D O K U M E N T A T I O N

DOKUMENTATION 11. Spandauer Gesundheitskonferenz Gesund Aufwachsen in Spandau Ceren Ates ©2013 Donnerstag, den 05. September 2013 Zitadelle Spandau...
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DOKUMENTATION 11. Spandauer Gesundheitskonferenz

Gesund Aufwachsen in Spandau

Ceren Ates ©2013

Donnerstag, den 05. September 2013 Zitadelle Spandau

Impressum Herausgeber:

Bezirksamt Spandau von Berlin Abt.: Soziales und Gesundheit Planungs- und Koordinierungsstelle Galenstraße 14, 13597 Berlin Tel: 90279 – 4032, Fax: 90279 – 4075 In Zusammenarbeit mit dem Netzwerk Präventionsmedizin und Gesundheitsförderung im Kindes- und Jugendalter – KiJuFit in Spandau / Evangelisches Waldkrankenhaus Spandau Redaktion:

Elke Achilles, Renate Saalfrank Tanja Götz-Arsenijevic

Internet: www.berlin.de/ba-spandau/verwaltung/abt/sg/planleit.html Stand: Juli 2014

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Druckauflage: 60 Stück

Inhaltsverzeichnis

Programm ................................................................................................................... 5

Damit alle Kinder gesund aufwachsen: Integrierte Gesamtstrategien für mehr Chancengleichheit .......................................... 6 Gesundes Aufwachsen für jedes Spandauer Kind – ein gemeinsames Ziel im Bezirk ............................................................................... 9 Gesundes Aufwachsen am Beispiel Falkenhagener Feld ......................................... 13 AG 1 - Junge Familien als gesunder Ort .............................................................. 18 AG 2 - Kita als gesunder Ort ................................................................................ 24 AG 3 - Grundschule als gesunder Ort .................................................................. 36 AG 4 - Oberschule als gesunder Ort ..................................................................... 41

Nachbereitung der Ergebnisse der Gesundheitskonferenz ....................................... 45 Formulierung von Handlungsthemen und Ziele und weiterführenden Schritten Ausblick ..................................................................................................................... 47

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Einleitung

Sehr geehrte Damen und Herren, am Donnerstag, den 5. September 2013 fand die Spandauer Gesundheitskonferenz unter dem Thema: „Gesund aufwachsen in Spandau“ - Teilhabe aller am gesunden aufwachsen sichern - durch eine Kultur der gemeinsamen Verantwortlichkeit in den Italienischen Höfen der Zitadelle Spandau statt. Die Gesundheitskonferenz wurde vom Bezirksamt Spandau (Planungs- und Koordinierungsstelle, Gesundheitsamt, Jugendamt und Schule) in Zusammenarbeit mit dem Evangelischen Waldkrankenhaus Spandau (Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Netzwerk Präventionsmedizin - Gesundheitsförderung im Kindes- und Jugendalter) und Gesundheit BerlinBrandenburg e.V. (Koordinierungsstelle gesundheitliche Chancengleichheit) durchgeführt. Auf verschiedenen Ebenen wollten wir mit der Gesundheitskonferenz dazu beitragen, u. a. Kindern und Jugendlichen im Bezirk Spandau ein „Gesundes aufwachsen“ zu ermöglichen, das Bewusstsein aller Beteiligten für diesen Prozess zu schärfen, vorhandene Tätigkeitsfelder, Fachleute und Akteure, sowie bestehende Netzwerke zu stärken, bisherige Ansätze zu beleuchten, neue zielgerichtete Ansätze zu entwickeln, bestehende Strukturen sinnvoll zu nutzen und perspektivisch neu zu orientieren. Ziel führend war dabei die Idee, die Entwicklung einer „Vision“, einer „Kultur der gemeinsamen Verantwortung“ aller Akteure für Kinder und Jugendliche, des Weiteren die einzelnen Lebensphasen und deren Übergänge klar im Blick zu haben und gemeinsam zu gestalten. Gut funktionierende Kooperationen und Netze weiter zu entwickeln und zu ergänzen, um immer deutlicher zum Wohle der Kinder, Jugendlichen und Familien noch besser zusammenwirken zu können. Als Zielgruppen eingeladen waren, alle diejenigen, die mit Familien, Kindern und Jugendlichen arbeiten wie Sozialarbeiter/-innen, Erzieher/-innen, Lehrer/-innen, Hebammen, Therapeuten/-innen und Ärzte/-innen. Es nahmen 150 Akteure und Fachleute an der Spandauer Gesundheitskonferenz teil. Diese Spandauer Gesundheitskonferenz gilt als „Auftaktveranstaltung“ für den Aufbau einer Präventionskette „Gesund aufwachsen in Spandau“. Die in den Arbeitsgruppen unter verschiedenen Fragestellungen erarbeiteten Ergebnisse werden Prozesshaft weiter entwickelt und sind maßgebend für die Handlungsthemen und Zielstellungen. Für die Begleitung dieses Prozesses wird im Juni 2014 eine ressortübergreifende AG „Gesund aufwachsen in Spandau – Präventionskette aufbauen“ eingerichtet. Nach der Programmübersicht folgt eine Zusammenfassung der einführenden Vorträge die die gesundheitsfördernde Gesamtstrategie zum Gesunden aufwachsen aller Kinder und Jugendlicher auf nationaler-, landes- und bezirklichen Ebene darstellen sowie einführende Impulsvorträge der Arbeitsgruppen. Je nach Vorgabe der Referenten/Innen finden Sie die Beiträge entweder als Power PointPräsentation oder in Textform.

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Programm 9:45 – 11:30 Uhr

Vorträge

9:45 - 10:15 Uhr

„Damit alle Kinder gesund aufwachsen: Integrierte Gesamtstrategien für mehr Chancengleichheit“ Andrea Möllmann (Gesundheit Berlin Brandenburg e.V., Koordinierungsstelle gesundheitliche Chancengleichheit)

10:15 – 10:45 Uhr

Gesundes Aufwachsen für jedes Spandauer Kind ein gemeinsames Ziel im Bezirk" Dipl.-Med. Gudrun Widders (Bezirksamt Spandau von Berlin, Amtsärztin, Leiterin des Gesundheitsamtes) Gesundes Aufwachsen am Beispiel Falkenhagener Feld Tanja Götz-Arsenijevic / Ulrike Feder (Ev. Waldkrankenhaus Spandau, Netzwerk Präventionsmedizin und Gesundheitsförderung im Kindes- und Jugendalter – KiJu Fit in Spandau)

10:45 – 11:15 Uhr

11:15 - 11:30 Uhr

Hinweise zu den Posterpräsentationen und den Arbeitsgruppen

11:30 – 12:00 Uhr

Präsentation von Netzstrukturen - Posterpräsentationen Vorstellung von bestehenden, gelungenen Netzwerken, verschiedenen Projekten und Einrichtungen zu den Themengebieten der Arbeitsgruppen

12:00 – 13:00 Uhr

Mittagspause In der Zitadelle stehen Ihnen Getränke und ein kleiner Imbiss zur Verfügung

13:00 – 15:00 Uhr

Arbeitsgruppen AG 1: Junge Familie als gesunder Ort AG 2: Kita als gesunder Ort AG 3: Grundschule als gesunder Ort AG 4: Oberschule als gesunder Ort

15:00 – 15:30 Uhr

Veranstalter:

Organisation: Moderation:

Vorstellung der Ergebnisse aus den Arbeitsgruppen im Plenum

Bezirksamt Spandau von Berlin in Zusammenarbeit mit dem Evangelischen Waldkrankenhaus Spandau (Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Netzwerk Präventionsmedizin - Gesundheitsförderung im Kindes- und Jugendalter) und Gesundheit BerlinBrandenburg e.V. (Koordinierungsstelle gesundheitliche Chancengleichheit) Abteilung Soziales und Gesundheit, Planungs- und Koordinierungsstelle Elke Achilles (Bezirksamt Spandau von Berlin) Danielle Dobberstein (Gesundheit Berlin Brandenburg e.V.) 5

Damit alle Kinder gesund aufwachsen: Integrierte Gesamtstrategien für mehr Chancengleichheit Andrea Möllmann Gesundheit Berlin – Brandenburg e.V., Koordinierungsstelle gesundheitliche Chancengleichheit

Die Einführung in das Thema „Damit alle Kinder gesund aufwachsen: Integrierte Gesamtstrategien für mehr Chancengleichheit übernahm Andrea Möllmann von Gesundheit Berlin – Brandenburg e.V., Koordinierungsstelle gesundheitliche Chancengleichheit.

Dass Kinder und Jugendliche aus sozial benachteiligten Familien höhere Gesundheitsrisiken aufweisen, liegt nicht an fehlendem Wissen und fehlenden Kompetenzen und Potenzialen, sondern an den schlechten Rahmenbedingungen unter denen sie und ihre Familien unverschuldet leben müssen und den hohen Belastungen, denen sie ausgesetzt sind.

Gesundheit wird zu einem gewissen Teil durch genetische und individuelle Lebensstile beeinflusst, insbesondere aber durch Faktoren, die der einzelne Mensch nicht beeinflussen kann, mit denen er aber in Wechselwirkung steht. Hierzu zählen z. B. kommunale Infrastruktur (Zugang zu Gesundheitsversorgung, Transport, Wohnverhältnisse, Kultur, Bildung) und Faktoren wie Umweltbedingungen, Gesetzeslage, Lage des Finanzmarktes und wirtschaftliche Lage.

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Ansatz der Gesundheitsförderung ist es, Menschen bzw. Gruppen in ihren Ressourcen zu stärken und sie in der Ausübung eines selbstbestimmten Lebens zu unterstützen sowie die Rahmenbedingungen für ein Leben in Wohlergehen entsprechend zu gestalten. Hierzu zählt Entwicklung gesunder Lebenswelten wie Familie, Kita, Schule, Betrieb, Stadtteil, etc. (Setting-Ansatz). Grundlegendes Kriterium ist dabei die Partizipation aller Beteiligten Die einzige Aufgabe von Kindern ist es sich altersgemäß zu entwickeln und nicht, die Folgen von Armut zu bewältigen. Wollen wir gesunde Kinder, müssen wir Eltern und Familien in ihren Kompetenzen unterstützen, denn Eltern sind und bleiben die Expert/innen für ihre Kinder.

Die ressourcenorientierte Unterstützung von Kindern, Jugendlichen und Familien ist keine Kann-Leistung, sondern ist gesetzlich festgeschrieben. Die Lebenslagen von Familien sind so komplex, dass alle Bereiche Verantwortung für gutes und gesundes Aufwachsen tragen.

Mit dem Aufbau von bezirklichen Präventionsketten besteht die Chance, die versäumten Strukturen und Angebote besser miteinander zu verzahnen. Sie orientieren sich am Lebensverlauf eines Menschen und ein besonderer Fokus liegt auf der positiven Gestaltung der formalen Übergänge im Lebensverlauf. Der Aufbau von Präventionsketten erfolgt bereichs- und professionsübergreifend. Präventionsketten wirken „bevor das Kind in den Brunnen gefallen ist“!

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Mit dem Aufbau von Präventionsketten ist die Frage, wie ein Aufwachsen in Wohlergehen gelingen kann, der Ausgangspunkt der gemeinsam geführten Qualitätsdiskussionen in einer Kommune. Dabei ist die Perspektive von Kindern, Jugendlichen und Familien genauso zu berücksichtigen wie die Perspektive von Fachkräften.

Der Aufbau von Präventionsketten braucht Ressourcen für die Koordinierung. Die Koordinierung sorgt u. a. für den Informationsfluss zwischen lokaler und kommunaler Ebene, ebnet den Weg für offenen Austausch zwischen allen Akteur/innen und die Umsetzung gemeinsam entwickelter Maßnahmen und koordiniert Fortbildungsveranstaltungen zum Kompetenzaufbau bei Fachkräften.

Der Aufbau von bezirklichen Präventionsketten ist in Berlin eingebettet in bestehende Aktivitäten auf lokaler, bezirklichen, Landesund Bundesebene. Die Koordinierungsstelle Gesundheitliche Chancengleichheit Berlin und die Fachstelle für Prävention und Gesundheitsförderung unterstützen Berliner Bezirke im Rahmen von Prozessbegleitung, Kompetenzaufbau durch sog. „Werkstätten“ sowie landesweiten Fachaustausch. In allen Berliner Bezirken sind bereits gute Bausteine einer Präventionskette entwickelt. Der Aufbau bezirklichen Strategien stellt in vielen Bezirken eine Weiterentwicklung der guten Ansätze und Strukturen dar. Voraussetzung für erfolgreiches Arbeiten an der Präventionskette: Offenheit und Bereitschaft für echten Dialog!

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Gesundes Aufwachsen für jedes Spandauer Kind – ein gemeinsames Ziel im Bezirk Dipl.-Med. Gudrun Widders Bezirksamt Spandau von Berlin, Abt. Soziales und Gesundheit, Gesundheitsamt

Aus Spandauer Sicht führte Dipl.-Med. Gudrun Widders, Amtsärztin, Amtsleiterin des Gesundheitsamtes Spandau, mit ihren Vortrag „Gesundes Aufwachsen für jedes Spandauer Kind – ein gemeinsames Ziel im Bezirk“ in die Thematik ein.

Gesundheiskonferenz 2013 Gesundheitsziele und Handlungsfelder im Bezirk Berlin-Spandau Gesundheitsamt Planungs- und Koordinierungsstelle im Bezirksamt Spandau von Berlin

Gesundheitsziele in Berlin •

Bereits 1996 Formulierung von Gesundheitszielen, Struktur zur Umsetzung der Ziele fehlte in einem System der geteilten Verantwortungen und Zuständigkeiten



Mit der Verabschiedung des Gesundheitsdienstreformgesetzes Mai 2006 gesetzliche Verankerung der Landesgesundheitskonferenz, Festlegung bezirklicher Gesundheitsziele

• 2 Gesundheitsziele der Landesgesundheitskonferenz Berlin – „Gesundheitschancen für Kinder und Jugendliche erhöhen, Benachteiligungen abbauen“ – 2007 – Selbständigkeit und Lebensqualität im Alter erhalten - 2011

Dipl.-Med. Gudrun Widders Amtsärztin, Leiterin des Gesundheitsamtes Spandau Berlin-Spandau, 5. September 2013

Gesundheitsziele als Instrument der Gestaltung der Gesundheitspolitik In verschiedenen Bereichen: • Gesundheitsziele mit Krankheitsbezug • Gesundheitsziele zur Gesundheitsförderung und Prävention • Gesundheitsziele für bestimmte Bevölkerungsund Altersgruppen • Gesundheitsziele mit Bürger- und Patientenorientierung

Gesundheitsziele in Berlin-Spandau – Gesund aufwachsen in Spandau • Integrierte Strategien für gesundes Aufwachsen (Präventionskette) • Netzwerkstrategien ausbauen • Medizinische Erkenntnisse in den Gesamtzusammenhang stellen • Schaffung einer Kultur der Verantwortung aller – Gesund alt werden • Demenznetzwerk in Spandau • Nutzung von Ressourcen

Wann sind Zielprozesse erfolgreich? • • • • • •

Starkes politisches Mandat Partizipation der relevanten Akteure Klare Verantwortlichkeiten Breite Akzeptanz der Ziele Respektvolle Zusammenarbeit Hohes fachliches Interesse bei den Beteiligten

Gesund aufwachsen Handlungsfelder in Spandau • Ernährung (das Normalgewicht anteilmäßig erhöhen und Übergewicht reduzieren)

• Bewegung (den Anteil der Kinder mit unauffälligen motorischen Entwicklungsbefunden erhöhen)

• Sprachentwicklung (Sprachförderbedarf bei Kindern deutscher Herkunft verringern, Anteil unauffälliger Sprachentwicklungsbefunde erhöhen)

• Seelische Gesundheit (Erhöhung des Anteils seelisch gesunder Kinder)

• Zahn- und Mundgesundheit (Erhöhung des Anteils der Kinder mit einer guten Zahn- und Mundgesundheit)

• Impfungen (Erhöhung der Durchimpfungsraten) • Prävention von Kinderunfällen

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Was bedeuten schlechte Gesundheitschancen?

