Das ist auch nicht die Kampfansage eines trotzigen Mitarbeiters, der seinen Kopf durchsetzen will

Matthäus 16, 13 – 20 „Ich will bauen meine Gemeinde“ Liebe Schwestern und Brüder, liebe Freunde! „Ich will bauen meine Gemeinde!“ Das ist nicht der fr...
Author: Friedrich Weiß
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Matthäus 16, 13 – 20 „Ich will bauen meine Gemeinde“ Liebe Schwestern und Brüder, liebe Freunde! „Ich will bauen meine Gemeinde!“ Das ist nicht der fröhliche Startruf eines aus dem Urlaub zurückgekehrten Pastors. „Ich will bauen meine Gemeinde!“ Das ist auch nicht die Kampfansage eines trotzigen Mitarbeiters, der seinen Kopf durchsetzen will. „Ich will bauen meine Gemeinde!“ Das ist der Plan und die Zusage des Herrn der Gemeinde, des Herrn Jesus Christus. Denn es ist seine Gemeinde! Er geht im Auftrage Gottes, des Vaters, auf die Suche und findet und ruft und bekehrt, wer dabei sein soll (und wir wissen: Gott will, dass alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit kommen vgl. 1. Tim. 2, 4). Er sammelt Gotteskinder aus allen Nationen und Generationen und Situationen, damit sie als seine Gemeinde und in seinem Namen - Gott lieben - Suchende finden - Einander fördern - Gemeinde konkret gestalten - und sich um die Bedürftigen dieser Welt kümmern. Er, Christus, leitet als das Haupt der Gemeinde seinen Leib und beauftragt und bevollmächtigt seine Glieder, die Hände und Füße. Und er sorgt dafür und garantiert, dass keine Macht der Welt – weder der sichtbaren noch der unsichtbaren – seine Gemeinde überwinden oder vernichten kann. „Ich will bauen meine Gemeinde!“ sagt Jesus Christus!

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Diese Aussage ist nur ein Teil eines Wortes Jesu in einem ganz konkreten Zusammenhang, den wir uns nun noch einmal näher anschauen wollen: Die Jünger waren schon eine Weile mit Jesus unterwegs, hatten vieles gehört und gesehen und miterlebt. Und nun kommt so etwas wie ein Zwischentest. Zunächst stellt Jesus die Frage nach dem, was andere so über ihn sagen, aber dann fragt er die Jünger direkt: „Für wen haltet ihr mich?“ (Neue Genfer Übersetzung) Ich gebe diese Frage gleich mal weiter: Für wen haltet Ihr Jesus? Wer ist er für Euch? Wer ist er für Dich? (Die Zeit, es noch nicht zu sagen – s. V. 20 –, ist vorbei: jetzt gilt, sich zu Jesus zu bekennen und sich seiner nicht zu schämen!) „Du bist der Messias, der Christus, der Gesalbte, der Sohn des lebendigen Gottes!“ Simon Petrus sagt es – wer sonst. „Du bist der von Gott verheißene Retter, du bist Gottes Liebstes, sein eigener Sohn, den er zu uns Menschen sandte, um uns zurückzuholen in die Gemeinschaft mit dem Vater!“ Petrus hat es erkannt und begriffen und kann es auf den Punkt bringen. Das war aber nicht aus ihm selbst gekommen, sondern das hatte Gott ihm klar gemacht. Und dieser geistliche Durchblick war verbunden mit einer besonderen Berufung: „Darauf sagte Jesus zu ihm: Glücklich bist du zu preisen, Simon, Sohn des Jona; denn nicht menschliche Klugheit hat dir das offenbart, sondern mein Vater im Himmel. Deshalb sage ich dir jetzt: Du bist Petrus, und auf diesen Felsen werde ich meine Gemeinde bauen, und das Totenreich mit seiner ganzen Macht wird nicht stärker sein als sie. Ich werde dir die Schlüssel des Himmelreichs geben; was du auf der Erde bindest, das wird im Himmel gebunden sein, und was du auf der Erde löst, das wird im Himmel gelöst sein.“ Matthäus 16, 17 – 19 (NGF) Um dieses Wort gibt es bis heute in der Auslegungsgeschichte mächtigen Wirbel, vor allem darum, weil die katholische Kirche von diesem Wort Jesu an Petrus her das Papsttum und überhaupt die Schlüsselgewalt und Autorität der Kirche und ihrer Amtsträger einschließlich des bis heute gültigen Ablass-Systems ableitet.

