Das Ineinanderwirken des oberen und des unteren Menschen Die Wirkung der Tierkreiskräfte im Menschen

Das Ineinanderwirken des oberen und des unteren Menschen Die Wirkung der Tierkreiskräfte im Menschen Theodor Hundhammer www.bewegteworte.ch 30. Oktob...
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Das Ineinanderwirken des oberen und des unteren Menschen Die Wirkung der Tierkreiskräfte im Menschen

Theodor Hundhammer www.bewegteworte.ch 30. Oktober 2011

Inhalt Von der Bedeutung des Gegenteils .......................................................... 3 Ich bin zwei .................................................................................................. 4 Ich / M-Ich .................................................................................................. 4 Bin ich wirklich zwei? ................................................................................. 5 Das Kreuz mit der Evolution ...................................................................... 7 Wie wirken oberer und unterer Mensch zusammen? ................................ 8 Der sogenannte „Kästchenkurs“ von Rudolf Steiner ................................. 9 Der mittlere Mensch .................................................................................... 9 Die Mitte gibt es nicht .............................................................................. 10 Das rhythmische System ......................................................................... 11 Wie oben so unten .................................................................................... 12 Hermes Trismesgistos und Jakob Böhme ............................................... 12 Rudolf Steiner .......................................................................................... 13 Unser Körper – Der Mikrokosmos des Makrokosmos .......................... 14 Der Tierkreis im Menschen...................................................................... 14 Planeten und Organe .............................................................................. 15 Planeten im Tierkreis ............................................................................... 15 Verbindung von Tierkreiszeichen durch ihre Planeten-Herrscher ........... 16 Die Zuordnung der Laute zum Körper des Menschen .......................... 17 Planeten und ihre Laute .......................................................................... 17 Tierkreisorte und ihre Laute..................................................................... 17 Tierkreis, Planeten und Laute im Körper (Zusammenfassung) ............... 18 Die 7-gliedrigen Menschen im Menschen ............................................... 19 Der obere Mensch von Widder bis Waage .............................................. 19 Der untere Mensch von Fische bis Jungfrau ........................................... 19 Der mittlere Mensch von Zwilling bis Schütze ......................................... 19 Der Gegenspieler des mittleren Menschen ............................................. 19 Loslassen und Auferstehen ..................................................................... 20 Das grosse Vorbild .................................................................................. 20 Anwendung in der Heileurythmie ............................................................ 21 Zitate von Rudolf Steiner zum Thema Heileurythmie .............................. 21 Aikido, Tango und Klettern ...................................................................... 22

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Von der Bedeutung des Gegenteils Wenn man irgendeine Behauptung macht über Weltzusammenhänge, so ist das Gegenteil davon auch richtig. Und nur durch das Zusammenschauen der zwei ist es möglich, die Wirklichkeit zu sehen. (R. Steiner, GA 186, 1918)

Das gilt auf allen Ebenen: Wenn ich Wasser oder Wein in ein Glas gebe fülle oder leere ich es dann? Natürlich beides: Ich fülle es mit Flüssigkeit, aber dadurch leere ich es auch - die Luft, die vorher in dem Glas war, ist jetzt draussen. Auch in der Bewegung geschieht immer das Gegenteil. Wenn ich z.B. durch Heben meiner Arme einen substanziell erlebbaren Strom nach oben auslöse, dann geschieht auch das Gegenteil. Ich muss nur darauf achten. Wenn ich das tue, bringt mich jedes Aufströmen hinunter in meine Füsse. Das kontinuierliche Ausgleichen durch Erzeugung des Gegenteils ist eine Leistung des Ätherleibes. Er ist der grosse Harmonisator in uns. Er funktioniert wie die Erde als Ganzes, die uns trägt und nährt, die uns aber auch ertragen muss. Sein Auftraggeber ist der Astralleib, unsere kosmische Seite. Von dort kommen die Bewegungs- und Gestaltungsaufträge, die wir mit unseren physischen Leib erfüllen sollen: unsere Ideen, Wünsche, Bedürfnisse. Der Astralleib produziert damit fortwährend Ungleichgewicht: Das ist zu tun, das ist zu lassen, das habe ich mir vorgenommen, so will ich mich weiterentwickeln, usw. Der Ätherleib ist der grosse Diener. Die Undinen genannten Elementarwesen sind seine Verbündeten (Und-dienen). Jeden Wunsch des Astralleibs versucht er zu erfüllen und in physisches Geschehen umzusetzen. Das Ich wirkt in der Stille. Es ist Anwesenheit, Gelassenheit. Das Ich ist die Kraft in uns, die in den zwei Polen einer Sache leben kann. Ich kann diesen Standpunkt verstehen, aber ich kann gleichzeitig auch den anderen ver3

stehen. Wenn diese stille Kraft der Aufmerksamkeit anwesend ist, dann kann der Ätherleib seine Fähigkeit, Harmonie zu erzeugen, entfalten. Dann erzeugt sich bei jeder Aktivität das heilende Gegenteil. Ich vertiefe mich in eine Sache und kann gleichzeitig Abstand bewahren. Ich bin aktiv, aber zugleich entspannt. Ich verbinde mich mit dir und gleichzeitig mit meinem Engel. Wenn der Ätherleib die Bewegungen machen darf, so wie er sie vom Ich hört, und nicht so, wie mein Tagesbewusstsein, mein Astralleib es sich vorstellt, dann kann er beim Ausführen der Bewegung für die vollendete Harmonie sorgen. Wenn ich dem Ätherleib erlaube, meinen Arm ganz aus seinen eigenen Kräften zu heben und es nicht „selber“ mache, dann organisieren sich die Fasern meiner Muskeln in feinster Harmonie wie eine Musik. Meistens weigern wir uns, diesen Verbund von Ätherleib und Ich herzustellen oder zuzulassen. Dann regieren verborgene Ängste und andere Motive. Ich jage vorwärts, verliere den Abstand und verhindere bewusst oder unbewusst den gesunden Ausgleich. Dann sorgt der Ätherleib irgendwann für den grossen Ausgleich, die Krankheit. Seinem Wesen nach ist der Ätherleib jedoch die Kraft der Gesundheit, die es mir erlaubt, mich ganz und ohne Einschränkung zu leben.

