der aktuellen WHO-Klassifikation

Schwerpunkt: Pathologie der Mamma Pathologe 2014 · 35:7–17 DOI 10.1007/s00292-013-1841-7 Online publiziert: 7. Februar 2014 © Springer-Verlag Berlin H...
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Schwerpunkt: Pathologie der Mamma Pathologe 2014 · 35:7–17 DOI 10.1007/s00292-013-1841-7 Online publiziert: 7. Februar 2014 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014

A. Lebeau1, 2 · M. Kriegsmann3 · E. Burandt1, 4 · H.-P. Sinn3 1 Institut für Pathologie, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf 2 Gemeinschaftspraxis für Pathologie, Lübeck 3 Institut für Pathologie, Universitätsklinikum Heidelberg 4 Department of Pathology, Massachusetts General Hospital, Harvard Medical School, Boston, USA

Schwerpunktherausgeber

H. H. Kreipe, Hannover

Die WHO-Klassifikation bildet traditionell die diagnostische Basis, auf der die Tumoren der Mamma weltweit eingeordnet und benannt werden. Seit der Veröffentlichung der 3. Auflage 2003 [26] wurden zahlreiche Studien zum Zusammenhang genetischer Alterationen oder bestimmter Genexpressionsprofile mit der Prognose oder dem Therapieansprechen publiziert. Obwohl diese Untersuchungen wichtige Aufschlüsse über die Tumorbiologie des Mammakarzinoms geben und zu einer neuen intrinsischen Subtypisierung geführt haben, sind die Daten noch nicht robust genug, um die konventionelle morphologisch ausgerichtete Klassifikation zu ersetzen.

Hintergrund Auch die 2012 vorgelegte 4. Auflage der WHO-Klassifikation der Mammatumoren [9] stellt daher den morphologischen Phänotypus der Karzinome in den Vordergrund (. Tab. 1), integriert jedoch neue molekulare und genetische Erkenntnisse. Im Folgenden werden die häufigsten histologischen Typen einschließlich ihrer klinischen und molekularen Eigenschaften dargestellt und die wichtigsten Änderungen der aktuellen WHO-Klassifikation erläutert (. Tab. 2).

Invasive Mammakarzinome: Die aktuelle WHO-Klassifikation Prognostische Relevanz Einige spezielle histologische Typen nehmen einen günstigeren Verlauf [3, 5]. Hierzu zählen insbesondere das tubuläre und das invasive kribriforme Karzinom. Von einigen Autoren werden auch noch das gut differenzierte muzinöse, das tubulolobuläre und das invasive papilläre Karzinom zu dieser Gruppe gerechnet [3, 7]. Neben diesen üblicherweise Östrogenrezeptor(ER)-positiven Karzinomen zeigen auch bestimmte Karzinome einen günstigen Verlauf, die triplenegativ sind, d. h. ER-, Progesteronrezeptor(PR)- und HER2-negativ. Hierzu zählen das adenoidzystische Karzinom und das niedrigmaligne („low grade“) fibromatoseähnliche metaplastische Karzinom. Diese Karzinome wachsen üblicherweise lokal aggressiv und zeigen eine nur geringe Neigung zur (systemischen) Metastasierung. Eine systemische Behandlung dieser Tumoren ist daher – anders als bei triplenegativen Karzinomen ohne spezielle Differenzierung – nicht indiziert. Prognostisch wichtig ist dabei die Ab­ grenzung der Karzinome eines „reinen“ speziellen Typs von gemischten Typen. Ein Karzinom ist dann einem „reinen“ Typ zuzuordnen, wenn mehr als 90% des Tumors das jeweils charakteristische Muster aufweisen (z. B. tubuläres Karzinom). Ein Karzinom vom gemischten Typ liegt dann vor, wenn der Anteil eines speziellen Typs 50% zwar übersteigt, aber 10– 49% des Tumors kein spezialisiertes Muster aufweisen; d. h. gemischtes invasives

Karzinom NST und spezieller Typ (z. B. muzinös, lobulär).

Klassifikation anhand von Nadelbiopsien Die histologische Klassifikation der invasiven Karzinome nach WHO [9] sollte im Falle einer präoperativen Diagnostik bereits am Stanz- bzw. Vakuumbiopsiematerial erfolgen. Dies dient zum einen der Korrelation mit der Bildgebung und zum anderen der Therapieplanung. In Folge einer intratumoralen Heterogenität kann es selten Abweichungen zwischen der Stanz-/Vakuumbiopsie und dem Operationspräparat geben. Die publizierten Übereinstimmungsraten liegen zwischen 65 und 100% [17]. Die endgültige Festlegung des histologi­ schen Typs ist erst am Operationspräparat möglich. Hierauf sollte im Befundbericht hingewiesen werden, insbesondere falls die Klassifikation mit einer bestimmten therapeutischen Konsequenz verbunden ist (z. B. eventueller Verzicht auf die Lymphknotendissektion beim tubulären Mammakarzinom).

