Refresh von chemisch Zinn-Schichten

Lötprobleme minimieren Smarttin ist im Kostenvergleich der Endoberflächen im mittleren bis unteren Preissegment einzuordnen und übertrifft die heute auf dem Markt angebotenen Chemisch-Zinn-Schichten in Qualität und Funktionalität deutlich. Damit wird eine Schicht aufgebracht, welche höchsten Ansprüchen genügt und somit HAL (Bleihaltig/Bleifrei), Organic Coatings sowie chemisch Silber substituieren kann. Auch Chemisch Nickel/Gold kann ersetzt werden, sofern keine Kontaktoder Bondanwendungen gefordert werden. Die heutigen Ansprüche an eine Leiterplatte steigen stetig. Vermehrte Komplexität, hervorgerufen durch die ständig kleiner werdenden SMD - Bauteile, erfordern immer mehr höherlagige Multilayer mit immer feiner werdenden Strukturen, geringeren Bohrdurchmessern und Blind-Micro-Vias. Gleichzeitig steigen die thermischen Belastungen der Leiterplatten durch höhere Löttemperaturen der Bleifreiprozesse und gestiegenen Lötzyklen je Schaltung. Zweimal Reflowlöten bei 240 bis 250 °C Peaktemperatur mit anschließendem Selektiv-Löten dürfen heute als Standard angesehen werden. Dies stellt auch an die Lötoberfläche der Leiterplatte enorme Ansprüche. Hinzu kommt ein enormer Preisverfall für Leiterplatten durch die zunehmend steigende Billigkonkurrenz aus Fernost. Dies führt oftmals dazu, dass kaufmännische Gesichtspunkte die Qualitativen deutlich übertreffen. Dieser Preisverfall ist aber auch dafür verantwortlich, dass nicht mehr auf Lager produziert wird, sondern die Fertigungen „Just-In-Time“ gefahren werden. Schon der Ausfall von ein bis zwei fehlerhaften Leiterplattenlieferungen können gravierende Folgen wie Lieferverzüge oder Konventionalstrafen nach sich ziehen. Die Kosten übersteigen dann deutlich die Ersparnis beim Einkauf. Bezogen auf die Lötoberfläche von Leiterplatten bedeutet dies, dass die Beschichtung ökonomisch interessant, qualitativ hochwertig und wenn möglich, nachbearbeitbar sein muss. Dies alles trifft auf eine Beschichtung mit Chemisch Zinn als Endoberfläche zu. Attraktive Löt- und Einpressoberfläche Die Löt- und Einpressoberfläche Smarttin von APL Oberflächentechnik GmbH ist das Produkt aus 15 jähriger Chemisch Zinn Erfahrung, einer speziell entwickelten Prozess- und Anlagentechnik sowie einer stabilen und bewährten Prozesschemie (Stannatech von Atotech Deutschland GmbH). Smarttin ist im Kostenvergleich der Endoberflächen im mittleren bis unteren Preissegment einzuordnen und übertrifft die heute auf dem Markt angebotenen ChemischZinn-Schichten in Qualität und Funktionalität deutlich. Damit wird eine Schicht aufgebracht, welche höchsten Ansprüchen genügt und somit HAL (Bleihaltig/Bleifrei), Organic Coatings sowie chemisch Silber substituieren kann. Auch Chemisch Nickel/Gold kann ersetzt werden, sofern keine Kontakt- oder Bondanwendungen gefordert werden. Die Chemisch Zinn Schicht ist heute die einzige Lötoberfläche, welche technisch problemlos nachgearbeitet also „refresht“ werden kann. Erfahrungsgemäß werden die Eigenschaften der Lötstoppmaske nicht beeinträchtigt. Dieser positive Umstand hilft, hohe Vermögenswerte zu retten, d. h. verzinnte Leiterplatten mit einem schlechten Lötverhalten oder einer Überlagerung müssen nicht mehr verschrottet werden.