Ich bin zwei Ich / M-Ich Jeder Mensch weiss, dass er aus zwei Menschen besteht. Er spricht es oft und öffentlich aus, macht es sich in der Regel aber nicht bewusst. · · · · · · · · ·

Ich wasche mich Ich lege mich ins Bett Ich fühle mich heute nicht gut Ich weiss nicht was ich will Ich frage mich, was das soll Ich überlege mir etwas Das nehme ich mir übel Ich mag nicht, dass ich so dick bin. Ich leide darunter, dass ich so viel Schokolade esse

Jeder Mensch spricht von sich als von einem Subjekt, das handelt und 4

gleichzeitig von einem Objekt, das behandelt, gefragt wird etc. Dabei ist deutlich, dass es sich nicht einfach um zwei Hälften handelt. Jeder Mensch erlebt sich als eine Ganzheit, mit der man sich fraglos identifiziert. Und trotzdem erlebt sich jeder Mensch doppelt, und drückt das egal in welcher Sprache auch so aus. Fast niemand hat ein Problem damit – aber fast niemand macht sich bewusst, was er damit über sich sagt. Ich … mich … ? Worum handelt es sich dabei? Das eine „Ich“ von mir geht von Inkarnation zu Inkarnation, zieht jeden Morgen in meinen Körper ein und verlässt ihn wieder am Abend. Da komme ich aus dem Geist, aus dem Kosmos, aus der Sternenwelt und kehrt zu den Sternen, zum Geist zurück. In dieser Zeit lebe ich fast grenzenlos zwischen oder in anderen Geistern, gebe Bericht und bereite Neues vor. Wenn ich wieder im Körper bin, dann versuche ich, die mitgebrachten Impulse zu leben und dabei Erfahrungen zu sammeln. In meinem Innern lebt und webt die ungebundene kosmische Weite all meiner Inkarnationen. Eigentlich bin ich ein inkarnierter Engel, ein Bengel eben. Der Körper, der nachts in meinem Bett liegen bleibt, den ich als „M-ich“ ins Bett gelegt habe, bin aber auch ich und nicht jemand anderes. An diesem Körper haben in einem ununterbrochenen Strom über Millionen von Jahren tausende von Vorfahren mitgewirkt. Unendlich oft wurde er als Ei von einem Samen befruchtet, ist zu einem Erwachsenen geworden, hat sich zu einem neuen Samen bzw. Ei zusammengezogen, hat befruchtet und wurde befruchtet. Ein unendlicher Strom von Ausdehnung und Zusammenziehung! Mein Körper trägt die Erfahrung der ganzen Erdenevolution in sich. Auch er will und denkt. Auch er hat Gefühle, Geist und inneres Wissen. Auch er ist ein ganzer Mensch. Er lebt und er will leben. Er kommuniziert und er will kommunizieren. Während des Lebens zeugt er neues Leben. Beim Tod geht er mit der Erfahrung all seiner Zellen in die Elemente der Erde ein. Bin ich wirklich zwei? Diese Zweiheit spiegelt sich in Vielem. Man unterscheidet Menschen danach, ob sie mehr Kopf- oder Bauchmenschen sind. Man sagt, das ist ein 5

Blutsmensch, das ist ein Nervenbündel. Man unterscheidet die Lebenslustigen von den Pflichtbewussten usw. Hinter allem steht die Urpolarität des oberen reinkarnierenden und des unteren evolutionären Menschen. Je nach Neigung identifizieren sich die Menschen mehr mit dem einen oder mit dem anderen. Die esoterisch Interessierten identifizieren sich mit dem, der kommt und geht. Ich wohne in meinem Körper temporär, lebe die in vorigen Inkarnationen gemachte Erfahrungen aus, verarbeite sie und sammle neue an. Mich interessiert, wer ich im letzten Leben war, was ich davon an mir trage und was das für mein jetziges Leben bedeutet. Andere Menschen identifizieren sich mit den Potentialen, die sie in sich vorfinden, mit ihrer Power, mit ihrem Erfolg, mit ihrer Lebenslust. Hier zählt das, was man kann, mehr als das, was man möchte. Es interessiert die Wirkung, die man hat. Körpererlebnisse werden Faktoren für das Selbstbewusstsein. Man will Erfahrungen machen und am Ende des Lebens sagen können, dass man gelebt hat. Immer sind es Mischungen der beiden Pole. Bei Menschen, die so intensiv wie möglich leben wollen und denen das Davor und Danach egal ist, wirkt eigentlich das innere Feuer. Aber es wird ganz über den Körper erlebt. Dann gibt es Wissenschaftler, die alles, was über die körperlich messbaren Phänomene hinausgeht, entweder systemkonform interpretieren oder ausklammern. Da wird der geistige Aspekt des Denkens ganz von der Nüchternheit der Erdenkräfte absorbiert. Im Alltag macht man sich meist nicht bewusst, mit welchem der beiden man sich gerade identifiziert, wer gerade überwiegt. Mit Worten wie "mir wird schlecht" oder "ich mag das" kann sich genauso gut mein Körper-Ich wie mein Seelen-Ich ausdrücken. Wichtig ist, dass man sich klar macht, dass es das eine ohne das andere nicht gibt. Es gibt Ich bin Eins keinen oberen Menschen ohne den unteren. In jeder Zelle von uns sind immer beide Pole anwesend. Ohne meinen Körper kann ich nicht auf der Erde leben. Sobald mein Ich sich nicht mehr neu inkarniert, löst sich mein Körper auf. Sie erhalten sich gegenseitig am Leben. Gesund ist man nur, wenn die beiden Menschen harmonisch zusammenwirken. Sind sie sich fremd, dann verlieren sie das Gefühl füreinander. In 6

