Das reformierte Patentnichtigkeitsverfahren Erste Erfahrungen

Das reformierte Patentnichtigkeitsverfahren –Erste Erfahrungen GRUR-Jahrestagung 2012 28. September 2012 Beitrag von Rainer Engels, Vors. Richter des ...
Author: Rainer Acker
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Das reformierte Patentnichtigkeitsverfahren –Erste Erfahrungen GRUR-Jahrestagung 2012 28. September 2012 Beitrag von Rainer Engels, Vors. Richter des 4. Nichtigkeits-Senats des Bundespatentgerichts [email protected] 1

Geschäftszahlen BPatG 2011 (2010) (2012 bis 30.6) Nichtigkeitssenate

Bestand 1.1.2011

Neueingänge

Erledigungen

Bestand 31.12.11

402 (389) (423)

297 (255) (136)

276 (242) (124) – davon 129 (99) Klagerücknahmen 92(83) (Teil-) Nichtigkeiten 22(29) Klageabweisungen 5(10) Vergleiche 1 Zwangslizenz/15 sonstige Erl.

423 (402) (435)

119 (185) (92)

31 (55) (40)

58 (121) (23)

92 (119) (97)

78 Berufungen 53 Erledigg o Urteil 23 Bestätigungen 16 Abänderungen Gebrauchsmustersenat

Technischen Beschwerdesenate

Beschwerdeverfahren

2198 (2252) (1948)

279 (598) (192)

537 (652) (321)

1948 (2198) (1827)

Einspruchsverfahren

486 (834) (233)

54 (8) (0)

253 (356) (95) -davon 87 (102) Widerruf 57 (86) beschr Aufrechterhaltung 39 (55) Aufrechterhaltung 2 (35) Verwerfung als unzulässig 28 Verzicht auf Patent

233 (486) (138)

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Verfahrensdauer 2006 - 2011 aufgeschlüsselt nach Geschäftsjahren 2007

2008

2009

2010

2011

Nichtigkeitssenate

21,70

21,51

21,52

21,77

24,19

Technische Beschwerdesenate

35,20

40,40

46,09

49,65

54,42

Gebrauchsmuster-Beschwerdesenat

16,17

12,81

16,65

17,86

24,23

Marken-Beschwerdesenate

24,87

21,53

19,01

14,08

13,75

Juristischer Beschwerdesenat

18,15

22,91

25,61

21,91

38,50

60 50

2007

40

2008

30

2009

20

2010 2011

10 0

Nichtigkeitssenate

Techn. Beschwerdesenate

GebrMBeschwerdesena t

MarkenBeschwerdesenate

Juristischer Beschwerdesenat

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Die Intention des Gesetzes für die 1. Instanz  Änderung des Verfahrensweise in zwei wesentlichen Aspekten :  1. Verfahrensbeschleunigung durch Fristsetzung und Präklusion  zugleich stärkere Strukturierung und erhöhte Transparenz des erstinstanzlichen Verfahrens,  durch frühzeitigen „qualifizierten Hinweis“,  2. und stärkere Ausschöpfung des Amtsermittlungsgrundsatzes  mit erhöhtem Bearbeitungsaufwand durch BPatG, da  dieses durch technische Richter besonders qualifiziert und organisatorisch hierzu besser als BGH in der Lage ist (Bgrd).  Die Einholung ergänzender Sachverständigengutachten ist nicht angesprochen. 4

Die Instrumente des § 83 PatG im Kontext der Konzentrationsmaxime des § 87 II PatG  § 87 II 1: Der Vorsitzende oder ein Mitglied hat schon • vor der mVdlg oder, wenn eine solche nicht stattfindet, vor der Entscheidung alle Anordnungen zu treffen, die notwendig sind, um die Sache möglichst in einer mVhdlg oder in einer Sitzung zu erledigen.  § 87 II 2: im übrigen gilt § 273 II, III 1. IV 1 ZPO entsprechend.  über § 99 I ZPO gilt nach allg. Meinung § 139 ZPO

 jetzt zusätzlich in § 83 III: Der Vorsitzende oder ein von ihm zu bestimmendes Mitglied können • Hinweis nach § 83 I PatG „so früh wie möglich“  jetzt fokussiert auf qualifizierten Hinweis nach § 83 I  jetzt in § 83 I S. 3 PatG ausdrücklich genannt 5