Prozessablauf Die nachzubearbeitenden Leiterplatten werden direkt vor dem Chemisch-ZinnProzess eingelegt. Nach dem Passieren der Zinnbäder werden die Leiterplatten anschließend durch spezielle Spülprozesse gereinigt. Dabei durchlaufen sie drei aufeinander abgestimmte Verdünnungsstufen, in denen die meisten störenden Badbestandteile entfernt werden. In einer weiteren Reinigungsstufe werden ionogene Verunreinigungen mit Ionix auf der Lötstoppmaske minimiert. Das Aufbringen eines Oxidationsschutzes hilft beim Lötprozess eine Gelbverfärbung zu verhindern. Danach erfolgt eine 5-fach Kaskadenspülung mit VE-Wasser. Die Trocknung der Platten wird mit Warmluftgebläsen durchgeführt, wobei die Ansaugluft microgefiltert wird. Anschließend erfolgt eine kontrollierte Abkühlung auf Raumtemperatur, um eine Betauung vorzubeugen. Durch ein Refreshen wird die Chemisch-Zinn-Schichtstärke gesamthaft um ca. 0,1 bis 0,3 µm erhöht. Viel wichtiger ist jedoch, dass die Zusammensetzung und der Aufbau der Schicht verändert werden. Funktionsprinzip Die Abscheidung des Zinns auf der Leiterplatte erfolgt im Ladungsaustausch mit Kupfer. Dabei gilt, dass für jedes aufgebrachte 1,0 µm Zinn in etwa auch 1,0 µm Kupfer in Lösung gehen. Cu0 + Sn2+ = Cu2+ + Sn0 Beim Refreshen „Zinn auf Zinn“ ändert sich der Abscheidemechanismus nicht. Auch hier muss eine Wechselreaktion mit Kupfer stattfinden, um zusätzlich Zinn aufzubauen. Eventuell vorhandene Zinn-Oxid-Schichten werden dabei im ersten Schritt abgelöst und zu Sn-II umgewandelt.

Bild 1: Schichtaufbau mit Smarttin: Eine SnO2-Schicht bildet sich im Regelfall unter RT nicht aus; der Anlaufschutz verhindert dies zusätzlich

Da chemische Zinn-Schichten im Vergleich zu massiven Metallschichten ein sehr geringes Maß an Porosität aufweisen, ist es möglich, eine erneute Austauschreaktion Cu/Sn herbeizuführen. Im Chemisch-Zinn-Elektrolyten werden während des RefreshProzesses das Kupfer aus den intermetallischen Phasen herausgelöst (vorzugsweise aus der η-Phase) und durch neu abgeschiedenes Zinn ersetzt. Je nach Dichtheit der ersten Zinnschicht wächst die Gesamtzinnschicht durch das Refreshen mehr oder weniger stark an (0,1 bis 0,3 µm bei 7,5 Min. Expositionszeit), der Diffusionsschichtanteil nimmt jedoch deutlich ab. So haben zum Beispiel coulometrische Untersuchungen im Vergleich zu X-Ray-Messungen folgende Ergebnisse ergeben: Vor Refresh Nach Refresh

X – Ray 1,03 µm 1,19 µm

Couloscope 0,65 µm 1,00 µm

Zuwachs 0,16 µm

Diff. - Schicht 0,38 µm 0,19 µm

Ein beim ersten Verzinnen bereits aufgebrachter Anlaufschutz wirkt sich nicht störend aus. Er behindert die nachträgliche Abscheidung nicht. In der Regel ist ein Entfernen der ersten Zinnschicht durch Strippen nicht notwendig. Der folgende Spül-, Trocknungs- und Ablüftprozess erlaubt es, dass die Leiterplatten ohne zusätzliche Reinigung direkt weiterverarbeitet werden können. In der Praxis gehen die refreshten Leiterplatten häufig direkt zur Bestückung. Überlagerung Der Hauptgrund für ein notwendiges Refreshen ist eine Überlagerung von Leiterplatten ggf. verbunden mit Lötproblemen. Gerade im aktuellen Marktumfeld ist das refreshen von überlagerter Ware eine kostengünstige und vor allem umweltschonende Variante die Leiterplatten in einen lötfreudigen Zustand zu bringen. Die intermetallischen Cu/Sn-Phasen (Diffusionsschicht) wachsen mit zunehmender Lagerdauer. Gleichzeitig können sich, durch unsachgemäße Lagerung, Zinn-OxidSchichten ausbilden. Beide Schichten können die Lötfähigkeit der Leiterplatten negativ beeinflussen. Als Grenzlagerzeit wird bei Chemisch-Zinn-Schichten im Regelfall 6 Monate angegeben. Zurzeit laufen Langzeitversuche, um die Lagerfähigkeit von Smarttin-Schichten (mit >1,0 µm Schichtstärke) mit 12 Monate zu garantieren. Ein Ergebnis der laufenden Untersuchung ist bis Mitte September 2009 zu erwarten. Wachstum Diffussionsschicht 1 0,9

