Bayerisches Staatsministerium des Innern

Das System Scientology Fragen und Antworten

Vorwort Was ist die Scientology-Organisation (SO)? Warum befassen sich staatliche ­Stellen überhaupt mit ihr? Was macht sie so gefährlich – für den Einzelnen, aber auch für die Gesellschaft? Diese und andere Fragen will die Broschüre beantworten. Denn Aufklärung über die Organisation ist das wirksamste Mittel, um ihre Ziele und Mechanismen offen zu legen und ihr den Nimbus einer vermeintlich um uneigennützige Lebenshilfe bemühten, selbst­ losen Gemeinschaft zu nehmen. Erkennt man erst einmal das System Scientology mit sei­ nen menschenverachtenden Zügen, wird die Organisation auf das reduziert, was sie tat­ sächlich ist: ein internationaler Wirtschaftskonzern, der nach Gewinnmaximierung strebt, der aber auch ein weltweites totalitäres Herrschaftssystem nach eigenen Vorstellungen errichten will. Das System Scientology lebt von der lückenlosen Kontrolle des Einzelnen, der im System funktionieren muss. Menschenrechte sind diesem Denken fremd. Sicher ist: Bei der Auseinandersetzung des Staates mit der SO geht es nicht um religiöse oder weltanschauliche Fragen. Was der Einzelne glaubt, geht staatliche Stellen grund­ sätzlich nichts an. Verfolgt aber eine Organisation verfassungsfeindliche Ziele, gilt es ­hierüber aufzuklären und dem entgegen zu wirken. Der Staat darf nicht zusehen, wenn eine Organisation Menschen wirtschaftlich ruiniert, geistig abhängig macht, Familien zerstört und versucht, Wirtschaftsunternehmen, Behörden und die Gesellschaft zu will­ fährigen Instrumenten ihrer Welteroberungspläne zu machen. Seit Mitte der 1990er Jahre steht die Organisation verstärkt im Blickfeld der Behörden. Bayern hat früh einen ressortübergreifenden Maßnahmenkatalog erarbeitet, um den Aktivitäten der SO zu begegnen. Die Maßnahmen richten sich dabei gegen das System ­Scientology, aber nicht gegen den einzelnen Scientologen, der oft nicht Täter, sondern selbst Opfer der totalitären Organisation ist. Für sie wurden spezielle Beratungseinrich­ tungen geschaffen.

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Die SO hat die selbst gesetzten Ziele bislang nicht erreicht, was sich auch am Rückgang der Mitgliederzahlen bemerkbar macht. Insbesondere durch staatliche Aufklärung und eine breite Darstellung in den Medien wurde die Organisation im Laufe der Jahre immer transparenter. Hierzu hat vor allem das Internet beigetragen. Es gibt nichts „geheimnis­ volles“ mehr hinter der Organisation, was sich teuer verkaufen ließe. Die SO ist „ent­ zaubert“. Allerdings hat sich ihre Ideologie nicht geändert, so dass sie nach wie vor insbesondere für den Einzelnen, der in ihre Fänge gerät, höchst gefährlich ist. Mit Fragen und Antworten will diese Broschüre die Funktionsweise des Systems Sciento­ logy in Grundzügen erklären. Von Los Angeles/USA aus gesteuert arbeitet die SO überall in der Welt übereinstimmend nach den Methoden ihres Gründers L. Ron Hubbard. Bei der Auseinandersetzung mit der SO darf man sich nicht von Science­Fiction­Geschichten täuschen lassen und ihre Anhänger als „Sektierer“ verharmlosen. Wer das System ver­ standen hat, kann die Gefahren richtig einschätzen und wird nicht mehr leichtgläubiges Opfer. Diese Broschüre berücksichtigt auch die Ergebnisse der im Auftrag der Bayerischen Staatsregierung von Prof. Dr. Heinrich Küfner vom Institut für Therapieforschung (IFT), Prof. Dr. Norbert Nedopil von der Psychiatrischen Klinik der Ludwig­Maximilians­Uni­ versität München (LMU) und Prof. Dr. Heinz Schöch vom Institut für die gesamten Straf­ rechtswissenschaften der LMU München erstellten wissenschaftlichen Expertise „Aus­ wirkungen und Risiken unkonventioneller Psycho­ und Sozialtechniken“ (Expertise), die Ende 2002 im Pabst­Verlag unter dem Titel „Gesundheitliche und rechtliche Risiken bei Scientology“ (Scientology–Gutachten), ISBN 3–936142–40–8, herausgegeben und ver­ öffentlicht worden ist. Die Neubearbeitung dieser Broschüre beruht auf der 6. Auflage der Vorausgabe aus dem Jahr 2004. Sie ist konzeptionell und inhaltlich fortentwickelt und berücksichtigt auch neuere Erkenntnisse und Entwicklungen.

Das System Scientology

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Inhalt I. 1. 2. 3. 4. 5. 5.1 5.2 5.3 5.4 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22. 23. 24. 25. 26.

Das System Scientology – Fragen und Antworten Was bedeutet das Wort Scientology? Wer war L. Ron Hubbard? Dianetik – wie fing alles an? Wer führt die SO heute? Wie ist die SO organisiert? Was ist die Church of Scientology International (CSI)? Was ist das ABLE-Netzwerk? Was ist WISE? Was gehört noch zur SO? Wie viele Scientologen gibt es? Ist Scientology eine Religion? Welches Menschenbild hat die SO? Was ist das Ziel der SO? Was ist die SO-Technologie? Was ist die Brücke zur völligen Freiheit? Was ist Auditing? Beruht Scientology auf einer Science-Fiction-Geschichte? Warum haben Scientologen eine eigene Sprache? Wie zieht die SO Menschen in ihr System? Wie beeinflusst die SO Kinder und Jugendliche? Wie verkauft sich die SO? Ist scientologische Ethik ethisch? Wie setzt die SO Gehorsam durch? Wie hält es die SO mit der Wahrheit? Wie reagiert die SO auf Kritik? Unterhält die SO einen Geheimdienst? Was hat die Gehirnwäsche-Organisation gegen die Psychiatrie? Unterwandert die SO die Wirtschaft? Warum ist die SO eine verfassungsfeindliche Organisation? Wie gefährlich ist die SO?

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II.

Das System Scientology – Was der Staat dagegen unternimmt

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III.

Das System Scientology – Wie Sie sich dagegen schützen können

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Sachwortregister

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Das System Scientology

I. Das System Scientology – Fragen und Antworten

1. Was bedeutet das Wort Scientology? Scientology ist ein Kunstwort, gebildet aus „scire“ (lateinisch für „wissen“) und „logie“ (auf das griechische „logos“ zurückge­ hend: „Lehre von“). Gemeint ist eine „Lehre vom Wissen“. Die­ ses Kunstwort hat der US-amerikanische Science-Fiction-Autor L. Ron ­Hubbard als Bezeichnung für seine von ihm entwickelte technische Lehre zur Veränderung des Menschen verwendet.

2. Wer war L. Ron Hubbard? Um Lafayette Ronald Hubbard (1911–1986) haben seine Anhän­ ger ein Netz von Legenden gesponnen. Hubbard war in den 1940er Jahren als Autor von Science-Fiction-Romanen tätig. Im Zweiten Weltkrieg diente er der Familientradition folgend in der US-Marine. In Zusammenhang mit seinem Kriegseinsatz kam er in psycho­therapeutische Behandlung. Dort lernte er die Psycho­ analyse ­Sigmund Freuds und dessen Therapie-Verfahren kennen. Aus Teilen dieser Lehre und anderen psychologischen Konzepten entwickelte Hubbard seine Lehre und sein Verfahren zur Manipu­ lation der menschlichen Psyche, die er in seinem 1950 veröffent­ lichten Buch „Dianetik – Die moderne Wissenschaft der ­geistigen Gesundheit“ vorstellte. Die SO selbst leitet den Begriff D ­ ianetik von „dia“ (griechisch für „durch“) und „nous“ (griechisch für „Seele“) ab. 1983 wurde Hubbard zum letzten Mal in der Öffentlichkeit gesehen, 1986 starb er.

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3. Dianetik – wie fing alles an? Nachdem Hubbard 1950 sein Dianetik-Buch veröffentlicht hatte, in dem er seine Technologie zur „Heilung psychosomatischer Krank­ heiten und geistiger Störungen“ darstellte, wurden in den folgen­ den Jahren in den USA Dianetik-Zentren eingerichtet. ­Hubbards „Heilverfahren“ liegt seine Anschauung zugrunde, dass das menschliche Gehirn ein Computer sei. Die menschliche Psyche ist für ihn durch „elektronische Schaltkreise“ im Gehirn bestimmt. Sein dianetisches Verfahren versteht er als technische Prozedur zur „Reparatur“ fehlerhafter Gehirnschaltungen, es unter­scheidet sich daher laut Hubbard gänzlich von herkömmlichen psycho­ therapeutischen Verfahren. Hubbard nannte seine neue vermeint­ lich „wissenschaftliche“ Disziplin eine Ingenieur-Wissenschaft.

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Mitte der 1950er Jahre erfand Hubbard ein „Ich“, das sich mit Hilfe von ihm entwickelter scientologischer Übungen vom Körper tren­ nen könne. Hubbard behauptete von nun an, der Mensch sei ein „Geistwesen“, ein Thetan. Sein bisheriges Kursprogramm Dianetik behielt er bei. Er nannte die dianetischen und die sich anschließen­ den scientologischen Übungen Brücke zur völligen Freiheit und gab seiner Bewegung den Namen Scientology. Die 1952 gegründete Hubbard Association of Scientologists International (HASI) erhob allerdings bezeichnenderweise noch nicht den Anspruch, eine Reli­ gionsgemeinschaft zu sein. Als Hubbard jedoch wirtschaftliche und steuerliche Vorteile einer Umwandlung seiner Organisation in eine Kirche erkannte, gründete er 1954 die erste Scientology Kirche in Los Angeles/USA. Hubbard standardisierte seine Prozesse und Trainings im Lauf der Zeit immer weiter und entwickelte hierfür eine Vielzahl präziser Verhaltensvorschriften, deren Einhaltung er unter immer schärfe­ re Kontrollen stellte. Daneben entwickelte er für den Geschäfts­ betrieb von Scientology eine bis ins Letzte ausgefeilte Organisa­ tions­ und Management­Technologie. Die Kunden seiner Dienst­ leistungen beschrieb er darin als von der Produktionsmaschine Scientology herzustellende Produkte.

4. Wer führt die SO heute? Nach dem Tod Hubbards übernahm David Miscavige die Führung der Organisation. Er steht dem Religious Technology Center (RTC), der Befehlszentrale der SO in Los Angeles/USA, vor. Das RTC ist Inhaber der Markenzeichen, die von der SO weltweit verkauft wer­ den. Die oberste Autorität dieses als Kirche getarnten Wirtschafts­ konzerns ist somit ein Wirtschaftsmanager. Nach Hubbards Tod war es in der neuen Führungsspitze zu einem heftigen Machtkampf gekommen, aus dem Miscavige letztendlich siegreich hervorging. Von Hubbard selbst noch in einer Art Testa­ ment an seine Organisation benannte Nachfolger verschwanden aus der Öffentlichkeit.

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Scientology-Symbol

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5. Wie ist die SO organisiert? Die SO ist wie ein internationaler Wirtschaftskonzern organisiert. Alle Einrichtungen unterliegen trotz scheinbarer Selbstständigkeit der strikten Befehls- und Disziplinargewalt des obersten Manage­ ments in Los Angeles/USA, dem Religious Technology Center (RTC) unter der Leitung von Hubbard-Nachfolger David ­Miscavige. Das RTC bezeichnet sich selbst als „Inhaber der ­Dianetik und ­Scientology Marken“. RTC-Logo

Dem RTC sind drei Sektoren nachgeordnet: die Church of Scien­ tology International (CSI), das ABLE-Netzwerk (Association for Better Living and Education) und das World Institute of Scien­ tology Enterprises (WISE). Daneben gibt es noch weitere kleinere Organisationen. Hubbards Erfahrungen aus seiner Zeit bei der Marine spiegeln sich in Führungsstil und Aufbau der SO wider. Die einzelnen Mit­ arbeiter, die Staff Members, sind einem strikten Kontroll- und Disziplinar­system unterworfen, das nach den Grundsätzen von Befehl und unbedingtem Gehorsam funktioniert. Das Manage­ ment ist verpflichtet, die SO nach strategischen Grundsätzen zu führen, die Lehrbüchern über Kriegsführung entnommen sind. Es gibt eine militärisch organisierte vermeintliche Eliteeinheit, die Sea Org, deren Mitglieder militärische Dienstgrade haben. Das Personal dieser Einheit unterstützt das Management, wenn dieses bei der Führung der SO in Schwierigkeiten geraten ist. Hubbard selbst nannte sich zuletzt „Admiral“.