Die Problemlösung für die erste Instanz : § 83 PatG  § 83 I: der frühzeitige verpflichtende „Vorbescheid“ und die erweiterte Hinweispflicht  § 83 II: die Fristsetzung für Anträge und Sachvortrag

 § 83 III: Prozessleitung durch Vorsitzenden oder beauftragtes Mitglied des Senats  § 83 IV: die (erweiterte) Präklusion für verspätete Angriffs- und Verteidigungsmittel einschließlich der Präklusion des Angriffs und der Verteidigung selbst 6

Der qualifizierte Hinweis nach § 83 I PatG Gesetzestext § 83 I PatG  In dem Verfahren wegen  Erklärung der Nichtigkeit des Patents oder  des erg Schutzzertifikats  weist das Patentgericht die Parteien so früh wie möglich auf Gesichtspunkte hin,  die für die Entscheidung voraussichtlich von besonderer Bedeutung sein werden oder  der Konzentration der Verhandlung auf die für die Entscheidung wesentlichen Fragen dienlich sind.  Eines solchen Hinweises bedarf es nicht, wenn die zu erörternden Gesichtspunkte nach dem Vorbringen der Parteien offensichtlich erscheinen.  § 139 der ZPO ist ergänzend anzuwenden

Gesetzesbegründung  Kernpunkt ist die Einführung eines qualifizierten Hinweises an die Parteien.  Hiermit soll das BPatG die tatsächliche Grundlage der zu treffenden Entscheidung – d.h. seine vorläufige Einschätzung der Sachund Rechtslage – möglichst frühzeitig offenlegen, damit die Parteien sich darauf einstellen und ihren weiteren Vortrag danach ausrichten können.  Dies erlaubt zum einen eine Konzentration der rechtlichen Argumentation auf die wesentlichen Punkte und damit einen Rationalisierungseffekt,  zum anderen versetzt es die Parteien aber auch in die Lage, Defizite ihres bisherigen Vorbringens zu erkennen und auszugleichen  Die Hinweispflicht geht insoweit über 7 § 139 ZPO hinaus

Die Fristsetzung nach § 83 II PatG  § 83 II PatG: Das Patentgericht kann den Parteien eine Frist setzen,  binnen welcher sie zu dem Hinweis nach § 83 I PatG durch sachdienliche Anträge oder Ergänzungen ihres Vorbringens und  auch im Übrigen abschließend Stellung nehmen können. – Die Frist kann verlängert werden, wenn die betroffene Partei hierfür erhebliche Gründe darlegt. Diese sind glaubhaft zu machen

Aus der Gesetzesbegründung

• Diese Sanktionsmöglichkeit soll in erster Linie sicherstellen, dass der Hinweis nicht für prozesstaktische Manöver missbraucht wird und zu unnötiger Verzögerung des Verfahrens führt. • Im Übrigen steht die Verfahrensgestaltung einschließlich etwaiger Fristen nach Maßgabe des § 99 in Verbindung mit § 273 ZPO wie bisher im freien Ermessen des Gerichts. • Dabei sind die vom Gericht nach § 83 II gesetzten Fristen grds verbindlich, um so routinemäßige Anträge auf Fristverlängerung zu vermeiden. Nur in begründeten Ausnahmefällen soll eine Fristverlängerung möglich sein. 8

Befugnisse nach § 83 III PatG  § 83 III PatG: Die Befugnisse nach § 83 I, II PatG können auch – von dem Vorsitzende n oder – einem von ihm zu bestimmend en Mitglied des Senats wahrgenom men werden.

