den 103 gegenwärtigen Wert eines Kunden (siehe Abbildung 8). Weiter beschreiben Bruhn et al eine Einbeziehung von Interaktionswerten sowie einer Retention 104 Rate . Die Interaktionswerte beschreiben dabei die bereits in Abschnitt 2.3 bis 2.5 beschriebenen nicht-monetären Wertkomponenten. Die Einbeziehung der Retention Rate soll 105 die Unsicherheit bzw. das Risiko der Beziehungserhaltung integrieren. Das folgende Schaubild zeigt die Formeln zur Berechnung eines investitionstheoretischen Customer-LifetimeValue (Abbildung 8).

100

Wilkens, C., 2000, S. 3 Vgl. ebd. 102 Bruhn et al., 2000, S. 170 103 ebd., S. 172 104 Wiederkaufwahrscheinlichkeit 105 Vgl. Bruhn et al., 2000, S. 173ff 101

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Abbildung 4: Customer Lifetime Value Customer Lifetime Value (Potential Value)

T

CLV = − I O + ∑ xt ∗ ( p − k ) − M t t =0

Customer Lifetime Value (Present Value)

T

CLV = − I O + ∑ t =0

Customer Lifetime Value (Present Value mit Retention Rate)

xt ∗ ( p − k ) − M t

(1 + r )t

T

CLV = − I O + ∑ ( xt ( p − k ) − M t ) ∗ t =0

t T Kunde bleibt xt p k Mt r R I0

Rt (1 + r )t

= Jahr = voraussichtliche Zahl der Jahre, in denen der Umworbene = Abnahmeprognose für Jahr t = (Kundenindividueller) Produktpreis = Stückkosten = kundenspezifische Marketingaufwendungen im Jahr t = Kalkulationszinsfuss = Retention Rate = Akquisitionskosten im Zeitpunkt t = 0 Quelle: Bruhn et al., 2000, S. 173

Durch die Einbeziehung der Retention Rate in die Berechnung des Customer-Lifetime-Value wird ein zusätzliches kundenspezifisches Risiko berücksichtigt. „Ausgehend von der Annahme, dass die Beziehung zum Kunden langfristig sein wird, werden die Ein- und Auszahlungsströme um die Wahrscheinlichkeit, dass die Kundenbeziehung für die nächste Periode bestehen bleibt, mittels einer Retention Rate korrigiert. Dieser kann einen Wert zwischen null 106 (Beziehungsbeendigung) und eins (sichere Beziehungsweiterführung) annehmen.“ Im Rahmen dieser investitionsrechnerischen Ansätze wird insbesondere auf die kapitalwertorientierte Ermittlung von Kunden-Lebenszykluswerten eingegangen. „Generell bezeichnet der Kapitalwert einer Kundenbeziehung die Summe der Barwerte aller auf den Zeitpunkt t0 abzudiskontierten Einzahlungen und Auszahlungen, die dem Kunden in Zukunft 107 ursächlich zurechenbar sind.“ Wesentlich für die kundenbezogene investitionsrechnerische Kapitalwertrechnung ist neben den Daten der kundenindividuellen Zahlungsgrößen, insbesondere der Diskontierungsfaktor, der das zeitlich unterschiedliche Auftreten von Ein- und Auszahlungen finanzmathematisch berücksichtigt. Die Höhe dieses Diskontierungsfaktors wird von verschiedenen Faktoren beeinflusst, wie z.B. von der durchschnittlichen Höhe der Kapitalmarktverzinsung, der Inflationsrate, dem Konjunkturverlauf sowie einer 108 Risikoeinschätzung des Entscheiders. Gegenüber Bruhn, der diese Risikoerwägung einer 109 vorzeitigen Beendigung der Geschäftsbeziehung in einer Retention Rate ausdrückt , schlagen 110 111 Cornelsen und Rudolf-Sipötz vor, einen Risikozuschlag im Diskontierungssatz einzukalkulieren (siehe Ausführungen zum Present Value mit Retention Rate S.40f). Müller/ Gelbrich beschreiben den Diskontierungszinssatz als Marktzins weniger Preissteigerung, sprich 112 Inflation. Wie jedoch eingangs festgelegt, setzt sich der Customer-Lifetime-Value, zusätzlich zu den eben erwähnten Bestandteilen, auch aus nicht-monetären Werttreibern zusammen. Es gilt diese