„Integrierten Strategien für gesundes Aufwachsen“ (Präventionskette)

• Kinder und Jugendliche sind bereits gesundheitlich beeinträchtigt (Lampert et al 2010: 24ff) • Sie haben geringere Chancen, sich erfolgreich zu entwickeln. • Sie können weniger als andere Kinder Lebensstile und Schutzfaktoren ausbilden, die sie langfristig stärken. • Sie erwerben mit geringerer Wahrscheinlichkeit die nötigen Lebenskompetenzen und einen guten Bildungsabschluss. Damit schwinden auch die Chancen auf eine gute Lebensperspektive, auf ein langes Leben in guter Gesundheit.

• Minderung und Vermeidung der Folgen von Kinderarmut • Hilfen für werdende Eltern • frühe Hilfen • Gesundheitsförderung • Unterstützung von Familien mit Migrationshintergrund • Hilfen für Kinder suchtkranker oder psychisch kranker Eltern • Prävention von Gewalt in der Familie • etc.

Quelle: Kooperationsverbund zur Stärkung von Kindern in belasteten Lebenslagen

Integrierte Strategien für gesundes Aufwachsen Präventionskette

Handlungsfelder von Aktionsraum Plus • Bildung, Jugend, Ausbildung

Hilfen von der Geburt bis zum 3. Lebensjahr

Hilfen für werdende Eltern

Prävention

Hilfen im Kindergartenalter 3.-6. Lebensjahr

frühe Unterstützung für benachteiligte Familien

Hilfen in der Grundschule ab 6. Lebensjahr

Grundbedürfnisse sichern

• Kultur, Soziales, Gesundheit und Integration – Ort des Miteinanders – Ort des Gesunden Lebens – Ort der kulturellen Teilhabe

• Quartiere und Öffentlicher Raum • Arbeit und Wirtschaft

z. B.

Infos und Hilfen, Elternbildung, Familienzentren, Hausbesuche, Betreuungsplatzgarantie, Gesundheitsförderung, Gesundheitsvorsorge, qualifizierte Fachkräfte und Pädagogen

z. B.

Beratung durch Gynäkologen/Geburtskliniken, Babyclubs, Krabbelclubs, Elternbildung, Familienzentren, Beratungseinrichtungen, Hausbesuche, Fahrtkostenerstattung, Nachhilfe

z. B. Gesundheitsvorsorge/ Krankenversicherung, Wohnraum, Mittagessen 1€, Schulmittelfreiheit, Schülerfahrtkosten

Bezirksregionen

Schuleingangsuntersuchungen Berlin-Spandau 2012 Anzahl der Kinder in den Regionen

n = 2.047

7,3% (150)

Falkenhagener Feld

7% (144)

Heerstraße Nord

18,3% (374)

9,2% (188)

Spandau Mitte Wilhelmstadt

14% (287)

7,9% (162)

Brunsbütteler Damm Hakenfelde

9,7% (199) 11,2% (230)

15,3% (313)

Gatow/Kladow Haselhorst Siemensstadt

Schuleingangsuntersuchungen Berlin-Spandau 2012 Sozialstatusgruppen in den Regionen n = 1.799

gesamt (2031)

gesamt

Gatow/Kladow (188)

Gatow/Kladow Siemensstadt Haselhorst

Schuleingangsuntersuchungen Berlin-Spandau 2012 Körpergewicht in den Regionen n = 2031

untere Statusgruppe mittlere Statusgruppe obere Statusgruppe

Wilhelmstadt

Siemensstadt (144) Haselhorst (150) Wilhelmstadt (230) Heerstraße Nord (281)

Heerstraße Nord

Brunsbütteler Damm (194)

Brunsbütteler Damm

Spandau Mitte (310)

Spandau Mitte

Falkenhagener Feld (373)

Falkenhagener Feld

dtl. Untergewicht Untergewicht Normalgewicht Übergewicht Adipositas

Hakenfelde (161)

Hakenfelde

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100 %

10

0% 10 20 % %

30 40 50 60 70 % % % % %

80 90 100 % % %

Schuleingangsuntersuchungen Berlin-Spandau 2012 Körperkoordination, Visuomotorik, visuelle Wahrnehmung

Schuleingangsuntersuchungen Berlin-Spandau 2012 Sprachprüfung Nur Kinder mit (sehr) guten Deutschkenntnissen

n=1795

100%

15,8% (317)

90%

19% (387) 11% (223)

14,4% (289)

80% 70%

19,4% (394)

100%

19,3% (339)

70%

40%

60%

68,1% (1383)

70% (1420)

69,8% (1394)

18,3% (325)

80%

60% 50%

12,9% (229)

21,4% (376)

90%

12,5% (255)

50% 40%

30% 20%

unauffällig

grenzwertig

20%

auffällig

10%

10%

0%

0%

Körperkoordination (2000)

Visuomotorik (2030)

vis. Wahrnehmung (2032)

Spandau 2011

grenzwertig

auffällig

Pluralbildung (1770)

Schuleingangsuntersuchungen Berlin-Spandau 2012 Masernimpfung in den Regionen n = 1932

Vergleich der Impfdaten der Schuleingangsuntersuchungen zwischen Berlin gesamt und Berlin-Spandau (2011: n=1.635: 2012 n=1.935)

Spandau 2010

unauffällig

Sätze nachsprechen (1757)

Impfquoten 2010 bis 2012

Berlin 2010

68,8% (1216)

59,3% (1042)

30%

Spandau 2012

gesamt (1635) WHO 95%

100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0

Gatow/Kladow (151) Siemensstadt (83) Haselhorst (117) Wilhelmstadt (222) Heerstraße Nord (252) Brunsbütteler Damm (154) nicht geimpft einmal geimpft zweimal geimpft

Spandau Mitte (216) Falkenhagener Feld (284)

ok m

0% 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 % % % % % % % % % %

en

Quellen: Schuleingangsuntersuchungen Berlin SenGuV 2010, Schuleingangsuntersuchungen Gesundheitsamt Spandau 2010 und 2011

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Hakenfelde (155)

Zahn- und Mundgesundheit

Zahn- und Mundgesundheit

Behandlungsbedürftigkeit des Gebisses nach Altersgruppen Anteile der untersuchten Kinder in Prozent – 2011/2012 Daten des Zahnärztlichen Dienstes im Gesundheitsamt Berlin-Spandau 3 Jahre: N=991; 6 Jahre: N=1.327; 12 Jahre: N=392

Behandlungsbedürftigkeit des Gebisses nach Altersgruppen Anteile der untersuchten Kinder in Prozent – 2007 bis 2012 Daten des Zahnärztlichen Dienstes im Gesundheitsamt Berlin-Spandau

90

40

80

35

70

30

60

40

20 15

30

10

20

5

10 0

2007/2008 2008/2009 2009/2010 2010/2011 2011/2012

25

3 Jahre 6 Jahre 12 Jahre

50

0 3 Jahre kariesfrei

saniert

6 Jahre

12 Jahre

behandlungsbedürftig

Zahn- und Mundgesundheit Behandlungsbedürftigkeit des Gebisses nach Altersgruppen Anteile der untersuchten Kinder in Prozent – 2011/2012 Daten des Zahnärztlichen Dienstes im Gesundheitsamt Berlin-Spandau 3 Jahre: N=991; 6 Jahre: N=1.327; 12 Jahre: N=392

Gehirnerschütterungen in den Jahren 2009 und 2010 Anteile der untersuchten Kinder in Prozent nach Altersgruppen Daten des Evangelischen Waldkrankenhauses Berlin-Spandau

2009 90

2010

30

80

25

70

20

60 3 Jahre 6 Jahre 12 Jahre

50 40

15 10

30

5

20

0

10 0

0 kariesfrei

saniert

behandlungsbedürftig

1

2

3

4

5

10

Alter in Jahren

11

Schuleingangsuntersuchungen Berlin-Spandau 2012 Sonderpädagogischer Förderbedarf gesamt/Sprache Ärztlich empfohlen, 2006-2012 11%

Sprache 2006

Sprache 2010

10%

Sprache 2011

Sprache 2012

9%

2006

2010

8%

2011

2012

10,8%

6,5%

7%

6,1% 5,4%

6% 5% 4% 3%

Strategische Ansätze Blick für Gesundheit schärfen • Schulung von Sozialarbeitern des Jugendamtes und von freien Jugendhilfeträgern, Sensibilisierung für Gesundheitsthemen • Entwicklung von Modulen jeweils für Sozialpädagogen und Therapiehelfer, PK, KJGD, Jugendamt und freie Träger

3,4%

3,8% 3,0%

• Sensibilisierung auch anderer Berufsgruppen für Gesundheitsthemen, wie Lehrer und Erzieher – Akteure hierbei z. B. Jugendhilfeträger (u. a. Trialog, Kompaxx, Casablanca, GSJ, Ev. Johannesstift)

2,1%

2% 1% 0%

Organigramm des Gesundheitsamtes im Bezirksamt Spandau von Berlin

Kooperationsbeziehungen im Hinblick auf die Prävention gesundheitlicher Einschränkungen FS Ges.förderung und Prävention

Amtsärztin Leiterin des Gesundheitsamtes

Kindereinrichtungen Hebammen

Verwaltung Gesundheitsförderung, Prävention und Gesundheitshilfen für Kinder und Jugendliche

Kinder- und JugendGesundheitsdienst

Zahnärztlicher Dienst

Schulen SPZ

AK Kinder suchtbelasteter Familien AK Kinder und häusliche Gewalt

Kliniken Gesundheitsaufsicht Infektionsschutz, Hygiene Umweltbezogener Gesundheitsschutz

Gesundheitsförderung Prävention und Gesundheitshilfe für Erwachsene

Sozialpsychiatrischer Dienst

Medizinischer Katastrophenschutz Beratungsstelle für behinderte, krebs- und aidskranke Menschen

Kinder- und Jugendpsychiatrischer Dienst

therapeutische Praxen Kinderarztpraxen

Gesundheitsamt

Jugendamt

Asylbewerberheim

Senat

Förderzentrum

freie Träger

Planungs- und Koordinierungsstelle

AK Frühe Hilfen AK Migration

AK Selbsthilfe und Nachbarschaft AK Suchtprävention und Suchthilfe Gesunde Städte Netzwerk Psychosoziale Arbeitsgemeinschaft

KJGD anderer Bezirke



Gerontopsychiatrischer Verbund AK Senioren und Pflege

Gemeinsame Verantwortung aller Akteure für das Erreichen der Gesundheitsziele • •

Behörden: Planungs- und Koordinierungsstelle, Gesundheitsamt, Jugendamt, Schule (Senat und BiKuS) weitere Akteure des Aktionsraum Plus – Senat – Bezirksamt mit weiteren Behörden – Netzwerk Präventionsmedizin – Gesundheitsförderung für Kinder und Jugendliche • Projektträger: Evangelisches Waldkrankenhaus Berlin-Spandau • eingebunden in die Initiative Aktionsraum Plus, zunächst als Pilotprojekt im Falkenhagener Feld, Einbeziehung der 3 weiteren Bezirksregionen der Kulisse des Aktionsraums Plus, langfristig ganz Spandau • Schlüsselprojekt für „Gesund aufwachsen“ in Spandau • Ziele: Handlungsbedarfe feststellen, Zusammenarbeit der Behörden und Kooperationspartner ausbauen, umsetzbare Strategien entwickeln



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– freie Träger und Partner von Aktionsraum Plus Arbeitskreise, Arbeitsgemeinschaften, Institutionen, Einrichtungen, Praxen, Schulen, Kitas, Zentren, freie Träger etc.

Gesundes Aufwachsen am Beispiel Falkenhagener Feld Tanja Götz - Arsenijevic, Ulrike Feder Evangelisches Waldkrankenhaus Spandau, Netzwerk Präventionsmedizin und Gesundheitsförderung im Kindes- und Jugendalter - KiJuFit in Spandau

Struktur und Arbeitsweise des „Netzwerkes Präventionsmedizin und Gesundheitsförderung im Kindes- und Jugendalter – KiJu Fit in Spandau“ Das „Netzwerk Präventionsmedizin und Gesundheitsförderung im Kindes- und Jugendalter KiJu Fit in Spandau“ wird von der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin des Evangelischen Waldkrankenhauses Spandau in Zusammenarbeit mit dem Bezirksamt Spandau, Abteilung Soziales und Gesundheit sowie Jugend, Bildung, Kultur und Sport, und lokalen Akteuren umgesetzt. Seit Oktober 2011 werden die Aktivitäten des „Netzwerkes Präventionsmedizin und Gesundheitsförderung im Kindes- und Jugendalter – KiJu Fit in Spandau“ vom Ev. Waldkrankenhaus getragen und durch Mittel der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umweltschutz im Rahmen der Aktionsräume Plus finanziert und durch den Bereich Stadtentwicklung sowie der Planungs- und Koordinierungsstelle des Bezirksamtes Spandau begleitet. Zunächst erfolgten die Aktivitäten des Netzwerkes in dem Pilotgebiet „Falkenhagener Feld“ und werden seit Mitte 2013 auf den gesamten Aktionsraum Plus - Spandau Mitte ausgeweitet. Motivation Zahlreiche nationale, internationale Studien belegen den Zusammenhang der sozialen Herkunft und gesundheitlichen Entwicklung von Kindern und Jugendlichen. Auch die Beobachtung zunehmender Entwicklungsstörungen, Unfälle und chronischer Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen in der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin haben diesen Zusammenhang aufgezeigt, so dass der Chefarzt Dr. Jochum und Frau Dr. Barnard die Notwendigkeit gesehen haben, dieser Entwicklung entgegen zu wirken und das Netzwerk „KiJu Fit in Spandau“ zu initiieren. Ziel des Netzwerkes Verbesserung der gesundheitlichen Chancengleichheit im Kindes- und Jugendalter unter Berücksichtigung spandauspezifischer sozialer und ethnischer Gruppen. In den Bestrebungen dieses Ziel zu erreichen, stellten sich während der Anfangsphase der Aktivitäten des Netzwerkes folgende 5 strategisch relevante Kernfragen: 1. Was versteht sich unter Gesundheit? Laut Weltgesundheitsorganisation ist „Die Gesundheit ein Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlergehens und nicht nur das Fehlen von Krankheit oder Gebrechen. Der Besitz des bestmöglichen Gesundheitszustandes bildet eines der Grundrechte jedes menschlichen Wesens, ohne Unterschied der Rasse, der Religion, der politischen Anschauung und der wirtschaftlichen oder sozialen Stellung.“1 Fazit: Gesundheitsförderung muss als professionsübergreifende Querschnittsaufgabe verstanden werden. 2. Wie stellt sich die gesundheitliche Lage der Kinder und Jugendlichen in dem Pilotgebiet Falkenhagener Feld dar? In der Phase1 des Netzwerkes von Oktober 2011 bis März 2012 wurde eine umfangreiche Datenerhebung zur Charakterisierung des Falkenhagener Feldes durchgeführt, dazu wurden 1