Aus der Gesetzesbegründung: • Um dem BPatG eine möglichst weitgehende Flexibilität in der Verfahrensgestaltung zu ermöglichen, soll es die Möglichkeit haben, den Hinweis • durch den Senat zu erlassen oder aber • den (ersten) Berichterstatter hiermit zu betrauen. • Letzteres würde den Senat von doppelter Befassung mit der Sache entlasten. • Dieser Vorteil könnte es – solange dies nicht der Normalfall wird – rechtfertigen, den Nachteil hinzunehmen, dass das BPatG die vorläufige Beurteilung des Berichterstatters möglicherweise häufiger revidieren müsste als eine Vorbeurteilung des gesamten Senats. 9

Die Präklusion nach § 83 IV PatG und die Folgen Das Patentgericht kann nach § 83 IV Satz 1  Angriffs- und Verteidigungsmittel einer Partei oder  eine Klageänderung oder  eine Verteidigung des Beklagten mit einer geänderten Fassung des Patents, die erst nach Ablauf einer hierfür nach § 83 II PatG gesetzten Frist vorgebracht werden, zurückweisen und ohne weitere Ermittlungen entscheiden, wenn  1. die Berücksichtigung des neuen Vortrags eine Vertagung* des bereits anberaumten Termins zur mündlichen Verhandlung erforderlich machen würde und  2. die betroffene Partei die Verspätung nicht genügend entschuldigt und  3. die betroffene Partei über die Folgen einer Fristversäumung belehrt worden ist.  § 83 IV Satz 2: Der Entschuldigungsgrund ist glaubhaft zu machen.“ * die Gesetzesbegründung zeigt, dass nicht Vertagung i.S.v. § 227 ZPO, sondern auch die Terminsaufhebung10 und Terminsverlegung, also Beseitigung vor Terminsbeginn, gemeint ist

Zeitpunkt und Inhalt des qualifizierten Hinweises • Es besteht Übereinstimmung , dass der Zeitpunkt für den qualifizierten Hinweises (qH) – noch hinreichend Zeit bis zum Verhandlungstermin lassen muss, ca 3-5 Monate, dh der qH wird praktisch durch Rückrechnung errechnet und es wird ein Ablaufplan erstellt, – wobei beginnend mit dem Votum des juristischen Mitglieds bis zum Vorsitzenden der gesamte Spruchkörper an der Erarbeitung des qH beteiligt sind (ca. 4-5 Monate).

• Wegen der hohen Arbeitsbelastung und zunehmenden Dauer bis zur mVhdlg kann mit der Erstbearbeitung regelmäßig nicht unmittelbar nach Eingang der Widerspruchbegründung begonnen werden. • Es besteht auch Übereinstimmung, dass die Qualität des Bescheides den Zweck nur erfüllen kann, wenn er • einem Votum ähnlich ausgestaltet ist und • eine Voreinschätzung möglichst des Senats enthält, was – eine Meinungsbildung und Vorberatung möglichst des gesamten Spruchkörpers erfordert 11

Anforderungen an das Vorbringen • Für das Eingreifen der Präklusionsregeln ist es stets erforderlich, dass das verspätete Vorbringen tatsächliche oder rechtliche Fragen aufkommen lässt, die in der mündlichen Verhandlung nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand zu klären sind • Kann das an sich verspätete Vorbringen ohne Weiteres in die mündliche Verhandlung einbezogen werden, ohne dass es zu einer Verfahrensverzögerung kommt, liegen die Voraussetzungen für eine Zurückweisung nach § 83 Abs. 4 PatG nicht vor (BPatG 3 Ni 27/10, Urt. v. 15.11.2011, uH auf BegrEntwurf PatRModG in BlPMZ 2009, 307, 315) • Trotz des Wortlauts ist nicht nur die Verlegung, sondern auch die Vertagung der Verhandlung (also aus dem Termin heraus) umfasst (5 Ni 28/10 (EP), Urt. v. 25.4.2012). 12

Ermessen ob Präklusion • Die Zurückweisung verspäteten Vorbringens gem. § 83 Abs. 4 PatG ist nicht zwingend, sondern steht im Ermessen des Senats, • so wenn die Klägerin in der mündlichen Verhandlung nicht ausreichend Gelegenheit hat, zu neuen Hilfsanträgen Stellung zu nehmen und ist die verspätete Vorlegung der Hilfsanträge von der Beklagten nicht hinreichend entschuldigt (BPatG 3 Ni 16/10, Urt. v. 28.2.2012; 5 Ni 28/10 (EP), Urt. v. 25.4.2012), wobei • Wegen der gebotenen strengen Handhabung eine Nichtanwendung solchen Fällen vorbehalten sein sollte, in denen über das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen gestritten werden kann oder aus sonstigen Gründen der Billigkeit hierfür ein Anlass besteht, z. B. wenn ein Missverständnis einer Partei hinsichtlich des Inhalts des Hinweises aufgetreten ist, nicht aber wenn eine Verletzung prozessualer Sorgfaltspflichten klar auf der Hand liegt (5 Ni 28/10 (EP), Urt. v. 25.4.2012). 13