Invasive Karzinome, kein spezieller Typ Der häufigste Tumortyp des invasiven Mammakarzinoms wurde umbenannt in „invasives Karzinom, kein spezieller Typ (‚no special type’, NST“). Es handelt sich um eine heterogene Gruppe von Tumoren, der 50–80% aller Der Pathologe 1 · 2014 

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Schwerpunkt: Pathologie der Mamma

Abb. 1 9 Beispiele invasiver Karzinome, kein spezieller Typ (NST). a Pleomorphes Karzinom mit   bizarren Tumorriesenzellen. b, c Invasives Karzinom­ NST mit apokriner Differenzierung. Großlaibige Tumorzellen mit granuliertem Zytoplasmasaum: GCDFP-15- und Androgenrezeptor(AR)-positiv

invasiven Karzinome angehören und deren gemeinsames Merkmal es ist, dass sie keine ausreichenden Charakteristika ausbilden, um einem speziellen Typ zugeordnet werden zu können. Die Definition des invasiven Karzinoms NST ist identisch mit der Definition des invasiven duktalen Mammakarzinoms NOS („no special type“) in der vorherigen Auflage der WHO-Klassifikationen der Mammatumoren [26]. Die Rationale für die Streichung des Terminus „duktal“ ist, dass dieser eine unbewiesene Histogenese impliziert und suggeriert, dass es sich, ähnlich wie bei den speziellen Typen, um eine homogene Gruppe von Karzinomen handele. Zudem sind die meisten speziellen Typen des Mammakarzinoms ebenfalls mit einem duktalen Carcinoma in situ (DCIS) assoziiert, was eine ähnliche duktale Histogenese nahelegt, sodass auch auf sie die Bezeichnung duktales Karzinom zutreffen würde. Aus diesen Gründen empfehlen die Mitglieder der WHOExpertengruppe den Begriff „invasives Karzinom NST“, wenn auch die Bezeichnungen „invasives duktales Karzinom“ und „duktales Karzinom NOS“ weiterhin als terminologische Alternativen akzeptiert sind.

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Um als invasives Karzinom NST klassifiziert zu werden, muss ein Tumor nach sorgfältiger Untersuchung repräsentativer Schnittpräparate ein nichtspezialisiertes Muster in über 50% zeigen. Bei diesen Tumoren ist der Anteil des Tumorstromas und dessen Fasergehalt höchst variabel und bestimmt das radiologische und makroskopische Erscheinungsbild. Bei hohem Anteil an Fasern entsteht in der Regel ein Tumor mit radiären Ausläufern, der auch mammographisch gut sichtbar ist. Bei nur geringem Fasergehalt erscheinen die Mammakarzinome NST eher glatt konturiert und können bildgebend den Aspekt eines Fibroadenoms oder eines Lymphknotens aufweisen. Bis zu 80% der NST-Karzinome werden von einem intra- oder extratumoralen duktalen Carcinoma in situ (DCIS) begleitet, das üblicherweise den gleichen Kerngrad aufweist wie das invasive Karzinom. Auch in der aktuellen WHO-Klassifikation wurde das NST-Karzinom mit „extensiver intraduktaler Komponente“ (EIC) nicht als Subtyp deklariert, obwohl noch in der 2. Auflage der WHO-Klassifikation [31] das invasive duktale Karzinom mit prädominanter intraduktaler Tumorkomponente als eigenständiger Tumor-

typ definiert war (bei mindestens 4-mal größerer intraduktaler Tumorkomponente gegenüber dem invasiven Karzinom). Hintergrund dürfte sein, dass ein Beleg für die prognostische Relevanz der Kriterien fehlt, nach denen die EIC ursprünglich definiert wurde (intraduktale Tumorkomponente von mindestens 25% der Tumorfläche mit Ausdehnung über die invasive Tumorgrenze hinaus [20]). Dagegen ist die Ausdehnung der intraduktalen Tumorkomponente für die brusterhaltende Therapie und das intramammäre Rezidivrisiko relevant, wenn die intraduktale Tumorkomponente mindestens doppelt so groß wie das invasive Karzinom ist [22]. Es erscheint daher plausibel, den Begriff der EIC eher auf diese Fälle anzuwenden. Familiäre Mammakarzinome mit BRCA1-Keimbahnmutationen sind meist NST-Karzinome und weisen gehäuft medulläre Eigenschaften auf (s. unten), d. h. deutlich erhöhte Mitoserate, relativ glatt konturierter Rand und stärkere lymphozytäre Infiltration als die sporadischen Karzinome. Auch die BRCA2-assoziierten Karzinome sind oft in der Gruppe der NST-Karzinome aufzufinden. Allerdings erreichen sie im Durchschnitt höhere Scorewerte für Tubulusbildung, Kern-

Zusammenfassung · Abstract pleomorphie und Mitoserate als sporadische Karzinome. Die Prognose des invasiven Karzinoms NST ist im Vergleich zur Prognose­ der Gesamtgruppe aller Mammakarzinome etwas schlechter. Sie hängt im Wesentlichen von den klassischen Prognosefaktoren (Nodalstatus, Tumorgröße, Grading, Tumorzellemboli in (Lymph-) Gefäßen außerhalb des invasiven Tumors) und den Prädiktoren des Therapie­ ansprechens (ER- und HER2-Status) ab. Etwa 70–80% der invasiven Karzinome NST sind ER-positiv und ca. 15% sind HER2-positiv. Seltene morphologische Varianten des invasiven Karzinoms NST sind das pleomorphe Karzinom (. Abb. 1a), das Karzinom mit osteoklastenähnlichen stromalen Riesenzellen, das Karzinom mit choriokarzinomatösen Eigenschaften und das Karzinom mit melanozytären Eigenschaften.