5.1 Was ist die Church of Scientology International (CSI)? Kern der SO ist der Church-Bereich, der in vielen Ländern „­Kirchen“, Missionen und für prominente Anhänger, die wegen ihrer Werbe­ wirksamkeit besonders zuvorkommend behandelt werden, Celebrity­ Centers unterhält. Die „Kirchen“ werden intern Orgs (Abkürzung

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für „Organisationen“) genannt. Die Church of Scientology International organisiert, verbreitet und vermarktet die Techniken und Produkte der SO. Dachverband der SO ist in Deutschland die Scientology Kirche Deutschland e.V. (SKD), in Bayern tritt auch die Scientology Kirche Bayern e.V. (SKB) auf. Beide haben ihren Sitz in München.

5.2 Was ist das ABLE-Netzwerk? Mit der Association for Better Living and Education (ABLE) will die SO im sozialen Bereich „wirken“. Zu ABLE gehören die ver­ meintliche Hilfsorganisation für Drogenabhängige NARCONON, die vermeintliche Hilfsorganisation für Straftäter CRIMINON, das SO-Lernprogramm Applied Scholastics sowie die Stiftung Der Weg zum Glücklichsein (The Way to Happiness). Aus Sicht der SO sind Betroffene hier leichter zu beeinflussen und für ihre Lehren empfänglicher.

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5.3 Was ist WISE?

WISE-Logo

Das World Institute of Scientology Enterprises (WISE) ist ein fran­ chise-ähnlicher Zusammenschluss von Unternehmen, die teils durch Lizenzverträge an die SO gebunden sind und nach deren Methoden arbeiten. WISE soll die Wirtschaft unterwandern und Geld beschaffen. WISE-Unternehmen sind vor allem in der Immo­ bilienbranche sowie in der Unternehmens- und Personalberatung aktiv. Darüber hinaus versucht die SO, Einfluss auf die IT-Branche zu gewinnen, die Zugang zu sensibelsten Unternehmensbereichen eröffnen kann. Durch die Organisation der SO als Wirtschafts­ konzern werden die Unterorganisationen und Einzelunternehmer streng kontrolliert.

5.4 Was gehört noch zur SO? Während die SO früher offen für sich geworben hat, versteckt sie sich heute auch hinter Tarnorganisationen. Diese Organisatio­ nen verwenden Bezeichnungen, die zum Teil positiv belegte Ziele nahe legen und auf den ersten Blick nicht immer erkennen lassen, dass dahinter die SO steht. Grund ist wohl, dass viele Menschen mittlerweile über die wahren Ziele der SO aufgeklärt sind. Gerade beim ersten Kontakt soll daher nicht gleich ein SO-Bezug deutlich werden. Der SO sind beispielsweise auch folgende Organisationen, Initia­ tiven und Kampagnen zuzurechnen: – die International Association of Scientologists (IAS), – die Kommission für Verstöße der Psychiatrie gegen Menschenrechte (KVPM, Citizens Commission on Human Rights – CCHR), – der Verlag New Era Publications International, – die Initiative Jugend für Menschenrechte (Youth for Human Rights), – und Kampagnen wie Sag NEIN zu Drogen – sag JA zum Leben

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6. Wie viele Scientologen gibt es? Es gibt keine verlässliche Zahl, wie viele Scientologen weltweit aktiv sind. Das liegt insbesondere daran, dass bereits die Definiti­ on, wer Scientologe ist, schwerfällt. Anhaltspunkte können sein: – Eine Person ist Mitglied bzw. Mitarbeiter einer Organisations­ einheit der SO. – Eine Person ist ein „abtrünniger“ Scientologe, d.h. sie hat sich rechtlich und tatsächlich von der SO gelöst, hält aber an den Lehren Hubbards fest und praktiziert diese weiter. Neben der 1954 von Hubbard gegründeten SO gab es in den 1950er Jahren verschiedene Gruppen und Organisationen, die versuchten, die Lehren Hubbards umzusetzen. In den 1970er Jahren entfernte sich die von Hubbard 1967 gegründete Sea Org – die damalige faktische Machtzentrale der SO – immer stärker von der Basis der anderen Scientology-Organisationen. Zudem wurde Hubbards Führungsstil immer autokratischer. Nachdem einige führende Mitglieder der Church of Scientology Hubbards Organisation und Führungsstil als zu autori­ tär ansahen, gründeten sie ab 1982 eigenständige Gruppen, insbesondere die „Freie Zone“. Diese lehnen meist die harte Organisations- und Managementlehre der SO ab und praktizie­ ren in der Regel lediglich die „Heil- und Erziehungsmethoden“ Hubbards. – Eine Person ist Anhänger der Lehre Hubbards und praktiziert diese, ohne jedoch in einer Beziehung zur SO oder zu einem abtrünnigen Scientologen gestanden zu haben. Soweit Managementtrainer, ohne Angestellte des Konzerns oder Mitglieder der Internationalen Vereinigung der Scientologen (IAS) zu sein, Trainingstechniken der SO benutzen, das von Hubbard vertretene Menschenbild und seine Ideologie guthei­ ßen oder seine Techniken verbreiten, nennt man diese „Hub­ bardisten“ und spricht von „Hubbardismus“. Solche Personen haben sich aus dem veröffentlichten Schrifttum Hubbards im Selbststudium die Lehre und Methoden Hubbards angeeignet.

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Nicht jeder, der ein Kursangebot bei der SO in Anspruch genom­ men hat, ist somit ein Scientologe. Die Angaben der SO über Mitgliederzahlen schwanken erheblich. Aus den verkauften Mit­ gliederzeitschriften und aus der Zahl von belegten Kursen sind aber grobe Schätzungen möglich. Weltweit dürfte es somit etwa 130.000 Scientologen geben; die SO selbst spricht dagegen von bis zu zehn Millionen. Für Deutschland hatten die Verfassungsschutzbehörden über Jahre hinweg rund 5.000 bis 6.000 Anhängern angenommen, in Bayern etwa 2.600. Da die SO trotz andauernder Webungsbemü­ hungen aber zunehmend an Bedeutung verloren hat und die Mit­ gliederzahlen zurückgegangen sind, hat der Verfassungsschutzbe­ richt Bayern 2009 die Mitgliederzahlen für Deutschland auf etwa 5.000 und für Bayern auf etwa 1.700 Personen nach unten korri­ giert, wobei die Tendenz fallend ist.

7. Ist Scientology eine Religion? Hubbard nannte seine Lehre und Technik zur Manipulation menschlichen Verhaltens selbst eine Ingenieur-Wissenschaft. Zur Dianetik heißt es: „Dianetics is a science; as such, it has no opinion about religion, for sciences are based on natural laws, not opinions.“ (Dianetik ist eine Wissenschaft; sie enthält daher keine Meinung über Religion, denn Wissenschaften basieren auf Naturgesetzen und nicht auf Meinungen.) THE DIANETIC AUDITOR’S BULLETIN, Volume 1, No. 4, Oktober 1950, Official Publication of The Hubbard Dianetic Research Foundation, Inc., Elizabeth, New Jersey

Nach ihren Grundlagen(werken) sah sich die SO ursprünglich nicht als Religionsgemeinschaft. Die 1952 gegründete Hubbard Association of Scientologists International (HASI) hatte noch nicht den Anspruch erhoben, eine Kirche zu sein. Nachdem Hubbard jedoch wirtschaftliche und steuerliche Vorteile erkannt hatte, betrieb er

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ab 1954 die Umwandlung seiner Organisation in eine „Kirche“. Seitdem tritt die SO der Öffentlichkeit gegenüber als „Kirche“ und „Religionsgemeinschaft“ auf und nennt ihre Trainer, die Auditoren, „Geistliche“. Ein hochrangiger SO­Aussteiger aus den USA berichtete, dass er in den 1970er Jahren in San Francisco die Aufgabe hatte, bei den dortigen SO­Einrichtungen zur Täuschung der Öffentlichkeit eine pseudoreligiöse Fassade zu organisieren. Dazu gehörten beispiels­ weise das Tragen von Kragen wie bei katholischen Priestern oder der Bau einer Kapelle. Auch die Wahl der religiösen Bezeichnung Church of Scientology habe bezweckt, die staatlichen Behörden zu täuschen. Diese Angaben werden durch Äußerungen der SO bestätigt: „Der einzige Grund, aus dem es Orgs gibt, ist die Aufgabe, ­MATERIALIEN UND DIENSTLEISTUNGEN AN DIE ÖFFENTLICHKEIT ZU VERKAUFEN UND ZU LIEFERN UND LEUTE AUS DER ÖFFENTLICHKEIT HEREINZU­HOLEN; AN DIE MAN VERKAUFEN UND LIEFERN KANN. DIE ZIEL­SETZUNG SIND TOTAL BEFREITE KUNDEN! … Es war offensichtlich unmöglich, dass ein einziges Wesen 2,5 Milliarden Menschen individuell ausbilden und auditieren würde. Die Zeit allein hätte dies verhindert.“ HCO-Policybrief vom 31.01.1983, korrigiert und wieder herausgegeben am 06.02.1983, um einen Tippfehler zu korrigieren, Hubbard-Kommunikationsbüro, Saint Hill Manor, East Grinstead, Sussex

In Deutschland sind religiöse Bezeichnungen wie „Kirche“ und „Geistliche“ rechtlich nicht geschützt. Mit Ausnahme der Zuer­ kennung des Status einer „Körperschaft des öffentlichen Rechts“ gibt es auch kein Anerkennungsverfahren, in dem der Status als Religionsgemeinschaft förmlich zuerkannt wird. Deshalb kann sich zunächst jede Gruppe – unabhängig von ihrer tatsächlichen Zielsetzung – Religionsgemeinschaft nennen. Eine andere Frage ist es aber, ob sich eine Organisation auch auf das Grundrecht der Religionsfreiheit nach Artikel 4 und 140 des Grundgesetzes berufen kann. Die Bundesregierung und die Bayerische Staats­ regierung sprechen dies der SO ab. Nach deutschem Religions­ verfassungsrecht muss sich eine Organisation, um sich auf Arti­ kel 4 und 140 des Grundgesetzes berufen zu können, im Schwer­ punkt mit religiösen oder weltanschaulichen Fragen befassen. ­Überwiegen dagegen wirtschaft­liche Interessen oder wendet eine

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­ rganisation bloße ­geistige oder psychologische Techniken an, O kann sich die Organisation nicht auf das Grundrecht der Religions­ freiheit berufen. Dabei ist, wie das Bundesverfassungsgericht fest­ gestellt hat (Beschluss vom 5. Februar 1991, Az. 2 BvR 263/86), nicht die Selbsteinschätzung der Organisation entscheidend. Viel­ mehr muss es sich auch tatsächlich, nach ­geistigem Gehalt und äußerem Erscheinungsbild, um eine Religion und Religionsge­ meinschaft handeln. Deutsche Gerichte haben die Frage, ob sich die SO auf das Grund­ recht der Religionsfreiheit nach Artikel 4 und 140 des Grundge­ setzes berufen kann, bisher regelmäßig offen gelassen, weil es für ihre Entscheidungen schlicht nicht darauf ankam. Anders aller­

SO-Kirche in Los Angeles/USA

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dings das Bundesarbeitsgericht: Es stellte mit Beschluss vom 22. März 1995 (Az. 5 AZB 21/94) fest, dass die Selbsteinschät­ zung der SO und ihr Auftreten als „Kirche“ lediglich als Vorwand zur Verfolgung ihrer wirtschaftlichen Interessen dient und dass sich die SO nicht auf die Religionsfreiheit nach Artikel 4 und 140 des Grundgesetzes berufen kann. Das Bundesverwaltungsge­ richt ­entschied zwar in einem Einzelfall, dass sich ein einzelner Scientologe unter Umständen auf die individuelle Religions- oder Weltanschauungsfreiheit berufen kann, falls die SO-Lehren für ihn die Bedeutung einer Religion oder Weltanschauung erreichen (Urteil vom 15. Dezember 2005, Az. 7 C 20.04); wie die Organisa­ tion als Ganzes zu bewerten sei, ließ das Bundesverwaltungs­ gericht aber ausdrücklich offen. Die von SO hochstilisierte Frage der Religionseigenschaft ist letztlich für die Auseinandersetzung mit ihr nicht entschei­ dend. Denn auch Religionsgemeinschaften haben sich im freien­ demokratischen Staat an Recht und Gesetz zu halten und die demokratische Ordnung zu respektieren.