der Sprache wird das exakt ausgedrückt: „ich fühle mich nicht gut“. Umgekehrt gilt aber auch: Wenn der obere den unteren Menschen fühlt, dann entsteht Harmonie und Gesundheit. Das ist Gegenstand der vielen verschiedenen Therapierichtungen, die letztendlich alle darauf zielen. Das Kreuz mit der Evolution Symbolisiert werden diese beiden Anteile in uns im christlichen Symbol des Kreuzes. Der horizontale Balken ist der ununterbrochene Strom der Evolution von der Vergangenheit in die Zukunft. Durch ihn sind wir in alle Zusammenhänge auf der Erde eingebettet. Im vertikalen Balken erleben wir das sich Hineinsenken und Wiederaufsteigen des reinkarnierenden Anteils des Menschen.

Auch in unseren Namen drückt sich dieser Sachverhalt aus. Die Eltern suchen einen „passenden“ Vornamen für das erwartete Kind, für sein IchWesen. Manche träumen den Vornamen für ihr Kind. Der Nachname ist Ausdruck des durch die Eltern vermittelten Vererbungskörpers. Ich bin aber nicht mein Urahn, und ich bin auch nicht der, der „ich“ vielleicht einmal war! Ich bin der, der im Hier und Jetzt den horizontalen Strom und den vertikalen Impuls zusammenbringt. Ich trage mein Kreuz, und in dem Kreuzungspunkt beider Balken entwickle „ich“ „mich“ weiter. Wenn man sich dieses letzte „Ich mich“ auf der Zunge zergehen lässt, dann kann man zu dem Eindruck kommen, dass das letzte Ziel aller Anstrengungen nicht die Entwicklung des eigenen „Ich“ ist, sondern die Entwicklung des der Evolution zugehörigen „Mich“. Wie sehen Sie das?

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Das Kreuzbein ist der Punkt, wo der horizontale, irdische, nach vorne gerichtete Strom und der vertikale Impuls der Aufrichtung aufeinandertreffen. Das Kreuzbein umhüllt das kleine Becken, bietet ihm Geborgenheit und Dunkelheit. Es schirmt den Raum darunter von den von oben wirkenden Himmelskräften ab, als wäre es das Gewölbe eines unterirdischen Schädels. Auf dieser „Schädelstätte“ findet die Aufrichtung der Wirbelsäule statt. Das geschieht nicht in einem ruhigen Übergang. Mit kräftigem Zug wird in einem dramatischen Geschehen die Wirbelsäule aufgerichtet. Am 5. Lendenwirbel haben viele Leute Schmerzen, dort treten viele Bandscheibenvorfälle auf. Hier tragen wir unser Kreuz. Es ist ein heiliger Ort. Darum heisst das Kreuzbein auch Sacrum oder Sakralbein. Heute entwickeln die Menschen ein neues Bewusstsein für ihre Wirbelsäule. Die Rücken tragen uns nicht mehr, sie zerbrechen. Unbewusst arbeiten wir alle daran, eine neue, ätherische, Wirbelsäule aufzubauen. Eine, die nicht über mechanischen Zug aufgerichtet wird sondern mit geistigen Gleichgewichtskräften. Wie wirken oberer und unterer Mensch zusammen? Der obere und der untere Mensch sind zwei komplette Menschen, die alles haben, was ein Mensch braucht. Wenn in der anthroposophischen Menschenkunde davon gesprochen wird, dass der lebendige Mensch Physischen Leib, Ätherleib, Astralleib und Ich hat, dann haben das sowohl der untere wie der obere Mensch. Nur stecken sie umgekehrt ineinander. Beim oberen Mensch ist das Ich aussen und das Physische innen, beim unteren Mensch ist das physische aussen und das Ich innen. Vereinfacht kann man sagen, dass ich mit dem oberen Menschen von aussen wirke, mit dem unteren Menschen von innen. Oberer Mensch und unterer Mensch wirken immer zusammen. Ohne den unteren geschieht nichts und ohne den oberen auch nicht. Es lohnt sich aber, differenziert zu beobachten, damit man weiss, auf welcher Seite man 8

