Das Brachistochrone-Problem oder: Wer kommt am schnellsten runter?

Die historische Aufgabenstellung (nach Bernoulli) ”Wenn in einer verticalen Ebene zwei Punkte A und B gegeben sind, soll man dem beweglichen Punkte M eine Bahn AMB anweisen, auf welcher er von A ausgehend vermöge seiner eigenen Schwere in kürzester Zeit nach B gelangt[...] Damit Liebhaber solcher Dinge Lust bekommen sich an die Lösung dieses Problems zu wagen, mögen sie wissen, dass es nicht, wie es scheinen könnte, blosse Speculation ist und keinen praktischen Nutzen hat. Vielmehr erweist es sich sogar, was man kaum glauben sollte, auch für andere Wissenszweige, als die Mechanik, sehr nützlich. Um einem voreiligen Urtheile entgegenzutreten, möge noch bemerkt werden, dass die gerade Linie AB zwar die kürzeste zwischen A und B ist, jedoch nicht in kürzester Zeit durchlaufen wird. Wohl aber ist die Curve AMB eine den Geometern sehr bekannte; die ich angeben werde, wenn sie nach Verlauf dieses Jahres kein anderer genannt hat.“ Gelöst wurde das Problem von Johann und Jakob Bernoulli, von Gottfried Willhelm Leibniz und dem Marquis de l’Hospital. Leibniz verzichtete auf die Veröffentlichung seines Lösungsweges, da sich dieser mit dem von Johann Bernoulli ziemlich glich. Auch Isaac Newton, der Konkurrent von Leibniz, veröffentlichte, wie man später herausfand, in einer englischen Zeitung anonym eine Lösung. Diese wurde allerdings von Johann Bernoulli, als von Newton verfasst, identifiziert. Man sagt, dass Newton dieses Problem in einer Nacht, innerhalb von 12 Stunden gelöst habe.

Historische Lösung nach Johann Bernoulli Die Grundlage seiner Überlegungen liegt im Fermatschen Prinzip (1657). Dies beruht auf dem Wissen, dass sich das Licht immer den schnellsten Weg sucht und dem Brechungsgesetz von Willebrord Snell. Das Fermat'sche Prinzip (nach Pierre de Fermat) besagt, dass Licht in einem Medium in der Regel den schnellsten Weg von einem Punkt zum anderen nimmt. Nach dem Fermat'schen Prinzip sind Lichtstrahlen in jedem homogenen Medium gerade. An Grenzflächen zweier homogener Medien gilt das Reflexionsgesetz, dass Einfalls- und Ausfallswinkel übereinstimmen, und das Snelliussche Brechungsgesetz, dass Licht zum optisch dichteren Medium gebrochen wird.

Hier z. B. wählt das Licht im Wasser (Lichtgeschwindigkeit Wasser = 225000km/s ) den kürzeren Weg an die Oberfläche, als den direkten Weg zum Auge. Den Zeitverlust wird es in der schnelleren Materie (Lichtgeschwindigkeit Luft = 300000km/s ) wieder durch eine höhere Geschwindigkeit auf dem längeren Weg ausgleichen. Die verschiedenen Geschwindigkeiten in der Materie sind bei uns im aktuellen Zustand (Geschwindigkeit) der Kugel zu sehen.

Berechnung

Bernoulli betrachtete nun die Kurve der Brachistochrone als einen Polygonzug aus vielen von diesen Brechungen, da dieses Brechungsgesetz auch für mehrere Materienwechsel gilt.

Wenn sich nun die Polygone einer unendlichen Anzahl annähern, nähert sich der Polygonzug einer Kurve an. Diese Kurve ist die Brachistochrone, die Kurve mit der geringsten Durchlaufzeit.

Lösung:

mit Anfangswert

setzte

Johann Bernoulli war diese Differentialgleichung bekannt und die einzige Lösung dafür ist die Zykloide in der Parameterdarstellung, wobei die Konstante k dem Durchmesser des Kreises entspricht:

Die Zykloide Die Zykloide ist die Kurve, die ein Punkt auf dem Umfang eines Kreises beschreibt, wenn der Kreis längs einer Geraden abrollt. Wenn der Punkt P im Inneren des erzeugenden Kreises liegt, entsteht eine verkürzte Zykloide; liegt er außerhalb, so erhält man eine verlängerte Zykloide mit Schleifen. Alle diese Kurven fasst man auch unter der Bezeichnung Trochoiden (Radkurven) zusammen.

Epizykloiden Wenn ein Kreis vom Radius a außen auf einem Kreis vom Radius b abrollt, beschreibt ein Punkt auf dem Kreisumfang eine Epizykloide, ein Spezialfall einer Zykloide.

Wenn eine ganze Zahl ist, erhalten wir nach einer Umdrehung eine geschlossene Kurve. Wenn das Verhältnis eine rationale Zahl ist, schließt sich die Kurve erst nach mehreren Umdrehungen. Ist es irrational, schließt sie sich nie.

Für b = a ergibt sich eine Kardioide (Herzkurve). Für Umfang und Fläche erhält man:

Hypozykloiden Eine Hypozykloide erhält man, wenn der kleine Kreis innen am großen abrollt. Auch hier erhalten wir nach einer Umdrehung eine geschlossene Kurve, wenn eine ganze Zahl ist.

Für b = 4a ergibt sich eine Astroide (Sternkurve) mit den Maßen

Die  Zykloide  als  Tautochrone   Zu einer der wichtigsten physikalischen Entdeckungen an der Zykloide im 17.Jahrhundert gehört die Eigenschaft der Tautochronie. „Eine (ebene) Kurve von A bis B im Schwerefeld der Erde heißt tautochron, wenn sich ein Gegenstand nur unter dem Einfluß der Schwerkraft bewegt und vom Startpunkt A zum unteren Zielpunkt B dieselbe Zeit benötigt, wie von jedem anderen Startpunkt zwischen A und B auf ihr.“

Literatur [1] www.matheraetsel.de/texte/FacharbeitChrBLP.pdf [2] http://de.wikipedia.org/wiki/Fermatsches_Prinzip [3] http://members.chello.at/gut.jutta.gerhard/zykl1.htm [4] http://geometrie.diefenbach.at/Rad/Rollkurven.pdf