8. Welches Menschenbild hat die SO? Nach Hubbard bestehe der Mensch aus Körper, Verstand und einem Geistwesen. Das Geistwesen, das „Selbst“ bzw. das unsterbliche Wesen des Menschen, nannte er nach dem griechischen Buchstaben Theta Thetan. Der Verstand, der nach scientologischer Lehre zwischen Thetan und sterblichem Körper vermittle, sei in einen reaktiven und einen analytischen Teil aufgespalten. Im reaktiven Teil seien alle negativen schmerzhaften Erfahrungen als Engramme in Form von elektrischen Ladungen gespeichert. Der somit negative reak­ tive Verstand halte den analytischen Verstand, der für Problem­ lösungen zuständig sei, davon ab, positiv zu handeln. So werde aberriertes Verhalten erzeugt, das Hubbard als unver­ nünftiges Handeln definierte. Da alle Menschen einen reaktiven

Theta

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Verstand besäßen, solange sie nicht durch scientologische Ver­ fahren von ihm befreit, d.h. clear (geklärt) seien, sind alle NichtScientologen nach Hubbards Theorie Aberrierte. Diese seien eine potenzielle Gefahr für die Gesellschaft, weil sie nicht zurechnungs­ fähig seien. „Wir können also aufgrund echter Beweise schließen, dass die erste wahre Demokratie auftreten wird, wenn wir jedes Individuum von seinen bös­ artigen reaktiven Impulsen befreit haben.“ HCO Policy Letter vom 13.02.1965, korrigiert und wieder herausgegeben am 07.10.1985, Hubbard Communications Office, Saint Hill Manor, East Grinstead, Sussex; aus dem Englischen übersetzt

„Der einzelne Mensch läßt sich in drei Teile unterteilen. Der erste Teil ist das geistige Wesen, das in Scientology ein Thetan genannt wird. Der zweite Teil ist der Verstand. Der dritte Teil ist der Körper.“ L. Ron Hubbard, Die Wiederentdeckung der menschlichen Seele, S. 45, Die RonSerie, hrsgg. von L. Ron Hubbard Personal Public Relations Office International, Los Angeles/USA

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9. Was ist das Ziel der SO? Ziel der SO ist der durch dianetische und scientologische Prozesse und Trainings erzeugte, entsprechend den scientologischen Inter­ essen perfekt funktionierende Mensch, der Clear. Dem Thetan soll wieder die volle Handlungsfähigkeit zurückge­ geben werden. In einem ersten Schritt gilt es, den reaktiven Verstand zu löschen. Ist dies geschehen, ist der Mensch clear, also von „negativen Blockaden“ geklärt bzw. befreit. Danach folgen in weiteren Schritten die OT-Stufen (OT steht für Operierender Thetan). Hier soll das Geistwesen seine unbegrenzten Fähigkeiten zurückerhalten, auch die Fähigkeit, sich in Raum und Zeit frei zu bewegen. Den Weg dorthin bezeichnete Hubbard als die Brücke zur völligen Freiheit. „Eine Zivilisation ohne Geisteskrankheit, ohne Verbrecher und ohne Krieg, in der fähige Wesen erfolgreich sein und ehrliche Leute Rechte haben können, und in der der Mensch die Freiheit hat, zu größeren Höhen auf zusteigen – das sind die Ziele der Scientology.“ Was ist Scientology?, S. XIII, Church of Scientology International, hrsgg. von NEW ERA Publications International ApS, Kopenhagen, Dänemark, 1993, ISBN 87­7336­969­1

„Geisteskrank“ sind dabei laut Hubbard alle, die sich nicht den scientologischen Verfahren unterzogen haben. „Verbrecher“ sind für die SO alle, die sich gegen die SO stellen. „Eine ideale Gesellschaft wäre eine Gesellschaft nichtaberrierter Menschen, Clears, die ihr Leben in einer nichtaberrierten Kultur führen. … Es genügt nicht, als Einzelner nicht aberriert zu sein, wenn man sich innerhalb der Schranken einer Gesellschaft wiederfindet, die ihre Kultur mit vielen unvernünftigen Vorurteilen und Angewohnheiten vermischt hat.“ L. Ron Hubbard, Dianetik, Der Leitfaden für den menschlichen Verstand, Buch Drei, Kapitel Zehn, S. 482; 1974, 1999, 2007, ISBN 978-87-7687-131-4

Diese Planung Hubbards lässt den Schluss zu, dass die ange­ strebte scientologische Gesellschaft (Scientocracy) keine freie Gesellschaft wäre, sondern eine Diktatur. Hinter dem angeblichen

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Reformprogramm, die Welt zu „klären“ (Clear Planet), steht daher als Endziel die Machtergreifung über die Welt. Ziel der SO ist eine ausschließlich nach scientologischen Richt­ linien funktionierende Welt. Eine neue „wahre Demokratie“ soll an die Stelle der bisherigen Demokratien treten, die Scientologen als Produkt einer aberrierten Gesellschaft ansehen. Dabei sollen zunächst 10 % bis 15 % der politischen Meinungsführer, dann 80 % bis 98 % der Bevölkerung geklärt werden und die Gesell­ schaft schließlich nur noch aus den Nichtaberrierten, den Clears, bestehen. Damit erhebt die SO den für totalitäre Organisationen typischen Absolutheitsanspruch. Die SO verknüpft politische und wirtschaftliche Ziele. Durch die Vermarktung von Kursen und Publikationen sowie mit den Gewin­ nen aus Unternehmen, die nach den Vorgaben Hubbards geführt werden, schafft sich die SO die wirtschaftliche Grundlage für ihre weltweite organisatorische Expansion sowie für die Verbreitung ihrer totalitären Ideologie und Praxis. Der ideologische Überbau der SO beruht auf drei Säulen: Dianetik

Lehre Scientology

Scientologische Ethik

SO-Methodik zur Auffindung und Beseitigung angeblicher traumatischer Erlebnisse

Sie richtet sich zusätzlich an einen Thetan, ein angenommenes Geistwesen des Menschen

Disziplinierungstechnologie für Mitglieder, Mitarbeiter und die gesamte Gesellschaft

Die Ideologie der SO stützt sich ausschließlich auf die Schriften von Hubbard, die unveränderte Gültigkeit besitzen. Vor allem seine programmatischen Äußerungen werden in Richtlinien­briefen (policy letters; Hubbard Communication Office Policy Letter = HCO PL) den �������������������������������������������������������� Mitgliedern und Mitarbeitern als verbindliche Orien­ tierung vorgegeben. „Das gesamte Wissen, das Scientology ausmacht, ist auf Hunderttausenden von Seiten und in Millionen von gesprochenen Worten festgehalten – alle von L. Ron Hubbard, dem Urheber und Gründer der Scientology.“ Was ist Scientology?, Einleitung, Church of Scientology International, hrsgg. von NEW ERA Publications International ApS, Kopenhagen, Dänemark, 1993, ISBN 87-7336-969-1

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10. Was ist die SO-Technologie? Die SO-Lehre der Technologie ergänzt die Thetan-Lehre. Demnach ist Scientology eine technische Ideologie zur Herrschaft über den einzelnen Menschen und die ganze Gesellschaft. Seine Lehre und Technik zur Manipulation menschlichen Verhaltens nannte Hub­ bard selbst eine Ingenieur-Wissenschaft. Sie geht davon aus, dass der Mensch wie eine Maschine zu bedie­ nen ist (Mensch-Maschine-Modell). Der durch die scientologi­ schen Verfahren zu erzeugende neue Mensch, der Scientologe, ist nach Hubbard ein ­Produkt, das durch die Trainings vom noch unvollkommenen bis zum perfekten Produkt gebracht werden muss. In seinen Schriften betont Hubbard zwar seine Nähe zu Sigmund Freud; Ausgangspunkt für seine Dianetik ist aber vielmehr eine amerikanische Verhaltens- und Lerntheorie (Behaviorismus) sowie eine Lehre über gleiche Steuerungs- und Kommunikationsab­läufe in Lebewesen und Maschinen (Kybernetik). Hubbard überträgt das maschinentechnische Modell der Kontrolle, der Kommunika­ tion und des Lernens aus der kybernetischen Lehre auf den Men­ schen. Demzufolge behandelt er den Menschen wie einen fehler­ haft programmierten Computer, der erst neu programmiert wer­ den müsse. Die Trainings der SO zur Persönlichkeitsentwicklung ­erinnern da­ her häufig an maschinelle Prozeduren, wie sie bei der Programmie­ rung eines Roboters durchgeführt werden. Die endlosen Wieder­ holungen bestimmter Übungen haben Ähnlichkeit mit einer Dres­ sur. Die „Befehlsgeber“ steuern die „Befehlsempfänger“ dabei wie Marionetten. Zwischenmenschliche Beziehungen werden wie technische Abläufe behandelt. Um den Kunden zur Mensch-Maschine umzuformen wird ihm eine natürliche Grundlage für humanes Handeln, das Mitleid, aberzo­ gen. Nach Hubbard mindert Mitleid das „Überlebenspotenzial“.

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„Auditor und PC [= Preclear, d.h. der zu Klärende] gehen herum, der Auditor hat, wenn nötig, körperlichen Kontakt mit dem PC. Der Auditor auditiert die folgenden Anweisungen: 1. DU SCHAUST AUF DIESE WAND. DANKE. 2. DU GEHST HINÜBER ZU DIESER WAND. DANKE. 3. DU BERÜHRST DIESE WAND. DANKE. 4. DREH DICH UM. DANKE. …“ HCOB 14.11.87 III, CCH 2 (Ton 40 8-C.)

Die Auditoren „löschen“ zum besseren „Funktionieren“ der „Mensch-Maschine“ ohne Rücksicht auf Intimsphäre, Selbstbe­ stimmung und Würde der Person im scientologischen Technik­ labor durch ihre Verhöre dessen Engramme, d.h. dessen fehler­ hafte Daten, und machen so den „Mensch-Computer“ clear. Den Clear verglich Hubbard mit einer perfekt funktionierenden ­Maschine, die sich selbst warten könne. Die Organisations- und Erziehungstechnologie der SO missachtet somit die Würde und Selbstbestimmung des Menschen. Perso­ nen, die sich dem aussetzen, merken am Anfang ihres Trainings davon in der Regel nichts. Sie werden mit angelernter Freundlich­ keit behandelt und meist schmerzlos in die Erziehungs­maschine Scientology eingeschleust. In den scientologischen Lernlabors werden sie dann nach Hubbards Technologie einer Umformung unterworfen. Mittels Erziehungsdrill werden sie zu blindem Gehor­ sam gegenüber dem System erzogen. Ihnen wird auch anerzogen, Systemabweichler, Gegner und Kritiker, zu handhaben, d.h. sie mit rücksichtslosen Methoden gefügig zu machen. Die Technologie dient der SO zur Gehirnwäsche.

