Das Gender-Konzept der Pestalozzischule Wermelskirchen

Das Gender-Konzept der Pestalozzischule Wermelskirchen 1.1 Zielsetzung Unser Gender-Ziel ist das gleichberechtigte Miteinander von Jungen und Mädche...
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Das Gender-Konzept der Pestalozzischule Wermelskirchen 1.1

Zielsetzung

Unser Gender-Ziel ist das gleichberechtigte Miteinander von Jungen und Mädchen, Männern und Frauen in der Pestalozzischule, im Schulalltag, im Miteinander, bei der Mitwirkung, im Unterricht und in Projekten. Die Möglichkeiten und Angebote sowie die Arbeits- bzw. Lernbedingungen der Schule sind für beide Gruppen gleichwertig zu gestalten, unabhängig davon, ob sie die besonderen oder die gemeinsamen Interessen und Bedürfnisse der Gruppen berücksichtigen. Darüber hinaus ist die Förderung der Chancengleichheit und das Entgegenwirken gegen geschlechtstypische Nachteile für Mädchen und Jungen, Frauen und Männer auch über den Schulbereich hinaus ein Ziel unserer Erziehungs- und Bildungsarbeit. Dabei verzichten wir auf einseitige Nachteils- und Vorteilszuschreibungen und streben in jedem schulischen Bereich Überprüfungen zur Gleichstellung an .

1.2

Dimensionen

Um dieses Ziel zu erreichen, müssen mehrere Dimensionen berücksichtigt werden:   

1.3 

    

Gleichstellung als eigener Schulprogramm-Schwerpunkt Gleichstellung als Querschnittsaufgabe im Schulmanagement, in der Schulorganisation Gleichstellung in der Sprachanwendung in der Schulprogrammarbeit, bei Mitteilungen und Formalien

Grundsätze Wir berücksichtigen die geschlechtsspezifische Prägung durch Schule, Familie, Umwelt und Medien und die daraus folgenden Denk- und Verhaltensmuster unserer Schülerinnen und Schüler. Dazu gehört auch die Berücksichtigung der Rollenprägung durch Nationalität, Religion und sozialer Herkunft. Wir beachten die alterstypische Rollenprägung, da wir Kinder und Jugendliche unterrichten. Wir fördern soziales Verhalten, das Gemeinschaft und Freundschaft ebenso fördert, wie das Selbstvertrauen bei Mädchen und Jungen. Wir tragen dadurch dazu bei, dass geschlechtsbedingte Vorurteile und Benachteiligungen abgebaut werden. Wir achten darauf, dass geschlechterspezifische Formen von Gewalt und Sexismus erkannt und vermieden werden. Wir ermöglichen einen gleichgestellten und geschlechtergerechten Umgang aller am Pestalozzischule: Gender/Gleichstellung

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Schulleben beteiligten Personen. 1.4     

Rollenbilder Wir vertreten aufgrund rechtlicher Vorgaben und aus menschlichen Beweggründen den Grundsatz von der Gleichwertigkeit von Mädchen und Jungen, von Frauen und Männern. Wir präferieren Rollenbilder, die die Stärken eines Geschlechts betonen, ohne dem anderen Geschlecht damit automatisch Schwächen zuzuweisen. Wir nehmen an, dass geschlechtstypische Stärken persönliche und soziale Vorteile haben können, erwarten aber, dass diese Vorteile der Gemeinschaft zugutekommen und nicht zur Benachteiligung des anderen Geschlechts eingesetzt werden. Wir gehen davon aus, dass beide Geschlechter voneinander lernen können. Wir sehen Vorteile darin, geschlechtsuntypische Lernangebote ebenso zu erproben wie geschlechtsaffine, da wir Rollenbilder präferieren, die sowohl geschlechtstypische als auch das Rollenbild sprengende Entwicklungsmöglichkeiten zulassen, und Rollenstereotype ablehnen.

Diese Rollenbilder und Grundsätze prägen maßgeblich unseren pädagogischen Auftrag, selbstverständlich auf den Rechtsgrundlagen der Vorgaben des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland und des Schulgesetztes NRW.

2.