Spezielle Typen des invasiven Mammakarzinoms Die speziellen Typen des Mammakarzinoms werden durch ihre Morphologie definiert. Sie unterscheiden sich vom invasiven Mammakarzinom NST jedoch auch durch charakteristische klinische, epidemiologische und/oder molekulare Merkmale.

Invasives lobuläres Karzinom Invasive lobuläre Karzinome (ILC) machen ca. 5–15% der invasiven Mammakarzinome aus. Bei postmenopausalen Frauen war in den letzten 20 Jahren eine Zunahme der Inzidenz des ILC zu beobachten. Ein Zusammenhang mit der Hormonersatztherapie und einem gesteigerten Alkoholkonsum wird diskutiert [4, 24]. Das klassische Erscheinungsbild des invasiven lobulären Karzinoms ist im Wesentlichen durch seine Kleinzelligkeit und sein dissoziiertes infiltrierendes Wachstum gekennzeichnet (. Abb. 2a). Radiologisch liegt typischerweise eine Architekturstörung in der Mammographie vor, jedoch aufgrund der nur geringen Stroma­reaktion seltener ein spikulierter Herdbefund. Die MRT wird aufgrund der besseren­ Sensitivität gegenüber der

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Mammographie zur Abschätzung der Tumorausdehnung und einer Multifokaltität des ILC als präoperative Maßnahme empfohlen, kann jedoch im Einzelfall auch zu einer Überschätzung der Tumorgröße und falsch-positiven Ergebnissen führen. Das ILC ist in den meisten Fällen mit einer lobulären Neoplasie assoziiert, gelegentlich jedoch auch mit einem DCIS oder einem Carcinoma in situ mit gemischten duktalen und lobulären Eigenschaften. Vom klassischen ILC werden die solide, alveoläre, pleomorphe, tubulolobuläre und gemischte Varianten unterschieden mit einer teils besseren (alveoläre und tubulolobuläre Variante), teils schlechteren Prognose (solide und pleomorphe). Auch beim ILC wird ein histologisches Grading entsprechend dem Nottingham-Gradingsystem empfohlen [6], wobei die Mehrzahl (70–80%) der klassischen ILCs dem Grad 2 zuzuordnen sind. Grad-3-ILC gehören üblicherweise der pleomorphen oder soliden Variante an [14, 25]. Von den 3 Komponenten, die beim histologischen Grading gewertet werden, ist beim ILC der Mitoseindex der prognostisch wichtigste Parameter. Die Immunhistochemie kann zur Unterscheidung zwischen einem ILC und einem Karzinom NST beitragen. Die meisten ILCs zeigen einen Expressionsverlust von E-Cadherin und eine Expressionsänderung weiterer Moleküle aus dem dazugehörigen Adhäsionskomplex (u. a. β-Catenin, p120 [23]). Dennoch ist bei etwa 15% der ILCs die E-Cadherin-Expression an der Tumorzelloberfläche erhalten (insbesondere bei der tubulolobulären Variante). Der positive immunhistochemische Nachweis von E-Cadherin­ an der Tumorzelloberfläche sollte daher nicht dazu führen, ein ILC als NST-Karzinom zu reklassifizieren. Beim Vergleich der Langzeitprognose von ILC und NST-Karzinomen zeigt sich ein geringeres Progressionsrisiko des ILC in den ersten Jahren, aber ein Überschneiden der Überlebenskurven nach ca. 10 Jahren mit einem schlechteren Langzeitüberleben der ILC [15, 18]. Die ILC sind durch eine höhere Rate multifokaler (9–31%) und bilateraler (5–19%) Tumoren sowie ein etwas anderes Metastasierungsmuster gekennzeichnet. Fernmetastasen betreffen häufiger Knochen, Meningen,

Pathologe 2014 · 35:7–17 DOI 10.1007/s00292-013-1841-7 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014 A. Lebeau · M. Kriegsmann · E. Burandt · H.-P. Sinn

Invasive Mammakarzinome: Die aktuelle WHO-Klassifikation Zusammenfassung Die WHO-Klassifikation der Tumoren der Mamma bildet international die Basis für die Einordnung und Nomenklatur der Tumoren. Die 2012 erschienene 4. Auflage spiegelt unser gegenwärtiges Verständnis zur Klassifikation, Immunhistologie, Differenzialdiagnose und Genetik der Läsionen wider. Verglichen mit der 3. Auflage enthält sie einige­ Änderungen in der Terminologie. Etablierte Entitäten wurden neu bewertet und zahlreiche molekulare Aspekte wurden hinzugefügt. Dieser Beitrag behandelt die invasiven Karzinome. Die histopathologischen Definitionen der aktuellen WHO-Klassifikation werden durch die Beschreibungen der klinischen, makroskopischen, molekularen sowie prognostischen und prädiktiven Eigenschaften der Tumoren ergänzt. Schlüsselwörter Histopathologische Definitionen ·   Diagnostische Kriterien ·   Therapieansprechen · Prognose · Prädiktion

