Demenz bei Menschen mit geistiger Behinderung aus Mitarbeitersicht

Abschlusstagung Projekt: „Anders alt?!“ Lebensqualität für ältere Menschen mit geistiger oder mehrfacher Behinderung am 16. Februar 2012 in Osnabrück ...
Author: Carl Maus
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Abschlusstagung Projekt: „Anders alt?!“ Lebensqualität für ältere Menschen mit geistiger oder mehrfacher Behinderung am 16. Februar 2012 in Osnabrück

Demenz bei Menschen mit geistiger Behinderung aus Mitarbeitersicht

Bildquelle: http://www.schmiede-fotografie.de/schmiede (06.12.2011)

Dipl. Päd. Heike Lubitz

Erfahrungen mit Demenz – Ein Überblick Demenzielle Prozesse als ein Faktor von Altern  Beeinflussen zunehmend das Zusammenleben und Arbeiten  z.B. durch eine verstärkte Übernahme von Pflege- und Unterstützungsleistungen  Durch ein gesteigertes Bedürfnis nach Ruhe und Erholung der alternden Personen Schwierigkeiten der Abgrenzung  Unterscheidung: Alternsbedingtes Nachlassen von Fertigkeiten oder demenziell bedingter Abbau kognitiver und emotionaler Ressourcen?  Abbau jeglicher Art wird oft der fachärztlich nicht legitimierten Selbstdiagnose ,Demenz‘ zugeschrieben Wertschätzender Umgang mit Veränderungen  auch bei massiven Abbauprozessen wird darauf geachtet, die betreffende Person in der vertrauten Umgebung zu halten und in das Gruppengeschehen zu integrieren Dipl. Päd. Heike Lubitz

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Folgen von Alterungsprozessen für den Arbeitsalltag Die Lebensphase Alter wird häufig durch gesundheitliche Abbauprozesse beeinflusst  Zunahme von alternsbedingten Erkrankungen, u.a. auch Demenz  Früher als in der Allgemeinbevölkerung  verstärkt nötig werdende Pflegeleistungen oder Inanspruchnahme von Krankengymnastik  Beeinflussung des alltäglichen Lebens  Dennoch: Zufriedenheit und Wohlbefinden bei Mitarbeitern und betroffenen Personen

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Folgen von Alterungsprozessen für den Arbeitsalltag  „das ist für mich eigentlich so, wo ich dann wirklich merke, ,Oh, hier.‘ Da stößt das Alter auf uns zu. Das sind wirklich auch noch Bewohner, die sind vielleicht auch erst Mitte 50 oder so was um den Dreh, aber wir merken schon die Einschränkungen nehmen sehr zu im täglichen Leben.“  „Es sind zwar die Alterserscheinungen, die Krankheiten, Demenzen, verstärkt aufgetreten und mehr geworden im Laufe der Zeit. Man merkt ganz stark, dass wir immer mehr Pflege bekommen im Moment und die Leute immer mehr abbauen, aber insgesamt gesehen finde ich die Arbeit eigentlich sehr positiv und ich glaube auch, dass die Leute relativ zufrieden sind. Die [...] haben auch ihre schlechten Tage mal, wie jeder andere auch, aber im Grunde genommen ist das, glaube ich, von den Senioren [...] akzeptiert, dass es so läuft. Sehe ich so.“ Dipl. Päd. Heike Lubitz

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Symptome und Merkmale von Demenzprozessen Genannte Merkmale von Demenz  rapider körperlicher Verfall oder Abbau der alltagspraktischen Fähigkeiten  Schneller Verlauf  Zunahme von pflegerischen Tätigkeiten  Notwendigkeit von kontinuierlicher Beaufsichtigung  räumliche Desorientierung  Veränderungen im Verhalten oder in der Persönlichkeit  umgekehrter Tag-Nacht-Rhythmus  Veränderungen in Strukturen, Umgebung, Alltagsabläufen führen oft zu Verwirrung und Desorientierung

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Symptome und Merkmale von Demenzprozessen  Es hat „eine ganz schnelle, rapide, demenzielle Entwicklung stattgefunden [..], wo wir dann natürlich versucht haben, die gewohnte Tagesstruktur für und mit dem Bewohner aufrechtzuerhalten. [...] [Er] war aber dann auch so desorientiert, dass er in einer Phase dann gar nicht mehr wusste, wo will er überhaupt hin. Also auch im Wohnheim gesagt hat, ich will ins Wohnheim“  „Das ist wirklich so krass, weil wir das hier reihum immer erleben, dass die innerhalb von kürzester Zeit völlig dement werden und dann zu einem absoluten Pflegefall, dann [...] von ihren körperlichen Fähigkeiten nachlassen. Mit Krampfanfällen und so.“  Betroffen waren „auch ganz wesentliche Charakterzüge, [...] Verlust des Tag-Nacht-Rhythmus, Verwirrtheitszustände, Orientierungslosigkeit, Verweigerung von Dingen, die objektiv als angenehm und schön bewertet werden und der Bewohner das selbst auch immer so bewertet hat, also z.B. Essen“ Dipl. Päd. Heike Lubitz