Schulorganisatorische Ansätze

2.1

Gender: Schülerinnen und Schüler

2.1.1 Unterricht in der Pestalozzischule findet koedukativ statt. Individuelle Förderziele haben Vorrang. Sportunterricht kann bei Bedarf in den Abschlussklassen klassenübergreifend in Jungen- und Mädchengruppen erteilt werden. Die schuleigenen Lehrpläne berücksichtigen die für Mädchen und Jungen interessanten und relevanten Themen. Die Unterrichtsgestaltung berücksichtigt die Verhaltensvorlieben und Bedürfnisse von Mädchen und Jungen, z.B. Bewegungselemente, Lesepausen etc., wobei die Angebote von Jungen und Mädchen angenommen werden können. Das Schulleben wird gemeinschaftlich unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Interessen und Vorlieben von Mädchen und Jungen (und Frauen und Männern) gestaltet. Die Sitzordnung und die Lernformen in den Klassen dienen der Überwindung von Geschlechtertrennung, auch wenn dies in einigen Jahrgangsstufen, in denen sich das eine Geschlecht über die Abgrenzung vom anderen definiert, zunächst über Phasen des Zulassens von Jungen- und Mädchengruppen erfolgt. 2.1.2 Partizipation Wo dies möglich ist, werden in den Klassen jeweils ein Junge und ein Mädchen als Klassensprecher/in gewählt. Diese Vorgehensweise wird den Schüler(inne)n vorgeschlagen, aber nicht vorgeschrieben. Klassensprecher/innen und Vertreter/innen wählen in der SV den Vertrauenslehrer und die Vertrauenslehrerin sowie den Schülersprecher und die Schülersprecherin für die Primarstufe (Kl. 1-6) und die Sekundarstufe (Kl. 7-10) für ein Jahr. Beide nehmen an den SchuL-Rat-Sitzungen teil, ebenso wie die Vertrauenslehrerin und der Vertrauenslehrer. Der Schulsozialarbeiter und die Schulsozialpädagogin nehmen je nach Thema und Bedarf teil. Pestalozzischule: Gender/Gleichstellung

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2.1.3 Arbeitsgemeinschaften und Taschengeldgruppen: Bei den AGs ergeben sich durch die Festlegung der Angebote und durch die Wahl der Jugendlichen schwerpunktmäßig höhere Mädchen- bzw. Jungenanteile je nach Angebot. Es wird darauf geachtet, dass für beide Gruppen genügend attraktive Angebote gestaltet werden. In Einzelfällen gibt es Kursangebote, die nur von Mädchen bzw. Jungen besucht werden. Angesprochen und motiviert teilzunehmen werden immer beide Geschlechter. Die Freude an der jeweiligen Sportart bzw. dem jeweiligen Thema hat hier Vorrang. Wahlen, die nicht dem Gender Mainstream folgen (z.B. Mädchen in der Fußball-AG, Jungen in der Mal-AG) werden als Bereicherung für die Gruppen begrüßt. 2.1.4 BEST- und WEST-Projekte Die sozial und/oder wirtschaftlich orientierten Arbeitsgruppen und Schülerfirmen zur Gestaltung des Schullebens (BEST: Bürgerliches Engagement, Soziales Training / WEST: Wirtschaftliches Engagement, Soziales Training) stehen für alle Schüler/innen offen. Hier wird auf gemischte Gruppen Wert gelegt, damit einige Tätigkeiten (z.B. Wäschedienst, Büchereidienst, Spieleausleihe) nicht als „Mädchenkram“ abgetan werden, sondern als gemeinschaftliche Aufgabe für die Schulgemeinschaft erkannt und anerkannt werden. Andere Dienste, die früher fast ausschließlich von Jungen gewählt wurden (Reparaturgruppe, Schulsanitäter), sind inzwischen auch für Mädchen attraktiv. 2.1.5 Berufsvorbereitung Schülerfirmen richten sich nach der Ausstattung/Räumlichkeiten der Schule. Jungen wie Mädchen bewerben sich gleichermaßen und werden nach individuellen Gesichtspunkten aufgenommen. Dabei wird über zwei Jahre (Klasse 9 und 10) darauf geachtet, dass die Schülerinnen und Schüler alle Bereiche kennenlernen und erproben (Werkstatt Metall, Werkstatt Holz, Textiles Gestalten, Hauswirtschaft, bei Bedarf zusätzlich Werken Ton,). Auf der Grundlage dieser Erfahrungen können sie dann entsprechend ihrer Neigung wählen. In der Praxis werden alle Gruppen sowohl von Jungen als auch von Mädchen gewählt. Die Teilnahme an der zweiwöchigen „Metallwerkstatt“ des BZI in Remscheid ist verpflichtend für Jungen und Mädchen der Klasse 8. Die Teilnahme an dem 14-tägigen Praxismodul (1 Nachmittag) ist interessengeleitet, steht aber Jungen und Mädchen offen. 2.1.6 Sexualerziehung Grundsätzlich findet der Unterricht im Klassenverband statt. Gezielte Fragestunden werden jedoch nach Geschlecht getrennt mit Lehrerinnen bzw. Lehrern durchgeführt. Bei Projekten außerschulischer Partner (z.B. Aidsprävention oder Babypuppen-Projekt) werden je nach Inhalt Gruppen nach Geschlecht getrennt eingerichtet, oft klassenübergreifend. 2.1.7 Fühlfragen In einem Turnus von zwei Jahren wandert dieser „Mitmach-Parcours“ durch den RheinischBergischen Kreis. Zielsetzung dieser Ausstellung ist die Stärkung des Selbstbewusstseins. Jungen und Mädchen sollen „befähigt werden, ihre eigenen Grenzen wahrzunehmen und zu verbalisieren, die Grenzen anderer zu respektieren und in problematischen Situationen ihre Handlungsmöglichkeiten erweitern“ (Konzept Kinderschutzbund). Konzipiert wurden die “Fühlfragen“ vom Kinderschutzbund in Zusammenarbeit mit dem Präventionsfachdienst der katholischen Erziehungsberatung e.V. und der Diakonie für die Jahrgangsstufen drei und vier. Fachkräfte aus diesen Institutionen sowie aus dem Jugendamt betreuen die jeweilige Ausstellungszeit. Pestalozzischule: Gender/Gleichstellung

