Das Mitteilungsblatt des Schweizerischen Blindenbundes. Schwerpunktthema. Kontraste

Das Mitteilungsblatt des Schweizerischen Blindenbundes Nr. 4 Dezember 2015 Schwerpunktthema Kontraste 2 Inhalt Seite 3 Editorial Seite 5 Schw...
Author: Kurt Keller
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Das Mitteilungsblatt des Schweizerischen Blindenbundes

Nr. 4 Dezember 2015

Schwerpunktthema

Kontraste

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Inhalt Seite 3

Editorial

Seite 5

Schwerpunktthema: Kontraste

Seite 11

Informationen aus dem Vorstand

Seite 13

Informationen aus den Beratungsstellen

Seite 14

Informationen aus den Regionalgruppen

Seite 21

Hilfsmittel-News

Seite 22

Kurse

Seite 24

Sozialpolitik

Seite 26

Interviews und Porträts

Seite 28

Dies und Das

Seite 40

Lese- und Hörtipps

Aus Gründen der Lesbarkeit wird auf eine geschlechtsneutrale Ausdrucksweise verzichtet. Die jeweils männliche oder weibliche Form gilt sinngemäss immer auch für das andere Geschlecht.

Impressum Herausgeber: Schweizerischer Blindenbund Erscheinung: 4-mal pro Jahr Auflage: 1‘300 Exemplare Erhältliche Versionen: Schwarzschrift, Audio-Version, Brailleschrift, Elektronische Version im PDF-Format Kontakt: Tel. 044 317 90 00, E-Mail [email protected] Redaktion: Jvano Del Degan, Irene Schlatter, Richi Weissen, Carola Woidicke, Helene Zimmermann Umschlaggestaltung: Carola Woidicke Layout: SampleZone GmbH; Carola Woidicke Druck: Prowema GmbH, 8330 Pfäffikon Fotos: iStock; Reto Schlatter; Roger Wintsch; IBZ Landschlacht; Rose-Marie Morger; SICHTBAR THUN; Geschäftsstelle

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Editorial Liebe Leserin, lieber Leser

Kontraste bedeuten mehrheitlich auch einen Gegensatz. Hell und dunkel, Leben und Tod, süss und sauer, schön und hässlich. Ohne den Gegensatz wird aber das Positive nicht wirklich wahrgenommen. Ohne Licht also kein Schatten – ohne Kälte keine Wärme. Unser Leben besteht aus Kontrasten. Dadurch sind wir erst in der Lage, das Positive wahrzunehmen und zu schätzen. Die Adventszeit bildet einen Kontrast zu den vorherigen Monaten des Jahres. Jedoch ist sie auch eine eher kalte und dunkle, aber dafür besinnliche Jahreszeit. Erhellt durch Kerzenlicht, Geschenke und das Zusammensein mit Menschen, die wir lieben. Sie halten die 18. Ausgabe der Zeitschrift PUNKT. in der Hand. Das Ziel des Redaktionsteams wie auch Fachpersonen war es, unseren Leserinnen und Lesern ein Kontrastprogramm zu bieten. Nicht immer ist uns dies vollends geglückt. Die Mehrzahl der Ausgaben hat Freude bereitet, zu Diskussionen und Gesprächen geführt. Mit unserer Zeitschrift sind wir heute an einem Punkt angelangt, an dem wir einen weiteren Schritt nehmen müssten. Dieser Schritt wäre mit erheblichem Mehraufwand und noch grösserem Engagement der Mitarbeitenden und Ehrenamtlichen verbunden. Gestützt auf die Resultate aus einer Umfrage bei einem Teil unserer Leserinnen und Lesern sowie intensiven Diskussionen in der Redaktion und im Vorstand des Schweizerischen Blindenbundes haben wir beschlossen, den PUNKT. in der vorliegenden Form nicht mehr weiterzuführen. Wir stellen den PUNKT. nicht ein, sondern bieten Ihnen vielmehr ein neues Kontrastprogramm. Sie werden auch in

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Editorial Zukunft nicht auf den PUNKT. verzichten müssen. Er wird zweimal jährlich in neuem Gewand erscheinen. Der neue PUNKT. wird sich fachlichen Themen und Inhalten widmen. Dadurch werden wir auch den Verteiler entsprechend erweitern. Als Kontrast dazu erwecken wir das Mitteilungsblatt mit vereinsinternen Themen für unsere Mitglieder wieder zum Leben. Wir beenden also das Jahr mit dem Thema Kontraste und starten das neue Jahr kontrastreich! Ich möchte mich an dieser Stelle bei all jenen bedanken, die es ermöglicht haben, dass wir seit vier Jahren viermal pro Jahr immer wieder interessante und spannende Geschichten und Informationen auf den PUNKT. bringen konnten. Ein besonderer Dank geht an Carola Woidicke. Als Verantwortliche für die Redaktion hat sie die Fäden in der Hand gehalten und jede Ausgabe punktgenau zum Versand gebracht. Carola Woidicke verlässt den Schweizerischen Blindenbund nach sechs Jahren, um sich einer neuen Herausforderung zu stellen. Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, gilt unser besonderer Dank. Immer wieder durften wir positive wie auch kritische Rückmeldungen entgegennehmen. Dies zeigt uns, dass der PUNKT. zumindest bei einigen von Ihnen zum Kontrastprogramm gehört hat. Wir wünschen Ihnen gute Lektüre! Ihr Jvano Del Degan Geschäftsführer und Redaktionsmitglied PUNKT.

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Schwerpunktthema: Kontraste

Schwerpunktthema: Kontraste Licht und Beleuchtung – wichtig für uns alle Quelle: Hansueli Brassel, Low Vision, Beratungsstelle Winterthur Obwohl die Tage wieder länger werden, findet immer noch ein grosser Teil des Lebens, der Arbeit und der Freizeit bei künstlichem Licht statt, weil das natürliche Licht nicht ausreicht. Sehbehinderte Personen gehören zu dem Personenkreis, den die schlechten Lichtverhältnisse besonders beeinträchtigen. Sehbehinderte brauchen in der Regel wesentlich mehr Licht, als dies bei normalsehenden Personen der Fall ist. Zudem muss dieses Licht von besonders hoher Qualität sein. So darf die künstliche Beleuchtung auf keinen Fall blenden. Im eigenen Wohnbereich machen sich die ungenügenden Lichtverhältnisse sehr stark bemerkbar. Sehbehinderte behelfen sich schon früh am Abend mit der künstlichen Beleuchtung, die ohnehin ein höheres Lichtniveau aufweisen muss, als es für Normalsehende nötig ist. Im Wohnbereich sorgt die Verwendung von mehreren Leuchten dafür, dass keine dunklen und damit gefährlichen Zonen bestehen. Doch auch für die Hausarbeiten und die Kleiderpflege ist eine geeignete Beleuchtung hilfreich. Ein wichtiger Arbeitsort ist die Küche. Hier drängt sich nicht nur für sehbehinderte, sondern auch für betagte Personen eine starke Indirektbeleuchtung

auf. Dank der indirekten Beleuchtung wird die Küche weitgehend schatten- und vor allem blendfrei beleuchtet. Eine zusätzliche Beleuchtung unter dem Küchenschrank leuchtet diese wichtige Arbeitsfläche aus. Die optimale Beleuchtung ist ein Muss Eine Gefahrenquelle der besonderen Art sind Treppen. Eine gute Beleuchtung sorgt dafür, dass Treppen gut und sicher benützt werden können. Eine Verbesserung ist durch den Ersatz der oft unzureichenden Leuchtmittel durch solche mit stärkerem Licht möglich. Vielfach hilft bei der Diskussion mit den verantwortlichen Personen der Hinweis, die Beleuchtung der geforderten Norm entsprechend einzurichten. Neben der Direktbeleuchtung ist eine gute Allgemeinbeleuchtung erforderlich, die für eine gleichmässige Ausleuchtung des Arbeitsplatzes und des Umfeldes sorgt. Dies dient dem Wohlbefinden und der Blendfreiheit. Voraussetzung zum Lesen ist für die meisten sehbehinderten Personen die Anpassung vergrössernder Sehhilfen, gepaart mit einer geeigneten Direktbeleuchtung. Eine Kaltlichtleuchte reicht hierfür oftmals aus. Licht als Sehrestoptimierung Das verbliebene Sehvermögen und die benutzten Hilfsmittel können nur optimal genutzt werden, wenn die Beleuchtung stimmt. Daher ist die Beleuchtung eines der wichtigsten Hilfsmittel für sehbehinderte Menschen. Eine optimale Beleuchtung hat Auswirkungen auf die Sehschär-

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Schwerpunktthema: Kontraste fe sowie das Kontrastsehen und kann den Vergrösserungsbedarf reduzieren. Sollte der Sehbehinderte immer noch geblendet oder über zu wenig Kontrast verfügen, gibt es verschiedene Spezialgläser (Kantenfilter), mit denen das Problem weitgehend behoben werden kann. Man kann damit die Blendung auf ein Minimum reduzieren oder den Kontrast erheblich steigern. Die optimale Beleuchtung muss vom sehbehinderten Menschen individuell in Zusammenarbeit mit dem Low VisionSpezialisten gefunden werden. Denn die Arbeitsplatzbeleuchtung sollte auf die Arbeitsaufgabe, die damit verbundenen Sehanforderungen sowie das genutzte Hilfsmittel abgestimmt werden. Dabei ist die passende Beleuchtungsstärke, die

Lichtfarbe und die Art der Ausleuchtung zu bestimmen. Nahbeleuchtung: Eine gute Nahbeleuchtung zum Lesen, für Handarbeiten oder zum Basteln zeichnet sich dadurch aus, dass der Beleuchtungswinkel verstellbar ist, die Lampe gleichmässig ausleuchtet und dimmbar ist. Raumbeleuchtung: Ein gleichmässig beleuchteter Raum ist für das Kontrastsehen und damit für die Sehleistung hilfreich. Deckenleuchten mit indirekter Beleuchtung sind für sehbehinderte Menschen sehr geeignet. Eine indirekte Beleuchtung verursacht keine Lichtreflektionen auf glatten Flächen und verhindert, dass die betroffene Person beim Blick in die Richtung der Leuchte geblendet wird.

Gute Beleuchtung ist vor allem abends sehr wichtig – draussen wie drinnen

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Schwerpunktthema: Kontraste Wenn Dunkelheit in die Seele dringt Quelle: Janka Steiner, Vorstandsmitglied Regionalgruppe Zürich Im letzten Jahr erlebte ich etwas, was man nicht gut beschreiben kann und niemandem wünscht, durchzumachen. Eigentlich stimmte alles, ich war seit anfangs Frühling frisch verliebt und verbrachte einen spannenden Sommer. Und dann nahm es eine Wendung. Ich kann mich noch genau dran erinnern. Es war an der Feier des 97. Geburtstages meiner Grossmutter. Ein familiärer Zwischenfall löste bei mir ungewohnt schnell Tränen aus. Grundlos!? Seit meinem achten Lebensjahr bin ich sehbehindert. Mit den Jahren wurde es immer schlimmer. Inzwischen sehe ich noch ca. 3%. Mein Leben hat sich nicht nur wegen meinen Augen, sondern auch wegen einer Krankheit, welche erst im 2010 diagnostiziert wurde, in den letzten Jahren enorm verändert. Oft bin ich müde. Ich kann inzwischen nur noch gut 10% arbeiten. Somit bleibt mir viel freie Zeit, und gerade im letzten Herbst fiel es mir so schwer, ohne eine wirkliche Aufgabe zu leben. Zum Glück hatte ich meinen Freund, der mit mir durch diese schwierige und manchmal sehr dunkle Zeit ging. Ebenfalls weiss ich heute genau, dass ich ohne meine beste Freundin, meine Familie und lieben Kolleginnen diese Zeit kaum ohne weitere Massnahmen überstanden hätte.

Leider ist der Herbst mit seinem eher trüben Wetter, den immer kälter werdenden Tagen, bald auch sehr oft nebligen Momenten und schlussendlich den immer dunkler werdenden Abenden nicht wirklich hilfreich, um nicht in ein Tief zu fallen. Schliesslich stand dann der Winter vor der Türe und leider damit auch viel Schnee und mühsames Glatteis. Bald schon hatte ich grosse Mühe, alleine rauszugehen, und für längere Spaziergänge mit meinem Hund benötigte ich meistens Hilfe. Eigentlich weiss man ja, was fehlt, und man möchte so gerne dagegen ankämpfen, jedoch fehlt immer wieder die Zuversicht und Kraft. Auch dank meines Glaubens an Gott und inzwischen einem inzwischen guten Wochenplan geht es mir heute wieder echt gut. Aber der Weg bis dahin war streng, schien manchmal so steinig und war nur mit Hilfe von sehr lieben Freunden machbar. Mit diesem Bericht möchte ich allen Mut machen, die diese Situation auch kennen. Wichtig finde ich, zu wissen, dass nach jedem Winter wieder ein Frühling folgt und nach jedem schwierigen Lebensabschnitt bessere Zeiten kommen!