106

Bruhn et al., 2000, S. 174 Cornelsen , J., 2000, S. 140 108 Vgl. Rudolf-Sipötz, E., 2001, S. 47 109 Vgl. Bruhn et al., 2000, S. 173ff 110 Vgl. Cornelsen , J., 2000, S. 140 111 Vgl. Rudolf-Sipötz, E., 2001, S. 47 112 Vgl. Müller, S. et al., 2003, S. 610 107

19

Bestandeile in einer umfassenden Berechnungsformel zu integrieren und damit einen ganzheitlichen Customer-Lifetime-Value als Ergebnis zu erhalten. Bauer et al legen dar, dass es noch keinen Ansatz und insbesondere keine Berechnungsformel 113 zum Customer-Lifetime-Value gibt, die „…alle relevanten Komponenten des CLV…“ berücksichtigt. Diesbezüglich entwickelten sie die in der folgenden Abbildung neun dargestellte umfassende Berechnungsformel, die sowohl Umsatz- und Kostengrößen als auch indirektmonetäre Erfolgsbeiträge, wie den Informationswert und Referenzwert beinhaltet. Der darin aufgeführte Kooperations- und Innovationswert soll dabei das Potenzial eines Kunden darstellen, durch Anregungen und Know How-Transfer, Produkt- oder Prozessinovationen im 114 Dispositionsbereich des Anbieters einzubringen. Im Gegensatz zu dem im Anschnitt 2.5 erläuterten Cross Selling, das den Verkauf anderer Produkte eines Sortimentes des Anbieters beschreibt, fasst das hier gezeigte Up Selling einen Verkauf von höherwertigen Modellen eines 115 Produktes ab. Abbildung 5 : Umfassende Berechnungsformel für den Customer Lifetime Value

Umfassende Berechnungsformel für den Customer Lifetime Value

 t ( AU tk + US tk + CS tk + RWtk ) − (MK tk + PK tk )   btk ∗  t (1 + r )   CLV k = − AK k + ∑    InfoWtk + KoopWtk + InnoWtk   AuK k t  t b − btkt −1 ∗ (1 − btk ) ∗ + ∗     (1 + r )t tk  (1 + r )t   T

(

CLVk AKk btk AUtk UStk CStk RWtk MKtk PKtk AuKtk InfoWtk KoopWtk InnoWtk r

)

= CLV des Kunden k = Akquisitionskosten des Kunden k = Bindungsrate des Kunden k in Periode t = Autonomer Umsatz des Kunden k in Periode t = Up Selling-Umsatz des Kunden k in Periode t = Cross Selling-Umsatz des Kunden k in Periode t = Deckungsbeiträge aus Weiterempfehlungsaktivitäten des Kunden k in Periode t (Referenzwert) = Marketingkosten, die für die Bindung des Kunden k in Periode t anfallen = Kosten, die für die Bedienung des Kunden k in Periode t anfallen (Produktund Servicekosten etc.) = Auflösungskosten der Beziehung mit Kunde k = Informationswert des Kunden k in Periode t = Kooperationswert des Kunden k in Periode t = Innovationswert des Kunden k in Periode t = Diskontierungszinssatz Quelle: Bauer H.H. et al., 2002, S. 330

Der in dieser umfassenden Berechnungsformel integrierte Grad der Kundenbindung soll als Indikator die Stabilität der Kundenbeziehung widerspiegeln. Sie beschreibt, wie viel ein Kunde tatsächlich weiterhin im Unternehmen umsetzt. Da dieses stark selbst veränderliche und höchst instabile Konstrukt der Kundenbindung selbst einem Lebenszyklus unterliegt, können

113

Bauer H.H. et al., 2002, S. 329 Vgl. Rudolf-Sipötz, E. et al., 2001, S. 49ff 115 Vgl. Bauer H.H. et al., 2002, S. 329 114