Pflicht zur Vertagung • Dem Gericht bleibt kein Ermessensspielraum bei der Frage der Vertagung der mündlichen Verhandlung, wenn erhebliche Gründe im Sinne von § 227 Abs. 1 ZPO vorliegen. • Das sind regelmäßig solche, die den Anspruch auf rechtliches Gehör einer oder mehrerer Parteien berühren und die auch gerade zur Gewährleistung der verfassungsrechtlichen Garantie des Anspruchs auf rechtliches Gehör eine Zurückstellung des Beschleunigungs- und Konzentrationsgebots erfordern (5 Ni 28/10 (EP), Urt. v. 25.4.2012, uH auf BGH GRUR 2004, 354 - Crimpwerkzeug I). 14

Argumente für eine strenge Handhabung • Aufgrund der hohen Geschäftsbelastung und der großen Schwierigkeiten, zeitnah einen eventuellen Vertagungstermin zu finden, besteht ein erhebliches Bedürfnis des Rechtsverkehrs besteht, dass sich Nichtigkeitsverfahren nicht unverhältnismäßig lange hinziehen. • Nur wenn sich die Prozessparteien darauf einstellen müssen, dass nach Ablauf einer Frist des § 83 Abs. 2 PatG eingereichtes Vorbringen einer hohen Gefahr der Zurückweisung unterliegt, lässt sich (auf längere Sicht) möglicherweise das Ziel erreichen, dass Hinweise oder Entscheidungen des Patentgerichts zu einem Zeitpunkt erfolgen, der bei Verletzungsverfahren noch eine Berücksichtigung zulässt (5 Ni 28/10 (EP), Urt. v. 25.4.2012). 15

Sorgfaltsverstoß, verschuldete Fristversäumnis • Eine Verteidigung des Streitpatents in einer geänderten Fassung kann als verspätet zurückgewiesen werden, soweit die Voraussetzungen des § 83 Abs. 4 PatG vorliegen. • Hatte die Patentinhaberin aufgrund eines qualifizierten Hinweises nach § 83 Abs. 1 PatG keine Veranlassung, das Streitpatent durch geänderte Patentansprüche zu verteidigen, und ergibt sich erst in der mündlichen Verhandlung aufgrund geänderter Rechtsauffassung des Senats eine solche Veranlassung, fehlt es bereits an dem von § 83 Abs. 4 Ziffer 2 PatG vorausgesetzten Sorgfaltsverstoß und damit an einer verschuldete Fristversäumnis (BPatG 1 Ni 21/09, Urt. v. 20.12.2011). 16

Ermessen und Billigkeitsgründe • In einem weiteren Fall stellt der 5. Senat ebenfalls auf Billigkeitserwägungen ab und sah die Fristversäumnis für einen erstmals in der mündlichen Verhandlung gestellten Hilfsantrag nach § 82 Abs. 2 PatG aus Billigkeitsgründen als entschuldigt an. • Der Patentinhaber konnte nachvollziehbar darlegen, dass er den qualifizierten Hinweis missverstanden und diesem die Auffassung des Senats entnommen hatte, es liege ein nicht mehr zu beseitigen Aliud der erteilten Fassung des Streitpatents vor (BPatG 5 Ni 57/10 Urt. v. 20.6.2012).