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Schwerpunktthema: Kontraste Die Bedeutung von Kontrasten in der LPF-Arbeit

schneidet oder ob man einen weissen oder farbigen Teller benutzt.

Quelle: Martin Meier, Lebenspraktische Fähigkeiten, Beratungsstelle Zürich

Ich hatte in meinem Arbeitsalltag auch schon Anfragen, wie man erkennt, wo sich die Speisen auf seinem Teller befinden und welches nur Dekorationselemente sind. Ein schwarzer Teller kann die Orientierung wieder um einiges erleichtern. Farbige Sets können ebenfalls eine gute Unterstützung bieten.

Am 8. September 2015 führte ich zusammen mit meiner Kollegin Lea Appiah im Alterszentrum Dorflinde in Zürich Oerlikon eine Sensibilisierung für das Service- und Pflegepersonal durch. Dabei teilten wir die Teilnehmenden in zwei Gruppen ein, die abwechslungsweise einen Workshop im Bereich Orientierung und Mobilität (O+M) sowie Lebenspraktische Fähigkeiten (LPF) absolvierten. Das Ziel der Veranstaltung, die von 13.30 bis 17.00 Uhr dauerte, bestand vor allem in unterschiedlichen Arten der Selbsterfahrung, die eine Annäherung an den Alltag von sehbehinderten und blinden Personen ermöglicht. Für den LPF-Workshop bereitete ich sechs Posten vor, die die Teilnehmenden jeweils zu zweit absolvieren konnten. Dabei trug eine Person eine Dunkelbrillebzw. eine Simulationsbrille und die andere begleitete sie und gab wenn nötig Hilfestellungen. Das Thema „Kontraste“ war dabei natürlich auch immer wieder ein Thema. So ging es bei einem Posten darum, sich ein Stück Brot abzuschneiden und es anschliessend mit Butter zu bestreichen. Dabei wurde deutlich, welchen Unterschied es macht, ob man das Brot auf einem weissen Brett oder einem schwarzen

Auch farbige Gläser können eine Hilfe sein. So macht es einen Unterschied, ob ich Wasser aus einem Krug in ein farbloses oder in ein farbiges Glas giesse. Eigentlich sind dies ganz kleine Dinge, die aber für sehbehinderte Menschen einen grossen Unterschied ausmachen. Bei einem weiteren Posten ging es um das Abfüllen von Medikamenten (in Form von „Smarties“)in eine Medikamentenbox. Auch hier war es mit farbigen Tabletten natürlich wesentlich einfacher als mit weissen. In diesem Fall könnte man farbige Markierungen an die Medikamentenschachteln anbringen, damit man sie unterscheiden kann. Neben den Kontrasten spielten bei den einzelnen Posten natürlich auch noch die Beleuchtung/Blendung und die Vergrösserung (z. B. von Fahrplänen und Ähnlichem) eine wichtige Rolle. Bei der Gestaltung des Alterszentrums Dorflinde wurde auch viel mit Kontrasten gearbeitet. So sind die Handläufe z. B. in Grün gestrichen und heben sich dadurch gut von den weissen Wänden ab.

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Schwerpunktthema: Kontraste Auch bei Treppenstufen kann man mit einer Markierung, die sich farblich von den Stufen abhebt, einiges erreichen. Bei Lichtschaltern hilft z. B. eine schwarze Umrandung, um den Schalter besser zu finden. Die selbständige Bedienung des Lifts erfordert standardisierte, tastbare Markierungen und erhabene Tasten, keine Sensortasten. Eine kontrastreiche Gestaltung von Stockwerk- und Kabinentableau wäre ebenfalls wünschenswert. Kontraste lassen sich also in vielen Bereichen sinnvoll einsetzen und bieten sehbehinderten Menschen Unterstützung im Alltag.

Kontraste Quelle: Regula Kuster, Mitglied der Regionalgruppe Ostschweiz

schneit und ich im Wohnzimmer bei Kerzenlicht sitze, Feuer im Cheminée, einer guten Tasse Tee oder Kaffee und guten Gesprächen mit Freunden. Dann sind da natürlich auch die weniger angenehmen Eigenschaften des Winters. Besonders für uns Sehbehinderte sind vereiste Trottoirs und Schneemassen, die von den Räummannschaften einfach aufs Trottoir befördert werden, damit die Autofahrer möglichst freie Fahrbahnen vorfinden, Hindernisse. Dass vor allem Sehbehinderte mit dem weissen Stock immer wieder in den Schneemaden stecken bleiben, danach fragt fast niemand. Ich sage bewusst „fast niemand“, denn ein Erlebnis vom letzten Winter ist mir immer noch sehr gegenwärtig.

hell – dunkel Sommer – Winter warm – kalt

Ich steckte mit meinem Langstock wieder einmal in einem Schneehaufen fest. Da spricht mich ein jüngerer Mann an und sagt zu mir: „Die Strasse ist schneefrei. Warten Sie, ich helfe Ihnen übers Trottoir und begleite Sie auf der Strasse, das ist sicher sehr viel einfacher für Sie.“

Um nur einige zu nennen. Natürlich gibt es angenehme oder auch unangenehme Beispiele. Der Sommer mit seiner Wärme, seiner Helligkeit, seinem Licht, aber vor allem dieser Sommer mit seiner intensiven Hitze, in welchem ich mir manchmal wünschte, ich könnte etwas davon mitnehmen in die dunkle, kalte Jahreszeit.

Während wir zusammen zur Bushaltestelle gehen, sagt er zu mir: „Ich sehe Sie oft und bewundere Sie, wie Sie mit Ihrer Behinderung fertig werden. Ich habe mir vorgenommen, Ihnen und auch anderen Behinderten meine Hilfe anzubieten, wenn dies notwendig ist. Denn miteinander geht es besser und macht das Leben auch für mich lebenswerter.“

Aber auch die kalte Jahreszeit hat ihre schönen Seiten. Wenn es draussen

Diese kleine Geschichte möchte ich weitergeben. Denn wie oft hört man – viel-

Ich liebe Kontraste! Wie langweilig wäre das Leben, wenn es sie nicht gäbe.

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Schwerpunktthema: Kontraste fach von älteren Personen – (ich gehöre auch dazu, ich bin 74 Jahre alt) dass junge Leute keine Rücksicht nehmen. Aber eben auch hier gibt es Gegensätze! Rücksichtslosigkeit und Hilfsbereitschaft liegen manchmal sehr nahe beieinander. Gehen wir bewusst aufeinander zu, sprechen wir miteinander und hören zu, wenn das Gegenüber etwas erzählt. Versuchen Sie es, es ist einfacher, als man denkt!

Der Kontrast zwischen Kulturen Quelle: Susanne Gasser, Vorstandsmitglied „Wenn einer eine Reise tut...“ Ich war zwei Jahre unterwegs in Südamerika und hatte nur Kontakte zu Einheimischen und anderen Reisenden. Ich reiste, um die Verschiedenheit der Kulturen zu erleben. Deshalb arbeitete ich auch in verschiedenen Städtchen Ländern in Südamerika, reiste weg von den Touristenpfaden und stürzte mich dort ins Leben. Zum Beispiel in einem grossen Markt war das Interesse an mir als Ausländerin genauso gross wie meines an den Menschen und ihren Produkten. „Guten Tag, was verkaufen Sie hier?“ Und so entstand ein minutenlanges Gespräch am ersten Marktstand. Ein grosser Vorteil der südamerikanischen Kultur ist die Offenheit und das Reagieren ohne zu studieren. In der Schweiz überlegen wir uns zu häufig:

„Was geschieht, wenn ich..., soll ich oder soll ich nicht…, was denkt sie oder er wenn... etc.“ Das blockiert und hemmt unsere Interaktionen. Dafür sind wir zuverlässiger, was auch seine Vorzüge hat. Ich finde es u.a. nicht toll, mit jemandem zu einer bestimmten Zeit verabredet zu sein, und ich stehe da und warte. Wir sind in Südamerika, wo Pünktlichkeit eher ein Fremdwort ist, also warte ich noch etwas länger. Am nächsten Tag kommt dann: „Entschuldige, ich konnte nicht kommen.“ Damit ist das Thema erledigt, denn so schlimm ist das nicht, wir haben ja Zeit und viel Gelassenheit. Wieder ein Vorteil! Doch ist es erstrebenswert, jeden Monat in einer langen Schlange gelassen und gemütlich anzustehen, um seine Rente abzuholen? Angenehm ist, dass man auf der Strasse jemanden nach etwas fragen kann. Bestimmt hat die gefragte Person Zeit, dich direkt dorthin zu bringen, auch wenn es im Extremfall 30 Minuten dauert!

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Informationen aus dem Vorstand Hilfsmittel für mehr Sicherheit auf der Strasse Quelle: Beratungsstelle Winterthur Unterarmbinde mit Personenpiktogramm Diese 4 cm breite und 40 cm lange Binde hat einen Silberreflex. Sie ist orange mit einem Klicksystem. Sie lässt sich nicht nur am Unterarm anbringen, sondern kann auch am Rucksack, am Bein oder am Rollator befestigt werden. Weste mit Blindensignet Diese Weste kann einfach über die Kleidung zogen werden und wird mit einem Klettverschluss individuell eingestellt. Sie ist orange und reflektiert mit einem Personenpiktogramm. Der Einsatz ist auch für Sportler, z. B. Walker, Langläufer, Jogger oder Skifahrer gedacht. Sicherheitsüberzug für Rucksack Mit dem Blindensignet mit Personenpiktogramm reflektiert dieser Überzug auf dem Rucksack. Es ist 30x30 cm gross und kann mittels Klettverschluss individuell eingestellt werden. Diese Artikel können bei jeder Beratungsstelle gratis bezogen werden. Für mehr Informationen kontaktieren Sie bitte Ihre Beratungsstelle.

Informationen aus dem Vorstand Strategische Ziele des schen Blindenbundes

Schweizeri-

Quelle: Richi Weissen, Vorstandsmitglied Wer ist der Schweizerische Blindenbund, wohin will er? Mit diesen Fragen beschäftigte sich der Vorstand im Frühjahr 2015 an einer Klausurtagung. In intensiven Diskussionen wurde ein Papier zur Strategie des Vereins erstellt. Am 22. August 2015 hat der Vorstand dieses Papier als verbindlich erklärt und damit strategische Ziele für die nächsten Jahre definiert. Kurze Beschreibung der Ziele: Sehen im Alter Der Schweizerische Blindenbund fördert und unterstützt Massnahmen im Bereich „Sehen im Alter“. Bis Ende Jahr erfolgt die Auswertung der Resultate der Tagung Fokus Alter vom März 2015 durch eine kleine Arbeitsgruppe. Pro Jahr werden mindestens zwei nachhaltige, öffentlichkeitswirksame Aktionen umgesetzt. Mobilität Der Schweizerische Blindenbund fördert Massnahmen zur Unterstützung der Mobilität seiner Mitglieder und Klienten. Zur Ermittlung der individuellen Bedürfnisse wird eine Befragung durchgeführt (siehe Fragebogen in dieser Ausgabe, Seite 37).

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Informationen aus dem Vorstand Selbsthilfe Der Schweizerische Blindenbund unterstützt in den Regionalgruppen den Selbsthilfegedanken durch diverse Massnahmen. In einer kleinen Gruppe wird die heutige Situation in den Regionalgruppen im ersten Quartal 2016 analysiert. Entsprechende Massnahmen werden dann in den Regionalgruppen realisiert.

strukturelle Defizit wird bis 2019 um mindestens CHF 100‘000.00 gesenkt. Spenden und Legate Der Schweizerische Blindenbund sorgt dafür, dass sich die Nettospendeneinnahmen in den nächsten drei Jahren mindestens analog der ZEWO-Statistik entwickeln.

Wiedereingliederung im Berufsleben

Weiterbildung Mitarbeitende

Der Schweizerische Blindenbund fördert und unterstützt Massnahmen im Bereich „Wiedereingliederung im Berufsalltag“. Wir wollen ab 2016 als kompetenter Partner in dieser Fragestellung wahrgenommen werden.