20

116

kundenindividuelle Prognoseprobleme entstehen. Auch Cornelsen stellt die Kundenbindung 117 als statisch gemessene Variable als Fehlerquelle für Prognoseungenauigkeiten dar. An dieser Stelle wird auf eine weitere Betrachtung der Fehlerquellen sowie Probleme der Berechnungen im Einzelnen nicht eingegangen. Eine ausführliche Begutachtung der Berechnungsformeln erfolg im nachstehenden Abschnitt 3.6 (Seite 53). Zusammenfassend basiert die Berechnung des Customer-Lifetime-Value auf einer Prognose der zukünftigen Einnahmen und Ausgaben einer Kundenbeziehung. Diese prognostizierten Einnahmen und Ausgaben werden gemäß der dynamischen Investitionsrechnung bewertet, d.h. „…zukünftige Erträge werden mit einem Diskontierungsfaktor abgezinst, und es erfolgt eine 118 Aufsummierung der diskontierten Differenzen aus Einnahmen und Ausgaben.“ Demnach kann diese nachstehende vereinfachte Formel zur Berechnung des Customer-Lifetime-Value abgrenzt werden (Abbildung 10). Abbildung 6: Vereinfachte Formel zum Customer Lifetime Value n

CLV = ∑ t =0

et − at t

(1 + i )

= e0 − a 0 +

e1 − a1 e2 − a 2 e − an + + ... + n 2 (1 + i ) (1 + i ) (1 + i )n

Quelle: Vgl. Homburg, C. et al., 2003, S. 1023

Inwieweit in diese vereinfachte Formel zur Bestimmung des Customer-Lifetime-Value nichtmonetäre Wertbestandteile des Kundenwertes, wie der Referenzwert, der Informationswert oder weitere Determinanten einbezogen werden, kann individuell, je nach Bedarf oder Datenbestand des Marketingcontrollings gesteuert werden. Nach einer umfangreichen Ausführung, die Kalkulation zum Customer-Lifetime-Value betreffend, erfolgt im folgenden Abschnitt eine Analyse dieses Ansatzes. Separat werden dabei die aufgegliederten Werttreiber der Berechnung zum Customer-Lifetime-Value diskutiert. 3.5

Analyse des Customer-Lifetime-Value

Nachdem bisher sowohl die Grundlagen, die Bestimmungsfaktoren sowie die Kalkulation zum Customer-Lifetime-Value in diesem Kapitel abgehandelt wurden, folgt weiter eine kritische Analyse sowohl der Determinanten als auch der daraus resultierenden Synergien dieses Ansatzes. Nach einer Beschreibung der Wirkungen dieser bestimmenden Faktoren des Customer-Lifetime-Value erfolgt eine differenzierte Betrachtung der einzelnen Potenzialgrößen zur Steigerung dieser. 3.5.1

Erfolgsauswirkungen der Determinanten des Customer-Lifetime-Value

Soweit nicht bereits in den Ausführungen zu den einzelnen Bestimmungsfaktoren (siehe 2.2 bis 2.5) auf die Wirkung dieser oder daraus resultierenden Synergien näher eingegangen wurde, soll dies im beifolgenden Abschnitt erfolgen. Anlehnend an einem Wirkungsmodell der Determinanten von Rudoph-Sipötz et al. sollen die Potenzialgrößen des Customer-LifetimeValue zusammengefasst werden. Aufgrund der Komplexität erfolgt eine Aufteilung der Potenzialgrößen. Anschließend der Potenziale zur Steigerung des Umsatzes werden die Potenziale zur Senkung der Kosten und die zur Verlängerung der Kundendauer genauer diskutiert.

116

Diller, H., 2001a, S. 21 Vgl. Cornelsen , J., 2000, S. 267 118 Homburg, C. et al., 2003, S. 1022 117