Vgl. Verfassung der Weltgesundheitsorganisation, deutsche Übersetzung

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u.a. die Einschulungsuntersuchungen 2010 des KJGD Spandau als wichtiger Bestandteil herangezogen. Das Falkenhagener Feld ist eine Bezirksregion mit vielfältigen sozialen Problemlagen, in der sich korrelierend zur Studienlage auch eine ungünstige gesundheitliche Entwicklung von Kindern und Jugendlichen darstellen lässt. Fazit: Der Zusammenhang „Armut und Gesundheit“ und somit die gesundheitliche Chancenungleichheit lässt sich anhand der Datenlage exemplarisch auch für die Spandauer Bezirksregion Falkenhagener Feld belegen. 3. Was sind Voraussetzungen für ein gesundes Leben? Grundsätzlich sind individuelle gesundheitliche Kompetenzen für eine gesunde Lebensführung notwendig. Dazu gehören, dass Wissen, die Kommunikation und die positive Einstellung hinsichtlich eines gesundheitsbewussten Verhaltens sowie die Möglichkeit dieses in Handlung umzusetzen. Aus der pädagogischen Psychologie ist bekannt, dass zur Umsetzung gesundheitlicher Kompetenzen ausreichend Resilienz, d.h. Widerstandsfähigkeit notwendig ist. Neben unzureichenden gesundheitlichen Kompetenzen bei Kindern, Jugendlichen und deren Familien in belasteten Lebenslagen, fehlt es häufig an den nötigen Resilienzfaktoren, die einen gesunden Lebensstil ermöglichen. Fazit: Die Förderung von Resilienzfaktoren und die Förderung individueller gesundheitlicher Kompetenzen vor allem bei Kindern, Jugendlichen und deren Familien in belasteten Lebenslagen muss ein wesentlicher Ansatz zur Verbesserung der gesundheitlichen Chancengleichheit im Kindes- und Jugendalter sein. 4. Angebotsstruktur? In der Datenerhebungsphase zeigte sich, dass neben den vorhandenen präventiven und gesundheitsfördernden Strukturen und Angeboten des Bezirkes, die vor allem den Kleinkindbereich abdecken, es sich bei den Angeboten und Maßnahmen freier Träger und Institutionen in der Regel um punktuell und zeitlich begrenzte handelt, die dem steigenden gesundheitlichen Bedarf in dem Pilotprojektgebiet Falkenhagener Feld nicht abdecken. Fazit: Für eine effektive Gesundheitsförderung und Prävention sind flächendeckende und kontinuierliche, also systematische Maßnahmen notwendig. 5. Wie und wo erreichen wir die Zielgruppe? Studien haben gezeigt, dass Menschen vor allem diejenigen in belasteten Lebenslagen über den lebensweltorientierten Ansatz, dem sogenannten Settingansatz am Besten zu erreichen sind. Je nach Alter des Kindes liegen die Lebenswelten in der Familie bzw. Häuslichkeit, in der Kita, in der Grundschule oder Oberschule. Fazit: Der Settingansatz gewährleistet, dass alle Kinder, Jugendlichen und deren Familien aller sozialen Schichten und Migrationshintergründe ohne Stigmatisierung erreicht werden können. Aus allen Kernfragen ließ sich für den strategischen Ansatz zur Realisierung des Ziels ableiten: Eine professionsübergreifende systematische und flächendeckende Prävention und Gesundheitsförderung im Settingansatz mit den Aspekten der Resilienzförderung und Förderung individueller gesundheitlicher Kompetenzen sind für eine effektive Prävention und Gesundheitsförderung notwendig. Wie gestaltet sich die praktische Umsetzung? Der erste Schritt bestand in der Kontaktaufnahme zu allen Akteuren, die mit Kindern, Jugendlichen und deren Familien arbeiten und die Darstellung der Komplexität des „Gesundheitsbegriffs“. Hierbei stand die Dringlichkeit des gemeinsamen Handelns, die Förderung ei-

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ner Kultur der gemeinsamen Verantwortung, in Bezug auf den Zusammenhang von Armut und Gesundheit im Vordergrund mit dem Ziel ein flächendeckendes Netzwerk aufzubauen. Regionale und überregionale Vernetzung auf strategischer Ebene:

Regionale Vernetzung auf operativer Ebene:

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Gesamtvernetzung: (Dieses Schaubild erhebt nicht den Anspruch der Vollständigkeit, so wurde bspw. auch zum Sportamt, zur BZgA, zum AID Infodienst, etc. Kontakt aufgenommen)

Der zweite Schritt der Umsetzung bestand in dem systematischen Aufbau und der Vernetzung flächendeckender niederschwelliger und erprobter Maßnahmen für die Settings durch Multiplikatoren. Dies soll im Folgenden anhand von zwei Beispielen dargestellt werden. 1. Fortbildungsveranstaltung für Familienhelfer und Mitarbeiter des Regionalen sozialen Dienstes des Jugendamtes: In der Zusammenarbeit mit den Schwerpunktträgern der Jugendhilfe im Falkenhagener Feld, Casablanca und Trialog, dem KJGD sowie dem Jugendsamt zeigte sich insbesondere im Hinblick auf das neue Bundeskinderschutzgesetz der Bedarf einer gemeinsamen Fortbildungsveranstaltung mit dem Ziel, Familienhelfer und RSD Mitarbeiter auf die sozialpädiatrischen Aspekte des gesunden Aufwachsens aufmerksam zu machen. Die Veranstaltung wurde als Kooperationsprojekt des „Netzwerkes“, des Jugendamtes und des Kinder- und Jugendgesundheitsdienstes/ Gesundheitsamt Spandau durchgeführt. Die Veranstaltung hatte gerade hinsichtlich des professionsübergreifenden Formates bzgl. des Themas eine sehr gute Resonanz, so dass für alle Schwerpunktträger Spandaus diese Fortbildung organisiert wird und Ergebnisse der Fortbildung auch in diese Gesundheitskonferenz eingeflossen sind.

Strategische Ebene

Operative Ebene

Struktur/ Steuerungsebene

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2. Gesundheitsunterricht“ in den 5. Klassen: Es zeigte sich, dass im Rahmen des Naturwissenschaftlichen Unterrichtes gesundheitliche Inhalte transportiert werden. Ein systematisches Vorgehen mit bestimmten Themengebieten stärkt v.a. die Wissensebene der Kinder. Im Bundesland Mecklenburg-Vorpommern wurde von 2006 – 2010 das Programm GeKoKids von der Universität Greifswald durchgeführt und evaluiert. Die GekoKids wurden von uns für die Bedarfslagen Spandaus modifiziert und exemplarisch im Schuljahr 12/13 in drei 5. Klassen durchgeführt und evaluiert. Dies erfolgte in enger Kooperation mit der Universität Greifswald, mit den Schulen und der Schulsozialarbeit und der Schulaufsicht. Daraus hat sich eine Handreichung mit den Inhalten und Hintergrundinformationen für Lehrer des Fachbereichs NaWi entwickelt und dient als Schnittstelle verschiedener Fachdisziplinen im Setting Schule. Der „Gesundheitsunterricht muss als Baustein einer kontinuierlichen Gesundheitsförderung gesehen werden. Eine Gesundheitsförderung mit Aspekten der Resilienzförderung, wie bspw. im Rahmen von Klasse2000 ist sinnvoll. Strategische Ebene Operative Ebene

Struktur/ Steuerungsebene

Die Aktivitäten des Netzwerkes „KiJu Fit in Spandau“ lassen sich folgendermaßen zusammen: 1. Sensibilisierung und Aktivierung für das Thema "Armut und gesundheitliche Entwicklung von Kindern - und Jugendlichen", beispielsweise: - Vorstellung der Thematik in Kitas, Schulen und bei weiteren Akteuren 2. Zielgruppenorientierte Maßnahmen vor Ort durch adaptierte bestehende und neue Programme auf Ebene der Verhaltens- und Verhältnisprävention, beispielsweise: - Klasse2000, TigerKids - Bedarfsgerechtes gesundheitliches Curriculum für die 5. Klassen in „Brennpunktschulen“ - Bewegte Winterspielplätze 3. Fortbildungsveranstaltungen für Multiplikatoren, beispielsweise : - Medizinische Fortbildungsveranstaltung für die Schwerpunktträger der Familienhilfe und RSD- Mitarbeiter in Kooperation mit dem Gesundheitsamt und dem Jugendamt 4. Vernetzung von Gesundheit- Soziales und Bildung, beispielsweise : - bezirklich: Planungs- und Koordinierungsstelle, Gesundheitsamt, Jugendamt, Schulaufsicht, Schulen, Kitas, Arbeitskreise, Arbeitsgemeinschaften, Stadtteilkonferenzen, niedergelassene Ärzte und andere - überbezirklich: Gesundheit Berlin Brandenburg e.V., Fachstellen - national: „Netzwerk Junge Familie – Gesund ins Leben“ 5. Informationsvermittlung, beispielsweise: - Öffentlichkeits- und Pressearbeit/ KiJu Fit Internetpräsens - www.kiju-fit.de

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ARBEITSGRUPPE 1 - Junge Familien als gesunder Ort Moderation: Eva Wagner Bezirksamt Spandau von Berlin, Abt. Soziales und Gesundheit, Kinder- und Jugendgesundheitsdienst Barbara Fischer Bezirksamt Spandau von Berlin, Abt. Jugend, Bildung, Kultur und Sport, Jugendamt

Während der ersten drei Lebensjahre bildet das menschliche Gehirn den Großteil der Systeme und Strukturen aus, die für alle zukünftigen gefühlsmäßigen, verhaltensmäßigen, sozialen und physiologischen Funktionen für den Rest des Lebens verantwortlich sein werden. Es gibt entscheidende Perioden, während deren positive Bindungserfahrungen stattfinden müssen, damit sich die Gehirnregionen, die z. B. für Zuneigung verantwortlich sind, normal entwickeln. Zeitfenster für soziale Kompetenz oder emotionale Entwicklung sind mit einem bestimmten Kindesalter abgeschlossen, wobei solche verpassten Zeitfenster später nicht oder nur mit einem erheblich höheren Aufwand nachzuholen sind.

1. Impulsreferat von Herr Dr. Jan Schw endow ius Dr. med. Jan Schwendowius, Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie, KJP Klinikum Frankfurt (Oder) stellte in seinem kurzen Vortrag die sensiblen und kritischen Zeitfenster der kindlichen Entwicklung dar. Auf Basis des Entwicklungsmodells, der Entwicklungsprozesse und der kindlich psychoaffektiven Entwicklung führte Herr Dr. Schwendowius die sensiblen und kritischen Zeitfenster am Beispiel des Bindungssystems und der Sprachentwicklung bei Kindern und Jugendlichen aus. 2. Impulsreferat von Helga Reinholdt Helga Reinholdt, Sozialpädiatrische Zentrum, Kinder- und Jugendambulanz stellte in ihren Vortrag den Werdegang des SPZ Sozialpädiatrische Zentrum in Spandau vor. Das Sozialpädiatrische Zentrum des VdK in Berlin Spandau existiert seit 1996. Damals startete das Team mit ½ Arzt- und ½ Psychologenstelle, 1 Arzthelferin, 1 Krankengymnastin, 1 Logopädin, und ¾ Stelle Ergotherapie. Dieses kleine Team betreute 40 Kinder in 21 Einrichtungen (Kitas), darunter 1 Kind mit A-, sowie 1 Kind mit B-Status. 1997 waren es 144 Kinder, davon 31 I-Kinder 2006 waren es 503 Kinder, davon 75 I-Kinder 2012 betreuten wir 777 Kinder. Unser Team ist inzwischen angewachsen auf 2 Kinderärztinnen, 2 Arzthelferinnen, 2 Psychologinnen, 5 Ergotherapeutinnen, 3 Logopäde/Innen, 2 Physiotherapeutinnen, 2 Heilpädagoginnen, 2 Musiktherapeutinnen und 1 Sozialarbeiterin, platzt (vor allem räumlich) aus allen Nähten und kommt trotzdem vor dem Hintergrund der stetig steigenden Anmeldungen immer mehr an seine Grenzen. Ursprünglich starteten bundesweit die SPZ`s, klinikassoziiert oder dezentralisiert, wie wir, mit dem Auftrag, Kinder mit schweren neurologischen Störungen sowie Behinderungen zu behandeln und gemeinsam mit ihren Familien und dem sozialen Umfeld (Kitas, Schule) zu betreuen und begleiten. Schnell zeigte sich:

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Die Kinder mit Krankheiten des Nervensystems (G-Diagnosen), des Auges und des Augenanhanggebildes sowie Hörproblemen und Hörverlust (H-Diagnosen), angeborenen Fehlbildungen, Deformitäten und Chromosomenanomalien (Q-Diagnosen), endokrinen, Ernährungs- und Stoffwechselerkrankungen (E-Diagnosen), sowie bestimmter Zustände, die ihren Ursprung in der Perinatalperiode haben(P-Diagnosen) blieben in der absoluten Minderheit, von Anfang an machten diese Kinder lediglich ca. 30% aus. Mehr als 2/3 der Kinder kamen und kommen mit psychischen und Verhaltensstörungen (F-Diagnosen) zu uns. 2012 stellte sich die Verteilung dieser Kinder so dar: - 26,7 % wurden aufgrund einer Sprachstörung vorgestellt, - 23,5 % wiesen eine Verhaltensstörung auf, - 15,2 % kamen mit motorischen Störungen, - 14,4 % mit einer schulischen Lernstörung, eine Restkategorie (z.B. Autismus) umfasste 20,2 %. Wie erklären wir uns das? Gründe dafür, dass wir unser „Ursprungs-Klientel“ so wenig sehen, liegen sicherlich hauptsächlich im medizinischen Fortschritt: Es gibt eine bessere Grundversorgung; Das medizinische Management Frühgeborener hat sich verbessert; Umfangreiche Impfungen haben viele Krankheiten ausgerottet; Mit Hilfe des Neugeborenen-Screening sind behandelbare Krankheiten früh erkennbar; Immer ausgefeilter Geräte-Medizin bringen Spezialisierungen mit sich. Gründe für die eklatante und anhaltende Zunahme der Kinder mit psychischen und Verhaltensauffälligkeiten sehen wir u. a. darin, dass Wir so etwas wie ein „niedrigschwelliges Angebot“ sind. Die einzige Zugangshürde ist der Überweisungsschein vom Kinderarzt; Der Arbeitsmarkt sich verändert hat: Leistungsdruck führt nicht zu Sicherheit in der Familie. Spandau einen bestimmten demographischen , aber auch städtebaulichen Wandel erlebt hat und noch erlebt: im Vergleich zu anderen Stadtbezirken sind beispielsweise Mieten hier noch bezahlbar; das führte und führt zu einem vermehrten Zuzug von Familien, die von Transferleistungen wie Hartz IV leben, darunter viele alleinerziehende Mütter und Väter; Viele „unserer“ Kinder aus Familien kommen, die schon seit 2 oder 3 Generationen in der Arbeitslosigkeit leben; häufig hat das einen nicht rhythmisierten Tagesablauf und das Fehlen von klaren Leitbildern zur Folge. Eltern ihren Kindern nur das vermitteln können, was sie selbst erfahren oder erlernt haben. Eltern, die nicht gelernt haben zu lernen, können ihren Kindern den Wert von Bildung nicht vermitteln. Das gleiche gilt für Bindung: ein sicher gebundenes Kind wagt sich in die Exploration und das wiederum ist die Grundlage für das Lernen. Für die Dokumentation stellte uns Frau Reinholdt die PowerPoint-Präsentation zur Verfügung.