Der Schweizerische Blindenbund entwickelt und fördert die fachliche Kompetenz seiner Mitarbeitenden. Damit steht der Vorstand am Anfang von wichtigen Entscheidungen. Diese werden dann wirksam, wenn sie von allen mitgetragen werden; von jedem einzelnen Mitglied, von den Regionalgruppen und den Mitarbeitenden des Schweizerischen Blindenbundes.

Interessenvertretung Der Schweizerische Blindenbund vertritt die Interessen von Betroffenen in den entsprechenden Gremien gegenüber Institutionen, Behörden, Wirtschaft und Politik. Know-how-Transfer Die Vorstandsmitglieder erweitern ihr Wissen bezüglich der Inhalte der Referate, in denen sie Einsitz nehmen. Die Nachfolgeregelung des Co-Präsidiums wird bis zur DV 2017 festgelegt. Finanzhaushalt Der Schweizerische Blindenbund sorgt durch verschiedene Massnahmen für einen ausgeglichenen Finanzhaushalt. Das

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Informationen aus den Beratungsstellen Informationen aus den Beratungsstellen Die Beratungsstelle SICHTBAR Quelle: THUN

Beratungsstelle

Thun

ist

onieren. Zahlreiche Feedbacks zeigten bereits, dass man in dieser Region froh ist, nun endlich auch eine Beratungsstelle für Sehbehinderte und Blinde zu haben.

SICHTBAR

Wie bereits in der letzten Ausgabe des PUNKT. angekündigt, nahm die neue Beratungsstelle des Schweizerischen Blindenbundes – SICHTBAR THUN – am 1. Oktober 2015 ihre operative Tätigkeit auf. Im Vorfeld waren noch einige Vorbereitungen nötig. Es war eine intensive, vielseitige, spannende Zeit geprägt von Kreativität und gelebter Teamarbeit. An vieles musste gedacht und von Grund auf organisiert werden. Das Arbeitsgebiet war sehr breit: Handwerkliches Geschick, Muskelkraft, Troubleshooting und Improvisationsgeist waren ebenso gefragt wie Organisationstalent und Vorstellungsvermögen. So konnten wir Fachpersonen bereits in der Vorbereitungszeit unsere vielfältigen Talente unter Beweis stellen und als Team funktionieren. Sei dies beim Streichen der Garderobe, beim Bauen eines Tisches nach Mass oder beim Bohren von Löchern für die Montage des Eingangsschildes. Wir gaben unser Bestes, damit sich die künftigen Klientinnen und Klienten wohlfühlen und optimal beraten werden können. Wir sind motiviert und haben ein gemeinsames Ziel: SICHTBAR THUN im Berner Oberland gut zu etablieren und zu positi-

Die Beratungsstelle ist nun startklar! Was kommt als Nächstes? Natürlich die gemeinsame Arbeit mit den Klientinnen und Klienten aus dem Raum Thun, die sich durch eine wertschätzende Haltung und eine kompetente Beratung auszeichnet. Ebenso wichtig ist die Netz-

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Informationen aus den Regionalgruppen werkarbeit mit Augenärzten und -optikern, Organisationen und sozialen Einrichtungen im ganzen Berner Oberland. So freuen wir uns darauf, SICHTBAR zu sein, so dass unser vielseitiges Angebot umfangreich genutzt wird.

Informationen aus den Regionalgruppen Tag des Weissen Stockes – 15. Oktober 2015 Quelle: Ruth Zschokke, Vorstandsmitglied Regionalgruppe Nordwestschweiz Gemeinsam mit dem Aargauischen Fahrlehrerverband AFV hat die Regionalgruppe Nordwestschweiz RGN des Schweizerischen Blindenbundes einen besonderen Anlass zu diesem internationalen Gedenktag organisiert, der die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf die Probleme lenken soll, denen Sehbehinderte und Blinde im Verkehrsalltag begegnen. Unter dem Titel „Öffentlichkeitsarbeit“ wurde der Tag von der RGN organsiert. Den ersten trübnassen Herbsttag haben wir für unser Abenteuer „Blinde fahren Auto“ erwischt. Regenmäntel, Schirme und Kapuzenjacken werden montiert. Am Bahnhof Wohlen heisst Roger Wintsch, Vizepräsident des AFV die bunte Schar Sehbehinderter und Blinder mit ihren Begleitpersonen willkommen. Er und seine vier Fahrlehrerkollegen über-

nehmen die Taxifahrt bis zum Trainingsgelände. Nach kurzer Fahrt biegen wir auf den grossen Platz des „DRIVESWISS“ ein und betreten den Pavillon, wo uns Kaffee und Gipfeli erwarten. Nun werden die 15 Trainingswilligen in Dreiergruppen ausgelost und den fünf Fahrlehrern zugeteilt. Die Stimmung ist heiter, vielleicht sogar freudig erregt. Stimmen schwirren durcheinander. Eine kurze Vorstellungsrunde endet damit, dass alle ihren Namenszettel angeheftet bekommen. Jetzt kann es gleich losgehen. Die Fahrlehrer bringen ihre Autos vor dem Pavillon in Stellung. Noch eine kurze Diskussion, wer der drei Abenteuerlustigen zuerst am Steuer sitzen wird, klappen die Türen zu und zügig biegen die Fahrzeuge zu einem ersten Kurs im grossen Oval ein. Nach der Anfangskurve am Ende der Geraden passieren sie eine Verkehrsampel und kommen wieder in die Nähe des Pavillons zurück, wo mit rotweissen Kegeln oder Pylonen ein Slalom vorbereitet ist. Die auch für die Zuschauer hörbaren Funkkommentare der Fahrlehrer lassen erahnen, welche Fahrer gerade welche Aufgabe zu lösen haben. Jetzt biegt ein Auto in den Slalom ein: Erstaunlich, wie rasch und geschickt sich Sehbehinderte und Blinde durch den Parcours schlängeln. Bis zum Mittagessen haben alle drei Teilnehmenden im jeweiligen Auto die gestellten Aufgaben erledigt, und die Fahrzeuge kommen zum Pavillon zurück.

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Informationen aus den Regionalgruppen

Nebst der Konzentration blieb der Spass nicht auf der Strecke Inzwischen haben wir Begleitpersonen den Tisch zum Mittagessen gedeckt. Die Lenker kommen eifrig Erfahrungen austauschend und diskutierend in die Wärme zurück. „He, du warst aber schnell unterwegs!“ – „Du bist elegant durch den Slalom gesaust.“ – „Das mit den Pedalen ist schön schwierig!“ – „Eindrücklich, die Enge des Parcours. Auf der Piste in Ambri war mehr Platz.“ Die Kommentare schwirren munter durcheinander. Alle freuen sich auf das Mittagessen, das von der Fahrlehrercrew aufgetragen und serviert wird. Der Nachmittag entführt wieder alle auf den Parcours. Inzwischen ist ein Stück gewässert worden, so dass die Kräfte des Schleuderns erfahren werden können. Eine Vollbremsung und das anschliessende Ablaufen der Anhaltestrecke ist ein

eindrückliches Erlebnis. Mehrmals wird bei Tempo 30 km/h abrupt gestoppt. So wird spürbar, welchen Gefahren Kinder in Schul- und Wohnquartieren – auch bei einer niedrigen Geschwindigkeit – ausgesetzt sind. Ein lebendiger Anschauungsunterricht, worüber alle froh und dankbar sind, hilft es doch uns Sehbehinderten und Blinden auch, unser Verhalten anzupassen. Die Autos werden immer leiser, so dass ihr Herannahen nicht mehr akustisch einschätzbar ist. Wieder sind alle drei Insassen auch einmal Lenkerin oder Lenker. Nach einer Pause dürfen sich jene nochmals hinter das Steuer setzen, die sich besonders darüber gefreut haben oder die bisher nicht gefahren sind, um anderen den Vortritt zu lassen. Einige sind völlig begeistert

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Informationen aus den Regionalgruppen und können gar nicht genug Fahrerlebnisse bekommen. Zum Schluss versammelt Roger Wintsch nochmals alle im Pavillon. Er betont, wie wichtig die gemachten Erfahrungen für Sehbehinderte und Blinde sein können. Er selber hat auch für seine Auszubildenden wieder einiges gehört, worauf er aufmerksam machen kann. Er weist darauf hin, dass im nächsten Jahr in Zusammenarbeit mit dem Schweizerischen Blindenbund wieder ein solches Kurswochenende geplant ist, und zwar am 3. und 4. September 2016 in Ambri. Mit herzlichem Applaus danken wir Teilnehmenden Roger Wintsch und seinen Fahrlehrerkollegen für ihren grossen Einsatz und Reinhard Anliker vom Vorstand der RGN, der diesen Anlass für uns vorbereitet hat.

Die ganze Truppe beieinander

Exkurs: Zwei Fahrlehrer berichten Die Antennen Menschen

der

sehbehinderten

Quelle: Daniel Zünd, Fahrlehrer Bereits dreimal durfte ich an diesen Anlässen in Ambri mit Blinden und Sehbehinderten teilnehmen und dabei immer wieder tolle neue Erfahrungen sammeln. In diesem Jahr wurde ich von unserem Vizepräsidenten Roger Wintsch angefragt, ob ich wieder einmal Zeit und Lust hätte, mit Blinden zu fahren. Für mich ist das eine spannende Herausforderung, da ich im Organisationskomitee mitwirken durfte. Die mir per Los zugeteilten Personen Margit, Rainer und Remo haben alle, das Augenlicht komplett verloren oder sind seit Geburt blind. Nach kurzen Instruktionen – die Herrschaften hatten schon Fahrerfahrung – geht’s los und wir beginnen mit ersten Fahrübungen.

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Informationen aus den Regionalgruppen Oftmals werden wir rechts und links überholt. Ich kommuniziere den Nichtsehenden, was in unserem Umfeld passiert. Darauf folgt die Frage: „Warum werden wir immer überholt?“ Ich gebe zur Antwort: „Ich weiss auch nicht was ich falsch mache, aber für uns geht’s nicht schneller, da ich schon so ziemlich am Rudern bin!“ Einmal vor der Wiese und dann kurz vor der Leitplanke folgen meine Eingriffe.

Ein – ich denke für beide Seiten – erfahrungsreicher Tag geht zu Ende. Ich habe tolle Leute kennen lernen dürfen, es hat Spass gemacht mit Margit, Rainer, Remo und den anderen interessanten Involvierten zu arbeiten. Vielen Dank.

Eine spontane Geschichte Quelle: Astrid Meier, Fahrlehrerin

In einer Verschnaufpause höre ich, dass der eine Teilnehmer früher Bergrennen gefahren ist. Die anderen, kann ich feststellen, sehen noch etwas. Sie laufen ohne den weissen Stock und ohne Führhund sicher von A nach B. Nun habe ich die Antwort, warum uns fast alle überholen: die sehen noch, nicht wie diejenigen in „meinem Team“. Also habe ich heute den Joker gezogen, respektive ich bin am meisten gefordert. Während eines Fahrerwechsels tastet Remo meine Beschriftung auf dem Fahrzeug ab und sagt mir, was da steht. Nach einer Notbremsung mit anschliessendem Ablaufen der Bremsstrecke fragt mich Margit, als wir wieder beim Fahrzeug sind: „Wieso ist der Blinker eingeschaltet? Das habe ich nicht gemacht!“ Ich habe als Vorsichtsmassnahme vor dem Verlassen des Fahrzeugs den Pannenblinker eingeschaltet. Als ich Rainer zum Aufenthaltsraum führe, sagt er mir: „Du hinkst ein wenig rechts.“ Da denk ich mir einmal mehr, diese Sehbehinderten haben ja Antennen wie Ausserirdische.

Links – rechts Man stelle sich vor, das Sehen stellt 91% der eingesetzten Sinne beim Autofahren dar. Das bedeutet, dass ich als Instruktorin diesen Teil während der Fahrt artikulierend übernehmen muss. Mit vorangeschrittener Zeit wird auch der konzentrierteste Mensch müde und kann links und rechts verwechseln. Die Reaktion der Sehbehinderten kam jeweils sehr schnell auf mein Kommando folgend. Wenn die vor uns liegende Kurve nach links zeigte und ich fälschlicherweise nach rechts kommandierte, da sind 25 km/h plötzlich schnell und der Rand der Piste, eigentlich bereits die Wiese, ist in Windeseile erreicht! Der Tag mit den Sehbehinderten und Blinden war eine tolle Herausforderung und eine wertvolle Erfahrung für mich. Die Erkenntnis, wie wichtig es ist, haargenaue Anweisungen und Ziele zu formulieren, wurde mir an diesem Tag wieder bewusst. Die gemeinsame Zeit war von Lachen und Fröhlichkeit geprägt. Dafür liebe ich meine Arbeit.