Invasive breast cancer: the current WHO classification Abstract The World Health Organization (WHO) classification of tumors of the breast defines the international standards for tumor categorization and nomenclature. The fourth edition, published in 2012, provides an update on the current knowledge concerning the classification, immunohistology profile, differential   diagnosis and genetics of these lesions.   Compared to the previous edition, some terms have been modified, some entities were reclassified and some current molecular data have been added. This article focuses on invasive carcinomas. Definitions for histolo­ gical diagnosis are supplemented by clinical, macroscopic and molecular characteristics as well as prognostic and predictive features. Keywords Histopathological definition · Diagnostic   criteria · Therapy response · Prognosis ·   Predictive parameters

Tab. 1  Die aktuelle WHO-Klassifikation der invasiven Mammakarzinome.

(Adaptiert nach [9]) Histologischer Typ Invasives Karzinom, kein spezieller Typ („no special type“, NST)   Pleomorphes Karzinom   Karzinom mit osteoklastenartigen   Riesenzellen   Karzinom mit chorionkarzinomartigen Merkmalen   Karzinom mit melanotischen Merkmalen Invasives lobuläres Karzinom   Klassisches lobuläres Karzinom   Solides lobuläres Karzinom   Alveoläres lobuläres Karzinom   Pleomorphes lobuläres Karzinom   Tubulolobuläres Karzinom   Gemischtes lobuläres Karzinom Tubuläres Karzinom   Kribriformes Karzinom   Muzinöses Karzinom   Karzinom mit medullären Eigenschaften   Medulläres Karzinom   Atypisches medulläres Karzinom   Invasives Karzinom NST mit medullären Eigenschaften Karzinom mit apokriner     Differenzierung Karzinom mit siegelringzelliger     Differenzierung Invasives mikropapilläres Karzinom   Metaplastisches Karzinom, kein spezieller Typ   Adenosquamöses Karzinom, „low grade“   Fibromatoseähnliches metaplastisches Karzinom   Plattenepithelkarzinom   Spindelzellkarzinom   Metaplastisches Karzinom mit   mesenchymaler Differenzierung   – Chondroide Differenzierung   – Ossäre Differenzierung   – Andere mesenchymale Differenzierung   Gemischtes metaplastisches Karzinom   Myoepitheliales Karzinom Seltene Typen Karzinome mit neuroendokrinen Eigenschaften   Neuroendokriner Tumor,   gut differenziert   Neuroendokrines Karzinom, schlecht   differenziert (kleinzelliges Karzinom)   Karzinom mit neuroendokriner   Differenzierung Sekretorisches Karzinom   Invasives papilläres Karzinom   Azinuszellkarzinom   Mukoepidermoides Karzinom   Polymorphes Karzinom  

ICD-O-Code 8500/3 8022/3 8035/3     8520/3             8211/3 8201/3 8480/3 8510/3 8513/3 8500/3 a

a

8507/3b 8575/3 8570/3 8572/3 8070/3 8032/3   8571/3 8571/3 8575/3 8575/3 8982/3

8246/3 8041/3 8574/3 8502/3 8503/3 8550/3 8430/3 8525/3

Gastrointestinaltrakt und Peritoneum. Lungenmetastasen werden dagegen seltener als beim NST-Karzinom beobachtet. Das klassische ILC ist praktisch immer ER-positiv, und der PR wird in 70–80% der ILC exprimiert. Bei den Varianten ist die ER-Positivitätsrate der alveolären Variante am höchsten und der pleomorphen Variante am geringsten. Eine HER2-Überexpression bzw. Amplifikation ist beim ILC mit Ausnahme der pleomorphen Variante (G3) sehr selten.

Tubuläres und kribriformes Karzinom Das tubuläre Karzinom und das invasive kribriforme Karzinom sind mit einer exzellenten Prognose verbunden. Daher ist eine exakte Diagnosestellung wichtig. Sie setzt voraus, dass die charakteristischen morphologischen Veränderungen mehr als 90% des Tumors ausmachen. Das tubuläre Karzinom ist durch die Ausbildung gut differenzierter, unregelmäßig abgekanteter und meist offener Tubuli mit einreihiger, isomorph-atypischer Epithelauskleidung gekennzeichnet (. Abb. 2b). Vor Einführung des Mammographiescreenings machte es weniger als 2% der Mammakarzinome aus. Bei subtiler radiologischer Diagnostik wird es häufiger gefunden. Daher beträgt sein Anteil in reinen Screeningpopulationen 8–27%. In der Mammographie imponiert es meist als spikulierter Herdbefund mit oder ohne Kalzifikationen. Das morphologische Korrelat für die mammographische Verdichtung ist die typische desmoplastische Reaktion des Tumorstromas. Tubuläre Mammakarzinome weisen eine niedrige Proliferationsrate auf und sind nahezu immer ER- und PR-positiv sowie HER2-negativ. Mehrschichtig gelagerte Kerne und eine höhergradige Kernpleomorphie oder Mito­ se­­rate schließen das Vorliegen eines tubulä­ ren Karzinoms aus. Etwa 65–80% der tubulären Karzinome zeigen ein begleitendes DCIS, meist „low grade“, oder eine assoziierte flache epitheliale Atypie (FEA), seltener auch eine lobuläre Neoplasie (LN). Die krankheitsfreie 10-Jahres-Überlebensrate liegt deutlich über 90%. Selbst das seltene Vorliegen axillärer LymphDer Pathologe 1 · 2014 

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Schwerpunkt: Pathologie der Mamma Tab. 1  Die aktuelle WHO-Klassifikation der invasiven Mammakarzinome.