11. Was ist die Brücke zur völligen Freiheit? Wer sich der SO anschließt, muss einen genau vorgezeichneten Trainingsweg mit dianetischen und scientologischen Übungen beschreiten, um das Endziel Operierender Thetan (OT) der höchs­ ten Stufe zu erreichen. Er beginnt in aller Regel mit einem Kommu­

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nikationskurs, in dem bestimmte Fähigkeiten trainiert werden, die für den weiteren scientologischen Trainingsweg notwendig sind. Begleitet wird dieser von einem Reinigungsrundown, der den Kör­ per von allen Umwelteinflüssen und Drogen (auch „Atomstrah­ lung“) befreien soll. Dieser Reinigungsrundown besteht aus stra­ paziösen stundenlangen Saunagängen und aus der Einnahme von extrem hohen Vitamindosen. Es folgen lange Auditing­Sitzungen; Auditing ist eine Psychotechnik, mit der der Zustand clear erreicht werden soll. Hieran schließen sich die Kurse für die OT-Stufen von OT I bis zur höchsten derzeit angebotenen Stufe OT VIII an. Die Stufe OT VIII ist jedoch nicht die Endstufe, die dem Thetan die ihm zugesprochenen Fähigkeiten zurückgeben soll; oberhalb von OT VIII sind auf dem Trainingsplan Die Brücke zur völligen Freiheit (Scientology-Klassifizierungs-, Gradierungs- und Bewusstseinskarte der Stufen und Zertifikate) noch weitere Stufen konzipiert. Nach der SO­Karte „Die Brücke zur völligen Freiheit“ ist der Ope­ rierende Thetan „Ein Seinszustand oberhalb von Clear, in dem sich der Clear mit seinen ursprünglichen Fähigkeiten erneut vertraut gemacht hat. Ein Operierender Thetan ist wissentlich und willentlich Ursache über Leben, Denken, ­Materie, Energie, Raum und Zeit.“ Was ist Scientology?, beiliegende Karte, Church of Scientology International, hrsgg. von NEW ERA Publications International ApS, Kopenhagen, Dänemark, 1993, ISBN 87-7336-969-1

Wesentliches Ziel beim OT-Training ist es, in verändertem Wach­ bewusstseinszustand außergewöhnliche Erfahrungen beim Pro­ banden zu erzeugen, wie etwa das Erleben der „Außerkörper­ lichkeit“. Entsprechende Erfahrungen sind allerdings bei vielen Menschen ohne weiteres mit bestimmten Psychotechniken wie Hypnose und Meditation, aber auch durch Drogen aus­lösbar; dazu bedarf es keiner SO-Techniken. Bei unsachgemäßem Umgang kann es allerdings zu ernsthaften Gesundheitsschäden kommen, insbesondere wenn diese Methoden exzessiv oder zur Bestrafung eingesetzt werden (Black Dianetics). Wer vom ersten bis zum letzten Kurs alle Dienstleistungen in Anspruch nimmt, muss unter Umständen Beträge von mehre­ ren hunderttausend Euro entrichten, auch wenn Preisnachlässe

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aufgrund einer Mitgliedschaft in der Internationalen Vereinigung der Scientologen (IAS) oder einer Mitarbeit in der Organisation in Anspruch genommen werden. Bei manchen Kunden kann sich aufgrund des Trainings ein sucht­ ähnliches Verlangen nach weiteren Kursen entwickeln. Man wird durch den raffinierten Einsatz von Psycho­ und Sozialtechnolo­ gie in der Regel zum Weitermachen verführt, d.h. vom Werber durch unseriöse Verkaufstechniken zum Kauf weiterer Trainings gedrängt. Die höchsten Trainingsstufen werden in Advanced Organizations, u.a. in Los Angeles/USA und in Kopenhagen/Dänemark, angebo­ ten. Kurse für höhere Stufen werden auch in Clearwater in Flo­ rida, die höchsten auf einem SO­eigenen Schiff, der Freewinds, abgehalten.

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12. Was ist Auditing? Auditing (abgeleitet vom lateinischen „audire“ = hören) ist die maßgebliche Psychotechnik, die von der SO zur Veränderung des Menschen eingesetzt wird. Das Auditing dient dazu, eine Person in das System hineinzuziehen und für das System zum „Funktio­ nieren“ zu bringen. Laut SO sind schmerzhafte Erfahrungen – von Hubbard Engramme genannt  – die Hauptursache für psycho­ somatische Leiden. Aber auch „unmoralisches“ Verhalten, sexu­ elle Perversionen oder soziales Fehlverhalten gegenüber Mitmen­ schen haben nach Hubbard ihren Grund in derartigen Engrammen. Durch das Auditing –  auch dianetisches Processing genannt – sol­ len alle Engramme – wie die Falschprogrammierung eines Compu­ ters – beseitigt werden können. Beim Auditing-Verfahren sitzen sich der „zu Klärende“ (Preclear) und der Auditor, der scientologische Psycho-Technologe, in der Regel gegenüber. Der Preclear muss dem Auditor in einer verhör­ ähnlichen Prozedur alle negativen Erlebnisse, die sich im Verlauf seines Lebens auf der so genannten Zeitspur aufgezeichnet haben, alle Probleme, aber vor allem auch seine eigenen Verfehlungen und Vorlieben bis hin zu intimsten Details mitteilen. Der Preclear muss sich der Befehls- und Kontrollgewalt des Auditoren bedin­ gungslos unterwerfen. Als Kontrollinstrument dient das E-Meter, das aber nur den elek­ trischen Widerstand der menschlichen Haut misst, was zwar objektiv keinerlei belastbare Aussagekraft hat, von der SO aber nichtsdestotrotz eingesetzt wird. Der Proband nimmt hierzu zwei Dosen aus Metall in die Hände, über die ein schwacher elektri­ scher Strom durch den Körper geschickt wird. An einem Messge­ rät kann der Hautwiderstand an einer Skala abgelesen werden. Die Haut ändert ihren elektrischen Widerstand ständig, was neben vie­ len anderen Ursachen u.a. auch durch die gedankliche Vorstellung eines erschreckenden oder freudigen Ereignisses bewirkt werden kann. Durch die E-Meter-Messung könne dagegen laut SO entlang der Zeitspur jedes erdenkliche Engramm aufgefunden, gelöscht und der Preclear hierdurch von seiner Aberration geheilt werden.

E-Meter

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Dementsprechend verbessere sich die „Tonhöhe“, d.h. die Stärke der Spannkraft auf der Tonskala, der Emotionsskala; psychosoma­ tische Beschwerden würden gelindert. Trotz des laienhaften Ein­ satz eines von vorne herein untauglichen Messverfahrens gelingt es dem Auditor durch ständiges Insistieren und Nachbohren regel­ mäßig, dem Preclear Persönliches zu entlocken, was dann wiede­ rum Ansatz für weitere ausforschende Fragen ist. Der Preclear wird vom Auditor zu Beginn der Sitzung in einen Zustand gebracht, der ihm das „Beichten“ von Geheimnissen, auch intimster Geschehnisse und schwerer Verfehlungen, erleich­ tern soll. Hubbard äußerte in einem Vortrag im Jahr 1961, Geheim­ nisse seien die Ursache aller Aberrationen und der Gegner von Kommunikation. Der große aberrierende Faktor der Gegenwart sei die Notwendigkeit, Geheimnisse zu haben. Solange der Preclear Geheimnisse habe, die er nicht mitteilen wolle, werde er sich nicht verbessern.

Auditing-Sitzung

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Alle „Geständnisse“ des Preclear während des Auditings wer­ den in einem Sitzungsprotokoll festgehalten und die Details akri­ bisch aufgeschrieben. Anschließend werden die Daten an einen Fallüberwacher zur Begutachtung weitergeleitet. Dadurch wird der Preclear für die SO zu einem „gläsernen“ Menschen. Die SO behauptet zwar gegenüber der Öffentlichkeit, die Auditingproto­ kolle vertraulich zu behandeln. Gegenteiliges ergibt sich jedoch aus internen Anweisungen der SO und aus Aussagen von Aus­ steigern. Da die SO eine Sammlung von im Auditing gewonne­ nen Intimdaten ihrer Mitglieder besitzt, müssen diese befürchten, von der Organisation erpresst zu werden, wenn sie gegen diese vorgehen. Die beim Auditing gefundenen Schwachpunkte dienen dazu, die Person zum Kauf eines weiteren Kurses zur angeblichen Lösung des vermeintlich aufgefundenen Problems zu drängen.

13. Beruht Scientology auf einer Science-Fiction-Geschichte? Für die Stufe OT III hat Hubbard – als Science-Fiction-Autor – die Geschichte des bösen Herrschers Xenu erfunden, der vor 75 Milli­ onen Jahren eine galaktische Konföderation aus 21 Sonnen und 76 Planeten regiert habe. Er habe laut Hubbard das Problem der Über­ bevölkerung dadurch gelöst, dass er Milliarden von Menschen mit Drogen behandelt, getötet und anschließend als T ­ hetane auf die Erde gebracht habe. Hier hätten sie dann durch die Entwicklung der modernen technischen Zivilisation und durch den Einsatz von Atombomben planetarischen Selbstmord begehen sollen. Die SO wolle dieses Weltuntergangsszenario im intergalaktischen Krieg, der jetzt noch andauere, verhindern.

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14. Warum haben Scientologen eine eigene Sprache? Die SO verwendet – je nach Zielgruppe – zwei verschiedene Spra­ chen: eine um Allgemeinverständlichkeit bemühte pseudoreligiöse in der für die Öffentlichkeit bestimmten Propaganda und eine orga­ nisationsinterne technische Sondersprache. Die orga­nisations­ interne Sprache trägt zur Abschottung gegenüber der Außenwelt und zur engeren Bindung der Anhänger an die ­Organisation bei. Hubbard „redefinierte“ Wörter und gab ihnen damit einen neuen Inhalt. Begriffe aus der Alltagswelt können somit bei der SO einen ganz anderen Sinn haben, wie z.B. der Begriff „Ethik“. Scientolo­ gen besitzen deshalb eigene Wörterbücher, die in ingenieurtech­ nischer Art „redefinierte“ oder neugeschaffene Wörter und deren Definition enthalten. Mit der Bezeichnung downstat wird beispiels­ weise der Zustand eines Scientologen definiert, der krank oder verwirrt ist. Ausgangspunkt für diese Definition ist die niedrige Produktions-Statistik eines Mitarbeiters, der in seiner Kraft, für die SO tätig zu sein, eingeschränkt ist. Die neue Sprache wird in Kursen nachdrücklich unterrichtet. Diese Praxis der sprachlichen Umerziehung ist ein Mittel totalitärer Systeme, das Denken und Handeln der Systemangehörigen zu steuern und zu kontrollieren. „Es gibt viele Beispiele dafür. Es sind keine ‚natürlichen’ Veränderungen der Sprache. Sie sind Veränderungen von Propaganda, sorgfältig geplant und durchgeführt, um einen Vorteil in der öffentlichen Meinung für die Gruppe zu erhalten, die die Propaganda betreibt. Wenn man die neue Definition oft genug wiederholt, kann man die öffentliche Meinung durch Veränderung einer Wortbedeutung ändern. ... ‚Psychiatrie’ und ‚Psychiater’ sind leicht umdefiniert, um ‚ein antisozialer Feind der Menschen’ zu bedeuten. ... Das ist ein positiver Gebrauch der Technik, da der Psychiater in einem Jahrhundert für alle Zeiten den Rekord an Unmenschlichkeit unter der Menschheit aufgestellt hat. ... Der Weg, ein Wort umzudefinieren, besteht darin, die neue Definition so oft wie nur möglich wiederholen zu lassen. Deshalb ist es notwendig, Medizin, Psychiatrie und Psychologie ‚nach unten’ umzudefinieren und Dianetik und Scientology ‚nach oben’ zu definieren.“ HCO-Policybrief vom 05.10.1971, PR-Serie Nr. 12 „Propaganda durch Umdefinierung von Wörtern“

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15. Wie zieht die SO Menschen in ihr System? Die Anwerbung für SO funktioniert ähnlich wie eine Reuse, eine Falle zum Fischfang: Man gerät in das System, bewegt sich vor­ wärts und glaubt sich dabei frei – möchte man allerdings umkeh­ ren, ist der Rückzug versperrt. Gewöhnlich ergibt sich ein erster Kontakt mit der SO – – – – –

durch die Zusendung von Werbematerial, durch Ansprechen bei Informationsständen in Fußgängerzonen, durch Veranstaltungen in Fußgängerzonen, durch Angebote auf dem Nachhilfemarkt, und durch Ansprechen auf der Straße mit dem Angebot, einen „Persönlichkeitstest“ zu machen.

Die SO bedient sich auch Neben- bzw. Tarnorganisationen, die auf den ersten Blick keinen Zusammenhang mit der SO erkennen ­lassen, um Botschaften zu unterschiedlichen gesellschaftlichen und politischen Themen zu transportieren. Bei der Kontaktanbah­ nung versucht die SO, sich dabei als humanitäre und sozial verant­ wortliche Organisation darzustellen. Mit ihrem 200 Fragen umfassenden „Persönlichkeitstest“ (Oxford Capacity Analysis – OCA) sucht die SO nach subjektiv empfun­ denen Schwachstellen bei ihren potenziellen Kunden: Hemmung, vor Publikum zu sprechen, Unzufriedenheit mit dem beruflichen Weiterkommen oder der Wunsch, seine Fähigkeiten zu erweitern und zu verbessern. Die SO bietet neuen Interessenten scheinbar ein individuell abgestimmtes Lebenshilfeangebot; dazu gehören Dianetik- und Scientology-Einführungsdienste wie – – – – – – –

grundlegende Bücher und Heimkurse Filme für die Öffentlichkeit aufgezeichnete Vorträge von L. Ron Hubbard für die Öffentlichkeit Kurse zur Verbesserung des Lebens Hubbard-Dianetik-Seminar Erfolg durch Kommunikation Einführendes Scientology-Auditing.