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Anzahl der betreuten Kinder

Verteilung der ICDICD-10 Diagnosen 2012

Dr.A.Albrecht-Haymann

Verteilung der ICDICD-10 Diagnosen 2012

F 00 – F 99 F 80 26,7% F 81 14,4%

Restkategorien 20,2% F 82 15,2%

F 90 - F 98 23,5%

Dr. A. Albrecht-Haymann

3. Impulsreferat von Barbara Fischer Barbara Fischer, Bezirksamt Spandau von Berlin, Abt. Jugend, Bildung, Kultur und Sport/Jugendamt – Kinderschutzkoordination, referierte zum Thema „Jugendhilfe in der Sackgasse oder am Scheideweg?“. Für die Dokumentation stellte uns Frau Fischer die PowerPoint-Präsentation zur Verfügung.

SGB VIII § 1 Recht auf Erziehung, Elternverantwortung, Jugendhilfe (1) Jeder junge Mensch hat ein Recht auf Förderung seiner Entwicklung und auf Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit (2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihrer Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft

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SGB VIII (3) Jugendhilfe soll zur Verwirklichung des Rechts nach Absatz 1 insbesondere: 1. junge Menschen in ihrer individuellen und sozialen Entwicklung fördern und dazu beitragen, Benachteiligungen zu vermeiden oder abzubauen, 2. Eltern und andere Erziehungsberechtigte bei der Erziehung beraten und unterstützen, 3. Kinder und Jugendliche vor Gefahren für ihr Wohl schützen, 4. dazu beitragen, positive Lebensbedingungen für junge Menschen und ihre Familien sowie eine kinder- und familienfreundliche Umwelt zu erhalten oder zu schaffen.

SGB VIII

SGB VIII

(3) Jugendhilfe soll zur Verwirklichung des Rechts nach Absatz 1 insbesondere: 1. junge Menschen in ihrer individuellen und sozialen Entwicklung fördern und dazu beitragen, Benachteiligungen zu vermeiden oder abzubauen, 2. Eltern und andere Erziehungsberechtigte bei der Erziehung beraten und unterstützen, 3. Kinder und Jugendliche vor Gefahren für ihr Wohl schützen, 4. dazu beitragen, positive Lebensbedingungen für junge Menschen und ihre Familien sowie eine kinder- und familienfreundliche Umwelt zu erhalten oder zu schaffen.

(3) Jugendhilfe soll zur Verwirklichung des Rechts nach Absatz 1 insbesondere: 1. junge Menschen in ihrer individuellen und sozialen Entwicklung fördern und dazu beitragen, Benachteiligungen zu vermeiden oder abzubauen, 2. Eltern und andere Erziehungsberechtigte bei der Erziehung beraten und unterstützen, 3. Kinder und Jugendliche vor Gefahren für ihr Wohl schützen, 4. dazu beitragen, positive Lebensbedingungen für junge Menschen und ihre Familien sowie eine kinder- und familienfreundliche Umwelt zu erhalten oder zu schaffen.

SGB VIII

Vergleich der Ausgaben HzE - § 16

• (3) Andere Aufgaben der Jugendhilfe • z. B. Erteilung von Pflegeerlaubnissen, Mitwirkung im Familiengerichtlichen Verfahren, Mitwirkung in Verfahren nach dem Jugendgerichtsgesetz, Beratung und Unterstützung bei der Vaterschaftsfeststellung........

Vergleich Ist-Ausgaben HzE - Familienförderung §16 2012 HzE 34.990 Tsd. €; 98,52%

§16 524 Tsd. €; 1,48%

Vergleich der Ausgaben HzE - § 16 Vergleich Ist-Ausgaben HzE - Familienförderung §16 Prognose 2013 HzE 36.640 Tsd. €; 98,84%

Wesen einer Familienhilfe • • •

Problemakzeptanz Hilfekongruenz Hilfeakzeptanz



Diese setzen aber im wesentlichen von den betroffenen Familien eine Problemakzeptanz und Mitwirkung voraus. Im nächsten Schritt müssen die angebotenen und ausgewählten Hilfen mit den identifizierten Problemen in den Familien übereinstimmen. Zu guter letzt ist es nach Einleiten einer, hoffentlich passenden Hilfe, zwingend für den Erfolg dieser notwendig, dass die Familie die Hilfe akzeptiert. Wir alle wissen aus Erfahrung wie oft diese drei Faktoren, die für eine erfolgreiche Hilfe zur Erziehung notwendig sind, tatsächlich vorhanden sind. Meist haben wir es doch mit Familien zu tun, die eben keine Problemeinsicht haben. Gerade im Bereich des Kinderschutzes arbeiten Helfer doch überwiegend im Zwangskontext.

• • §16 429 Tsd. €; 1,16%

• •

Familienhilfe 2013 in Spandau

Jugendhilfe in der Sackgasse oder am Scheideweg

• 386 Fälle zu jeweils 910,52 € monatlich: • rechnerisch pro Hilfe 10.926 € jährlich • rechnerisch insgesamt 4.217.529 € für alle Familienhilfen im Jahr 2013

Es gibt viel zu tun, wie lange wollen wir noch warten ????

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Zusammenfassung der Ergebnisse aus der Arbeitsgruppe 1 Familie als gesunder Ort In der anschließenden Arbeitsgruppe wurden folgende Fragestellungen in kleinen „Murmelgruppen“ diskutiert. Wie kann künftig verhindert werden, dass sich Defizite in der Entwicklung von jungen Erwachsenen bei ihren eigenen Kindern wiederholt? Frühzeitig und kompensatorisch Hilfe einsetzen Engere Begleitung mit praktischen und lebensnahen Anreizen → Kochkurse für Mütter → Möglichkeiten zum Lernen Stärkung der sicheren Bindung außerhalb der Familie (Erzieher, Lehrer, Freizeit usw.) Empowermentprogramme wie → Eltern-AG, vor der Geburt Vorgeburtliche Identifizierung von defizitären Familien (Gynäkologie, Hebammen, Schwangerschaftsgymnastik) Sensible Phase der Schwangerschaft nutzen, wenn Frau eigenen Mangel an erlebter frühkindlicher Bindung erkennt. Chance geben, Bindungserfahrung nachzuholen, bzw. zu reflektieren. Voraussetzung ist eigene Bereitschaft! Einsatz von Pekip (von Geburt bis 1 ½ Jahren) Mehr Elternschulen einrichten mit interdisziplinären Personal (z. B. Psychologen, Erziehungsberater) → Kurse in Oberschulen einrichten Bindungsbedürfnis der Eltern mehr in den Fokus nehmen! Frühzeitiges Finden, Eingreifen, Analysieren, Stabilisieren, Begleiten Koordinierte Bedarfsfinder (geschultes Personal, Entlastungshilfen) Vertrauen auf die Feinfühligkeit für das eigene Kind stärken Mehr Orte wo kompensatorisch gelernt werden kann Schule als Ort für Pädagogik (Neues Unterrichtsfach) Bindungsthema → therapeutischer Auftrag ? Nicht defizitär denken sondern positiv Ressourcen bestärken und fördern Hilfen früh einsetzen In der gynäkologischen Praxis findet Beratung statt! Wie sollte eine moderne Jugendhilfe ausgerichtet sein? Familien-orientiert Nach Clearing mit Case-Management Präventionen als primärer Ansatz Sicherheit } vor Baustellen Begleitung Hilfen frühzeitig einsetzen d. h. bevor Kindeswohlgefährdung eingetreten ist und vor der Überforderung der Eltern Jugendhilfeangebote nicht in Konkurrenz zueinander stellen, sie ergänzen sich Mehr Personal = mehr Prävention (und dadurch weniger Fälle = mehr Zeit für die einzelne Familien!) Familienhilfe plus therapeutische Hilfe Durch mehr Personal kann passgenauer eine Hilfe eingesetzt werden (zielgerichteter) Mehr Zusammenarbeit mit den Kindern → weniger mit den Eltern Mehr regelfinanzierte Elterntrainings Ausbau präventiver Angebote 22

Flexible, multiprofessionelle Kultur- und religiössensible Gruppenbetreuung → keine Förderung nach „Schema-F“, primärpräventiv Langjährige kompensatorische Hilfen Sind Frühe Hilfen das Mittel der Wahl? Niedrigschwelliges Elternangebot → kostenfrei, langfristig → keine Antragsformalitäten Fachliche begleitet durch Fachkräfte + nicht durch Ehrenamtliche Frühe Hilfen sind ein Baustein! Jug-Hilfe ist aber auch wichtig! Ja, aber es sollte evaluiert werden JA: - Familienlotsen (um Geburt herum) - Familienhebammen –Kinderkrankenschwestern - KJGD – Hausbesuche → Schulungen auf Problemlagen Nicht immer! Aber wir brauchen mehr davon kann aber HzE zurzeit nicht einsetzen Spontane Gedanken Stolpersteine wurden benannt: unüberschaubares Hilfesystem fehlende Transparenz Optimierung Netzwerkarbeit – Case Management Bürokratie, ??, JA Unklare Finanzierung Zu schwache Involvierung der Eltern in die Realisierung der Hilfepläne Konsequenz ? (Mangel) Sprachdefizite Finanzen

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ARBEITSGRUPPE 2 - Kita als gesunder Ort Moderation: Dr. Gabriele Latzko Bezirksamt Spandau von Berlin, Abteilung Soziales und Gesundheit, Kinder- und Jugendpsychiatrischer Dienst (KJPD) Ulrike Feder Evangelisches Waldkrankenhaus Spandau, Netzwerk Präventionsmedizin und Gesundheitsförderung im Kindes- und Jugendalter - KiJuFit in Spandau

Kitamitarbeiterinnen und Kitamitarbeiter werden zunehmend in ihrem Arbeitsalltag mit vielfältigen gesundheitlichen Problemlagen von Kindern konfrontiert. Diese reichen von der körperlichen über die psychische bis hin zur sozialen Gesundheit. Mangelnde Elternkompetenzen gehen mit dieser Entwicklung häufig einher, so dass die Elternarbeit in vielen Fällen zu einem zeitintensiven Bestandteil des Kitaalltags geworden ist. Die Forderungen an die Kitas zu kompensieren, was in manchen Familien nicht geleistet wird, stellt die Institution Kita, unter den gegebenen Rahmenbedingungen, vor eine große Herausforderung und Verantwortung.

1. Impulsreferat von Susanne Goldschmidt -Ahlgrimm Susanne Godlschmidt-Ahlgrimm, Fachberatung für evangelische Kindertagesstätten in Spandau stimmte auf das Thema mit ihren Vortrag: „Wo stehen die Spandauer Kitas“ ein. Wie Sie vermutlich wissen, vollziehen sich in allen Kitas, Berlinweit und egal bei welchem Träger große Veränderungen, zuletzt die Herausforderungen, Plätze für die Jüngsten zu schaffen und für sie eine angemessene, qualitativ gute Betreuung zu gewährleisten. Die räumlichen Gegebenheiten, das Bildungsprogramm und die Personalverordnung geben den Rahmen vor. In der Öffentlichkeit sind hohe Erwartungen geweckt worden. Dem gegenüber steht die geringe Anerkennung des Erzieherberufs. In der Folge mangelt es an ausreichendem Fachpersonal, der wichtigsten Voraussetzung, um eine gute Bindung als Grundlage für gute Betreuung sicherzustellen. Kitas legen Wert auf eine sanfte Eingewöhnung. Die erforderliche gute Kooperation mit den Eltern trägt sehr zur psychischen Gesundheit der Kinder und zu ihrem Bildungserfolg bei. Hier in Spandau - insbesondere in den Stadtteilen nördlich von Kladow und Gatow - spüren wir die schwierigen sozialen Voraussetzungen in den Familien, die unser Gesundheitsthema besonders dringlich machen. Wir sorgen uns um die Ernährung der Kinder, den Lärm und Stress, dem sie ausgesetzt sind, die Sprachdefizite, die frühe Verführung durch Medien und den Bewegungsmangel. Alltäglich werden Kinder auf Rädern in die Kita geschoben; sie bekommen gar keine Chance, auf eigenen Beinen ihre Selbstwirksamkeit zu trainieren. Wir sorgen uns mitunter auch um das fehlende soziale Netz, die fehlende Zeit, Liebe und Zuwendung, die Eltern ihren Kindern schenken sollten. Neben Bindung und Bildung ist die Gesundheitserziehung eine weitere Voraussetzung für eine glückliche Kindheit, die nicht nur familienergänzend sondern zunehmend ersatzweise von den Kitas geleistet werden soll. Sie ist so zentral, dass sie die pädagogische Arbeit in den Kitas teilweise in den Hintergrund drängt. Die Kunst besteht wohl darin, das eine mit dem anderen zu verbinden: Wir begleiten die Sauberkeitserziehung, helfen beim WC-Besuch. Wir erinnern: „Nach dem Klo und vor dem Essen Händewaschen nicht vergessen.“ Wir üben Zähneputzen. Wir leisten „1.Hilfe“ – und tragen jedes Pflaster ins Verbandbuch ein. 24

Wir gehen viel an die frische Luft, manche Gruppen auch bei Wind und Wetter. Einige gehen wöchentlich in den Wald. Wir haben sogar mindestens eine Waldgruppe. Es gibt eine Kneipp-Kita mit Sauna und kalten Güssen. Wir begegnen der Lärmbelastung durch Schalldämmung und erleichtern dadurch auch den Spracherwerb. Wir schaffen Ruheräume und bieten Entspannungsübungen an. Wir berücksichtigen das Schlafbedürfnis der Kinder – manchmal im Gegensatz zum Wunsch der Eltern. Wir bieten Getränke zur selbständigen Verfügung an. Zu folgenden Stichworten möchte ich ein paar Fakten berichten: Gesunde Ernährung Alle Fachleute stimmen überein, dass eine frisch vor Ort zubereitete Mahlzeit mit wenig Fleisch und viel Gemüse und Rohkost das Beste wäre. Real bieten dies nur noch wenige Kitas an, z.B.: Die Eigenbetriebe streben eine Kompromisslösung an: Je eine Catering-Küche zentral für mehrere Kitas. Die anderen Küchen werden nach und nach zu Verteilerküchen. Die AWO betreibt nur in ihren drei ganz großen Kitas eigene Küchen, in den drei Kitas unter 85 Plätzen wird Catering bestellt. Die evangelischen und katholischen Kirchen betreiben noch Frischküchen, nur ihre „Kleinstkitas“ (unter 30 Plätze) behelfen sich mit TK - Menüs, die durch Frischkost ergänzt werden. Überall wird Rücksicht auf Eßgewohnheiten und Ernährungsstörungen gelegt. Manchmal stehen fünf verschiedene Bolognesen - Soßen auf dem Herd! Wir beziehen die Kinder möglichst in die Vorbereitung und Gestaltung der Mahlzeiten ein und begrüßen es, wenn die Erzieherinnen vorbildlich – aber auf eigene Kosten – mitessen. Wir legen Wert auf gemeinsame Mahlzeiten, auf Tischgespräche und Tischkultur. In vielen Kitas wird inzwischen auch das Frühstück von der Kita organisiert, teilweise von den Pädagoginnen, teilweise mit Unterstützung der Küchen, wo es sie gibt. Dafür wird ein Elternbeitrag eingesammelt. Viele Kitas haben eigene und manche spezielle Ernährungs-Projekte durchgeführt, z.B. die „Tigerkids“ der AOK. Bewegung In der Regel turnen die Kinder mindestens 1x wöchentlich, auch Tanzen, Musizieren und Singen gehen mit viel Bewegung und Koordinationsübungen einher. Von der Unfallkasse wurde das Handwerkszeug „sigiki“ in zwei dicken DinA 4 - Ordnern in vielen Kitas eingeführt und verschenkt, wodurch die Wahrnehmung und Bewegung spielerisch als Sicherheitstraining gefördert werden soll, um die Unfallhäufigkeiten zu senken. In gut ausgestatteten Kitas gibt es Bewegungsräume, die – besonders bei offenen Konzepten und Strukturen – ermöglichen, auch drinnen alltäglich den motorischen Bedürfnissen der Kinder entgegen zu kommen. Unsere Kita - Gärten sind zunehmend natürlicher und zugleich anregender gestaltet. Trotz lauter Sicherheitsvorschriften ist man bemüht, noch etwas „Abenteuerliches“ zu bewahren und alle Sinne anzusprechen. Bei einer Initiative „Kleine kommen ganz groß raus“ von der Sportjugend und der AOK können Vereine Fördergelder beantragen, um Sportangebote für Kinder sowohl im Verein als auch in den Kitas anzubieten. Ob Kitas das nutzen, ist mir nicht bekannt. Auch die Techniker Krankenkasse lockt mit 5000,-Euro für die Teilnahme an dem Projekt „Gesunde Kita“, wobei die Kita ein eigenes Konzept entwickeln soll, in dem Kinder, Eltern, Erzieherinnen und Träger gleichermaßen ins Boot geholt werden sollen. 25