(Adaptiert nach [9]) (Fortsetzung) Onkozytäres Karzinom Lipidreiches Karzinom Glykogenreiches klarzelliges   Karzinom Sebazeöses Karzinom   (Talgdrüsenkarzinom) Adenoidzystisches Karzinom Adenomyoepitheliom mit Karzinom Gekapseltes papilläres Karzinom mit Invasion Solides papilläres Karzinom, invasiv

     

8290/3 8314/3 8315/3



8410/3

     

8200/3 8983/3b 8504/3



8509/3

aICD-O-Kodierung erfolgt entsprechend dem primären invasiven Typ.bNeuer ICD-O-Code (genehmigt vom

IARC/WHO-Kommittee für ICD-O). ICD-O International Classification of Diseases for Oncology.

Tab. 2  Die wichtigsten Änderungen in der 4. Auflage der WHO-Klassifikation.

(Adaptiert nach [9]) 3. Auflage WHO [26] Invasives duktales Karzinom NOS („not otherwise specified“, nicht näher bezeichnet) Medulläres Karzinom Invasives duktales Karzinom mit medullären Eigenschaften

4. Auflage WHO [9] Invasives Karzinom NST (no special type, kein spezieller Typ)

Art der Änderung Terminologie

Karzinom mit medullären Eigenschaften

Apokrines Karzinom

Karzinom mit apokriner Differenzierung

Zusammenfassung der Karzinome mit medullären Eigenschaften in einer Kategorie Keine eigenständige Entität mehr. Klassifikation entsprechend dem primären invasiven Typ Keine eigenständige Entität mehr. Klassifikation entsprechend dem primären invasiven Typ Klassifikation in Analogie zu Karzinomen in anderen Organsystemen

Siegelringzellkarzinom

– Atypischer Karzinoidtumor – Solides neuroendokrines Karzinom – Kleinzelliges Karzinom – Großzelliges neuroendo­ krines Karzinom Rein epitheliale metaplastische Karzinome – Plattenepithelkarzinom – Adenokarzinom mit Spindel­zellmetaplasie – Adenosquamöses Karzinom – Mukoepidermoides   Karzinom Gemischtes epithelial-/mesenchymales metaplastisches Karzinom

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Karzinom mit siegelringzelliger   Differenzierung

– Neuroendokriner Tumor, gut differenziert – Karzinom mit neuroendokriner   Differenzierung – Neuroendokrines Karzinom, schlecht   differenziert (kleinzelliges Karzinom) Metaplastisches Karzinom – Adenosquamöses Karzinom, „low grade“ – Fibromatoseähnliches metaplastisches Karzinom – Plattenepithelkarzinom – Spindelzellkarzinom – Metaplastisches Karzinom mit mesenchymaler Differenzierung – chondroide Differenzierung – ossäre Differenzierung – andere mesenchymale Differenzierung Myoepitheliales Karzinom

Deskriptives Klassifikationssystems. Herausnahme des mukoepidermoiden Karzinoms Aufnahme des myoepithelialen Karzinoms

knotenmetastasen (im Mittel 10%) hat keinen Einfluss auf die Überlebensrate. Daher halten verschiedene Zentren eine adjuvante System- oder Strahlentherapie beim kleinen tubulären Karzinom für entbehrlich, vorausgesetzt die strengen morphologischen Kriterien sind erfüllt. Das kribriforme Karzinom zeigt ein ähnliches blandes zytologisches Zellbild wie das tubuläre Mammakarzinom und besteht aus invasiven Zellinseln, die ein gut definiertes siebförmiges Binnenmuster aufweisen und in einem gering desmoplastischen Tumorstroma liegen. Ein tubuläres Muster kann bis zu 50% des Tumors ausmachen. Dieser Tumortyp ist mit einer Frequenz zwischen 0,3 und 0,8% seltener als das tubuläre Karzinom. Mammographisch wird es üblicherweise als spikulierter Herdbefund entdeckt, der Mikrokalzifikationen enthalten kann. Ein begleitendes DCIS, üblicherweise ebenfalls mit kribriformer Architektur, findet sich in etwa 80% der Fälle, ein Lymphknotenbefall ist selten. Die 10-Jahres-Überlebensrate ist mit 90–100% ähnlich hoch wie beim tubulären Karzinom. Alle kribriformen Karzinome sind ER-positiv und meist auch PR-positiv.