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Informationen aus den Regionalgruppen Stadtführung der besonderen Art – 20. August 2015 Quelle: Heini Bächi, Selbsthilfegruppe Adler Um den freundlichen Peter Bonomo sammelt sich wie üblich eine Gruppe von knapp zwanzig Personen, die erwartungsvoll in die Geschichte und Gegenwart Winterthurs eintauchen wollen. Nur etwas ist dieses Mal anders, auch für den Führer des Tourismusbüros: Die Teilnehmer sind überwiegend sehbehindert bis vollblind. Bringt es denn etwas, vor dem Stadthaus zu stehen oder der einstigen Badeanstalt und von den Besonderheiten der Gebäude zu berichten? Das wollen wir herausfinden und schliessen uns ihnen darum an. Schon beim Bahnhof beginnt sich nach den ersten Sätzen Bonomos das Gesicht der Stadt zu verändern, das moderne Stadttor verschwindet, die „Bundeshauskuppel“ des Stationsgebäudes kommt wieder voll zur Geltung, keine Züge verkehren nach Zürich, denn wir sind im ersten Betriebsjahr 1853. Dampfloks fahren nur nach Osten und wir ziehen die Marktgasse hinauf. Je nach der geschilderten Zeitepoche verwandelt sich diese in eine Römerstrasse oder eine Gasse mit einem Bach für den Abfall, und schon bald haben wir den habsburgischen Teil verlassen und sind im kyburgischen Herzstück angelangt. Dort geraten wir in die Belagerung durch die Zürcher und freuen uns am Widerstandswillen der alten Winterthurer, während vom Eschenberg her drohend eine Riesenkanone auf uns zielt. Doch halt, es endet gut. Zur Entspannung

findet das Albanifest bei der Stadtkirche statt, und die Handwerker bauen unentwegt an all den schönen Gebäuden, von denen viele bis heute erhalten sind. Mit vielen bildreichen Worten und Anekdoten versteht es der Führer, die Höhepunkte unserer Stadtgeschichte so zu illustrieren, dass sie jedem Zuhörer lebendig vor dem Auge stehen, dem inneren natürlich. Und im Kopf sind wohl alle Menschen gleich: Sie „malen“ sich ihre Bilder mit viel Fantasie aus. Sei es das frühere Marktleben, die Badekuren im Mittelalter oder wie die ehemalige Knabenschule an der Stadthausstrasse funktionierte. Oder der Markttag, an dem die vielen Metzger im Einsatz waren. Die Gerüche im Oberen Graben passen gut zu den Schilderungen. Gab es damals auch schon Take-Aways und Kebabstände? Gegen den Schluss folgt ein akustisches Experiment: Wir stehen in einem Innenhof einer unbekannten Gasse und vernehmen fast nichts mehr vom Lärm der übrigen 110‘000 Einwohner unserer Stadt. Den Abschluss machen das kleinste Haus und die städtische Badeanstalt, wo sich unsere Vorfahren säuberten, als es noch kein Wasser in den Häusern gab. Wir verabschieden uns von unserem „Illustrator“, der nächste Woche wieder mit viel Herzblut eine neue Gruppe führen wird: Es sind Gehörlose. Während wir uns dem neuen Bahnhof nähern, fragt man sich, wie man in Gebärdensprache „Habsburger“ wohl darstellt. Egal, bei so viel Gastfreundlichkeit ist man gerne Tourist in Winterthur!

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Informationen aus den Regionalgruppen RGZ-Jahresausflug ins Verkehrshaus Luzern vom 12. September 2015 Quelle: Brigitte und Klaus Marthy, Mitglieder der Regionalgruppe Zürich Wir, Klaus und Brigitte, und drei Mitglieder wurden um 08.15 Uhr beim Bahnhof Pfäffikon SZ abgeholt. In der kurzen Wartezeit stellten wir uns gegenseitig vor: Es waren Maria aus Siebnen, Rita aus Richterswil, Markus aus Gais und wir von Glarus. Dann rollte der Bus an und wir stiegen ein. Kaum hatten wir Platz genommen, begrüsste uns Marco Melchior. Er stellte uns Martina und Daniel aus dem Vorstand vor. Unser Chauffeur hiess René Degen. Ihm möchte ich ein besonderes Kränzchen winden. Zuerst sagte er uns, dass wir über den Hirzel nach Luzern fahren und auf dem Heimweg über den Sattel, sodass wir nicht zweimal dieselbe Strecke fahren. Auf der ganzen Strecke erklärte er uns, welchen See man sieht, über welchen Fluss wir fahren und wie die nächste Stadt heisst. Als Blinder ist es schön, immer zu wissen, wo man sich genau befindet. Auf dem Parkplatz des Verkehrshauses angekommen, forderte uns Marco auf, auszusteigen. Im nahen Restaurant standen für uns Kaffee und Gipfeli bereit. Da wir schon einige Stunden unterwegs waren, freuten sich alle riesig. Marco erklärte, dass wir uns in zwei Gruppen aufteilen. Monica von Ehrenberg und Andy Huwyler würden uns anschliessend durch das Verkehrshaus führen.

Das Verkehrshaus wurde 1959 mit 12 Mitarbeitern eröffnet, heute sind es mehr als 200. Es ist an sieben Tagen in der Woche geöffnet und das meistbesuchte Museum der Schweiz. Hier reisen die Besucher zu fernen Galaxien, in eine unberührte Wildnis oder in die Geschichte der Mobilität. Mehr als 3‘000 Objekte auf über 20'000 m2 Ausstellungsfläche sind Zeugen einer bewegten Geschichte. Wir waren in der Gruppe von Monica. Kurz nach dem Eingang ins Museumsinnere sind wir an der Sonderausstellung „Wasser bewegt“ vorbeigekommen. In einem Wasserbecken in der Arena haben wir eine Gruppe von Kanufahrern, die einen Match mit einem Ball gespielt und einige auch das Nass gespürt haben, gesehen. Dann besichtigten wir zuerst die grossen Flugzeuge im Freien, z.B. ein Modell der Swissair mit alten Propellern. Nachher durchwanderten wir eine Halle mit den Maschinen der Flugpioniere. Das U-Boot Mésoscaphe „Auguste Piccard“ von Jacques Piccard war der Star der Landesausstellung 1964 in Lausanne. Jetzt erstrahlt es hier nach einer langjährigen äusserlichen Restauration wieder in neuem Glanz. Die „Rigi“, das älteste Dampfschiff auf dem Vierwaldstättersee, wurde von einem Holländer als Frachtschiff zwischen Luzern und Flüelen erbaut. Später bauten es die Urner zu einem Personenschiff um. Jetzt wird die „Rigi“ restauriert bis zum Jahr 2018. Auch bewunderten wir die Originale der Strassenverkehrstafeln, auf der einen Seite die Tafeln der Autobahnen (grün), auf der anderen diejenigen der Hauptstrassen (blau), und der Innerortsstrassen

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Informationen aus den Regionalgruppen (weiss). Wir staunten, dass die Tafeln für die Geschwindigkeit verschiedene Grössen hatten: klein für 50, mittel für 80 und gross für 120 km/h. Monica erklärte uns, wenn wir 120 km/h fahren, könnten wir die kleinen Tafeln wegen der hohen Geschwindigkeit nicht erkennen. Im Autotheater konnte der Besucher über dem Hochregalsortiment sein Lieblingsfahrzeug wählen und die Oldtimerautos, die er auf Wunsch abrufen konnte, und erst noch Probe fahren. Was wäre die Schweiz ohne Schienenverkehr? Wir berührten eine Schneeschleudermaschine, bestaunten die „Spanisch-Brötli-Bahn“ und den „Roten Pfeil“. Das Grösste für uns waren die alten Lokomotiven: der grosse, wuchtige Elefant und das legendäre Krokodil. Unsere Wanderung durch das Museum dauerte ganze zwei Stunden. Beide Gruppen waren wieder zusammen, und zum Schluss wurden wir zu einem Apéro in den obersten Stock eingeladen. Auf diesem Ausflug gab es keine Zufälle, alles war von A bis Z durchorganisiert. Ganz in der Nähe am See warteten wir geduldig, bis unser Schiff, die „Gotthard“, anlegte. Wir stiegen ein und nahmen an den reservierten Tischen Platz. Obwohl wir nach dem Apéro nicht schon wieder Hunger hatten, wurde das Mittagessen serviert. Leise und gemächlich glitt die „Gotthard“ über den See. Beim Ablegen in Brunnen und dem Einlenken auf den Urnersee meldete sich der Kapitän über den Lautsprecher: „Wegen dem Föhn bekommen

wir Wellengang. Jeder, der sich vom Stuhl erhebt und auf dem Schiff herumläuft, soll sich vermehrt in Acht nehmen.“ In Flüelen wartete René mit seinem Bus auf uns. Gut gelaunt stiegen wir ein, und er chauffierte den Car mit sicherer Hand durch die Tunnels der Axenstrasse und über den Sattel zurück nach Pfäffikon und Zürich. Der Ausflug war super und lehrreich! Danke!

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Hilfsmittel-News Hilfsmittel-News MyWay – eine App, die vieles ermöglicht und vereinfacht Quelle: Susanne Gasser, Vorstandsmitglied Hättest du gerne eine grössere Auswahl an Spazierrunden anstatt immer die zwei bis drei gleichen? Möchtest du nach einmaligem Routenerstellen mit einer Hilfsperson danach immer selbständig zu deinem neuen Friseur finden? Interessiert es dich, wo welche Sehenswürdigkeiten, Geschäfte, Restaurants sind? Wie die nächste Kreuzung heisst und wie weit sie noch weg ist? Welche Haltestellen/Bahnhöfe gibt es in der Nähe und wie kommst du dahin? Verpasst du immer wieder dieselbe Strassenkreuzung und möchtest dies ändern? Oder möchtest du gar über Felder und durch Wälder auf kleinsten Weglein wandern gehen? Falls du eine oder mehrere der Fragen mit Ja beantwortest, könnte MyWay etwas für dich sein. Denn dies alles und einiges mehr kann dir die App mitteilen. MyWay ist kein perfektes Hilfsmittel, doch in Kombination mit Stock und eventuell Hund wirklich eine grosse Hilfe!

Anstatt weniger Spazierrunden habe ich mittlerweile 50 an verschiedensten Orten, von kurzen Strecken bis zu stundenlangen Runden. Ich kann kombinieren und improvisieren, bin unterwegs, und es macht Spass, so frei zu sein. Immer mehr Routen sind auf dem MyWay-Server online zu finden und können von jedem Nutzer heruntergeladen und nachgewandert werden. Ferien im Solsana oder im IBZ? Einige Routen sind vorhanden, wie auch in anderen Regionen der Schweiz. Um MyWay nutzen zu können, benötigst du ein iPhone, gute Kenntnisse in dessen Handhabung und die App MyWay Classic vom SBV. Sie kostet CHF 15.00 und ist im App Store erhältlich. Fragen beantworte ich gerne: E-Mail [email protected] Weitere Details unter www.apfelschule.ch

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Webseite

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Kurse Kurse Kursprogramm 2016 Quelle: Kurse Vor einigen Wochen ist das Kursprogramm 2016 erschienen. Es enthält unter anderem die bewährten und beliebten Bewegungskurse, die beiden Schneeschuhtouren im Salwideli und auf dem Glaubenberg sowie die beiden Nordic Walking-Wochenenden in Landschlacht und Einsiedeln. Mit Freude haben wir wiederum neue Angebote für Sie organisiert – wir hoffen sehr, dass sie Ihnen entsprechen. Möchten Sie sich zur Abwechslung einmal im Januar ins IBZ begeben? Die Bewegungstage im Winter (S. 10) bieten Gelegenheit dazu. Warum nicht das Prättigau auf abwechslungsreichen Wanderwegen entdecken (S. 18) oder sich ein entspanntes Wochenende mit Massage und Gymnastik gönnen (S. 30)? Sport spricht Sie etwas weniger an, dafür umso mehr das kreative Arbeiten mit Ton, Wolle oder Seidentüchern zum Bemalen? Nehmen Sie teil an der Kreativwoche (S. 41) und lassen Sie Ihrer Fantasie freien Lauf. Sagt Ihnen die Basler Papiermühle etwas? Nein? Kommen Sie mit und lassen Sie sich am Kulturtag (S. 49) spannende Geschichten über Basel erzählen. Lernen Sie eine etwas weniger bekannte Seite dieser Stadt am Rhein kennen.