21

3.5.2

Potenzial zur Steigerung des Umsatzes

Wie bereits in Abschnitt 2.5 angeführt, kann durch Cross Selling das Kundenpotenzial besser ausgeschöpft und der Kundenwert dadurch gesteigert werden. Vorrangig beim Cross Selling steht der Umsatzeffekt. Durch Ausschöpfen des Cross Selling Potenzials eines Kunden wird das Geschäftsvolumen erweitert und somit eine Umsatzsteigerung für die Unternehmung generiert. Weiter resultieren daraus eine Verbesserung der kundenindividuellen Ertragsposition sowie eine durch die Umsatzsteigerung beigetragene Erhöhung des Unternehmenserfolgs. Von einer Kannibalisierung des Cross Selling kann dabei jedoch nicht die Rede sein, denn der Definition nach, handelt es sich beim Cross Selling um Zusatzverkäufen unabhängiger Leistungen aus 119 anderen Geschäftsbereichen. Ebenso wie das Cross Selling Umsatzeffekte für den Anbieter generiert, wird dies auch durch das Referenzpotenzial in indirekter Weise umgesetzt. Durch positive Referenzaktivitäten werden Neukunden akquiriert, die wiederum den Umsatz bzw. Ertrag des Anbieters positiv beeinflussen. Weiterhin kann eine enge Verbindung des Referenzpotenzials mit der Kundenzufriedenheit festgehalten werden. Aus zufriedenen Kunden werden loyale Kunden, die Wiederkäufe und 120 damit Umsätze für die Unternehmung bedeuten. Das Informationspotenzial unterstützt durch wertvolles Feedback insbesondere den Leistungsinnovationsprozess des Anbieters und ist damit als strategischer Wettbewerbsvorteil 121 zu bewerten. Weiterhin können durch die vom Informationspotenzial induzierte Prozessoptimierung weitere Kosten- und Qualitätseffekte eintreten. Zusätzlich kann eine Mitarbeitermotivation durch vermehrtes Kundenfeedback verzeichnet werden, die sich im 122 weiteren Verlauf effizient auf die Leistungserstellung sowie dessen Qualität auswirken kann. Diller ordnet das Informationspotenzial eines Kunden „…den Sicherheitseffekten der Kundenbindung i.S. einer besseren Entscheidungs-grundlage für marktbezogenes Handeln 123 zu.“ Als weitere Potenzialgrößen beschreiben Rudolph-Sipötz et al. in ihrem Wirkungsmodell das Kooperations-, das Loyalitäts-, das Entwicklungs- sowie das Synergiepotenzial. Wie schon an anderer Stelle angeführt (Kapitel 3.4) kann das Kooperationspotenzial inhaltlich dem Informationspotenzial zugeordnet werden. Das Synergiepotenzial steht als weitere Determinante des Wirkungsmodells in Verbindung mit dem Kooperations- und Informationspotenzial. Es beschreibt interne Wechsel- und Verbundwirkungen, die Kunden im Kundenstamm auslösen. Als Indikator für ein großes Synergiepotenzial eines Kunden steht ein hoher Umsatzanteil am Gesamtumsatz des Unternehmens. Vor allem zeigt dies Kosteneffekte, die durch Verbundwirkungen von Kunden 124 untereinander Umsatz- und Erlöseffekte ergeben. 3.5.3

Potenzial zur Senkung der Kosten

Neben den gerade erläuterten Umsatzeffekten lassen sich auch Kosteneffekte des Cross Selling festmachen. „Indem Kunden zusätzliche Produkte verkauft werden, können die ohnehin

119

Vgl. Rudolph-Sipötz, E. et al., 2001, S. 50 Vgl. Cornelsen, J., 1998, S. 18ff 121 Vgl. Rudolph-Sipötz, E. et al., 2001, S. 50 122 Vgl. Rudolf-Sipötz, E., 2001, S. 132 123 Diller, H., 2001a, S. 304 124 Vgl. Rudolph-Sipötz, E. et al., 2001, S. 48ff 120

22

im Unternehmen anfallenden Fixkosten auf eine höhere Produktions- bzw. Absatzmenge verteilt 125 werden (Fixkosten-degression).“ Einhergehend damit können durch Cross Selling auch Kostensenkungs-möglichkeiten im Produktions- und Absatzbereich verzeichnet werden. Neben der Produktion höherer Stückzahlen eines bestimmten Produktes können Synergien, wie z.B. die Bündelung von Distributionswegen, geringerer Marktforschungsbedarf oder eine Anpassung der Marketingstrategie für die angebotenen Cross Selling Produkte entstehen, die zu erheblichen 126 Kostenersparnissen führen können. Weiter können Unternehmen durch Cross Selling nicht nur eine Möglichkeit zum Ausschöpfen des Kundenpotenzials gegeben werden, sondern führt dies meist zu niedrigeren 127 Fluktuationsraten und damit zu einer Reduktion der Akquisitionskosten. 3.5.4