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Frau Lenz, die als Schulsozialarbeiterin zuständig ist für die Mädchenarbeit und zugleich die Kinderschutzbeauftragte für Mädchen an der Schule ist, betreut das Projekt in Zusammenarbeit mit dem Jugendamt. Beispiele für Angebote durch Kooperationspartner, die das Angebot der Schule ergänzen und sich häufig auf eine Geschlechtsgruppe beziehen: 2.1.8 Babypuppenprojekt, Babybedenkzeit, Elternpraktikum Dieses Projekt wurde an der Pestalozzischule 2013 erstmals durchgeführt. Das Angebot richtete sich bisher an interessierte Schüler/innen der Abgangsklasse. Ziel eines solchen Projektes ist die Auseinandersetzung mit den Aufgaben von Elternschaft und die Erweiterung von Kenntnissen und Handlungsstrategien. Es soll nicht der Wunsch nach Kindern verhindert werden, sondern elterliche Gewalt durch Unwissenheit und Überforderung. Zum Abschluss der Babybedenkzeit findet eine sexual-pädagogische Einheit statt. Getrennt vom anderen Geschlecht findet die Auseinandersetzung mit dem Thema „Fragen der/zur eigenen Sexualität“ statt. Kooperationspartner ist der Fachdienst Prävention. Anmerkung: Beim ersten Durchgang haben auch Jungen großes Interesse an dem Projekt bekundet. 2.1.9 „Girls Day“ und „Jungen-Tag“ Das „Girls Day“- Angebot richtet sich speziell an die Mädchen. Die Schülerinnen sollen im Rahmen von Erkundungen bzw. Praktika in Betrieben typische Männerberufe kennen lernen. Schülerinnen der Klassen 7 und 8 unserer Schule nutzen dieses Angebot mit Betreuung durch die Schulsozialarbeiterin in Einzelfällen nach ihren individuellen Möglichkeiten. Das dem „Girl´s day“ entsprechende Angebot („Boys day“) wendet sich an die Jungen. Dieses Angebot als Schnupperpraktikum in sozialen Einrichtungen muss in der Schule noch umgesetzt werden. 2.1.10 Selbstbehauptungskurse für Jungen und Mädchen Diese Kurse sind seit vielen Jahren Bestandteil des Schulprogramms. Sie werden einmal im Jahr mehrtägig für Jungen und Mädchen als getrennte Kurse angeboten. Der Jungen-Kurs wird von Männern, der Mädchenkurs von Frauen geleitet. Die Trainer/innen verfügen über eine Ausbildung als Selbstbehauptungstrainer/innen und über mehrjährige Erfahrung.

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Schulorganisatorische Ansätze

2.2

Gender: Lehrer/innen und Mitarbeiter/innen

2.2.1 Klassenlehrer/innen Wo immer möglich, werden sowohl ein Lehrer als auch eine Lehrerin als Team mit der Klassenleitung beauftragt. Dies ist wichtig zur Entwicklung eines Rollenbildes, als Vorbildfunktion, aber auch als Entlastungsfunktion, wenn ein Geschlecht bei einem Schüler, einer Schülerin aufgrund der familiären Erfahrungen sehr negativ besetzt ist. Aktuell ist ein solches Tandemteam nur bedingt möglich, weil der Anteil der männlichen Lehrkräfte nur bei 25% am Gesamtkollegium liegt und weil zwei Männer schwerpunktmäßig im Werkstattbereich arbeiten. Manchmal gibt es persönlich bedingte Gründe, die eine andere Teambildung sinnvoller erscheinen lassen, damit die Schüler/innen das Team als „Einheit“ erleben. Pestalozzischule: Gender/Gleichstellung