Karzinome mit medullären Eigenschaften In der neuen WHO-Klassifikation wird empfohlen, die Begriffe „medulläres Karzinom“, „atypisches medulläres Karzinom“ und „invasives Karzinom NST mit medullären Eigenschaften“ zu verlassen und stattdessen die Tumoren mit allen oder einigen der folgenden Charakteristika in der Kategorie der „Karzinome mit medullären Eigenschaften“ zusammenzufassen: Scharfe Begrenzung, synzytiales Wachstumsmuster, High-grade-Kerne und prominentes lymphoides Zellinfiltrat (. Abb. 2d, e). Hintergrund ist die unzureichende Reproduzierbarkeit der Kriterien für die Abgrenzung des klassischen medullären Karzinoms, welches weniger als 1% aller Mammakarzinome ausmacht, von den übrigen Tumoren mit medullären Eigenschaften. Allerdings fehlt bislang ein übergeordneter ICD-O-Code, sodass ein Tumor bei der ICD-O-Kodierung doch einer der älteren Kategorien zugeordnet werden muss.

Abb. 2 9 Beispiele spezieller Typen. a Invasives lobuläres Karzinom mit charakteristischer schmalsträngiger Stromainfiltration.   b Tubuläres Karzinom mit offenen, unregelmäßig   angulierten Tubuli mit einschichtiger Epithelauskleidung. c Muzinöses Karzinom mit Tumorzellnestern in Schleimseen. d und e Karzinom mit medullären Eigenschaften. Synzytial gelagerte Karzinomzellen mit High-grade-Kernen und ausgeprägtem lymphoplasmazellulärem Begleitinfiltrat. f Metaplastisches Karzinom mit chondroider Differenzierung.   g Metaplastisches Spindelzellkarzinom mit Expression von CK5/14 in den   Karzinomzellen

Patientinnen, bei denen ein Karzinom mit medullären Eigenschaften diagnostiziert wird, sind im Durchschnitt jünger (45–52 Jahre) als die mit den übrigen invasiven Karzinomen. Da es sich in der Re-

gel um relativ gut begrenzte, stromaarme Tumoren handelt, können diese klinisch und bildgebend benigne imponieren. Karzinome dieser Gruppe sind zumeist ER-, PR- und HER2-negativ (triplenega-

tiv). Basale Zytokeratine (CK5/6, CK14), sm-Aktin, EGFR1, P-Cadherin, p53 und Caveolin-1 werden variabel exprimiert. Ein Großteil der Mammakarzinome mit medullären Eigenschaften weist ein Der Pathologe 1 · 2014 

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Abb. 3 9 Beispiele seltener spezieller Typen. a Adenoidzystisches Karzinom mit trabekulärem Muster,­ bestehend aus 2 Zelltypen: basaloid (p63-positiv)­ und luminal (CK7-positiv).­ b Invasives Karzinom mit neuroendokriner Differenzierung. Relativ monomorphe Tumorzellen, solide und glandulär gelagert. Expression von Synaptophysin und Östrogenrezeptor (ER)

basalähnliches Genexpressionsprofil auf. Ein häufiges Merkmal ist auch die genomische Instabilität, die mit p53-Mutationen bei etwa 2/3 der Tumoren einhergeht. Bemerkenswert ist, dass Patientinnen

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mit Keimbahnmutationen des BRCA1Gens gehäuft Karzinome mit medullären Eigenschaften aufweisen. Im Befundbericht sollte daher bei Vor­ liegen eines triplenegativen invasiven G3-

Karzinoms mit medullären Eigenschaften auf die Möglichkeit eines familiären Hin­ tergrunds hingewiesen werden [8]. Die Wahrscheinlichkeit für ein BRCA1assoziiertes Karzinom liegt bei negativem

ER-Status und Expression basaler Zytokeratine (CK14 und CK5/6) bei 43,5% [10]. Das klassische medulläre Karzinom weist eine günstigere Prognose auf als ein niedrigdifferenziertes NST-Karzinom. Die relativ günstige Prognose dieser Tumoren wird auf das Vorhandensein des prominenten lymphoplasmazellulären Infiltrats zurückgeführt [16] bzw. auf molekularer Ebene einem B-Zell-/PlasmazellMeta-Gen zugeschrieben [19]. Betrachtet man aber die Gesamtgruppe der BRCA1assoziierten Mammakarzinome, weisen diese eine ähnliche Prognose wie die sporadischen Mammakarzinome auf.

Metaplastische Karzinome Metaplastische Karzinome sind eine heterogene Gruppe invasiver Mammakarzinome, bei der ein variabler Anteil der Tumorzellen plattenepithelial differenziert ist und/oder mesenchymale Merkmale aufweist. Hierzu zählen spindelförmige, chondroide, ossäre oder rhabdomyoide Eigenschaften (. Abb. 2f, g). In der aktuellen WHO-Klassifikation wird ein deskriptives Klassifikationssystem vorgeschlagen (. Tab. 1, 2; [9]). Metaplastische Karzinome repräsentieren etwa 0,2–5% aller Mammakarzinome, je nachdem ob eine partielle metaplastische Differenzierung berücksichtigt­ wird. Altersverteilung und klinische Präsentation entsprechen denen von ERnegativen invasiven NST-Karzinomen. Zur Identifikation einer epithelialen Differenzierung in metaplastischen Karzinomen wird die Verwendung verschiedener immunhistochemischer Marker empfohlen. Hierzu zählen neben Panzytokeratinmarkern in erster Linie Zytokeratine mit hohem Molekulargewicht (HMW: CK5/6, CK14, 34βE12) und p63. Die eindeutige Expression von HMWZytokeratinen und/oder p63 in einer reinen Spindelzellläsion sollte die Diagnose eines metaplastischen Karzinoms nach sich zie­ hen. In der aktuellen WHO-Klassifikation wird betont, dass die Gruppe der Spindelzellkarzinome das Ende der Bandbreite spindelzelliger Plattenepithelkarzinome auf der einen Seite und maligner Myoepitheliome/myoepithelialer Karzinome auf der anderen Seite enthält [9]. Derzeit gibt

