Demenz durch die Brille des Palliativmediziners
Roland Kunz Geriatrie + Palliative Care
Wir sterben immer älter…
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…und immer häufiger mit einer Demenz
Schweiz: + 50% in 10 Jahren (BfS)
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Sterben an Demenz wird zur häufigen Todesursache…
trotzdem wird Demenz als terminale, lebensbeendende Krankheit noch zu wenig wahrgenommen! Palliative Care Services sind nur beschränkt darauf vorbereitet Begleitung Demenzkranker ist per def. Palliative Care – aber es braucht zusätzlich Demenzkompetenz (Rahmenkonzept: Gruppenspezifische Pall. Care)
Palliative Care bei Demenz: wann? PC als Haltung Erste Symptome
Hilfe zum Leben mit der Krankheit =PC Ziel LQ (was bedeutet das?)
Wann?
Demenz-Kompetenz: Verzögerung, diagnostische Umwege bis zur Diagnose-Sicherung
Umgang mit neuropsycholog. Einschränkungen, Verhaltensauffälligkeiten
End-of-life-care
Spez. PCKompetenz
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Palliative Care bei Demenz: wann? Hilft uns die Surprise-Frage? wären Sie überrascht, wenn Ihr Patient in den nächsten 6 - 12 Monaten sterben würde?
(Palliative Care beyond cancer, Britisch Med Journal Sept 2010)
Zulidad sagt: nein
6-Monate Mortalität Mitchell et al. N Engl J Med 2009: The clinical course of dementia
223 Pflegeheimbewohner mit fortgeschrittener Demenz, 18 Monate Beobachtung 6-Monate Mortalität insgesamt: 25%
47% bei Pneumonie, 44.5% bei Fieberepisoden, 38.6% bei Essproblemen (Anorexie, KG↓)
Letzte 3 Lebensmonate:
40% erhielten mind. 1 belastende Intervention (Hosp., parenterale Therapie, PEG etc.)
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Mortalität Information der Angehörigen
Prognose + Erwartungen der Angehörigen: 20% sahen Lebenserwartung < 6 Monaten Nur 18% hatten Infos zur Prognose vom Arzt erhalten Nur 32% hatten Infos zu möglichen Komplikationen erhalten Informationsstand der Angehörigen von 27% der Patienten von informierten Angehörigen und Demenzpatienten schlechter als bei Angehörigen 72% der Patientenist von nicht informierten wurdenlebensbeendenden in den letzten 3 Monaten belastenden anderen Krankheiten Interventionen ausgesetzt
Demenz = Metapher für Senilität, Persönlichkeitsverlust, nicht für Sterben
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Lebensqualität und Demenz
Lebensqualität des Patienten Hohe Erwartungen des Patienten an sich selbst und nicht beeinflussbares Nachlassen der kognitiven Fähigkeiten grosser „Gap“, starke Einschränkung der LQ
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Lebensqualität des Patienten Fehlende Fähigkeit, die eigenen Defizite oder Krankheitssymptome wahrzunehmen Gute LQ, ev. besser als vor der Erkrankung
Lebensqualität der Angehörigen Hohe Erwartungen an den Patienten und fehlendes Verständnis für die Krankheitssymptome LQ der Angehörigen massiv reduziert
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Palliative Care = Erwartungen der Realität annähern
Neuropsychologische Abklärung Profil der Ressourcen und der Einschränkungen, Gratwanderung zwischen Über- und Unterforderung Regelmässige Beratung zur aktuellen Krankheitssituation Demenzkompetenz gefragt
Und wie würde der Patient seine LQ beurteilen??
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LQ bei fortschreitender Demenz
Selbstwertgefühl nützlich sein Positive Emotionen Humor, Freude, Zufriedenheit Zugehörigkeit akzeptiert sein Lust und Genuss Essen, Zärtlichkeit, Musik… Vermeidung neg. Emotionen Angst, Scham… Vermeidung von Zwängen Essen, Duschen… Körperliches Wohlbefinden keine Schmerzen…
Herausforderung für Pall.Care
Kommunikation und Urteilsfähigkeit zunehmend beeinträchtigt
Symptomerfassung? spezifische Instrumente (Annäherung) Entscheidungsfindung frühzeitige Vorausplanung, PV
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Symptombehandlung
Körperliche Symptome
Therapie grundsätzlich wie bei anderen Palliativpatienten. Erfassung durch Fremdbeobachtung!Palliative Care Kompetenz
Neuropsychiatrische Symptome
Häufig, können LQ stark beeinträchtigen Eigenständige Symptome oder Ausdruck anderer Symptome? Geriatrisch-Geronto-
psychiatrische Kompetenz
Symptome der Pall. Care i.e.S. Auch Demenzpatienten sind multimorbid! Fremdanamnese
Kelley AS, Morrison RS. N Engl J Med 2015
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Neuropsychiatrische Symptome
Persönlichkeitsveränderungen Schlaf-/ Wachrhythmus gestört Angst Depression Psychomotor. Unruhe Aggressives Verhalten Psychotische Symptome
bis 90% 60-80% 50-80% 20-60% 30-70% 15-20%
Denkstörungen, Wahn Wahrnehmungsstörungen
20-72%
Fehlidentifikationen Halluzinationen
23-50% 10-20%
Symptomlinderung heisst deshalb auch:
Gezielter palliativer Einsatz von Psychopharmaka
So viel wie nötig So wenig wie möglich Nicht länger als unbedingt nötig
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Pinzon et al.: Todesumstände von Patienten mit Demenz. Deutsches Ärzteblatt 2013 Retrospektive Befragung Angehörige
EoLC: Palliativkompetenzen wie bei anderen terminalen Situationen
Entscheidungen
Organspezifische Guidelines helfen nicht „Guidelines sind im Einzelfall nicht anwendbar und Guidelines führen zu einer Kochbuchmedizin. (…) Empfehlungen sind eine Art vorweggenommene Entscheidung des Patienten“. (Johann Steurer, Horten-Zentrum, SÄZ 2011)
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Intakt
Trauerbegleitung
Gesundheitsförderung und Prävention / Risikosenkung
Behandlungsziele
Entscheidungsfindung: Behandlungsprioritäten bei Demenzkranken
leicht
mittel
schwer
nach Tod
Grad kognitiver Einschränkungen
EAPC White Paper on Palliative Care in Dementia
Balance of Burden and Benefit Geplante Massnahme, Abklärung
Burden
Benefit
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Zielgruppen und Angebote
V.a. Pflegende der LZP, Ärzte eher wenig präsent… Ausbildungslevel? Sprachl. Kompetenzen Werden nicht erreicht durch EUGMS, EAPC
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Angebot www.fgpg.eu
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Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit
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