Potenzial zur Verlängerung der Kundendauer

Grundsätzlich bestehen Beziehungen zwischen der Kundenzufriedenheit und dem Kundenwert. Gewöhnlich wirkt sich diese positiv auf die Dauer der Geschäftsbeziehung aus. Einschränkend ist jedoch zu beachten, dass sich das Potenzial zur längerfristigen Kundenbindung teilweise mit anderen Bestandteilen des Kundenwertes überschneidet. So hängt das Referenz-potenzial eines Kunden von dem Ausmaß seiner Zufriedenheit ab. Weiterhin wirkt sich Cross Selling auf die Kundenbindung aus. Im positiven Fall können beim Verkauf von Zusatzprodukten, wie z.B. Versicherungen oder Finanzierungen, Wechselbarrieren aufgebaut werden. Diese können auch einhergehend mit einer vertraglichen Bindung sein. Negativ wirkt sich das Cross Selling im Falle des variety seeking auf die Kundenbindung aus. Hierbei unterliegt der Kunde den allgemeinen Bedürfnissen nach produkt- bzw. marktbezogener Abwechslung und springt damit unvorhersehbar von Anbieter zu Anbieter. Das Loyalitätspotenzial eines Kunden bezeichnet „…die Affinität des Kunden zur Kontinuität in 128 der Beziehung mit einem bestimmten Anbieter…“ Es besteht also eine Verkettung des Loyalitätspotenzials mit der Kundenzufriedenheit sowie der Kundenbindung, auf die aufgrund ihrer Komplexität jedoch an dieser Stelle nicht näher eingegangen wird. Im Sinne des Entwicklungspotenzials ist das Kundenbeziehungs- oder Lebenszykluskonzept zu nennen. Es soll beschreiben, welche Potenziale ein Kunde für den weiteren Verlauf der 129 Kundenbeziehung noch innehat. Daraus lassen sich verstärkende oder dämpfende Wirkungen den Ertrag betreffend ableiten. Nachdem die Determinanten und Potenziale des Customer-Lifetime-Value Ansatzes detailliert erörtert wurden, schließt sich nun eine kritische Betrachtung dieses Ansatzes an. 3.6

Kritik am Customer-Lifetime-Value Ansatz

Schlussfolgernd der Analyse des Ansatzes zum Customer-Lifetime-Value folgt in diesem Abschnitt eine kritische Betrachtung dieser dynamischen Methode der Kundenbewertung. Dillers Kritik an einer theoretischen Fundierung des Kundenwertes an den Effekten der Kundenbindung, insb. die der dynamischen und zukunftsorientierten Konzepte des Kundenwertes, stellt er an neun Kundenwertkomponenten dar. Die folgende Abbildung 12 gibt die entsprechenden Charakteristika der Kundenteilwerte im Überblick wieder. 125

Cornelsen , J., 2000, S. 180 Vgl. ebd. Vgl. Rudolph-Sipötz, E. et al., 2001, S. 26 128 Rudolph-Sipötz, E. et al., 2001, S. 26 129 ebd., S. 20f 126 127

23

Daraus wird ersichtlich, “...dass eine Reihe von Komponenten nicht oder nur sehr schwer monetarisierbar sind, dass es sich z.T. um erst gesondert zu kalkulierende Opportunitätswerte handelt, dass z.T. keine Istwerte zur Ableitung der Potenziale vorliegen, dass es positive (wertsteigernde) wie negative (wertmindernde) Wertkomponenten gibt, dass eine kundenindividuelle Erfassung in zwei Fällen kaum möglich ist, dass Einflüsse des künftigen Anbieterverhaltens die Wertkomponenten unterschiedlich stark beeinflussen und dass einige 130 Wertbestandteile sich im Zeitablauf erschöpfen, andere nicht.“ Weiter zusammenfassend beschreibt er die Operationalisierung eines umfassenden validen und reliablen Kundenwertes 131 als äußerst schwierig und enorm kostenträchtig. Da Kundenlebenszyklen nicht nur aus natürlichen Gründen der Veralterung, sondern auch aufgrund von Präferenzverschiebungen der Kunden oder des Wettbewerbes enden, steht Diller 132 auch der Prognose der weiteren Entwicklung des Kundenlebenszyklus kritisch gegenüber. Auch Cornelsen sieht bei der Ermittlung des Customer-Lifetime-Value die Hauptschwierigkeit 133 bei der Prognose des zukünftigen Beziehungsverlaufes. Neben der Abhängigkeit der weiteren Kaufaktivität, die insbesondere von dem Grad der jeweiligen Kundenbindung abhängt, kommt hinzu, dass die Kundenbindung unterschiedliche qualitative Facetten aufweist. Die folgende Loyalitätstreppe macht abbildbar, dass die Kundenwerte davon abhängen können welche Qualität die Kundenbindung erreicht hat 134 (Abbildung 13). Abbildung 7: Loyalitätstreppe und Kundenwert Start der Geschäftsbeziehung Loyalität Vertrauen Commitment Bekanntheit Bekanntheitsgrad