Sicherheit erlangen durch Erfahrung, und Gefahren im Strassenverkehr besser einschätzen lernen: Das sind unter anderem Ziele des Kurses Blinde fahren Auto (S. 57). In Ambri wird ein 2-tägiger Kurs zusammen mit dem Aargauer Fahrlehrer Verband stattfinden. Vielleicht haben Sie bereits Angebote entdeckt, für die Sie sich unbedingt anmelden möchten. Bei anderen sind Sie eventuell noch unentschlossen, benötigen weitere Details oder möchten sich speziell informieren. Fragen Sie uns, wir sind gerne für Sie da. Schweizerischer Blindenbund Kurse Tel. 031 380 10 70 E-Mail [email protected] www.blind.ch/kurse

Verlängerungsangebot der SBb-Kurse im IBZ Quelle: Internationales Blindenzentrum IBZ, Landschlacht Die Teilnahme an einem Bewegungskurs im IBZ Landschlacht verbessert nicht nur Ihre Fitness, sondern bringt Ihnen auch viele tolle Erlebnisse, Eindrücke und Begegnungen. Lassen Sie diese wunderschöne Zeit „nachwirken“, verlängern Sie Ihren Aufenthalt und setzen Sie die körperlichen Aktivitäten fort. Profitieren Sie von unserem exklusiven Angebot! Folgende Kursangebote des Schweizerischen Blindenbundes können Sie um drei Nächte verlängern.

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Kurse

Viele Gäste erfreuen sich am Hallenschwimmbad von 6.30 Uhr bis 21.00 Uhr Und das Beste: Sie bezahlen nur zwei Nächte, die dritte schenkt Ihnen das IBZ Landschlacht. • • • •

23.- 27.01.2016: SBb-Bewegungstage im Winter 20.- 24.04.2016: SBb-Bewegungstage im Frühling 20.- 22.05.2016: SBb-Nordic-Walking-Wochenende 24.- 28.09.2016: SBb-Bewegungstage im Herbst

Sie werden von Niki Städeli und Ursi Pletscher in dieser Zeit gewohnt kompetent betreut, erleben Aktivitäten wie Gymnastik, Wassergymnastik und Nordic Walking sowie leichte Wanderungen und geniessen die wohltuende Atmosphäre im IBZ Landschlacht. Bitte beachten Sie, dass es sich um ein massgeschneidertes

Angebot für eine kleine Gruppe handelt. Eine 1:1-Begleitung wie im Kurs ist nicht vorgesehen. Weitere Informationen zu Kosten und Anmeldung unter: IBZ Landschlacht Alte Landstrasse 265 8597 Landschlacht Tel. 071 694 61 61, E-Mail [email protected] www.ibzlandschlacht.ch

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Sozialpolitik Sozialpolitik Eidgenössische Wahlen 2015 Quelle: Roland Gossweiler, Delegierter des Vorstandes und Richi Weissen, Vorstandsmitglied „Die Schweiz rutscht nach rechts“ Diese Schlagzeile konnte man am 19. Oktober 2015 allenthalben lesen. Und tatsächlich ist die politische Landschaft der Schweiz nach den Wahlen von 2015 eine andere geworden. Zusammen mit der Lega und anderen kleinen Gruppierungen rechts aussen verfügen SVP und FDP neu über die absolute Mehrheit im Nationalrat. Die SVP konnte sich am 18. Oktober 2015 ganz klar als stärkste Partei positionieren. Auch die FDP hat seit den letzten Wahlen wieder zugelegt. Verlierer waren die Mitteparteien BDP, GLP und CVP sowie die Grünen. Die SP konnte ihren Wähleranteil knapp halten.

fremden Richtern, die Angst vor einer offenen Schweiz geschürt. Der „Rechtsrutsch“ dürfte daher in gesellschaftlichen Fragen eine Realität sein, nicht aber in sozialpolitischen und wirtschaftlichen. Das am 21. Oktober 2015 vorgestellte Sparprogramm des Bundesrats setzt die Prioritäten falsch und gibt einen Vorgeschmack darauf, wohin der Weg in den nächsten Jahren führen könnte. Rund 2,8 Milliarden Franken will der Bundesrat in den nächsten drei Jahren einsparen. Über die Hälfte davon, mehr als 1,5 Milliarden, auf Kosten der Jungen und der wirtschaftlich Schwachen. Denn die internationale Zusammenarbeit, die Bildung und der Sozialbereich sind am stärksten betroffen.

Viele der abgewählten Nationalrätinnen und Nationalräte waren uns wohlgesinnt und unterstützten uns. Auf diese müssen wir künftig verzichten. Rein rechnerisch besteht die Möglichkeit, dass alle Geschäfte im Nationalrat im Sinne der Rechtsparteien verabschiedet werden.

Wir müssen uns rasch auf die veränderte politische Ausgangslage einstellen Neben der Umweltpolitik gehört sicherlich auch die Sozial- und Behindertenpolitik zu den Verlierern dieser Wahlen. Das wiegt umso schwerer, weil in der kommenden Legislatur wichtige Reformen anstehen, wie die nächste IVG-Revision, die Altersreform 2020, aber auch die Revision des ELG und andere für behinderte Menschen wirksame Reformen.

Dass im Nationalrat in den sozial- und arbeitnehmerpolitischen Fragen die Arbeitgeberpositionen gestärkt wurden, dürfte aber nicht Ausdruck des „Volkswillens“ sein. Die SVP hat es verstanden, die Verunsicherungen in der Bevölkerung in Bezug auf gesellschaftliche Entwicklungen für sich zu nutzen. Sie hat gekonnt die Angst vor Flüchtlingen, die Angst vor

Bei der Altersvorsorge hat der Ständerat mit der Stärkung der AHV bzw. der Erhöhung der AHV-Renten um 70 Franken einen wichtigen, überfälligen Schritt gemacht. In der Bevölkerung wurde dieser Entscheid mehrheitlich positiv aufgenommen – weil die AHV-Renten gegenüber den Löhnen in Rückstand und die Pensionskassenrenten unter Druck gera-

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Sozialpolitik ten sind. Insbesondere folgte die kleine Kammer in der letzten Herbstsession der Vorgabe, dass es eigentlich zu keiner Rentenkürzung kommen sollte. Der neue, nach rechts gerutschte Nationalrat dürfte unter Führung der SVP und der FDP damit seine Mühe haben und versuchen, die Reform im Sinne der Wirtschaft zu entschlacken. Auch alle anderen Reformen und Revisionen werden die eingeleitete Sparpolitik von SVP und FDP zu spüren bekommen. Die neue Legislatur wird ausgesprochen anspruchsvoll. Einerseits wegen den anstehenden Geschäften, andererseits weil der Nationalrat in arbeitnehmer- und sozialpolitischen Fragen nicht repräsentativ zusammengesetzt ist. Dem Ständerat, aber auch dem Bundesrat kommt in dieser Situation eine besondere Bedeutung zu. In diesem Umfeld braucht es von Seiten der behinderten Menschen präzise, strategische Überlegungen, mit welchen Akteuren politische Mehrheiten zu finden sind. Denn es ist klar, dass wir die Stimmen für unsere Sache vor allem in der CVP aber auch in der FDP abholen müssen. Grosser Rechtsrutsch wiederholt sich im Ständerat nicht Parteipolitisch sind die Veränderungen im Ständerat viel kleiner als im Nationalrat ausgefallen. Die grosse Überraschung blieb aus, und das ist gut so. Obwohl die Rechtsbürgerlichen (SVP, FDP) mit zwei neuen Sitzen auf neu 19 Sitze kommen, können sie die Mehrheit der Mitte zusammen mit den Linken mit insgesamt 27 Sitzen nicht gefährden. Da-

bei ist zu berücksichtigen, dass gleich zwei GLP-VertreterInnen, die oft ein offenes Ohr für unsere Sache hatten, nicht mehr für eine Wiederwahl zur Verfügung standen. Bei den Ständeratswahlen spielt die Parteizugehörigkeit eine viel kleinere Rolle als im Nationalrat. Es geht nicht in erster Linie um links oder rechts, sind doch in der kleinen Kammer vor allem politische Persönlichkeiten gefragt, die bei anstehenden Sachfragen kompromissfähiger sind. Umso schmerzlicher ist es, dass ausgerechnet Luc Recordon von den Grünen als selbst Betroffener nicht mehr wiedergewählt wurde und sein Mandat der FDP abgeben musste. Erhob er doch oft seine eigenständige Stimme zu Behindertenfragen. Die SVP blies wieder zum Angriff – ohne Erfolg! Wie sehr es bei Ständeratswahlen auf die einzelne Kandidatin oder den einzelnen Kandidaten ankommt, zeigen die beiden Beispiele aus den Kantonen Freiburg und St. Gallen. Die Freiburger hielten an ihrer bewährten „Zauberformel“ fest und schicken wie bisher je einen Vertreter der CVP und der SP in die kleine Kammer nach Bern, obwohl die SVP zur wählerstärksten Partei im Kanton avancierte. Dies ist bemerkenswert, da sich Urs Schwaller als CVPSchwergewicht aus der nationalen Politik zurückgezogen hat. Der allseits bekannte SP-Präsident Christian Levrat konnte den nicht minder bekannten SVP-Nationalrat

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Interviews und Porträts und Präsident des Schweizerischen Gewerbeverbandes Jean-François Rime mit seinem Wahlergebnis weit hinter sich lassen. Auch der Angriff des Rorschacher Stadtpräsidenten und von der CVP zur SVP gewechselten Nationalrat Thomas Müller auf das Polit-Urgestein der SP Paul Rechsteiner schlug nicht nur in der Stadt Rorschach fehl. Rechsteiner konnte 58% der St. Galler Wahlbevölkerung auf sich vereinigen. Dies bedeutet, dass Rechsteiner nicht nur in der politischen Mitte, sondern weit ins rechtsbürgerliche Lager hinein geschätzt wird und auch gewählt wurde. Korrekturpotential des Ständerates nutzen Wenn wir, das gesamte Behindertenwesen, unsere Anliegen stark, geeint und überzeugend vertreten, müssen wir das durch das Wahlergebnis im Ständerat entstandene Korrekturpotential zum Nationalrat nutzen. Wichtig dabei ist, dass wir einzelne Exponenten des Ständerates ungeachtet ihrer Parteizugehörigkeit über unsere Anliegen informieren und für unsere Sache werben. Dies ist umso wichtiger, als sich die Zusammensetzung des künftigen Bundesrates wesentlich ändern wird. Denn seit den Wahlen scheint auch in der politischen Mitte der zweite SVP-Bundesratssitz nicht mehr bestritten zu sein. Eine starke Stimme für eine soziale Schweiz Gerade weil die Konstellation schwieriger und anspruchsvoller geworden ist, müssen wir die Kräfte bündeln und dürfen uns

nicht auseinanderdividieren lassen. Wir erinnern uns gerne an die Diskussionen rund um die IVG-Revision 6b, in der die Behinderten gemeinsam Stärke gezeigt haben. Hier haben die Behinderten gezeigt, dass mit ihnen zu rechnen ist. In der kommenden Legislatur haben wir einiges zu verlieren. Hier braucht es ein grosses Stück Überzeugungsarbeit. Der Schweizerische Blindenbund ist bereit, zusammen mit anderen Organisationen im Behindertenbereich diese Herausforderung anzunehmen.

Interviews und Porträts Vier Jahre PUNKT. – Ein Rückblick auf 18 Ausgaben Quelle: Jvano Del Degan und Irene Schlatter, Redaktionsmitglieder Wir blicken zurück auf vier Jahre PUNKT. Es bietet sich also die Gelegenheit, die Verantwortliche für die Redaktion, Carola Woidicke, vor ihrem Weggang beim Schweizerischen Blindenbund zu ihren Erfahrungen zu befragen. Vor vier Jahren hast du den Auftrag erhalten, aus dem Mitteilungsblatt eine Zeitschrift mit fachlichem Inhalt zu entwickeln. Was war damals die Herausforderung für dich? Carola Woidicke (CW): Die grösste Herausforderung war diejenige, Fachpersonen als Autoren für Fachartikel zu finden. Einerseits unter den Fachpersonen in unseren Beratungsstellen, andererseits

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Interviews und Porträts auch externe. Zu schreiben ist nicht jedermanns Sache. Es ging auch darum, Personen zum Schreiben zu motivieren und ihnen die nötige Unterstützung zu bieten. Die Festlegung eines Schwerpunktthemas für die nächste Ausgabe war auch immer eine Herausforderung. Die Redaktion wollte den Lesern spannende und abwechslungsreiche Ausgaben bieten und mit dem jeweiligen Schwerpunktthema jedoch trotzdem zeitaktuell bleiben.