Körperliche Gesundheit Zu diesem Thema hatte ich zuvor bereits Zähneputzen, frische Luft u. a. m. im Rahmen der pädagogischen Arbeit erwähnt. Vom Gesundheitsamt und von der Planungs- und Koordinierungsstelle kommt gelegentlich Unterstützung In Projektform gab es u. a. die Aktion der BzgA „Ich geh’ zur U! Und Du?“ und „Nase, Bauch und Po“. Viele Spandauer Kitas haben an den Aktionen teilgenommen und berichteten, das es den Kindern Spaß gemacht hat, aber der Aufwand für die ErzieherInnen sehr groß war. Ich fand im KitaFöG in § 9 zur Gesundheitsvorsorge folgendes im 2. Absatz: „Der öffentliche Gesundheitsdienst führt in den Tageseinrichtungen und Kindertagespflegestellen für alle Kinder zahnärztliche Reihenuntersuchungen durch.“ Dies scheint zu gelingen, mindestens die „Zahnfee“ kommt vorbei. Es kommt aber vor, dass mancherorts das Putzen reduziert bzw. abgeschafft wurde, weil der Zeitaufwand und die Zweckentfremdung der Bürsten überhand nimmt. Die Zahnärztin des Gesundheitsamtes rief mich neulich an und bat eindringlich: Bitte lassen Sie nicht nach!!! Denn „was Hänschen weder zuhause noch in der Kita lernt, macht Hans dann gar nicht mehr…“ Im KitaFöG in § 9 zur Gesundheitsvorsorge steht weiter im 2. Absatz: „In der Altersgruppe der dreieinhalb- bis viereinhalb-jährigen Kinder führt der öffentliche Gesundheitsdienst eine einmalige ärztliche Untersuchung auf Seh- und Hörstörungen sowie motorische und Sprachauffälligkeiten und eine Überprüfung des Impfstatus durch, soweit dies nicht auf Grund anderer Maßnahmen der Vorsorge entbehrlich ist.“ Diese Untersuchungen finden nach meinen Recherchen und Aussagen von Frau Dr. Scheffler (Leitende Ärztin im Kinder- und Jugendgesundheitsdienst) aufgrund von Überlastung bzw. auch Personalmangel im Gesundheitsamt nicht mehr flächendeckend statt. Vorrangig in den Kitas mit erhöhtem Bedarf – und leider auch dort nicht regelmäßig – werden sie noch durchgeführt. Von den Kitaleitungen erfahre ich, wie effektiv diese Untersuchungen sind, wenn sie stattfinden. Eine Forderung hier und heute muss lauten, dass die gesetzlichen Vorgaben wieder eingehalten werden und für eine entsprechende Ausstattung der Gesundheitsämter zu sorgen ist. Von den Kitas fordert das Gesundheitsamt die regelmäßige Meldung diverser Krankheiten. Neben den Kinderkrankheiten Mumps, Masern, Röteln, Windpocken, Scharlach sind auch Läuse, Wurminfektionen, Durchfälle und Grippe (Influenza A/B) gemäß Infektionsschutz- Gesetz namentlich zu melden! Damit sind die Mitarbeiterinnen dann zusätzlich beschäftigt! Infektionskrankheiten der Kinder leiten zu einem weiteren verbesserungsfähigen Punkt über: Die Zusammenarbeit mit den Kinderärzten lässt zu wünschen übrig: Zu oft bekommen Eltern beim ersten Arztbesuch schon die „Gesundschreibung“ des Kindes mit, obwohl sie - vielleicht nicht mehr ansteckend - noch deutlich geschwächt sind. Die Interessen der Arbeitgeber und berufstätiger Eltern stehen hier den Bedürfnissen der Kinder gegenüber. Wann ist ein Kind gesund? Wieder wird eine Elternaufgabe - die liebevolle Pflege - an die Kitamitarbeiter/Innen delegiert. Oder: Frustration löst aus, wenn es Pädagoginnen gelungen ist, dass Eltern ihr Kind wegen einer bestimmten, beobachteten Auffälligkeit vorsorglich bei einem Arzt vorstellen und sie dann erleichtert berichten, der Arzt habe gesagt, das sei alles im Rahmen. Wünschenswert wäre ggf. – mit Einverständnis der Eltern – eine Rückfrage in der Kita oder sicherheitshalber eine Überweisung zum Spezialisten. Schließlich sind die Erzieher/innen aufmerksame, geschulte Beobachter/innen, die die Entwicklung der Kinder intensiv begleiten!

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Kinderschutz Alle Erzieher/innen sind zum Kinderschutz geschult und für das Thema sensibilisiert. Tatsächlich melden wir nach der vorgeschriebenen Beobachtung und Reflexion mehr Fälle als früher im Jugendamt, meistens zu Recht. Abschließend muss noch die Gesundheit der Mitarbeiter/innen erwähnt werden, denn ohne sie geht Vieles nicht. Wir haben viele Erzieherstühle angeschafft, mancherorts Massagen für die Pausen organisiert und streben Pausenräume mit Computern für die zeitraubende Dokumentation an. Wir bieten Beratung, Supervision und interessante Fortbildungen an. Die Leitungen motivieren ihre Teams und führen Mitarbeitergespräche durch. Die Fachberatungen vermitteln in Konflikten, aber dennoch: Alle fühlen sich zunehmend gestresst! In diesem Frauenberuf verdienen viele – besonders in Teilzeit und alleinerziehend – wenig über dem Existenzminimum. Jüngere Kolleginnen, selbst Mütter, haben Schwierigkeiten, die Dienstpläne mit ihren familiären Ansprüchen und Aufgaben zu vereinbaren. Schwangeren macht das Beschäftigungsverbot ein schlechtes Gewissen, weil sie ihre KollegInnen und Bezugskinder „hängen lassen“. Vertretungskräfte sind nicht in Sicht. Fast alle Kitas arbeiten real unterbesetzt, nicht zuletzt weil durchschnittlich 20% des Personals wegen Krankheit, Urlaub, Fortbildung oder anderer Aufgaben gerade nicht für die Kinder da sind. Diese Situation mündet in einen Teufelskreis und es muss alles getan werden, um dem Erzieherberuf die Unterstützung und Anerkennung zukommen zu lassen, die er verdient. Dafür ist das hohe Engagement der Fachkräfte für Kinder mit besonderem Förderbedarf ein weiterer guter Grund. In unseren Spandauer Kitas betreuen wir (AWO, Eigenbetrieb, Ev. Kirche) durchschnittlich 7% Integrationskinder, jedoch schwankt dies zwischen 0 und 15%. Frau Dr. Latzko wird darauf noch eingehen. Eine weitere Belastung möchte ich noch erwähnen, wenn die Zeit es erlaubt: Wir betreuen viele Kinder nicht deutscher Herkunftssprache, für die kein zusätzliches Personal gewährt wird, wenn dies nicht mehr als 40% der Kinder betrifft. Das z.B. 7 verschiedene Sprachen gesprochen werden oder Kinder ohne Deutschkenntnisse im Jahr vor der Schule noch „schulreif“ gemacht werden sollen, findet keine Berücksichtigung. Bei aller Freude über das Sprachförderprojekt „Frühe Chancen“ der Bundesregierung oder von Zvi Penner bleiben sie doch ein Tropfen auf den heißen Stein, der angesichts der realen Personalsituation oft verdampft. Fast tröstlich ist dann, dass Untersuchungen zur Wirksamkeit von gezielten Sprachförderprogrammen bisher nicht belegen konnten, dass dadurch mehr erreicht wird als im sog. Sprachbad – wenn genügend gut deutsch sprechende Kinder und vor allem sprachgewandte Erwachsene mit Zeit für Einzelgespräche den Kindern als Ansprechpartner zur Verfügung stehen. Auch hier müssen wir wohl bessere Rahmenbedingungen fordern und auf eine ausgewogene Mischung achten, wenn wir den Inklusionsgedanken verwirklichen wollen. 2. Impulsreferat von Dr. Gabriele Latzko Dr. Gabriele Latzko, Bezirksamt Spandau von Berlin, Abt. Soziales und Gesundheit, Kinderund Jugendpsychiatrischer Dienst referierte zum Thema: Förderung der seelischen Gesundheit in der Kita. Im Rahmen der Einschulungsuntersuchung durch den KJGD im Jahr 2012 sahen die Kinderärzte 2051 Einschüler. Bei 17,9 % (367 Kindern) wurde ein erhöhter schulischer Förderbedarf im Bereich der emotionalen und sozialen Entwicklung festgestellt. Laut KIGGS Studie 27

(Kinder – u. Jugendgesundheitssurvey 2006) liegen bei 18% aller Kinder diagnostizierbare Verhaltensauffälligkeiten vor. Insgesamt benötig(t)en 44,5 % der Spandauer Einschüler Förderung, davon 30,3% im Bereich Sprache 16,4% im Bereich Visuelle Wahrnehmung, 18,8% im Bereich Visuomotorik, 9,5 % im Bereich motorische Entwicklung und 3,9% im Bereich Lernen. Diese Zahlen steigen seit Jahren kontinuierlich. Die Zahlen für den Bedarf von emotionaler und sozialer Förderung haben sich zwischen 2008 – 2012 verdoppelt, die für die Sprachförderung verdreifacht. Im KJPD werden jährlich ca. 550 Kinder und Jugendliche mit ihren Familien oder Bezugspersonen gesehen. Im Jahr 2012 wurden in der Altersgruppe der 3-6jährigen 12 Jungen neu, 3 wieder sowie 5 Mädchen neuvorgestellt. In der Altersgruppe darunter sahen wir einen Jungen. Von den 367 Kindern der ESU auffälligen Kindern waren 5,5% so auffällig, dass sie dem KJPD vorgestellt wurden. In der Ambulanz der DRK-Kliniken werden Kinder unter 6 Jahren an das SPZ verwiesen, um einer frühen Psychiatrisierung vorzubeugen. Im Vorfeld wurde die Frage an mich herangetragen, wie man Verhaltensauffälligkeit von seelischer Störung unterscheiden kann. Diese Frage möchte ich heute nicht beantworten, denn es geht ja um Kita als „gesunden Ort“ und darum, was wir und Sie alle tun können, damit die Kinder seelisch gesund aufwachsen und auch gesund bleiben. Dieser Blick auf die Prävention stellt einen ganz wichtigen Paradigmenwechsel dar - weg von der reinen Defizitorientierung und dem Blick auf die „Pathogenese“, also was ist krank und funktioniert nicht, hin zur Salutogenese, also wie können wir uns und die Kinder gesund erhalten und Krankheit vorbeugen. Diese Idee hat erstmals der israelische Medizinsoziologe Aaron Antonovsky 1979 formuliert. Warum ist dieser Perspektivwechsel so wichtig: die Forschung bestätigt, dass der nur am Defizit orientierte Blick zu stark von den Betroffenen übernommen wird. Diese sind dann einerseits in einer „Opferrolle“ – mein Schicksal ist so schwierig, ich kann nichts dagegen tun, andere sind dafür verantwortlich – und gleichzeitig in einer Passivität gegenüber den Hilfsangeboten, was letztlich zu erlernter Hilflosigkeit führt. Die Helfenden sind die Aktiven, ohne deren Unterstützung die Familie in ihrer Problembewältigung nicht vorwärts kommt. Andererseits beschränkt dieser Blick bei den Helfenden das Wahrnehmen der Ressourcen der Familien und das Zutrauen in deren Selbsthilfepotential. Möglich wurde der Blick auf die Ressourcen durch die ersten Studien zur Resilienzentwicklung von Emmy Werner und Ruth Schmidt auf der hawaianischen Insel Kauai. Sie fand in einer über 40 Jahre angelegten Longitudinalstudie am Geburtsjahrgang 1955 mit knapp 700 Probanden, die sie im Alter von 1, 2 , 10, 18, 32 und 40 Jahren untersuchte und von denen 210 (knapp ein Drittel) unter äußerst schwierigen Bedingungen wie Armut, kranke Eltern, Sucht in der Familie, Vernachlässigung und Misshandlung aufwuchsen, dass 2/3 dieser Kinder zwischen 10 und 18 Jahren erhebliche Lern- und Verhaltensprobleme bis hin zur Delinquenz entwickelten, JEDOCH haben sich ca. 70 Kinder über die Erwartung hinaus positiv entwickelt. Danach begann sich die Forschung darauf zu konzentrieren, wie das möglich sei und fand „Schutzfaktoren“ wie z.B. freundliches und umgängliches Temperament, durchschnittlicher IQ und vor allem eine emotionale Bindung an EINEN verlässlichen, responsiven (auf die Gefühle eingehenden oder diese spiegelnden), feinfühligen und unterstützenden Erwachsenen – also z.B. SIE. Die Fähigkeit aktiv seine Probleme zu bewältigen, sich positiv zu entwickeln trotz der Belastung und nicht seelisch oder körperlich zu erkranken nennt man Resilienz. Dieser Begriff bezeichnet im Englischen ursprünglich ein Material mit hoher Widerstandsfähigkeit, Elastizi28

tät und Spannkraft. Inzwischen hat die Forschung erwiesen, dass Resilienz KEIN angeborenes Persönlichkeitsmerkmal ist, sondern in der Kind-Umwelt-Interaktion erworben wird. Resilienz kann über Zeit und Situationen hinweg variieren. Umso wichtiger ist es in den Lebensumfeldern der Kinder die Resilienz zu fördern, also in der Kita, der Schule und dem Elternhaus. Besonders wichtig ist dies für die Kinder in Phasen erhöhter Verletzbarkeit wie z.B. den Übergangssituationen im Leben etwa dem Kita- oder Schuleintritt, der Pubertät, dem Übergang auf die Oberschule etc. Was zeichnet resiliente Kinder aus: Optimalerweise sind sie als Säugling sehr aktiv, liebevoll und sozial aufgeschlossen, emotional ausgeglichen und kontaktfreudig. Als Kleinkind sind sie selbständiger, selbstbewusster und unabhängiger, verfügen über eine gut entwickelte Selbsthilfefertigkeit und Fähigkeit Hilfe zu erbitten. Mit 10 Jahren haben sie bessere Problemlöse- und Kommunikationsfähigkeiten und ein positives Selbstkonzept. Zusammengefasst zeichnen 6 Schutzfaktoren resiliente Kinder aus: 1. gute Selbstwahrnehmung 2. gute Selbststeuerung 3. hohe Selbstwirksamkeit 4. hohe soziale Kompetenz 5. gute Fähigkeit, mit Stress umzugehen 6. gute Problemlösefähigkeit und genau diese Eigenschaften gilt es zu fördern. Von der Förderung dieser Faktoren, also der Resilienzförderung im Alltag profitieren alle Kinder einer sozialen Gruppe, nicht nur die Hochbelasteten. Darüber hinaus profitieren auch die ErzieherInnen und LehrerInnen, denn der ressourcenorientierte Blick führt auch bei einem Selbst zu mehr Achtsamkeit sich gegenüber und einer Bewusstseins-Bildung für gesunde Lebens- und Arbeitsbedingungen. Wie können Sie im Kitaalltag Resilienz und damit die seelische Gesundheit fördern? 1. Selbstwahrnehmung Dazu gehört, die verschiedenen Gefühle und Stimmungen zu kennen, sie mimisch und sprachlich adäquat ausdrücken zu können, sie bei sich und anderen zu erkennen, über seine Gefühle nachdenken und diese in Bezug zu anderen setzen zu können. Wichtige Voraussetzung dafür ist es, den eigenen Körper und seine Sinne zu kennen. Beispiele zur Förderung: Bilderbücher lesen und anschauen zum Thema Gefühle, begleitender Mimik und Körperhaltung (Aliki Gefühle sind wie Farben, Der Seelenvogel etc.) Gefühlsuhr benutzen, auf der das Kind einstellen kann, wie es ihm gerade geht ( auf der Uhr sind Gesichter mit Gefühlsausdruck) Fotoalben vom Kind mit den unterschiedlichen Gefühlsausdrücken 2. Selbststeuerung Das Kind kann sich und seine Gefühlszustände selbständig regulieren bzw. kontrollieren. Es weiß, was ihm hilft sich zu beruhigen und wo es sich Hilfe holen kann. Erwachsene haben die Selbstberuhigungsstrategie als „innere Stimme“ verinnerlicht wie z.B. noch mal tief durchatmen, erst mal bis 3 zählen. Kinder benötigen hier eine aktive Anleitung. Fördermöglichkeit z.B. durch ein „Ampelsystem“: Oft muss der Spitzenaffekt (Wut, Ärger) von den Erwachsenen gekappt werden mit einem deutlichen Stopp. Das entspricht der Phase ROT: wir hören auf uns zu streiten, hauen etc.