Bekanntheits-Wert (KundenGewinnungsKosten/ KG)

Wiederkaufwahrscheinlichkeit

Basis-Wert KG-Kosten

Kompetenz Präferenz

Cross-SellingWert Penetrationswert Transaktionskosten

Treue Begeisterung

Refenenzwert Preispremium Informationswert

Quelle: Diller, H., 2002, S. 317

Nach dem Start der eigentlichen Geschäftsbeziehung, die den ersten Kaufakt voraussetzt, durchläuft die Kundenbindung drei Stufen: Commitment, Vertrauen und Loyalität. Erreicht eine Kundenbeziehung den Grad der Loyalität, empfiehlt der Kunde aktiv weiter und zeigt eine hohe 130

Diller, H., 2001a, S. 26 Vgl. ebd., S. 26f Vgl. Diller, H., 2002, S. 315f 133 Vgl. Cornelsen, J., 2000, S. 236 134 Vgl. Diller, H., 2002, S. 316 131 132

24

Bereitschaft die Kundenbeziehung auch unter erschwerten Bedingungen (z.B. einen höheren Preis) aufrechtzuerhalten. Demzufolge hängen der Referenzwert, das Preispremium und der 135 Informationswert vom errechneten Ausmaß der Loyalität ab. Um grobe Fehleinschätzungen den Kundenwert betreffend zu vermeiden, wird man in praxi nicht umhin kommen, Kundenbindungsdaten häufig zu aktualisieren. Dem Konzept des Customer-Lifetime-Value legt Diller zusammenfassend so gravierende Informationsprobleme auf, dass er es zunächst nur als gedanklichen Ansatz und nicht als 136 realistisches Kundenbewertungsverfahren betrachtet. Nach Rudolph-Sipötz liegen die Probleme bei der Berechnung des Customer-Lifetime-Value insbesondere in der Prognose der laufenden Marketingkosten, die es bedarf einen Kunden zu 137 pflegen. Besonders kritisch dabei ist, dass das Kundenverhalten auf bestimmte Marketingmaßnahmen prognostiziert wird. Bestimmte Kundenverhaltensweisen, wie z.B. der Abbruch des Geschäftsverhältnisses oder eventuelles Up-Selling eines Kunden, sprich das Erwerben von höherwertigen Produktkategorien, sind schwer vorhersagbar. Bruhn et al. unterscheiden grundsätzlich prozessbedingte (sich aus der Berechung ergebende) und systembedingte (sich aus dem Umfeld ergebende) Problemfelder bei der Berechnung des Customer-Lifetime-Value. Als prozessbedingt stehen Zeit-, Qualitäts- und Kostenprobleme in kausalem Zusammenhang. Das Hauptproblem hierbei stellen die Kosten dar, da die Erstellung eines Database Marketing hohe Investitions- sowie laufende Kosten darstellt. Systembedingte Problemfelder ergeben sich hinsichtlich des Relationship Controlling, des Rechnungswesens, 138 des Mitarbeiter- und des Qualitätsmanagements. Da die Kundenbindung eine im Zeitverlauf sehr veränderliche Variable darstellt, ist festzuhalten, dass mit Prognoseungenauigkeiten zu rechnen ist. Sich dieser Unsicherheitsproblematik 139 anzunähern bedarf es jedoch erheblichen Aufwand. Nach einer Untersuchung von Rudolph-Sipötz et al. werden Berechungen zum CustomerLifetime-Value als relativ sinnvoll eingestuft. Jedoch kommen sie in nur knapp fünf Prozent der Unternehmen zum Einsatz, was offensichtlich an dem Mangel an praktikablen 140 Berechnungsmethoden dafür liegt. Trotz der herausgearbeiteten Kritik, ersehen alle zitierten Autoren den Ansatz eines langfristigen und auf den Verlauf der Kundenbeziehung abgestimmten monetären Kundenwertes theoretisch als erstrebenswert und idealtypisch. An einer mustergültigen und allumfassenden Berechnungsformel für den Customer-Lifetime-Value wird weiterhin wissenschaftlich gearbeitet. Zusammenfassend lässt sich der Customer-Lifetime-Value als einen komplexen und aufwendigen Bewertungsansatz beschreiben. Da jedoch in Zukunft Bewertungsfragen im Bereich des Marketings wachsende Bedeutung erlangen werden, wird die langfristige Kundenwertbetrachtung als wünschenswert angesehen. Je mehr die Probleme der Datenbankund Informationssysteme sowie einer verursachungsgerechte Kostenzuordnung zu einzelnen Kunden eingeschränkt werden kann, desto leichter wird auch die Umsetzung einer Kundenbewertung im Rahmen des Customer-Lifetime-Value.