Welcher Beitrag hat dich am meisten beeindruckt?

Der PUNKT. ist jetzt in seinem fünften Jahr. Welches waren deines Erachtens die Highlights?

CW: Es gab viele. Aber das emotionalste Interview war wohl das mit Gilbert Mächler, der kurz danach verstorben ist.

CW: Highlights waren für mich sicherlich Beiträge über bekannte Personen wie Philippe Berthoud, Monika Stocker, Gerd Bingemann oder auch Kurt Aeschbacher. Aber am meisten gefreut habe ich mich über die Beiträge aus unseren Kreisen, sei dies von den Arbeitskollegen an der Front, also in den Beratungsstellen, von den Regionalgruppen, aber auch von Richi Weissen, unserem Vorstands- und Redaktionsmitglied, welchen ich hier speziell erwähnen möchte, weil er selbst neben all seinen Engagements immer tatkräftig dabei war und sich Zeit fürs Schreiben und Redigieren von Texten genommen hat.

Wie hat sich der PUNKT. seit der ersten Ausgabe verändert?

CW: Es gab viele beeindruckende Beiträge. Am meisten fasziniert hat mich der Beitrag über Saliya Kahawatte, der sich ohne weissen Stock in der Grossstadt Hamburg zurechtfindet und ein echter Lebenskünstler ist. Welches war dein emotionalstes Interview?

CW: Der PUNKT. hat sich definitiv weiterentwickelt. Wenn man bedenkt, wie viele externe Organisationen und Interessierte mittlerweile im PUNKT. Beiträge veröffentlichen wollen, ist für mich klar ersichtlich, dass es sich beim PUNKT. um eine Plattform handelt, die im Sehbehindertenwesen einen Platz gefunden hat. Ich finde es wichtig, dass diese Plattform vor allem erhalten bleibt aber auch weiter ausgebaut wird. Verändert hat sich der PUNKT. auch im Layout und wird seit zwei Jahren extern gedruckt.

Gab es auch unangenehme Situationen? CW: Besonders unangenehm war es, wenn ich einem Autor mitteilen musste, dass sein Beitrag nicht veröffentlicht oder auf eine spätere Ausgabe verschoben wurde.

Eines ist aber über all die Jahre geblieben: Die grosse Freude über die rechtzeitige Fertigstellung des PUNKT. und das erste Exemplar der neuen Ausgabe endlich in der Hand zu halten.

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Dies und Das Dies und Das Faktoren für ein gelingendes Altern mit einer Sehbehinderung – eine neue Studie nimmt sich dieses Themas an Quelle: Alexander Seifert, diplomierter Sozialpädagoge FH, Zentrum für Gerontologie der Universität Zürich Eine Sehbehinderung im Alter zu erfahren, ist nicht nur ein wissenschaftlich relevanter Forschungsgegenstand für die Medizin, Gerontologie, Heilpädagogik, Rehabilitationspädagogik, Soziale Arbeit und andere Disziplinen, sondern auch – im Kontext mit dem demografischen Wandel – ein gesellschaftlich bedeutsames Thema. Wie eine erste Studie des Schweizerischen Zentralvereins für das Blindenwesen SZB und des Zentrums für Gerontologie der Universität Zürich zeigen konnte(siehe Beitrag im PUNKT 3/2014), erleben ältere Menschen, die erst im Alter ihre Sehkraft sukzessive verlieren, im täglichen Leben vielfältige Beeinträchtigungen und Hindernisse. Diese Hürden können die Lebensqualität der betroffenen Personen beeinträchtigen und im Extremfall auch zu einer sozialen Isolation führen. Bei der ersten qualitativen Studie konnten Zusammenhänge zwischen der Sehbehinderung und dem psychologischen Wohlbefinden, der subjektiven Lebensqualität, der individuellen Verhaltenskompetenz und der objektiven Lebenssituation aufgezeigt werden (siehe Spring/Seifert/Schelling 2014). Der Vergleich innerhalb der Studie zwischen frühund spätsehbehinderten Personen mach-

te deutlich, dass hier unterschiedliche Bedürfnisse und Ressourcen vorhanden sind. Diese wiederum sollten auch für eine zielgruppenorientierte Beratungsarbeit berücksichtigt werden. Die Ergebnisse der ersten Studie beleuchten das umfangreiche Thema der Sehbehinderung im Alter nur teilweise, weshalb bereits damals eine Folgestudie vonseiten des SZB und des Zentrums für Gerontologie vorgeschlagen wurde. Das Thema trifft dabei nicht nur in der Forschungsgemeinde auf Interesse, sondern auch in der öffentlichen Debatte. Um die bisherigen Erkenntnisse weiter zu vertiefen, initiierten der SZB und das Zentrum für Gerontologie eine Folgestudie mit dem Arbeitstitel „Faktoren für ein erfolgreiches Altern mit einer Sehbehinderung“. Hierbei soll der Fokus vor allem auf Personen gerichtet werden, die erst mit dem Alter eine Sehbehinderung erfahren. Für die Folgestudie konnte in der Westschweiz die Haute école spécialisée de Suisse occidentale (HES-SO) in Lausanne (Herr Prof. Dr. Nicolas Kühne, Fachbereich Ergotherapie) gewonnen werden. Im Projekt geht es vorwiegend um Lösungsansätze und Handlungsempfehlungen für Personen, die erst im Alter eine Sehbehinderung erfahren. Eine Schwerhörigkeit ist bei einem grossen Teil dieser Personen eine Realität, die sich ebenfalls auf die Lebensqualität auswirkt und daher mitberücksichtigt wird. Aufgrund der allgemeinen und individuellen Bewältigungsgeschichten der betroffenen Personen sollen wichtige Faktoren für eine erfolgreiche Bewältigung herausgearbeitet und in einem theoretischen Modell sys-

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Dies und Das tematisiert dargestellt werden. Die Erarbeitung dieses Modells stützt sich dabei nicht nur auf die Literaturarbeit und Befragung von betroffenen Personen, sondern auch auf die Durchführung von Workshops mit Experten unter anderem aus der medizinischen, rehabilitativen und sozialen Seh-/Hörbehindertenarbeit. Darüber hinaus sollen gerontologische Ansätze erarbeitet und in die Rehabilitations-, heilpädagogische und soziale Arbeit innerhalb der Sehbehinderten- und Hörbehindertenarbeit eingebracht werden. Dabei soll auch der offene Wissensaustausch zwischen den Disziplinen und Fachorganisationen gefördert werden, um somit nicht nur gerontologisches Wissen in die Sehbehindertenarbeit einfliessen zu lassen, sondern auch behinderungsspezifisches Wissen in die praktische (Beratungs-)Arbeit mit älteren Menschen z. B. bei Seniorenorganisationen oder ambulanten und stationären Alterspflegeeinrichtungen. Das geplante Projekt verfolgt dabei drei Hauptziele: 1. Weitere Systematisierung der bisherigen Erkenntnisse zur Lebenssituation und -bewältigung von Spätsehbehinderten und Erarbeitung eines theorie- und empirisch gestützten Modells zur Ressourcennutzung als Bewältigungsstrategie. 2.

Für 2016 ist eine repräsentative schweizweite Befragungsstudie bei Personen ab 70 Jahren geplant, um einen epidemiologischen Trend abzuzeichnen und um das erarbeitete Modell bei betroffenen Menschen

zu testen und anschliessend zu modifizieren. 3.

Abgeleitet vom konzipierten Modell und den Erfahrungen der Befragungen sollen Grundlagen und Empfehlungen für die Praxis erarbeitet und Kernpunkte einer gerontologisch fundierten Seh-/Hörbehindertenarbeit benannt werden.

Das Projekt ist Anfang 2015 gestartet und soll sich bis Anfang 2017 erstrecken. Mit ersten Ergebnissen ist Anfang 2016 zu rechnen (geplant in der PUNKT-Ausgabe 1/2016). Publikation zur Vorstudie: SZB-Publikation: Spring/Seifert/Schelling (2014): „Sehbehinderung im Alter – komplex und vielfältig“, Zürich: SZB. Bestellbar beim SZB (www.szb.ch) Informationen zum Projekt: www.zfg.uzh.ch oder Alexander Seifert Zentrum für Gerontologie der Universität Zürich Sumatrastrasse 30 8006 Zürich E-Mail: [email protected]

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Dies und Das SöV – was bedeutet das? Quelle: Im Auftrag der CHFachkommission SöV, Zoran Georgiev Kurzporträt Zuerst stelle ich die Schweizerische Fachkommission „Sehbehinderte im öffentlichen Verkehr“ (SöV) kurz vor: Diese setzt sich einerseits aus betroffenen öVNutzern (sehbehinderte und blinde Menschen sowie Führhundehalter) und andererseits aus Fachspezialisten der Bereiche O+M sowie Low Vision zusammen. Ergänzt werden wir durch einen Vertreter von Integration Handicap aus dem Bereich „öV-Technik“ und einen erfahrenen Mitarbeiter der ehemaligen Fachstelle BöV. Dieses Gremium arbeitet mit Anbietern von öV-Dienstleistungen, Herstellern von Rollmaterial, Displays etc. und Behörden zusammen, wenn es um die Durchsetzung des Behindertengleichstellungsgesetzes in seinen öV-Facetten geht – insbesondere bei Beratungen oder gar Begleitungen von wegweisenden öVProjekten wie Neuanschaffungen, Renovationen (Refits u.a. Optimierungen), öVKonzepte und Bahnhofs(um)bauten, wobei bezüglich Letzterem eng mit der Schweiz. Fachstelle für hindernisfreies Bauen kooperiert wird. Zudem arbeiten Mitglieder unserer Kommission in anderen Gremien wie dem SBBBehindertenbeirat mit all seinen Facharbeitsgruppen und in der Schweiz. Fachkommission für sehbehinderten- und blindengerechtes Bauen mit. Aufgrund unserer Informationen, Vernetzungen und Erfahrungen nehmen wir eine Schnittstellenfunktion wahr – dies als Anlaufstelle gegenüber dem Blinden- und Behinder-

tenwesen und als kompetente Ansprechpartner nach aussen. Billettautomaten mit menschlicher Sprachausgabe Mit einem Projekt, in welchem die SöV eine entscheidende Rolle spielt, haben schon einige Bahnreisende mit Sehbehinderung Bekanntschaft gemacht: Es betrifft die Nachrüstung von Ticketautomaten der SBB und des ZVV mit einem taktil-visuellen Nummernschild. Dieses befindet sich unabhängig vom Automatentyp jeweils an der Oberkante des Displays und enthält eine Telefonnummer sowie eine Automaten-ID in Reliefschrift. Ruft man per Handy diese Gratisnummer an (0800 11 44 77) und gibt die ID des gerade benötigten Automaten durch, kann der Automat vom SBB Call Center Handicap aus identifiziert und per Fernzugriff gesteuert werden, was den Bezug von Tickets und anderen Dienstleistungen vor Ort ermöglicht. So kann die Bedienung des Touchscreens umgangen werden, und der Zugang zum Kauf von Billette ist gewährleistet. Bezahlt wird bar, per EC-, Post- oder Kreditkarte direkt am Automaten, welcher sodann das gewünschte Billette ausdruckt – im Telefongespräch mit dem Call Center-Personal findet man die entsprechenden Stellen am Automaten. Sehbehindertengerechte Beschriftung der Billettautomaten Aufgrund der variierenden Platzverhältnisse auf den verschiedenen auszurüstenden Automatentypen sowie gestützt auf die aktuelle Gesetzgebung und den Grundsatz der Verhältnismässigkeit haben wir uns für die Reliefschrift entschie-