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GELB wäre: wir überlegen zusammen, welche Handlungs- und Reaktionsmöglichkeiten wir haben also z.B. wie wir uns wieder vertragen GRÜN wäre: wir entscheiden uns für eine Lösung. Klare Tagesstruktur und Rituale helfen bei der inneren Orientierung, geben dem Kind ein Gefühl von Verlässlichkeit, vermitteln Stabilität. Auf diesem sicheren Grund kann das Kind seiner Neugier nachgehen, seine Umgebung explorieren, neue Erfahrungen verarbeiten. Je geringer die Selbststeuerungsfähigkeiten, desto wichtiger die klare Außenstruktur. 3. Selbstwirksamkeit - Bewusstsein des „ich kann“ Die Kinder kennen ihre eigenen Stärken und Fähigkeiten und sind stolz drauf. Sie können ihre Erfolge auf ihr Handeln beziehen und wissen, welche Wege sie zu diesem Ziel gebracht haben. Sie können diese Strategien auf andere Situationen übertragen. Sie sind sich sicher, dass ihr Handeln auch etwas bewirkt. Eine Voraussetzung von Selbstwirksamkeit ist die Kenntnis der eigenen Fähigkeiten und Kompetenzen. Fördermöglichkeiten: Führen eine „Stärkenbuchs“ z.B. du kannst andere zum Lachen bringen, du kannst schnell rennen, du kannst dich selber anziehen, du kannst gut erzählen…. Bilderbücher mit Helden, mit denen sich das Kind identifizieren kann und in denen der „Held“ für das Kind machbare Herausforderungen bewältigt. (Achim Bröger) und die vielen alltäglichen Dinge, in die sie selbstverständlich die Kinder einbeziehen wie z.B. selbst Tisch decken, abräumen, sich anziehen. Dazu gehört ganz wichtig das Zutrauen der Erzieher in die Fähigkeit des Kindes, dieses auch zu bewältigen. 4. Soziale Kompetenz Das Kind kann auf andere Menschen zugehen und Kontakt aufnehmen. Es kann sich in andere einfühlen und soziale Situationen einschätzen. Es kann sich selbst behaupten und Konflikte adäquat lösen. Fördermöglichkeiten: Rollenspiele Lernen am Modell (andere Kinder, erwachsene Bezugspersonen) 5. Umgang mit Stress Das Kind kann für es stressige Situationen einschätzen und seine Grenzen erkennen. Es kennt Bewältigungsstrategien und ihre Anwendungen. Es weiß, wie und wo es sich Unterstützung holen kann und wann es diese braucht. Fördermöglichkeiten: Vermeidung als mögliche Bewältigungsmöglichkeit (aus der Situation herausgehen) oder die schon von Frau Goldschmidt genannten Entspannungsübungen, Ruhezeiten, Rückzugsräume. Bewegungsmöglichkeiten als motorische Ausgleichsmöglichkeit seelischer Spannung. 6. Probleme lösen „Resiliente Kinder haben gelernt, sich realistische Ziele zu setzen. Sie trauen sich, Probleme direkt anzugehen und kennen dafür Problemlösestrategien. Sie sind in der Lage, verschiedene Lösungsmöglichkeiten zu entwickeln“. Fördermöglichkeiten z.B. liegen in Anleitung und Ermöglichen der Alltagsbewältigung und der aktiven Beteiligung an Alltagstätigkeiten.

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Quellen: Maike Rönnan-Böse; Klaus Fröhlich-Gildhoff: Resilienzförderung im Kitaalltag, Was Kinder stark und widerstandsfähig macht. Herder Verlag 2010; ISBN 987-3-451323034 K. Fröhlich-Gildhoff; Tina Dörner; M. Rönnan-Böse: Prävention und Resilienzförderung in Kindertageseinrichtungen – PriK – ein Förderprogramm. Reinhardt-Verlag, 2012 . ISBN 978-3-497-02250-2 Martin R. Textor: Kleine Kinder - starke Kämpfer! Resilienzförderung im Kindergarten. Kindergartenpädagogik – Online Handbuch. Link: www.kindergartenpaedagogik.de/645.html Georg Korman (2007); Resilienz – Was Kinder stärkt und in ihrer Entwicklung unterstützt. In Plieninger M. u. Schumacher E. (Hrsg), Auf den Anfang kommt es an – Bildung und Erziehung im Kindergarten und im Übergang zur Grundschule. Gmünder Hochschulreihe Nr. 27, S. 37 – 56 Irina Bohn (Hrsg.), ISS Frankfurt, ISS-Aktuell 2/2006: Dokumentation der Fachtagung „Resilienz – Was Kinder aus armen Familien stark macht „ vom 13.9.2005 Marion Brandl (06.2012) – KiTa Fachtexte : Resilienz in der professionellen Arbeit mit Kindern in den ersten drei Lebensjahren Prof. Dr. Matthias Jerusalem, HU-Berlin (2011) – Individuelle Förderung durch Stärkung von Selbstwirksamkeit. Lehrstuhl für pädagogische Psychologie und Gesundheitspsychologie Programme zur Resilienzförderung: Fröhlich-Gildhoff, Dörner, Rönnau-Böse – PriK – Prävention und Resilienzförderung in Kindertageseinrichtungen Mayr, T.; Ulrich, M. - Staatsinstitut für Frühpädagogik – PERiK – Positive Entwicklung und Resilienz im Kindergartenalltag, 2006 M. Cierpka – FAUSTLOS – ein Curriculum zur Prävention von aggressivem und gewalttätigem Verhalten von Kindern im Vorschulalter und im Grundschulalter Für die Familie: EFFEKT – Entwicklungsförderung in Familien – Eltern- und Kindertraining Für die Eltern: Honkanen-Schobert & Jennes-Rosenthal: Starke Eltern – starke Kinder. Wege zur gewaltfreien Erziehung für Multiplikatoren Dt. Kinderschutzbund Hannover Bilder- und Kinderbücher: Anne Fine – Ein Morgen ohne Mama; Der blaue Rabe, Ravensburger 1996, ISBN 978-3-473-34075-0 Rafik Schami, Ole Könnecke – Wie ich Papa die Angst vor Fremden nahm – Hanser Verlag 2003, ISBN 3-446-20331-1 Aliki – Gefühle sind wie Farben; Beltz und Gelberg 1987; ISBN 978-3-407-80346-7 Jutta Bauer – Opas Engel ; Carlsen Verlag 2005; ISBN 978-3-551-35482-2 Achim Bröger – Gefühle machen stark; Arena Verlag, ISBN 978-3-401-09266-9

3. Impulsreferat von Dr. Alexandra Thiele Dr. Alexandra Thiele, Bezirksamt Spandau von Berlin, Abt. Jugend, Bildung, Kultur und Sport/Jugendamt, Fachdienst Erziehungs- und Familienberatung, Kinder und Jugendlichenpsychotherapeutin stellte in ihren Vortrag die Bedeutung von Elternarbeit in der Kita vor. Historisch gesehen hatte der Stellenwert von Elternarbeit eine geringe Bedeutung. Elternarbeit war in der Regel nicht mehr: „...als die verordnete Unterrichtung der Eltern über den 31

Stand der Dinge“. Erst in den letzten 20 Jahren wandelte sich dieses Bild hin zu der Vorstellung von „Erziehungspartnerschaft“ und hin zu der Annahme, dass bei gelingender Erziehungspartnerschaft die besten Entwicklungsbedingungen für das Kind erreicht werden. „Die Betreuung, Bildung und Erziehung des Kindes ohne die Berücksichtigung der Bedürfnisse seiner Familie kann nur schwerlich gelingen.“ So der aktuelle Stand der Forschungsmeinung (vgl. Textor, Kap 3., S. 11). Drei wesentliche Punkte charakterisieren diese Erziehungspartnerschaft: Die gegenseitige Öffnung und damit Abstimmung von privater und öffentlicher Erziehung (denn der Einfluss der Eltern auf die Entwicklung des Kindes wird als doppelt so hoch eingeschätzt, als der institutionelle Einfluss). Der gegenseitige Respekt, der auf Seiten der Erzieher vor allem die innere Haltung meint, das Erziehungsbemühen der Eltern grundsätzlich zu achten und anzuerkennen (oft schwierig!) Die Bereitschaft und Fähigkeit zur Selbstreflexion auf Seiten der Erzieher, besonders über eigene Bilder und Vorstellungen von Familie (Vielzahl von Familienformen kann und muss heutzutage vorstellbar sein). Bei allen gesundheitsfördernden Aspekten, die bei einer derart gelingende Zusammenarbeit zwischen Eltern und Erziehern für das Kind entstehen, werden jedoch auch die erhöhten Anforderungen an dieses wechselseitige Modell deutlich. Gesundheit meint in dieser Lesart nämlich nicht nur Gesundheit von Eltern und Kindern, sondern natürlich auch von Erziehern, die sich vielleicht mehr denn je auf die vielfältigen Problemlagen und Lebensbedingungen der Kinder und ihrer Familien einlassen müssen, gleichzeitig aber auch eigene Grenzen antizipieren sollten, um eine Weitervermittlung in Beratungsstellen, Jugendamt, Gesundheitsamt, etc. einzuleiten. Definierte Ziele der Elternarbeit sind deshalb: Dass sich Eltern bei Erziehungsfragen oder Verhaltensauffälligkeiten an die Erzieherinnen und Erzieher wenden können. Dass Eltern auch Unterstützung bei anderen Familienproblemen finden Dass Erzieherinnen und Erzieher offen Probleme mit dem Kind ansprechen kann (oft heikler Punkt). Dass Erzieherinnen und Erzieher ggf. notwendige Hilfsangebote psychosozialer Dienste vermitteln (Beratung in EFB ist teilweise schwierig bei „geschickten“ Eltern, wenn sie angeben, nicht zu wissen, warum sie zur Beratung kommen sollten – mehr Vernetzung wäre an diesem Punkt sinnvoll). Doch wie können diese Maxime erreicht werden? Es sind natürlich weniger die „gesunden“ Kinder und deren Eltern, die erhöhte Anforderungen an die Elternarbeit stellen, sondern vielmehr die, durch meine Vorrednerin beschriebenen, „verhaltensauffälligen“ aber auch entwicklungsauffälligen oder chronisch kranken Kindern. Scham, Schuld, Verzweiflung, Wut, Unverständnis und Abwehr seitens der Eltern sind nicht selten Affekte, mit denen sich Erzieherinnen und Erzieher auseinandersetzen müssen, wenn es darum geht mit den Eltern Verhaltensweisen oder Entwicklungsdefizite der eigenen Kinder zu problematisieren und Lösungen zu suchen. Uns in der EFB ist sehr wohl bewusst, wie viel gelungene Elternarbeit dahinter steckt, wenn sich die Eltern bei uns melden, um den Integrationsstatus für ihre Kinder überprüfen zu lassen. In aller Mehrheit äußern sich Eltern dankbar über die ehrlichen und wohlmeinenden Rückmeldungen seitens ihrer Kita, ohne jedoch zu verschweigen, wie kränkend es sein kann, dem eigenen Kind den Paragraphen 35a SGB VIII (Seelische Behinderung) zuordnen zu lassen. In diesen Gesprächen wird mir persönlich immer wieder deutlich, wie viel Vertrauen in die Erzieherinnen und Erzieher und de-

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ren Einschätzung besteht und wie tragfähig die Zusammenarbeit offensichtlich auch mit sehr schwer erreichbaren Eltern gelingen kann. Vielleicht ist das auch der Grund, warum wir als Gutachter, gerne Sätze verwenden wie: „Folgende Themen sollen im Rahmen des Förderstatus in engmaschiger Elternarbeit besprochen werden: Medienkonsum, Hygiene, gesunde Ernährung, etc. ...“ Bis hin zu Aufträgen, die Kita zu bitten mit den Eltern an der (freiwilligen) Installation einer Familienhilfe zu arbeiten. Wohl wissend, dass Eltern diese, teilweise unangenehmen Themen aus den Händen „ihrer“ Erzieherinnen und Erzieher besser annehmen können, als von Seiten des Amtes. Kita als Ort, bzw. die Menschen, die dort arbeiten sind daher in ihrer professionellen aber auch personellen Funktion unersetzlich, wenn man an die Gesundheit von Kindern denkt. Aus der Theorie ist bekannt dass Merkmale einer inneren Haltung wie: Echtheit Wertschätzung und einfühlsames Verstehen Vertraulichkeit und Vertrauen Achtung vor der Eigenständigkeit und Eigenverantwortlichkeit des Menschen Wärme und Zuneigung zu einer gelingenden Kooperation zwischen Eltern und Erziehern beitragen und den Erfolg ihrer täglichen Arbeit erklären. Dennoch möchte ich dazu ermuntern, in diesem Rahmen der Frage nachzugehen, was denn darüber hinaus wirksam in der Elternarbeit ist, welche Formen der Elternarbeit angewandt werden, und wie es gelingt, schwer erreichbare Eltern doch zu erreichen, bzw. wo aus Ihrer Sicht tatsächliche Grenzen erreicht sind? Ich denke dabei an folgende Klientel, die gerade in Spandau keine Einzelfälle sind und die den oben genannten Schlagworten eine reale und mühevolle Ausgestaltung abverlangen: Arbeit mit Familien mit Migrationshintergrund (Einfühlsames Verstehen vs. Sprachbarriere und kulturelle Andersartigkeit) – Fallbeispiel, an dem Entwicklungsvorstellungen und damit Förderbedürftigkeiten von einem Kind, im kulturellen Kontext differenziert werden mussten. Kinderschutzfälle bzw. Graubereiche (Vertraulichkeit vs. Verantwortung gegenüber dem Kind) – Fallbeispiel, an dem deutlich gemacht werden konnte, wie viel Vertrauen und Chance eine Erzieherin Eltern entgegenbringen konnte, bei denen es um eine KGW ging. Beratungsresistente Eltern (Umgang mit Provokation-> Professionelle Haltung und Frustrationstoleranz vs. Echtheit) – Fallbeispiel, in dem gezeigt werden konnte wie schwierig professionelle Distanz bei der Depotenzierung von fachlicher Kompetenz sein kann. Psychisch belastete/ kranke Eltern (Wärme und Zuneigung vs. Akzeptanz eigener Grenzen) – Fallbeispiel von psychisch kranken Eltern, die weitervermittelt werden mussten, weil es die Kapazität der Kita überstieg. Unterstützung von Eltern mit wenig Ressourcen, ggf. mit ihnen gemeinsam in Beratungsstelle anrufen oder sogar hin begleiten. Ein Stück Bewusstwerdung der eigenen Arbeitsmodelle und Arbeitsweisen besonders in den problematischen Einzelfällen, der Wertschätzung gegenüber der eigenen Arbeit und Handlungsweise dienlich und zuträglich ist und leite mit diesen Worten in die Gruppenarbeit über. Literatur: Kindergartenpädagogik - Online-Handbuch. Textor, M. (Hrsg.) auf: www.kindergartenpädagogik.de (Kap. 3. Elternarbeit).