gerade in welcher Weise aktiv ist. Erzeugen Sie eine Spannung in einem Körperteil einmal mehr durch Druck von aussen, durch einen Sog von aussen, durch eine innere Ballung oder durch Aufschwellen von innen. Wo erleben Sie mehr Krampf, wo mehr Lust? Beim Grinsen und Lächeln sieht man den Unterschied gut. Lächeln kommt von innen. Es tut sowohl dem gut, der lächelt, als auch dem, der es sehen darf. Lächeln macht gesund. Grinsen ist der Versuch zu lächeln, aber es ist „aufgesetzt“. Dadurch ist Grinsen immer etwas verkrampft, es verbreitet kein Wohlsein. Natürlich gibt es auch hier gelungene Zwischenformen, wie z.B. das verschmitzte Lächeln, wo sich Selbstbewusstsein mit Lebensfreude paaren. Kommt von beiden Seiten Druck, dann entsteht die Grimasse. Der sogenannte „Kästchenkurs“ von Rudolf Steiner Wie dieses Zusammenwirken zustande kommt, wurde von Rudolf Steiner am 11.2.1923 in dem Vortrag „der unsichtbare Mensch in uns“ beschrieben. Der Mensch kann einmal seelisch geistig in den Körper einziehen. Das macht er über den oberen Menschen. Sein Zuhause hat er dann vor allem in den Organen oberhalb des Zwerchfells. Er kann aber auch im geistigen Menschen absteigen bis zu dessen physischem Keimpunkt und von dort aus in den Blut- und Pulsvorgängen aufsteigen. Ohne diesen vorherigen Abstieg und Wiederaufstieg im Körper wirkt das ICH im Organismus zwar bewusstseinsschaffend, aber abbauend. Aufbauend wirkt das ICH nur, wenn es im Geist durch die oberen Wesensglieder bis ins tiefste Glied hinuntergegangen ist und zusammen mit dem dann von unten kommenden Strom des unteren Menschen wie neugeboren aufsteigt. In der täglichen Erfahrung kann man das beobachten: der obere Strom wirkt abbauend und ermüdend, der untere, von innen kommende Strom aufbauend und erfrischend.

Der mittlere Mensch Wo finden wir nun die innere Verbindung unserer beiden Existenzen? Vor unserer Geburt haben wir eine solche schon einmal urbildhaft, aber unbe9

wusst vollzogen. Im Embryo durfte der obere Mensch bei der Ausgestaltung der Organe wie von Innen mitwirken. In dem Körper eines Neugeborenen haben wir deshalb nicht nur ein Abbild von Vater und Mutter, ein Ergebnis der Evolution und den Ausdruck allgemeiner Menschlichkeit, sondern auch schon eine Ausprägung des „individuellen“ Ich. Im Leben stehen wir vor der Aufgabe, diesen Prozess zu wiederholen. Wir kommen hier zum Thema des Loslassens, des Verbindens mit den Erdenkräften und dem Neugeborenwerden im unteren Menschen. Wenn die Impulse meines geistigen Menschen wie natürlich aus dem Inneren kommen, dann nennt man das Charakter. Wie bilde ich die Mitte zwischen diesen beiden Polen aus? Die Mitte gibt es nicht Man kann sich einen Kreis vorstellen und man kann sich viele Kreise vorstellen. Man kann sich auch die Mitte eines Kreises vorstellen und die Mitten vieler Kreise. Man kann sich eine ganze Schublade voller Kreise vorstellen. Man kann sich aber keine Schublade voller Mitten vorstellen. Was ist die Mitte zwischen Zürich und Brissago am Lago Maggiore? Meint man die Mitte der geologischen Entfernung oben auf der Erdoberfläche? Oder ist es die Mitte einer gedachten Geraden durch das Berginnere hindurch? Ist die halbe Fahrstrecke von 210 km gemeint, die irgendwo im Gotthardtunnel erreicht ist? Oder erst, wenn in Airolo die Hälfte der Fahrzeit vorbei ist? Es gibt keine Mitte, die irgendwo für sich existiert. Mitten erhalten ihre Substanz erst von dem, wovon Sie die Mitte sind. Jede Mitte ist ein spezifischer Ausschnitt aus einer Vielzahl von Beziehungsmöglichkeiten zwischen zwei Polen. Je nach Blickwinkel, Definition oder Gegebenheit zeigen sich ganz andere Mitten. Mitten sind ein Ausdruck davon, dass Dinge miteinander verbunden sind, aber sie stellen diese Verbindung nicht selber her. Bei Rudolf Steiner findet man deshalb verschiedene „mittlere Menschen“. Der „Rückenmarksmensch“ ist ein Abbild vergangener Entwicklungszustände und zwischen „Sonnengeflechts- und Gehirnmensch“ angesiedelt. Der „mittlere Mensch“ im sogenannten Mysterium Magnum ist einer von sieben 7-gliedrigen Menschen usw.

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Das rhythmische System Genauso ist es mit dem rhythmischen System, das in der anthroposophischen Medizin eine wichtige Rolle spielt. Es wird dem mittleren Menschen zugeordnet und als Bindeglied zwischen dem Stoffwechsel- und Gliedmassensystem und dem Nerven- und Sinnessystem verstanden. Rhythmus ist das Gegenteil von Abgrenzung. Es ist das lebendige Wechselspiel von Gegensätzen im zeitlichen Nacheinander oder im räumlichen Nebeneinander. Von Schwer und Leicht, von Hoch und Tief, von Innen und Aussen etc. Rhythmus ist Ausdruck von einem real existierenden, dynamischen, veränderlichen, kreativen Gleichgewicht. Ein hochsensibles Miteinander-Weben an sich unvereinbarer Gegensätze. Systeme sind Gebilde aus einer Vielzahl aufeinander bezogener und miteinander wechselwirkender Elemente mit einem sehr differenzierten Beziehungsgeflecht. Die Elemente von Systemen wirken in einer sinn- oder zweckgebundenen Einheit zusammen und können sich nach aussen abgrenzen. Im Stoffwechsel- und Gliedmassensystem und im Nerven- und Sinnessystem haben wir zwei hochkomplexe polare Systeme, die sich in ihrem Zweck eigentlich ausschliessen, ihre Funktion aber doch nicht ohne einander ausüben können. So, wie es keinen Inhalt ohne Gefäss gibt und eigentlich auch kein Gefäss ohne Inhalt. Der Mensch, wie er hier auf der Erde lebt ist ein Resultat des Zusammenwirkens des oberen und des unteren Menschen. Sie sind sein kosmischer und sein irdischer Pol. Sie sind im Menschen intensiv aufeinander bezogen. Was in dem einen Pol geschieht, wird auf irgendeine Weise im anderen registriert und hat dort seine Wirkung, erzeugt einen Rhythmus. Oberer und unterer Mensch bilden die Grundlage des rhythmischen Systems. Der Atemrhythmus ist ein Ergebnis des oberen Menschen, der Rhythmus der Blutzirkulation ein Ergebnis des unteren Menschen. Sie sind ein situativer Ausdruck der Qualität der Verbundenheit der beiden polaren Systeme. Wie jede Mitte hat aber auch das rhythmische System kein eigenes Sein. Es ist eine Beschreibung der momentanen Komposition eines Menschen unter einem spezifischen Blickwinkel. Und so ist es auch unmöglich, es direkt zu beeinflussen. Darum gibt es im strengen Sinne auch keine Übun11