Abnahme Reinzinn

0,8 0,7

µm

0,6 0,5 0,4 0,3 0,2

Zunahme Diffusionsschicht

0,1 0 1

2

3

4

5

6 Monate

Bild 2: Lagerung bei RT; 40 bis 60 % rel. Feuchte

7

8

9

10

11

Diese Diffusions- und Oxidschichten können sich negativ auf das Benetzungsverhalten beim Löten auswirken. Deren Wachstum ist stark abhängig von der Temperatureinwirkung. Zusätzlich zu den durch die Lagerung gebildeten Störschichten erfolgt durch die Lötprozesse ein weiteres Anwachsen dieser, sodass keine 100%ige Gewährleistung mehr für die einwandfreie Qualität bei allen Lötzyklen besteht. Hier sorgt der Refresh-Prozess dafür, dass diese störenden Schichten abgebaut oder umgewandelt und somit die geforderten Lötzyklen anschließend wieder durchgeführt werden können. Zu geringe Zinnschicht Ein weiterer Grund für ein Refreshen ist eine zu geringe Zinn-Schichtstärke. Dies kann bewusste oder unbewusste Gründe haben. Einerseits können keine klaren Vorgaben für die Schichtstärke die Ursache sein. Andererseits können ungeeignete Messgeräte und -techniken die Auslöser sein. Aber auch nachträglich durchgeführte mechanische Prozesse wie beispielsweise das Bürsten von Leiterplatten können zu einer Verringerung der Schicht führen. APL empfiehlt für bleihaltige Lötungen eine Schichtstärke von 0,8µm - 0,9µm und für bleifreie Lötungen 1,0µm - 1,1µm Gesamtzinnschicht. Hier muss erwähnt werden, dass bereits bei der Abscheidung von chemisch Zinn eine dünne Diffusionsschicht ausgebildet wird. Diese prozessbedingte Diffusionsschicht ist bei Smarttin nachweißlich geringer als bei anderen ChemischZinn-Schichten. Verunreinigungen und Feuchtigkeit Unsauberes Spülen beim chemisch Zinn Prozess oder Feuchtigkeitskontaminationen durch unsachgemäße Lagerung oder Verpackung führen häufig zu Fleckenbildung auf der Zinn-Oberfläche. Diese Oxydschichten treten in allen irisierenden Farben auf (Violett, Blau, Gelb, etc.). Handelt es sich hierbei um reine Trocknungs- oder Anlaufflecken, so sind diese durch den Refresh-Prozess „reparierbar“. Eine einwandfreie Lötfähigkeit kann somit wiederhergestellt werden. Die Schicht erscheint nach dem Refresh-Schritt meistens einheitlich hell matt. Doch nicht alle Flecken sind durch einen Refresh-Prozess entfernbar. Befinden sich auf der bereits aufgebrachten Zinnschicht z.B. Sulfidverbindungen oder andere Korrosionsprodukte, muss erst das Zinn komplett entfernt und nochmals neu aufgebracht werden. Bei solch einem Fehlerbild empfiehlt die APL einen Vorlauf durchzuführen. Thermische Belastungen der Chemisch-Zinn-Schicht Grundsätzlich empfiehlt es sich alle Lack- und Siebdruckarbeiten vor einem chemisch Zinn Prozess durchzuführen. Müssen jedoch aus bestimmten Erfordernisse diese Arbeiten auf den bereits verzinnten Leiterplatten erfolgen und ist im Anschluss ein thermischer Aushärtungsschritt notwendig, erfordert dies ebenfalls ein anschließender Refresh-Schritt. Die Gründe hierfür sind organische Belastungen bzw. Kontaminationen sowie die zunehmende intermetallische Phase. Zusätzliche oder nachträglich durchgeführte Temperprozesse (z.B. durch Umsteigerdruck, Trocknung oder Lackausbesserungen) führen grundsätzlich zu einem Anwachsen der Diffusionsschichten, was letztendlich einer künstlichen Alterung gleichkommt. Die Abnahmegeschwindigkeit der Reinzinnschicht durch Ausbildung der intermetallischen Phasen in Abhängigkeit der Temperatur lässt sich nach folgender Formel annähernd berechnen: Abnahme [µm/min] = 0,00208*e(-(155-T)/17) (für T von 20 bis 330 °C)