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In diesen Kursen wird man nach und nach in das scientologische Denkgebäude und ihre Techniken eingeführt. Dabei nutzen die Sci­ entologen die Grundbedürfnisse des Menschen nach Zuwendung, Kontakten, Angstfreiheit, Sicherheit, Erklärungsmustern und Erfolg. Die SO erweckt in der Einstiegsphase den Eindruck, kompetente Hilfe durch ein schlüssig wirkendes Konzept anbieten zu können, das die Beseitigung aller subjektiv als störend, unangenehm oder unerträglich wahrgenommenen Gefühle wie Ängste, Unsicherhei­ ten, schwach entwickeltes Selbstwertgefühl und daraus resultie­ render Verhaltensweisen in Beruf, Partnerschaft oder Freundeskreis verspricht. Der neue Kunde glaubt, bei Selbsterfahrungsübungen und Rollenspielen „Herr des Geschehens“ zu sein. Er wird jedoch schnell – ohne es zu merken – zum Spielball des Systems. Im Rahmen des Reinigungsrundowns werden strapaziöse Sauna­ besuche zur „Entgiftung“ des Körpers durchgeführt. Ausstei­ ger haben berichtet, dass die überlangen Saunabesuche auf sie euphorisierend gewirkt haben. In das System Scientology können aber auch Arbeitnehmer von ihrem Arbeitgeber gezogen werden. Oft geschieht dies über „Fort­ bildungskurse“, in denen die Arbeitnehmer in die scientologische Technik eingeführt werden, teils ohne dass dies zu erkennen ist. Folgende Anhaltspunkte können dafür sprechen, dass ein Betrieb nach scientologischen Managementgrundsätzen geführt wird: – – – –

zum Teil die Menschenwürde verletzende Kontrolltechniken, unmenschlicher Leistungsdruck, Führung von Ethik-Akten neben normalen Personalakten, Verpflichtung der Mitarbeiter, über Kollegen Wissensberichte an die Firmenspitze zu schreiben, die geeignet sind, die Kolle­ gen bloßzustellen oder zu denunzieren.

Wachsamkeit ist auch beim Abschluss von Verträgen geboten, die Dienstleistungen der Personalentwicklung, der Betriebsorganisa­ tion und der betrieblichen Kommunikation (Errichtung von Kom­ munikationsnetzen, Erstellung von Software usw.) betreffen. Denn dadurch haben scientologische Firmen die Möglichkeit, Einfluss auf das auftraggebende Unternehmen und dessen Mitarbeiter zu nehmen.

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Die International Association of Scientologists  (IAS) sieht ihre Hauptaufgabe darin, mit Hilfe von Mitgliedsbeiträgen und -spen­ den die Aktivitäten einzelner SO-Einheiten zu finanzieren. Ihre Schwerpunkte sind daher die Öffentlichkeitsarbeit und die damit verbundene Anwerbung neuer Mitglieder. Die IAS unterstützt u.a. die Kampagne Sag NEIN zu Drogen – sag JA zum Leben, die mit Informationsangeboten und Flugblättern regelmäßig aktiv ist. Über das gesellschaftlich grundsätzlich akzeptierte Anliegen sol­ len verbrämt neue Mitglieder gewonnen werden. Im Rahmen von ABLE betreibt die SO in Deutschland als Stiftung Der Weg zum Glücklichsein (The Way to Happiness) immer wie­ der aktiv Öffentlichkeitsarbeit. Beispielsweise werden gleichna­ mige Broschüren vom Stammsitz in Kalifornien aus an Behörden, Unternehmen und Banken wie auch an Bürgermeister und andere Mandatsträger versandt. Die Titelseite der Broschüre erscheint mit den persönlichen Daten des Adressaten, so dass der Eindruck ent­ steht, der Adressat selbst würde hinter der Aktion stehen. Der SO-Verlag New Era Publications International, Kopenhagen/ Dänemark, schickt regelmäßig Werbebroschüren und DVDs wie „Eine Einführung in die Scientology“ an Bibliotheken und an Schu­ len. Es wird angeboten, kostenlos weitere Publikationen über die SO erhalten zu können, wenn ein Fragebogen ausgefüllt zurückge­ sandt wird. Das Werbematerial wurde auch schon an Politiker und Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes verschickt, zum Teil auch an deren Privatadresse.

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16. Wie beeinflusst die SO Kinder und Jugendliche? SO-Einrichtungen sind im Bereich der Betreuung und Förderung von Kindern und Jugendlichen tätig, sie sind aber oft schwer zu erkennen. Der Organisation geht es hier nicht nur darum, Kin­ der und Jugend­liche möglichst früh zu beeinflussen, etwa indem Bücher wie die Lernfibel Kinder in scientologische Denkweisen ein­ führen; sie sieht hier auch die Möglichkeit, einen scheinbar unver­ fänglichen Kontakt zu den Eltern anzubahnen und ihre Produkte gewinnbringend zu vermarkten. Die Organisationseinheit Applied Scholastics schafft dazu Einrichtungen, um Kinder und Jugendliche in jeder Lebensphase indoktrinieren zu können, von Kindertages­ stätten bis zum Nachhilfemarkt. „Es können nicht mehr nur unsere Lernzentren sein, unsere Schulen. Die Studiertechnologie muss überall sein. … So schaffen wir die Mittel, um die Tech in jeder Schule einzuführen und das Problem auf globaler Ebene zu lösen.“ Impact, Das Magazin der International Association of Scientologists, Ausgabe 106, Feier zum 19. Jahrestag der IAS

In Supermärkten oder Fußgängerzonen werden oft Handzettel ver­ teilt. Von Scientologen geführte Nachhilfeeinrichtungen führen mit­ unter neutrale Namen wie Lernstudio, Lerncenter oder Tutoring. In der Regel kommen Kinder und Jugendliche über ihre Eltern, die selbst Scientologen sind, zur SO. Für diese unterhält die SO im Aus­ land auch eigene Schulen, z.B. in Großbritannien und Dänemark. Kinder werden in der Ideologie der SO als Erwachsene in kleinen Körpern angesehen: „Ein Kind ist ein Mann oder eine Frau, der oder die noch nicht zur vollen Größe herangewachsen ist. Jedes Gesetz, das für das Verhalten von Männern und Frauen gilt, gilt auch für Kinder.“ Kinder-Dianetik – Dianetik-Prozessing für Kinder, S. 2, hrsgg. von New Era Publications ApS, Kopenhagen, 1951, 1983, ISBN 87-7336-242-5

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Die SO überfordert Kinder und Jugendliche und verlangt ihnen ein nicht kindgerechtes Verhalten ab. Die scientologischen Verfahren gefährden das Kindeswohl erheblich. Neben dem „Bildungsbereich“ wirbt die SO außerdem mit Kam­ pagnen wie Jugend für Menschenrechte (Youth for Human Rights) um junge Anhänger. Sie organisiert vorgeblich zum Thema Men­ schenrechte Veranstaltungen speziell für Jugendliche und verbrei­ tet über DVDs und das Internet Videobeiträge. Diese können auf Jugendliche durchaus ansprechend wirken, zumal ein Bezug zur SO nicht unmittelbar deutlich wird.

17. Wie verkauft sich die SO? Ob man ein guter oder schlechter Scientologe ist, ergibt sich aus dem mittels Statistik gemessenen Ergebnis aus Bücher- und Trai­ ningsverkauf (Produktion). Es wird daher rücksichtslos geworben und verkauft. Die SO-Funktionäre werden von der SO mit Zucker­ brot (finanzielle Belohnung) und Peitsche (Ethik-Maßnahmen) dazu gezwungen, zu produzieren. Mitglieder und Kunden müs­ sen daher damit rechnen, mit unseriösen Methoden dazu veran­ lasst zu werden, Dienstleistungen und Artikel zu kaufen. Der Weg auf der Brücke beruht somit kaum auf freier Entscheidung. Man wird durch den raffinierten Einsatz von Psycho- und Sozialtech­ nologien in der Regel zum Weitermachen verführt, d.h. vom Wer­ ber durch unseriöse Verkaufstechniken zum Kauf weiterer Trai­ nings gedrängt. Die SO bezeichnet ihre Verkaufs­methoden auch als Hard-Sell: „Hard-Sell bedeutet, darauf zu bestehen, dass die Leute kaufen. Es bedeutet, ein Interesse an der Person zu haben und nicht nachsichtig zu sein, wenn es Stopps oder Barrieren gibt, sondern sich genug zu kümmern, um die Person durch die Stopps oder Barrieren durchzubringen, so dass sie die Dienstleistung bekommt, durch die sie rehabilitiert werden wird.“ HCO Policy Letter vom 26.09.1979 Issue III, Marketing Series 12, PR Series 42, Hubbard Communications Office, Saint Hill Manor, East Grinstead, Sussex; aus dem Englischen übersetzt

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In Frankreich führte diese Vorgehensweise am 28. Oktober 2009 zur Verurteilung von vier führenden Mitgliedern der SO zu Bewäh­ rungsstrafen von eineinhalb bis zwei Jahren sowie zu individuellen Geldbußen wegen organisierter Betrugsstraftaten; zudem wurde die Scientology Kirche Frankreich wegen bandenmäßig organisier­ ten Betrugs zu einer Geldstrafe von 600.000 Euro verurteilt.

18. Ist scientologische Ethik ethisch? Mit dem herkömmlichen Verständnis von Ethik als eine das Wollen und Handeln des Menschen positiv prägende Sittenlehre hat die Neudefinition dieses Begriffs durch die SO nichts zu tun. Hubbard definierte vier verschiedene Kategorien von „unethi­ schem Verhalten“: Fehler, Vergehen, Verbrechen und Schwerverbrechen1. – Fehler seien kleinere unbeabsichtigte Unterlassungen oder Irrtümer. – Vergehen sind laut Hubbard beispielsweise Unhöflichkeit oder Gehorsamsverweigerung, Verweigerung einer Überprüfung am E-Meter, Verweigerung eines Auditings trotz Anordnung durch eine höhere Stelle oder Verschwendung von Geldmitteln. – Verbrechen sind nach SO-Definition beispielsweise die Nicht­ befolgung dringender und äußerst wichtiger Befehle, was zu einem schlechten Ruf in der Öffentlichkeit führen könnte; Ver­ brechen sind auch, die SO oder Scientologen einem Risiko aus­ zusetzen, Anstiftung zur Gehorsamsverweigerung, Verbreitung zerstörerischer Gerüchte über höhere Scientologen oder SOMaterialien oder Richtlinien ins Lächerliche zu ziehen, der Ver­ achtung oder dem Spott preiszugeben. 1 | HCO-Richtlinienbrief vom 23.12.1965RA, revidiert am 10.09.1983, Ethik, Unterdrückerische Handlungen, Unterdrückung von Scientology und Scientologen, Hubbard-Kommunikationsbüro, Saint Hill Manor, East Grinstead, Sussex L. Ron Hubbard, Einführung in die Ethik der Scientology, L. Ron Hubbard Library, 1989, 1998, ISBN 87-7816-539-3

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– In der SO-Logik ist es ein Schwerverbrechen, sich öffentlich von der SO oder von Scientologen loszusagen, die bei der SO in gutem Ansehen stehen, außerdem Anti-Scientology-Briefe an die Presse zu schreiben oder der Presse Anti-ScientologyInformationen zu geben und im Dienste von Anti-ScientologyGruppen oder -Personen zu stehen; ein Schwerverbrechen ist es auch, Vorschriften, die auf die Unterdrückung der SO aus­ gerichtet seien, vorzuschlagen, zu empfehlen oder dafür zu stimmen und vor staatlichen oder öffentlichen Untersuchungen der SO ein feindlich gesinntes Zeugnis abzulegen, um sie zu unterdrücken. Das kann zur Folge haben, dass Scientologen, die in einem verbeamteten Dienstverhältnis stehen, gegenüber ihrem Dienstherrn nur geschönte Aussagen zur SO machen. Sie dürfen sich dementsprechend auch an keiner Handlung betei­ ligen, die die SO kritisch überprüft. Sie geraten – wenn sie kein scientolo­gisches Schwerverbrechen begehen wollen – in einen Loya­litätskonflikt zwischen staatlicher Autorität und ihrer Gehor­ samspflicht gegenüber dem Zwangssystem Scientology. Ethik ist nach Hubbards Ideologiegebäude letztlich also gleich­ bedeutend mit totalem Gehorsam, Unterdrückung und zwangs­ weiser Umerziehung mittels drakonischer Strafen, z.B. für Sea Org-Mitglieder in besonderen Strafanstalten. Sie ist der Kern des repressiven totalitären Systems Scientology. Zweck von Ethik ist es, „Gegenabsichten aus der Umgebung zu entfernen“ 1. Diesem „Ethik“-Begriff folgt auch Hubbards Moral, die einem strengen „Schwarz-Weiß-Denken“ verpflichtet ist und den in einer pluralen Gesellschaft unverzichtbaren offenen ­Dialog unterbindet. „Gut“ ist nur, was der SO und ihrer Verbreitung nützt; „schlecht“, „böse“ oder „unethisch“ ist, was der Ausbrei­ tung der Organisation im Wege steht. Diese Ideologie zieht sich durch das gesamte Organisationsgeflecht der SO. Ständig müs­ sen die „Guten“ von den „Bösen“ unterschieden, die angeblich „­Schlechten“ aufgespürt, enttarnt, bekämpft und ausgeschaltet werden. In gleicher Weise grenzt die SO die Begriffe „legal“ und „illegal“ ab. Danach betrachtet die SO unter Missachtung der Rechtsordnung als „ungesetzlich“, was der (von der SO ­verlangten 1 | HCO Policy Letter vom 18.06.1968, Ethics, Hubbard Communications Office, Saint Hill Manor, East Grinstead, Sussex; aus dem Englischen übersetzt

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hohen) Statistik und den Anweisungen der Organisation zuwider­ läuft. Dies ergibt sich aus der im Lexikon Modern Management Technology Defined abgedruckten Definition des Begriffs „illegal“. Zur Durchsetzung ihrer Ethik verfügt die SO über zahlreiche Vor­ schriften, die Ethik-Richtlinien.