es keine definierten Kriterien, diese beiden Läsionen zu unterscheiden, und keine klinischen Daten, die ein differentes klinisches Verhalten nahelegen. Infolgedessen wird das myoepitheliale Karzinom in der aktuellen WHO-Klassifikation unter den metaplastischen Karzinomen aufgelistet (. Tab. 1 und 2). Metaplastische Karzinome sind nahezu immer triplenegativ (>90%). Insgesamt betrachtet sind metaplastische Karzinome mit einer schlechteren Prognose und einem schlechteren Ansprechen auf konventionelle adjuvante Chemotherapien verknüpft als andere triplenegative Mammakarzinome [11]. Dabei lassen sich allerdings 2 Subtypen abgrenzen, die eine bessere Prognose als die übrigen metaplastischen Karzinome aufweisen, da sie in erster Linie zu lokal aggressivem Wachstum aber nicht zur Fernmetastasierung neigen: F adenosquamöses Karzinom, „low grade“, F fibromatoseähnliches metaplastisches Karzinom, „low grade“.

Karzinome mit apokriner Differenzierung Eine apokrine Differenzierung kann bei invasiven NST-Karzinomen und verschiedenen speziell differenzierten Karzinomen vorkommen, beispielsweise dem tubulären, lobulären, mikropapillären oder medullären Subtyp [1]. Daher sollten Tumoren mit apokriner Differenzierung entsprechend ihres primä­ ren invasiven Typs klassifiziert werden. Karzinome mit apokriner Differenzierung sind häufig ER- und PR-negativ sowie GCDFP15- und Androgenrezeptorpositiv (. Abb. 1b, c; [13]). Ein Teil dieser Neoplasien ist außerdem HER2-positiv. Etwa die Hälfte der Karzinome mit apokriner Differenzierung weist eine spezifische molekulare Signatur auf, welche als „apokrine molekulare Signatur“ bezeichnet wird. Die übrigen zeigen eine luminale­ Signatur [29]. Die apokrine molekulare­ Signatur ist durch eine erhöhte Androgensignalwirkung charakterisiert und überlappt mit der Signatur HER2-positiver Mammakarzinome. Auch die molekulare Heterogenität spricht dafür, Karzinome mit apokriner Differenzierung nicht als eigenständige Entität zu führen.

Adenoidzystisches Karzinom Das adenoidzystische Karzinom (ACC) ist zwar selten (90% des Tumors ausgebildet ist. Eine vollständige muzinöse Differenzierung (100%) wird anders als in der alten WHO-Klassifikation [26] nicht mehr gefordert. Die muzinösen Karzinome können in 2 Gruppen aufgeteilt werden: F Typ A (zellarm, klassisch) und F Typ B (zellreich mit großen Zell­ clustern). Typ-B-muzinöse Karzinome zeigen immunhistochemisch häufig eine neuro­ endokrine Differenzierung. Maximal 2% der invasiven Mammakarzinome sind dem muzinösen Typ zuzuordnen. Die Schleimseen geben dem Tumor makroskopisch ein auffallend glasiges Aussehen. Durch die glatte Konturierung und geringe Dichte können muzinöse Karzinome mammo- und auch sonographisch wie Zysten imponieren, zeigen aber im MRT ein typisches dynamisches Anreicherungsmuster. Muzinöse Karzinome sind üblicherweise ER- und PR-positiv. Eine HER2Überexpression oder eine -Genamplifikation sind ungewöhnlich. In Transkriptomanalysen sind Typ-Aund Typ-B-muzinöse Karzinome dem molekularen Luminal-A-Typ zuzuordnen [29]. Mittels hierarchischer Clusteranalysen lassen sich Typ-A- und TypB-­muzinöse Karzinome unterscheiden. Typ-B-­Karzinome weisen auch in ihren Genexpressionsprofilen Ähnlichkeiten zu neuroendokrinen Karzinomen auf [28]. Auch bei den muzinösen Karzinomen dient die strenge Einhaltung der diagnos­ tischen Kriterien dem Ziel, Tumoren mit günstiger Prognose zu identifizieren. Rein muzinöse Karzinome haben mit einer 10-Jahres-Überlebensrate von 80–100% eine deutlich günstigere Prognose als gemischte Karzinome, die sich prognostisch nicht von NST-Karzinomen unterscheiden [27].