Dies ergäbe bei einer Reflow-Temperatur von 250 °C eine Sn-Abnahme von ca. 0,6 µm. Diese Formel muss jedoch mit Vorsicht betrachtet werden. Untersuchungen seitens Atotech wie auch durch einen namenhaften Endkunden haben gezeigt, dass dem Wachstum der Diffusionsschicht Grenzen gesetzt sind. Dies ist damit zu begründen, dass die unterschiedlichen intermetallischen Phasen, je nach Ausprägung, zunehmend als Diffusionssperre wirken. Aktuelle Untersuchungen deuten auch darauf hin, dass Cu/Sn-Diffussionsschichten keinesfalls unlötbar sind. Das schlechte Benetzungsverhalten ist eher in der Ausbildung von Zinn-Oxid - Schichten begründet. Deren Wachstum kann durch die Gegenwart von Kupfer (aus oder in der Schicht), welches hier wie ein „Katalysator“ wirkt, in Verbindung mit Luftsauerstoff verstärkt werden. Diesen Erkenntnissen folgend wird bei Smarttin der Kupfergehalt in der Zinnschicht durch entsprechende Verfahrenstechniken so gering wie möglich gehalten. Sollte jedoch aus technischen Gründen oder bedingt durch das Basismaterial die Leiterplatten vor dem Bestücken getrocknet werden müssen, empfiehlt die APL dies in einem VakuumTrocknungsschrank durchzuführen. Bereits bei schonenden 50 bis 60 °C wird eine schnelle Feuchtigkeitsentfernung erreicht. Refresh-Technik als eigenständige Prozessvariante Der Refresh-Prozess kann auch als eigenständiger Prozess für die Fertigung von Leiterplatten vorgeschrieben sein. Diese Variante setzte sich wie folgt zusammen: 1. chemisch-Zinn-Prozess (Teilschichtstärke >0,8 µm) 2. Umsteigerdruck mit thermischer Aushärtung 3. Refresh-Prozess (Aufbau der Zinnschicht auf Endschichtstärke >1,0 µm) Durch diese Verfahrensfolge ist sichergestellt, dass alle freien Kupferstellen auf einer Leierplatte, auch Umsteiger und Sacklöcher mit Zinn bedeckt sind. Die einhergehende thermische Belastung durch den Umsteigerdruck wird durch den zweiten chemisch Zinn Prozess egalisiert und die geforderte Endschichtstärke von >1,0µm wird somit erreicht. Aufgrund der Doppelverzinnung bleibt die Lötfähigkeit voll erhalten und eine Kupferkorrosion ist ausgeschlossen. Fazit Chemisch Zinn ist eine zukunftorientierte Lötoberfläche. Sie kann einfach nachgearbeitet werden, auch wenn bereits der Leiterplattennutzen in Einzelplatten geteilt wurde. In letzter Zeit wurden jedoch vermehrt auch Leiterplatten refresht, bei denen keine Auffälligleiten oder bekannte Fehlermuster feststellbar waren. Obwohl die Kriterien Schichtstärke, Lagerzeit, Sauberkeit und optisches Erscheinungsbild angemessen waren, konnten die Leiterplatten oft nach dem ersten Reflowprozess nicht mehr weiter verarbeitet werden. Nach den Erfahrungen der APL liegen diese Ursachen in einer u. U. schlechten Prozessführung. Durch den Einbau von organischen Verunreinigungen aus der Lötstoppmaske wie auch anorgansichen Stoffen wie Kupfer oder Zinn-IV-Verbindungen wird die Qualität einer chemisch Zinn Schicht negativ beeinflusst. Generell ist für eine gute „Refresh-Qualität“ eine geeignete Anlagentechnik wie auch ein erfahren geführter Prozess notwendig. Nur so kann sichergestellt werden, dass bereits abgeschriebene Leiterplatten wieder neu zum Leben erweckt werden. Nach den Erfahrungen der APL liegt die Erfolgsquote bei größer 95 % (dk). Literaturquellen (1) Ageing characteristics of Immersion Tin; Atotech Deutschland GmbH, Berlin

(2) Wettability Effects of Immersion Tin Final Finishes with Lead Free Solder; Robert Bosch GmbH, T. Hetschel, u. a.; Stuttgart (3) Eigene Untersuchungsreihen; APL Oberflächentechnik GmbH, Lörrach Info: APL Oberflächentechnik GmbH, Fon +49/76 21/50 71, [email protected] www.smarttin.de