19. Wie setzt die SO Gehorsam durch? Die präzise Befolgung der Ethik-Richtlinien, d.h. der scientolo­gischen Verhaltensvorschriften, wird in der SO durch Androhung und Voll­ zug ungewöhnlich harter Erziehungsmaßnahmen (z.B. schika­nöser Drill, Zwangsarbeit) erzwungen – selbst wenn ein persönliches Ver­ schulden fehlt. Beim Vollzug von Ethik-Maßnahmen werden daher auch Menschenrechtsverletzungen in Kauf genommen. „Niemand unter uns richtet oder bestraft gerne. Trotzdem sind wir vielleicht die einzigen Leute auf der Erde mit dem Recht zu bestrafen – da wir den Schaden, den wir anrichten, in den meisten Fällen wieder beseitigen können. Bestrafen Sie deshalb niemals über das Maß unserer Fähigkeit, es durch Auditing oder Wiederherstellung wieder zu beheben, hinaus.“ Handbuch des Rechts von L. Ron Hubbard, S. 8, Hubbard Kommunikationsbüro, Scientology Publications Organization, Dänemark, 1959, Neuauflage 1979

Für die Überwachung sind Ethik-Offiziere der Ethik-Abteilung, ein Ethik-Gericht und ein Komitee der Beweisaufnahme (ausgestattet mit interner „richterlicher“ Vollmacht) verantwortlich. Die Sank­ tionen werden mittels schriftlicher Ethik-Befehle festgesetzt. Jeder Scientologe hat die Möglichkeit, sich wegen „unethischen Ver­ haltens“ anderer Scientologen an diese Institutionen zu richten. Dabei zählt laut Hubbard nicht jede Aussage gleich viel. Das Ethik-Gericht orientiert sich an der jeweiligen Statistik des Kla­ genden oder des Beschuldigten. Die Statistik misst die Produktionsleistung des Angestellten, d.h. seinen Verkauf von Büchern oder Trainings. Es liegt in der Logik der SO – Hubbard hat dies ausdrück­ lich festgeschrieben –, dass ein für die Organisation hochprodukti­ ver Scientologe nicht im Unrecht sein kann (KHA-KHAN-Doktrin).

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Wird diese Doktrin konsequent angewendet, werden auch sitten­ widrige, illegale und kriminelle Handlungsweisen von SO-Anhän­ gern nach dem Grundsatz „der Zweck heiligt die Mittel“ von der SO letztlich nicht verurteilt, sondern gebilligt, wenn sie nur der Orga­ nisation nützen. „Gut und böse“ werden so an den für das System erbrachten nützlichen Leistungen gemessen. Selbst Überschreitun­ gen von internen Richtlinien können nach der KHA-KHAN-­Doktrin statthaft sein, wenn derjenige, der die Verstöße begeht, genü­ gend Geld oder Dienstleistungen für die Organisa­tion erbracht hat. Dagegen ist derjenige, der bei der SO „unproduktiv“ ist oder keine „Erfolge“ im Sinn der Organisation hat, ein Fall für die Ethik-Abteilung. Die interne scientologische Schiedsgerichtsbarkeit ist deshalb generell nicht geeignet, effektiven Rechtsschutz zu gewähren. Da es einem Scientologen bei Strafe verboten ist, ­staatliche Gerichte anzurufen, kann die Anwendung der KHA-KHAN-Doktrin praktisch zur gänzlichen Entrechtung der weniger „produktiven“ Partei im scientologischen Schiedsverfahren führen. Mit der strikten Durchsetzung der Ethik-Richtlinie wird letztendlich auch das Denunziantentum gefördert. Jeder Scientologe soll regel­ mäßig Wissensberichte abliefern. Unerlässlich sind diese Berichte jedenfalls dann, wenn ein Scientologe von einem aus seiner Sicht „unethischen“ Verhalten eines anderen Scientologen erfährt.

20. Wie hält es die SO mit der Wahrheit? „TRUTH, truth is what is true for you.“ „Wahr ist das, was für Sie wahr ist.“ L. Ron Hubbard: Modern Management Technology Defined, Church of Scientology of California Publications Organization United States, Los Angeles 1976, Stichwort: Truth

Nicht Objektivität, nicht Fakten und auch nicht Beweise sind die Grundlage des scientologischen Wahrheitsbegriffs, sondern dieser orientiert sich allein am System Scientology. Wahr ist, was dem System nützt.

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Beispielsweise startete die SO im Jahr 2008 eine deutschland­ weite Informationskampagne über die angebliche europaweite Anerkennung der SO als Religionsgemeinschaft. In Flugblättern behauptete die SO, der Europäische Gerichtshof für Menschen­ rechte habe sie mit bindender Wirkung für alle Mitgliedstaaten der Europäischen Menschenrechtskonvention als Religionsgemein­ schaft anerkannt. Auch wenn dieses Urteil vom 5. April 2007 von der SO offensichtlich falsch interpretiert wurde und auch keine Auswirkungen auf die Rechtslage in Deutschland hatte, entsprach der Inhalt der Kampagne aus Sicht von SO der Wahrheit, da die Kampagne dem System dienen sollte.

21. Wie reagiert die SO auf Kritik? Die SO akzeptiert keine Auseinandersetzung mit ihren Zielen und Methoden. Grundlage dieser Haltung ist ihr Anspruch auf Weltbeherrschung; demnach habe nur die SO die Psycho- und ­Sozial-Technologie, um die Erde bzw. das ganze Universum vor dem Untergang zu retten. Wer sich diesem Auftrag in den Weg stellt, wird zum „Feind des Überlebens“ der Menschheit, was den Kampf gegen Kritiker mit allen Mitteln rechtfertigt. Hubbard hat dafür die Lehre der Unterdrückerische Personen (­Suppressive ­Persons – SP –) entwickelt. Alles, was sich der SO in den Weg stellt, ist ein „unterdrückerischer“ Akt einer Unterdrückerischen Person. Von Hubbard wird die Unterdrückerische Person nicht nur einer antisozialen Person gleich gesetzt, sondern sie ist darüber hinaus schlechthin der Anti-Scientologe. Rund 20 % der Gesellschaft sind laut Hubbard eine Potenzielle Schwierigkeitsquelle (Potential Trouble Source – PTS –) und rund 2,5 % Unterdrückerische Personen. Diese gelte es zu entdecken, zu entlarven und zu bekämpfen. Basis für den Kampf gegen die Unterdrückerischen Personen ist die Fair-Game-Doktrin (FreiwildDoktrin) der Scientologen.

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„Eine unterdrückerische Person oder Gruppe wird zum ‚Freiwild’. FREIWILD heißt: ohne Rechte für sich selbst, Besitztümer oder Stellung … Eine tatsächlich unterdrückerische Person oder Gruppe hat keinerlei Rechte, und gegen sie unternommene Handlungen sind nicht strafbar.“ HCO-Richtlinienbrief vom 01.03.1965, HCO (Abt. I), Gerechtigkeit, Unterdrückerische Handlungen, Unterdrückung von Scientology und Scientologen, Das Freiwild-Gesetz, Hubbard-Kommunikationsbüro, Saint Hill Manor, East Grinstead, Sussex

Will eine Person auf der Brücke zu einem höheren Auditing­ Verfahren zugelassen werden, muss sie sich zuvor einem Sicherheitscheck am E-Meter unterziehen. Dabei soll geklärt werden, ob der Verhörte eine Potenzielle Schwierigkeitsquelle sein könnte. Dies ist der Fall, wenn der Betreffende nicht selbst „unterdrückeri­ sche“ Handlungen begeht, er jedoch von einer Unterdrückerischen Person negativ beeinflusst wird. Jede vom Verhörten genannte Person wird, sofern sie Scientologe ist, der gleichen Prozedur unterzogen und mit Ethik-Maßnahmen entsprechend gehandhabt, d.h. zur Räson gebracht. Auch Nicht­Scientologen können zum Ziel des SO­Geheimdienstes werden. Am Ende der Sicher­ heitsüberprüfung kann dann ein Trennungsbefehl stehen, d.h. die widerspruchslos zu befolgende Aufforderung, die Verbindung zu einer Person abzubrechen – auch zu Angehörigen. Als wichtige Vorgabe für scientologische Propaganda ordnete Hubbard an, eine „feindliche Kampagne“ niemals auf die eigenen Linien weiterzuleiten. Dies bedeutet, sich nicht zu verteidigen, sondern selbst anzugreifen. Beispielsweise ignorierte die SO die in Deutschland erhobene Kritik an ihren Praktiken und diffamierte stattdessen die in den 1990er Jahren verstärkten Maßnahmen von Bund, Ländern und Kommunen zum Schutz der Bürger vor der SO als „Menschenrechtsverletzungen“.

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22. Unterhält die SO einen Geheimdienst? Die SO hält sich gemäß ihren Ethik-Richtlinien für berechtigt, die nicht-scientologische Welt, soweit sie der Expansion der SO entge­ gentritt, gefügig zu machen, d.h. Gegner wegen ihrer Aktionen gegen das System abzustrafen. Für die Überwachung der generell als feind­ lich eingeschätzten Außenwelt ist das Büro für ­Spezielle Angelegenheiten (Office of Special Affairs – OSA –) zuständig. Dieses hat auch die Verteidigung des Systems nach außen zu organisieren. Die OSAEinheit für Deutschland, das Department of ­Special Affairs (DSA), ist bei der Scientology Kirche Deutschland e.V. angesiedelt. Hubbard sah in der OSA u.a. folgendes Ziel: „Das Ziel der Abteilung besteht darin, die Behörden und ihnen entgegengesetzte Denkmodelle oder Gesellschaften in einen Zustand der völligen Übereinstimmung mit den Zielen von Scientology zu bringen. Dies geschieht durch die hochrangige Fähigkeit zur Steuerung und – falls sie nicht gegeben ist – durch die weiter unten angesiedelte Fähigkeit zur Überwältigung.“ HCO-Richtlinienbrief vom 15.08.1960, Abteilung für Behördenangelegenheiten (DEPT OF GOVT AFFAIRS), Hubbard-Kommunikationsbüro, London

Es sollen Informationen über Kritiker, Behördenangehörige und andere Gegner gesammelt, ausgewertet und als Druckmittel ver­ wendet werden. Die Agenten des OSA sind nach den von der SO vertraulich ein­ gestuften Materialien, insbesondere der unter dem Tarnnamen ­Manual of Justice (Handbuch des Rechts) laufenden Schrift, und Berichten hochrangiger ehemaliger Funktionäre in Angriffstech­ niken der Operativen Psychologie gedrillt, wie sie von Geheim­ diensten totalitärer Staaten zur Bekämpfung von Feinden benutzt werden. Das OSA setzt danach sowohl weiche als auch harte Manipulationstechniken ein. Zu den weichen Maßnahmen gehört das Erkaufen von Wohlverhalten, zu den harten Techniken die missbräuchliche Offenbarung intimer Daten, die im Auditing gewonnen wurden. Zielstrebig soll auch nach dem Ruinpunkt, der verwundbarsten Stelle des Kritikers gesucht werden.