gen, die die Mitte stärken. Es gibt höchstens Übungen, die auf spezifische Weise den oberen und unteren Menschen miteinander ins Gespräch bringen. Man könnte meinen, dass der Rhythmus durch die seine Grundlage bildenden Pole vorbestimmt sei. Das ist beim Menschen jedoch nicht so! Der Mensch komponiert sich seinen Rhythmus letztendlich selbst. Er macht es, indem er lebt! Indem er seine Biografie gestaltet, durch-lebt. Möchte ich „meine Mitte ausbilden“ oder „mehr in die Mitte kommen“, sollte ich mir klarmachen, dass ich bestehende Gleichgewichte verändern möchte. Dazu kann ich Pole, die zu wenig ausgebildet sind, stärken, verschieben oder sogar ganz neue ausbilden. Das heilende Prinzip dabei ist Wachstum, nicht Abbau. Möchte ich ein voller Mensch sein, dann bin ich das nur, solange ich meine Pole ausbilde, lebe und damit Erfahrungen mache. Bin ich nicht in meiner Mitte, suche ich nach den fehlenden Polen. Ich möchte ausdrücklich darauf hinweisen, dass damit nicht gemeint ist, man solle Extreme oder Einseitigkeiten ausbilden. Es wird hier dezidiert von Polen gesprochen, die aufeinander bezogen sind, miteinander kommunizieren und im Bewusstsein ein kreatives Geschehen erzeugen. Dann (!) ist Mitte anwesend. Denn die Mitte ist Nichts, aber sie umfasst Alles. Und das rhythmische System ist der MENSCH selbst.

Wie oben so unten Hermes Trismesgistos und Jakob Böhme Aus dem oben Gesagtem soll deutlich geworden sein, dass es nicht um die Frage geht, sich mehr mit dem oberen oder mehr mit dem unteren zu identifizieren. Beide sind immer gleich anwesend, nur ihr Verhältnis ist verschieden. In den okkulten Strömungen wurde schon früh die Ansicht gelehrt, dass das als 12

oben und unten getrennt Erscheinende letztendlich ein „Eines“ ist. Von Hermes Trismegistos, dem Begründer der altägyptischen Hermetik ist auf der Tabula Smaragdina der Auspruch überliefert „wie oben so unten“. Dieser Spruch bildete später die Grundlage aller Alchemie. Dieser Gedanke wurde von Jakob Böhme (1575-1624) in seinem Werk „Mysterium Magnum“ weiter ausgeführt und gelehrt. Eine seiner grundlegenden Ideen ist: „Es gibt nichts Geistiges ohne Leibliches.“ Rudolf Steiner 1911 schildert Rudolf Steiner in der Vortragsreihe „okkulte Physiologie“ den Zusammenhang zwischen den 7 klassischen Planeten und den 7 Organsystemen des Menschen und greift damit die okkulte Tradition der Mystiker und Alchemisten wieder auf. 1912 schildert er, wie in dem 12-gliedrigen Tierkreismenschen sieben 7-gliedrige Menschen verborgen sind. Er nennt das in Anlehnung an Jakob Böhme das Mysterium Magnum. Drei von diesen Menschen führt er aus, (oberer Mensch, unterer Mensch und Kopfmensch), die Entdeckung der anderen überlässt er uns. 1915 führt er den Tierkreis in die Eurythmie ein und stellte damit auch einen bewegungsmässigen Bezug des Tierkreises und der Planeten zum Körper her. 1918 wendet Rudolf Steiner die in der klassischen Astrologie üblichen Zuordnungen zwischen Tierkreis und Planeten auf die Entwicklung des Menschen an: Die Tierkreiszeichen haben ihre Wurzeln im physischen Körper. Die Planeten wirken in den diesen Zeichen zugeordneten Körperregionen und unabhängig davon auch in den ihnen zugeordneten Chakren. 1920 spricht Rudolf Steiner im 2. Ärztekurs davon, dass Konstellationen wie Heilmittel aus dem Kosmischen wirken können. 1923 werden bei der Besprechung zweier Kinder im heilpädagogischen Kurs Horoskope konkret in die Betrachtung mit einbezogen. 1924 wird der Bezug des Körpers zum Kosmos konkret. Im sogenannten Lauteurythmie-Kurs werden Gebärden mitgeteilt, die der Wirksamkeit der Planeten und des Tierkreises im Körper entsprechen. Diesen werden dann die Lau13

te der Sprache zugeordnet. Damit wird die Verbindung von körperlichen Organen, Bewegung und kosmischen Kräften vollständig. Als ein geschlossenes Lehrsystem wurde der Zusammenhang zwischen den Astrologischen Elementen, Bewegung und Medizin allerdings noch nicht unterrichtet.