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2.2.2 SV-Lehrer/in Die Klassensprecherinnen und Klassensprecher und ihre Vertreter/innen wählen eine Vertrauenslehrerin und einen Vertrauenslehrer (in einem Wahlgang), damit Jungen und Mädchen einen Ansprechpartner/ eine Ansprechpartnerin (z.B. bei geschlechtsspezifischen Problemen haben). 2.2.3 Schulsozialarbeit An der Pestalozzischule arbeitet ein Schulsozialarbeiter mit ganzer Stelle u.a. im Bereich Jungenförderung und Antigewalttraining. Er bietet aber auch koedukative Angebote in den Bereichen Erlebnispädagogik und Sozialtraining (z.B. „Mut tut gut“) an. Die Schulsozialpädagogin arbeitet mit halber Stelle schwerpunktmäßig in der Primarstufe und im Bereich Mädchenförderung. Sie begleitet z.B. das Babypuppen-Projekt der Klassen 9/10. 2.2.4 Betreuungskräfte Es wird Wert darauf gelegt, dass sowohl weibliche als auch männliche Betreuungskräfte in der Offenen Ganztagsschule und in der sozialpädagogischen Gruppe und in der Übermittagsbetreuung zum Einsatz kommen. Das gestaltet sich aber schwierig, weil sich Männer deutlich seltener um die Stellen bewerben. 2.2.5 Lehrerrat Der Lehrerrat der

Pestalozzischule

ist

mit

Lehrerinnen

und

Lehrern

besetzt.

2.2.6 Gleichstellungsbeauftragte Die Ansprechpartnerin für Gleichstellungsfragen unterstützt die Schulleitung bei der Beachtung und Umsetzung gleichstellungsrechtlicher Vorgaben. 2.2.7 Schulleitung Die Schulleitung achtet auf die regelmäßige und selbstverständliche Benutzung der weiblichen und männlichen Form bei Elternbriefen, Formularen, Konzepten. Bei Schülerarbeitsblättern wird die Benutzung der männlichen Form zugelassen, wenn die Lesbarkeit der Texte durch die Anwendung beider Formen beeinträchtigt wird (Beispiel „Schüler“ statt „Schülerinnen und Schüler“ oder „Schüler/innen“ bei Arbeitsblättern und Texten in der Primarstufe). Die Schulleitung berücksichtigt im Aufgabenbereich der Personalentwicklung sowohl Fragen der Gleichstellung als auch persönliche Stärken und Vorlieben der Kolleginnen und Kollegen. In schulischen Gremien sind Männer und Frauen vertreten, wo immer dies möglich ist (Männeranteil im Kollegium gering, im Betreuungsbereich noch geringer, in der mitwirkenden Elternschaft von Jahr zu Jahr unterschiedlich gering). Bei der Verteilung der Aufgaben wird auf eine gleichmäßige Verteilung unter allen Arbeitnehmer(inne)n geachtet. Die Vereinbarkeit von Schule und Familie wird berücksichtigt. Hier werden Kollegen selbstverständlich ebenso berücksichtigt wie Kolleginnen, wenn sie ihrem Rollenbild entsprechend darauf Wert legen.

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Handlungs- und Entwicklungsbedarfe

Dieses Konzept entsteht zu einem Zeitpunkt, an dem das Schulprogramm und die meisten Konzepte komplett überarbeitet und beschlossen wurden. Die hier formulierten Zielsetzungen, Grundsätze und Ansätze können daher nicht explizit, vielmehr implizit Aspekte des Schulprogramms und der Schulprojekte und Konzepte sein. Es gilt nun, diese Aspekte mit Vorliegen dieses Konzeptentwurfs zu überprüfen. Ferner muss überprüft werden, ob die Evaluationsergebnisse zu den Befragungen der Abschlussschüler/innen sowie die Befragungen der Erziehungsberechtigten unserer Schüler/innen geschlechtsrelevante Unterschiede und mögliche Handlungsbedarfe erkennen lassen. Darüber hinaus werden im Schulalltag immer wieder geschlechtsstereotype Vorurteile verwendet, um belastende Situationen zu erklären („aggressive Jungen“ in den Pausen, „zickige, intrigante“ Mädchen bei Konflikten aufgrund von Gerede und Ausgrenzungen). Hier bedarf es einer Sensibilisierung für diese Stereotypen, der Hinterfragung der Ursachen für das Auftreten des Verhaltens im schulischen Umfeld und der Schaffung alternativer Angebote, die die jeweiligen Vorlieben (als positive Seite der negativen Auffälligkeiten) stärker berücksichtigen. Stand Januar 2013 Verantwortlich: Steuergruppe, Schulsozialarbeiter/in, Gleichstellungsbeauftragte

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