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Karzinome mit neuroendokrinen Eigenschaften

Invasives mikropapilläres Karzinom

In der Mamma zeigen die meisten Karzinome mit neuroendokrinen Eigenschaften­ nur geringe oder intermediäre Kernveränderungen. Sie bilden solide Zellnester oder -trabekel aus, die von schmalen fibrösen Septen untergliedert werden. Sie ähneln damit den Karzinoiden des Gastrointestinaltrakts und der Lunge. Der aktuell empfohlene Begriff für diese Gruppe von Tumoren in der Mamma ist „neuroendokriner Tumor, gut differenziert“. NST-Karzinome und bestimmte spezielle Typen (v. a. muzinöses Karzinom, hyperzelluläre Variante) können neuroendokrine Merkmale aufweisen. Sie werden unter dem Begriff des invasiven Karzinoms mit neuroendokriner Differenzierung zusammengefasst (. Abb. 3b). Primäre schlecht differenzierte neuroendokrine Karzinome (kleinzellige Karzinome) der Mamma sind selten. Sie gleichen histologisch ihrem Pendant in der Lunge. Die Mehrzahl der Tumorzellen in gut differenzierten neuroendokrinen Tumoren ist ERund PR-positiv. Auch von den schlecht differenzierten (kleinzelligen) Karzinomen sind >50% ER- und PR-positiv. Die Prognose von Karzinomen mit neuroendokrinen Eigenschaften hängt vom konventionellen histologischen Tumorgrading und Staging ab [12].

Das invasive mikropapilläre Karzinom wird durch kleine Zellcluster charakterisiert, die in optisch leeren Stromaspalten liegen. Die Zellen zeigen dabei eine charakteristische Umkehrung der Polarität („inside-out“), die immunhistochemisch mit einem MUC1-Antikörper sichtbar gemacht werden kann. Invasive mikropapilläre Karzinome imponieren üblicherweise klinisch und bildgebend als Herdbefund. Die Mehrheit ist ER- und PR-positiv. Die Genexpressionsprofile dieser Karzinome sind entweder der Luminal-A- oder -B-Gruppe zuzuordnen. Mikropapilläre Karzinome präsentieren sich signifikant häufiger als NST-Karzinome mit lymphovaskulärer Invasion und regionären Lymphknotenmetastasen. Sie weisen bei brusterhaltender Therapie eine höhere Lokalrezidivrate auf. Ob das mikropapilläre Karzinom eine ungünstigere Prognose aufweist als das NST-Karzinom, ist jedoch nicht abschließend geklärt.

Invasives papilläres Karzinom Das invasive papilläre Karzinom der Mamma ist sehr selten und durch die Ausbildung einer papillären Morphologie in mehr als 90% des invasiven Tumors charakterisiert. Invasive nichtpapilläre Karzinome, die mit einem gekapselten oder soliden papillären Karzinom assoziiert sind, gehören nicht in diese Kategorie. Diese werden entsprechend ihrer individuellen invasiven Komponente klassifiziert. Die wichtigste Differenzialdiagnose sind Metastasen papillärer Karzinome aus anderen Organen, in erster Linie Ovar und Lunge. Invasive papilläre Karzinome weisen keine bekannten spezifischen klinischen oder prognostischen Eigenschaften auf.

Besonders seltene Typen und Varianten Das sekretorische Karzinom der Mamma kommt v. a. bei jungen Patientinnen vor und weist eine charakteristische balancierte Translokation auf t(12;15), die zu einer ETV6-NTRK3-Genfusion führt. Weitere außergewöhnlich seltene Karzinome der Mamma sind u. a. das F onkozytäre Karzinom, F sebazeöse Karzinom, F mukoepidermoide Karzinom, F polymorphe Karzinom, F lipidreiche Karzinom, F glykogenreiche klarzellige Karzinom und F Azinuszellkarzinom.

Fazit für die Praxis F In der aktuellen WHO-Klassifikation steht weiterhin der morphologische Phänotyp im Vordergrund. F Der häufigste Typ heißt jetzt „invasives Karzinom, kein spezieller Typ (NST)“. F Für die prognostische Relevanz der „reinen“ speziellen Typen ist die exak-

te Abgrenzung gegenüber den   gemischten Typen wichtig. F Karzinome mit medullären Eigenschaften werden jetzt in einer   Kategorie zusammengefasst. F Die Entitäten „apokrines Karzinom“ und „Siegelringzellkarzinom“ wurden gestrichen. Die Karzinome mit den entsprechenden Tumorzelleigenschaften werden entsprechend ihrem primären histologischen Typ klassifiziert und als Karzinome mit apokriner bzw. siegelringzelliger Differenzierung bezeichnet. F Die Klassifikation der Karzinome mit neuroendokrinen Eigenschaften erfolgt in Analogie zu den neuroendokrinen Tumoren in anderen Organ­ systemen.

Korrespondenzadresse Prof. Dr. A. Lebeau Institut für Pathologie,   Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf Martinistr. 52, 20246 Hamburg [email protected]

Einhaltung ethischer Richtlinien Interessenkonflikt  A. Lebeau, M. Kriegsmann, E. Burandt, H.-P. Sinn geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.     Dieser Beitrag beinhaltet keine Studien an Menschen oder Tieren.

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