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Dies und Das den – eine gut sicht- und tastbare Schrift mit kontrastreichem Hintergrund, wie unsere im Zuge der Entwicklung durchgeführten Tests gezeigt haben. Im Vergleich zu blindenschriftkompetenten Bahnkunden können damit zahlenmässig mehr sehbehinderte Automatenbenützer erreicht werden. Da zudem bereits die erprobte Alternative des Kaufs eines Tickets per Telefon gegen Rechnung oder via SmartPhone existiert, haben wir auf eine gesonderte Beschriftung in Braille verzichtet. Der Umrüstungsprozess sollte bei den SBB bis Mitte 2016 beendet sein, beim ZVV läuft gegenwärtig die Ausschreibung und Beschaffung der Schilder. Uns war bewusst, dass dieser Entscheid zu Diskussionen führen könnte und wir waren/sind bereit, unseren Standpunkt zu erklären. Doch nun sehen wir uns mit einer ohne jegliche Absprache durchgeführten Selbsthilfeaktion konfrontiert, welche die Automatenbetreiber verunsichert und die SöV verärgert, weil mit dem Versuch der kurzfristigen Verbesserung zugunsten einer bestimmten Benutzergruppe die Arbeit eines legitimierten Gremiums untergraben und diskreditiert wird. Solche eigenmächtigen Aktionen schaden nicht nur einzelnen Gremien und deren Zusammenarbeitsklima, sondern dem Ruf des ganzen Blindenwesens – lassen sie uns nach aussen hin doch nicht mehr als seriöse Partner erscheinen. Problemlösungen können erfahrungsgemäss jedoch nur über ernsthaft geführte Dialoge und das Durchsetzen von (vermuteten) Rechtsansprüchen über den Instanzenweg erreicht werden, jedoch nicht über „Vandalismus“. Das Bekleben von Automaten mit selbstgeprägten Braillestreifen

ist der direkte Weg aufs Abstellgleis. Deshalb bitten wir unzufriedene und auch ideenreiche Bahnkunden mit Sehbehinderung, sich mit ihren Inputs an ihnen persönlich bekannte SöV-Mitglieder (siehe unten) bzw. an ihre Selbsthilfeorganisation zu wenden, welche die nötigen Kontakte zu ihren SöV-Vertretungen vermittelt. Über diesen Weg können zudem auch Doppelspurigkeiten vermieden werden, da unsere Anliegen gebündelt angebracht und über extra eingerichtete Kanäle diskutiert werden können. Notabene kann auch unser Partner kontaktiert werden, wenn es um Einzelfälle geht (d. h. einen bestimmten Automaten, eine Fehlfunktion etc.): SBB Call Center Handicap Spitalweg 19 3902 Brig-Glis Gratisnummer rund um die Uhr: 0800 11 44 77 E-Mail: [email protected] Kontakt: Zoran Georgiev Tel. 079 313 53 53 E-Mail [email protected]

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Dies und Das Prag-Reise aus Sicht einer sehbehinderten Frau Quelle: Irma Rösch, Mitglied der Regionalgruppe Zürich RGZ Zusammen mit 18 Sehbehinderten und Blinden und deren Begleiterinnen und Begleitern unternahm ich eine Carreise nach Prag. Früh am Morgen bestiegen wir in Lugano den Bus und reisten via Tenero, Locarno und über den St. Bernardino-Pass zur Autobahnraststätte Heidiland zum ersten Kaffeehalt. Um diese Zeit waren die meisten noch sehr ruhig und holten den versäumten Schlaf nach. Auf meine Frage betreffend der vielen hellen Flecken, die ich während der Fahrt wahrnahm, erklärte mir mein Begleiter, dass es sich dabei um Schnee handle. Nach dem Kaffeehalt wurde es lauter im Bus. Langsam wurde die Gruppe richtig wach und ich hörte verschiedene Stimmen heraus, welche ich kannte. Ich bekam einen Eindruck davon, wer alles in den nächsten fünf Tagen in dieser Gruppe zusammen sein würde. Nun ging es nach München. Die eher eintönige Fahrt auf der Autobahn benutzte ich dazu, ein wenig in meinem Hörbuch zu lesen. Kurz vor München habe ich mich wieder dem Blick aus dem Fenster gewidmet. Die verschiedenen Gebäude der Firma Mercedes habe ich als rechteckige und runde grosse Schatten wahrgenommen. In der Stadt München beeindruckten mich die vielen Parkanlagen und die kunstvolle Architektur, die mir von

meiner Begleitung beschrieben wurden. Alles kam mir weitläufiger vor als bei uns in der Schweiz. Nach dem Mittagessen ging es gleich weiter. Einige machten den Mittagsschlaf, andere führten Gespräche und ich genoss mein Hörbuch weiter. In Ungarn ging es durch weite Ebenen mit grossen Getreidefeldern und vorbei an kleinen Dörfern, bis wir abends in Prag an der schönen Moldau ankamen. Unser Hotel befand sich im Altstadtring, wo wir nur zu Fuss hinkamen. Das Gepäck wurde vom Hotelbus abgeholt, und wir genossen den kurzen Spaziergang über die Moldau. Das Nachtessen erhielten wir in einem hohen Kellergebäude serviert. Beim Zahlen kam eine Besonderheit der Tschechischen Republik zu Tage: Sie ist in der EU, aber wir mussten Geld wechseln! Danach zogen meine beiden Begleitpersonen und ich noch ein wenig um die Häuser und fanden die Karlsbrücke. Das bunte Lichterband der Brücke, das ich mit meinem Sehrest wahrnehmen konnte, vermittelte mir einen Eindruck von der Breite der Moldau. In der Dunkelheit entdeckte ich eine Art helle Wolke oder Insel. Meine Begleitperson erklärte mir, dass es sich hierbei um die erleuchtete Prager Burg mit dem dazugehörigen Quartier handle. Die von Karl V. erbaute gotische Brücke war voller Leben. Ein Strassenmusikant spielte auf einer Glasorgel mein Lieblingslied Ave Maria. Solche Momente sind einfach wunderschön! Am Morgen ging es mit der Reiseführerin in die Altstadt. Als erstes merkte ich, dass

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Dies und Das ich meinen Blindenstock sehr gut gebrauchen konnte, um die Unebenheiten und die Stufen in diversen Höhen zu spüren. So war das Führen für meine Begleiterin viel einfacher. Sie musste mich nicht auf jedes kleinste Hindernis aufmerksam machen. Ansonsten war der Blindenstock nicht sehr nützlich, da die meisten Strassen aus viereckigen Pflastersteinen oder Mosaiken bestehen und recht uneben sind. Auf dem Marktplatz standen wir plötzlich vor einer grossen Kirche, die wunderschön von der Sonne beschienen wurde. Ich konzentrierte mich und erinnerte mich an eine Zeichnung mit einem Zauberschloss mit zwei grossen Türmen und all den kleinen Türmchen. Dann nahm meine Nase Pferdegeruch wahr, und keine zehn Sekunden später sagte Donato: „Irma, etwas nach rechts, da kommt eine Pferdekutsche, welche das Hochzeitspaar aus der Kirche abholen will.“ Kurz vor 11.00 Uhr füllte sich der Platz, und alle wollten das Glockenspiel hören und sehen. Unten drehte sich ein Kreis, wo die Astronomische Uhr angezeigt wird; oben gingen die Zeiger auf 11.00 Uhr und alle riefen „Ah“ und „Oh“ und Conni erklärte, dass Figuren aus Stein oder Marmor oberhalb des Zifferblattes herauskamen: die 12 Apostel. Die Glocke schlug 11.00 Uhr, und ganz oben auf dem Turm spielte ein Trompeter eine schöne Melodie. Für uns ging es nun zum Mittagessen. Die Prager Küche ist irgendetwas zwischen der österreichischen und ungarischen. Sie ist vor allem sehr reich an Fett. Meiner Meinung nach sollte man den

Wein sein lassen, denn da hat es so gute Biere wie das Pils! Am Nachmittag flanierten wir durch die Altstadt und bewunderten die vielen Souvenirs aber vor allem die wunderschönen Swarovski-Läden. Nach dem Abendessen ging es wieder auf die Karlsbrücke mit Conni und Donato, um diese tolle Stimmung zu geniessen. Zum Abschluss des Abends genossen wir einen köstlichen Kaffee (er war fast so gut wie in Italien). Am Samstagmorgen wartete ein Schiff auf uns. Jeder Tourist muss doch Prag auch von der Moldau aus gesehen haben! Ich habe der Reiseführerin aufmerksam zugehört und kann behaupten, dass ich den Turm auf der Karlsbrücke, die Burg sowie den Kirchturm der St. Niklauskirche (wo schon Mozart die Orgel spielte) auf meine Art gesehen habe. Dann fuhren wir mit dem Bus zur Burg auf dem grünen Burghügel. Oben flanierten wir durch recht breite Strassen, wo links und rechts die Residenzen der Heiligkeit und der Noblesse von früher stehen. Etwas ist mir in Prag aufgefallen: Wenn da eine Schule, eine Uni oder ein Museum entsteht, wird nicht ein neues Gebäude gebaut. Sie nehmen diese wunderschönen alten Gebäude oder Kirchen. Darum ist Prag eine wunderschöne Stadt mit alter Architektur in Gotik und Barock. Langsam näherten wir uns dem Platz vor der Burg, wo mir die wunderbare Aussicht auf die anderen Teile von Prag eindrücklich beschrieben wurde. Beim Burgeingang standen zwei Wächter, welche vermutlich in London entführt wurden: genauso stramm und ohne ein Lächeln. Einige Me-

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Dies und Das ter weiter und wir standen vor dem St. Veitsdom. Ich bewunderte die Stuckaturen, die ich an der Mauer ertasten konnte. Der Dombau wurde im gotischen Stil begonnen und im Jahre 1928 fertiggestellt. Das ist ein typisches Beispiel von Prag. Nichts wurde demoliert. Es wurde am Vorhandenen im neuen Stil weitergebaut. Weiter ging es durch engere Strassen vorbei an den Gebäuden der verarmten Noblesse-Damen. Da haben diverse Adelsherren sich ihrer Damen entledigt um vermutlich jüngeres Blut neben sich zu haben! Schon war das Mittagessen in einem Klostergebäude angesagt. Der Verdauungsspaziergang führte uns durch blühende Pärke und an vielen bunt bemalten Häusern vorbei in das Goldene Gässchen, wo im Haus 22 auch Kafka wohnte. Am Sonntagmorgen spazierten wir Richtung jüdisches Quartier. Ich war echt geschockt, als die Reiseführerin sagte, dass die Gebäude den Zweiten Weltkrieg überlebt haben, weil Hitler aus diesem „Ghetto” ein Museum der ausgestorbenen Rasse machen wollte. Aus einer Synagoge wurde ein Museum, in dem unter anderem auch viele Gegenstände aus dem Konzentrationslager Theresienstadt zu sehen sind. In einem Saal konnte man Briefe und Zeichnungen von Kindern sehen. Als die Reiseführerin einen Brief vorlesen wollte, konnte sie vor Mitleid und Trauer nach dem dritten Satz nicht mehr sprechen. Wir gingen alle still und in Gedanken versunken aus diesem Raum. Der jüdische Friedhof wurde im 15. Jahrhundert angelegt. Auf den Gräbern gibt

es keine Blumen. Man legt Steine – aus dem Garten oder dem Haus des Toten – auf sein Grab anstelle von Blumen. Nach dem Mittagessen ging es auf der Autobahn zurück nach München. Man kann ja München nicht verlassen, ohne in einem Bierkeller gewesen zu sein! Der Augustinerkeller hatte in einem seiner grossen Räume an diesem Tag viele Tessiner Lieder gehört. An einem Tisch sassen fünf echte Münchner. Ich hörte es am Dialekt. Sie sagten mir, dass sie schon lange nicht mehr einen so stimmungsvollen Abend gehabt und sich nie gedacht hätten, dass Blinde ein so aufgestellter Haufen sein können! Am anderen Tag konnten wir bei einer Stadtrundfahrt München kennen lernen. München ist eine wunderbare Stadt mit viel Grün. Das habe ich an diesem Morgen realisiert. Da müsste man nochmals hin! Nach einem Hendl mit Kartoffelsalat und einem Bier ging es auf den Heimweg.