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Auch die Neuapostolische Kirche bezieht sich beim Amt ihres StammApostels auf diesen Text. Was aber steht hier wirklich und wie sollen wir es verstehen? Jesus gebraucht zunächst ein Wortspiel: „Du bist Petrus (petros/Felsstein als Name, den Jesus dem Simon bei seiner Berufung gegeben hatte), und auf diesen Felsen (petra/Felsengrund) werde ich meine Gemeinde bauen!“ V. 18 Wen meint Jesus mit „auf diesen Felsen“? Da gibt es unterschiedliche Deutungen, denen ich allen etwas abgewinnen kann: - Jesus meint sich selbst als den Felsen – so wird Gott im AT häufiger bezeichnet, Jesus nennt sich selbst später noch einmal ähnlich, indem er ein Psalmwort zitiert und von sich als dem Stein, den die Bauleute verworfen haben, spricht (Mt. 21, 42). Paulus bezeichnet Jesus als den Grund und das Fundament, worauf die Gemeinde gebaut ist (1. Kor. 3, 11; Eph. 2, 20). Und auch Petrus nennt Jesus in seinem ersten Brief Eckstein oder Grundstein – 1. Petr. 2, 4) - Jesus bezeichnet nicht die Person, sondern das Bekenntnis und den Glauben des Petrus als Felsengrund, auf dem Gemeinde aufgebaut sein wird. - Nein, es ist doch insgesamt offensichtlich: Jesus verheißt Petrus eine besondere Bedeutung und Stellung beim Entstehen der Gemeinde nach Tod und Auferstehung Jesu und nach dem Pfingstgeschehen. Und genau das ereignete sich dann ja auch, wie wir in der Apostelgeschichte lesen. Außerdem führt Jesus ja nun noch weiter aus, welche besondere Verantwortung Petrus haben wird. Trotzdem dürfen auch wir hier etwas für uns hören und annehmen: Das Bild eines Baus als Bild für die Gemeinde Jesu finden wir in der Bibel mehrfach – und auch wenn wir nicht Petrus heißen und auch nicht Petrus sind: Auch wir sind Bausteine, mit denen unser Herr rechnen und auf die

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er bauen will! Jeder von uns hat eine andere Stelle im Bau und ist auch unterschiedlich belastbar und hat unterschiedliche Verantwortung. Petrus fordert in seinem ersten Brief an die Gemeinden alle Jesusnachfolger auf: „Lasst euch selbst als lebendige Steine in das Haus einfügen, das von Gott erbaut wird und von seinem Geist erfüllt ist!“ 1. Petrus 2, 5 (NGF) Als „lebendiger Stein“ eingebaut und eingefügt zu werden, bedeutet auch, an sich arbeiten zu lassen. Keiner passt unbehauen mit seinen Ecken und Kanten einfach in diesen Tempelbau hinein. Auch ist viel Mörtel nötig, Liebe, die die „Steine“ verbindet. Bitterkeit und schlechtes Reden übereinander aber ist Gift, das den Mörtel zerstört und die Steine lockert. Sogar Simon Petrus musste an sich arbeiten lassen und hatte noch schwierige Lernsituationen vor sich. Direkt im Anschluss an unseren Text lesen wir: „Danach redete Jesus mit seinen Jüngern zum ersten Mal offen darüber, dass er nach Jerusalem gehen und dort von den Ältesten, den führenden Priestern und den Schriftgelehrten vieles erleiden müsse; er werde getötet werden und drei Tage danach auferstehen. Da nahm ihn Petrus beiseite und versuchte mit aller Macht, ihn davon abzubringen. `Niemals, Herr!´ sagte er. `Auf keinen Fall darf so etwas mit dir geschehen!´ Aber Jesus wandte sich um und sagte zu Petrus: `Geh weg von mir, Satan! Du willst mich zu Fall bringen. Was du denkst, kommt nicht von Gott, sondern ist menschlich!´“ Matthäus 16, 21 – 23 (NGF) Und von der angekündigten und auch geschehenen Verleugnung des Felsen Petrus lesen wir dann noch später. Also, das kann dicht beieinander liegen: Gottes Wirken durch uns und gleich danach das Reinfallen auf die Schliche und die betrügerischen Absichten des Teufels. Das stellt aber nicht infrage, was Jesus dem Petrus als Berufung und Verheißung und Vollmacht überträgt: „Ich werde dir die Schlüssel des Himmelreichs geben…“ Matthäus 16, 19a (NGF)

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Der Begriff „Schlüssel“ bringt eine ganz besondere Macht zum Ausdruck. Schlüsselgewalt hat Gott, der Herr, und sie hat Christus, der Auferstandene: „Ich bin der Erste und der Letzte und der Lebendige. Ich war tot, aber jetzt lebe ich in alle Ewigkeit und habe die Schlüssel zum Tod und zum Totenreich…“ Offenbarung 1, 17 + 18 (NGF) „Der, der heilig ist, dessen Wort wahr ist und der den Schlüssel Davids hat – wenn er aufschließt, kann niemand zuschließen, und wenn er zuschließt, kann niemand aufschließen…“ Offenbarung 3, 7 (NGF) Die Beauftragung des Petrus bedeutet ganz sicher nicht, dass Gott oder dass Christus die Schlüsselgewalt abgibt, es bedeutet aber, dass er ihn an dieser Schlüsselgewalt beteiligt. Dieses Bild von der Schlüsselgewalt kommt her von einem Bild aus dem Buch des Propheten Jesaja: Dort ist von einem Eljakim die Rede, auf dessen Schulter die Schlüssel des Hauses Davids gelegt werden sollen. Er allein soll öffnen und zuschließen und so ein Verwalter des Zugangs zum Tempel sein. (vgl. Jesaja 22, 22) Jesus beauftragt also den Petrus, ein Verwalter des Zugangs zum Reich Gottes zu sein, also einer, der Menschen hilft hineinzufinden. Genau diesen Dienst tut Petrus dann später: Bei seiner Pfingstpredigt kommen dreitausend Menschen zum Glauben an Jesus, lassen sich taufen und werden von Gott selbst der Gemeinde hinzugefügt. (vgl. Apg. 2, 1 ff.) Petrus ist auch der, durch den der heidnische Hauptmann Kornelius Christus erkennt und so für die bisher nur judenchristliche Gemeinde auch die Heiden plötzlich in den Blick der Mission durch Gottes Geist kommen. (vgl. Apg. 10) Und wieder ist es das Zeugnis des Petrus, das beim sogenannten Apostelkonzil zu Jerusalem entscheidend zur Öffnung der Gemeinde für die Heidenchristen und zum Frieden zwischen Judenchristen und Heidenchristen führt. (vgl. Apg. 15)