Unser Körper – Der Mikrokosmos des Makrokosmos Der Tierkreis im Menschen Die 12 Tierkreiszeichen werden 12 Bereichen des physischen Körpers zugeordnet. Gegenüberliegende Zeichen sind polar und verstärken einander. Der eine Pol ist der geistige Vater des anderen. Jeder geht aus dem anderen hervor.

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Planeten und Organe So wie den Tierkreiszeichen verschiedene Regionen im physischen Körper zugeordnet sind, werden den Planeten die für unsere Lebensprozesse zuständigen Organe zugeordnet: Saturn

Milz

Jupiter

Leber

Mars

Galle

Sonne

Herz

Venus

Nieren, Lungenatmung

Merkur

Lungentätigkeit

Mond

Gehirn und Fortpflanzungsorgane

Planeten im Tierkreis In der Astrologie werden die Kräfte der Planeten mit denen der Tierkreiszeichen verbunden. Jedes Tierkreiszeichen wird von einem Planeten beherrscht. Jeder Planet ist Herrscher von zwei Zeichen (Ausnahme Sonne und Mond) und hat in jedem der beiden Zeichen eine andere Ausprägung. Tierkreiszeichen

Herrscher-Planet

Widder

Mars

Stier

Venus

Zwilling

Merkur

Krebs

Mond

Löwe

Sonne

Jungfrau

Merkur

Waage

Venus

Skorpion

Mars (Pluto)

Schütze

Jupiter

Steinbock

Saturn

Wassermann

Saturn (Uranus)

Fische

Jupiter (Neptun) 15

Verbindung von Tierkreiszeichen durch ihre Planeten-Herrscher Verknüpft man die beiden vorigen Tabellen, dann werden durch die Planeten auch nicht polare Tierkreiszeichen und damit Körperregionen miteinander verbunden. · · · · · ·

Mond und Sonne verbinden Brust und Herz Merkur verbindet Jungfrau (Bauch) und Zwilling (Schultergürtel) Venus verbindet Waage (Becken) und Stier (Hals) Mars verbindet Skorpion (Geschlechtsorgane) und Widder (Kopf) Jupiter verbindet Fische (Füsse) und Schütze (Oberschenkel) Saturn verbindet Wassermann (Unterschenkel) und Steinbock (Knie)

Schaut man genau, dann werden durch die Planeten-Herrscher gerade solche Tierkreiszeichen miteinander verbunden, die sich aufgrund ihrer Elemente eigentlich fremd sind: · Merkur, Venus und Saturn verbinden Luft- und Erd-Elemente · Mars, Jupiter, Sonne und Mond verbinden Feuer- und WasserElemente In der Praxis heisst das, dass solche Verbindungen nicht von selbst entstehen. Sie brauchen zum Fruchtbarwerden die innere Aktivität des Menschen, sind dann aber etwas besonders Wertvolles. Zur Verdeutlichung sind unten die Verbindung der Tierkreisorte durch Mars und Venus graphisch dargestellt:

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Hals

Kopf

Erde

Feuer

Becken

Beckenboden

Luft

Wasser

Die Zuordnung der Laute zum Körper des Menschen In der Eurythmie und Heileurythmie werden den Tierkreiszeichen und Planeten die Qualitäten der Laute zugeordnet. In Verbindung mit Ihren Orten im Körper entstehen besondere ästhetische und heilende Wirkungen. Auch in unserer Sprache kommt dieser Zusammenhang zum Ausdruck: Worte sind W-Orte, also bewegte Orte. Sie entstehen dadurch, dass unser Inneres spezifisch in Bewegung kommt und sich die verschiedenen Aspekte unseres planetarisch-kosmischen Wesens aussprechen.

Planeten und ihre Laute U

Saturn

Milz

O

Jupiter

Leber

E

Mars

Galle

AU

Sonne

Herz

A

Venus

Nieren, Lungenatmung

I

Merkur Lungentätigkeit

EI

Mond

Gehirn und Fortpflanzungsorgane

Tierkreisorte und ihre Laute W

Widder

Kopf

R

Stier

Hals, Kehlkopf

H

Zwilling

Schultergürtel

V, F

Krebs

Brustkorb

D, T

Löwe

Brustraum

B, T

Jungfrau

Bauch, Sonnengeflecht

C, CH

Waage

Hüfte, Becken

S, SCH

Skorpion

Geschlechtsorgane

G, K

Schütze

Oberschenkel

L

Steinbock

Knie

M

Wassermann

Unterschenkel

N

Fische

Füsse 17

Tierkreis, Planeten und Laute im Körper (Zusammenfassung) In dieser Tabelle sind alle oben besprochenen Elemente zusammengefasst. Auch die im folgenden Kapitel besprochenen 7-gliedrigen Menschen sind eingearbeitet.

HIMMEL (Differenzierung)

Widder

Kopf

W

E

Venus

Stier

Hals

R

A

Merkur

Zwilling

Schultergürtel

H

I

Mond

Krebs

Brust

F, V

EI

Sonne

Löwe

Brustraum

T, D

AU

Merkur

Jungfrau

Bauch, Sonnengeflecht

P, B

I

Venus

Waage

Hüfte, Becken

C, CH

A

Mars

Skorpion

Geschlechtsorgane

S, SCH

E

Jupiter

Schütze

Oberschenkel

K, G, Z

O

Saturn

Steinbock

Knie

L

U

Saturn

Wasserm.