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Dies und Das Mein Freund Charly Quelle: Rose-Marie Morger, Mitglied der Regionalgruppe Zürich RGZ Ich bin Charly, Rose-Maries ruhiger, sehr disziplinierter Freund und Begleiter. Wenn sie mich braucht, versehe ich stillschweigend meinen Dienst. Wenn wir nach Hause kommen, stellt sie mich wortlos in die Ecke hinter der Haustüre. Ich murre nie. Ich warte geduldig, bis sie wieder Hut und Mantel anzieht, würde ihr gerne zuflüstern: „Gell, du vergisst mich nicht?“ Fällt die Türe hinter ihr ins Schloss, seufze ich leise. Ich weiss, gleich wird sie mich mit den Worten: „Au, min Stock!“, holen kommen. Ohne mich traut sie sich nicht mehr auf die Strasse.

ebenheiten aufmerksam, erkenne Randsteine und Treppenstufen. Gemeinsam unterwegs, pendeln wir richtig flott, rechts, links, rechts, die meisten Leute treten zur Seite und machen uns Platz. Stehen wir zwei an einer schwierigen Kreuzung, dann überqueren wir die Strasse mit dem rollenden Verkehr. Nennt man die Schutzengellinie. Zur Sicherheit hält sie mich, ihren Stock, vor sich in die Höhe und nennt mich zärtlich „ma canne magique“. Hin und wieder kommt ein hilfsbereiter Mensch, bietet ihr seinen Arm. Dann geht's zu dritt weiter, und ich kann mich etwas ausruhen.

Früher war das anders, da hat sie mich immer zusammengeklappt und in ihrer Handtasche verstaut, besser gesagt, versteckt. Sie hat extra grosse Taschen gekauft. Oft fühlte ich mich wie ein heimlicher Liebhaber, von dessen Existenz niemand wissen durfte. Ich kann warten, dachte ich. Eines Tages wird sie merken, dass das Leben im öffentlichen Raum so viel einfacher ist mit meiner Unterstützung. Nach einem Treppensturz am Flughafen Zürich waren wir endlich soweit. Weil sie ihre Sehkraft immer mehr abnahm, sieht, sah sie es ein: „Charly, ich brauche dich.“ Wir vereinbarten einige Trainingsstunden zu dritt mit dem Orientierungs- und Mobilitätstrainer Köbi. Sie musste zuerst lernen, wie man mich richtig handhabt, d. h. in der Fachsprache einsetzt. Jetzt begleite ich Rose-Marie auf all ihren Wegen. Ich mache sie auf Un-

Rose-Marie Morger und Charly

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Dies und Das Besinnungswochen Juli und August 2016

SBS-Online-Bibliothek: Einfache Version

Quelle: Ursula Graf, Blindenseelsorgerin

Quelle: Schweiz. Bibliothek für Blinde, Seh- und Lesebehinderte SBS

Die Reformierte Blindenseelsorge führt im 2016 zweimal eine Besinnungswoche durch. Die Anmeldeliste ist bereits eröffnet. Daten: Samstag bis Samstag, 16. bis 23. Juli 2016, Hotel Lihn in Filzbach Samstag bis Samstag, 20. bis 27. August 2016 im Centro Evangelico in Magliaso TI. Anmeldeschluss für beide Wochen ist der 29.2.2016! Auskünfte erhalten Sie bei Ursula Graf, Blindenseelsorgerin. Kosten: Je nach Teilnehmerzahl für Filzbach ca. CHF 1‘400.00, für Magliaso ca. CHF 1‘100.00. Am Morgen vertiefen wir uns in eine Bibelarbeit, lockern unsere Muskeln bei leichter Gymnastik und am Nachmittag erkunden wir die Gegend. Ein Ganztagesausflug ist geplant. Eine Begleitperson ist erforderlich. Wer niemanden mitbringen kann, für den suchen wir jemanden. Ich freue mich auf Ihre Anmeldung. Tel. 044 940 33 23 / 079 219 89 34 oder per E-Mail [email protected].

Ab sofort gibt es für Bibliothekskunden und Beratungspersonen eine vereinfachte Version der SBS-Online-Bibliothek. Die Plattform steht unter dem Link http://online.sbs.ch/einfach zur Verfügung und ist ein Zusatzangebot zur bestehenden Vollversion. Die Lösung empfiehlt sich für alle, die einfach und geführt ein Buch finden möchten. Auch in der einfachen Version ist wählbar, ob man Bücher online nutzen oder lieber per Post erhalten möchte. Mit dem neuen Angebot wird der OnlineZugang zur Bücherwelt der SBS nochmals attraktiver. Lesebegeisterte Personen mit einer Seheinschränkung können sich beim Nutzerservice der SBS unter der Telefonnummer 043 333 32 32 oder via [email protected] für die Ausleihe anmelden. Bis zum Alter von 18 Jahren ist die Anmeldung kostenlos. Erwachsene bezahlen einmalig CHF 50.00. Beratungspersonen können die OnlineBibliothek mit einem Test-Login ausprobieren. Dieses ist erhältlich unter http://online.sbs.ch/testen.

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Dies und Das Umfrage zur Mobilität unserer Mitglieder Quelle: Susanne Gasser, Vorstandsmitglied Schnell, einfach und sicher von A nach B zu kommen, ist für mich und für alle Betroffenen eine ständige Herausforderung, welche viel Energie kostet. Deshalb hat der Schweizerische Blindenbund in seiner Strategie die Förderung von Massnahmen zur Unterstützung der Mobilität seiner Mitglieder und Klienten beschlossen. Um die richtigen Massnahmen zu finden, sind wir auf deine Hilfe angewiesen. Mit der Beantwortung der folgenden Fragen kannst du einen wichtigen Beitrag leisten. 1. Mit welchen Hilfsmitteln bist du unterwegs? Beispiele: Langstock, Führhund, Signalstock, sehende Begleitung, Monokular, Smartphone 2. In welchen Situationen hast du Mühe, dich fortzubewegen? Was ist die Schwierigkeit dabei? Beispiele: Bahnhof, Bus, Dorf, Einkaufsladen, Land, Stadt, Tram, Wald 3. Wenn es dir möglich wäre, wo würdest du gerne hingehen, was würdest du gerne unternehmen? 4. Hast du eine Idee, wie die Mobilität verbessert könnte? Bitte sende deine Antworten bis spätestens 31. Januar 2016 an:

Schweizerischer Blindenbund, Geschäftsstelle Anita Ronner E-Mail [email protected] oder Tel. 044 317 90 00 Vielen Dank für deine Mithilfe! Torball – die Ballsportart für alle! Worin besteht die Faszination des Torballsports? Quelle: Daniel Fernandes, Vorstand STBV, Barbara Bösiger, Präsidentin STBV Torball ist eine der wenigen Mannschaftssportarten für Blinde, Sehbehinderte und normal Sehende. Es ist ein Ballspiel, das sehr viel beinhaltet: Athletik, Technik, Konzentration, Teamgeist und Taktik. Für Sehbehinderte und Blinde gibt es einige Sportarten, aber die meisten sind angepasste Varianten von „normalen“ Sportarten, wie z. B. Fussball. Torball ist eine eigenständige Entwicklung und somit kein Vergleich mit einer anderen Sportarten. Eine normal sehende Spielerin beschreibt: „Am meisten fasziniert mich, dass ich mich im Gegensatz zu meinem sonstigen Alltag beim Torballspielen auf meinen Gehörsinn und nicht, wie ich das normalerweise tue, auf meinen Sehsinn verlassen muss. Ausserdem gefällt mir, wie im Torball die Barriere zwischen Sehbehinderten und Nichtbehinderten – die sonst leider oft entsteht – aufgehoben

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Dies und Das scheint. Es zählt das Miteinander, gemeinsam Geschwindigkeit, Taktik und Geschicklichkeit einzusetzen, gemeinsam zu gewinnen oder zu verlieren.“ Warum gerade Torball? Nebst den Argumenten, dass Sport gesund ist, Bewegung insbesondere für Sehbehinderte und Blinde enorm wichtig ist und die Mobilität steigert, ein gesunder Ehrgeiz und Erfolg gut tut, der Teamsport Spass macht und der Austausch mit ähnlich Betroffenen enorm wichtig ist, hier einige Besonderheiten von Torball: Auf dem Spielfeld sind nur Spielerinnen und Spieler, die nichts sehen: ein Team von Gleichgesinnten ohne Hilfe einer Begleitperson. Der Schweizer Torballsport ist eine grosse Familie, in der Jugendliche, Männer und Frauen jeden Alters, Behinderte und Nichtbehinderte willkommen sind!

Die Damen in voller Aktion

Haben wir Ihr Interesse geweckt? Möchten Sie selber Torball spielen oder als Helfer aktiv werden? Für Jugendliche bieten wir regelmässig Fördertrainings an. Kontaktieren Sie die STBV oder den Club in Ihrer Nähe. Infos unter www.stbv.info oder VoiceNet. Kontakt Tel. 081 284 03 81 E-Mail [email protected] Torball live erleben! Jugend- und Herren-Schweizermeisterschaft Datum: Samstag, 12. März 2016 Ort: Herrliberg ZH Weitere Informationen unter www.stbv.info oder auf VoiceNet

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Dies und Das Fragen und Antworten zu Nachlass und Testament Quelle: Heinz Marti, Fürsprecher und Notar, Vorstandsmitglied des Schweizerischen Blindenbundes Willensvollstreckung Ein Willensvollstrecker kann mit einer Verfügung von Todes wegen, also einem Testament oder einem Erbvertrag, eingesetzt werden. Wenn die einzige Tochter eines Erblassers gemäss dessen Willen alles erbt, dann macht die Einsetzung eines Willensvollstreckers keinen Sinn. Die Einsetzung eines Willensvollstreckers empfiehlt sich vor allem bei komplizierteren Verhältnissen oder wenn Gefahr besteht, dass sich die Erbinnen und Erben streiten oder den Willen des Erblassers missachten werden. Die Person, welche mit der Willensvollstreckung beauftragt ist, hat gemäss Art. 518 Abs. 2 des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (ZGB) den Willen des Erblassers zu vertreten. Sie hat die Erbschaft zu verwalten, die Schulden des Erblassers zu bezahlen, allfällige Vermächtnisse auszubezahlen und die Teilung der Erbschaft nach den Anordnungen des Erblassers oder nach den Vorschriften des Gesetzes vorzubereiten und durchzuführen. Grundsätzlich kann jede handlungsfähige Person als Willensvollstrecker eingesetzt werden. Das ZGB schreibt keine besonderen Voraussetzungen für dieses Mandat vor. Neben natürlichen Personen können auch juristische Personen als Wil-

lensvollstrecker eingesetzt werden. Damit es möglichst zu keinen Interessenkonflikten kommt, ist es empfehlenswert, eine möglichst neutrale Person einzusetzen. Als Willensvollstrecker sollte eine Vertrauensperson des Erblassers eingesetzt werden. Diese Person sollte sich in Erbschaftssachen auskennen und eine korrekte Ausführung des Mandats gewährleisten. Vorzuziehen sind langjährige, fachkundige und vertraute Berater des Erblassers, also Treuhänder, Anwälte oder Notare. Der Willensvollstrecker hat gemäss ZGB Anspruch auf eine angemessene Vergütung für seine Arbeit. Wichtige Komponenten des Honorars des Willensvollstreckers sind der zeitliche Aufwand, die übernommene Verantwortung, die Höhe der Komplexität des Mandates. Bei kleineren Vermögen kann das Honorar des Willensvollstreckers rasch einen substantiellen Teil der Erbschaft ausmachen. Die Erben haben nur sehr eingeschränkt die Möglichkeit, die Willensvollstreckung gegen den Willen des Willensvollstreckers zu beenden. Er ist vom Erblasser eingesetzt. Eine Absetzung kann nur durch die Aufsichtsbehörde erfolgen, falls genügend wichtige Gründe vorliegen, wie zum Beispiel eine grobe Pflichtverletzung. Die Willensvollstreckung endet grundsätzlich mit dem Vollzug der Teilung der Erbschaft und dem Vorliegen der Schlussabrechnung.

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Lese- und Hörtipps Lese- und Hörtipps Hörbücher

Bücher BLACKOUT – Morgen ist es zu spät Elsberg Marc, Groth Steffen (Sprecher), Verlag Random House Audio, Compact Disc, 590 Minuten, 2013, Weltbild, CHF 15.90 Die Frau von dreissig Jahren de Balzac Honoré, Froboess Cornelia (Sprecherin), DAV Der Audio Verlag, Compact Disc, 527 Minuten, 2015, Orell Füssli, CHF 15.90

Vielfältig anders sein – Migration und Behinderung Domenig Dagmar, Cattacin Sandro, Radu Irina, Seismo Verlag, Taschenbuch, 172 Seiten, 2015, Orell Füssli, CHF 42.90

Die „PUNKT.“-Redaktion wünscht allen Leserinnen und Lesern besinnliche Adventstage.