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Zusammenfassung der Ergebnisse aus der Arbeitsgruppe 2 Kita als gesunder Ort In der anschließenden Arbeitsgruppe nahmen insgesamt 26 Fachkräfte teil. Ihr professioneller Hintergrund lag zum großen Teil in Spandauer Kindertagesstätten (Leitungen, Erzieherinnen), es waren aber auch Vertreter des KJGD, der freien Träger, Erziehungsberatungsstellen, des Jugendamtes, des Bezirksamtes Neukölln und der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales anwesend. Die Diskussion gestaltete sich schnell sehr konstruktiv. Es zeigte sich ein deutliches Interesse, professionsübergreifend in Kontakt zu treten. Auf Wunsch der Teilnehmer wurde auf die Arbeit in Kleingruppen verzichtet. Die drei Fragestellungen wurden in der großen Gruppe diskutiert und wie folgt zusammengefasst. 1. Was kann ich tun? Für die Kinder: Perspektivwechsel: Kindliche Perspektive einnehmen Wertschätzende Haltung dem Kind gegenüber Das Kind partizipieren lassen Sich vom Kind führen lassen Ausflüge in die Häuslichkeit der Kinder mit der KiTa - Gruppe Für die Eltern: Veränderung der Begrifflichkeiten, wie z. B. Elternarbeit zu Eltern - Zusammenarbeit Erstellung von Leitfäden für die Eltern - Zusammenarbeit Befähigung der Eltern Perspektivwechsel: Perspektive der Eltern einnehmen Wertschätzende Haltung den Eltern gegenüber Sich von den Eltern führen lassen, v.a. was die Bedürfnisse und Notwendigkeiten angeht. Für die KiTa/ Kolleginnen und Kollegen: Das Kind in das Zentrum der Arbeit stellen Die Eltern informieren Ressourcenorientierten Blick bewahren Perspektivwechsel: Perspektive junger ErzieherInnen einnehmen Aufgaben verteilen Aktiv Informationen über Angebote einholen Externe Fachkräfte in die KiTa holen Fortbildungen, v.a. für die Elternarbeit, z. B. KiTa Move Seine Hoffnung bewahren und stärken Abschließend wurde in dieser Phase der Erarbeitung die Antwort: „GESUND DENKEN!“ im Sinne von Gesundheit mitdenken genannt. 2. Worauf können wir uns einigen? Eine professionelle Haltung einnehmen und bewahren Perspektivwechsel vornehmen Austausch mit anderen und auch anderen Professionen suchen Vernetzung vorantreiben Impuls der AG in die AG 78 einbringen Etablierung von KiTa- Hilfe- Konferenzen 34

3. Was brauchen wir dafür? Mehr Informationen über externe Angebote Kooperation mit ambulanten Kinderärzten Ausreichend Ressourcen im Gesundheitsamt („Mustergesundheitsamt“) Vertretungsreserve Kurze Wege Zeit Geld

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ARBEITSGRUPPE 3 - Grundschule als gesunder Ort Moderation: Tanja Götz-Arsenijevic Evangelisches Waldkrankenhaus Spandau, Netzwerk Präventionsmedizin und Gesundheitsförderung im Kindes- und Jugendalter KiJuFit in Spandau Birgit Olsok Senatsverwaltung Bildung, Jugend und Wissenschaft, Außenstelle Spandau, Schulpsychologische Beratungsstelle, Koordinatorin für Schulische Prävention

In Grundschulen stellen sich zunehmend vielfältige gesundheitliche Problemlagen der Kinder dar. Diese reichen von der körperlichen über die psychische bis hin zur sozialen Gesundheit. Vor allem an Schulen in sozial benachteiligten Bezirksregionen zeigt sich das Ausmaß der gesundheitlichen Chancenungleichheit. Hier wird die Dimension der Wechselwirkungen von Gesundheit, Bildung und sozialer Herkunft besonders offenkundig. Die Kultusministerkonferenz sieht daher in ihren „Empfehlungen zur Gesundheitsförderung und Prävention an Schulen“ vom 15.11.2012 Gesundheitsförderung und Prävention als integrale Bestandteile von Schulentwicklung, unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Lebenslagen der Kinder, wodurch u.a. die Verhaltensprävention (Kompetenzerwerb) und die Verhältnisprävention (Bedingungen der Schule) mehr in den schulischen Fokus rücken. Die damit einhergehende Forderung an die Schulen als Bildungseinrichtung die gesundheitliche Chancengleichheit zu fördern und somit zu kompensieren, wozu in vielen Familien Elternkompetenzen nicht mehr ausreichen, stellt die Institution Schule vor eine große Herausforderung und Verantwortung. Vor diesem Hintergrund sollen in der AG „Grundschule als gesunder Ort“ folgende Fragestellungen gemeinsam erarbeitet werden: 1. Wie sieht ein Minimalkonsens für (gelingende) schulische Prävention aus? 2. Welche Voraussetzungen müssen für diesen Minimalkonsens geschaffen werden? 1. Impulsreferat von Susanne Füllgraf Susanne Füllgraf, Senatsverwaltung Bildung, Jugend und Wissenschaft, Außenstelle Spandau, Referatsleiterin Regionale Schulaufsicht demonstrierte die Bedeutung und die Wichtigkeit des Themas „Gesundheit“ für die Spandauer Grundschulen zum einen durch die Anwesenheit der Schulaufsicht, in Form ihrer Person, auf. Trotz ihrer kurzen Amtsphase in Spandau war ihr Engagement sehr hoch, sich einen Überblick über gesundheitsfördernde Programme und Maßnahmen an den Spandauer Grundschulen, in Form einer Bestandsaufnahme, zu verschaffen und hat die vielfältigen einzelnen Programme und Maßnahmen gelobt, welche in Spandau bereits an den Grundschulen umgesetzt werden. 2. Impulsreferat von Arno Winther Arno Winther, Senatsverwaltung Bildung, Jugend und Wissenschaft, Außenstelle Spandau, Schulpsychologische Beratungsstelle stimmte aus schulpsychologischer Sicht auf das Thema ein, indem er das "Soziale Miteinander" aller in Schule mitwirkenden Personen als Basis für eine gesunde Entwicklung erläuterte. Herr Winther stellte uns für die Dokumentation die Power Point-Präsentation zur Verfügung.

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11. Gesundheitskonferenz Spandau „Gesund aufwachsen in Spandau“ 5.9.2013

11. Gesundheitskonferenz Spandau „Gesund aufwachsen in Spandau“ 5.9.2013

1. Gesundheit als leib-seelische Einheit 2. Es gibt gesund erhaltende und krank machende Umgebungen und Verhältnisse 3. Soziale Verhältnisse, soziale Beziehungen, das soziale Miteinander trägt zur Gesunderhaltung bei 4. Gesundheit ist nicht allein körperliche Gesundheit

11. Gesundheitskonferenz Spandau „Gesund aufwachsen in Spandau“ 5.9.2013

Soziales Miteinander – Gesunde Entwicklung AG 3 Grundschule

Bildung für Berlin

Bildung für Berlin

AG 3 Grundschule - Soziales Miteinander – Gesunde Entwicklung

Respekt Wertschätzung Beteiligung Übertragene Verantwortung (Selbstwirksamkeit)

11. Gesundheitskonferenz Spandau „Gesund aufwachsen in Spandau“ 5.9.2013

Das ist: - Achtsamkeit auf sich selbst - Achtsamkeit auf den Anderen - Achtsamkeit für Gruppenprozesse und Gruppenklima

Soziales Miteinander – Gesunde Entwicklung AG 3 Grundschule

Bildung für Berlin

Bildung für Berlin

Beispiele: - „Lions-Quest“ - „Fit und stark fürs Leben“ - Soziales Lernen mit Jamie Walker

Aufbau und Stabilisierung der vier Säulen durch das Prinzip und Üben von „Achtsamkeit und Anerkennung“

11. Gesundheitskonferenz Spandau „Gesund aufwachsen in Spandau“ 5.9.2013

Soziales Miteinander – Gesunde Entwicklung AG 3 Grundschule

Soziale Lernprogramme – eher Schwerpunkt „Respekt und Wertschätzung“

Respekt Wertschätzung Beteiligung Übertragene Verantwortung (Selbstwirksamkeit)

Soziales Miteinander – Gesunde Entwicklung AG 3 Grundschule

Bildung für Berlin

Bildung für Berlin

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11. Gesundheitskonferenz Spandau „Gesund aufwachsen in Spandau“ 5.9.2013

Soziales Miteinander – Gesunde Entwicklung AG 3 Grundschule

Vier Tragende Säulen „guten“, gesunderhaltenden Sozialverhaltens:

Vier Tragende Säulen „guten“, gesunderhaltenden Sozialverhaltens:

Soziales Lernen – Schwerpunkt „Beteiligung und Verantwortung“ Beispiele: - Konfliktlotsen + Mediation - Klassenrat - Diverse Buddy-Programme

11. Gesundheitskonferenz Spandau „Gesund aufwachsen in Spandau“ 5.9.2013

Bildung für Berlin

Soziales Miteinander – Gesunde Entwicklung AG 3 Grundschule

Ausblick und Wünsche - Grundschule kann in dem Bereich mehr tun, muss aber auch Ressource bekommen - Für Manches muss sich die Einstellung ändern - Soziales Lernen als Teil des Unterrichts; 2x wöchentlich soziale Lernstunde

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3. Impulsreferat von Birgit Olsok Birgit Olsok, Senatsverwaltung Bildung, Jugend und Wissenschaft, Außenstelle Spandau, Schulpsychologische Beratungsstelle, Koordinatorin für schulische Prävention stellte ihre Arbeitsbereiche vor und erläuterte die Aufgabenbereiche der "Präventionsbeauftragten" und der "Koordinierungsstelle" für "Gute gesunde Schule" in Spandau. Dabei ging sie auf den Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 15.11.2013 - Empfehlungen zur Gesundheitsförderung und Prävention in der Schule als Arbeitsgrundlage ein. Gesetzliche Grundlagen: Berliner Schulgesetz (§1, §3) DV Gesundheit vom 12.11.2007 Handlungsrahmen Schulqualität in Berlin (Schule als Lebensraum) Ziele: Gesundheitsförderung und Prävention werden als grundlegende Aufgaben schulischer und außerschulischer Arbeit wahrgenommen, greifen aktuelle bildungspolitische Entwicklungen auf (Ganztag, Inklusion, Integration, gendersensible Pädagogik), eröffnen Schüler/innen, Lehrkräften und dem pädagogischen Personal die Möglichkeit, Kompetenzen zu gesunden Lebensweisen und zu einer gesundheitsfördernden Gestaltung ihrer Umwelt zu erwerben, berücksichtigen aktuelle gesundheitliche Belastungen, z.B. Beeinträchtigungen der psychischen Gesundheit, beziehen die Einstellungen sowie die lebensweltlichen und sozialräumlichen Voraussetzungen der Kinder und Jugendlichen und ihrer Familie mit ein. Eine entscheidende Voraussetzung für nachhaltig wirksame Gesundheitsförderung und Prävention ist deren Umsetzung im Rahmen der Schulentwicklung. Aufgabengebiete der Koordinatorin der schulischen Prävention im schulischen Beratungszentrum Spandau sind Suchtprävention, Gewaltprävention und das Programm Gute gesunde Schule: Schulische Suchtprävention und Gesundheitsförderung nach den aktuellen Empfehlungen der KMK zur Gesundheitsförderung koordinieren Regionale Vernetzung des Aufgabengebietes mit den Fachdiensten und weiteren Kooperationspartnern Initiierung und Förderung von Projekten (z.B. des Sozialen Lernens) und Maßnahmen Beratung von Schulen zur Implementierung von Prävention im Rahmen der Gesundheitsförderung Unterstützung bei der Planung und Organisation von Gesundheitstagen, Workshops, Vorträgen, Studientagen, Projekten Organisation und Moderation von Kontaktlehrertreffen Prävention von Abhängigkeitsverhalten Mediatorenvernetzungstreffen Mobbingprävention und soziales Lernen Mitarbeit im AGM (Ausschuss für Gesundheitsmanagement) Ernährungs- und Verbraucherbildung einschließlich Schulverpflegung Bewegungs-, Spiel- und Sportförderung Sexual- und Hygieneerziehung Stressprävention und Selbstmanagement Lern- und Arbeitsplatzgestaltung sowie Gesundheitsmanagement 38

Gesundheit der Lehrkräfte und des schulischen Personals Lärmprävention Sicherheitsförderung und Unfallschutz Auszug KMK-Beschluss: Suchtprävention stellt ein besonders bedeutsames Thema von Gesundheitsförderung und Prävention dar. Es gilt, den Beginn von Suchtmittelkonsum und anderer suchtriskanter Verhaltensweisen zu verhindern sowie riskante Konsum- und Verhaltensweisen frühzeitig zu erkennen und zu reduzieren insbesondere durch frühzeitige Intervention und lebenskompetenzfördernde Maßnahmen. Zwischen Gesundheit, Ernährung und Bewegung bestehen enge Wechselbeziehungen. Körperliche Fitness leistet einen wesentlichen Beitrag zur Gesundheitsförderung und Prävention. Im Hinblick auf die Gesundheit der Lehrkräfte und des sonstigen schulischen Personals kommt der Umsetzung der Maßnahmen der Arbeitssicherheit und des Gesundheitsschutzes eine besondere Bedeutung zu. Die Schulleitungen haben in der Umsetzung des Gesundheitsmanagements und der Gesundheitsförderung im Rahmen der schulischen Personalund Organisationsentwicklung eine zentrale Funktion und Verantwortung.

