Den Alternsprozess praktisch erfahrbar machen Workshop für Zahnärztinnen und Zahnärzte Hannover, 26.04.2013 K. Hager Zentrum für Medizin im Alter Diakoniekrankenhaus Henriettenstiftung gGmbH Hannover
Woran merken Sie, dass sie älter werden (geworden sind)?
Wann ist man „alt“? • Biologisches Alter • Kalendarisches Alter
Zeit Magazin , 8, 2012 3
Rente mit 95
Hager, Hannover
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Biologische Redundanz und Alter Physiologische Leistungsfähigkeit
Geriatrie
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zur Alltagsbewältigung notwendige Leistungsfähigkeit
2 3 4
Störungen der Homöostase
Alter 5
Physiologische Reserve
Physiologische Reserve – Schematischer Verlauf zu Funktionseinschränkungen und Behinderungen Herzinfarkt Hüftfraktur Lungenentzündung Funktionseinschränkungen
Behinderungen
jünger
Zeitälter
Im Alter nimmt doch vieles ab! • Maximalleistungen nehmen ab • geringere Kompensationsmöglichkeiten • Erhaltung der Funktionen – Kraft – Ausdauer – Koordination, Schnelligkeit
Man(n) ist nicht mehr so kräftig • die durchschnittliche Muskelmasse des jungen Menschen von 36 kg reduziert sich auf 23 kg im Alter • „normale“ Veränderung mit zunehmendem Alter – Fettmasse steigt – Muskelmasse sinkt – Gewicht bleibt gleich Sarkopenie
Früher waren wir ja alle mal sehr muskulös, das lässt aber mit dem Alter etwas nach.
69jähriger Bodybuilder
Vielleicht kommt man(n) ja doch noch einmal ins GuinnessBuch der Rekorde. • 100jähriger Weltrekordhalter im Marathonlauf (8 Stunden und 25 Minuten) • Er begann angeblich mit 89 Jahren und läuft täglich 10 Meilen. • Geburtsdatum allerdings nicht zweifelsfrei nachgewiesen, daher nicht ins Guinness-Buch
Zusammenfassung -1 • Altern beginnt streng genommen ab der Geburt • Manifestation i. d. R. nach der Reifung (Seneszenz) • Zirka 0,5-1,5% Abnahme in komplexen physiologischen Systemen pro Jahr (vom 30. bis zu 70. Lebensjahr) • Veränderungen im höheren Alter rascher • Jedoch: – große Unterschiede je nach Organsystem – die Organe altern auf ihre Weise (Corneazellen, Nieren) – große interindividuelle Unterschiede
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„Phänotyp“ des alten Menschen • „Primäre“ Alternsveränderungen • „Sekundäre“ Alternsveränderungen – Risikofaktoren – Krankheiten – Lebensumstände – Training – ... In der Praxis Differenzierung jedoch kaum möglich
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Haben Sie sich schon an Alternsveränderungen angepasst?
Standsicherheit im Alter (nach Sheldon, 1963)
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Psychosoziale Anpassungsvorgänge im Verlauf des Alterns
1) Anpassung -
an körperliche Veränderungen, Veränderung von Zielen, Ansprüchen, Erwartungen
2) Optimierung –
Stärkung und Nutzung vorhandener, verbliebener Ressourcen
3) Kompensation –
Schaffung neuer Fertigkeiten, Training, Verhaltenslücken schließen
n. Dia von Hautzinger, Tübingen 15
Linsendicke und Alter die Dicke der Augenlinse nimmt zu die Elastizität nimmt ab die Augenvorderkammer wird flacher höheres Risiko eines Engwinkelglaukoms 16
- eine Folge der unelastischeren Linse: die Akkomodationsbreite nimmt ab der Punkt des Nähesten Sehens rückt in die Ferne „Die Arme werden zu kurz“ spürbar zirka ab 40-45 Jahren Lesebrille
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Frau K., 105 Jahre
Katarakt (Grauer Star) -2 Symptome • Abnahme der Sehschärfe • Blendungsgefühl • besonders schlechtes Sehen in der Dämmerung • auch die geistige Leistungsfähigkeit kann abnehmen • das Sturzrisiko steigt • depressive Reaktion
Maculadegeneration Amsler-Gitter
http://www.optron.de/html/augenkrankheiten.html
Konzentrische Gesichtsfeldeinschränkungen bei Glaukom (Tunnelblick) Glaukom
Quelle: http://aad-kongress.de/presse/vollseite.php?presse_id=8
Gesichtsfeld bei diabetischer Retinopathie
http://www.augenzentrum-bayern.de/patienteninformation/augenerkrankungen/diabetische-netzhauterkrankung/