Unterschenkel

M

U

Jupiter

Fische

Füsse

N

O

ERDE (Vereinigung)

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Kopf-Mensch

Mars

7-Gliedrigkeit

O-Arm

Vokal

Ellenb

Konsonant

Hände U-Arm

Körper

unterer Mensch

Tierkreis

oberer Mensch mittlerer Mensch

Planet

Die 7-gliedrigen Menschen im Menschen Zwischen zwei polaren Tierkreiszeichen liegen 5 andere Zeichen. Zusammen bezeichnen diese 7 Zeichen einen bestimmten Abschnitt im Körper des 12-gliedrigen Menschen. Es zeigt sich, dass diese 7-gliedrigen Einheiten eigene Wesen im Menschen darstellen. Sie sind eine Art 7-gliedrige Teilmenschen in uns. Erst ihr Zusammenwirken bildet unsere seelisch-leibliche Lebendigkeit. Die beiden Tierkreiszeichen am Ende eines solchen 7-gliedrigen Menschen sind dann wie sein Kopf und seine Füsse. Der obere Mensch von Widder bis Waage Der sogenannte obere Mensch geht im Tierkreis vom Widder (Kopf) bis zur Waage (Becken). Es ist der kosmische Mensch, der in den Körper inkarniert und mit seinen persönlichen Impulse und Ideale in ihm lebt. Er lebt auf Kosten des unteren Menschen. Der untere Mensch von Fische bis Jungfrau Der untere Mensch geht von den Fischen (Füsse) bis zur Jungfrau (Oberbauch). Er ist verbunden mit unserem Erbstrom, gibt uns unsere Lebenskraft und Gesundheit. Die Art seiner Verbindung mit dem oberen bestimmt unsere Lebensqualität. Der mittlere Mensch von Zwilling bis Schütze Der mittlere Mensch geht vom Schützen (den Oberschenkeln) bis zum Zwilling (Schultergürtel und Arme). Er verbindet den unteren und oberen Menschen. Er ist der Heiler in uns, der unten und oben umfasst und zum rhythmischen Ausgleich bringt. Seinen Zeichen sind deshalb eine weiche und eine harte Version desselben Buchstabens zugeordnet (G-K, Sch-S,CH-C, BP, D-T, V-F, H-H). Der Gegenspieler des mittleren Menschen Der Kopfmensch hat an seinen Enden dieselben Zeichen wie der mittlere Mensch (Schütze-Zwilling), nur durchläuft er von dort die andere Seite des Tierkreises. Er beginnt im Zwilling (Schulter), geht von dort zum Widder (Kopf) an den sich im Tierkreis die Fische (hier die Hände) anschliessen. Von dort geht er bis weiter zum Schützen (Oberarm). Dies ist so, weil die 19

Tierkreiszeichen Fische, Wassermann, Steinbock und Schütze nicht nur Abschnitte des Beins sind sondern auch der Arme. Der Kopf-Mensch besteht also nur aus Kopf und Armen. Er ist das Bild des heutigen Computermenschen, der denkt, die Tastatur betätigt aber sonst nicht viel tut. Beim Kopfmenschen ist die Mitte der Widder, das Kopfwissen. Beim mittleren Menschen ist die Mitte die Jungfrau, das intuitive Wissen. Sie sind Gegenbilder. Zwischen den beiden findet in unserer Zeit die grosse Auseinandersetzung statt.

Oberer Mensch

Kopfmensch

Mittlerer Mensch

Unterer Mensch

Anfang

Mitte

Ende

Widder

Krebs

Waage

(Kopf)

(Brust)

(Becken)

Zwilling

Widder

Schütze

(Schulter)

(Kopf)

(Oberarm)

Zwilling

Jungfrau

Schütze

(Schulter)

(Bauch)

(Oberschenkel)

Fische

Schütze

Jungfrau

(Füsse)

(Oberschenkel)

(Bauch)

Loslassen und Auferstehen Das grosse Vorbild Damit der Tierkreis in mir, damit meine „W-Orte“ sprechen können, muss ich loslassen. Dann kann mein Inneres übernehmen und meine Anliegen in Harmonie ordnen und führen. Heute ist Loslassen eines der Hauptthemen in allen therapeutischen und mediatorischen Bemühungen. So loslassen, dass meine ursprüngliche Identität nicht verlorengeht. So loslassen, dass ich wirklich loslasse. So losgelassen haben, dass Neues entstehen kann. Anders als vorgestellt, lebensvoll und identisch. 20

Im Urbild wurde dieses Absteigen und wieder Aufsteigen durch die Tat des Christus vorgelebt, dem Repräsentant für die Ich-Kraft des Menschen, dessen Leben auf der Erde in einem gewaltigen Loslassen und einem dreitätigen Durchgang durch die Erdentiefen gipfelte (Matthäus 12.40). Anwendung in der Heileurythmie Heute ist es für viele Menschen kein Problem, direkt in die Ätherströme einzutauchen. Aussen „herunter strömen“, im Inneren „aufströmen“, einen Arm durchströmen, einen Arm durchstrahlen. Im Oberschenkel herein - im Schultergürtel heraus. Hier mehr - dort weniger - da anders. All das ist zunehmend möglich und der differenzierenden Erfahrung zugänglich. Zusätzlich zum unmittelbar therapeutischen Effekt ermöglicht dies dem Patienten eine neue Selbstwahrnehmung seiner inneren Potentiale. Das „Ich fühle mich gut“, d.h. „ich nehme meine inneren Energien wahr“, kann als entscheidender Faktor der Gesundheit vom Klienten zunehmend selbst hergestellt werden. Der Mensch generiert seine aufbauenden Lebensströme zunehmend selbst und die Heileurythmie kann die entsprechenden Erfahrungen dazu liefern. Die detaillierte Beschreibung und Beispiele für eine derartige HeileurythmieArbeit folgen in einer gesonderten Darstellung. Zitate von Rudolf Steiner zum Thema Heileurythmie Von Rudolf Steiner wurde die Heileurythmie in den Jahren 1920/22 entwickelt und im sogenannten Heileurythmiekurs als ein System von Übungen weitergegeben. Vor Stuttgarter Ärzten betont er am 28.10.1922, dass damit eine erste Stufe gegeben sei, über die er nicht hinausgehen wolle, bevor die Heileurythmie auch in der Praxis eingesetzt würde. Folgende Zitate von Rudolf Steiner zeigen, dass die kosmischen Gesetze und der Blick in die inneren Zusammenhänge des Körpers Bestandteil der Heileurythmie sind. Es ist zu vermuten, dass er diese Aspekte in der Weiterentwicklung der Heileurythmie zunehmend berücksichtigt hätte, so wie er es auch bei der Weiterentwicklung der Kunsteurythmie getan hat.