Zusammenfassung der Ergebnisse aus der Arbeitsgruppe 3 Grundschule als gesunder Ort Die nachstehenden Fragestellungen wurden in Kleingruppen á 6 Personen erarbeitet und die Ergebnisse auf gelben (Fragestellung 1) und grünen (Fragestellung 2) Karten dokumentiert. Sprecher aus den jeweiligen Gruppen präsentierten die Ergebnisse im Anschluss. Die erste Fragestellung lautete: Wie sieht ein Minimalkonsens für (gelingende) schulische Prävention aus? Die Antworten der ersten Fragestellung lassen sich in folgende drei Teilaspekte clustern, dabei beantwortet der Teilaspekt „schulischen Rahmenbedingungen“ auch die zweite Fragestellung: a) Grundsätzliche (persönliche) Haltungen: Gemeinsames Verständnis von Wertschätzung Gemeinsames Verständnis von Respekt Eine gemeinsame Kultur der Kommunikation Gemeinsames Verständnis von schulischer Prävention, die nur unter Einbeziehung aller SchulmitarbeiterInnen und der SchülerInnen betrachtet werden kann. Gemeinsames Verständnis von Sozialem Lernen, dass als integralen Bestandteil schulischer Bildung betrachtet werden muss. Verteilung von Verantwortung in Hinblick auf „Soziales Lernen“ Lernen von Gelassenheit b) Schulische Rahmenbedingungen: Zeit, Ruhe, Raum und das Klima für eine gelingende Kommunikation müssen geschaffen werden Soziales Lernen muss als integralen Bestandteil curricular verankert sein Fortbildungen und Supervisionen für SchulmitarbeiterInnen müssen im Hinblick

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auf ein gemeinsames Verständnis und eine gemeinsame Zielorientierung zur Verfügung stehen Schulsozialarbeit muss an jeder Schule verankert sein Bedarfsorientierung und Nachhaltigkeit der Angebote muss gewährleistet sein Plattform für eine Bestandaufnahme aller schulischen und außerschulischen Angebote in Hinblick auf schulische Prävention c) Konkrete Zielstellungen in Hinblick auf einen „Dialog über gesundes Essen“ und der „Entwicklung einer Esskultur“: Zeit für ein gemeinsames Frühstück verbindliche Zeitvorgabe von 15 Minuten für alle Klassen, die einzuhalten ist Minimalkonsens für ein verbindliches gemeinsames Frühstück von 15 Minuten in allen Klassen muss vom gesamten Kollegium getragen werden Ernährungspyramide muss in allen Klassen aushängen Die zweite Fragestellung lautete: Welche Voraussetzungen müssen für diesen Minimalkonsens geschaffen werden? Die Antworten der Fragestellung 2 doppelten sich häufig mit der Fragestellung 1. a) Transparenz der Angebote schaffen: Koordinierung der Angebote, Projekte für jede Schule Datenbank für Angebote b) Kooperationen ermöglichen: Wissen voneinander nutzen - Synergieeffekte Vernetzung der Koordination Zeit für Kooperationen Engere Zusammenarbeit mit dem Jugendamt c) Verbindlichkeiten für die schulische Prävention schaffen: Politische Rahmenbedingungen schaffen (zeitliche und personelle Rahmenbedingungen anpassen) Zeitliche und personelle Kapazitäten für Kooperationen, Meetings, Projekte…)

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ARBEITSGRUPPE 4 - Oberschule als gesunder Ort Moderation: Dirk Welzel Bezirksamt Spandau von Berlin, Abt. Soziales und Gesundheit, Planungs- und Koordinierungsstelle, Suchthilfekoordination

Jugendliche in der Adoleszenz sind tiefgreifenden Veränderungen ausgesetzt, bis hin zu Umbauprozessen im Gehirn. Auch beim Experimentieren mit Drogen sind sie bereit hohe Risiken einzugehen und Grenzen auszuloten. Neben „harten“ und „weichen“ Substanzen spielt der Internet- und Computerkonsum, sowie das Essverhalten und die Zugehörigkeit zur Peer-Group eine zentrale Rolle. Werbung für Produkte, Substanzen oder Arzneimittel, die Leistungssteigerung oder bestimmte Gefühlserlebnisse versprechen, machen auch vor Jugendlichen und der Schule nicht halt. Mit dieser Situation und Erwartungshaltungen von Eltern und Gesellschaft sind Lehrer und Lehrerinnen konfrontiert. Daneben stehen Schulen auch untereinander im Wettbewerb - Suchtmittelkonsum und daraus entstehende Probleme werden gesehen, jedoch aus unterschiedlichen Gründen nicht immer benannt. Um dieser komplexen Problemlage zu begegnen ist eine gelingende Zusammenarbeit aller Fachleute im Rahmen der Suchtprävention im Bezirk erforderlich. Dazu benötigen die Akteure in Suchthilfe und Suchtberatung den fortlaufenden Austausch mit Lehrern und Lehrerinnen, da diese einen regelmäßigen Kontakt zu einem wesentlichen Teil der Lebensrealität ihrer Schülerinnen und Schüler haben. Damit fachliche Hilfe, Information und Unterstützung in den Schulen, sowohl bei Lehrern und Lehrerinnen, als auch bei Schülern und Schülerinnen ankommen kann, ist eine kontinuierliche offene Zusammenarbeit unverzichtbar. In dieser Arbeitsgruppe wurden u. a. besprochen, welche Konzepte zum Umgang mit jugendlichem Suchtmittelkonsum bestehen, was hierbei von verschiedensten Seiten von der Schule erwartet wird und welche Formen von Unterstützung die Lehrerinnen und Lehrer brauchen. 1. Impulsreferat von Franziska Siperko Franziska Siperko, Jugend- und Suchtberatung Spandau, Caritasverband für das Erzbistum Berlin e.V. gab einen kurzen Input zum Themenbereich: „Frühintervention an Oberschulen“ und stellte das Aufgabenspektrum der Jugend- und Suchtberatung vor. Das Jugendalter reicht heute bis ins Erwachsenenalter hinein (25 Lebensjahr) und ist damit deutlich ausgedehnt. Je besser frühere Phasen bewältigt, desto bessere Voraussetzungen zur späteren Bewältigung des Jugendalters gibt es. Herausforderungen und Risiken des Jugendalters Führen von Beziehungen Entwickeln von Teamfähigkeit Sexuelle Identität Ablösung vom Elternhaus Finden eigener Ziele und Werte Berufliche Orientierung Risikobewusstsein auch zu Substanzen entwickeln Fähigkeiten die zumeist in Früheren Entwicklungsphasen erlernt wurden: Nähe Distanz Regulation 41

Sichere Bindungserfahrungen Selbstwirksamkeit Entspannungsfähigkeit Soziale Kompetenz Achtsamkeit Impuls und Emotionsregulation Aushalten von Unlust und Frustration Resilienz Voraussetzung für das Gelingen wurde in früheren Phasen der Entwicklung geschaffen und sind natürlich ebenfalls Risikobehaftet. Bezogen auf die Bewältigung der Entwicklungsaufgaben leben wir in einer Risiko Gesellschaft. Armut, Gesundheit, Familiäre Bindungen, Erziehungsstile, Lernbedingungen und Soziale Sicherheit. Einerseits verheißt das mediale Bild, „jeder kann alles schaffen“ (schön, erfolgreich, schlank, Leistungsfähig und entspannt), andererseits ist jeder seines eigenen Glückes Schmied. Das Versprechen bleibt für Viele zumeist unerfüllt und unrealistisch, ist aber dennoch wirksam. Bei Scheitern der Entwicklungsaufgaben auf gesellschaftlicher und individueller Ebene stellt Suchtmittelkonsum eine Copingstrategie dar, mit den vielfältigen Anforderungen umzugehen. Ob sie sich verfestigt und zu abhängigen Konsummustern übergeht hängt von vielen Bedingungen ab. Vor dem Hintergrund der Komplexität des Bedingungsgefüges sind einfache Antworten nahezu aussichtslos und werden der Komplexität kaum gerecht. Jugend- und Suchtberatung Spandau, Caritasverband für das Erzbistum Berlin e.V. Wir sind da für: jugendliche und erwachsene Suchtmittelkonsumenten Alkoholkonsumenten bis zum 25. Lebensjahr suchtkranke Eltern und deren Kinder Eltern, Partner, Kinder und andere Angehörige, die von dem Konsum mitbetroffen sind Personen, die beruflich mit Konsumenten in Berührung kommen und sich informieren wollen Wir bieten an: Information und Beratung Betreuung in Krankenhäusern und Haftanstalten Vermittlung in Entgiftung, Therapie und Selbsthilfe Ambulante Therapie und Nachsorge Vermittlung ergänzender Hilfen (Wohnungslosenhilfe, Schuldnerberatung, JobCenter…) Psychosoziale Betreuung bei Substitution Betreutes Wohnen für Substituierte Spritzentausch Fachübergreifende Zusammenarbeit bei der Früherkennung und Hilfeplanung Besondere Angebote für junge Konsumenten von Cannabis und Alkohol (FreD, „realize it“ und „break“) Die Beratung ist kostenlos und unabhängig von Konfession und Weltanschauung. Wir sichern Ihnen Diskretion und Schweigepflicht zu. Kontaktdaten: Jugend- und Suchtberatung Spandau, Caritasverband für das Erzbistum Berlin e.V. Hasenmark 3, 13585 Berlin, Tel.: 66633-630, E-Mail: [email protected] 42

2. Impulsreferat von Kerstin Schubert Kerstin Schubert, Vista Spandau, Beratungsstelle für alkohol- und medikamentenabhängige Menschen in Spandau der Vista gGmbH stellte das Programm BREAK vor. Einen riskanten Alkoholkonsum – im Sinne von Rauschtrinken – betreiben nach der aktuellen Drogenaffinitätsstudie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung etwa mehr als ein drittel der Jugendlichen. Die Folgen eines riskanten Konsums können Missbrauch oder Abhängigkeit sein. Vor diesem Hintergrund überrascht die Tatsache, dass in den stationären Entzugseinrichtungen der Altersdurchschnitt bei 44 Jahren für die Männer und bei 46 Jahren für die Frauen liegt. Angesichts dieser Situation und der damit verbundenen gesundheitlichen Risiken für große Gruppen der Jugendlichen und jungen Erwachsenen scheint es dringend geboten, zielgruppennahe Maßnahmen der Alkoholprävention und Programme der Frühintervention bei riskantem Alkoholkonsum zu konzipieren bzw. weiter zu entwickeln. Um einen Überblick über Optionen der Prävention und Frühintervention bei Alkoholkonsum Jugendlicher zu gewinnen, soll folgendes Programm kurz dargestellt werden. BREAK www.netzwerk-fruehintervention.de Das Programm BREAK beinhaltet drei Gesprächstermine mit einer Beraterin. Die gesamte Programmdauer beträgt vier Wochen. In einem Begleitbuch wird der tägliche Alkoholkonsum protokolliert. Das Programm dient dazu, den Konsum der vergangenen 4 Wochen zu resümieren. Welche Trinkstrategien haben sich als wirksam und welche Situationen als problematisch erwiesen? Diese und andere Themen werden Inhalt des abschließenden Gesprächs sein. Unser Wunsch für diese Veranstaltung ist es mit Lehrerinnen und Lehrern und weiteren Multiplikatorinnen und Multiplikatoren ins Gespräch zu kommen. Wir möchten unser Beratungsangebot vorstellen und zeigen, dass unsere Türen zur Kooperation offen stehen. Kontaktdaten: Vista Spandau – Beratungsstelle für Alkohol- und medikamentenabhängige Menschen in Spandau der Vista gGmbH, Carl-Schurz-Straße 31, 13597 Berlin, Tel.: 355 30 87 70, E-Mail: [email protected] Impulsreferat von Christina Schadt Einen Überblick über die bundesweit anerkannten Ziele und Standards der Suchtprävention sowie über die evaluierten Angebote und Programme der Suchtprävention für Berliner Oberschulen und Oberstufenzentren gab Christina Schadt von der Fachstelle für Suchtprävention Berlin gGmbH.

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Auf Wunsch der Teilnehmer wurde auf die Arbeit in Kleingruppen verzichtet. Die Fragestellungen wurden in der großen Gruppe diskutiert.

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Nachbereitung der Ergebnisse der Gesundheitskonferenz Formulierung von Handlungsthemen und Ziele und w eiterführenden Schritten In zwei Sitzungen mit den Moderatorinnen und Moderatoren und Experten der einzelnen Arbeitsgruppen wurden die zu behandelten Handlungsthemen und Ziele formuliert.

Junge Familie als gesunder Ort Handlungsthemen, die sich aus der Gesundheitskonferenz 2013 herauskristallisiert haben

Ziele

Fachkräfte: Zeitfenster der emotional-geistigen und körperlichen kindlichen Entwicklung mehr berücksichtigen

Frühe Ansätze fördern - Ausrichtung der Familienhilfe ergänzen:

Elterliche Kompetenzen stärken: Defizitäre Entwicklung der Elternauffangen

Moderne Ausrichtung der Jugendhilfe - HZE verändern im Hinblick auf präventive Maßnahmen Bedarfsgerechte Angebotsstruktur Schnelle passgenaue Hilfen im „Frühen Bereich“

Kita als gesunder Ort Handlungsthemen, die sich aus der Gesundheitskonferenz 2013 herauskristallisiert haben

Ziele

Fachkräfte: Kommunikation zwischen ErzieherInnen/ Pädiater Professionelle Haltung gegenüber Kindern, Eltern, MitarbeiterInnen Perspektivwechsel Wertschätzung Teilhabe

Verbesserung der Kommunikation und Förderung eines gemeinsamen Gesundheitsverständnis:

Resilienzförderung

Elterliche Kompetenzen stärken: Elternzusammenarbeit

- zwischen ErzieherInnen und Pädiatern (z.B. durch einen interprofessionellen „Austausch“ zu bestimmten Themen) - zwischen ErzieherInnen und Eltern (z.B. durch die Bekanntmachung verschiedener Angebote, Leitfaden für Elternzusammenarbeit (BzgA), Kita move, Familienrat) Unterstützung der professionellen Haltung bei Kitafachkräften (z.B. durch Fachtage/ Fortbildungen) Förderung eines einheitlichen Verständnisses zur Resilienzförderung in der Kita: (z.B. durch Fachtage/ Fortbildungen) 45

Schule als gesund er Ort Handlungsthemen, die sich aus der Gesundheitskonferenz 2013 herauskristallisiert haben

Ziele

Fachkräfte:

1. Förderung des sozialen Lernens/ von Lebenskompetenzen/ Resilienz

- Soziales Lernen/ Lebenskompetenzen/ Resilienz als Basis für ein „gesundes Leben“ fördern - Basis in der Grundschule schaffen, auf denen präventive Angebote in der Oberschule aufsatteln können - Präventive Angebotsstruktur in Schulen

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2. Koordination von Angeboten und Förderung der Transparenz

Ausblick In der AG „Gesund aufwachsen für alle – Präventionskette aufbauen“, die am 12.06.2014 das erste Mal tagte, werden weitere strategische Schritte zu den Handlungsthemen und Zielen erarbeitet. Diese AG ist eine Weiterführung und Erweiterung der Ergebnisse der Gesundheitskonferenz 2013, sie soll den fach- und altersgruppenübergreifenden Austausch und Aufbau der Präventionskette befördern. In der ersten Sitzung dieser AG haben sich folgende Aufgaben und Ziele herauskristallisiert: Schnittstellen der unterschiedlichen Fachbereiche erarbeiten, um Ressourcen langfristig zu bündeln Abgestimmte Ziele und Strategien, die ein gesundes Aufwachsen in Spandau mittel- und langfristig garantieren zu formulieren, um eine Gesamtstrategie entwickelt zu können Festlegung von Verbindlichkeiten Erarbeiten von Verfahrensmöglichkeiten, um einen langfristig strukturierten und aufeinander abgestimmten Aufbau der Präventionskette zu gewährleisten Schaffung von Transparenz zwischen strategischer und operativer sowie strategischer und politischer Ebene. Gewährleistung des Integrierens der in dieser AG erarbeiteten Ziele und Strategien in bestehende Netzwerke, Prozesse und Aktivitäten Beleuchtung bisheriger Ansätze Darstellung vorhandener Strukturen und Maßnahmen, ggf. Darstellung von Defiziten und Entwicklung neuer zielgerichteter Ansätze und Strukturen Dies soll eine aufeinander abgestimmte Gesamtstrategie ermöglichen, um so das Spandauer Gesundheitsziel „Gesund aufwachsen in Spandau“ Schritt für Schritt zu realisieren.

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