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„Lokalisiere die Potenziellen Schwierigkeitsquellen, indem Du nach Leuten Ausschau hältst, die Gerüchte verbreiten usw. Finde dann den Unterdrücker und ‚drück ab’“. HCO Policy Letter vom 16.05.1965, Issue II, HCO Div 1, Dept Insp & Rpts (Dept 3), Ethics Section, Hubbard Communications Office, Saint Hill Manor, East Grinstead, Sussex; aus dem Englischen übersetzt

„Die Abteilung muss zur Kenntnis nehmen, dass Presse und Öffentlichkeit an Mord, Überfällen, Zerstörung, Gewaltanwendung, Sex und Unehrlichkeit interessiert sind – in dieser Reihenfolge. Ermittlungen, die diese Faktoren in den Aktivitäten von Personen oder Gruppen aufdecken, die Sciento logy angreifen, sind in dem Maße wertvoll, wie sie eine Anzahl dieser Faktoren enthalten.“ HCO Policy Letter vom 17.02.1966, HCO Div 1, Department 3, Section 5, Public Investigation Section, Hubbard Communications Office, Saint Hill Manor, East Grinstead, Sussex; aus dem Englischen übersetzt

23. Was hat die Gehirnwäsche-Organisation gegen die Psychiatrie? Die 1972 von Scientologen gegründete Kommission für Verstöße der Psychiatrie gegen Menschenrechte  e.V. (– KVPM –; Citizens Commission on Human Rights – CCHR –) sieht ihr Ziel darin, angebliche Missbräuche und Menschenrechtsverletzungen der Psychiatrie zu untersuchen und aufzudecken. Ihre Mitglieder kri­ tisieren mit Flugblattaktionen, Demonstrationen oder im Internet die Psychiatrie und ihre Behandlungsmethoden. Die Kritik richtet sich sowohl gegen die Psychiatrie im Allgemeinen als auch gegen einzelne psychiatrische Kliniken und deren ärztliche Leiter. Die Angriffe dürften im Alleinvertretungsanspruch der SO begründet sein, den einzig wahren Weg zur Heilung von psychischen Krank­ heiten und geistigen Störungen zu besitzen.

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24. Unterwandert die SO die Wirtschaft?

WISE-Logo

Zur Einführung der scientologischen Methoden in der Wirtschaft gründete die SO 1979 das World Institute of Scientology Enterprises (WISE). Ziel dieser weltweiten SO-Unterorganisation ist es, systematisch in wichtigen Wirtschaftsunternehmen Schlüssel­ positionen zu besetzen und einen schlagkräftigen Dachverband scientologischer oder scientologisch geführter Firmen zu ­schaffen, um so die Einflusssphäre der SO in der Gesellschaft zu vergrö­ ßern. WISE-Mitgliedsfirmen, die Hubbards Technologie als Perso­ nal-, Management- oder Unternehmensberater verkaufen, führen bis zu 15 % ihres Bruttoumsatzes (nicht nur ihres Gewinns) an die SO als Lizenzgebühr ab. Diese Einnahmen werden zum weiteren Ausbau des Systems benutzt. Aufgabe des WISE-Topmanagements soll es sein, die Verwal­ tungstechnologie von Hubbard in Spitzenunternehmen und in der öffentlichen Verwaltung einzuführen. „Erobern Sie, egal wie, die Schlüsselpositionen, die Position als Vorsitzende des Frauenverbandes, als Personalchef einer Firma, als Leiter eines guten Orchesters, als Sekretärin des Direktors, als Berater der Gewerkschaft – irgendeine Schlüsselposition.“ HCO-Bulletin vom 10.06.1960, wieder herausgegeben am 12.04.1983, wieder herausgegeben als Nr. 33 der Serie „Die Funktionsfähigkeit der Scientology erhalten“, „Was wir von einem Scientologen erwarten“, Hubbard-Kommunikationsbüro, Saint Hill Manor, East Grinstead, Sussex

Ist dies erreicht, wird vor allem die scientologische Ethik im Unter­ nehmen oder Verband angewendet. Erfahrungen zeigen, dass in Firmen, die nach den scientologischen Prinzipien umstrukturiert werden, neben den Personalakten auch Ethik-Akten von Mitar­ beitern angelegt werden, dass Betriebsangehörige über Kollegen denunziatorische Wissensberichte anfertigen müssen und dass Angestellte zur Teilnahme an scientologischen Kursen gedrängt werden. Wer sich weigert, die scientologische Ethik im Betrieb zu akzeptieren, muss mit einer Kündigung rechnen. Die Art und Weise, wie die SO ihre Mitarbeiter immer wieder zu neuen Höchst­

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leistungen treiben will, nannte das Bundesarbeitsgericht in einem Beschluss vom 22. März 1995 (Az. 5 AZB 21/94) – bezogen auf die Org in Hamburg – „menschenverachtend“. WISE-Unternehmen sind vor allem in der Immobilienbranche sowie in der Unterneh­ mens- und Personalberatung aktiv. Darüber hinaus versucht die SO, Einfluss auf die IT-Branche zu gewinnen, die Zugang zu sensi­ belsten Unternehmensbereichen eröffnen kann.

25. Warum ist die SO eine verfassungsfeindliche Organisation? Die Verfassungsschutzbehörden in Deutschland haben die gesetz­ liche Aufgabe, Bestrebungen zu beobachten, die gegen die frei­ heitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind (= verfas­ sungsfeindliche Bestrebungen). Sie müssen tätig werden, wenn tatsächliche Anhaltspunkte für solche Bestrebungen vorliegen. Auf der Grundlage des Abschlussberichts einer Arbeitsgruppe der Verfassungsschutzbehörden, die eigens zur Prüfung dieser Frage gebildet worden war, hatte die Ständige Konferenz der Innen­ minister und -senatoren der Länder (IMK) auf ihrer Sitzung am 5./6. Juni 1997 einstimmig festgestellt, dass bei der SO solche tat­ sächlichen Anhaltspunkte vorliegen und die gesetzlichen Voraus­ setzungen für die Beobachtung der Organisation durch den Ver­ fassungsschutz gegeben sind. Dieser Abschlussbericht war das Ergebnis einer systematischen Prüfung und Bewertung des den Verfassungsschutzbehörden zur SO vorliegenden Materials. Der Bericht zeigt deutlich die Unvereinbarkeit der Programmatik und der Aktivitäten der SO mit den Grundprinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Mit einer Klage hatte sich die SO im März 2003 gegen die Beob­ achtung durch das Bundesamt für Verfassungsschutz gewandt, da sie eine Religionsgemeinschaft sei und keine verfassungs­ feindlichen Ziele verfolge. In seinem Urteil vom 12. Februar 2008 (Az.  5  A  130/05) hat das Oberverwaltungsgericht Münster die Frage, ob sich die SO auf das Grundrecht der Religionsfreiheit nach Artikel 4 und 140 des Grundgesetzes berufen kann, ausdrücklich

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offen gelassen, da dies für die Entscheidung nicht relevant sei. Zur Verfassungsfeindlichkeit hat das Oberverwaltungsgericht Münster mit seinem Urteil festgestellt, dass – tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die SO Bestre­ bungen verfolgt, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind, – zahlreiche Hinweise ergeben, dass die SO eine Gesellschafts­ ordnung anstrebt, in der zentrale Verfassungswerte außer Kraft gesetzt oder eingeschränkt werden, – der Verfassungsschutz die Organisation daher – auch mit nach­ richtendienstlichen Mitteln – beobachten darf. Die SO – will ein scientologisches Rechtssystem etablieren, in dem es keine Menschen- und Grundrechte gibt, – missachtet die Menschenwürde (Art. 1 GG) und den Gleich­ heitsgrundsatz (Art.  3 GG), da sie nur Scientologen Rechte zugesteht, – missachtet das Grundrecht der freien Meinungsäußerung (Art.  5 GG), da sie Kritik mit allen – auch illegalen  – Mitteln unterdrücken will, – baut auf ein totalitäres Herrschaftssystem, das Gewalt und Will­ kürherrschaft einschließt.

„Scientology gibt uns eine erste Chance zur Schaffung einer wahren Demokratie. … Somit können wir aufgrund vorliegender Beweise davon ausgehen, dass die erste wahre Demokratie entsteht, wenn wir jedes Individuum von den bösartigen reaktiven Impulsen befreit haben. Derartige Wesen können vernünftige Maßnahmen besprechen und ihnen zustimmen, und man kann ihnen vertrauen, dass sie nützliche Maßnahmen entwickeln.“ HCO Policy Letter vom 13.02.1965, korrigiert und wieder herausgegeben am 07.10.1985, Politics, Hubbard Communications Office, Saint Hill Manor, East Grinstead, Sussex

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„Wenn wir über einen erstklassigen Gesetzeskodex und ein Rechtssystem verfügen, die den Menschen echte Gerechtigkeit bringen, werden wir die Gesellschaft schnell überschwemmen, und jeder wird gewinnen. Dort, wo wir es nicht schaffen, unsere eigenen Verwaltungs-, Technologie- und Gerechtigkeitsverfahren auf die uns umgebende Gesellschaft (ganz abgesehen von der Scientology) anzuwenden, versagen wir.“ HCO-Schreiben vom 27.03.1965, Die Gerechtigkeit der Scientology – Anwendung und Zweck für Scientologen, Hubbard Communications Office, Saint Hill Manor, East Grinstead, Sussex

„Vielleicht werden in ferner Zukunft nur dem Nichtaberrierten die Bürgerrechte vor dem Gesetz verliehen. Vielleicht ist das Ziel irgendwann in der Zukunft erreicht, wenn nur der Nichtaberrierte die Staatsbürgerschaft erlangen und davon profitieren kann. Dies sind erstrebenswerte Ziele, deren Erreichen die Überlebensfähigkeit und das Glück der Menschheit erheblich steigern würde.“ L. Ron Hubbard, Dianetik, Der Leitfaden für den menschlichen Verstand, Buch Drei, Kapitel Zehn, S. 483; 1974, 1999, 2007, ISBN 978­87­7687­131­4

Die Ständige Konferenz der Innenminister und ­senatoren der Län­ der (IMK) hat auf ihrer Sitzung am 20./21. November 2008 die ver­ fassungsfeindliche Zielrichtung der SO und die Erforderlichkeit der Beobachtung durch den Verfassungsschutz erneut bestätigt.

26. Wie gefährlich ist die SO? Das System Scientology ist mit dem Bild eines freien, selbst­ bestimmten Menschen und unserer demokratischen Ordnung nicht vereinbar. Jeder Einzelne ist als Mitglied, Kunde oder Kritiker der SO Gefahren ausgesetzt. Personen, die sich den SO­Verfahren unterziehen, verändern ihre Persönlichkeit erheblich. Sie werden im Kurssystem der Organi­ sation gefangen und entwickeln ein suchtähnliches Verlangen nach weiteren Kursen mit Kosten bis zu mehreren hunderttau­ send Euro. Am Ende steht aber oft nicht nur finanzieller Ruin, son­ dern auch eine lückenlose Kontrolle durch die SO. Scientologen

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­ erden ­darauf programmiert, wie eine Maschine zu funktionie­ w ren. Soziale und berufliche Bindungen werden zerstört. Das macht deutlich, dass es der SO nicht um seelischen Zuspruch oder um uneigen­nützige Lebenshilfe, sondern darum geht, ein steuerba­ res Produktionselement im System der Organisation zu schaffen. Darüber hinaus besteht die Gefahr einer gesundheitlichen Schädi­ gung durch die Anwendung von Psychotechniken 1. Kritiker werden von der SO als „unterdrückerische“, „­antisoziale“ und „geisteskranke“ Personen bezeichnet, Kriminellen gleich­ gestellt und müssen mit Verfolgung und Bedrohung rechnen. Durch Unterwanderungsbestrebungen der SO ist die Wirtschaft gefährdet. Die Anwendung der scientologischen Technologie in der Wirtschaft schadet den Betrieben, da soziale Beziehungen einem absoluten Kontroll- und Kommandosystem unterworfen werden, das auf menschliche Bedürfnisse keine Rücksicht nimmt. Die SO ist nicht nur eine Gefahr für Einzelne, sondern stellt das politische System der Bundesrepublik Deutschland in Frage. Schon in seinem Grundlagenwerk „Dianetik“ wies Hubbard auf die politische Relevanz seiner Lehre hin. Nach seinen bis heute für alle Scientologen verbindlichen Vorstellungen soll eine ausschließlich nach scientologischen Richtlinien funktionierende Welt ­geschaffen werden. Mit harten psycho- und sozialtechnischen Maßnahmen will die Organisation nicht nur den einzelnen Menschen steuern, sondern durch Einflussnahme auf Staat, Politik und Wirtschaft in die Gesellschaft eindringen und ihren Zielen unterwerfen. Das Bundesarbeitsgericht hat bereits mit seinem Beschluss vom 22. März 1995 (Az. 5 AZB 21/94) festgestellt, dass die von der SO angewendeten Praktiken „gesundheitsgefährdend“ und „menschen­verachtend“ sind.

1 | Gesundheitliche und rechtliche Risiken bei Scientology, 2002, Pabst Science Publishers, ISBN 3-936142-40-8, Heinrich Küfner, Norbert Nedopil, Heinz Schöch (Hrsg.)