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„Finden Sie die (Kunst-Eurythmie) im Kosmos als Planeten- und Fixsternkräfte, als Spiegelungen der menschlichen Sprache und Musik, dann durch die Bewegungen des menschlichen Körpers selbst, finden Sie dann den Menschen, und lernen sich selbst kennen als das Wesen, das Makrokosmos und Mikrokosmos im eigenen Leib spiegelt! Erst wenn Sie diese Stellung und Aufgabe begriffen haben, könnten Sie vom Umkreis der Eurythmie zum Zentrum des Heilaspekts der Eurythmie vordringen.“ R. Steiner zu Erna von Deventer, zit. nach Sigrid Stutz Gerbaldo. Nach: Peter Selg „Wandlung und Neubeginn im Zeichen der Therapie – Der Kunstbegriff in der Heileurythmie“ in Zukunftswerkstatt 100 Jahre Eurythmie, Hg. A. Jaschke, med. Sekt. am Goetheanum

„Man muss in der Eurythmie darinnenstehen, man muss auf der anderen Seite aber auch tatsächlich hineinschauen in die körperliche Organisation. Beides sind Dinge, die man lernen kann …“ (R. Steiner, Heilpädagogischer Kurs, GA 317, S.101)

„Denn das Heilende der Heileurythmie ist im Grunde genommen, ich möchte sagen dasjenige, was beim Heilen ganz besonders auf die kosmischen Kräfte rechnet.“ (R. Steiner, Meditative Betrachtungen und Anleitung der Heilkunst, GA 316, S. 131)

Aikido, Tango und Klettern Auf vielen Gebieten beschäftigen sich die Menschen heute mit den oben genannten Phänomenen. Beim Klettern, beim Aikido, beim Tango, überall sind die oben genannten Elemente vertreten und werden geübt. Aikido ist eine betont defensive moderne japanische Kampfkunst. Sie wurde um 1927, dem Todesjahr von Rudolf Steiner von O-Sensai Morihei Uyeshiba gegründet. Aikido bedeutet in etwa „Weg zur Harmonie der Kräfte“. Im Aikido übt man, sich in der Welt des Wortes, des reinen Äthers, zu bewegen und dessen Kräfte kennenzulernen. Der Angreifer wird durch ein feines Anwenden von zentrierter Kraft auf seine Sehnen und Gelenke in diese Welt geführt. Er muss zusehen, wie sein Körper in ein Kreisen hineingezogen wird und ganz andere Dinge 22

macht, als er mit seiner Attacke vorhatte. Es ist wie ein grosses langsames Ausatmen. Die Angriffslust verschwindet, er lernt Staunen. Die astrale Aggression wird in das Kreisen des Äthers, der Lebenswelt des Christus, übergeführt. Dabei weist Morihei Uyeshiba auch auf die Bedeutung der Laute für diese Arbeit hin: "Im Anfang war die Urkraft, die wir ki (Äther) nennen. Diese Kraft ist als Laut oder Wort in Erscheinung getreten und hat die Welt, in der wir leben erschaffen. Folglich ist unser Leben ein Teil des Universums, und jeder von uns, selbst der Schwächste, besitzt ki, d.h., eine grosse innere Kraft, die ihm von Geburt an gegeben ist." Er fordert seine Schüler auf: "Versteht die Bedeutung der Laute und bezieht sie in die körperlichen Aikido-Techniken ein!" Damit bekommt diese „Ent-Kampf-Kunst“ einen Bezug zum Prolog der Johannes-Apokalypse: „Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort.“ O-Sensai Morihei Uyeshiba, zit.nach André Nocquet - Der Weg des Aikido

Beim Tango wird ganz bewusst zwischen oberer und unterer Mensch unterschieden. Sie werden ganz verschieden bewegt und eingesetzt. Die eigene Achse und die der Partners, der Partnerin stehen im Zentrum aller Bewegungen. Es ist eine Kommunikation ohne Worte, und die Körper verstehen sich. Es ist berührend, zu sehen, wie in den Tango-Schulen dieselben Übungen gemacht werden, wie man sie aus den Eurythmie-Schulen kennt. Wichtiger als die Kraft ist beim Klettern die Technik. Hier geht es nicht nur ums Festhalten sondern auch um das (gekonnte) Loslassen. Sonst kommt man nicht mehr weiter und bleibt da kleben, wo man ist. Auch beim sogenannten Speed-Klettern kann man interessante Beobachtungen machen. Schafft man/frau es, mit dem „Ich“ schon oben am Ziel zu sein und dann den Körper nur noch loszulassen, so dass er wie eine Katze die senkrechte Wand hinauftanzt? Oder spürt man/frau mehr seinen physischen Leib und verbindet sich mit dessen physischer Kraft, so dass der Eindruck von Leichtigkeit dem einer Anstrengung weicht? Besondres schön ist es, wenn man diesen Unterschied von zwei Personen nebeneinander an einer Kletterwand vorgeführt bekommt. 23