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Herausforderung in der Begleitung und im Wohnumfeld  Mitarbeiter müssen zunehmend versuchen, die auseinander gehenden Bedürfnisse aller Gruppenteilnehmer zu berücksichtigen  Entscheidung dafür, Chancen und Möglichkeiten für Teilhabe zu nutzen, auch wenn dies einen erhöhten Arbeitsaufwand bedeutet  Bemühungen der Mitarbeiter, das Wohlbefinden und die Lebensqualität aller Beteiligten zu bewahren  Nutzen der vorhandenen Ressourcen und einfühlsame und kreative Erweiterung des Handlungsspielraum des Einzelnen sowie der Gruppe

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Herausforderung in der Begleitung und im Wohnumfeld  „Also wir haben es nicht gehabt, dass jemand nur bettlägerig war und in seinem Zimmer war. Man hätte das so handhaben können, aber wir haben das nicht getan, wir haben dann immer geguckt, ob man dann nicht irgendwie so ‘nen Relaxsessel nutzen kann und auf jeden Fall, dass eine Teilhabe stattfinden konnte.“  „die kriegen noch ’ne ganze Menge mit von dem was da passiert und im Grunde genommen glaub ich, dass die das gerne haben. [...] dann geht mal jemand da vorbei und streichelt ihn oder so. Ich glaube, dass das die Leute, selbst wenn sie nicht groß was dazu sagen, das trotzdem als angenehm empfinden.“

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Herausforderung in der Begleitung und im Wohnumfeld  Schwierig: Nötige Doppelbetreuung bei als knapp empfundenen Personalressourcen  „Nein, das klappt nicht immer, dass man die integrieren kann, aber es klappt, dass die immer noch zu ihrem Recht kommt und alle anderen auch. [...] dann sind Mitarbeiter natürlich gefordert, an zwei verschiedenen Stellen die Unterstützungsleistungen zu organisieren, die dann benötigt werden, das ist schon eine Herausforderung und wird immer mehr eine Herausforderung.“

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Herausforderung in der Begleitung und im Wohnumfeld  Leistung von kontinuierlicher Aufsicht bei beginnender Selbstgefährdung  „man muss wirklich auch in Rufweite sein oder einen Sichtkontakt haben wie auch immer, so immer Begleitung zu Toilettengängen oder dergleichen [...] sprich wenn irgendein Bewohner eine demenzielle Entwicklung hat und möchte nach wie vor die vierspurige Straße überqueren, aber wir mittlerweile wissen, das Gefährdungspotenzial ist so hoch, er gefährdet sich und andere, wenn der selbstständig den Weg macht“

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Demenzbedingte Konflikte innerhalb der Wohngruppe Problem: Gruppenteilnehmer oder Mitbewohner der betroffenen Person können nur schwer  die nachlassenden Fähigkeiten  und die als provozierend und störend empfundenen Verhaltensweisen nachvollziehen  sich mit der als ungerechtfertigt angesehenen ,Sonderbehandlung‘ einverstanden erklären  Nötig wäre hier, auch die betroffenen Mitbewohner in Fortbildungskonzepte bezüglich Demenz einzubeziehen  Dies geschieht in dem neu begonnenen Projekt „Bildungsmaßnahmen für Mitarbeiter und Mitbewohner von Menschen mit geistiger Behinderung und Demenz“ Dipl. Päd. Heike Lubitz

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Demenzbedingte Konflikte innerhalb der Wohngruppe  „Da gibt es ja auch oft die Probleme innerhalb dieser Gruppe. Das auch zu erklären, warum der Eine jetzt bestimmte Dinge nicht mehr weiß oder anders macht, als der, der im Vollbesitz seiner geistigen Fähigkeiten ist. Also das ist schon auch eine große Herausforderung, das klarzumachen innerhalb der Gruppe.“

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Zusammenfassung und Ausblick  Alternsbedingte Veränderungen werden zum einen an körperlichen Einschränkungen, zum anderen an einer Abnahme von kognitiven Fähigkeiten festgemacht. Nachlassende Bewegungsfähigkeit oder ein zunehmendes Ruhebedürfnis werden benannt  Als ein Merkmal von Altern wird auch eine sehr variierende bzw. nachlassende Tagesform genannt. Bedeutsam ist hier, dass nicht der Anspruch erhoben wird, die betreffende Person dann zu „überfördern“ oder zu überfordern, sondern diese Phasen zu begleiten und dennoch aufmerksam für mögliche psychische Probleme zu sein

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Zusammenfassung und Ausblick  Demenz wird oft durch eine Zunahme von pflegerischen Tätigkeiten und einen erhöhten Beaufsichtigungsaufwand durch die Mitarbeiter charakterisiert. Dies wird als Mehrfachbelastung, bedingt durch knappe Personalressourcen empfunden  Als bedeutend für das Wohlbefinden und die Lebensqualität aller Beteiligten können Bemühungen der Mitarbeiter angesehen werden, auch bei massiven Abbauprozessen die betreffende Person in der vertrauten Umgebung zu halten und in das Gruppengeschehen zu integrieren  Wunsch nach Weiterbildung: Konkrete Fortbildungsangebote erleichtern die täglichen Interaktionen und entlasten die Mitarbeiter durch das Anbieten von tragfähigen Bewältigungsstrategien und Handlungsmöglichkeiten Dipl. Päd. Heike Lubitz

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Vielen Dank!

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