Zusammenfassung -2 • Altern auf allen Organisationsstufen des Organismus, vom Organ bis zum Molekül – (Altern universell) • Physiologische Veränderungen im Alter deshalb multifaktoriell (monokausale Veränderungen in der Regel Krankheiten, „normales“ Altern - ein „bißchen“ von vielen Ursachen) • „successful aging“ – Altern gleichmäßig ohne Schrittmacher durch ein Organsystem (100jähriger: ganz gesund bin ich nicht aber ganz krank auch nicht) • Der Organismus reagiert auf Alternsveränderungen mit den zur Verfügung stehenden Mitteln. • Altern – ein kontinuierlicher biologischer und psychosozialer Anpassungsvorgang („Biomorphose des Alterns“, Max Bürger) 23
Zusammenfassung -3 • Kompensationsfähigkeit von Störungen sinkt • Risiko von Erkrankungen/Komplikationen steigt exponentiell an (Multimorbidität) • „das schwächste Glied reißt zuerst“ (z.B. Verwirrtheit bei Pneumonie) • Risiko von Fähigkeitsstörungen und Beeinträchtigungen steigt ebenso an • „erfolgreiches“ Altern, wenn alle Organe im „Gleichschritt“ • mehrere Bereiche betroffen, nicht nur umgrenzte Symptome, sondern „funktionelle Syndrome“ (z.B. „4 Is“: Instabilität, Inkontinenz, Intellektueller Abbau, Immobilität)
• Risiko zu sterben steigt exponentiell an 24
aus 2013, Frau, 75 Jahre, osteoporotische Wirbelkörperfraktur, „Witwenbuckel“
aus 2013, Frau, 87 Jahre, Lendenwirbelkörperfraktur mit Nachsinterung 12.03.2013
02.04.2013
aus 2013, Frau, 88 Jahre, Keilwirbelkörper
Beispiel
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Fallbeispiel Oberarmbruch • Patientin aus 2010 • 91 Jahre • biologisch jünger wirkend • beim Hochheben von der Pflege im Heim „Knacks“ und Oberarmbruch • nach zirka 3 Wochen neben stehendes Röntgenbild Hannover, MHH
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Fallbeispiel Oberarmbruch • Frau, 91 Jahre • beide Hüften mehrfach operiert • vor 10 Jahren teilte der Chirurg mit, dass die Hüften nicht mehr zu operieren seien • seither im Rollstuhl
Frau, 89 Jahre, biologisch jünger wirkend, laut Bekannter bislang geistig in Ordnung
Frau, 89 Jahre, biologisch jünger wirkend, Die Patienten beklagt sich, dass nichts passiert, die Angehörige findet das skandalös, aber mehrere Therapien am Tag, an die sich die Patientin nicht mehr erinnern kann
Beruflicher Status und Lebenserwartung um Christi Geburt
Datenbasis: Grabsteine (2.688 in Rom, 3.726 außerhalb Roms) aus der Zeit um Christi Geburt Quelle: Acsadi 1970, in Mielck 2000:126
aus: Vorlesungsdias Sozialmedizin Prof. Klemperer, Dr. Hitpass, Dr. Pieh, Hr. Pollok
1669, 63 Jahre
Entwicklung der durchschnittlichen Lebenserwartung in den vergangenen 400 Jahren Oeppen und Vaupel, SCIENCE VOL 296 10 MAY 2002 (32)
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Ferne Lebenserwartung
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Frau K. Gehen am Thekenwagen
Hannover, MHH
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aus 2013, 89 Jahre, Frau, massive Abnutzung des Hüftgelenks
Zuweisung wegen zunehmender Immobilität • Frau, 87 Jahre • Aufnahme Akutgeriatrie im Mai 2008 wegen Immobilität und starken Schmerzen • biologisch deutlich jünger • Diagnosen: – Pfannenlockerung links, primäre TEPImplantation 1983 – starke Knieschmerzen bei Gonarthrose links
• Opiattherapie, dennoch starke Schmerzen • Angst vor Immobilität, jedoch Ablehnung einer Operation
linke Hüfte 38
zunehmende Immobilität • bislang zuhause alleine lebend • zunehmend pflegebedürftig • bei 87 Jahren statistische Lebenserwartung ca. 8 Jahre • Gespräche • Überweisung zum Chirurgen
rechte Hüfte
linkes Knie 39
postoperativ • zwei Operationen – Acetabulum fixiert, Knie-TEP
• Schmerzmittel kaum mehr nötig • Stimmung wesentlich besser, • motiviert, nun wieder Hoffnung auf Rückkehr nach Hause • bei Aufnahme: Funktionen, Fähigkeiten – – – –
Sitzen auf der Bettkante zirka 30 min im Sessel nur kurzes Stehen möglich Belastung des linken Beines kaum möglich – schwach, Gesichtsabnahme – pflegebedürftig 40
postoperativer Verlauf • nach einer Woche • Patientin geht am Thekenwagen in Begleitung einer Therapeutin • noch mit großen Unsicherheiten • Gelenkbeweglichkeit schon besser 41
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Besten Dank für Ihre Aufmerksamkeit
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