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Weitere Kriterien nach der EPA-Rspr • Soweit die Beschwerdekammern des EPA die Zurückweisung zusätzlich davon abhängig machen, ob ein Hilfsantrag eindeutig gewährbar ist, • stellt sich die Frage, inwieweit eine "eindeutige Gewährbarkeit" durch das Gericht beantwortet werden kann, ohne dass die Parteien dazu vorgetragen haben und obwohl die Beurteilung der Gewährbarkeit der Frage der Berücksichtigung verspäteten Vorbringens vorgelagert sein soll. • Diese Frage kann unbeantwortet werden, weil angesichts des Umfangs der Änderungen eine nähere Beurteilung durch das Gericht nicht hätte erfolgen können, so dass auch bei Heranziehung der Verfahrenspraxis des EPA eine Berücksichtigung nicht veranlasst gewesen wäre (BPatG 5 Ni 28/10 (EP),Urt. v. 25.4.2012). 18

Schriftsatznachlass nach § 283 ZPO • § 283 ZPO ist anwendbar und dient – dem Zweck der Änderung des § 83 PatG entsprechend – dem Interesse der Prozesswirtschaftlichkeit durch Straffung des Verfahrens. Er bietet die Möglichkeit, eine Vertagung zu vermeiden. • Kann dem Erfordernis der Gewährung rechtlichen Gehörs durch Einräumung einer nachträglichen Schriftsatzfrist gem. § 283 ZPO Rechnung getragen werden, so ist von einer Zurückweisung verspäteten Vorbringens abzusehen (BPatG 3 Ni 16/10,Urt. v. 28.2.2012; • wobei § 283 ZPO nur in besonders gelagerten Fällen geeignet ist wegen der oft vielstündigen und kontrovers geführten mündlichen Verhandlung eine Vertagung und Wiederöffnung zu vermeiden (BPatG 5 Ni 28/10 (EP),Urt. v. 25.4.2012). 19

Einholung eines Sachverständigengutachtens I • Dem Beweisangebot auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Klärung des Offenbarungsgehaltes einer Druckschrift ist nicht zu folgen, wenn der Senat die ausreichende Sachkunde bejaht. • Ob das Gericht seine eigene Sachkunde für ausreichend erachtet, liegt dabei grundsätzlich in seinem pflichtgemäßen Ermessen, wobei es ausreicht, wenn auch nur ein Mitglied eines Kollegialgerichtes hinreichende Sachkunde besitzt (BPatG 4 Ni 6/11 (EP)-Urt. v. 10.1.2012; iE BPatG 3 Ni 5/10 Urt. v. 24.1.2012) 20

Einholung eines Sachverständigengutachtens II

• Ebenso wenig wie die juristischen Mitglieder des Senats über ihren Werdegang Auskunft geben müssen, sind die technischen Mitglieder, dazu verpflichtet. • § 65 Abs. 2 Satz 1 PatG legt nur fest, dass die technischen Mitglieder des Bundespatentgerichts „in einem Zweig der Technik sachverständig“ sein müssen. • Ein Anspruch der Parteien darauf, die bestehende Sachkunde der Senatsmitglieder zu erfragen, besteht deshalb nicht (BPatG 4 Ni 3/11 (EP) – Urt. v. 28.6.2012)

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Einholung eines Sachverständigengutachtens III • Die Entscheidung über die Zuziehung eines gerichtlichen Sachverständigen im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts (BGH GRUR 2002, 957 - Zahnstruktur). • Der mit der Zuweisung technischer Richter zu den Spruchkörpern des BPatG verfolgte Zweck führt nicht dazu, dass ihre Mitwirkung auf Entscheidungen beschränkt werden müsste, für die sie nach Vorbildung und bisheriger Tätigkeit besonders qualifiziert sind (zur Besetzung: BGH GRUR 1998, 373 – Fersensporn; GRUR 1976, 719, 720 Elektroschmelzverfahren).

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Abfassung der Entscheidung • Bisher besteht keine Erfahrung mit der praktischen Umsetzung der als Regelfall eröffneten Zurückverweisung nach § 119 PatG durch den BGH im Hinblick auf die nur noch sehr eingeschränkte Tatsachenfeststellung. • Hier wird ein Mittelweg einzuschlagen sein, der zwar vermehrt Hilfserwägungen, insb. im Rahmen der Patentfähigkeit als sinnvoll erscheinen lässt, allerdings ist es nicht möglich und sinnvoll insoweit große Teile eines Urteils auf ein Hilfsgutachten zu verwenden; dies auch deshalb nicht, weil die aufwändigen Urteile dann noch größeren Bearbeitungsaufwand erfordern würden, die Kapazitäten hierfür nicht vorhanden sind.. 23

Ende

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit

Rainer Engels Vors. Richter des 4. Senats am BPatG [email protected]

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