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Die SO ist ein internationaler Wirtschaftskonzern, der aber nicht nur nach Gewinnmaximierung strebt, sondern auch ein weltweites Herrschaftssystem nach eigenen Vorstellungen errichten will. An die Stelle des Demokratieprinzips und der Grundrechte soll ein auf Psycho-Technologien und der bedingungslosen Unterordnung des Einzelnen beruhendes totalitäres Herrschaftssystem treten.

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II. Das System Scientology – Was der Staat dagegen unternimmt Der beste Schutz vor der SO ist der informierte Bürger, der das Sys­ tem und seine Methoden kennt. Die Bayerische Staatsregierung hat früh einen Maßnahmenkatalog entwickelt. Ziel der Maßnah­ men ist es, die Bürgerinnen und Bürger und unsere demokratische Grundordnung vor den Praktiken der Organisation zu schützen. Ziel ist es dagegen nicht, einzelne Anhänger der SO auszugrenzen, die nicht Täter, sondern in der Regel selbst Opfer sind. Auszüge aus dem 15-Punkte-Maßnahmenkatalog der Bayerischen Staats­ regierung gegen die Scientology-Organisation (Beschlüsse vom 17. Oktober 1995 und 8. August 1996) und aus dem Erweiterten Maßnahmenkatalog der Bayerischen Staats­ regierung gegen die Scientology-Organisation (Beschluss vom 12. November 2002) Wichtige Bestandteile der Maßnahmenkataloge sind u.a.: – Beobachtung durch den Verfassungsschutz – Prüfung der Gemeinnützigkeit der Vereine und gegebenen­ falls Entzug und Überprüfung aller Organisationen auf Erfüllung ihrer steuerlichen Pflichten – Prüfung der Abführung der ­Sozialversicherungsbeiträge durch die Organisationen für ihre Mitarbeiter und der Einhaltung der Regeln des Arbeits-, Arbeitsschutz- und Gesundheitsrechts – Verwendung von so genannten Schutzerklärungen öffent­ licher Stellen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge – Vereinbarung von Beziehungen zur Scientology-Organisa­ tion mit einer Tätigkeit im öffentlichen Dienst – Anregung eines Verbotsverfahrens durch das Bundesministerium des Innern – Verstärkte Öffentlichkeitsarbeit – Einrichtung einer Scientology-Krisenberatungsstelle

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III. Das System Scientology – Wie Sie sich dagegen schützen können

Hinschauen! Hinhören! Hinweisen! – Schauen Sie genau hin, welche Broschüren, Flugblätter usw. Ihnen an Informationsständen in die Hand gedrückt werden oder was Sie in Ihrem Briefkasten finden. – Fragen Sie im Zweifel nach, wer der Betreiber des Informa­ tionsstands ist. – Sprechen Sie mit Ihren Kindern, Verwandten und Freunden, wenn Sie den Verdacht haben, dass diese in die Fänge der SO zu geraten drohen.

Seien Sie vorsichtig! – Geben Sie der SO nicht Ihre Adresse! Adressen sind für die SO die Grundlage für intensive Werbemaßnahmen. – Seien Sie beim Abschluss von Dienstleistungsverträgen in sensiblen Bereichen vorsichtig! Die SO ist insbesondere dort tätig, wo schnell und wirksam Einfluss auf Menschen oder Unternehmen ausgeübt werden kann (z.B. im Erziehungs- und Bildungsbereich, auch beim Nachhilfeunterricht für Schüler, in der Betriebs- und Perso­ nalberatung, im Managementtraining, in der IT-Beratung). Staatliche Stellen lassen sich schriftlich bestätigen, dass der Auftragnehmer weder nach einer Technologie von L. Ron Hubbard arbeitet noch er selbst oder seine Mitarbeiter Schu­ lungen, Kurse oder Seminare bei der SO absolviert haben.

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Das System Scientology | Wie Sie sich dagegen schützen können

Informieren Sie sich! – Informationen zu den aktuellen Entwicklungen der SO geben der jährlich vom Bayerischen Staatsministerium des Innern herausgegebene Verfassungsschutzbericht sowie auch die Verfassungsschutzinformationen für das jeweilige 1. Halbjahr. – Einen kurzen Überblick über die Organisation bietet auch das vom Bayerischen Staatsministerium des Innern herausgege­ bene Faltblatt zur Scientology-Organisation aus der Reihe „Demokratie in Gefahr“. – Die Broschüren des Bayerischen Staatsministeriums des Innern sowie weitere Informationen zur SO können Sie auch im Internet unter www.innenministerium.bayern.de oder www.verfassungsschutz.bayern.de einsehen und bestellen.

Bayerisches Staatsministerium des Innern

ScientologyOrganisation

tie okra r DemGefah in

Das System Scientology | Wie Sie sich dagegen schützen können

Holen Sie sich Unterstützung! – SO-Krisenberatungsstelle Die Scientology-Krisenberatungs­ stelle beim Bayerischen Landesjugendamt ist telefonische Anlaufstelle für SO-Aussteiger, Betroffene, Angehörige und weitere Bezugspersonen. Sie bietet Ratsuchenden eine erste pädagogisch-psycho­logische Beratung, Unterstüt­ zung und Krisenhilfe an. Bei Bedarf wird an entsprechende öffentliche, kirchliche und private Stellen wie Rechtsanwäl­ te, Schuldnerberatungs­stellen, psychosoziale Beratungs­ stellen, Therapeuten, Selbsthilfegruppen, sowie an andere ambulante und stationäre Einrichtungen weitervermittelt. Die SO-Krisen­beratungsstelle ist aus dem Festnetz zum Orts­ gesprächstarif erreichbar: Telefon: 0180/100 00 42 www.blja.bayern.de/dasamt – Vertrauliches Telefon Für Opfer und Aussteiger der SO sowie für Angehörige der SO-Mitglieder unterhält das Baye­ rische Landesamt für Verfassungsschutz ein „vertrauliches Telefon“; dort können Hinweise zur SO gegeben werden: Telefon: 089/31 20 12 96 – Polizei Bei der Polizei gibt es in drei Polizeipräsidien speziel­ le Ansprechpartner bei Problemen mit der SO: Polizeipräsidium München, Kommissariat 105 Bayerstraße 35–37, 80335 München Telefon: 089/29 10-44 44 Polizeipräsidium Schwaben Nord Gögginger Straße 43, 86159 Augsburg Telefon: 08 21/323-35 00 Polizeipräsidium Mittelfranken Jakobsplatz 5, 90402 Nürnberg Telefon: 09 11/211-13 40

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– Weitere Beratungsstellen finden Sie im Internet unter www.innenministerium.bayern.de

Prüfen Sie Nachhilfeangebote! – Für den Bereich der Schüler-Nachhilfe veröffentlicht das Bay­ erische Staatsministerium für Unterricht und Kultus Warn­ meldungen und eine Kriterienliste, die Eltern bei der Aus­ wahl seriöser Anbieter hilft: www.km.bayern.de Das Kultusministerium rät, insbesondere nach Methoden, Zielen und möglichen Probestunden zu fragen. Hilfreich sind auch Erkundigungen zu Erfahrungen der Schule und zum Ruf des Anbieters. – Die SO selbst wirbt auch mit Nachhilfeeinrichtungen, die ihr zuzurechnen sind; eine im Internet veröffentlichte Liste ist allerdings nicht vollständig: www.appliedscholastics.org/global_locator

Das System Scientology | Wie Sie sich dagegen schützen können

Machen Sie Ihre Rechte geltend! Wenn man sich von der SO trennt, kann es Streit bei der Rück­ zahlung noch nicht verbrauchter Kursgebühren geben. Prüfen Sie, ob Sie Ihrerseits noch Ansprüche gegen die SO haben, z.B. falls Sie kein Gehalt oder ein zu geringes Gehalt erhalten haben oder falls die SO für Sie keine Sozialversiche­ rungsbeiträge abgeführt hat. Prüfen Sie, ob die von der SO gegen Sie geltend gemachten Ansprüche zu Recht bestehen. Holen Sie sich gegebenenfalls Rat bei einem Rechtsanwalt! Sollten Sie oder ein Angehöriger bei oder nach Ihrem Ausschei­ den aus der SO unter Druck gesetzt oder bedroht werden, wen­ den Sie sich sofort an die Polizei!

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Sachwortregister Aberriert Analytischer Verstand Applied Scholastics Association for Better Living and Education (ABLE) Auditing Auditor

15, 18 15 9, 30, 50

Behaviorismus Beratungsstellen Black Dianetics Brücke zur völligen Freiheit Büro für Spezielle Angelegenheiten

19 52 21 7, 17, 20 38

8, 9, 29 21, 23 13, 23

Handhaben Hard Sell Hubbard, L. Ron Hubbard Association of Scientologists International (HASI) Hubbardismus Hubbard Communication Office Policy Letter (HCO PL) Ingenieur-Wissenschaft International Association of Scientologists (IAS) Jugend für Menschenrechte

Celebrity Center 8 Church of Scientology International (CSI) 8 Citizens Commission on Human Rights (CCHR) 10, 39 Clear 15, 17, 20, 21 Clear Planet 18 CRIMINON 9

KHA-KHAN-Doktrin Kirche Kommission für Verstöße der Psychiatrie gegen Menschenrechte (KVPM) Kybernetik Lehre Scientology

Department of Special Affairs (DSA) Der Weg zum Glücklichsein Dianetik E-Meter Engramm Ethik Ethik-Abteilung Ethik-Akte Ethik-Befehl Ethik-Gericht Ethik-Offizier Ethik-Richtlinien

38 9, 29 5, 6, 12, 18 23 15, 20, 23 18, 32 34 28, 40 34 34 34 34, 38

Fair-Game-Doktrin Fallüberwacher Fehler Freie Zone Freiwild-Doktrin

36 25 32 11 36

Geheimdienst

38

Maßnahmenkatalog Miscavige, David Mission Nachhilfe NARCONON New Era Publications International

20 31 5, 6 7, 12 11 18 6, 12, 19 10, 29 10, 31 34 7, 8, 12 10, 39 19 18 47 7, 8 8 27, 30, 50 9 10, 29

Office of Special Affairs (OSA) Operierender Thetan (OT) Oxford Capacity Analysis (OCA)

38 17, 20 27

Persönlichkeitstest Policy letter Polizei Potential Trouble Source (PTS) Potenzielle Schwierigkeitsquelle Preclear Produkt Produktion

27 18 51 36 36 23 7, 19 31, 34

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Das System Scientology | Sachwortregister

Reaktiver Verstand Reinigungsrundown Religious Technology Center (RTC) Richtlinienbrief Ruinpunkt Schwerverbrechen Scientocracy Scientology Scientology Kirche Bayern e.V. (SKB) Scientology Kirche Deutschland e.V. (SKD) Scientology-Krisenberatungsstelle Sea Org Staff Members Statistik Suppressive Person (SP)

15, 17 21, 28 7, 8 18 38 32 17 5

Technologie The Way to Happiness Thetan Tonskala

6, 19 9, 29 7, 15, 18 24

Unterdrückerische Person

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Verbrechen Vergehen Vertrauliches Telefon

32 32 51

9 9 51 8 8 31, 34 36

Wissensbericht World Institute of Scientology Enterprises (WISE)

28, 35 40 8, 10, 40

Xenu Youth for Human Rights

25 10, 31

Impressum Herausgeber: Bayerisches Staatsministerium des Innern Odeonsplatz 3, 80539 München Druck: Ludwig Auer GmbH, Donauwörth Papier: Gedruckt auf PEFC-zertifiziertem Papier aus nachhaltiger Waldbewirtschaftung Bildnachweis: Helen, Photocase: Umschlag; AP: U2, U3; manun, Photocase: 4; cwalter, Photocase: 46; do.rit, Photocase: 48; jarts, Photocase: 54; L. Ron Hubbard, Ein Portrait, CSI: 6; New Era Publications International ApS/Kopen­hagen/Was ist Scientology?: 7, 8, 14, 22, 24, 29, 30 Hinweis: Die Broschüre „Das System Scientology“ ist auch über das Internet abrufbar: www.innenministerium.bayern.de, www.verfassungsschutz.bayern.de

Die Scientology-Organisation ist ein internationaler Wirtschaftskonzern, der aber nicht nur nach Gewinnmaximierung strebt, sondern auch ein weltweites Herrschaftssystem nach eigenen Vorstellungen errichten will. An die Stelle des Demokratieprinzips und der Grundrechte soll ein auf Psycho-Technologien und der bedingungslosen Unterordnung des Einzelnen beruhendes totalitäres Herrschaftssystem treten.

Bayerisches Staatsministerium des Innern Odeonsplatz 3, 80539 München www.innenministerium.bayern.de www.verfassungsschutz.bayern.de