135

Vgl. Diller, H., 2002, S. 318 Vgl. Diller, H., 2001a, S. 26f 137 Vgl. Rudolf-Sipötz, E., 2001, S. 46 138 Vgl. Bruhn, M. et al., 2000, S. 184ff 139 Vgl. Cornelsen, J., 2000, S. 57ff 140 Vgl. Rudolph-Sipötz, E. et al, 2001, S. 63 136

25

4.

Fazit

Nach einer Fokussierung auf strategische Aspekte auf der Produkt- bzw. Leistungsebene rückte in naher Vergangenheit sowohl in Forschung als auch in der Praxis die Frage nach der Messung und Optimierung des Wertes von Kundenbeziehungen in den Mittelpunkt. Die Bestandsaufnahme in Kapitel zwei zeigt, dass sich der Kundenwert als zentrale Zielgröße im wertorientierten Marketingmanagement versteht. Im Rahmen des Methodenproblems des Kundenwertes, also seiner Modellierung und Operationalisierung, wird die Komplexität der Kundenbewertung greifbar. Deutlich wird, dass die in der Praxis gebräuchlichen Kundenbewertungsverfahren wie Kunden-Portfoliomodelle oder Umsatzund Kundenerfolgsanalysen keine ganzheitlich-monetären Kunden-werte ausweisen, die gerade im Beziehungsmarketing von großer Bedeutung sind. Auf diesen Erkenntnissen aufbauend, ist der Kunde nicht nur aufgrund „…seiner direkt-monetärer Transaktionen (Umsatz, Kundenerfolg, Cross Selling), sondern auch aufgrund indirekt-monetärer Informations- und Referenzaktivitäten 141 aus Anbieterperspektive wertvoll.“ Das darauf folgende Managementproblem des Kundenwertes zielt darauf ab die Kundenwert-potenziale auszuschöpfen und diese aktiv zu beeinflussen. Im Rahmen eines kundenwertbezogenen Marketingmanagements gilt es also strategische und operative Gestaltungselemente je nach Kundenwert zur Steuerung von Kundenbeziehungen heranzuziehen. Um bei der Evaluierung von Abnehmern nicht nur vergangenheitsorientierte Werte aus zurückliegenden Zahlungsströmen zu berücksichtigen, sondern Kunden anhand ihres langfristigen Potenzials zu beurteilen, kommt der Customer-Lifetime-Value zum Einsatz. Dabei gilt es die Effekte der gegenwärtigen Kundenbeziehung auf die zukünftigen Erlösströme bis zum Ende der Kundenbeziehung bzw. eines realistischen Planungszeitraumes zu projizieren. Diesem theoretisch außerordentlich nutzbringenden und erstrebenswerten Ansatz der Kundenbewertung stehen jedoch, wie im Kapitel drei herausgearbeitet, gravierende Informations- wie auch Unsicherheits-probleme gegenüber, die sich auch im Rahmen der Untersuchung ausdrücken. Letztendlich ist das Kundenwertmanagement im Unternehmen ein ständiger Prozess, der durch eine CRM-Strategie in geeigneter Weise angestoßen werden kann. Um die Vielfalt der Informationsquellen zu bewältigen, stehen die unterschiedlichsten Ansätze und Methoden zur Verfügung. Für welches Verfahren sich ein Unternehmen entscheidet, hängt von vielen Faktoren ab, vor allem aber von der Verfügbarkeit der Daten sowie von der Nutzung des ermittelten Kundenwertes. Angesichts der modernen wertorientierten Unternehmensführungskonzepte werden Kundenwertanalysen, trotz der offenen methodischen und managementbezogenen Fragen, zukünftig im Marketingbereich an Bedeutung gewinnen.

141

Cornelsen , J., 2000, S. 300

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Eidesstattliche Erklärung

Hiermit erkläre ich an Eides Statt, dass ich die vorliegende Arbeit selbständig und ohne unerlaubte Hilfe angefertigt, andere als die angegebenen Quellen nicht benutzt und die den benutzten Quellen wörtlich oder inhaltlich entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht habe.

Wolfenbüttel, den 24.03.2006

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