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Und auch wir können von Jesus an seiner Schlüsselgewalt beteiligt werden – wenn auch nicht in dem Ausmaß und mit der Tragweite wie Petrus. Jesus kann auch uns zu Schlüsselpersonen machen im Suchen und Finden von Menschen, die er retten will. Viele von uns hier werden es bestätigen, dass es auch auf ihrem geistlichen Weg immer wieder solche Schlüsselpersonen gegeben hat. Verbunden mit der Schlüsselgewalt des Petrus ist noch eine weitere Verheißung: „…was du auf der Erde bindest, das wird im Himmel gebunden sein, und was du auf der Erde löst, das wird im Himmel gelöst sein.“ Matthäus 16, 19b (NGF) Genau dieselbe Zusage macht Jesus zwei Kapitel später auch seinen Jüngern insgesamt: „Ich sage euch: Alles, was ihr auf der Erde binden werdet, wird im Himmel gebunden sein, und alles, was ihr auf der Erde lösen werdet, wird im Himmel gelöst sein.“ Matthäus 18, 18 (NGF) Der Zusammenhang dieses Wortes in Matthäus 18 macht deutlich, dass es hier zunächst und vor allem um das Thema Sündenvergebung geht. Also: Auftrag der Apostel würde es nach Pfingsten sein – und unser Auftrag ist es bis heute doch auch –, Menschen darauf hinzuweisen, dass unsere Sünde uns von Gott trennt und vom Himmelreich ausschließt, und ihnen zu bezeugen und zu verkündigen, dass die Liebe Gottes uns die Vergebung anbietet. So sollten Menschen von ihrer Sünde gelöst und an Christus gebunden werden. Die Begriffe „lösen“ und „binden“ waren für jüdische Ohren aber noch in anderer Weise von Bedeutung, weil sie gleichbedeutend waren mit den Begriffen „erlauben“ und „verbieten“. Zitat: „Etwas binden hieß, es für verboten zu erklären; etwas lösen hieß, es für erlaubt zu erklären.“ (William Barclay, Matthäusevangelium 2, Auslegung des NT, S. 140)

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Petrus – und später alle Apostel – bekamen also von ihrem Herrn eine hohe Verantwortung, für die noch junge Gemeinde in vielfacher Hinsicht die Fundamente zu legen: In den Büchern und Briefen des neuen Testamentes kommt genau diese Aufgabe und Verantwortung zum Tragen. Die Apostel geben im Auftrag ihres Herrn und durch die Leitung des Heiligen Geistes Leitlinien für den Glauben und das Leben der Jesusnachfolger. Die Apostellehre wird dieses Fundament später genannt, in der die Gemeinde Jesu beständig blieb und bis heute bleiben sollte, denn sie ist uns in Gestalt des Neuen Testaments überliefert und erhalten. Doch sie wird nicht fortgeschrieben – weder durch Tradition noch durch Konzile noch durch katholische oder evangelische oder baptistische „Päpste“ oder „Bischöfe“. „Allein die Schrift“ ist das tragfähige Fundament für den Bau der Gemeinde Jesu! Schluss: Einiges in diesem Text galt also mit Sicherheit nur Petrus, einiges galt den anderen Aposteln mit. Anderes aber spannt sogar einen Bogen hin zu weiteren biblischen Aussagen, in denen auch wir heute uns als Berufene und Bevollmächtigte durch Jesus verstehen und als lebendige Bausteine in den wunderbaren Bau „Gemeinde“ einfügen lassen dürfen. Vor allem aber dürfen wir hören und glauben, dass Jesus selbst der Bauherr und der Bewahrer seiner Gemeinde ist und bleibt. Und welch ein Vorrecht: Wir dürfen dazu gehören, weil er uns den Zugang zum Himmelreich geöffnet hat auch durch Menschen, die uns dabei geholfen haben, die Tür zu finden und zu durchschreiten. Lasst uns ihm dafür danken und selbst bereit sein, anderen zu helfen, zur Gemeinde Jesu und ins Himmelreich zu finden. Amen.

Volkmar Glöckner 2015

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